Edit: Da kein Sticky gemacht wird, es aber zu schade wäre die zusammengefassten Infos im Threadnirvana verschwinden zu lassen, hier der ganzse Spaß als PDF: http://uploaded.to/file/dkpff6iy (danke für den erneuten Upload).
Da ich die geäußerte Idee eines TABATA-FAQ für gut halte, sowie große Erfolge mit der Trainingsmethode erzielt habe, trage ich hier einfach mal alles zusammen, was im 30 Seiten Thread geschrieben wurde. Falls ich etwas vergessen habe, bitte Bescheid geben.
In der Hoffnung, dass damit alle Klarheiten beseitigt sind...
Was ist Tabata
Der Begriff "Tabata-Intervall" oder "Tabata-Protokoll" stammt aus einer Studie die von Dr. Izumi Tabata und Kollegen 1996 veröffentlicht wurde. In dieser Studie teilten sie trainierte Probanden in zwei Gruppen ein. Die erste Gruppe führte 6 Wochen lang ein moderates Ausdauertraining bei 70% der maximalen aeroben Kapazität (VO2max) für 60 Minuten pro Tag an 5 Tagen pro Woche aus. Die zweite Gruppe trainierte ebenfalls über 6 Wochen an 5 Tagen die Woche, jedoch führten diese Probanden 7 bis 8 Sätze 20 Sekunden dauernde "Sprints" bei 170% der VO2max mit Pausen von 10 Sekunden zwischen den Sätzen aus.
Ergebnis war, dass die erste Gruppe ihre aerobe Kapazität um 9% steigern konnte, ihre anaerobe Kapazität jedoch unverändert blieb. Die zweite Gruppe konnte hingegen ihre aerobe Kapazität um 14%, ihre anaerobe Kapazität um ganze 28% steigern. [1]
Intervalltraining allgemein und warum Tabata besser ist
Ein Intervalltraining [5] besteht aus unterschiedlichen Belastungs- und Pausenphasen. Das haben alle gemeinsam. Und auch das gemeinsame Ziel ist es den Körper in minimaler Zeit an und über seine aeroben und anaeroben Grenzen hinaus zu bringen. Wir müssen also beide Systeme so schnell wie möglich maximal belasten.
Nehmen wir eine Belastungszeit von 2 Minuten, so haben wir (abgesehen davon, dass man über eine so lange Zeitspanne sowieso keine 100% Leistung aufrecht erhalten kann) das anaerobe System maximal beansprucht. Das aerobe System ist jedoch nicht sonderlich belastet worden. Wählen wir als Extrembeispiel hingegen 10 Sekunden Belastung und 2 Minuten Pause, so trainieren wir eher das aerobe und vernachlässichen das anaerobe Systen. Es gilt also die perfekte Balance zwischen Belastung, Pause und Dauer zu finden um das aerobe und anaerobe System maximal zu beanspruchen.
Und genau das scheint Dr. Tabata (fast) gelungen zu sein [4]. Die gewählen 20 Sekunden Belastung, 10 Sekunden Pause und 4 Minuten Dauer (8 Sätze) belasten das System daher beinahe maximal.
Warum ist das für den Kampfsport sinnvoll?
Für den Kampfsport ist das aerobe, sowie das anaerobe System wichtig. Im Kampf braucht man viel Schnell- und Explosionskraft. Der Kampf besteht somit aus ~80% anaerober Ausdauerleistung. Durch übliches Joggen trainiert man die aerobe Ausdauer (das hilft der schnelleren Erholung in den Rundenpausen). Man braucht also etwas um die anaerobe Ausdauer zu trainieren. Und das geht am besten mit Intervall-Training.
Das Tabata-Protokoll ist eine Variante des Intervall-Trainings, welche beide Ausdauersysteme (das aerobe und das anaerobe) maximal beansprucht und so den derzeit besten Trainingseffekt erzielt. Ein Leistungszuwachs bei Sportlern von 14% aerob und 28% anaerob innerhalb von 5 Wochen sind derzeit ungeschlagen.
Auf was sollte man achten?
Wichtig ist, dass man bei jedem Satz Vollgas gibt. Man muss am Anfang keine 8 Sätze schaffen. Das Ziel ist es am Ende einen Puls von ungefähr ~90%+ eures Maximalwerts zu haben. Faustregel ist: 220 - euer Alter. Bei einem 20 jährigen wäre der Maximalpuls (euer Maximalpuls kann auch höher sein, mit Pulsuhr testen. Ansonsten zunächst bei [2] ablesen) etwa 200. Am Ende des Trainings müsste der 20 jährige also bei etwa 180 landen. Neben Regenerationstagen (mehr dazu unter Trainingsplan) ist es das wichtigste Kriterium für den Erfolg des Tabata-Intervalls.
Überschreitet man seine Pulsschwelle nicht und landet bei ~160 BPM nach den 8 Sätzen ist das Training praktisch wirkungslos. Also entweder wirklich Gas geben oder Joggen gehen. Ein 4 Minuten Workout bei 160 BPM nützt euch nichts. Es ist eine Art Trade-Off: entweder man Trainiert 4 Minuten lang intensiv und quält sich oder geht ein paar Stunden entspannt Laufen. 4 Minuten entspannt Laufen bringt, wie gesagt, nichts
Welche Übungen eignen sich gut für Tabata
Ursprünglich wurde auf dem Ergometer getestet. Es muss also eine Übung (oder verschiedene Übungen) sein, die Du ausführen kannst, so dass zuerst deine Pumpe versagt bevor Muskelermüdung einsetzt. Oder du variierst mitten im Tabata-Training.
Beispiele:
Was geht nicht?
- Tabata mit nur Liegestütze: geht nicht (Muskelermüdung).
- Tabata mit Situps: geht nicht (geht nicht genug auf die Ausdauer).
- Tabata mit Schattenboxen: geht nicht (kein Widerstand, geht also nicht genug auf die Ausdauer).
- Tabata mit nur Kniebeugen: geht je nach Beinmuskeln. Meine Beine ermüden da zu schnell.
Was geht?
Die Videos haben auch einen netten Nebeneffekt: Wie bei den Videos Ergometer, Sprints, Burpees und Gewichts-Squats solltet Ihr nach dem Training in etwa aussehen.
Als Leitsatz kann man folgendes nehmen: kannst man eine Übung nicht mehr bis zum Ende des Satzes im gleichen Tempo ausführen, war die Übung falsch. Du hast alles richtig gemacht wenn Du nach den 8 Sätzen ein Gefühl hast dich fast übergeben zu müssen (vor allem Draußen, nach den Sprints). Du solltest nach den 4 Minuten kaum Sprechen oder Stehen können. Dein Puls müsste etwa bei 180-190bpm sein (siehe Maximalwert bei [2]).
Tabata und Muskelaufbau
Dazu ist Tabata primär nicht gedacht. Um Muskeln gezielt aufzubauen musst Du Muskelreiz setzen, also gezielt auf Muskelermüdung hinarbeiten und dann noch ein paar Wiederholungen oben drauf setzen. Das widerspricht aber dem Tabata-Training, wo man auf "Ausdauerermüdung" abzielt und Muskelermüdung eher kontraproduktiv ist.
Wenn Du jedoch z.B. 4 Sätze Burpees (da sind Liegestütze, Kniebeugen und Strecksprünge dabei), 2 Sätze Kniebeugen (Oberschenkelmuskulatur) und 2 Sätze Sprints einbaust (Ganzkörper) hast Du durch Burpees: Oberarme, Unterarme, Schultern, Rücken, Bauch und Waden; durch Kniebeugen: Oberschenkel, Unterschenkel und durch Standsprints den ganzen Körper durch sogenannte BWEs (Bodyweight Exercises) trainiert. Dass Du damit auch einen Effekt für die Muskeln erzielst, ist unbestritten (sieh Dir die Thais an, die machen praktisch nur BWEs. Aber sie sind nicht aufgepumpt, eher muskulös drahtig). Mit gezieltem Muskeltraining erreichst Du in diesem Punkt weitaus mehr.
Gibt es einen Beispieltrainingsplan?
Wieviel jemand gehen kann hängt alleine von seiner Verfassung ab. Als Hobbysportler funktionierten bei mir 5x Tabata pro Woche. Das konnte ich etwas mehr als 6 Wochen durchhalten bevor meine sportliche Leistung einbrach. Und das nicht nur im Tabata selbst, sondern auch im Kampfsport. Aus 5 Pratzenrunden wurden plötzlich 4, aus 10Km joggen werden 8. Das ZNS (zentrales Nervensystem) macht einfach nicht mehr mit. Ganz simples Übertraining.
Ich gehe aber davon aus, dass ein Leistungssportler durchaus auch längere Zeit mit Tabata arbeiten könnte, wenn die Regenerationsphasen stimmen.
Persönlich halte ich eine Kombination aus Joggen und Tabata für sinnvoll. Beides im Wechsel neben dem Kampfsporttraining. Wenn Du Dir die Kugel geben willst, dann kannst Du das Tabata nach dem Training im Gym machen und an den anderen Tagen entspannt joggen.
Will man nur Ausdauertraining (vielleicht zur Gewichtsreduktion) betreiben, so bleibt man einfach bei Tabata und Joggen im Wechsel mit etwa 2-3 Ruhetagen dazwischen (Montag und Donnerstag: Tabata; Dienstag, Freitag und Sonntag: Joggen; Mittwoch und Samstag: Pause).
Tabata und Körperfett
Ein weiterer Vorteil von hochintensivem Intervalltraining ist die starke Wirkung auf den Körperfettanteil (KFA). Obwohl kurze und intensive Intervalleinheiten insgesamt weniger Energie verbrauchen als lange und extensive Einheiten, reduzieren sie den KFA signifikant mehr. [1]
Das liegt wahrscheinlich darin begründet, dass nach dem Intervalltraining der Ruhepuls mehrere Stunden über normal ist und somit im Endeffekt mehr Kalorien verbraucht werden als durch "übliches" Joggen.
Wie siehts mit Regeneration aus? ZNS!?
der Versuchsaufbau von Dr. Tabata war mit 5 Tagen pro Woche angesetzt. Jemand, der 3x pro Woche ins Training geht und auch noch etwas für seine Kondition tun möchte (gesteigerte Hobbyambitionen), der fährt am besten mit den üblichen 5 Tagen Training und 2 Tagen Regeneration.
Wer nur Tabata machen möchte (Zeitgründe vielleicht) sollte alle 2 Tage Tabata einen Tag Pause machen.
Regeneration ist wichtig, da sich das ZNS sonst nicht erholen kann und es zunächst Leistungseinbrüchen kommt. Betreibt man das Training weiter ohne auf die Zeichen zu achten kommen Schlafstörungen, Aggressivität, Muskel- und Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen, Schwindel, Muskelzuckungen, depr. Verstimmung, Antriebslosigkeit, erhöhte Infektionsanfälligkeit und Potenzprobleme. Spätestens mit dem letzteren habe ich die männlichen Trainingskollegen vom Nutzen der Ruhephasen überzeugt, oder?
Bemerkt Ihr (oder eure Freundin) Symptome des Übertrainings bei euch, heisst es STOP! Ab sofort Pause, entspannen und dem ZNS lange genug (mehrere Wochen) Ruhe gönnen. Eine Therapiestrategie, die immer passt gibt es nicht. Sehr spannende Publikationen zum Thema Übertraining (unter anderem die neue Hypothese der Phasen und des gezielten Übertrainings finden sich unter [3])
Ich brauche einen Timer!!!
Als Hardware gibt es z.B. den
GYMBOSS (ich bin soweit zufrieden. Man hört ihn auch bei Musik und er kann an den Hosenbund geklemmt werden), sowie für Java-fähige Handies:
Tabata Clock oder im Browser:
Free Workout Timer .
Hat jemand schonmal Versuchskaninchen gespielt?
Ja. Ich habe mich gequält und die Ergebnisse so gut es ging aufgeschrieben.
Versuchsablauf
5x Tabata pro Woche und 1x MT Training (meist Sparring und Sandsack). Sonst nichts. Nichtmal joggen.
Gestartet mit etwa 103Kg, bin ich heute morgen bei 95 und ein paar gequetschten angekommen ohne mein Essverhalten zu ändern oder auf irgendwas zu verzichten. Currywurst, Pommes, Döner, Pizza, Pasta und viel Brot. Man könnte weitaus mehr rauskitzeln, wenn man auf Brot/Pasta und/oder Kohlenhydrate verzichten würde.
Wer das mal selber ausprobieren will, der findet unter [6] die Open Office Tabata Tabelle zum selber ausfüllen.
Ergebnisse
1. Gewicht:
- Start: 103
- Ende: 95
- Ergebnis: -8Kg in 6 Wochen
1. KFA:
Wenigstens ist die Tendenz erkennbar, wenn auch der Caliper doch nicht das gelbe vom Ei ist. Ich habe immer 3x gemessen und dann den Mittelwert berechnet.
- Start: 17,7
- Ende: 15,2
- Ergebnis: -2,5% in 6 Wochen
3. Puls
Man sieht hier auch ganz gut, dass der Ruhepuls sich langsam erhöht. Wenn ich morgens Tabata gemacht habe, so normalisierte sich der Puls auf die üblichen ~60 erst gegen frühen Nachmittag. D.h. ich hatte gegen 14 Uhr immernoch einen Puls über 65. Fand ich sehr beeindruckend.
- Start: 58
- Ende: 62
- Ergebnis: +4BPM in 6 Wochen
Externe Quellen