Vollständige Version anzeigen : Ist Shotokan der Stil Funakoshi´s?
Michael Kann
22-07-2003, 13:15
Ich hatte Gestern wieder eine Diskussion zu Thema mit nem Bekannten aus dem Shotokan Karate und der ist Felsenfest davon überzeugt das dass Shotokan der Stil Funakoshi´s ist!
Da ich nicht so im Thema stecke interessiert mich Eure Meinung dazu, vor allem, nachdem in Deutschland die Mehrzahl der Karateka deutlich dem Shotokan zugeschrieben werden kann!
Vielen Dank im voraus!
Gruß
Mike
Nun ja, Funakoshi´s Schüler haben seinem Karate ja den Namen Shotokan gegeben.
Aber dieser Stil existiert eigentlich kaum noch...
In Deutschland - wie im Rest der Welt - wird anstelle des Shotokan eher JKA-Karate unterrichtet.
Also das Karate, welches die Instructoren der JKA in die Welt brachten.
Selbst wenn man die Kata etc. nicht nach der Auffassung der heutigen JKA ausführt, so ist das Konzept (der Stellungen, der Dynamik, des Kime) typisch für das Karate der JKA.
Oss
Dojokun
Hallo Mike,
schaue ich mir die alten Bilder an, denke ich, dass das heute Shotokan nicht Gichins sehrwohl aber Yoshitakas Karate ist.
Was die JKA daraus gemacht hat, scheint nur Detailarbeit zu sein.
Natürlich kommt das wieder darauf an, was man GENAU unter Shotokan versteht.
Tschüssi
Ike
Auf Wunsch gibt´s das, was hiernach kam, in der Prügelecke...
Dojokun
Ob Shotokan das Karate Funakoshis ist? Wohl eher nicht, aber es ist mit Sicherheit die Stilrichtung, die sich am meisten auf diesen beruft und ebenso ist es die einzige Japanische die nicht noch eine "Stilbegründer" zwischen geschaltet hat.
Und eigentlich alle Japanischen Stile wurden von Funakoshi zumindest beeinflusst.
Und welcher Stil ist heute schon, noch authentisch in Bezug auf die Technik des Gründers? Allein die Tatsache das die Frage nach dem originären des Stils schon viele Stile entzeit (dreit, viert..) hat zeigt doch, daß es so einfach nicht ist
Es ist wohl kaum "sein" Stil... auch Funakoshi hat einen Stil erlernt und den dann bestenfalls ein wenig abgeändert. Funakoshi mag ein berühmter, grosser und weiser Mann (gewesen) sein und er hat sicher seine Änderungen vollzogen, aber als "seinen" Stil würde ich Shotokan nicht bezeichnen...
Funakoshi soll Zeit seines Lebens das Stilrichtungsdenken abgelehnt haben. 'Shotokan' war lediglich die Bezeichnung, die Funakoshis Schüler für dessen Dojo gewählt haben und hatte ursprünglich nicht wirklich etwas mit dessen Karate an sich zu tun.
@Jinnai
auch Funakoshi hat einen Stil erlernt
Welcher Stil soll das gewesen sein?
Hallo,
Funakoshi hat das Shorin ryu bei Azato und Itosu gelernt. Stilbezeichnungen waren zu dieser Zeit aber nicht üblich und sind erst später aufgekommen.
TFunakoshi
23-07-2003, 01:57
Hallo.
Die einen glauben an Gott und die anderen tun es nicht. Gibt es einen Gott? Die einen werden sagen "ja" und die anderen werden mit "nein" entgegnen. Warum? Keiner kann beweisen oder nicht beweisen ob es Gott gibt.
Ebenso ist es mit Funakoshi und seinem Karate. Wer will hier beweisen koennen, was Funakoshi's letzte Worte waren? Segnete er diesen Stil ab? Laut Nakayama ja, laut Shotokai nein.
Wer sich selbst einen grossen Gefallen tun moechte, soll sich Harry Cook's Buch "Shotokan - A Precise History" besorgen. Mehr als schreiben kann der zwar auch nicht, hat aber so einiges an Material zusammengekratzt und es geschafft, mehr als Nakayama und seine Propheten zu zitieren.
Hoffe ich konnte helfen.
joetokan
23-07-2003, 20:24
Hi,
wahrscheinlich ist es bei der ursprünglich gestellten Frage so, wie bei vielen Bereichen. W.C Röntgen erfand die Röntgenstrahlen. Im Lexikon steht dann "...wurde nach ihm benannt." Ob er wollte oder nicht. Wer würde sich heute darüber Gedanken machen. Der Begriff hat über die Jahrzehnte seine Bedeutung erhalten.
Shotokan war Funakoshis Künstlername und später wurde das Karate, das die typischen Stilelemente enthielt, die Funakoshis Karate von anderen Karaterichtungen unterschied, eben Shotokan genannt. Wozu sich darüber viele Gedanken machen oder gar streiten. Im Unterschied zu den tatsächlich in wesentlichen Bestandteilen anderen Stilen ist das eben eine Bezeichnung, die sich durchgesetzt hat, die das Spezifische dieser Karateversion mit einem Namen versieht. Jeder weiß, was damit gemeint ist, aber auch, dass es eine differenzierte Interpretation in der Praxis geben kann. Dieser Begriff hat sich historisch durchgesetzt. So ist es ja auch bei den anderen Karatestilen Goju-Ryu, Shito-Ryu Wado-Ryu.
Die JKA ist im Übrigen eine der Organisationen, wie auch der SKI, die sich als institutionalisierte Vertreter dieses Stils sehen (in vielen Ländern hat die JKA im Namen auch die Bezeichnung Shotokan, z.B. USA ISKF).
Gruß,
Joetokan
Es lohnt sich doch nicht darüber viel zu diskutieren, denn die Einen werden immer behaupten das es so sei und die anderen werden es abstreiten.
So soll Egami der legitime Nachfolger von Funakoshi gewesen sein, das Shotokan kommt dann wohl auch eher dem von Funakoshi praktizierten Karate nahe. Die JKA, die damalige jedenfalls, hier die Richtung Nakayama hat dann das Wettkampfkarate entwickelt. Funakoshi selbst war nicht der wettkampfbegeisterte Lehrer, da er selbst auch wenig mit Kampf zu tun hatte, entgegen einiger anderer Meinungen.
Es gibt einige alte Bücher die das Karate Funakoshi und seine Biografie beschreiben. Vielleicht sollte man diese lesen, am besten im Original also in Japanisch oder aber die englischen Ausgaben.
Egal, welches Shotokankarate heute betrieben wird, es ist immer ein wettkampforientiertes System bei dem es auf wettkampfspezifische Aspekte ankommt und nicht auf den eigentlichen Inhalt eines Karate-Systems.
@Mizato
Wobei natürlich das Shotokai Egamis ebenfalls im Laufe der Zeit einige Veränderungen durchgemacht hat. Egami hat ja selber auch jede Menge experimentiert und sein Karate seinen jeweiligen Erkenntnissen entsprechend laufend verändert.
Michael Kann
07-09-2003, 12:46
Original geschrieben von weudl
Wobei natürlich das Shotokai Egamis ebenfalls im Laufe der Zeit einige Veränderungen durchgemacht hat. Egami hat ja selber auch jede Menge experimentiert und sein Karate seinen jeweiligen Erkenntnissen entsprechend laufend verändert.
Hi Weudl,
welcher Lehrer nicht? Letztlich trifft diese Aussage auf alle Lehrer zu ...
Gruß
Mike
shureido
07-09-2003, 13:48
Hallo Mike,
ich kann Dir da nur zustimmen! Das ist es m.A. nach auch was Karate so interessant macht... Karate ist ja eine lebendige und keine tote Kampfkunst. Wir müssen Karate also unseren Gegebenheiten und Voraussetzungen anpassen. Damit meine ich aber nicht Soundkarate und Konsorten ;) .
Deswegen ist es IMHO auch nicht möglich Karate zu 100% aus Japan zu kopieren... aber das nur am Rande.
Michael Kann
07-09-2003, 14:27
Original geschrieben von shureido
Hallo Mike,
ich kann Dir da nur zustimmen! Das ist es m.A. nach auch was Karate so interessant macht... Karate ist ja eine lebendige und keine tote Kampfkunst.
Genau das ...
Original geschrieben von shureido
Wir müssen Karate also unseren Gegebenheiten und Voraussetzungen anpassen. Damit meine ich aber nicht Soundkarate und Konsorten ;) .
Selbst Soundkarate und Konsorten (auch wenn ich nicht weiß was Du genau meinst) wurden von Menschen wie Du und ich an ihre Gegebenheiten und Voraussetzungen angepaßt ... von daher haben sie eine ebensolche Existenzberechtigung!
Original geschrieben von shureido
Deswegen ist es IMHO auch nicht möglich Karate zu 100% aus Japan zu kopieren... aber das nur am Rande.
Die Japaner taten sich ja schon hart das Okinawa-Te zu kopieren und selbst die einzelnen Meister Okinawas taten sich hart die Stile ihrer Lehrer im Original zu erhalten (ich bin davon überzeugt, es hat keiner geschaft), wie soll es dann den anderen ergehen :confused:
Gruß :winke:
Mike
@Mike
Das war von mir auch nicht als Kritik am Shotokai gemeint (aber das brauche ich Dir wol kaum sagen ;)). Jedes System soll und muss leben und sich verändern. Ich wollte damit nur zum Ausdruck bringen, dass ich es nicht unbedingt als gegeben erachte, dass das Shotokai näher am Karate Funakoshis ist als das moderne Shotokan.
shureido
07-09-2003, 21:58
Hallo Mike...
sorry aber Soundkarate ist meiner Ansicht nach kein Karate und daher hat es für mich in als "Kampfkunst" auch keine Existenzberechtigung.
Es mag sein, dass viele Leute daran Ihren Spaß haben und dagegen sage ich auch nichts, aber eine Weiterentwicklung des Karate ist es wohl kaum.
Ich würde eher sagen, dass wir da mal wieder einer der tollen Erfindungen der Amis übernommen haben. Jetzt fehlen nur noch tolle bunte Karate-Anzüge...
Außerdem lässt sich damit natürlich auch ganz wunderbar Geld verdienen.
Das über diese Schiene neue Mitglieder geworben werden können, halte ich ebenfalls für sehr zweifelhaft.
Mit Konsorten meinte ich:
Taebo
Kara-bo
Karateobics und wie die alle heißen...
In diesem Sinne
Selbst Soundkarate und Konsorten (auch wenn ich nicht weiß was Du genau meinst) wurden von Menschen wie Du und ich an ihre Gegebenheiten und Voraussetzungen angepaßt ... von daher haben sie eine ebensolche Existenzberechtigung!
Dies wage ich mal zu bezweifeln, denn Ich war nicht daran beteiligt und hätte es wohl auch kaum entwickelt. Es hat doch wie vieles angefangen damit, dass man Angst hatte die Leute an die Tae-Bo und welche seltsamen Abarten es noch geben mag zu verlieren.
Die Japaner taten sich ja schon hart das Okinawa-Te zu kopieren und selbst die einzelnen Meister Okinawas taten sich hart die Stile ihrer Lehrer im Original zu erhalten (ich bin davon überzeugt, es hat keiner geschaft), wie soll es dann den anderen ergehen
Ja, wenn man mal bedenkt, dass doch niemand das, was das Überleben gesichert hat, dem "Feind" zugängig gemacht werden sollte, dann ist es doch auch nicht verwunderlich, dass viele "alte Meister" den Japanern etwas anderes gezeigt haben.
Die Japaner jedoch mit ihrem Perfektionswahn, man sagt ja nicht umsonst, die Japaner sind die Preussen Asiens, haben dies dann eben verfeinert. Funakoshi selbst wurde von gewissen Leuten aufgesucht, die ihm nahelegten nicht das ursprüngliche Karate in Japan zu unterrichten.
Da er Grundschullehrer war entwickelte er ein Karate, dass sich an den Schulen Japans unterrichten liess.
Da dies alles nach der Meiji-Restauration geschah, wo man eh bedacht war alles zu verfriedlichen, sind wohl einige Dinge klarer zu verstehen.
Das Karate an sich ist einer ständigen Entwicklung unterworfen, dies bedeutet jedoch, dass man es an heutige Gegebenheiten anpassen muss, man mehr Möglichkeiten hat, Techniken aus einzelnen Systemen zu komibnieren, was ja früher auf Grund der Entfernungen unmöglich war.
Wenn man aber hingeht und Kata so modifiziert, dass diese nur noch dem Wettkampf dienen und man die Techniken des Karate auf 4 vor- und rückwärtsbezogene Wettkampftechniken beschränkt, dann stelle ich dies mal stark als Karate in Frage.
Doch wir kommen hier vom eigentlichen Thema ab.
shureido
07-09-2003, 22:29
Hallo Mizato,
wir kommen zwar vom Thema ab... aber interessant (und m.A.n. auch richtig) sind Deine Ansichten trotzdem.
Liebe Grüße
hm, sorry, ich hatte einen so schönen langen text verfasst, leider aber den falschen Button erwischt.
Nun noch mal, er wird kürzer:
Also, ich kann leider keine andere Meinung vertreten, ich bin 45Jahre aktiv, habe seinerzeit im Cristal-Palace in England den SKI mitgegründet. Hier waren es Kanazawa, Asana, Nagai, Kato etc. die dies aus der Taufe gehoben haben. Ich habe gesehen was aus dem ursprünglich guten Gedanken geworden ist und nie verstanden warum Kanazawa hier nichts unternommen hat. Er war doch schon durch den DKB und die JKA vorbelastet. Aber vielleicht war es Giri den anderen gegenüber.
In der Zeit wo DKB und DKU sich bekriegten war ich auf Okinawa, also weit weg, habe dann gesehen wie ein Mann wie Ochi gechasst wurde, weil er einfach zu unbequem war und nicht in die neue DKV Struktur passte, es wurde dann ja auch jemand Bundestrainer aus der DKU, diese vertrat eh mehr die sportliche Seite, den Sanbon-Ippon Kumite etc.
Funakoshi wollte seinen Stil nicht benennen, er wird gewußt haben wieso, es waren seine Söhne und Nakayame die das heutige Shotokan-Karate beeinflusst haben. Da einige der alten Schüler von Funakoshi vermutlich untereinander nicht grün waren, kam es dann zu den verschiednen Organisationen von Nishiyama, Okazaki etc.
Jedenfalls ist das Karate, das heute als Shotokan Karate praktiziert wird nicht das Karate Funakoshis. Er selbst war kein Kämpfer, er war Poet und Lehrer. Für ihn waren Kata wichtig.
In brisanten Situationen war es beispielsweise Ohtsuka, der ihm beistand.
Das er als Vater des modernen Karate steht ist einerseits gut, andererseits falsch, denn er hat kein modernes Karate gewollt oder praktiziert.
Karate ist Selbstverteidigung, wozu bietet man dann spezielle SV-Kurse im Shotokan an? Dies ist nur ein Beispiel.
Was bringen die ganzen Diskussionen? Sicher hat jedes System seine Daseinsberechtigung, man sollte dann von modernem Sportkarate sprechen aber nicht von Karate oder Okinawa-Te etc.
Diese Systeme dienen der Perfektion von Körper, Geist und Charakter und haben die unangeheme Eigenschaft außerdem noch sehr wirkungsvoll im Ernstfall zu sein. Dies wage ich beim Sportkarate zu bezweifeln, denn der Kampf in Gewichtsklassen und Gürtelgraden, mit Regeln, die von Leuten aufgestellt wurden, die vermutlich selbst nicht viel gekämpft haben ist halt nicht viel auszurichten.
Jedenfalls sollte jeder das praktizieren was ihm liegt und was ihm gefällt. Es ist heute unmöglich die Behauptung aufzustellen es handele sich um ein authentisches System, denn a.) hat und wird jeder Meister das System so modifiziren wie es ihm am besten liegt und b.) kann man die alten Meister nicht mehr ausgraben und fragen.
shureido
08-09-2003, 00:14
Hallo Mizato,
leider kann man Dir keine privaten Nachrichten schicken... ich kann das gut nachvollziehen, würde mich aber freuen wenn Du mir mal eine eMail schickst um sich ggf. per eMail auszutauschen. "shureido@web.de"
Viele Grüße
In diesem Punkten kann ich mich shureido und mizato nur anschliessen!
OSS
Dojokun
Michael Kann
08-09-2003, 08:51
Original geschrieben von mizato
Jedenfalls sollte jeder das praktizieren was ihm liegt und was ihm gefällt. Es ist heute unmöglich die Behauptung aufzustellen es handele sich um ein authentisches System, denn a.) hat und wird jeder Meister das System so modifiziren wie es ihm am besten liegt und b.) kann man die alten Meister nicht mehr ausgraben und fragen.
Hallo Mizato (eigentlich hast Du Dich ja selbst geoutet, aber ggf. sorgst Du noch für mehr Klarheit ;))
Diesem letzten Worten schließe ich mich gerne an ... Unsere Meinungen mögen in Teilbereichen auseinandergehen, daher noch einmal deutlich ... Soundkarate & Co. mögen für UNS nicht passend sein (mir gefällt es nicht, so wie die meisten Trends - vielleicht liegt es am Alter), aber wir haben eben nicht die allein geltende Wahrheit gebucht. So wie wir Suchende sind gibt es Millionen Suchende! Wir haben in unserem jeweiligen Tun und Handeln das passende für UNS gefunden, so werden andere Suchende das passende für sich finden!
Ich sehe im Sound-Karate im übrigen auch keinen Gegenpart (auch nicht aus finanziellen Interessen), sondern eine angedachte Möglichkeit, wieder vermehrt Kinder und Jugendliche für den SPORT zu begeistern und sie ans Karate damit heranzuführen. Die Sound–Karate–Konzeption stellt nämlich ein Projekt dar, das alle Kinder zwischen der 1. Klasse Grundschule, bzw. einem Alter von ca. 6 Jahren, und der 13. Klasse Gymnasium, bzw. einem Alter von ca. 19 Jahren, erfasst.
http://www.karateverband-sachsen-anhalt.de/Dojokun/dojokun.jpg
Gruß :winke:
Mike
PS. @Weudl ... wir sind da einer Meinung!
Hallo Forum!
@ mizato
Deine Beiträge gefallen mir sehr gut und ich stimme in den meisten Positionen mit Dir überein.
In einer Sache jedoch, und diese ist Thema dieses threads, vertrete ich eine andere Meinung: Häufig wird genau diese Frage, nämlich wieviel das Karate Funakoshi's mit dem heutigen (JKA-)Karate gemein hat, dahingehend beantwortet, daß wenige Gemeinsamkeiten festgestellt werden können. Dies mit der Begründung, daß die äußerlichen Unterschiede evident seien und, so ähnlich vertrittst Du es auch, daß Funakoshi Sensei alles andere als das kämpferische Naturell, welches als Archetypus der modernen Shotokan-Technik gelten kann, gewesen sei.
Dies mag zum Teil stimmen.
Jedoch kann die Frage, ob Funakoshi Sensei als "Vater des modernen Karte" anzusehen ist, doch nicht nur unter dem Blickwinkel betrachtet werden, ob er bereits haargenau dem (technischen) Bild des heutigen Karate entsprach oder ob er "ein wilder Kämpfer" gewesen ist.
Funakoshi Sensei hat die Arbeit seines Lehrers Itosu aufgegriffen (er war also nicht der Beginn einer bestimmten Entwicklung) und diese Entwicklung wurde nach ihm auch weiter fortgeführt (er hat die Entwicklung demnach auch nicht beendet). Worin liegt also sein Verdienst?
Seine Rolle kann meiner Meinung nach nur darin gesehen werden, daß er in anderer Weise den entscheidenden Schritt vollzogen hat, nämlich den Weg nach Japan zu beschreiten, das Karate für die Japaner zu öffnen und diesbezüglich sicher auch in gewisser Weise zu modifizieren. Es stellt sich demzufolge nicht die Frage, ob das Karate Funakoshi's dem heutigen Karate in allen Punkten entspricht, sondern ob Funakoshi Sensei ein entscheidender Initiator dessen war, was wir heute als Karate bezeichnen.
Und wenn Funakoshi Sensei also, eine Arbeit seines Lehrers Itosu aufgreifend, das Karate, weg vom reinen und effektivitätsorientierten Kampf, den Massen (= Japan) AUCH zum Zweck des Sports, der Körperertüchtigung, der Gesunderhaltung und der Freude zugänglich zu machen beabsichtigte und dies ernsthaft auch als Erster tat, dann ist er mit Fug und Recht der Vater des modernen Karate. Denn genau dies entspricht der Auffassung des modernen Karate. Funakoshi Sensei nahm dafür die "Wie"-Frage (= Jutsu) ein wenig aus dem Vordergrund und betonte mehr den Aspekt des "Warum" (= Budo).
Wie kann dann bei der Beantwortung der Ausgangsfrage der Aspekt, ob Funakoshi Sensei die haargenau gleiche Technik wie heute betrieben hat oder eine Kämpfernatur war, im Vordergrund stehen? Wo er doch zu einer Zeit, als es nicht mehr täglich nur um's Überleben ging, als offensichtlich einer der Ersten die einzig bedeutsame Frage stellte: Warum und wofür?!
@ Michael
Natürlich hast Du recht, wenn Du vielleicht nicht die Existenz EINER Wahrheit in Frage stellst, jedoch anzweifelst, daß jemand diese für sich allein in Anspruch nehmen kann.
Wenn man dies jedoch konsequent zu Ende denkt, dann hat jedes Individuum, unabhängig von Alter, Reife und vom Bildungsstand, seine subjektive Wahrheit. Natürlich ist auch das so. Sind diese wahrheiten jedoch gleichwertig?
Wenn ja, warum, um Himmels Willen, gibt es dann Schulen?
MfG
Jens
Michael Kann
10-09-2003, 23:38
Hi Jens!
Original geschrieben von Jens S.
Natürlich hast Du recht, wenn Du vielleicht nicht die Existenz EINER Wahrheit in Frage stellst, jedoch anzweifelst, daß jemand diese für sich allein in Anspruch nehmen kann.
Wenn man dies jedoch konsequent zu Ende denkt, dann hat jedes Individuum, unabhängig von Alter, Reife und vom Bildungsstand, seine subjektive Wahrheit. Natürlich ist auch das so. Sind diese wahrheiten jedoch gleichwertig?
Müssen diese Wahrheiten zwingend GLEICHWERTIG sein?
Original geschrieben von Jens S.
Wenn ja, warum, um Himmels Willen, gibt es dann Schulen?
Welche Schulen meinst Du? Obwohl, auch das ist letztlich einerlei ... selbst wenn wir beide die gleichen Ausgangsvoraussetzungen haben, das gleiche Karate betreiben würden heißt dies ja noch lange nicht, dass wir dieses Karate gleich erleben, gleich betrachten, gleich bewerten usw. usf. Letztlich haben wir beide dann zwar wohl die gleiche Basis, doch was wir am Ende selbst erleben (Wahrheit) muss nicht das gleiche sein!
Unsere Intention kann (nicht muß) schon unterschiedlich sein, daher schrieb ich ja
Wir haben in unserem jeweiligen Tun und Handeln das passende für UNS gefunden, so werden andere Suchende das passende für sich finden!
Das bedeutet, wir müssen noch nicht einmal einen unterschiedlichen Stil praktizieren, doch unsere Intention ist eine andere, unsere Schwerpunkte liegen anders ... so erleben wir letztlich, obwohl wir den GLEICHE Stil betreiben, ggf. sogar den gleichen Lehrer haben, unterschiedliche Wahrheiten!
Gruß :winke:
Mike
@Jens
Häufig wird genau diese Frage, nämlich wieviel das Karate Funakoshi's mit dem heutigen (JKA-)Karate gemein hat, dahingehend beantwortet, daß wenige Gemeinsamkeiten festgestellt werden können. Dies mit der Begründung, daß die äußerlichen Unterschiede evident seien und, so ähnlich vertrittst Du es auch, daß Funakoshi Sensei alles andere als das kämpferische Naturell, welches als Archetypus der modernen Shotokan-Technik gelten kann, gewesen sei.
Nun, das ist Ansichtssache, schließlich dürfte unbestreitbar sein das die JKA auf Initaitve Nakayamas und teilweise auch Gigo Funakoshi ins Leben gerufen wurde.
Ebenso dürfte unbestreitbar sein das G. Funakoshi auf Grund dieser Tatsache und noch einigen anderen Dingen das Dojo nicht mehr besuchte.
Nein, ich vertrete nicht den Standpunkt das Funakoshi alles Andere als das kämpferische Naturell gewesen sei.
Jedoch kann die Frage, ob Funakoshi Sensei als "Vater des modernen Karte" anzusehen ist, doch nicht nur unter dem Blickwinkel betrachtet werden, ob er bereits haargenau dem (technischen) Bild des heutigen Karate entsprach oder ob er "ein wilder Kämpfer" gewesen ist.
Ich stelle keinesfalls Funakoshi als "Vater des modernen Karate" in Abrede. Dies steht mir nicht zu, er hat mit Sicherheit vieles in der Entwicklung des Karate beeinflußt. Einige Dinge der Gendai-Zeit ließen sich nach dem Druck durch die jap. Regierung auch nicht mehr aufhalten. So mussten sich alle Systeme in den 30iger Jahren beim Butotukai registrieren lassen. Dafür brauchte man Graduierungssysteme etc.
Bedenken sollte man aber auch das ein Karate von Okinawa nach Japan gebracht wurde, das nicht dem Karate auf Okinawa entspach (schließlich hatte man auf Okinawa u.a. damit überlebt) und gern gesehen wurde es nicht, dass Funakoshi nun das Karate nach Japan brachte.
Und wenn Funakoshi Sensei also, eine Arbeit seines Lehrers Itosu aufgreifend, das Karate, weg vom reinen und effektivitätsorientierten Kampf, den Massen (= Japan) AUCH zum Zweck des Sports, der Körperertüchtigung, der Gesunderhaltung und der Freude zugänglich zu machen beabsichtigte und dies ernsthaft auch als Erster tat, dann ist er mit Fug und Recht der Vater des modernen Karate. Denn genau dies entspricht der Auffassung des modernen Karate. Funakoshi Sensei nahm dafür die "Wie"-Frage (= Jutsu) ein wenig aus dem Vordergrund und betonte mehr den Aspekt des "Warum" (= Budo).
Dies mag vordergründig richtig gewesen sein, doch heute dürfte wohl auch bekannt sein das durch das Shotokankarate, das immer mehr modifiziert und verkünstelt wurde bei den meisten Karateka die Knie-, Hüftprobleme etc. gerade von diesem Streben nach, drücken wir es mal als "klonen" aus kommen. Jeder Mensch hat eine andere Anatomie, dies scheint man dort allerdings vergessen, also kann ich der Gesunderhaltung etc. beim heutigen Shotokan-Karate nicht zustimmen.
Jutsu und Budo, naja, da können wir nun lange diskutieren, steht Bu doch in jedem Wörterbuch für "Krieg", wobei man natürlich auch aus den Schriftzeichen Bu den "Speer anhalten" ableiten kann und somit die Sache philosophisch verfriedlicht. Mit dem Do ist ja der geistige Weg gemeint, das taoistische Do nicht der Weg im eigentlichen Sinne, dies wäre "michi".
Aber wo bleibt das "Do" beim Wettkampf, viele der alten Karate-ka kommen irgendwann wieder zum "Do" und zum eigentlichen Sinn des Karate zurück bei "Kata-Bunkai" und "Selbstverteidigung". Da werden mir unverständlicher Weise spezielle Lehrgänge angeboten, obwohl dies m.E. bereits von Anfang an im Karate enthalten sein sollte.
Wo er doch zu einer Zeit, als es nicht mehr täglich nur um's Überleben ging, als offensichtlich einer der Ersten die einzig bedeutsame Frage stellte: Warum und wofür?!
Könnte man diese Frage nicht bei allen System stellen. Wäre nicht Kickboxen als Sport dann besser geeignet mit Showkata etc. Dies käme doch der sportlichen Variante wesentlich näher als die zahlreichen Systeme die sich auf Tradition berufen?
Sicher kann man sich über vieles streiten. Es geht auch gar nicht um irgendein System oder Stil der besser ist als die anderen.
Da Karate Funakoshi stammte aus dem Shorin-Ryu, vermischt mit einigen Komponenten anderer Systeme. Sicher hat Funakoshi auch die Kata modifiziert, vereinfacht, damit diese an Grundschulen etc. gelehrt werden konnten. Daraus ist viel künstliches entstanden, doch bestimmt hat alles seine Daseinsberechtigung.
Es wäre mir deshalb angenehmer wenn man bei den System behaupten würde. Shotokan-Karate auf der Basis des Funakoshi-Karate oder Goju-Ryu auf der Basis des Yamaguchi-Gojuryu.
Damit würde man die Tradition erhalten und es würde nicht die Frage aufkommen ob Funakoshi oder sonst wer das Karate genauso gemacht hätte.
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