PDA

Vollständige Version anzeigen : Zielsetzung des Qigong in Eurer Kampfkunst



Thorre
16-10-2009, 12:21
Das Thema gibt es schon einmal in einer anderen Variante, dabei ging es aber nicht um die Zwecke des Qigong für die Kampfkunst, glaube ich. Während der Diskussion zum Waijia-Neijia Thema kamen wir immer wieder auf Qigong als eine Methode der Kampfkunstschulung zu sprechen. Ich finde interessant darüber nachzudenken, mit welchen konkreten Zielen (für die Kampfkunst) Ihr Qigong übt.

Um das anhand der konkreten Zielsetzung zu unterscheiden, könnte man verschiedene Kategorien benennen:



Qigong, um den Körper von den Anstrengungen des Trainings zu entspannen und um mögliche Verletzungen zu heilen (Beispiel: Baduanjin)
Qigong, um den Körper allgemein zu stärken (Beispiel: Yi Jin Sing)
Qigong, um spezielle Jin-Kräfte zu entwickeln, die für die Taktik des betreffenden Stiles Beudeutung besitzen (Beispiel: Bagua Turning Spinning Qigong – Bagua Zhuan Xuan Gong, so wie im Liang/ Yang Buch vorgestellt)
Qigong, um spezielle Strukturveränderungen zu bewirken, die Fähigkeiten wie Verwurzelung, Zentrierung, Ausrichtung ermöglichen (Beispiel: Zhan Zhuang)
Qigong, um geistige Attribute zu schulen, die für die Taktik eines Stils wichtig sind (Beispiel: Meditationsübungen des Qigong, bei denen es primär um das Regulieren von Geist, Gefühl und Gedanken geht, Tiao Xin)


Ich habe auch schon häufiger von Qigong-Praktiken gehört, die mir ziemlich magisch vorkommen. Beispielsweise das Energetisieren eines Körperteils, um dann damit zu schlagen oder abzuwehren. Wäre schön, wenn jemand von Euch auch dazu was sagen kann.


Natürlich überschneiden sich die Kategorien hier und dort, aber ich vermute, man kann bei vielen Schulen schon Unterschiede festmachen, z.B. wenn es mehr um Heilung oder mehr um Kräftigung geht.


Grundsätzlich: Welche dieser oder ähnlicher Übungen macht Ihr und wie sehen die Fortschritte/ Erfolge aus?

Pu Bär
16-10-2009, 22:15
Keine leichte Fragestellung.

Qigong zur Heilung und Regeneration ergibt sich bei mir durch das Üben von Qigong zur Zentrierung und Verwurzelung, was sich aus Qigong zum Lösen und (geistigem wie körperlichem) Loslassen ergibt. Dabei passiert dann auch Verlagern von Energie mal hierhin und mal dahin. Aus dem Bauch heraus kann ich das gar nicht so einfach trennen. Das übe ich im Zhan Zhuang und in den Tai Chi Tsao.

Dazu kommt für mich das Fokussieren auf Punkte außerhalb des Körpers als "kämpferisches Zusatzqigong". Ebenso im Zhan Zhuang - nur andere Positionen (Kampfstellung, San Ti Shi in der Tai Chi Variante).

Sollte ich das in eine Reihenfolge bringen, würde ich scheitern. Das bedingt sich für mich alles gegenseitig.

Zentrieren durch Loslassen. Verwurzeln durch Zentrieren. Erneutes Zentrieren durch Verwurzeln. Tieferes Loslassen durch Zentrieren. Durch das tiefere Loslassen wieder andere Verwurzelung. Plötzlich taucht da erhöhte Beweglichkeit mit mehr Energie drin auf. Die führt wieder zu mehr Loslassen, was sich wieder auf anderes auswirkt. Insgesamt ist das gleichzeitig anstrengend und erholsam.

Soviel zum Freitagabendüberqigongposting. :)

Thorre
17-10-2009, 15:14
Qigong zur Heilung und Regeneration ergibt sich bei mir durch das Üben von Qigong zur Zentrierung und Verwurzelung, was sich aus Qigong zum Lösen und (geistigem wie körperlichem) Loslassen ergibt... Dazu kommt für mich das Fokussieren auf Punkte außerhalb des Körpers als "kämpferisches Zusatzqigong".

Das bedeutet dann aber wohl, daß sich bei Dir mögliche lebens- oder trainingsbedingte Überlastungen nur in den Bereichen Deines Körpers einstellen, die Du mit Deinen Rooting-Übungen ohnehin "behandelst".

Falls Du aber durch Schlagen am Sandsack oder lange Computerarbeit mit der Mouse Deinen Ellenbogen überlastest, würdest Du wohl auch ein paar Extra-Qigong-Übungen machen, um das Gelenk wieder fit zu kriegen. Oder sehe ich das falsch?

Was machst Du denn beim "Fokussieren auf Punkte außerhalb des Körpers" genau? Und was ist die Zielsetzung?

Gruß aus Berlin
Thorre

Pu Bär
17-10-2009, 20:30
Nicht ganz. Das Zentrieren führt eher zu einem Ausbreiten von "Kraft" (in Ermangelung eines passenderen Begriffes) innerhalb des ganzen Körpers. Ich will nicht ganz "Struktur" sagen, aber so in der Art. Nenn es Seidenfaden oder Spiralen oder pengjin...

Und das, was sich da frei im gesamten Körper ausbreitet, kommt durch diese Zentrierungsübungen und behandelt da freilich auch den Computermausellenbogen. Die Tai Chi Basisübungen gehen da auch gut in Richtung körperlicher Dehnung und Kräftigung zusätzlich zum inneren Anfüllen - das verstehe ich unter spezifischem Jin-Training :) .

Zum Fokussieren nach außen: Ist enorm wichtig für den Tunnelblick :D. Aber im Ernst, jetzt liest sich das sicher esoterisch: Du versuchst eben mal deine Aufmerksamkeit im Solotraining außerhalb deines Körpers zu bündeln. So dass du dich eben selbst vergißt und quasi in Richtung des Zielpunktes fließt. Der Körper richtet sich daraufhin auch aus. Man lässt sich im Zweifelsfall weniger ablenken im Kampfe. Lass es fließen!

Also einerseits Übungen für Gesamtkörperwahrnehmung und andererseits gerichtete Aufmerksamkeit. Das Qi (schließlich sprechen wir hier von Qigong) folgt dem ganzen nach.

Thorre
18-10-2009, 10:21
Ich verstehe schon, denke ich. Indem Du den Körper zentrierst, kann Qi dahin fließen, wo der Körper Qi braucht. Das freie Fließen ermöglicht dann auch Heilung bzw. Regeneration.

Ich denke es würde darüber hinaus trotzdem auch Sinn machen, den Qi-Fluß im verletzten/ überlasteten Bereich zu stimulieren. Beim Thema Rückenverletzungen habe ich mit speziellen Qigong-Übungen einige Erfahrung und halte das für sehr sinnvoll.

Unter spezifischem Jin-Training verstehe ich tatsächlich etwas, daß "spezifisch" ist, also ausgerichtet auf einen bestimmten Körperbereich, der mit einer bestimmten Technik in Verbindung steht.

Für Shuai Jiao Techniken ist das Jin-Training - so wie ich es kenne und praktiziere - anders, als für Tritt- oder Schlagtechniken.

Bei Dir scheint das einheitlicher, allgemeiner zu sein, oder irre ich mich da? Übst Du verschiedene Jin-Formen?

Was das Fokussieren betrifft, das verstehe ich aus Deiner Beschreibung als eine Art Meditation bzw. Aufmerksamkeitstraining. Es geht dort demnach nicht um das Aussenden von Qi aus taktischen Gründen.

Ich finde es interessant, darüber nachzudenken, welche Zielsetzungen sich mit Qigong allgemein und speziell verbinden. Im Gespräch mit Qigong-Praktikern aus der Kampfkunst stelle ich manchmal fest, daß den Übenden nicht ganz klar ist, warum sie spezielle Übungen machen und wie die konkreten Erfolge eigentlich aussehen. Das ist dann für mich esoterisch im negativen Sinne.

By the way: Pu Quan - ich habe mal den Slogan gehört "Lern Kung Fu mit Winnie Puh", Werbung für ein Kindertraining, aber den Stil Pu Quan kenne ich nicht. Gibt es den wirklich?

scarabe
19-10-2009, 00:40
Das klassische Pranaheilen, das ursprünglich der chinesischen Qi Gong Lehre entspringt, arbeitet bewußt damit, bei Verletzungen die beeinträchtigte Energie möglichst zu entfernen und durch frische Energie mit Heilkraft zu ersetzen, um schnellere Heilung zu erzielen, was oft funktioniert.
In einfacherem Sinne ist es auch dienlich, Energiestaus in dem verletzten Bereich zu verhindern/aufzulösen, was mit Qi Gong funktiuoniert, wobei wie üblich die richtige "Dosierung" wesentlich ist.
Es gibt außerdem Energieformen von warmer Energie, die Zellwachstum fördert (es gab hier mal ein interessantes "wissenschaftliches" Experiment mit Samenzellen von Ebern, die prächtig gediehen, sowie kühle Energie, die z.B. bei entzündlichen Prozessen oder wenn sich etwas zurückbilden soll, eingesetzt werden. Soweit die Theorie, kaum einer ist im Qi Gong so weit, daß er das bewußt steuern kann.
Und es gibt so viele Arten von Qi Gong!
Immerhin habe ich selbst miterlebt, wie eine Bekannte durch Zhan Zhuang nach ihrer Rücken-OP (aller andere Sport war ihr verboten) schnellstens wieder fit wurde.

Wichtig für Mädels: Vorsicht mit Zhan Zhuang an den "Tagen", kann verstärkend wirken (das hab ich von einem chin. Qi-Gong Großmeister, der auch TCM macht)

Mir persönlich hilft Qi Gong nicht nur, jünger auszusehen, als wenn ich eine Weile keines mache, ich tue mir dann auch mit Zentrierung und Verwurzelung noch etwas leichter, bin generell fitter und ausgeglichener und das Taiji-Training hat irgendwie mehr Tiefe und mehr "Wumms".

Pu Bär
19-10-2009, 13:52
Qigongheilung ist ein anderes Thema... trotzdem: Ich würde eben nicht gezielt Qi in einen verletzten Bereich reinfließen lassen (zumindest nicht, wenn es was inneres ist - bei Fleischwunden schon). Das wäre, wie wenn ich eine Kanne Kaffee in Frischwasser verwandeln möchte, indem ich einfach Wasser nachlaufen lasse. Erst wird die Kanne überlaufen und es wird lange dauern bis es tatsächlich nur noch Wasser ist. Lieber lasse ich zuerst den Kaffee ablaufen.


Thorre:
Was das Fokussieren betrifft, das verstehe ich aus Deiner Beschreibung als eine Art Meditation bzw. Aufmerksamkeitstraining. Es geht dort demnach nicht um das Aussenden von Qi aus taktischen Gründen.

So meinte ich das. Allerdings gehört letzteres auch dazu.

Was das Jin-Training angeht: Spezifische Übungen für spezifische Jins. Allerdings immer für den gesamten Körper.

Und:
Puquan... hihi. Pu vom Bären (Winnie), dem es in seiner Schlichtheit immer gelingt, das richtige zu tun und quan brauch ich sicher hier nicht erklären. :)
Es soll halt alles so einfach wie möglich und wie nötig bleiben. Ich denke, das ist die Essenz von (Kampf-)Kunst. Speziell dieses Taitschi ;)
Manchmal muss man halt vom Plump-Einfachen über das Detailliert-Komplizierte zum Dynamisch-Einfachen gelangen.

Thorre
24-10-2009, 11:33
Hallo Pu, bei verletzten Strukturen (z.B. Gelenke) bedeutet Heil-Qigong für mich, dem betreffenden Bereich die Möglichkeit zu geben, Qi frei fließen zu lassen. So kann man verhindern, daß sich eine Blase stagnierendes Qi bildet. Durch Qigong beginnt das stagnierende Qi abzufließen und neues Qi kann in den Bereich strömen.

Das sind natürlich alles modellartige Beschreibungen, die nur andeuten, was da innerlich passiert, aber man kann gut damit arbeiten, finde ich.

Bei meinem Jin-Training übe ich nicht immer für den ganzen Körper. Greifendes/ Zupackendes Jin trainiere ich vorranging für die Hände. Jin für Beinschläge übe ich primär mit Beinen, Becken und unterem Rücken. Ich kann mir auch nicht vorstellen, wie man diese Jins "für den ganzen Körper" übt. Vielleicht kannst Du das mal beschreiben.

-----------------------

Ich finde es erstaunlich und bezeichnend, daß sich so wenig CMA´ler an dem Thema beteiligen wollen. Das stützt andererseits meine Einschätzung, daß viele Übende eigentlich keine wirklich konkreten Zielsetzungen mit dem Qigong verbinden, sondern Qigong eher üben, weil man es allgemein für wichtig hält.

Thorre
24-10-2009, 11:36
Mir persönlich hilft Qi Gong nicht nur, jünger auszusehen, als wenn ich eine Weile keines mache, ich tue mir dann auch mit Zentrierung und Verwurzelung noch etwas leichter, bin generell fitter und ausgeglichener und das Taiji-Training hat irgendwie mehr Tiefe und mehr "Wumms".

Und welches Qigong übst Du?

T. Stoeppler
24-10-2009, 17:21
Ich finde alle genannten Aspekte wichtig. Mein reguläres Training mixt eigentlich alles durch... wenn ich kaputt bin, halt kein Jin Training sondern mehr "heilung" und wenn ich mich ziemlich fit fühle, dann eben mehr Jin Training.

Ich geh da nach dem Bauchgefühl.

Gruss, Thomas

Pu Bär
24-10-2009, 18:48
1. Hallo Pu, bei verletzten Strukturen (z.B. Gelenke) bedeutet Heil-Qigong für mich, dem betreffenden Bereich die Möglichkeit zu geben, Qi frei fließen zu lassen. So kann man verhindern, daß sich eine Blase stagnierendes Qi bildet. Durch Qigong beginnt das stagnierende Qi abzufließen und neues Qi kann in den Bereich strömen.



-----------------------

2. Ich finde es erstaunlich und bezeichnend, daß sich so wenig CMA´ler an dem Thema beteiligen wollen. Das stützt andererseits meine Einschätzung, daß viele Übende eigentlich keine wirklich konkreten Zielsetzungen mit dem Qigong verbinden, sondern Qigong eher üben, weil man es allgemein für wichtig hält.

zu 1.: Nichts anderes wollte ich ausdrücken.

zu 2.: Tja... oder dieses "Tschikung"-Gedöns ist vielen zu esoterisch. ;)

Jochen Wolfgramm
24-10-2009, 22:40
zu 2.: Tja... oder dieses "Tschikung"-Gedöns ist vielen zu esoterisch. ;)

:) Trifft es wohl eher. Qi Gong ist wohl bei den meisten eine nette "Dreingabe" ohne tieferen Sinn.

Allerdings hab ich selber auch wenig Motivation hier erschöpfend den Sinn und die Zielsetzung unserer Qi Gong Übungen zu erläutern. Das habe ich im Training schon genug. :devil:

Thorre
25-10-2009, 08:35
Allerdings hab ich selber auch wenig Motivation hier erschöpfend den Sinn und die Zielsetzung unserer Qi Gong Übungen zu erläutern. Das habe ich im Training schon genug.

Das finde ich schade, denn ich glaube, daß der Sinn eines Forums auch gerade in dieser Art Austausch liegt.

LoneWolf
25-10-2009, 09:24
Qigong, um spezielle Jin-Kräfte zu entwickeln, die für die Taktik des betreffenden Stiles Beudeutung besitzen (Beispiel: Bagua Turning Spinning Qigong – Bagua Zhuan Xuan Gong, so wie im Liang/ Yang Buch vorgestellt)

Was versteht man unter Jin- Kräfte und was haben sie mit Qi zu tun?

Mich würde es interessieren wie man seine Jin- Kräfte entwickeln kann. Tue ich dies nicht schon automatisch wenn ich mich im Hara/Tanden (Japanisch) loslasse?

Ich selbst habe keine praktischen Erfahrungen mit Qi- Gong. Trotzdem lese ich oft von den sogenannten Jin Kräften. Da ich mich mit dem Bereich Meditation schon lange beschäftige würde ich gerne meinen Horizont etwas erweitern.

nagual
25-10-2009, 14:26
Jin-Kräfte sind einfach nur Kräfte. Oder Kräfte mit bestimmten Skills, d.h. nicht nur "dumme" Kraft ohne motorische Geschicklichkeit.
Man könnte auch von Power-Kräften reden. Was sind "Power-Kräfte"? Nichts, weil es ein blödes Englisch-Deutsch-Mischwort ist, welches eine Besonderheit suggeriert, wo keine Besonderheit ist.

Ganz praktisch gesagt, sind Jin-Kräfte motorische Kräfte, d.h. Skills, die auf Kraft plus Motorik basieren.

Was hat das mit Qi zu tun?
Qi verbessert die Motorik, denn die optimale Nutzung des eigenen motorischen Potenzials kann erst bei geöffneten Energiekanäle, Freiheit von Blockaden usw. genutzt werden. Jeder weiß, dass man in verkrampftem Zustand nicht vernünftig Sport treiben oder sonstwas qualitativ hochwertig machen kann.
Die gezielte Öffnung der Kanäle und energetische Aufladung des Körpers wird in den chin. Künsten extrem hoch bewertet und geht über die westlichen Normen hinsichtlich Auflockern und Warmmachen usw. meistens deutlich hinaus.

Die Motorik wird in den meisten chin. Künsten durch eine recht strenge Harmonie geregelt, denn man geht davon aus, dass nur die perfekte Harmonie auch die optimale Nutzung der vorhandenen muskulären Kräfte ermöglicht.
Darauf wird hingewiesen, wenn dieses Wichtigtuer-Wort "Jin-Kraft" benutzt wird.
Prinzipiell sind ALLE Kräfte "Jin Kräfte", weil es eben nichts anderes gibt.

Zwischen Jin-Kräften und anderen Kräften zu unterscheiden, ist genauso unsinnig, wie zwischen Power-Kräften oder Strength-Kräften und anderen Kräften zu unterscheiden.

NIEMAND weiß genau, was Power-Kräfte sind; man kann nur irgendwelche Phantasien dazu entwickeln, oder glauben, dass jemand was ganz bestimmtes damit gemeint hat.

Ebenso weiß NIEMAND, was Jin-Kräfte wirklich sind, denn es ergibt sich höchstens ggf. aus dem Kontext. In einem anderen Kontext kann es wieder anders aussehen.

Werf mal einen Basketball einmal mit Strength-Kraft und mal mit normaler Kraft in den Korb. Oder versuch mal "motorische Kraft"!
Letztendlich ist das nur sprachliches Geblubber.

Es gibt natürlich tatsächliche spezielle motorische Skills, und zwar extrem viele.
Es ist nur Blödsinn, von bestimmten motorischen Skills willkürlich zu behaupten, das eine wären Strength-Kräfte, das andere wären Power-Kräfte und irgendwas wären ultra-spezielle Jin-Kräfte.

Im Chin. klingt das alles ziemlich normal, nur wenn man im Deutschen oder Englischen davon redet, entsteht der Eindruck, da wäre ein Geheimnis hinter.
So ähnlich wie in England die Clockzeit und nicht die Uhrzeit vergeht.
Schwachsinn ist das.

Thorre
25-10-2009, 16:35
Was versteht man unter Jin- Kräfte und was haben sie mit Qi zu tun? Mich würde es interessieren wie man seine Jin- Kräfte entwickeln kann. Tue ich dies nicht schon automatisch wenn ich mich im Hara/Tanden (Japanisch) loslasse?


Hallo LoneWolf, Nagual hat schon ein paar Sachen zum Thema erklärt. Grundsätzlich gibt es unter den Praktikern verschiedene Vostellungen über Jin. Ich fasse mal kurz zusammen, was mir sinnvoll erscheint.

Jin wird in der englischsprachigen Fachliteratur häufig mit "Martial Power" übersetzt. Es handelt sich dabei um die Fähigkeit, Kampftechniken mit einem Höchstmaß an Effizienz auszuführen. (In diesem Punkt widerspreche ich Nagual, nicht jede Kraft ist Jin-Kraft.)

Jemand, der Kraft an Maschinen trainiert hat also vielleicht große und starke Muskeln, aber eben nicht Jin.

Viele chinesische Stile haben spezielle Jin-Übungen entwickelt, die Haltungs-, Bewegungs- und Krafttraining miteinander verbinden.

Qigong dient in diesem Zusammenhang - wie Nagual schon sagte - dazu, die Energie des Körpers frei fließen zu lassen, indem die Kanäle geöffnet werden.

Je nach Technik, die im Kampf angewendet werden soll, kann man verschiedene Jins unterscheiden, z.B. Wurf-Jin, Stoßendes Jin, Zupackendes Jin usw. HIER (http://www.youtube.com/watch?v=pwdvr11DDPY&feature=player_profilepage)kannst Du einen Clip sehen, der das Jin-Training für Grifftechniken zeigt.

Die Sammlung der Energie im Hara dient dazu, den Körper zu zentrieren und zu verwurzeln, aber sie kann die spezifischen Jin-Übungen meiner Ansicht nach nicht ersetzen.

Falls Du noch Fragen hast, mach ruhig.

Gruß aus Berlin
Thorre

LoneWolf
25-10-2009, 17:49
Ok, ich habe sicherlich noch einige Fragen, möchte das ganze aber erst mal verstehen. Ich hatte mal ein interessantes Erlebnis als ich 14 war und für eine kurze Zeit Judo betrieben hatte. Ich hatte den gelben Gürtel und eines Tages machten wir ein Freundschaftsturnier und ich musste gegen einen Braungurt auf die Matte.

Den habe ich mir einem Tai-Otoshi besiegt. Ich war damals wirklich schwächlich und hatte eher mit gutem Willen der prüfer die Gürtelprüfung bestanden und die Leute schauten sehr verdutzt als ich den viel stärkeren Braungurt besiegte. Ich wusste damals überhaupt nichts von irgendwelcher Körpermechanik oder irgendwas von Qi. Das kam einfach aus der Situation heraus. Kann man das in etwa mit dieser Jin Kraft umschreiben?

Als ich danach noch mal mit ihm kämpfte hatte ich keine Chance.


Die Sammlung der Energie im Hara dient dazu, den Körper zu zentrieren und zu verwurzeln, aber sie kann die spezifischen Jin-Übungen meiner Ansicht nach nicht ersetzen.

ich glaube hier müsste man klären mit welcher Technik man sich im Hara versammelt? Frage wie tust Du dies? Ich lasse das Ausatmen lang, den Einatem kurz mich am Kopf und in den Schultern los und dann... ja ich nenne es mal steig „Es“ aus dem Tanden. Es ist so als würde der Köper somit neu wachsen.

Natürlich ersetzt das keinesfalls das körperliche Training und die Übungen die ich in dem von Dir verlinkten Clip gesehen habe scheinen Sinn zu machen. Glaubst Du solche Übungen machen auch Sinn für das Boxen oder Thaiboxen?

Klaus
25-10-2009, 19:19
Kann man das in etwa mit dieser Jin Kraft umschreiben?


Kann schon sein. Ich merke den Unterschied auch am gleichen Tag, wenn sich das mal wieder zwischendurch einschaltet. Lass Dir so wenig wie möglich erzählen was alles "nicht geht" oder nicht existiert, und warte ab was Dein Körper tut. Hat auch nichts mit martialisch oder Technik zu tun, als das bei mir richtig rauskam, war es vorzugsweise auf dem Basketballfeld oder anderem Sport. Ich hatte Mühe so präzise zu werfen wie vorher, weil der Sch*** Ball einfach quasi nichts mehr gewogen hat. Den habe ich aus den Fingerspitzen geworfen, auch als Dreier. Und das nicht nur "mal", sondern immer, jedenfalls solange bis es sich zurückentwickelt hat.

Natürlich hat es mit dem zu tun, was im Muskel, und im Körper chemisch und physikalisch abläuft. Der Gag ist nur, dass es eben Chinaübungen gibt die sowas gezielt stimulieren, auch ohne dass man sich furchtbar was vorstellt. Es gibt aber auch emotionale Komponenten, die helfen das rauszubringen. In sich versunken seine Übungen zu machen zum Beispiel. Es gibt offenbar Gefühle die einfach die entsprechenden Abläufe hemmen.

Mach einfach die Übungen und warte es ab. Je weniger man sich vorher Gedanken macht, umso mehr kann man sich mit dem auseinandersetzen oder beschäftigen was TATSÄCHLICH kommt. Und manchmal muss man das auch nicht, es reicht sich einfach zu freuen wenn man plötzlich stärker wird und nicht mehr so schnell ermüdet.

nagual
26-10-2009, 10:07
Jemand, der Kraft an Maschinen trainiert hat also vielleicht große und starke Muskeln, aber eben nicht Jin. Doch, die sprachliche Realität in China sieht so aus, dass ein Muckibudentyp Jin hat, "Ta you jin" ist die typisch chinesische Beschreibung eines Muckibudentyps, einer sichtbar starken Person.

Der Ausdruck Jin bezieht sich komplett allgemein auf muskuläre und motorische Kräfte, im Gegensatz zu "li", welches eher physikalische Kräfte beschreibt.

Jin, also muskulär-motorische Kräfte beziehen sich in komplett allgemeiner Hinsicht auf irgendwelche billigen oder anspruchsvollen Skills plus notwendiger Muskelmasse/Struktur.

Der Skill, Hanteln zu stemmen, fällt das genauso drunter wie irgendwelche IMA-Pushskills.

Vorstellungen von Jin, die den allgemeinen Charakter des Wortes in Richtung spezieller Skills einschränken (also Jin = nur IMA-Skills+Kraft) sind eine "Erfindung" von Westlern, die die Sprachgewohnheiten der Chinesen nicht verstanden haben.

Das ist ungefähr so, als würde man behaupten, dass "motorische Kraft" (was als allgemeine Bezeichnung weitgehend das Gleiche bedeutet wie "jin") lediglich z.B. die Kraft für Stabhochsprung wäre, aber das Heben von Hanteln keine "motorische Kraft" wäre, sondern "nur Kraft".
Es ist aber logisch, dass ein trivialer Skill wie das Heben von Hanteln ebenso eine "motorische Kraft" ist wie die Bewältigung eines Stabhochsprunges, und in eben diesem Sinne handelt es sich bei grundsätzlich allen Arten von Jin um irgendwelche motorische Kräfte, und um nichts mehr, was nicht durch irgendein spezielles Zusatzwort angedeutet ist.
"nei jin" ist lediglich "innere motorische Kraft", "wai jin" ist "äußere motorische Kraft", "Na jin" ist "greifende motorische Kraft" usw., ganz allgemein und diffus.
Ob es das überhaupt "gibt", ist eine Frage, die nicht durch die Begriffe beantwortet wird.

Letztendlich geht es dabei aber um die Konzeptionierung der Trainingslehre.
Wenn jemand z.B. glaubt, dass zu einem "echten" "na jin", also "greifender (motorischer) Kraft", irgendwelche speziellen Ganzkörperstrukturen und Dantian-Zentrierung dazu gehören, dann kann das hinsichtlich der Trainingslehre z.B. richtig, notwendig oder ggf. auch nur empfehlenswert sein.
Es ist aber definitiv NICHT so, nur weil das mit dem Begriff "jin" bezeichnet wird, bzw. bezeichnet werden kann.
Wer das glaubt, wendet westliches Denken an, das nicht der chinesischen Mentalität und dem chin. Sprachverständnis entspricht, weil die Chinesen eben nicht in solchen so eindeutigen Definitionsstrukturen denken, bzw. diese Dinge sprachlich einfach allgemeiner andeuten als sie sprachlich unbedingt definieren zu wollen.

So Aussagen wie "benutze jin, nicht li", sind Sprachspielereien, die so allgemein sind wie "benutze keine Kraft sondern Motorik", was eben nicht sehr speziell ist, aber ggf. auf etwas sehr Speziellen hinweisen kann. (In einer Situation kann es auf etwas Spezielles hinweisen, in einer anderen Situation ist es billigste Schlaumeierei!!!)

Der entscheidende Punkt ist der, dass man die Chinesen quasi überholt, wenn man solche Unterschiede zwischen "jin" und "li" zu speziell versteht, als WÄREN da konkrete Definitionen hinter. Diese Definitionen sind westliche Erfindungen, während die Aussagen der Chinesen nur die Erklärungen sind, was meistens angedeutet wird.

Man darf seine eigenen Trainingskonzepte nicht zu eng sehen, weil es eben keinen definierten Unterschied zwischen jin-mäßigen und nicht-jin-mäßigen *) Kräften gibt.
Jede körperliche Kraft ist eine motorische Kraft, also jin, und es kann vom Prinzip her nichts anderes geben.
Das ist ein entscheidender Teil des Konzeptes, denn ansonsten macht man sich den Kram viel zu kompliziert, und schwelgt in Missverständnissen, über die die Chinesen sich kaputt lachen, weil sie merken, dass die Westler zu blöd sind, den Kern zu kapieren.

Weil es keinen Unterschied zwischen jin und nicht-jin gibt, sondern jegliche Kraft und Motorik immer jin ist, deswegen gibt es auch keinen letztendlichen wesensmäßigen Unterschied zwischen Neijia und Waijia, sondern lediglich diffuse Andeutungen, die zwar einen realen Hintergrund haben, aber eben letztendlich diffus und nebulös bleiben.
Man versteht das nur, wenn man sich diese sprachliche Diffusität mal eindeutig klar macht (dass sie existiert, und dass man sie nicht lösen oder wegdefinieren und wegübersetzen kann und DARF!!!), und in sein Gesamtverständnis einbezieht.
Über jin und li und Neijia und Waijia zu reden, dass sind und bleiben IMMER letztendlich diffuse Hinweise, und für wirkliche konkrete und eindeutige Beschreibungen muss man andere Worte finden, oder längere Texte bilden.

Im Chinesischen kann das dann z.B. eine Erklärung sein, welche Qualitäten zu einem "na jin" (greifende motorische Kraft) in einem bestimmten Stil haben sollte. Dass ein westlicher Strongman bei einem Strongman-Wettbewerb ebenfalls "greifende motorische Kraft" anwendet, und zwar sogar absolut typische "greifende motorische Kraft" ("na jin"), ist für einen Chinesen ganz normal und ergibt sich selbstverständlich aus dem sprachlichen Zusammenhang.

--
EDIT
*) "jin-mäßige und nicht-jin-mäßige Kräfte" ist eine sprachliche Total-Absurdität, es kommt dem Ausdruck "(Körper)Kräfte in der Art motorischer Kräfte" und "Kräfte in der Art nicht-motorischer Kräfte" gleich, ist also Schwachsinn. Die Nutzung von "jin" als Fremdwort suggeriert aber solche Möglichkeiten und durch diese Sprachimplikationen bildet sich dann bei Westlern der feste Glaube an etwas Definiertes und Spezielles, was es aber in der chinesischen Welt gar nicht gibt.

nagual
26-10-2009, 10:21
Ich wusste damals überhaupt nichts von irgendwelcher Körpermechanik oder irgendwas von Qi. Das kam einfach aus der Situation heraus. Kann man das in etwa mit dieser Jin Kraft umschreiben?

So etwas kann man z.B. mit dem mysteriösen Begriff "situative Geschicklichkeit" umschreiben. Wenn man diesen Begriff ins Chinesische übersetzt, und das chinesische Wort dann im Deutschen als Fremdwort benutzt, entsteht wieder so ein magischer Schwachsinn wie "Jin-Kraft".

Thorre
26-10-2009, 13:27
Ich hatte mal ein interessantes Erlebnis als ich 14 war und für eine kurze Zeit Judo betrieben hatte. Ich hatte den gelben Gürtel und eines Tages machten wir ein Freundschaftsturnier und ich musste gegen einen Braungurt auf die Matte.

Den habe ich mir einem Tai-Otoshi besiegt. Ich war damals wirklich schwächlich und hatte eher mit gutem Willen der prüfer die Gürtelprüfung bestanden und die Leute schauten sehr verdutzt als ich den viel stärkeren Braungurt besiegte. Ich wusste damals überhaupt nichts von irgendwelcher Körpermechanik oder irgendwas von Qi. Das kam einfach aus der Situation heraus. Kann man das in etwa mit dieser Jin Kraft umschreiben?

...ich glaube hier müsste man klären mit welcher Technik man sich im Hara versammelt? Frage wie tust Du dies?

Natürlich ersetzt das keinesfalls das körperliche Training und die Übungen die ich in dem von Dir verlinkten Clip gesehen habe scheinen Sinn zu machen. Glaubst Du solche Übungen machen auch Sinn für das Boxen oder Thaiboxen?


Hallo LoneWolf,

erst mal zu Deinem Erlebnis. Wie Du an der Diskussion sehen kannst, herrschen zum Thema "Jin" sehr unterschiedliche Ansichten, deshalb scheint es sinnvoll jede Aussage, die hier getroffen wird, mit etwas Distanz zu betrachten. So fasse bitte auch mein Statement auf.

Meiner Ansicht nach ist Jin nichts, das spontan entsteht, wenn nicht vorher ein spezielles Training (egal ob bewußt oder unbewußt) stattgefunden hat.

Das heißt, man kann nicht "einfach so" Jin haben. Dazu muß sich durch wiederholte Übungen eine entsprechende Struktur und auch die darauf basierende motorische Fähigkeit entwickelt haben.

Dein Erlebnis könnte aber in die Richtung Jin weisen, wenn man annimmt, daß Du in diesem Moment optimal verwurzelt, zentriert und ausgerichtet warst. Dann hat in dieser Situation alles so gestimmt, wie es für Dich überhaupt nur möglich war und Du hast Dein aktuelles Potential voll ausgeschöpft.

Das ist dann aber trotzdem "nur ein Hauch von Jin" :) weil Du erst durch wiederholtes spezielles Training Jin kultivieren kannst. Das bedeutet, Deine Struktur (Muskeln, Sehnen, Bänder, Knochen, Faszien, Gewebe) verändert sich und außerdem verändert sich die intramuskuläre Koordination sowie die Koordinationsfähigkeit für Bewegungen generell.

Das Zentrieren im Hara / Dan Tien übe ich durch Qigong-Praxis, bei der ich meine Aufmerksamkeit in den Unterbauch lenke. Macht man das über längere Zeit bei Steh- und Bewegungsübungen, so funktioniert es irgendwann automatisch und man ist zentriert, ohne das eigentlich steuern zu müssen. Ich wende für diese Zentrierungsübungen keine spezielle Atemtechnik an, wenn man davon absieht, daß ich versuche in den Unterbauch zu atmen.

Was den Sinn von Jin-Übungen für das Boxen oder MT betrifft, glaube ich, daß man das Prinzip auf alle Kampftechniken/ Kampfsysteme anwenden kann. Es geht dabei immer um die Frage, auf welchen Kraftwirkungsprinzipien eine Technik beruht.

Wird die Power primär aus dem Stand geholt, aus dem Schritt, aus der Hüfte, aus dem Rumpf? Es gibt Stile, die sich auf das Agieren aus der Hüfte spezialisiert haben und solche, die die Kraft eher aus den Füßen holen. Das bedeutet dann verschiedene Jin-Trainings.

Wenn ich meine Shuai Jiao Jin Übungen mache (für Wurftechniken), dann traniere ich viel das ruckartige Reißen mit dem Rumpf (z.B. durch Drehung oder Beugung), denn genau diese Power braucht man beim Werfen. Starke Arme sind zwar auch wichtig, aber die Rumpfmuskulatur ist wichtiger.

Wenn ich Tui Fa Jin Übungen mache (für Schläge mit den Beinen), dann übe ich Kraft und Beweglichkeit in den Hüftgelenken und in der Lendenwirbelsäule, denn dort wird der Tui Fa Job gemacht.

So kannst Du dann auch die Techniken vom Boxen und MT analysieren und die entsprechenden Übungen entwickeln.

Gruß aus Berlin
Thorre

Thorre
26-10-2009, 14:17
Hallo Nagual,

ich widerspreche Deiner Darlegung entschieden (oh ja :)). Aber so ist das eben mit den verschiedenen Ansichten über die Dinge.

Erstens: Die Unterscheidung Jin und Li macht dort Sinn, wo man versteht, daß die Fähigkeit eines Muskels zu einer starken Kontraktion zwar Kraft bedeutet (Li), aber noch längst nicht heißen muß, daß sich der Muskel im richtigen Moment, mit der richtigen Stärke, der richtigen Geschwindigkeit und in der richtigen Koordination mit anderen Muskeln kontrahieren kann.

Einfach nur Kraft zu besitzen, bedeutet gar nichts.

Zweitens: Einen maßgeblichen Beitrag zum Jin-Verständnis (als "spezielle Martial Power") des Westens verdanken wir Liang und Yang, und das sind - Du weißt es - Chinesen. Es ist also keineswegs eine Erfindung von uns Westlern. Eher umgekehrt: Die meisten Westler haben von Jin noch nie etwas gehört.

Gruß aus Berlin
Thorre

nagual
26-10-2009, 15:03
Zweitens: Einen maßgeblichen Beitrag zum Jin-Verständnis (als "spezielle Martial Power") des Westens verdanken wir Liang und Yang, und das sind - Du weißt es - Chinesen. Es ist also keineswegs eine Erfindung von uns Westlern. Eher umgekehrt: Die meisten Westler haben von Jin noch nie etwas gehört.
Doch: Im Westen kennt man das, was mit "jin" im Wesentlichen bezeichnet wird, unter der Bezeichnung/Beschreibung "motorische Kraft".
Man kann auch einfach nur "Motorik" sagen, wobei "jin" jedoch den Schwerpunkt auf die muskuläre Stärke legt, und die westl. Bezeichnung "Motorik" lediglich die Technik und Geschicklichkeit betont.

Das Missverständnis, welches beim Lesen von chin. Büchern entsteht, entspricht ungefähr dem folgenden Prinzip:
Stell dir vor, du liest ein Buch über die Motorik des Jonglierens. Es steht dort etwas darüber, dass Motorik bedeutet, immer gleichzeitig die Balance zu haben und die Bälle im Auge zu behalten und 1000 andere Dinge.
Aha, Motorik bedeutet also Balance usw. plus 1000 Dinge.
Also kann das Einschrauben einer Glühbirne keine Motorik sein, weil man keine Bälle im Auge behalten muss.

Und hier entsteht der Fehler: Motorik ist alles, was man mit seinem Muskelapparat macht, egal ob es mit Balance oder ohne Balance ist, ob es mit Kraft oder ohne Kraft gemacht wird.
Ebenso ist "jin" jegliche Art von muskulärer Kraft plus die Fähigkeit zur Anwendung.

Aber ebenso wie man nicht sagen kann, dass jemand, der eine Glühbirne austauschen kann, also Motorik beherrscht, also folglich auch jonglieren können muss, weil das ja auch Motorik ist; ebenso gibt es verschiedene Arten von Jin, die als nei jin, peng jin, na jin usw. bezeichnet werden.

Bücher in denen angeblich was anderes steht, sind entweder falsch übersetzt worden, oder man hat sie beim Lesen missverstanden, oder beides.

Jin wird in li umgewandelt, das bedeutet, dass muskuläre Kraft oder motorische Kraft in physikalische Kraft umgewandelt wird.
Wenn in den chin. KK die Anwendung von li als falsch oder schlecht bezeichnet wird, bedeutet dieses, dass man nicht auf die Erzeugung von physikalischer Kraft (=möglichst feste hauen) fixiert sein soll.
Statt dessen soll man sich auf die Motorik, also das komplette Potenzial muskulär-mechanisch erzeugbarer Kraftwirkungen konzentrieren. Dies kann im Stil innerer KK ebenso wie im Stil äußerer KK oder im Stile von Muckibuden-Leuten erfolgen.
Alles ist anders, alles ist Motorik, alles ist Jin, aber eben unterschiedliche Arten, und die muskuläre Kraft (jin) wird in unterschiedliche Arten von li, physikalischer Kraft umgewandelt.

In den inneren KK wird die Umwandlung von Jin in Li eben noch nach den Gesetzes der Six Harmonies und mit viel Qi-Gedöns gemacht, die sog. äußeren KKs sind da meistens ein bisschen pragmatischer oder ergebnisorientierter. Weil das "Ergebnis" i.d.R. "li" ist, also ein physikalischer Output (Schlag, Push, Griff etc.), kann man äußeren KK unterstellen, sie würden "li" nutzen, während innere KK eher die Kunst des Spüren der Motorik, also jeglicher Art muskulären Handelns, zum Thema machen, und dadurch vom li-Output etwas abgelenkt sind.

Das ist das komplette Geheimnis des sog. Jin, mehr gibt es in allgemeiner Hinsicht nicht zu wissen.
Alles weitere bezieht sich auf spezielle Skills, die dann eben mit Qi, den Six Harmonies, Einsatz von Ganzkörperstruktur, Spüren usw. zu tun haben.
Es ist die Beschreibung und Benennung spezieller motorischer Skills, eben die ganzen XY-Jin.

Man kann behaupten, dass IMAs Jin und kein Li nutzen, und äußere KK Li und kein Jin.
Man kann auch behaupten, dass Jonglieren Motorik und keine Kraft nutzt, und dass Hanteln stemmen Kraft und keine Motorik bedeute.
Wenn man aber genau hinschaut, ist das falsch.
Natürlich ist das Stemmen von Hanteln auch Motorik, und ebenso nutzen äußere KK und Kraftsportler Jin, d.h. Motorik, motorische/muskuläre Kraft im ganz allgemeinen Sinne. Und ein Jongleur, der angeblich nur Motorik (sinngemäß Geschicklichkeit) nutzt, erzeugt auch Kraft, wenn er seine Bällchen wirft, nur eben geringe und präzise physikalische Kraft. Dementsprechend sind die obigen Aussagen (Kursiv) missverständlich. Um dieses Missverständnis geht es mir hier!
Irgendwo machen der Kraftsportler und der Jongleur das gleiche, sie wandeln muskuläre Kraft (Jin) entsprechend ihrer motorischen Skills in physikalische Kraft (Li) um, nur sind die Arten des Jin und des Li total unterschiedlich.

Das Problem ist wirklich die falsche bzw. ungeschickte Übersetzung der chinesischen Fachbücher, und dann glauben die Leute halt lieber den Autoritäten (Übersetzern) als mir.

Dass auch Muckibudenkraft eine Art von Jin ist, bedeutet ja nicht, dass nei jin und andere spezielle Jin-Arten nicht existieren würden.
Es bedeutet lediglich, dass man sich keine unnötigen Gedanken über irgendein mysteriösen Etwas machen muss, sondern überall nur mit Wasser gekocht wird, nämlich mit "Motorik". Mal feinsinnig wie beim Jonglieren, mal grob wie beim Hanteln stemmen.
Mal mit Qi-Harmonisierung wie in den IMA und mal ohne (bzw. weniger pedantisch) wie in sog. äußeren KK, wo die perfekte Qi-Harmonisierung eher optional ist (was dann Waijia zum Neijia "erhebt", wenn man so will).

Das ist alles, was das Grundverständnis der Sache betrifft!

Klaus
26-10-2009, 15:37
Interessant, man definiert also eine Bedeutung für sich, und beschwert sich dass die Welt ihr nicht folgt.

An dem Punkt Jin zu definieren waren wir geschätzte 50 mal. In dem Hanzi steckt Li DRIN, sinnbildlich steht da "Fluss (Jing, links unten) der Kraft (Li, rechts) unter der Oberfläche (yi, links oben)".

Das als "jedwede muskuläre Kraft" zu übersetzen ist a) Erfindung, und widerspricht b) seiner Verwendung in den IMAs. Die scharfe Trennung Jin / Li wird dem Thema aber auch nicht gerecht, das eine ist eine Komponente des anderen die man separat üben kann. Bei nicht wenigen Leuten entsteht diese von alleine durch die Art der Belastung, ist aber in vielen Fällen nur soweit "implementiert" wie die Belastung erfordert. Pragmatische Lehrer zeigen einem einfach was Jin ist indem sie es tun, innerlich versteht man das immer. Ich konnte auch vor der starken Entwicklung von Jin schnell laufen und hoch springen, aber nicht so schnell und hoch wie hinterher. Und das fühlt sich in den Muskeln auch anders an, und die Erschöpfung ist völlig anders. Beides ist muskuläre Kraft, nur die eine hat eine bestimmte Komponente entwickelt, die im anderen Fall nicht voll ausgebildet ist. Im Wörterbuch steht dazu "powerful, vigorous", toll, da kann man jetzt super ableiten was das genau ist.

Ich würde das einfach lassen und dazu sagen "das was sich in den IMAs durch extrem langsame Bewegungen, Stampfübungen, Balance- oder Erschütterungstraining bildet", das ist das, was es in den IMAs ist, egal was der Taxifahrer in Peking darunter versteht. Ich habe einen Tennisspieler getroffen der das auch hatte, sein Körper hat sich damit gegen die Erschütterung der Gelenke durch den Aufprall geschützt. Nur, der konnte es nur in eine Richtung, nämlich in die aus der sonst der Ball kommt. In andere Richtungen war das in seinen Bewegungen nicht implementiert. Und lustigerweise klappt das bei den meisten Leuten, es zu entwickeln wenn die einfach nur ihre Übungen machen würden ohne sich ständig darüber zu beschweren oder zu philosophieren was man alles ganz anders machen müsste und viel besser, als die Leute vor 100 Jahren.

Ich schmeisse mal eine schöne Übersetzung in den Ring, "die unterschiedlichen Energien der Bewegung und der Muskulatur".

nagual
26-10-2009, 15:44
Interessant, man definiert also eine Bedeutung für sich, und beschwert sich dass die Welt ihr nicht folgt.Die Übersetzung für "jin" entnehme ich einem chin.-deutschen oder chin.-englischen Wörterbuch, und dort steht nur "Kraft", "Stärke" und ein paar Synonyme und nichts von irgendwelchem Spezialzeug mit Muskelchemie usw.

Dass sich "ta you jin" ("er hat Kraft") auf einen "starken Mann" (z.B. ala Arnold) beziehen kann, weiß ich von meinem chinesischen Dozenten, und es steht in meinem chin. Lehrbuch.

Dass sich Jin in Li umwandelt, steht z.B. bei Song, obwohl dort die schwachsinnige "Übersetzung" "Jin-Kraft" verwendet wird.

Der Rest ergibt sich daraus, dass es einfach passt, und zwar wesentlich besser passt, wenn man sich die Äußerungen der Chinesen mal genauer anschaut, anstatt an so einem Spzialkonstrukt festzuhalten, dass Jin eigentlich ein Spezial-Jin wäre, obwohl man wirklich alles als XY-Jin bezeichnen kann. Hinsichtlich der 1.000.000 Arten möglicher XY-Jins ist für das "Spezial" im Jin einfach kein Platz mehr.

Man braucht es auch nicht, weil das Spezial ja schon im XY (z.B. peng, nei usw.) vorhanden ist, bezeichnet und beschrieben wird.

(Wenn einer z.B. 1,00m hoch springen kann, dann deswegen weil da irgendein Hochsprung-Jin hintersteckt. Wenn einer dann Spezial-Übungen macht, und danach 1,20m hoch springt, dann deswegen, weil er zusätzlich irgendein Spezial-Hochsprung-Jin erworben hat, oder einfach sein Hochsprung-Jin vermehrt hat. Je nach dem, aber ganz einfach alles verschiedene oder gleiche Jin-Arten, und immer Jin.)

Klaus
26-10-2009, 17:03
Weisst Du wie egal mir ist, was ein chinesischer Taxifahrer in Peking unter Jin versteht ? Das hat eine ziemlich klare Bedeutung in unseren Kreisen, genauso wie "Elixier" bei den Daoisten nicht den Gewürzessig bezeichnet den man sich über den Salat kippt. Obwohl, das findet man sicher auch im Wörterbuch.

Bevor das ausartet, die Kenntnis der genauen Wortbedeutung und der einzelnen Hanzi-Bestandteile von "jin" ist für das eigene Training völlig Wurst, wenn man sich mal an die eigentlichen Trainingsanleitungen hält, und nicht an in Deutschland fabrizierte aus vierter Hand nach dem Stille-Post-System, oder "Deutschland rät - neue Interpretationen taoistischer Übungen aus dem 12. Jahrhundert, heute: Erna aus Castrop".

nagual
26-10-2009, 17:20
Die "genaue", nämlich völlig allgemeine Grundbedeutung des Begriffes "jin" ist z.B. dann essentiell, wenn man sich bestimmten Jin-Arten beschäftigt.
Wenn man z.B. na jin als "Greif-Kraft" oder "Greif Skill" wirklich verstehen will, dann ist es wichtig zu wissen, dass in der ganzen Bandbreite sowohl Strongman-Grips wie auch sanft gefühlte IMA-Ting jin-Aktionen dazugehören.
Wer glaubt, ein na jin müsse (weil jin) also nur Ting Jin-Qualitäten haben, oder könne nur mit vollem Dantian und dreifach geöffnetem großem Kreislauf durchgeführt werden, macht was essentiell falsch.

Die einzige Sache ist, dass man nicht auf den Strongman-Grip fixiert sein soll, sondern der Skill in der ganzen Breite von der Ausschöpfung der Möglichkeiten vom Strongman-Style bis zum Ting-Streicheln und sonstige Varianten geht.

Wer das einschränkt, weil er an die Existenz eines geheimen und unübersetzbaren Spezialtricks glaubt, den nur Großmeister vorführen können, und den man erst ab drei Jahren Trainings langsam lernt "spüren" zu können, der kippt das Kind mit dem Bade aus. Nämlich die Fixierung auf den li-Output wird durch die Fixierung auf die mystische Spezialtechnik ersetzt, die man solange nicht finden wird, bis man endlich merkt, dass es sie nicht gibt. *)

Für welche Zwecke das Training langsamer Bewegungen gut und wofür es nicht gut ist, ist eine komplett andere Frage.

Man richtet seine Körperstruktur aus, weil das Vorteile bringt, und man füllt sein Dantian auf, weil das ebenfalls Vorteile bringt. Aber nicht, weil nur das dann "echtes Jin" wäre, denn das ist falsch.

Es sind lediglich zusätzliche motorische Qualitäten, zusätzliche Jin-Qualitäten; aber nichts was für das eigentliche na jin, also die Greif-Kraft essentiell nötig wäre.
Ob man das jeweils in verschiedenen Varianten dann als neijia oder waijia bezeichnen will, ist eine andere Frage.
Ein Strongman Grip ist sicherlich typischerweise ein waijia na jin, eine Taiji-Figur mit Greif-Idee wie z.B. die Peitsche dann eben ein neijia na jin, was da trainiert wird.

--
EDIT: *)
In der Tat stellen gerade viele Push-Skills im Taiji-Bereich die Fähigkeit dar, quasi "die Leere" spüren zu können, also das Fehlen von Kraft bzw. li-Output.
Gleichzeitig ist aber dennoch eine große Körperkraft mit potenziell großem Li-Output erforderlich, denn sonst wird man i.d.R. schnell als Trickser durchschaut werden, der dann der (bösen) "groben Kraft" doch unterliegen wird.
"Spüren" kann jeder Mensch jedoch grundsätzlich nur Kraft, also li, also was irgendwie Druck gibt. Ansonsten spürt man nichts, und das kann man als Leere interpretieren. Als Leere, weil man weiß, dass dort etwas sein könnte.
Das ist ein technischer und motorischer Skill, eine Geschicklichkeit.
Das basiert nicht darauf, langsame Übungen gemacht zu haben.
Falls man durch langsame Übungen insgesamt mehr Kraft hat, und keine Löcher mehr in der Struktur usw., dann wird man erfolgreicher sein.
Die eigentliche Sache bleibt aber die, dass es motorische Geschicklichkeit und die Fähigkeit zur Interpretation von Empfindungen ist.

Thorre
26-10-2009, 21:36
Doch: Im Westen kennt man das, was mit "jin" im Wesentlichen bezeichnet wird, unter der Bezeichnung/Beschreibung "motorische Kraft". Man kann auch einfach nur "Motorik" sagen, wobei "jin" jedoch den Schwerpunkt auf die muskuläre Stärke legt, und die westl. Bezeichnung "Motorik" lediglich die Technik und Geschicklichkeit betont.

Das halte ich für falsch. Der Begriff "Motorik" beschreibt lediglich die Fähigkeit, sich zu bewegen. Es wird in diesem Begriff keinerlei Aussage über die Qualität der Bewegung gemacht, was man allein daran erkennen kann, daß selbst unwillkürliche, also nicht steuerbare Bewegungen (wie angeborene Reflexe) in die Kategorie "Motorik" fallen.

Auch wenn jemand mit zitternder Hand eine tolpatschige Bewegung macht und dabei eine Teetasse ergreift, ist das Motorik. Es ist aber kein Jin.

Wenn Du - aus welchen Gründen auch immer - eine private Definition von Jin entwickelst, nach der jede Bewegung Jin ist und anschließend folgerst, daß das Nachdenken über Jin deshalb sowieso Quatsch ist, dann ist das ein eigenartiger Zirkelschluß: Erst emtwertest Du den Begriff und danach sagst Du, daß es deshalb müßig sei, sich darum zu kümmern.

In den Kreisen der chinesischen Kampfkunst wird Jin anders verstanden, als Du es darstellst. Und das hat auch nichts mit Übersetzungsfehlern zu tun, denn Yang und Liang beispielsweise leben in den USA, unterrichten auf Englisch und werden dementsprechend auch die Bücher, die sie schreiben, auf korrekte Formulierung prüfen.

Und in diesen Büchern - ich suche Dir die Passagen heraus, wenn Du willst - steht, daß man unter Jin in den chinesischen Kampfkunstkreisen die Fähigkeit versteht, eine spezielle Kampftechnik mit einem Höchstmaß an Effizienz anzuwenden.

Damit wird der Unterschied deutlich gemacht zu jenen Kampfkünstlern, die eine Technik formell zwar perfekt ausführen können, den Bewegungsablauf also beherrschen, aber keine Power in der Ausführung dieser Bewegung entwickeln. Diesen Kampfkünstlern fehlt Jin, obwohl sie ihre Bewegungen (Motorik) vom Ablauf her korrekt aussteuern.

Der zweite Unterschied ist der zu jenen Kampfkünstlern, die zwar eine rohe, ungerichtete Kraft entwickelt haben, der es aber an Koordination und penetrierender Stärke fehlt. Auch diesen Kampfkünstlern fehlt Jin, obwohl sie stark (Kraft) sind.

Weder rohe Kraft (Muckibude) noch formal perfekte Bewegungssteuerung (Tanz) sind der Schlüssel zu Jin. Es muß etwas dazukommen und dafür sind spezielle Übungen nötig.

Darüber hat Klaus ja schon einiges geschrieben.

Gruß aus Berlin
Thorre

nagual
26-10-2009, 22:00
Auch wenn jemand mit zitternder Hand eine tolpatschige Bewegung macht und dabei eine Teetasse ergreift, ist das Motorik. Es ist aber kein Jin.

Wenn Du - aus welchen Gründen auch immer - eine private Definition von Jin entwickelst, nach der jede Bewegung Jin ist und anschließend folgerst, daß das Nachdenken über Jin deshalb sowieso Quatsch ist, dann ist das ein eigenartiger Zirkelschluß: Erst emtwertest Du den Begriff und danach sagst Du, daß es deshalb müßig sei, sich darum zu kümmern.Dein Beispiel, dass tolpatschige Motorik kein Jin ist, ist lediglich eine Ausnahme, weil die Übersetzung von "Jin" nicht exakt "Motorik" ist.
"Jin" bedeutet "Kraft", gemeint ist aber motorische und muskuläre Kraft, und nicht physikalische Kraft.
Die Sache, dass man Jin oft sinngemäß mit Motorik übersetzen kann, bezieht sich vor allem darauf, dass "Motorik" ein völlig allgemeiner Begriff ist, und Jin ebenfalls so allgemein ist wie der Begriff "Motorik".
"jin" und "Kraft" sind nicht völlig deckungsgleich, ebenso wie z.B. "Power" und "Kraft" nicht völlig deckungsgleich sind.
"jin" ist ebenso allgemein wie "power".
"Jin" ist kein Fachbegriff sondern ein allgemeiner, unspezifischer Begriff und wird als hinweisender und nicht als definierender Begriff für eine Vielzahl von Kraftarten benutzt.
Die Übersetzung von chin. "Jin" als "Jin-Kraft" oder als deutsches Fremdwort-"Jin" ist ein subtiler Übersetzungsfehler, weil er eine Definition erschafft, die es nicht gibt.
Texte wie die von Liang usw. dienen der Erklärung, worauf Jin alles hinweisen kann, nicht was dadurch definiert wird.


Diesen Kampfkünstlern fehlt Jin, obwohl sie ihre Bewegungen (Motorik) vom Ablauf her korrekt aussteuern. Wie gesagt, ist "Jin" "motorische Kraft" und nicht Motorik (obwohl man der Einfachheit halber meistens einfach sinngemäß von Motorik sprechen kann, aber in diesem Falle nicht).
Wenn den Kampfkünstlern eine bestimmte Art von Jin fehlt, fehlt ihnen eben diese Art von motorischer Kraft.
Wenn sie die Motorik (abgesehen von den Aspekten der hier gemeinten spezielleren motorischen Kraft) ansonsten korrekt ausführen, ist das Jin, das für diese (falsche oder oberflächliche) Motorik notwendig ist, vorhanden.
Typischerweise ist gemeint, dass z.B. das waijia jin vorhanden ist (für die oberflächlich genauso aussehende Motorik), während das neijia jin (nei jin) für die "inneren Aspekte" der Motorik fehlt.

Das ist auch keine eigene, private Definition, sondern ein Sprachverständnis, welches eine Definition überflüssig macht, weil es der Allgemeinheit des Begriffes gerecht wird, und den Begriff "jin" nicht in unangemessener Weise verspezialisiert und zum verzerrten Fachbegriff macht.

Falls Liang usw. selbst an ihrer englischen Übersetzung gewirkt haben, haben sie so einen Übersetzungsfehler möglicherweise selbst gemacht, vermutlich in der Absicht, ihren Text dem westlichen Denken in Konstrukten und definierten Konzepten anzupassen, während das chinesische Denken die Begriffe nicht durch gedankliche Konstrukte (die Annahme einer fest umrissenen Idee einer speziellen Kraftart) definiert, sondern mit allgemeinen Begriffen lediglich diffus auf Konstrukte hinweist.

Für einen bestimmten Teil des Verständnisses, worum es geht, kann das akzeptabel sein, bei einem anderen Teil geht es in die Irre (wie oben beschrieben).

Entscheidend ist, dass es nur eine einzige Bedeutung vom Begriff "Jin" gibt ("Stärke", "motorische Kraft" usw.) und nicht eine "weltliche" und eine zweite esoterisch-fachbegriffsmäßige Bedeutung (angeblich unübersetzbar, lediglich als "Jin-Kraft" o.ä. benennbar).
Der Schlüssel zum Verständnis liegt darin, dass der Begriff so allgemein ist wie z.B. der deutsche Begriff "Motorik" (der sowohl tolpatschige wie auch extrem ausgefeilte Motorik umfassen kann), und dementsprechend kann Jin halt grobes und ausgefeiltes Jin beschreiben, nämlich Muckibuden-Allerwelts-Jin und jede Art von Ganzkörper-innere-Kraft-Situationsmagie-Erleuchtungs-Stahlsehnen-Gummimuskel-Hör-und-Fühl-Dreifach-Jin.

Hinsichtlich vieler Aspekte des Verständnisses ist das oft ziemlich egal, bedeutend ist trotzdem, dass die Übergänge vieler Jin-Arten fließend sind, und dass es zwischen verschiedenen Jin-Arten nicht notwendigerweise Gemeinsamkeiten gibt, außer dass es im allgemeinen Sinne Kräfte oder Kraft-Skills sind.

nagual
26-10-2009, 22:23
Um es nochmals zu erläutern, es gibt ganz allgemein motorische Kraft, chin. Jin.
Motorische Kraft bzw. Jin liegt JEDER motorischen Aktion zugrunde, die von ZNS gesteuert werden kann.
Ansonsten wären alle Muskeln schlapp und nichts passiert.

Jetzt gibt es alltägliche Arten von (motorischer) Kraft und speziellere Arten von (motorischer) Kraft.
Man kann im alltäglichen Sinne sagen, er hat Kraft (ta you jin), und man kann auf spezielle Kraftarten hinweisen, z.B. auf nei jin (innere Kraft) oder peng jin usw.
Jetzt kommt es vor, dass auch bei spezielleren Jin-Arten einfach nur Jin gesagt wird.
Das ist damit vergleichbar, dass man z.B. sagen kann, dass jemand ein starker Schachspieler ist. (Der Schachspieler X hat einer überragende Angriffstärke, Figuren-Austausch-Stärke usw.)
Die Aussage "der Schachspieler ist stark" bezieht sich aber komischerweise dann automatisch auf die Spielstärke und nicht auf die körperliche Stärke.
Es ist also der Kontext, der vermittelt, welche Stärke gemeint ist.
Ebenso ist es der Kontext, der bewirkt, dass sich der chin. Begriff "jin" auf bestimmte Arten von nei jin und Ganzkörper-Jin usw. beziehen kann.
Im Kern ist Jin nur motorische Kraft und unterscheidet nicht zwischen verschiedenen Arten.

Wie sonst sollte es sonst so etwas wie "ting jin" ("Hör-Kraft", sinngemäß die Skills des Spürens und Fühlens) geben, wenn der Begriff Jin nicht allgemein und(oder abstrakt verschiebbar wäre (was nur geht, wenn keine Konstruktdefinition impliziert ist) ???
Der deutsche Begriff "Stärke" bezeichnet kein definiertes Konstrukt: Nur deswegen kann der Begriff auf das spielerische Können eines Schachspielers abstrahiert verschoben werden, die (Spiel)Stärke eines Schachspielers.

"Jin" impliziert ein gewissem Maße irgendeinen Skill, so ähnlich wie das englische Wort "Power" oft auch einen Skill oder eine Macht/Mächtigkeit andeutet, im Gegensatz zu "Force" welches wie li physikalische Kraft bedeutet.


Und in diesen Büchern - ich suche Dir die Passagen heraus, wenn Du willst - steht, daß man unter Jin in den chinesischen Kampfkunstkreisen die Fähigkeit versteht, eine spezielle Kampftechnik mit einem Höchstmaß an Effizienz anzuwenden.

Das ist eine Aussage wie z.B. dass man im Schachspiel unter "Stärke" das Können versteht, in jeder Situation den besten Zug auszuführen.
Das zeigt nicht, dass "Stärke" ein Fachbegriff des Schachspiels wäre, sondern lediglich, dass der Begriff "Stärke" völlig allgemein und abstrakt verschiebbar ist, nämlich auf Dinge, die nichts mit körperlicher Kraft/Stärke zu tun haben.

LoneWolf
27-10-2009, 05:59
Ich dachte mir schon, dass das wieder etwas kompliziertes wird. Es ist meistens so bei solchen Diskussionen aber ich bin doch immer wieder aufs neue deswegen überrascht.

@Klaus


Kann schon sein. Ich merke den Unterschied auch am gleichen Tag, wenn sich das mal wieder zwischendurch einschaltet. Lass Dir so wenig wie möglich erzählen was alles "nicht geht" oder nicht existiert, und warte ab was Dein Körper tut.

Im Endeffekt ist das so und ich denke es sollte jeder seine eigenen Erfahrungen sammeln. Mich hat eben innerhalb dieser Diskussion interessiert was Jin ist. Darüber scheint eskeine allgemeingültige Meinung zu geben. Ich glaube es hat jeder vielleicht schon mal erfahren und vielleicht sollte man da einfach auf Erfahrung setzen und schauen wie man es für sich bewertet.

Mir fällt da auch noch ein Beispiel ein. Als Kind bin ich Nachts oft Schlafgewandelt und ich erinnere mich, dass ich in diesem Zustand Sachen gemacht habe wo ich mir normalerweise hätte sämtliche Knochen brechen müssen. So bin ich damals regelmäßig von einer Treppe gesprungen und meine Mama bekommt heute noch graue Haare wenn sie sich daran erinnert. Ich habe mich dabei nie verletzt.

Ich glaube es gibt Situationen da schließt sich die Lücke zwischen Körper, Geist und Seele und dann tut man einfach... Man muss gar nichts über dieses Phänomen wissen denn es passiert. Ich glaube das haben viele Menschen schon erfahren.


@Torre


Wenn Du - aus welchen Gründen auch immer - eine private Definition von Jin entwickelst, nach der jede Bewegung Jin ist und anschließend folgerst, daß das Nachdenken über Jin deshalb sowieso Quatsch ist, dann ist das ein eigenartiger Zirkelschluß: Erst emtwertest Du den Begriff und danach sagst Du, daß es deshalb müßig sei, sich darum zu kümmern.

Es scheint mir so ähnlich als wenn ich folgenden Satz äußere: „Es ist etwas anderes wenn ich meinen Arm „mit Ki“ anhebe als wenn ich das „ohne Ki“ tue. Dann wird es einige geben die sofort aufschreien und der Meinung sind, dass man ja ohne Ki eh nicht den arm bewegen könne. Trotzdem muss ich mir ja irgendwie ein Bewusstsein dafür schaffen um dieses Ki in meinen Arm zuzulassen.

Wiederrum andere werden sofort mit der mechanischen Keule kommen und sagen: „Ki alles dummes Zeugs, alles reine Körpermechanik.

Es scheint äußerst schwierig zu sein, aufgrund der vielen verschiedenen Meinungen und Einstellungen her zu einem Nenner zu kommen. Ich bin beispielsweise ein Vertreter der mystischen oder geistigen Variante aber auch solche Kategorisierungen sind oftmals unglücklich und werden dem auch nicht immer gerecht.

Fazit: Solche Diskussionen bleiben immer schwierig! ;)

nagual
27-10-2009, 08:42
Ich glaube es hat jeder vielleicht schon mal erfahren und vielleicht sollte man da einfach auf Erfahrung setzen und schauen wie man es für sich bewertet.
Fazit: Solche Diskussionen bleiben immer schwierig! ;)Schwierig bleibt die Sache alleine wegen sprachlicher Missverständnisse und der Notwendigkeit, in relativ subtile sprachliche Bedeutungen hinein zu gehen.

Da ist von "jin" die Rede.
Also fragt einer "was ist jin?".
Aber niemand fragt "gibt es dabei überhaupt ein (konkretes) es?" (siehe oben!)

Man liest dies und das, viele Leute geben tausend kluge Kommentare und reden von Ganzkörperharmonie und Sehneneinsatz, und andere berichten "es" beim Großmeister gespürt zu haben.

Trotzdem bleibt die konkrete Vorstellung dieses "es" letztendlich diffus, niemals wagt jemand, sich auf eine konkrete Übersetzung festzulegen, weder als simpler Begriff (z.B. Stärke, Kraft, Power, Energie), noch als neu erfundener Spezialbegriff mit zusätzlicher Beschreibung (z.B. energetisch angereicherte Ganzkörperkraft basierend auf Sehnenstärkung entsprechend der Six Harmonies und vollem Dantian, aber nur wenn derjenige mindestens fünf Jahre täglich 2h XY Qigong gamacht hat, und ein Zertifikat vom Großmeister besitzt).

Wenn "jin" als Wort "Ganzkörperkraft" bedeuten würde, hätte das mit chinesischen Kampfkünsten nichts zu tun, denn wer wollte bestreiten, dass z.B. Arnold nicht ebenfalls eine Art von Ganzkörperkraft besitzt?!? (und sogar "Sehnenstärkung", nur das volle Dantian dürfte im Sinne der chin. KK eindeutig fehlen)

Egal was man sich auch für eine konkrete, aber spezielle Übersetzung ausdenkt, man wird scheitern. Ich kann versprechen, dass ich jeden konkreten Vorschlag in der Luft zerreißen kann, und sofort offensichtlich wird, dass der Schuss daneben ging (ob "Ganzkörperkraft", "Sehnenkraft", "innere Kraft", usw. und wenn man genau schaut, sind auch diese Beispiele letztendlich diffuse Begriffe, die zwar den Spielraum einengen, aber nicht genau definieren oder eindeutig beschreiben).

Wenn man dann festgestellt hat, dass man "jin" (im Sinne dieses angeblich existierenden "es") nicht übersetzen kann, legen sich die Leute darauf fest, es beim Großmeister gespürt zu haben, und das wäre der Beweis, dass "es" existiert. Nur was hat man dort gespürt: Spüren kann man im oberflächlichen Sinne nur Druck, alles andere ist Interpretation. Das kann ok sein, also spürt bzw. interpretiert man, dass man z.B. ein großes Ganzkörperkraftpotenzial, eine sensible Feinmotorik, Verwurzelung, Leichtigkeit, Entspannung, Kraftlinien und alle son Gedöns "gespürt" hat, eigentlich aber interpretiert hat. Die Interpretation ist also sehr stark von den Erwartungen und Konzepten beeinflusst, mit denen man sich vorher im Sinne der Trainingslehre beschäftigt hat. Das bedeutet nicht, dass alles Einbildung wäre, was man interpretiert hat, denn man kann sicherlich davon ausgehen, dass der Großmeister diese Skills alle drauf hat.

Man kennt aber nicht die Variationen, was alles möglich ist, und man weiß nicht, ob das, was man bei beliebigen anderen Personen spüren und interpretieren kann, nicht ebenfalls irgendein "es" ist.

Wenn man einen Schachgroßmeister eine bestimmte Zugfolge machen sieht, dann kann man nicht sagen, dass "(Schachspiel)stärke" das Ausführen dieser Zugfolge wäre. Der nächste, der diese Zugfolge nachmacht, verliert damit, weil sein Gegner diese Sache inzwischen kennt.

Großmeister können alles mögliche vorführen, aber im konkreten Fall kann man es auch spezieller benennen, anstatt es als Beweis für die Existenz eines unbenennbaren "es" zu nehmen. Wenn der Großmeister was macht, dann spürt man z.B. Ganzkörperkraft. Oder die feinmotorische Beherrschung der Strukturanpassung. Oder die Beherrschung der Six Harmonies.

Die Übersetzung von "Jin" ist aber nicht "Ganzkörperkraft", nicht "feinmotorische Beherrschung der Strukturanpassung" und auch nicht "Beherrschung der Six Harmonies". (Obwohl das im inhaltlichen Sinne damit gemeint und angedeutet werden kann, vergleiche mit dem Begriff "Power" kann ich "Ganzkörperkraft" meinen und andeuten, aber ich darf "Power" nicht als "Ganzkörperkraft" übersetzen oder im konkreten Sinne so verstehen)
Sonst hätte man es ja so übersetzen können, und dann sind wieder die o.g. Probleme vorhanden.
Wie könnte es angesichts dieser drei Übersetzungsvorschläge zusammengesetzte Begriffe wie "ting jin" (Hör Kraft) geben?

Also: Der Vertreter der Fachbegriff-Jin-ein-konkretes-Es-Theorie scheitern an folgendem
- keine Übersetzung, auf die sie sich festlegen wollen oder können
- keine eindeutiges Festmachen daran, was man konkret spüren kann oder muss, außer der allgemeinen Behauptung, man hätte es beim Großmeister gespürt, Vernachlässigung des interpretativen Anteils der subjektiven Erfahrung
- Fehlende Passung mit verschiedenen sprachlichen Realitäten wie z.B. zusammengesetzte Begriffe (ting jin) sowie der Tatsache, dass in China im Alltag auch typschen Muckibudenleuten jin zugesprochen wird.

"Meine" Alternative (die andere auch schon kapiert haben):
"jin" bedeutet einfach ganz allgemein "(muskuläre oder motorische) Kraft" oder ähnlich dem englischen Begriff "Power" ein bisschen mehr als nur Kraft/Force, und zwar wird zusätzlich allgemein ein Skill oder eine Möglichkeit angedeutet. (Auch ähnlich wie z.B. im Deutschen "er hat die Kraft, eine Firma zu gründen", also eine abstrakte Übertragung.)

Mit dem englischen Begriff "Power" könnte man das gleiche Spiel treiben wie mit "Jin". "Power kann nicht einfach Kraft sein, weil ich beim Großmeister echte Power gespürt habe, Ganzkörperpower und Feinmotorik usw."

Jeder weiß aber, dass "Power" was ziemlich Banales und nichts Spezielles und Konkretes ist, und es hier kein konkretes "es" gibt, das man suchen und finden müsste, um zu verstehen, was "Power" ist.

Ebenso gibt es kein Jin im Sinne eines konkreten "es", sondern es gibt ledigliche Ganzkörperpower, innere Power (=nei jin), Verwurzelungspower (Peng jin), Greif Power (na jin), und ALLES, was man sich sprachlich ausdenken kann, um irgendwas Konkreteres zu beschreiben.

Alles Speziellere, was man im Bereich der Kampfkünste und Trainingslehre findet, muss man konkreter mit XY-Power bzw. XY-Jin beschreiben, und dabei WISSEN, dass diese Sache lediglich durch XY spezifiziert wird, aber NICHT durch den Begriff "jin".

Die westliche Kampfkunstszene hat sich hier in Teufels Küche begeben, und ich weise hier auf den einzigen Ausweg hin.
Aber es ist natürlich richtig, dass jeder selbst wissen muss, ob er lieber in Teufels Küche bleiben will ("es gibt verschiedene Meinungen, Interpretationen und Übersetzungen..."), weil man sich dann besser fühlt, weil fast alle anderen auch drin sind (und man sich im Irrglauben befindet, sich der Meinung von "Autoritäten" (und Chinesen) angeschlossen zu haben).

Wer "mystische und unbenennbare Six harmonies-sehnenverstärkte-Ganzkörperkraft" meint, muss das so sagen, und sich dann auch darauf festlegen. Man kann nicht davon ausgehen, dass sich die Begriffe nach Belieben verbiegen lassen, wenn sie sowieso schon komplett allgemein sind und sich an alle möglichen Spezifizierungen anpassen lassen (XY-jin=XY-Power).

nagual
27-10-2009, 08:59
Es scheint mir so ähnlich als wenn ich folgenden Satz äußere: „Es ist etwas anderes wenn ich meinen Arm „mit Ki“ anhebe als wenn ich das „ohne Ki“ tue. Dann wird es einige geben die sofort aufschreien und der Meinung sind, dass man ja ohne Ki eh nicht den arm bewegen könne. Trotzdem muss ich mir ja irgendwie ein Bewusstsein dafür schaffen um dieses Ki in meinen Arm zuzulassen.

Wiederrum andere werden sofort mit der mechanischen Keule kommen und sagen: „Ki alles dummes Zeugs, alles reine Körpermechanik.

Das mit dem Qi kann man entweder in dem Sinne verstehen, dass man eine Arm auch mit oder ohne hoch gekrempelten Ärmeln hoch heben kann, oder dass man seinen Arm auch mit oder ohne einem zusätzlichen Flaschenzug hoch heben kann.
Die Frage ist, ob Qi eher wie ein Ärmel oder eher wie ein Flaschenzug "wirkt" bzw. nicht wirkt.
Ich sage, es ist eher wie ein Ärmel, und keinesfalls wie ein Flaschenzug; es ist eigentlich wie Öl im Getriebe, denn ganz ohne Öl klemmt das Getriebe, aber nur mit Öl bewegt sich auch nichts, wenn der Motor nicht läuft, und die Menge des Öls muss stimmen, damit es optimal läuft.

Die Frage, ob man eine Arm "mit jin" oder "ohne jin" bewegen kann, ist absurd, denn es ist natürlich essentiell immer jin, was irgendwas am Körper bewegt, denn jegliche Muskelaktion ist motorische Kraft=jin=Power usw.
Man kann natürlich zwischen Qi-geöltem Jin und Qi-blockiertem-Jin unterscheiden, aber es ist nicht so, dass nur ersteres "echtes Jin" wäre und zweiteres "kein Jin".

Das Qi kann natürlich so blockiert sein, dass kein Jin mehr da ist; das wäre z.B. Unterbrechung der Blutzufuhr bis zur Lähmung, so dass die Muskeln nicht mehr reagieren.

Ihr seht hoffentlich, dass das alles ziemlich einfach ist, wenn man mal diese schwachsinnige Mystik aus der Sache raus extrahiert hat, und diese sinnlosen, eingebildeten "es"-Konstrukte in den Müll gekippt hat.

nagual
27-10-2009, 09:08
Noch eine Ergänzung zum Vergleich von Qi als Öl und Jin als Motor:
Einerseits ist Qi wie Öl im Getriebe, was die Bewegung erst fließend macht.
Andererseits ist Qi aber auch wie Benzin für den Motor, denn es entspricht auch der Sauerstoff- (und ggf. Nährstoff-) Zufuhr zu den Muskeln.
Die Muskeln sind der Motor, und das entspricht dem jin, der motorischen Kraft und Power.

Grundsätzlich muss immer alles vorhanden sein, und jedes Ding spielt sein Rolle im Zusammenspiel, das betrifft Öl, Benzin, Motor genauso wie Qi und Jin usw., verwirrend kann in diesem Beispiel halt die Sache sein, die Qi im elementaren Sinne zuerst wie Benzin für den Motor ist, also absolut notwendig, und in zweiter Linie dann eher optional wie Öl für das Getriebe, denn mit Glück und Knirsch könnte es auch ohne Öl/Qi gehen, ggf. aber ziemlich beschissen.

--
Edit:
Diese Sache, dass Qi im Sinne von Benzin und Öl für das Wirken des Jin, der motorischen Muskelpower absolut essentiell ist, ist auch ein Grund/Begleiteffekt, weshalb auch ein Arnold als ein Mann mit "viel Jin" bezeichnet werden kann: Auch Arnold hat und braucht Qi, auch wenn es durch die Art seines Trainings eher blockiert ist, bzw. bei weitem nicht optimal fließt.

LoneWolf
27-10-2009, 10:01
Schwierig bleibt die Sache alleine wegen sprachlicher Missverständnisse und der Notwendigkeit, in relativ subtile sprachliche Bedeutungen hinein zu gehen.

Nicht nur aber das ist natürlich ein Problem. Hinzu kommen aber auch festeingefahrene Weltbilder die jeder für sich vehement verteidigt und dann machen solche Diskussionen kaum mehr Sinn und erst recht keinen Spaß. Deswegen will ich mich innerhalb dieses Threads auch nur auf meine Fragestellungen beschränken.



Wer "mystische und unbenennbare Six harmonies-sehnenverstärkte-Ganzkörperkraft" meint, muss das so sagen, und sich dann auch darauf festlegen. Man kann nicht davon ausgehen, dass sich die Begriffe nach Belieben verbiegen lassen, wenn sie sowieso schon komplett allgemein sind und sich an alle möglichen Spezifizierungen anpassen lassen (XY-jin=XY-Power).

Sicher nur versuche ich beispielsweise mich hier halt auch zurückzunehmen. Sonst haben wir sofort wieder 2 Parteien die kaum zu einander finden werden und das verhindert dann auch automatisch ein voneinander lernen.

Aus meinem Verständnis heraus beinhaltet das Erfahren der „Leere“ weitaus mehr als nur Körperliche Muskelkraft zu nutzen. Genau das tue ich, beispielweise. Ich lege mich auf keine Meditationspraktiken oder Formen fest denn sie sind meistens nur Beschränkungen in sich selbst.

LoneWolf
27-10-2009, 10:15
Diese Sache, dass Qi im Sinne von Benzin und Öl für das Wirken des Jin, der motorischen Muskelpower absolut essentiell ist, ist auch ein Grund/Begleiteffekt, weshalb auch ein Arnold als ein Mann mit "viel Jin" bezeichnet werden kann: Auch Arnold hat und braucht Qi, auch wenn es durch die Art seines Trainings eher blockiert ist, bzw. bei weitem nicht optimal fließt.

Ist ein interessantes Beispiel! Aber weshalb fließt das Qi vom Arnold nicht optimal? Wegen der Art seines Trainings oder weil er es eben nicht „steuern“ kann?

kanken
27-10-2009, 10:17
Kraft kommt immer nur aus den Muskeln und den an der jeweiligen Bewegung beteiligten Muskelketten.

Um "Struktur" zu schaffen, muss ich bestimmte Muskelgruppen und Muskelketten stärken und die intramusmukuläre Koordination verbessern. Dies geht am besten durch seeeehr langsames Üben. Die Anwendung dieser Muskelgruppen/ -ketten bei einem Schlag, Stoß etc... erfordert dann nochmals eine gute Koordination dieser Muskeln (verschiedene Arten von Jin) und auch die kann ich am besten durch langsames Üben, am besten mit Partner, entwickeln. Jin ist nichts anderes als der effektive EInsatz von Muskelketten. Je nach "Art" halt andere Ketten. Bei den meisten Menschen sind jedoch einige Muskeln dieser Ketten (vor allem der Rumpf- und autochtonen Rückenmuskulatur und der inneren Hüftmuskulatur) sehr rudimentär ausgebildet und voll von muskulären Dysbalancen. Das Training hilft dann diese Muskeln zu stärken/dehnen und die Dysbalancen auzuheben.

Das Gehirn lernt sehr gut mit Bildern (steigen, sinken, rollen, spalten, anhaften.....). All diese Bilder dienen dazu bestimmte Muskelketten zu aktivieren und zwar völlig entspannt und natürlich. Ich habe mal mit einem Freund von mir (ehemaliger deutscher Top 50 Tennisspieler) trainiert und er beschreibt exakt das, was man auch "Vorhand-jing" nennen könnte. Für Ihn war die richtige "Struktur" bei einem Schlag das entscheidende. Wie man solch eine Struktur erreicht ist völlig egal und viele Sportarten/KK haben ihre verschiedenen Wege, wichtig ist doch nur, dass man sie entwickelt.

Kompliziert wird das ganze dann noch, wenn man die ganze Steuerung über das vegetative Nervensystem (z. B. Hormone, Gefäßtonus, Schmerzempfindlichkeit etc.) mit in die Kraftentwicklung mit einbezieht. Meiner Meinung nach ein ganz guter Ansatzpunkt für Qi-Wirkung.

Grüße

Kanken

LoneWolf
27-10-2009, 10:28
Hallo kanken


Kraft kommt immer nur aus den Muskeln und den an der jeweiligen Bewegung beteiligten Muskelketten.

Das ist natürlich vollkommen richtig! Allerdings sollte man auch das Bewusstsein nicht vergessen denn erst dieses ermöglicht es Kraft über die Muskeln wirken zu lassen. Wenn ich beispielsweise jeden Muskel erst mal vor der Anspannung bewusst entspanne dann wird die Anspannung umso effektiver sein.

Also auch das Bewusstsein sollte man bei diesem Prozess nicht vergessen!


as Gehirn lernt sehr gut mit Bildern (steigen, sinken, rollen, spalten, anhaften.....). All diese Bilder dienen dazu bestimmte Muskleketten zu aktivieren und zwar völlig entspannt und natürlich. Ich habe mal mit einem Freund von mir (ehemaliger deutscher Top 50 Tennisspieler) trainiert und er beschreibt exakt das, was man auch "Vorhand-jing nennen könnte.

Du meinst also er bildet Vorhand- Jin indem er einfach nur die Vorhand trainiert?

Ich mache manchmal folgendes. Eine Jap, eine rechte gerade oder ein Haken im Boxen kann eine ziemlich komplizierte Geschichte sein wenn man ihn technisch sauber ausführen möchte. Langsame Bewegungen und die Entspannung dabei lasen mich eins mit dieser Technik werden. Dadurch lernt man in seinen Körper reinzuhorchen und schaut was dieser machen muss um die Technik richtig auszuführen. Weiß man das dann wird man irgendwann vielleicht an den Punkt kommen wo man den Köper einfach machen lässt ohne ihn durch Überlegen daran zu hindern.

So was nennt man wohl Automatisierung! ;)

kanken
27-10-2009, 10:37
Du meinst also er bildet Vorhand- Jin indem er einfach nur die Vorhand trainiert?


Ich glaube du weißt nicht, wie Leute auf diesem Niveau trainieren. :rolleyes:
Das ist ein ausgefeiltes Ganzkörpertraining, nix "nur" Vorhand. Allerdings kommt auch eine richtige "Vorhand" aus dem ganzen Körper. Ergo 100.000 mal geschlagen ist so auch die ganze Kette trainiert ;)

Zu der Sache mit dem Gehirn:
Ich schrieb ja, das Gehirn lernt über Bilder. Die psychische Steuerung ist eine der wichtigsten Aspekte bei dem effektiven Einsatz der Muskelketten.

Grüße

Kanken

LoneWolf
27-10-2009, 10:48
Ich glaube du weißt nicht, wie Leute auf diesem Niveau trainieren.

Stimmt, das weiß ich nicht! Aber ich kenne die Resultate und die sind beeindruckend. Habe mal gegen einen guten Tischtennisspieler gespielt und kein Land gesehen. Das ist schon Präzisionstraining, ja!


Zu der Sache mit dem Gehirn:
Ich schrieb ja, das Gehirn lernt über Bilder. Die psychische Steuerung ist eine der wichtigsten Aspekte bei dem effektiven Einsatz der Muskelketten.

Eben weil Muskeln alleine sind totes Fleisch! *g*

GilesTCC
27-10-2009, 11:15
Danke Kanken für die klaren und hilfreichen Wörter zu Muskelketten. Schon das Wort für sich deutet an, wie viele Möglichkeiten es gibt, eine Ganzkörperbewegung zu vollbringen.
Angenommen, eine bestimmte Ganzkörperbewegung - z.B. eine bestimmte Abwehrtechnik oder eine Fauststoß - basiert auf eine Kette von 5 (wichtigen) Muskeln. Und angenommen, jeder (Haupt)muskel könnte in dieser besagten Bewegung in 2 effizienten Spannungszuständen agieren:
1) relativ angespannt (aber nicht verspannt/rigide)
2) relativ entspannt(aber nicht schlaff).

Jetzt müssen mir klügere Köpfe zur Hilfe eilen - bin in Mathe leider ganz schlecht :o - aber ich glaube, die Permutationen für diese Muskelbeteiligung an besagter Bewegung wären dann 2x2x2x2x2(??) = 32. Also 32 verschiedene "gesunde" Möglichkeiten der feineren Muskelsteuerung für die eine Ganzkörperbewegung. Würden man die eher "ungesunden" oder offensichtlich "ineffizienten" Muskelzustände hinzu nehmen, also ein oder mehrere Muskel im entweder verspannten oder schlaffen Zustand, hätte man rein rechnerisch 128 Möglichkeiten, die eine Ganzkörperbewegung irgendwie "richtig" oder eher "falsch" auszuführen. Nicht, daß es nur eine Permutation für eine im Sinne der IMA korrekter Bewegung gäbe, aber sicherlich ein paar Muskelkombinationen, die besonders "jin-reich" sind (je nach Mensch/Stil etwas unterschiedlich??); einige andere, die auch die Aufgabe ganz gut erledigen aber nicht diese spezielle Qualität haben (sprich das es, das man bei einem Könner fühlen kann); und viele Möglichkeiten, die eher ineffizient sind.

Daher die Wichtigkeit, die "richtige" Aktivierung und den Gebrauch von den Muskelketten im täglichen Training zu entwickeln. Und daher die Notwendigkeit, immer wieder - aber sicherlich nicht immer - langsam zu trainieren.
Und zwar so lange und unter unterschiedlichen Bedingungen, bis der automatisierte Gebrauch von der korrekt "kombinierten" Muskelkette sich nicht mehr wie "Feinmotorik" anfühlt - was ja bekanntlich unter Stress kaum zugänglich ist - sondern eher wie "Grobmotorik" mit dem ganzen Körper. Am besten gefühlsmäßig mit dem A*sch :D. Aber dann halt eine deutlich andere Art von "Grobmotorik" als im untrainierten Zustand.

So weit zur gerade ausgeheckten These - gerne berichtigen oder zerreissen, je nach Laune... ;)

Schöne Grüsse,

Giles

Klaus
27-10-2009, 11:31
Kompliziert wird das ganze dann noch, wenn man die ganze Steuerung über das vegetative Nervensystem (z. B. Hormone, Gefäßtonus, Schmerzempfindlichkeit etc.) mit in die Kraftentwicklung mit einbezieht. Meiner Meinung nach ein ganz guter Ansatzpunkt für Qi-Wirkung.


Ketzer ! Verbrennt ihn ! Das ist nur Mechanik! :cool:

bluemonkey
27-10-2009, 11:33
Auch Arnold hat und braucht Qi, auch wenn es durch die Art seines Trainings eher blockiert ist, bzw. bei weitem nicht optimal fließt.

ich hab noch keinen Qi-Jünger Bankdrücken mit über 200kg machen sehen:D

LoneWolf
27-10-2009, 11:43
Ketzer ! Verbrennt ihn ! Das ist nur Mechanik!

*lol*

GilesTCC
27-10-2009, 11:52
Ketzer ! Verbrennt ihn ! Das ist nur Mechanik! :cool:

Sicherlich nicht nur Mechanik :). Aber die "Mechanik" an sich ist wundervoll und subtil genug, vorausgesetzt, man setzt sie nicht mit der Wirkungsweise eines Baggerschaufels gleich. Und Fluidmechanik ist auch "Mechanik". :)

shin101
27-10-2009, 11:53
Ist ein interessantes Beispiel! Aber weshalb fließt das Qi vom Arnold nicht optimal? Wegen der Art seines Trainings oder weil er es eben nicht „steuern“ kann?

Weil Bodybuildung nicht darauf ausgelegt ist in dir ein Zirkulationssystem zu schaffen wie einen kleinen himmlischen Kreislauf, oder verschiedene Meridiane zu öffnen und die Energie zu "verfeinern " es hat einfach nicht diese Anforderung.

Ich würde sagen das auf der Oberfläche das was Arnold macht und Qi Gong Ähnliche Zielsetzungen haben, aber um so tiefer man geht um so gegensätzlicher werden die beiden.



Viele grüße,
Shin

LoneWolf
27-10-2009, 12:06
Weil Bodybuildung nicht darauf ausgelegt ist in dir ein Zirkulationssystem zu schaffen wie einen kleinen himmlischen Kreislauf, oder verschiedene Meridiane zu öffnen und die Energie zu "verfeinern " es hat einfach nicht diese Anforderung.

Ich würde sagen das auf der Oberfläche das was Arnold macht und Qi Gong Ähnliche Zielsetzungen haben, aber um so tiefer man geht um so gegensätzlicher werden die beiden.

Schon klar aber was ich meinte ist folgendes: Würde der Arnold auch Qi Gong machen dann wäre er nicht so steif. *g* Andererseits ist Qi auch sicher kein Ersatz für Steroide. :D

Thorre
27-10-2009, 12:49
Hallo Nagual, ich schätze Deine Beiträge ja immer sehr, aber in diesem Fall finde ich, daß Du Dich hoffnungslos verrannt hast. Natürlich kann ich mich täuschen, aber Deine Ausführungen zum Thema scheinen mir nicht plausibel.


Die Unmöglichkeit einen chinesischen Konzeptbegriff ins Deutsche zu übersetzen

Es sollte Dir grundsätzlich bekannt sein, daß es eine Menge Begriffe in der chinesischen Geistes – und Körperkultur gibt, die nicht eins zu eins ins Deutsche übersetzt werden können. Qi ist da ein gutes Beispiel. Hängt einfach damit zusammen, daß es im deutschen Sprach- und Kulturraum keine entsprechenden Konzepte gibt, die man für eine Eins-Zu-Eins-Begriffsbildung heranziehen könnte. Das sehen wir auch am Begriff Dao. Und da Jin eine Fähigkeit ist, die mit Qi in Zusammenhang steht, also selbstverständlich ein Konzept widerspiegelt, frage ich mich ernsthaft, weshalb Du wegen der Unübersetzbarkeit von Jin soviel Aufregung verbreitest. Das ist doch ein alter Hut.

Außerdem ist es gerade Dein unzulänglicher Versuch gewesen, (nämlich Jin als motorische Kraft zu übersetzen) der die Sache kompliziert gemacht hat. Es gab und gibt keine Teufelsküche, in der sich die Kampfkünstler befinden, die sich mit Jin befassen. Indem Du Jin als motorische Kraft übersetzt, machst Du den Begriff inhaltsleer, denn – wie Du selbst sagst – basiert jede Bewegung auf motorischer Kraft.

Wenn wir in der Kampfkunst über die Entwicklung von Jin sprechen, meinen wir aber eben nicht nur „irgendwie bewegen“, sondern auf eine spezielle Weise. Daß Du diese Bedeutung von Jin für Dich privat ablehnst, beraubt Dich eines didaktischen Mittels, es beraubt Dich nämlich der Möglichkeit, eine Kraftwirkung zu benennen, die im Einklang mit den psychischen und physischen Strukturen bei optimaler Koordination ihre maximale Stärke entfaltet.


Gruppen geben allgemeinen Begriffen eine spezielle Bedeutung

Ich verstehe nicht, weshalb Du ständig darauf herumreitest, daß der allgemeine Begriff Jin – so wie man ihn aus dem Wörterbuch entnehmen kann – all die oben genannten Bedeutungen nicht aufweist. Es ist doch vollkommen normal, daß die Kampfkunstgemeinschaft unter einem allgemeinen Begriff im Zusammenhang mit der Kampfkunst etwas sehr spezielles versteht. Das gilt auch für Begriffe wie Verwurzelung, Kleben, Sinken usw.

In Yangs Buch „Martial Power und Qigong“ kannst Du auf Seite 244 mal nachlesen, wie der Begriff Jin in der chinesischen Alltagswelt aufgefaßt wird und was man in den chinesischen Kampfkünsten darüber denkt. Er geht dabei auch auf die Dictionary-Definitionen ein.


Unteilung von Oberbegriffen in Unterbegriffe und weitere Kategorien

Daß man eine Kategorie (z.B. Jin als „Martial Power") in weitere Subkategorien unterteilen kann (z.B. Cai Jin „Grabbing Power“) bedeutet nicht, daß die ursprüngliche Kategorie absolut allgemeiner Natur wäre. Egal, um welche Jins es im Kampfkunst-Zusammenhang geht, es sind immer Kräfte, die sich auf die Anwendung von Kampftechniken beziehen, keine Glühbirnen-Einschrauben-Jins oder Wäsche-Aufhängen-Jins. Zu behaupten, man könne die absolut allgemeine Natur des Begriffs Jin allein daran erkennen, daß es konkretere Jins gibt ist deshalb Unsinn. (Ein Auto ist immer noch etwas anderes als ein Baum, auch wenn weiß, daß es Porsche, BMW und Audi gibt.)


Gruß aus Berlin
Thorre

kanken
27-10-2009, 13:13
Angenommen, eine bestimmte Ganzkörperbewegung - z.B. eine bestimmte Abwehrtechnik oder eine Fauststoß - basiert auf eine Kette von 5 (wichtigen) Muskeln. Und angenommen, jeder (Haupt)muskel könnte in dieser besagten Bewegung in 2 effizienten Spannungszuständen agieren:
1) relativ angespannt (aber nicht verspannt/rigide)
2) relativ entspannt(aber nicht schlaff).


Du kannst aus den 5 ruhig 50 machen ;)

Grüße

Kanken

Klaus
27-10-2009, 13:32
Damit wird man nicht hinkommen. Zu Bewegungen in der IMA-Welt gehören nicht nur die der Mobilisierer, die in eine bestimmte Richtung ziehen, sondern auch die der Stabilisierer, die quer zu dieser Richtung die Gelenke stabilisieren, damit sie nicht aus der "Stapelung" rutschen. Und zwar EXAKT in dem Masse wie Kräfte auftreten die Gelenke aus der nötigen Richtung ziehen, also ohne ständige Spannung exakt soviel dass diese Kräfte ausgeglichen werden - möglichst gegen Null. Das fühlt sich so an dass wenn während einer normalen Bewegung jemand eingreift (oder man irgendwo dran kommt), an den entsprechenden Punkten wie Kniegelenken usw. spontan teils gewaltige Kräfte aufgebracht werden (fühlt sich wie Strom an, oder enorm hoher Druck) um das auszugleichen - die ursprüngliche Bewegung wird, soweit das möglich ist, komplett so weiter geführt wie ursprünglich gedacht. Ausser in den Fällen wo das einfach nicht möglich war (zu grosse Kräfte, stabile Wände), habe ich einfach meine normale Bewegung gemacht, z.B. loslaufen. Nur wenn einer an mir dranhing, zog es ihn halt mit, mit entsprechend mehr Kraft an den Punkten wo sie nötig war. Das aus der Bahn geworfen werden wie ich das vorher kannte trat nicht mehr auf. Wenn ich an einem Möbel hängen blieb, habe ich es mitgezogen, nicht wie vorher wo man dann einknickt. Dazu kam ein anderer Eigengeruch (verbranntes Horn) und diverse andere Effekte, die eigentlich sofort in Richtung veränderte Körperchemie und Gefässverhalten weisen. Beim heutigen Wissen über die Stoffwechselchemie ist es ein Witz, ständig mit primitivster Mechanik zu kommen um grosse Kraft zu erklären. Meint ihr Usain Bolt verwendet ausgefuchste Mechanik statt eine ganze Apotheke an Mitteln aus der Schmiede von Angel Hereida, einem Experten für Biochemie ? Qigong stimuliert den Körper nur in die Richtung, solche vorhandenen Substanzen selbst vermehrt zu produzieren, die im Laufe der Evolution nur zum Zweck des Energiesparens eingeschränkt wurden. Es war während der Eiszeit eine Überlebensfrage, mit so wenig wie möglich Energiezufuhr über die Runden zu kommen, statt maximale Kraft zu erzeugen. Die Anlagen dafür sind aber alle noch vorhanden, sie werden nur in Notlagen aktiviert. Wenn man entsprechende Übungen macht, vereinfacht sich das, und der Körper hält den Effekten in grösserem Masse stand. Als ich mit 9 jemanden mit einem Fajin KO geschlagen habe, war das ein leichter Stüber, nur schon mit dem Kribbeleffekt. Mit 30 war das ein Vorschlaghammer der einen 90-Kilo-Mann aus den Schuhen ziehen konnte, dass es mir fast die Muskulatur an den Rippen abriss.

Thorre
27-10-2009, 13:34
Kanken, nur am Rande: "Wahrhaft siegt, wer nicht kämpft" - Sun Tsu

Deine Signatur scheint mir unvollständig oder sogar falsch. Aus welcher Übersetzung hast Du die? Oder ist das bloß ein Buchtitel?

kanken
27-10-2009, 13:46
Kanken, nur am Rande: "Wahrhaft siegt, wer nicht kämpft" - Sun Tsu

Deine Signatur scheint mir unvollständig oder sogar falsch. Aus welcher Übersetzung hast Du die? Oder ist das bloß ein Buchtitel?

Ist aus "Die Kunst des Krieges", ich meine aus der Auflage von Droemer.

Grüße

Kanken

Klaus
27-10-2009, 14:34
Der Originaltext findet sich hier: SunZi [ SunTzu ] - Art of War (in Chinese) (http://www.chinapage.com/sunzi.html#SZ03)

Kapitel III, Das Schwert in der Scheide - Angriff mit Strategie, Vers 2: "Die größte Leistung besteht darin, den Widerstand des Feindes ohne einen Kampf zu brechen"

nagual
27-10-2009, 15:58
Es sollte Dir grundsätzlich bekannt sein, daß es eine Menge Begriffe in der chinesischen Geistes – und Körperkultur gibt, die nicht eins zu eins ins Deutsche übersetzt werden können. Qi ist da ein gutes Beispiel. Hängt einfach damit zusammen, daß es im deutschen Sprach- und Kulturraum keine entsprechenden Konzepte gibt, die man für eine Eins-Zu-Eins-Begriffsbildung heranziehen könnte. Das sehen wir auch am Begriff Dao. Und da Jin eine Fähigkeit ist, die mit Qi in Zusammenhang steht, also selbstverständlich ein Konzept widerspiegelt, frage ich mich ernsthaft, weshalb Du wegen der Unübersetzbarkeit von Jin soviel Aufregung verbreitest. Das ist doch ein alter Hut.Es gibt bei jeder Sprache Schwierigkeiten, Begriffe zu 100% 1:1 zu übersetzen.
Wenn z.B. genau schaut, kann man aus dem Englischen z.B. Power, Strength und Force u.a. auch nicht zu 100% mit Macht, Stärke und Kraft übersetzen. Da gibt es immer Abweichungen, die manchmal bedeutsam sind, meistens aber nicht.
Alle diese Begriffe sind aber allgemein und bezeichnen keine spezielle Kraftart und haben keine spezifische Definition (abgesehen von Bereichen, in denen sie willkürlich und explizit eingeführt wurden und die eine geistige Definitionskultur beinhalten wie Physik, westliche Wissenschaft usw., die chin. Kampfkünste beinhalten aber keine Definitionskultur, sondern sind eher in alltäglicher bis poetische Sprache beschrieben und "definiert", es geht immer eher um Andeutungen, Umschreibungen und allgemeine Benennungen, und aus dem Zusammenklang ergibt sich das korrekte Verständnis->darum geht es).
In diese Reihe gehört der chin. Begriff "jin", der in ein paar Nuancen von den deutschen Begriffen Kraft und Stärke usw. abweicht.
Diese Abweichungen sind aber weitgehend bedeutungslos hinsichtlich der Verwendung in den chin. Kampfkünsten.
Die Vertreter der Fachbegriff-Jin-Theorie nehmen aber an, dass es gerade der Unterschied zwischen den Bedeutungen der Begriffe "Jin" und "Kraft/Stärke/Power" usw. wäre, der auf die Internalität, den Zusammenhang mit Qi usw. verweisen würde, und daher den Fachbegriff ausmachen würde.
Diese Annahme ist falsch! Das ist eigentlich alles, was ich sagen will, weil "jin" motorische und muskuläre Kraft in jeder Form bezeichnet, egal ob mit oder ohne Qi. Im Sinne der chin. Denkweise geht das eigentlich nicht, weil es gar keine Kraft ohne Qi gibt.
Qi durchdringt alles Lebendige, es IST das Lebendige am Körper, und weil jeder Kraft erzeugende Muskel lebt, kann es kein Jin ohne Qi geben, d.h. keine Muskelkraft ohne Qi.
Es ist das westliche Denken, das uns vorgaukelt, es gäbe verschiedene Kraftarten, nämlich mit und ohne Qi, mit Internal Structure und ohne usw.
Das chin. Denken läuft aber so, dass es immer Qi gibt, und dass es auch immer eine Internal Structure gibt, die ggf. allerdings schlecht oder blöd ausgerichtet ist (z.B. bei extremen Muckibudentypen).
Aufgrund dieser impliziten Annahmen der Denkweise (die sich auch daraus ergibt, dass mit den Begriffen Qi und Jin (und noch Yi, Shen und ein paar weitere) die Sache komplett beschrieben wird.
Es existiert ja kein chin. Begriff für muskuläre Kraft, die kein Jin wäre, denn Li ist ja physikalische Kraft, bzw. die in phys. Kraft umgewandelte Muskelkraft.

Dass man "Qi" oder "Dao" nicht übersetzen könnte, stimmt ebenfalls nicht.
"Dao" bildet eine gewisse Ausnahme, weil es ein echter mystischer Begriff ist, der ebenso wie "Gott", "Atman", "Buddha" u.a. nicht auf ein reales Objekt oder ein gedanklichen Konstrukt oder Konzept verweist, sondern auf die Ur-Realität an sich.
Außerdem kann man statt "Dao" auch im mystischen Sinne "Weg" sagen, und damit die Einheit vom buchstäblichen Weg (den man mit den Beinen geht), dem Lebensweg und dem Weg des Universums (und von mir aus der Absicht Gottes usw.) betonen.
"Qi" kann man ziemlich konkret z.B. mit "Lebensdampf" übersetzen, denn es ist eben so eine Dampf- oder ggf. Flüssigkeitsartige Vorstellung der Lebendigkeit an sich gemeint. Also der Unterschied zwischen einem lebenden Organismus und einer Leiche. Dieses Pulsieren, Kribbeln, wie immer man es wahrnimmt, ist Qi und wird als "Lebensdampf" konzeptioniert.


Indem Du Jin als motorische Kraft übersetzt, machst Du den Begriff inhaltsleer, denn – wie Du selbst sagst – basiert jede Bewegung auf motorischer Kraft.Ich mache den Begriff nicht komplett inhaltsleer, sondern so leer und voll und vor allem allgemein und umfassend wie z.B. die Begriffe Kraft, Stärke, Power, Qi, Lebensdampf, Geist u.a.
Er bezeichnet exakt das, was als Kraftpotenzial in lebenden Muskeln steckt, und durch motorische Aktionen aktiviert und ausgedrückt werden kann.
Nicht mehr und nicht weniger, aber allgemein und gleichzeitig umfassend.

Man muss sich wirklich deutlich klar machen, dass es in China eben keine konkrete Vorstellung von Kraft ohne Qi gibt, sondern Qi eben allgegenwärtig ist, und daher auch Muckibudenkraft eine Art von Jin mit Qi ist.

Alle Unterscheidungen zwischen Kraftarten sind eben XY-Jins, und sog. external Jins sind nur scheinbar ohne Qi, aber trotzdem Jins wie alle anderen (innere Jins, Taiji-Jins usw.) auch.

GilesTCC
27-10-2009, 16:10
Du kannst aus den 5 ruhig 50 machen ;)

Grüße

Kanken

@Kanken (und @ Klaus):

Klaro, das mit den riesigen Anzahl von Möglichkeiten war mir prinzipiell schon aus meiner eigenen Erfahrung relativ deutlich :). Ich wollte aber sicherheitshalber erstmal den Ball ganz flach halten, um aufzuzeigen, daß sogar auf dieser vereinfachten Basis die Steuerungsvarianten ins Unübersichtliche gehen. Und warum man einiges von aussen (vor allem auf Video) so schwer oder gar nicht erkennen kann.

Unübersichtlich heisst ja zum Glück trotzdem nicht unkontrollierbar oder unsteuerbar. Wie Kanken schreibt, können (im Trainingsprozeß) "Bilder" oder Vorstellungen - wenn sie richtig gewählt sind und sich entfalten dürfen - eine viel, viel komplexere Steuerung leisten als die meisten "logischen" Ansätze.

Schöne Grüsse,

Giles

kanken
27-10-2009, 17:06
Kanken, nur am Rande: "Wahrhaft siegt, wer nicht kämpft" - Sun Tsu

Deine Signatur scheint mir unvollständig oder sogar falsch. Aus welcher Übersetzung hast Du die? Oder ist das bloß ein Buchtitel?

Also, habe nachgeschaut:

Der Titel des Buches lautet "Sun Tsu - Wahrhaft siegt, wer nicht kämpft" aus dem Bauer Verlag. Ist eine Übersetzung von der "Kunst des Krieges" mit weiteren Kommentaren von Cao Cao, Meng Shi, Jia Lin, Li Quan, Du You, Du Mu, Zhang Yu, Mei Yaochen, Wang Xi, Chen Hao und He Yanxi.

Wie Klaus schon geschrieben hat ist dort der Originalkommentar, der Buchtitel eine freiere Interpretation. Es geht um "hilflos machen", "ohne es zu einem Kampf kommen zu lassen".

Grüße

Kanken

Thorre
28-10-2009, 11:06
Also, habe nachgeschaut:

Der Titel des Buches lautet "Sun Tsu - Wahrhaft siegt, wer nicht kämpft" aus dem Bauer Verlag. Ist eine Übersetzung von der "Kunst des Krieges" mit weiteren Kommentaren von Cao Cao, Meng Shi, Jia Lin, Li Quan, Du You, Du Mu, Zhang Yu, Mei Yaochen, Wang Xi, Chen Hao und He Yanxi.

Wie Klaus schon geschrieben hat ist dort der Originalkommentar, der Buchtitel eine freiere Interpretation. Es geht um "hilflos machen", "ohne es zu einem Kampf kommen zu lassen".

Grüße

Kanken

Hallo Kanken, ja ich habe eine gleichnamige Ausgabe von Piper, die in der Originalausgabe von T.Cleary "The Art of War" heißt.

Die Formulierung "Wahrhaft siegt, wer nicht kämpft" stammt so nicht von Sunzi. Dieser Satz suggeriert eine pazifistische Haltung. Liest man jedoch den Originaltext, versteht man, daß es nicht um Pazifismus geht, sondern um das Kriegführen unter Beachtung der Ökonomie der Mittel.

Um Sunzis Gedanken korrekt zu beschreiben, hätten die Lektoren den Titel so wählen sollen: "Wahrhaft siegt, wer den Gegner unterwirft, ohne zu kämpfen."

Gruß aus Berlin
Thorre

Thorre
28-10-2009, 12:08
Hallo Nagual,

etwas zu behaupten und dafür nur das eigene Verständnis als Argument anzuführen, ist etwas dünn. Das tust Du aber, wenn Du entgegen der von mir genannten Referenzen (und als solche würdest Du Yang doch wohl akzeptieren) einfach behauptest, die anderen würden es eben nicht besser wissen, ohne eine stichhaltige Begründung abzuliefern.

Du sagst: Jede Bewegung benötigt Qi. Jin heißt "Kraft/Stärke/Power", bezeichnet im Gegensatz zu physikalischen Kräften eine motorische/ menschliche Kraft und da Qi bei jeder Bewegung eine Rolle spielt, ist auch jede Bewegung Jin.

Das ist aber eine ungenügend durchdachte Schlußfolgerung. Denn:

Jede Bewegung benötigt Kraft, aber nicht jede Bewegung ist stark.

Jemand torkelt mit wankenden Schritten eine Straße entlang – Bewegung ja, Jin nein.
Ein Verdurstender ergreift mit letzter Mühe, schwach und ausgelaugt einen Becher Wasser – Bewegung ja, Jin nein.

Natürlich ist bei all diesen Bewegungen Qi enthalten. Nicht die Leute, die anders über Jin denken als Du, sondern Dein eigenes Denken gaukelt Dir vor, es gäbe Bewegung ohne Qi. Oder wolltest Du nur einen Popanz aufbauen, um zu behaupten, die andern gingen von diesem Irrtum aus?

Jeder der sich mit Qi beschäftigt weiß, daß Qi an jeder Bewegung beteiligt sein muß. Aber nicht die Frage ob Qi da ist oder nicht, ist das Merkmal, das über Jin oder Nicht-Jin entscheidet und das wurde auch nicht behauptet. Die Frage ist, welche Qualität der Qi-Fluß erreicht hat, also ob der Qi-Fluß so optimal ist, daß die Bewegung wirkliche Power besitzt, stark ist.

Übrigens ist außerdem Deine Behauptung falsch, Jin beziehe sich immer auf motorische/ menschliche Stärke. Wir finden Jin auch bei Gegenständen wie „Jin Gong“, der Bezeichnung eines sehr starken Bogens. Oder auch bei Naturphänomenen wie „Jin Feng“, einem sehr starken Wind. Kannst Du alles bei Yang nachlesen, wenn Du in diesem Fall auch eine andere Autorität akzeptierst, als Deine eigene.

Jin heißt also immer Stärke im Gegensatz zu Schwäche. Also bitte vergiß Deine Annahme, jede Bewegung – egal wie schwach – wäre Jin.

Um noch kurz auf den Unterschied Li und Jin einzugehen, zitiere ich Yang: „In martial arts, it is said Jin is not Li. This means that although you must use your muscles (Li) every time you move, Jin is more than just muscular strength.“ (Eindeutiger kann Deinem Standpunkt nicht widersprochen werden.)

Die Frage, mit der sich ein Praktiker beschäftigt ist, ab wann eine Bewegung, sagen wir eine Kampftechnik, von einer Bewegung ohne Jin zu einer mit Jin wird, das heißt, ab wann sie im Sinne der Kampfkraft/ Kampfwirkung von einer schwachen zu einer starken wird. Und dazu muß er das Jin-Konzept kennen. Du willst auf dieses Konzept verzichten, das ist Deine Sache. Aber bitte verstehe, daß andere auf dieses Konzept wert legen, von dem Yang übrigens sagt:

„The application of Jin brings us to a major difference between the Oriental martial arts and those of the West. Oriental martial arts traditionally emphasize the training of Jin, whereas this concept and training approach is realitvely unknown in other parts of the world. In China, martial styles and martial artists are judged by their Jin.“

Ich weiß, es ist schwer, einen Irrtum einzusehen. Und das erwartet in einem Forum auch niemand. Aber vielleicht führt die Diskussion zu einer Nagual-internen Beratung. (By the way: Ist der Nickname nicht ein wenig anmaßend?)

Beste Grüße
Thorre

nagual
28-10-2009, 21:28
Hey Thorre, ich kann dir nur sagen, wie ich die Texte z.B. von Yang und Liang lese und verstehe:
Ich verstehe den Unterschied von Li und Jin so ähnlich wie den Unterschied von Power und Force im Englischen. Lies deine Zitate mal folgendermaßen:

Um noch kurz auf den Unterschied Force (Li) und Power (Jin) einzugehen, zitiere ich Yang: „In martial arts, it is said Power (Jin) is not Force (Li). This means that although you must use your muscles (Li) every time you move, Power (Jin) is more than just muscular strength.“ und

„The application of Power (Jin) brings us to a major difference between the Oriental martial arts and those of the West. Oriental martial arts traditionally emphasize the training of Power (Jin), whereas this concept and training approach is realitvely unknown in other parts of the world. In China, martial styles and martial artists are judged by their Power (Jin).“Du wirst zugeben müssen, dass die Texte mit den Begriffen "Power" und "Force" anstatt "Jin" und "Li" Sinn machen (einen Sinn machen, das bedeutet nicht, dass du diese veränderten Sätze hinsichtlich sämtlicher Details richtig und optimal finden solltest!!! Der Sinn, der entsteht, entsteht IMO auf sprachlich analoge Weise, wie es ein Chinese bei der Nutzung des Wortes Jin empfindet, das ist der Punkt, der beim Fachbegriff Jin übersehen wird!!!) , und auch der englische Begriff "Power" mit den Assoziationen der chinesischen Künste aufgeladen werden kann, ohne seine Allgemeinheit verlieren und ohne ein wirklicher Fachbegriff zu werden.

Selbst wenn dir die Anwendung des Begriffes "Power" nicht gefällt, und auch ohne dass ich hier behaupten will, dass "Power" die beste 1:1-Übersetzung von "Jin" wäre, behaupte ich aber klar und eindeutig, dass der Sprachstil im meinem veränderten Text im wesentlichen der Nutzung des Begriffes "Jin" entspricht. Ich hoffe, dass das verständlich ist.

Nun zu dem, was Yang und Liang schreiben: Du hast recht, dass sie in ihrem englischen Text, die Begriffe "Jin" und "Li" als Fremdwörter nutzen, und sie damit scheinbar als Fachbegriffe von den westlichen Begriffen "Kraft" usw. abgrenzen wollen.
Die Behauptung, dass mit dem Begriff Jin "mehr" als Kraft/Force gemeint sein kann, habe ich nicht bestritten, jedoch ist dieses "mehr" nicht definiert, bzw. ergibt sich im konkreten Sinne lediglich aus dem Kontext bzw. der Kultur, aber nicht aus der Wortbedeutung. Es ist ungefähr so, dass man sagen kann, dass "Power" mehr ist als "Force", denn man kann z.B. sagen, dass ein König die "Power" hat, sein Land zu regieren ("The King has the Power to reign his country").
Oder dass ein Boxer die Power hat, gegen den stärkeren Muckibudentyp zu gewinnen.
Hier ist "Power" mehr als Kraft, Force, Li usw.
Das steht nicht im Widerspruch zur grundsätzlichen Allgemeinheit des Begriffes "Jin", und zur fehlenden klaren Definition, dass das Mehr des Begriffes "Jin" konkrete Martial-Arts-Qualitäten in eindeutig umrissener Art als Wortbedeutung habe.

Ich will auch nicht bestreiten, dass es im Westen bereits eine Fachbegriffskultur von Jin als Fremdwort gibt. Wenn man dieser Fremdwortkultur, z.B. auch deswegen, weil Chinesen wie Yang und Liang da mitgemischt haben, eine Gültigkeit zusprechen will, dann hast du zu gewissen Teilen recht. Das Problem bleibt, dass anscheinend auch Yang und Liang dieses Mehr des Begriffes "Jin" nicht exakt definieren, sondern lediglich als das definieren, was eben das Besondere der chinesischen Kampfkünste sei. Damit enthält diese "Definition" den von mir bereits früher gerügten Zirkelschluss, nämlich dass die "Definition" auf sich selbst verweist:
Was ist das besondere an den chinesischen Kampfkünsten? Dass sie Jin verwenden, und nicht nur Kraft. Was ist "Jin"? "Jin" ist definiert als die besondere Kraft, die für die chinesischen Kampfkünste typisch ist.
Mehr als dieser Zirkelschluss ist aus deinem Text inhaltlich nicht zu entnehmen, wenn du genau hinschaust.

Ich bleibe aber noch bei der Analogie von "Power" als weitgehend tauglicher Ersatz für den Begriff "Jin": Jetzt mag z.B. weiterhin in solchen Texten was genaueres darüber stehen, wie "Jin"/"Power" in den chinesischen KKs gebildet und genutzt wird. Es folgen Aussagen im Stile, dass die chinesischen Kampfkünste Power durch die Ansammlung und Lenkung von Lebensdampf und der inneren Ausrichtung der Körperstruktur erreichen und dazu den Geist kultivieren. Dieser Ansatz ist im Westen weitgehend unbekannt.

Ich denke, du kannst nachvollziehen, dass für die ganzen inhaltlichen Beschreibungen der Qualitäten der chin. KK überhaupt kein Fachbegriff "Jin" nötig ist, sondern ein allgemeiner und "aufladbarer" Begriff wie "Power" völlig ausreicht.

Wenn man "Jin" als Fachbegriff tatsächlich akzeptieren will, so wie Yang und Liang das machen, dann müsste man ihn sprachlich definieren, aber das Fehlen der inhaltlichen Definition explizit beibehalten:
Sprachliche Definition, die meiner Ansicht nach treffend ist:
"Jin" ist definiert als Power aus der Perspektive der chinesischen Kultur - wobei mitgedacht werden sollte, dass ein Muckibudentyp natürlich auch Power hat, weil er eben Gewichte heben kann, und die Chinesen das nicht bestreiten wollen.
Inhaltliche Definition, die meiner Ansicht nach falsch ist:
"Jin" ist definiert als Kraft bedingt durch die Einbeziehung von Qi und Körperstruktur einschließlich der Beherrschung von Feinmotorik und intuitiver Anpassung bei Körperkontakt nach Training soundso blabla. (Das "bedingt" ist hier der kritische Punkt, weil Power/Jin nicht von Qi und Körperstruktur bedingt ist, sondern Qi und Körperstruktur in absolut trivialer und selbstverständlicher Weise mit einbezieht, weil es gar nicht anders geht!!! siehe auch unten)

Ich sehe das so, dass die Chinesen bei ihrer Benutzung des Wortes "Jin" im Rahmen der chin. KKs (ursprünglich!!! wenn man von Leuten wie Liang usw. absieht, die im Kulturdialog stehen) überhaupt nicht an Vergleiche von westlichen Kraftmenschen usw. denken, sondern die chinesischen Arten des Krafttrainings, nämliche Stehübungen in jeder Art, Formen, Strikes und überhaupt alles, eben Power trainiert, und weil Power mehr ist als Kraft, nennen sie es Power bzw. halt Jin.

Sie brauchen innerhalb der chinesischen Kultur keinen Fachbegriff, weil ein allgemeiner Begriff wie Power (der im chin. zufälligerweise Jin lautet) völlig ausreicht.

Erst in dem kulturellen Vergleich und in dem kulturellen Transfer scheint den Leuten dann die Einführung eines Fachbegriffes Jin besser zu gefallen, um die kulturellen Unterschiede zu benennen.
Das Problem aus meiner Sicht ist, dass sie dabei massiv über das Ziel hinausschießen, weil bestimmte Aspekte übersehen werden und bestimmte Aspekte überbetont werden.
Übersehen wird, dass es in der chinesischen Kultur keine so eindeutige Grenze zwischen neijia-mäßiger oder Martial-Art-mäßiger Kraft und "trivialer Kraft" gibt, sondern der Begriff "Jin" für beides verwendet wird (so wie man sagt "Chen Xiaowang hat Power/Jin", "Arnold hat Power/Jin", "Bruce Lee hat Power/Jin").
Überbetont wird, dass die Powerqualitäten z.B. von Chen Xiaowang in eindeutiger Form als "notwendig, damit man von (wahrer) Power sprechen darf" erscheinen.
Das führt dann zu unsinnigen Verwirrungen, weil dann z.B. die einen sagen, CXW nutzt Jin, aber Bruce Lee nicht, weil Bruce Lee ist ja ein Externaler, und die anderen sagen, nee, Bruce Lee benutzt auch Jin, weil er ja chin. KKs macht, und kein Muckibudentyp ist.

Alle diese Schwierigkeiten lösen sich, indem man die Einführung von Jin als Fachbegriff in westlichen Texten als ziemlich ungeschickte Übersetzungsmethode begreift, und gleichzeitig die Allgemeinheit des Begriffes "Jin" versteht, so ähnlich wie man sie im Englischen auch beim Begriff "Power" versteht, weil man mit dem Englischen halt wirklich vertraut ist, und "Power" so gut versteht wie ein deutsches allgemeines Wort. Der Begriff "Power" ist daher für die Nutzung als Fremdwort immun geworden; aber bei "Jin" löst er dieses Missverständnis der impliziten Annahme eines konkreten "es" aus, das es nicht gibt, bzw. das eben total unkonkret ist; und das korrekte Verständnis diese Unkonkretheit beinhalten muss.


Du sagst: Jede Bewegung benötigt Qi. Jin heißt "Kraft/Stärke/Power", bezeichnet im Gegensatz zu physikalischen Kräften eine motorische/ menschliche Kraft und da Qi bei jeder Bewegung eine Rolle spielt, ist auch jede Bewegung Jin.

Das ist aber eine ungenügend durchdachte Schlußfolgerung. Denn:

Jede Bewegung benötigt Kraft, aber nicht jede Bewegung ist stark.

Jemand torkelt mit wankenden Schritten eine Straße entlang – Bewegung ja, Jin nein.
Ein Verdurstender ergreift mit letzter Mühe, schwach und ausgelaugt einen Becher Wasser – Bewegung ja, Jin nein.Das sind unnötige Spitzfindigkeiten.
Die eigentliche Unterschied zwischen li und jin ist im allgemeinen Sprachgebrauch unscharf, so ähnlich wie die Unterschiede zwischen den Begriffen "Kraft" und "Stärke" oder "Force" und "Power" oder anderen Beispielen. Wenn man es im technischen Sinne herauskristallisieren will, kann man zu folgenden Schlüssen kommen:
Li entsteht, wenn ein Muskel in Aktion tritt. Die im Muskel vorhandene Kraft wird in physikalische Kraft umgewandelt. Solange Li nicht explizit auf physikalische Kraft verweist, verweist es immerhin auf die Aktionskraft von Muskeln hinsichtlich des physikalischen Outputs.
Jin bezieht sich aber zusätzlich auf das aktivierbare Potenzial, also auch das, was ein Mensch nicht tut, aber machen könnte.
Wenn ich mit jemandem pushe, dann kann man das Li des Gegners immer deutlich spüren, weil das seine Muskelaktivitäten sind, spürbar durch die physikalische Kraft, den Druck, die Bewegungen usw.
Sein Jin (sein motorischen Kraftpotenzial, seine Power) kann man aber nicht direkt spüren, sondern nur erahnen oder interpretieren, nämlich dass auch da, wo gerade nichts passiert und nichts spürbar ist, etwas passieren könnte und man höllisch aufpassen muss.


Jemand torkelt mit wankenden Schritten eine Straße entlang – Bewegung ja, Jin nein.Torkeln besteht teilweise aus Bewegungen, die durch physikalische Gesetze wie Fallkrafte und Schwungkräfte bewirkt werden.
Ich sagte, dass es Jin ist, was jede Körperbewegung verursacht. Dies ist im technischen Sinne zu verstehen. Im Sinne, dass es die Power von ein paar Muskelfasern sein kann, die nötig ist, um eine Feder zu heben.
Es ist im Sinne eines technischen Verständnisses logisch, dass jede Bewegungsaktion eine gewisse, wenn auch ggf. minimale (wie bei einer Feder oder beim Torkeln) Muskelpower benötigt. Die Chinesen nennen das Jin, im Westen kann man "Kraft" oder "Power" sagen, was auch immer.
Die Benennung als Jin/Power/Kraft ist notwendig, weil diese Qualität dem Qi, dem Lebensdampf fehlt (solange man nicht am superallgemeinen Verständnis von Qi klebt, dass sowieso alles Qi ist, auch Materie=kristallisiertes Qi).
Yi ist die geistige, gedankliche, absichtsgeführte Kontrolle, Qi der notwendige Fluß des Lebensdampfes, und Jin die motorische Power. Alle drei Elemente sind notwendig: fehlt Yi, ist der Mensch entweder bewusstlos oder zumindest frei von jeden Bewegungsabsichten; fehlt Qi, ist der Mensch tot oder schwer krank; fehlt Jin, ist der Mensch gelähmt oder ähnliches (mit Curare betäubt usw.).
Dieses ist das grundlegende technische Verständnis, welches die Entwicklung von Power/Jin und Skills im Sinne der chin. KK leitet. Wie man sieht, ist dieses Bild sehr simpel, und benötigt nicht mehr als allgemeine Begriffe (Geist - Lebensdampf - Kraft/Power/Motorik).
Die Kultur gibt jetzt vor, dass die Entwicklung von Power immer im Einklang mit allen drei Ebenen (Yi/Qi/Jin) vollzogen werden sollte. Dadurch entsteht der Eindruck, als wenn Jin als Bedeutung eine konkrete Form der Einheit dieser drei Ebenen innehaben würde.
Die Einheit dieser drei Ebenen ist aber universell, sie liegt auch bei einem Muckibudentypen vor, auch wenn sie der üblichen chinesischen Kultivierung widerspricht.

Ich kann insgesamt nur sagen, dass ich mein Bild, welches ich hier zeichne, viel einleuchtender finde, als sich auf ein Fremdwort-Verständnis zu fixieren, welches auf einer völlig unklaren Zirkeldefinition beruht, und nur durch den Kulturtransfer von China in den Westen entstanden ist.

--------
EDIT: Falls ein Chinese z.B. sagt, ein Muckibudentyp hätte kein Jin, sondern nur li, so verstehe ich das im Stil einer diffamierenden Aussage wie "Der hat nur Kraft, aber keine Power" oder "Der hat nur Kraft, aber keine Motorik" (also irgendwas diffuses zwischen Power und Motorik, aber ohne dass es wirklich konkreter wäre als z.B. durch den Begriff "Motorik" angedeutet, d.h. der Skill usw. fehlt, ganz allgemein gesagt, aber der kulturelle Kontext macht klar, was vermutlich ungefähr gemeint ist)

Pu Bär
28-10-2009, 22:34
Bitte den Thread umbenennen... :rolleyes:

Was ist mit solchen Power/Motorik äh, MännchenausderWunderlampedingens, wie: Tingjin?

http://img.tfd.com/wn/87/61EFD-aladdin-s-lamp.gif


nagual, falls du das schon behandelt hast, sorry. Die Posts sind mir zu lang.

Thorre
28-10-2009, 22:36
Hallo Nagual,

naja, da haben wir uns ja richtig Mühe gegeben, und nun sind wir am Ende der Fahnenstange angelangt, weil wir von jetzt an wahrscheinlich alles wiederholen werden, was ohnehin schon gesagt wurde.

Und obwohl ich in Deinem letzten Statement durchaus einige Dinge nachvollziehbar finde, werden wir in der Sache insgesamt wohl nicht auf einen Nenner kommen. Ich fasse mal zusammen:

Du hältst die Verwendung des Begriffes „Jin“ in den Kampfkünsten für überflüssig, weil dies den Deiner Meinung nach falschen Eindruck erweckt, bei „Jin“ handle es sich um etwas, das den Westlern unbekannt wäre, obwohl es dabei doch in Wirklichkeit um nichts anderes als „Power“ geht. Und statt den Begriff „Qi“ zu verwenden, würdest Du lieber „Lebensdampf“ sagen und behauptest, dieser Begriff wäre im Gegensatz zu "Qi" selbsterklärend.

Du sagst außerdem, daß Jin kein Maßstab für das Niveau eines Kampfkünstlers ist, denn erstens hat ja Deiner Ansicht nach auch ein Bodybuilder mehr als genug Jin (obwohl er keine Kampfkunst beherrscht) und zweitens hat – ebenfalls Deiner Ansicht nach - überhaupt alles, was Muskeln besitzt Jin, und überhaupt jede Bewegung ist voller Jin.

Meine Ansicht ist hingegen, daß Jin – wenn wir uns im Kontext der Kampfkunst bewegen – eine spezielle Art von Kraft oder Stärke ist. Diese Stärke unterscheidet sich von bloßer Geschicklichkeit oder bloßer Muskelkraft. Es ist diese Art von Stärke, die eine Kampftechnik effektiv macht. Fehlt diese Stärke, fehlt der Kampftechnik auch ihre Wirkung.

Der Wert des Jin-Begriffs liegt darin, daß er danach fragen läßt, wie man denn zu Jin gelangt. Solange man die Kraft eines Bodybuilders für Jin hält oder die formell perfekten aber kämpferisch wirkungslosen Bewegungen eines Tänzers, bleibt einem die Erkenntnis versperrt, wie man trainieren muß um Jin zu erzeugen.

War mal wieder eine interessante Debatte.

Gruß aus Berlin
Thorre

nagual
28-10-2009, 22:43
Übrigens ist außerdem Deine Behauptung falsch, Jin beziehe sich immer auf motorische/ menschliche Stärke. Wir finden Jin auch bei Gegenständen wie „Jin Gong“, der Bezeichnung eines sehr starken Bogens. Oder auch bei Naturphänomenen wie „Jin Feng“, einem sehr starken Wind. Kannst Du alles bei Yang nachlesen, wenn Du in diesem Fall auch eine andere Autorität akzeptierst, als Deine eigene.

Ich gebe zu, dass ich diese Sache ("jin", sich beziehend auf andere Phänomen als Muskeln/Menschen/Tiere) bislang übersehen habe, aber es überrascht mich nicht, und das steht auch nicht im Widerspruch zu der allgemeinen Bedeutung, die ich dem Begriff "jin" zuschreibe:
Im abstrakten Sinne deutet der Begriff eine Kraftladung an; ich habe "Jin" in anderen Threads bereits als "motorisches Kraftpotenzial" übersetzt, um auf diesen Aspekt hinzuweisen. Der Begriff "Power" deutet ggf. ebenfalls eine "Kraftladung" oder ein Wirkungspotenzial an. In deinen Beispielen liegt die "Kraftladung", ein "Druck" oder eine "Spannung" eben im Wind oder im Bogen.

Es kann sogar sehr gut sein, dass die grundlegende Assoziation für chinesischen Muttersprachler beim Wort "Jin" eine Art innere Spannung ist.
Dies kann sich dann auf einzelne Muskelfasern beziehen, oder auch auf den ganzen Körper, der als Einheit von Muskeln, Sehnen und Knochen ein Spannungsfeld bildet, oder ein Gesamtspannungspotenzial. Oder durch differenzierte und angepasste Motorik Spannung aufbauen und abgegeben kann.
Einem Arnold wird dann im alltäglichen Sinne ebenfalls "Spannung" (abstrakt für Stärke) zugesprochen, eine chin. KKler erhält seine "Spannung" durch Qi, Koordination im Sinne verschiedener Stile, aber alles ist im allgemeinen Sinne eben Stärke beruhend auf einer konkreten oder abstrakten Spannung.

Gong Fu
28-10-2009, 23:06
--------
EDIT: Falls ein Chinese z.B. sagt, ein Muckibudentyp hätte kein Jin, sondern nur li, so verstehe ich das im Stil einer diffamierenden Aussage wie "Der hat nur Kraft, aber keine Power" oder "Der hat nur Kraft, aber keine Motorik" (also irgendwas diffuses zwischen Power und Motorik, aber ohne dass es wirklich konkreter wäre als z.B. durch den Begriff "Motorik" angedeutet, d.h. der Skill usw. fehlt, ganz allgemein gesagt, aber der kulturelle Kontext macht klar, was vermutlich ungefähr gemeint ist)

Und genau hier ist DEIN Problem...DU empfindest das so, aber mit Sicherheit nicht "der Chinese"....ich finde es sehr anmassend dass Du immer behauptest den kulturellen Kontext zu verstehen, ohne jedoch jemals Dich über einen längeren Zeitraum in demselbigen bewegt zu haben...nichts für ungut, aber die Benutzung eines Wörterbuches ist glaube ich für solch strikte Aussagen als Fundament ein wenig wackelig...auch die Aussage eines einzelnen Muttersprachlers ist hier, alleine von der wissenschaftlichen Seite her nicht ausreichend...für eine allgemeingültige Aussage müsste man schon hinreichende Feldstudien anfertigen...sowohl innerhalb, als auch ausserhalb der Kampfkünste.

Mir kommt es hier ein wenig so vor wie in der Geschichte von den drei Blinden und dem Elefant...vermutlich habt ihr alle irgendwo recht, aber auch irgendwie nicht :)

Gruss,
Gong Fu

nagual
28-10-2009, 23:09
Du hältst die Verwendung des Begriffes „Jin“ in den Kampfkünsten für überflüssig, weil dies den Deiner Meinung nach falschen Eindruck erweckt, bei „Jin“ handle es sich um etwas, das den Westlern unbekannt wäre, obwohl es dabei doch in Wirklichkeit um nichts anderes als „Power“ geht. Und statt den Begriff „Qi“ zu verwenden, würdest Du lieber „Lebensdampf“ sagen und behauptest, dieser Begriff wäre im Gegensatz zu "Qi" selbsterklärend.Ich halte den Begriff in westlichen (deutschen/englischen) Texten für überflüssig, weil der Begriff, wenn isoliert verwendet, nicht (wesentlich) mehr sagt als z.B. der englische Begriff "Power". Außerdem halte ich den Begriff Jin als Fremdwort für irreführend, weil es suggeriert, dass es einen spezifischen und eindeutigen Unterschied zwischen Power und Jin geben müsse, der durch den Fachbegriff eindeutig benannt würde. Dieser Unterschied muss aber nicht vorhanden sein, und falls er vorhanden ist kann er nebensächlich sein oder er kann sehr uneindeutig sein. Diese Aspekte werden durch den Fachbegriff verschleiert, während eine Aussage mit einem simplen "Power" die gleiche Klarheit bringen würde wie ein zugrundeliegender chinesischer Satz mit "Jin".

Was "Qi" und "Lebensdampf" betrifft, so muss man feststellen, dass es auch einen Begriff "Qi" gibt, der buchstäblich "Dampf" bedeutet, allesdings mit einem anderen Radikal im Schriftzeichen. Das gehörte "Qi" klingt aber also für einen Chinesen wie das Wort "Dampf". Die Vorstellung von "Dampf" ist also "aufgeladen", deswegen finde ich "Lebensdampf" eine gelungene Übersetzung.
Vor allem deswegen, weil es keine Definition vom chin. Begriff "Qi" gibt, und mehr als im Deutschen so etwas diffuses wie "Lebensdampf" eigentlich nicht gesagt wird. Man kann mit "Lebensdampf" die ganzen Dinge, die man "Qi" in verzerrter Weise als inhaltliche Definition zuspricht, assoziieren, und die Assoziation dieser Dinge ist nach meinem Eindruck die Art und Weise, wie die Chinesen mit ihrer Sprache arbeiten.


bei „Jin“ handle es sich um etwas, das den Westlern unbekannt wäre, obwohl es dabei doch in Wirklichkeit um nichts anderes als „Power“ geht.
Bei einem isolierten Satz sehe ich es so, dass er mit dem Begriff "jin" praktisch nicht mehr aussagt, als wenn dort "Power" stände, abgesehen von ein paar Nuancen. I.d.R. enthält der Kontext jedoch Hinweise auf die Art des gemeinten Jin (also das XY-Jin, oder die XY-Power, z.B. die "innere Power").



Du sagst außerdem, daß Jin kein Maßstab für das Niveau eines Kampfkünstlers ist, denn erstens hat ja Deiner Ansicht nach auch ein Bodybuilder mehr als genug Jin (obwohl er keine Kampfkunst beherrscht) und zweitens hat – ebenfalls Deiner Ansicht nach - überhaupt alles, was Muskeln besitzt Jin, und überhaupt jede Bewegung ist voller Jin.Nein, ein Bodybuilder hat eine ganz andere Art von Jin als ein chin. Kampfkünstker.
Diese andere Art wird aber durch den Begriff "Jin" nicht benannt, außer wenn es sich im Kontext so ergibt.
Wenn man unterschiedliche Menschen mit unterschiedlichem Arten von Jin beschreibt, bekommt man ggf. Probleme mit den Massstäben: Man kann z.B. die Power eines Königs, zu regieren, nicht mit der Power eines Boxers vergleichen.
Von daher kann man zwar immer von Jin oder von Power reden, aber man kann nicht von einem einheitlichen Bewertungsmaßstab ausgehen, dass eine Verbesserung des Jins oder der Power eine eindeutige Richtung wäre.
Eben das ist der Fehler, den der Fachbegriff "Jin" suggeriert.

Als Beispiel die folgenden Sätze:
"Ein KKler ist umso besser, je mehr Jin er hat" ist weitgehend analog zu "Ein KKler ist umso besser, je mehr Power er hat". Mehr wird nicht gesagt, aber die Fachbegriffler glauben das.
"Ein KKler hat umso mehr Power, je mehr Jin er hat" - dieser Satz ist zu 99% blödsinn, weil er zu Sätzen wie "ein KKler hat umso mehr Power, je stärker er ist" analog ist.


Meine Ansicht ist hingegen, daß Jin – wenn wir uns im Kontext der Kampfkunst bewegen – eine spezielle Art von Kraft oder Stärke ist. Diese Stärke unterscheidet sich von bloßer Geschicklichkeit oder bloßer Muskelkraft. Es ist diese Art von Stärke, die eine Kampftechnik effektiv macht. Fehlt diese Stärke, fehlt der Kampftechnik auch ihre Wirkung.Es gibt verschiedene Arten von Jin, und verschiedene Arten von Power. Durch den Begriff ist eben die spezielle Art nicht benannt, sondern lediglich ggf. kontextmäßig angedeutet, ebenso wie das ein Begriff wie "Power" auch könnte.
Wenn man von "bloßer Geschicklichkeit" und "bloßer Muskelkraft" redet, so ist das, so scheint mir, ein Versuch, aus der selbstverständlichen Einheit dieser Sache, künstlich was zu extrahieren, um die Sache von anderen Begriffen wie "Motorik" und "Kraft" unbedingt abgrenzen zu wollen.
Wenn ich mal ganz simpel von "Motorik" und mal von "Kraft" als geeigneten (weil allgemeinen) Übersetzungen von "jin", so geschieht das immer im Rahmen dieser Allgemeinheit und der prinzipiell technischen/abstrakten Zusammengehörigkeit von Motorik und Kraft.
Mal liegt der Power-Effekt eben in der Motorik, mal liegt er in der Kraft.

nagual
28-10-2009, 23:22
Und genau hier ist DEIN Problem...DU empfindest das so, aber mit Sicherheit nicht "der Chinese"....ich finde es sehr anmassend dass Du immer behauptest den kulturellen Kontext zu verstehen, ohne jedoch jemals Dich über einen längeren Zeitraum in demselbigen bewegt zu haben...nichts für ungut, aber die Benutzung eines Wörterbuches ist glaube ich für solch strikte Aussagen als Fundament ein wenig wackelig...auch die Aussage eines einzelnen Muttersprachlers ist hier, alleine von der wissenschaftlichen Seite her nicht ausreichend...für eine allgemeingültige Aussage müsste man schon hinreichende Feldstudien anfertigen...sowohl innerhalb, als auch ausserhalb der Kampfkünste.1. Ich bin immerhin insgesamt 6 mal für jeweils ca. 3 Wochen in China gewesen (macht zusammen mehr als 4 Monate), und habe vorher zwei Jahre Chinesisch studiert und einen chinesischen Dozenten gehabt, und konnte ebenfalls meinen chinesischen KK-Lehrer zu großen Teilen auf Chinesisch verstehen. Daher kann ich sehr wohl sagen, dass ich einen recht soliden Eindruck in das Wechselspiel von Sprachnutzung und Denkweise und Lehrinhalt bei "den Chinesen" bekommen habe! Außerdem hatte ich Kontakt zu mehreren anderen Lehrern (teilweise andere Stile), und außerdem habe ich verschiedenen Westler, die seit mehr als 10 Jahren in China leben, zugehört, wie sie meine chin. Lehrer übersetzt haben. Insbesondere der Stil dieser Übersetzungen entspricht meiner hier dargelegten Denkweise, meinem Sprachverständnis.
Diese Übersetzer haben insbesondere dadurch, dass sie alle möglichen Begriffe wie "Yi", "Li", "Jin" IMMER ("Qi" allerdings nicht) in gewöhnliche englische Begriffe wie "mind", "Force", "Strength" usw. übersetzt haben, für große Klarheit gesorgt, und keine Fremdwörterkultivierung betrieben!
2. Möge doch bitte einer der Anhänger der Theorie, dass Jin ein Fachbegriff mit eindeutig definiertem Inhalte wäre, endlich mal diese Definition durch einen Text versuchen und hier darlegen.
Ebenso bitte ich die Vertreter dieser Argumentation die folgenden Fragen zu beantworten:
A) Wieso wird der Begriff "Jin" auch im Alltag für "normale starke Menschen" verwendet, die nicht im Sinne der Kampfkünste trainiert sind? Wo liegt denn genau die Trennlinie, was der Fachbegriff "Jin" so eindeutig benennt und was der Alltagsbegriff "Jin" benennt?
B) Wie passt die o.g. eindeutige Definition mit den verschiedenen Stilen zusammen, welcher KK-Stil bildet Jin aus und welcher nicht?
C) Wie kann es sein, dass es in einem großen Teil der Bagua- und Xingyi-Kultur üblich ist, nicht von "Jin" (wie im Taiji-Bereich üblich), sondern von "Li" zu sprechen, obwohl andererseits alle drei KKs als innere KKs gelten, und angeblich gleiche oder ähnliche Kraftarten ausbilden sollen??
D) Warum sollen nicht auch Chinesen oder westlichen Fachleute beim Übersetzen und Nutzen von Fremdbegriffen, die dadurch zu Fachbegriffen gemacht werden, Ungeschicklichkeiten begehen, die ich dann aufdecken kann?

Thorre
28-10-2009, 23:45
Als Beispiel die folgenden Sätze:
"Ein KKler ist umso besser, je mehr Jin er hat" ist weitgehend analog zu "Ein KKler ist umso besser, je mehr Power er hat". Mehr wird nicht gesagt, aber die Fachbegriffler glauben das.

Und nochmal und nochmal und nochmal: Das ist lediglich Deine Behauptung! Wenn ich sage, ein KKler ist umso besser, je mehr Jin er hat, dann meine ich nicht nur, je mehr Power er hat. Und Yang meint das auch nicht und Liang auch nicht und die meisten Kampfkünstler, die ich kenne, die von Jin reden, meinen das auch nicht. Du meinst es, weil Du den Begriff auf das allgemeine "Power" reduzieren willst.

Wenn also gesagt wird, "Ein KKler ist umso besser, je mehr Jin er hat", dann heißt das, er ist umso besser, je größer seine Fähgkeit ist, die von ihm verwendeten Kampftechniken wirkungsvoll auszuführen.

Und dazu bedarf es eben mehr als eine beliebige Kraft, die Du Jin nennst.


Es gibt verschiedene Arten von Jin, und verschiedene Arten von Power. Durch den Begriff ist eben die spezielle Art nicht benannt, sondern lediglich ggf. kontextmäßig angedeutet, ebenso wie das ein Begriff wie "Power" auch könnte.

Ja, es gibt verschiedene Arten von Power. Und darunter sind viele, die für die Kampfkunst keine Bedeutung haben, wie z.B. die Power, stumpfe Kraftwirkungen zu entwickeln. Deshalb wird Jin bei Yang oder Liang eben nicht einfach nur mit "Power", sondern mit "Martial Power" übersetzt.


Wenn man von "bloßer Geschicklichkeit" und "bloßer Muskelkraft" redet, so ist das, so scheint mir, ein Versuch, aus der selbstverständlichen Einheit dieser Sache, künstlich was zu extrahieren, um die Sache von anderen Begriffen wie "Motorik" und "Kraft" unbedingt abgrenzen zu wollen.

Was heißt "künstlich extrahieren"? Eben weil so viele Kampfkünstler sich nur um stumpfe Kraft oder bloße Geschicklichkeit bemühen, hat der Begriff Jin so große Bedeutung, denn er sagt "Dies ist der falsche Weg."

nagual
28-10-2009, 23:49
Mir kommt es hier ein wenig so vor wie in der Geschichte von den drei Blinden und dem Elefant...vermutlich habt ihr alle irgendwo recht, aber auch irgendwie nicht :)Sicherlich ist die Frage letztendlich eine Bewertung der Übersetzungskultur.
Ein Übersetzer hat die Wahl, für einen schwierigen (schwierig hinsichtlich der Wahl der passenden Übersetzung) Begriff wie Jin entweder einen teilweise unpassenden deutschen oder englischen Begriff zu nehmen, und ggf. dann auch zwischen verschiedenen Begriffen wie Kraft, Motorik, Stärke usw. wechseln zu müssen, um jeweils die passende Nuance auszuwählen. Das ist ein Nachteil.
Oder er verzichtet auf die Übersetzung und nimmt einfach "Jin" als "Übersetzung". Dadurch entsteht der Eindruck, dass es ein Fachbegriff wäre, und die tatsächliche Art der Kultivierung wird stark verzerrt, und es bilden sich ungünstige und ggf. falsche Assoziationen, wie ich versucht habe darzulegen.
Es ist durchaus richtig, dass beide Möglichkeiten schwere Nachteile in sich bergen.

Ich will lediglich die Missverständnisse ausräumen, dass es so eine supereindeutige Sache geben würde, die dann wegen ihrer mysteriösen Suoereindeutigkeit und Kompliziertheit auch noch unübersetzbar ist, sondern nur beim Großmeister gespürt werden kann (Und die Skills des Großmeisters der Beweis für die Eindeutigkeit wären). Das ist der hauptsächliche Blödsinn, der mich nervt.

Außerdem macht das Verständnis von Jin als Kraftpotenzial mittels beliebiger motorischer Ansteuerung die Sache wirklich verdaulich und praktisch handhabbar, und zwar prinzipiell sofort und nicht erst nach jahrelangem meditativem Abwarten auf den erhofften Durchbruch. (Um die Skills auf ein gutes Niveau zu bringen, muss man natürlich trotzdem lange üben, aber man kann immerhin von Anfang an im kognitiven Sinn die Sache komplett verstehen und dann auch 100% zielgerichtet üben, zumindest ist dies theoretisch im Optimalfall möglich - Ich will sagen, man muss nicht erst üben, um zu "Erfahrung" von Jin zu gelangen, sondern man kann sofort verstehen, dass "Jin" nur ausgefeilte Motorik und gezielt trainierte Kraft ist, und sich eben um die jeweils gewünschte Kraft und Motorik kümmern)

(Mein Nickname ist natürlich anmaßend, immerhin ist das ein Internetforum!)

nagual
28-10-2009, 23:55
Wenn also gesagt wird, "Ein KKler ist umso besser, je mehr Jin er hat", dann heißt das, er ist umso besser, je größer seine Fähgkeit ist, die von ihm verwendeten Kampftechniken wirkungsvoll auszuführen.Ich meine den Begriff Power durchaus in dem Sinne, dass der Begriff "Power" im Sinne von "Mächtigkeit" (nicht nur Kraft) auch die Kampftechniken im Sinne von Skills wirkungsvoller werden sollen.
Der englische Begriff Power hat allerdings einige Assoziationen, die zu "Jin" nicht gut passen, das ist richtig.


Ja, es gibt verschiedene Arten von Power. Und darunter sind viele, die für die Kampfkunst keine Bedeutung haben, wie z.B. die Power, stumpfe Kraftwirkungen zu entwickeln. Deshalb wird Jin bei Yang oder Liang eben nicht einfach nur mit "Power", sondern mit "Martial Power" übersetzt.Mit dem "Martial Power" unternehmen sie nach meinem Empfinden einen Versuch, die ungünstigen möglichen Assoziationen von "Power" (Power im zu stumpfen Sinne als Wucht=stumpfes Bemühen o.ä. genommen, oder zu abstrakt, wie die Regierungspower des Königs) zu vermeiden, und die passende Allgemeinheit weitgehend zu erhalten.
Die Allgemeinheit der Worte "Martial Power" entspricht ja meiner Argumentationslinie.


Was heißt "künstlich extrahieren"? Eben weil so viele Kampfkünstler sich nur um stumpfe Kraft oder bloße Geschicklichkeit bemühen, hat der Begriff Jin so große Bedeutung, denn er sagt "Dies ist der falsche Weg.""Künstlich extrahieren" meinte ich im abstrakten Sinne hinsichtlich der Wortbedeutung von "Jin".
Ich sage, dass "jin" im abstrakten Kern eine Kraftladung (oder Spannung) bedeutet, im vergleichenden Sinne eine Stärke, im anatomisch technischen Sinne die motorische Möglichkeit, Kraftwirkungen (große und kleine, durch irgendwelche Muskelaktivitäten) zu erzeugen, und im abstrakt-verschobenen Sinne verschiedene Skills umfassen und andeuten kann. (Aber NICHT im speziellen Sinne bedeutet, wie das ein Fachbegriff ungünstiger Weise suggeriert!)
Die Extraktion bezieht sich auf die Isolierung von möglichen Teilbedeutungen der Allgemeinheit der o.g. Sinnanteile. Das sind IMO unnötige sprachliche Missverständnisse.

Thorre
29-10-2009, 00:01
Der englische Begriff Power hat allerdings einige Assoziationen, die zu "Jin" nicht gut passen, das ist richtig.

Ja, aber das ist eben das ganze Problem bei all Deinen Übersetzungsversuchen, angefangen bei der Motorik: Sie treffen nicht, was ein Gongfu-Lehrer seinem Schüler eigentlich sagen will, nämlich, daß es egal ist, wieviele Gewichte er hochheben kann oder wie hübsch und formvollendet seine Taolu aussieht.

Die einzige Stärke oder Fähigkeit, die zählt, ist die, eine Kampftechnik maximale Wirkung entfalten zu lassen. Und dazu nutzt weder Gewichthebe-Power noch Bewegung-Sieht-Gut-Aus-Power.

nagual
29-10-2009, 00:33
Ja, aber das ist eben das ganze Problem bei all Deinen Übersetzungsversuchen, angefangen bei der Motorik: Sie treffen nicht, was ein Gongfu-Lehrer seinem Schüler eigentlich sagen will, nämlich, daß es egal ist, wieviele Gewichte er hochheben kann oder wie hübsch und formvollendet seine Taolu aussieht.Das ist deine Extraktion der isolierten Bedeutungsanteile meine Übersetzungen, die sprachlich bedingt nie optimal sein können. Du darfst mich auf Begriffe wie "Motorik" usw. nicht festnageln, weil das situationsabhängige Versuche sind, und teilweise auch nur Analogien.

Von Motorik habe ich vor allem gesprochen im Sinne von Beispielen wie
"Benutze Jin, nicht li" ist analog wie "benutze Motorik, nicht Kraft". Das sollte nicht die perfekte Übersetzung sein, sondern vor allem die Art der Aussage und die Präzision bzw, Allgemeinheit der Aussage verdeutlichen.

Außerdem meine ich natürlich eine Nutzung der Motorik, die die beabsichtigte Wirkung optimiert, und nicht irgendeine andere Motorik, nur weil diese schön aussieht.

Das Problem, was der Gongfu-Lehrer seinem Schüler sagt, wenn er sagt, er solle Jin entwickeln oder Jin nutzen, ist in der Tat völlig diffus.
Die Aussage "nutze jin" sagt nicht mehr aus als "nutze Kraft mit motorischer Präzision", wobei die Qi-Hamonisierung im Training natürlich immer vorausgesetzt wird, und ebenfalls mit Jin nicht benannt wird.
Das sind tatsächlich SEHR unklare Anweisungen!
Und durch die Verwendung von Jin als Fachbegriff wird es doppelt unklar, weil die assoziative Qualität der Aussage des Lehrers abgesägt wird, und gleichzeitig die im Raum stehende aber nicht vorhandene Defintion den Sinngehalt vermitteln soll.

Thorre
29-10-2009, 01:26
Von Motorik habe ich vor allem gesprochen im Sinne von Beispielen wie "Benutze Jin, nicht li" ist analog wie "benutze Motorik, nicht Kraft".

Ja, aber das mit der Motorik ist grundsätzlich Quatsch, weil jede Bewegung Motorik ist und deshalb sagt "Benutze Motorik..." gar nichts aus.


Das Problem, was der Gongfu-Lehrer seinem Schüler sagt, wenn er sagt, er solle Jin entwickeln oder Jin nutzen, ist in der Tat völlig diffus.

Ja, für Dich. Weil Du - wir kommen immer wieder dazu, aber ich wiederhole es gern solange, bis Du es begriffen hast - erst den Begriff als beliebige Kraft definierst und damit total verallgemeinerst und dann beklagst, daß er so allgemein ist.

Für "uns andere" ist er eben nicht diffus, weil wir unter Jin etwas sehr viel konkreteres verstehen.


Die Aussage "nutze jin" sagt nicht mehr aus als "nutze Kraft mit motorischer Präzision"

Ist wiederum nur Deine Behauptung. Erstens geht es nicht darum "Jin" zu nutzen, wie eine Art verborgener magischer Fähigkeit, sondern darum, Jin zu entwickeln. Denn jemand, der Jin nicht besitzt, kann es nicht einfach "benutzen", nur weil der Lehrer es empfiehlt.

Zweitens gehört zu Jin mehr, als Kraft und Präzision der Bewegung. Bei der Entwicklung von Jin verändert sich im Laufe des Trainings über die Jahre der Körper, und diese Veränderung geht über die Verdickung von Muskelfasern (Krafttraining) hinaus. Es kommt zu einer Strukturveränderung von Knochen, Gelenken, Faszien usw. Man kann diese Veränderung nicht einfach anschalten.

Und auch die Entwicklung der Fähigkeit, Qi anzusammeln und fließen zu lassen gehört zu Jin. Wir erinnern uns: Das Qigong zur Entwicklung von Jin war ja mal ursprünglich ein Thema dieses Threads.


wobei die Qi-Hamonisierung im Training natürlich immer vorausgesetzt wird, und ebenfalls mit Jin nicht benannt wird.

Das ist ebenfalls falsch. Qi und Jin stehen in direktem Zusammenhang. Um mal was von Liang Shou Yu zu zitieren: "Jin is generally defined as martial power in which your physical body is energized by Qi and the spirit to its maximum efficiency and potential."

Das volle Potential und die maximale Effizienz des durch Qi und Geist energetisierten Körpers ist nur im Rahmen eines Trainings zu entwickeln, das sich überhaupt mit Qi-Übungen befaßt. Sowohl Yang als auch Liang betonen den untrennbaren Zusammenhang zwischen Qigong und Jin-Training. Daß Du das nicht wahrhaben willst, ist Deine Privatangelegenheit.

bluemonkey
29-10-2009, 08:33
Ja, aber das ist eben das ganze Problem bei all Deinen Übersetzungsversuchen, angefangen bei der Motorik: Sie treffen nicht, was ein Gongfu-Lehrer seinem Schüler eigentlich sagen will, nämlich, daß es egal ist, wieviele Gewichte er hochheben kann oder wie hübsch und formvollendet seine Taolu aussieht.

Die einzige Stärke oder Fähigkeit, die zählt, ist die, eine Kampftechnik maximale Wirkung entfalten zu lassen. Und dazu nutzt weder Gewichthebe-Power noch Bewegung-Sieht-Gut-Aus-Power.

Aha, Jin ist also "die Fähigkeit, die eine Kampftechnik die maximale Wirkung entfalten lässt?"
Und die Empfehlung Jin zu entwickeln ist die Empfehlung "entwickle die Fähigkeit dass Deine Kampftechniken die maximale Wirkung" entwickeln?
Merkst Du eigentlich, wie nichtssagend diese Aussage ist, solange nicht benannt wird, worin diese Fähigkeiten bestehen?

klassicher Zirkelschluss (sehr beliebt als IMA-Informations-Venebelungstaktik):
F: "Wie führt man seine KK möglichst effektiv aus?"
A: "Entwickle Jin"
F: "Was ist Jin?"
A: "Die Fähigkeit, deine KK möglichst effektiv auszuführen"
:rolleyes::p

Nach der westlichen Ansicht braucht man dazu Kraft, Schnellkraft, Beweglichkeit, Koordination, Timing, Konzentrationsfähigkeit, Reaktionsfähigkeit, Entschlossenheit... die man erfolgreich alle trainieren kann (auch Ganzkörperkraft und Core-Strength).
Was enthält also Deiner Meinung nach der Begriff "Jin" was in diesen westlichen Bausteinen der sportlichen Leistungsfähigkeit nicht enthalten ist?

Es gibt auch Kung Fu- und Taijiquan-Meister die mit Hanteln trainieren, nur eventuell etwas anders als der normale Bodybuilder, so wie auch der normale Sprinter im Kraftraum anders trainiert als der normale Bodybuilder, ganz einfach, weil die Zielsetzung anders ist.
Das ist eine Frage der Zielsetzung.
Bisher konnte mir aber noch keiner die Frage, was an einem Fajin grundsätzlich anders sein soll, als an einem Atemi eines geübten Karateka oder Taekwondoin, schlüssig und klar beantworten.
Diese hier teilweise angeführten 10-20% Leistungssteigerung durch Anzapfen der Notfallreserve finde ich vernachlässigbar, verglichen mit den Steigerungen, die man durch Koordinations- und Krafttraining erzielen kann.

GilesTCC
29-10-2009, 09:16
Hier wird zum Teil den Karren vor das Pferd gespannt. Es geht um die Bewegung, bzw. darum, wie man sich bewegt. Die Sprache kommt danach, muß der Bewegung hinterher hinken. Die Sprache muß versuchen, sich der Bewegung anzupassen. Und nicht (nicht mal unbewußt) die Bewegung der Sprache.

Jemand kann mich auf eine bestimmte "normale" Weise stoßen, schlagen, werfen – und wenn er genug Kraft und Schnelligkeit hat, kann es schon recht effektiv sein, kein Zweifel. Aber solche Aktionen haben für mich eine bekannte sprich "normale" Qualität. Ich kann spüren, wie die Wirkung aus der normalen Muskelmasse und/oder Gewicht und/oder Schnelligkeit entsteht. (Was diese Bewegungen nicht perse schlecht oder "falsch" macht).
Oder: der Mensch kann seinen Körper, seine Muskeln bzw. die Steuerung davon anders einsetzen, damit das Stoßen, Schlagen, Werfen usw. nicht mehr so ganz "normal" ist, und zugleich andere Wirkungen entfaltet. Jemand schlägt mich fast sanft, und die Wirkung ist schlimmer/beängstigender, als ein normaler "kräftiger" Schlag an der gleichen Stelle. Oder – um die Arnold-Geschichte mal aufzugreifen – ein unsportlich aussehender Mensch von 75 kilo läßt mich mit einem Push viel weiter, plötzlicher und unwiderstehlicher fliegen als ein "Arnold" das schafft. Nur zwei Beispiele. Es geht hier nicht nur Tai Chi-spezifische Sachen - manche andere KK's haben genauso ihre spezielle Qualitäten. Es geht vor allem um die Andersartigkeit. Diese Andersartigkeit kann, je nach Modell, natürlich immer noch "muskulär" sein. Aber z.B. siehe oben, bei "Muskelketten".

Ich würde das (zum Beispiel) "jin" nennen. Nicht um damit "jin" vollkommen zu definieren, aber als ein nützlicher Begriff, der darauf hindeutet, daß gezieltes Training zu anderen Arten von "power" ;) führen kann. Wo es dann nicht automatisch bedeutet, mehr Effektivität hängt linear von mehr Muskelmasse, mehr Gewicht, offensichtlichter Schnelligkeit, offensichtlicher Sportlichkeit usw. ab. (Zugleich: überhaupt nichts gegen Muskelmasse, Gewicht usw. Ich hätte persönlich gerne mehr davon, bin einfach nicht so beschaffen :D)

Jeder, der diesen Unterschied bei einem Könner gespürt hat, weiß, worum es geht. Es sich physische Tatsachen. Und die Sprache hinkt hinterher.

Schöne Grüße,

Giles

kanken
29-10-2009, 09:28
Bisher konnte mir aber noch keiner die Frage, was an einem Fajin grundsätzlich anders sein soll, als an einem Atemi eines geübten Karateka oder Taekwondoin, schlüssig und klar beantworten.


Kleine Anekdote am Rande:

Als ich im Urlaub meine Kata lief, sagte mir ein anderer Urlauber (Taiwanese, wie sich rausstellte) "Good Jin" als ich ihn da fragte, was "Jin" sei, sagte er "Structure". Er erklärte mir er würde seit 20 Jahren "Chinese boxing" betreiben und fragte mich, was dies für eine KK sei. Als ich ihm sagte es sei Karate, antwortete er, das dies "very internal" sei und ähnlichem seinem "Boxen".
Ein anderes Beispiel: ein TCM-Lehrer sagte einmal "good Qi-gong" zu einer Kata meines Lehrers.
Die Entwicklung von Kraft ist in jedem Karatestil unterschiedlich, so dass man nicht allgemein sagen kann, "innere Kraft" gibt es im Karate oder gibt es nicht. Selbst innerhalb des am meisten verbreiteten Shotokan gibt es gewaltige Unterschiede, was die Bewegung angeht. Das Potential dazu ist mit Sicherheit im Karate zu finden.

Grüße

Kanken

nagual
29-10-2009, 10:25
Ist wiederum nur Deine Behauptung. Erstens geht es nicht darum "Jin" zu nutzen, wie eine Art verborgener magischer Fähigkeit, sondern darum, Jin zu entwickeln. Denn jemand, der Jin nicht besitzt, kann es nicht einfach "benutzen", nur weil der Lehrer es empfiehlt.

Zweitens gehört zu Jin mehr, als Kraft und Präzision der Bewegung. Bei der Entwicklung von Jin verändert sich im Laufe des Trainings über die Jahre der Körper, und diese Veränderung geht über die Verdickung von Muskelfasern (Krafttraining) hinaus. Es kommt zu einer Strukturveränderung von Knochen, Gelenken, Faszien usw. Man kann diese Veränderung nicht einfach anschalten.

Und auch die Entwicklung der Fähigkeit, Qi anzusammeln und fließen zu lassen gehört zu Jin. Wir erinnern uns: Das Qigong zur Entwicklung von Jin war ja mal ursprünglich ein Thema dieses Threads.Hinsichtlich der Lehren der Kampfkünste sind deine Ausführungen richtig.
Hinsichtlich der Nutzung der Sprache ist deine Nutzung des Jin-Begriffs meiner Meinung nach verzerrt, weil mit dem Begriff "Jin" eben, wie gesagt, nicht nur Kraft in der von dir beschriebenen Art bezeichnet wird, sondern jede Kraft.

Ich sehe die Trainingslehre so, dass jeder vom Prinzip her Jin besitzt, und zwar deswegen, weil jeder Mensch Muskeln besitzt, die er ansteuern kann. Das ist allerdings untrainiertes und schwaches Jin.
Jetzt gibt es viele Möglichkeiten, Jin zu trainieren, z.B. in der Art von Muckibudenleuten, in der Art von IMAs, in der Art von Waijia und viele vermischte Wege.
Alles mögliche kann das Jin vergrößern. Ein eindeutig definiertes Resultat gibt es nicht.
Die Unterschiedlichen Ergebnisse kann man als unterschiedliche Arten von Jin bezeichnen. Nei jin, usw.

Es ist prinzipiell durchaus möglich, dass jemand sein "Jin anschaltet", und zwar passiert das bei jedem kleinen Trainingsschritt, wenn jemand was verstanden hat, seine Bewegungen verbessert und Trainingseffekte erzielt (kleine oder große). Im Grunde ist es so, dass man sein Jin ja nicht wirklich ausschalten kann. Man kann ja nur mit dem Wasser kochen, welches vorhanden ist.
Das mit Qi, Structure, Faszienstärkung usw. optimierte Jin ist ja aus dem Jin entstanden, welches vor dem Training vorhanden war. Es gab da keine eindeutig definierte Grenze, die überschritten werden musste, um erst danach sagen zu dürfen, jetzt wäre Jin vorhanden und vorher nicht. *) siehe unten




"Jin is generally defined as martial power in which your physical body is energized by Qi and the spirit to its maximum efficiency and potential."Zunächst einmal ist ja auffällig, dass Jin hier nur allgemein als Martial Power "definiert" wird, Damit entspricht diese "Definition" (die eigentlich keine wirkliche Definition ist) weitgehend der von mir behaupteten Allgemeinheit des Begriffes "jin". Dann wird gesagt, dass in dieser Martial Power Qi und Geist genutzt werden, um die maximale Wirkung zu erreichen.
Es ist aber nicht gesagt, dass nur und unbedingt Qi und Geist (in einer speziellen Weise) genutzt werden müssten, um die maximale Wirkung zu erreichen. Ebenfalls ist dort nicht davon die Rede, dass die Struktur und Sehnen und Faszien zu einem bestimmten definierten Grad entwickelt sein müssten, damit es korrekt wäre, von Jin zu reden.
Wenn man also davon ausgeht, dass jeder Mensch Qi und Geist notwendigerweise einsetzen muss, um die Absicht nach maximaler Power-Wirkung zu erreichen, dass ist jede Kraft logischerweise Jin.
Logischerweise muss auch Arnold Qi und Geist einsetzen, um seine Gewichte zu stemmen. Er braucht Qi um zu leben und in seinem Sinne fit zu sein, und er braucht einen starken Willen und die starke Absicht, das vor ihm liegende Gewicht zu stemmen. Das ist die chinesische Mentalität, und deswegen haben die Chinesen keine Probleme, die Kraft von Arnold als Jin zu bezeichnen.

Diese Sache sehe ich als die ursprüngliche und eigentliche Bedeutung und Verwendung des Begriffes Jin in der chinesischen Sprache und Kultur.
Wenn jetzt der Begriff "Jin" benutzt wird, um die chinesische Trainingskultur von der westlichen Kultur abzugrenzen, und damit ein Fremdwort geschaffen wird, verzerrt das die Nutzung und Bedeutung des Begriffes "Jin", und es entsteht der Eindruck von Grenzlinien zwischen verschiedenen Kraftarten.

*) Auch in der Definition von Liang wird diese Grenze nicht festgeschrieben.
Auch jeder Anfänger setzt sein Qi und seinen Geist ein, um eine maximale Wirkung zu erzielen. Auch dann, wenn er es falsch und schlecht macht. Er hat halt Jin in einem wenig oder gar nicht entwickelten Zustand.

Ich kann nur empfehlen, bei der von mir vorgeschlagenen sprachlichen Definition zu bleiben, nämlich das "Jin" Kraft oder Power aus der Perspektive oder in der Denkweise der chinesischen Kultur bezeichnet. Und zwar nicht nur spezielle Martial-Art-Skills, sondern auch andere Kraftarten, wie Muckibudenpower.
In diesem Sinne verstehe ich auch dein Zitat:

"Jin is generally defined as martial power in which your physical body is energized by Qi and the spirit to its maximum efficiency and potential."

Thorre
29-10-2009, 10:45
Aha, Jin ist also "die Fähigkeit, die eine Kampftechnik die maximale Wirkung entfalten lässt?" Und die Empfehlung Jin zu entwickeln ist die Empfehlung "entwickle die Fähigkeit dass Deine Kampftechniken die maximale Wirkung" entwickeln?
Merkst Du eigentlich, wie nichtssagend diese Aussage ist, solange nicht benannt wird, worin diese Fähigkeiten bestehen?

Aha, das Tunneln, ist die Fähigkeit eines Teilchens, endliche Potentialbarrieren zu überwinden, die nach Auffassung der klassischen Physik unüberwindbar wären. Und die Überlegung, daß ein Teilchen eventuell tunneln könnte, ist die Überlegung, das Teilchen könnte die Fähigkeit besitzen, endliche Potentialbarrieren zu überwinden.

Ja, merkt denn niemand, wie inhaltsleer diese Aussage ist, wenn nicht beschrieben wird, welche Fähigkeiten das Teilchen besitzen muß, um tunneln zu können?

Auch der Begriff "Englische Literatur des 19.Jahrhunderts" ist nichtssagend, wenn ihn jemand hört, der davon keine Ahnung hat.

Der angebliche Zirkelschluß entsteht nur, weil Du eine allgemeine Definition ("die Fähigkeit, die eine Kampftechnik die maximale Wirkung entfalten lässt") so mit einer Übungsaufforderung ("entwickle die Fähigkeit, deine Kampftechniken die maximale Wirkung entfalten zu lassen") gleichsetzt, daß der Eindruck entsteht, mehr würde vom Lehrer dazu nicht gesagt werden.

Aber genau so, wie der Lehrer nicht nur sagt "Entwickle deine Schnelligkeit!" oder "Entwickle deine Reaktionsfähigkeit!", sondern den konkreten Weg dazu aufzeigt, so zeigt er auch, wie man Jin entwickelt.

Daß Du mit Jin nichts anfangen kannst, sagt nur etwas über Dich, nicht über eine angebliche Inhaltleere des Begriffs. Du kannst mit dem Begriff "Alphazerfall" auch nichts anfangen, aber das liegt an Dir, nicht am Begriff.


Nach der westlichen Ansicht braucht man dazu Kraft, Schnellkraft, Beweglichkeit, Koordination, Timing, Konzentrationsfähigkeit, Reaktionsfähigkeit, Entschlossenheit... die man erfolgreich alle trainieren kann (auch Ganzkörperkraft und Core-Strength). Was enthält also Deiner Meinung nach der Begriff "Jin" was in diesen westlichen Bausteinen der sportlichen Leistungsfähigkeit nicht enthalten ist?

Erstens würde allein die Tatsache, daß Jin all diese Aspekte in sich vereint, ohne daß es dafür einen westlichen Begriff gibt, die Verwendung von Jin rechtfertigen. Und zweitens, das wüßtest Du, wenn Du die Beiträge trotz ihrer Länge gelesen hättest, beinhaltet Jin die Kultivierung von Qi, also Qigong, für das es keinen sinnvollen westlichen Begriff gibt.


Bisher konnte mir aber noch keiner die Frage, was an einem Fajin grundsätzlich anders sein soll, als an einem Atemi eines geübten Karateka oder Taekwondoin, schlüssig und klar beantworten.

Ja, und das obwohl die Jin-Experten sicher bei Dir Schlange stehen, um Dir das nun ein für alle mal begreiflich zu machen. Ich werde in meinem Tagebuch vermerken, wenn diese Mission endlich erfüllt ist.

Wo Du doch das Jin als überflüssigen Fremdbegriff so sehr bemängelst, wirst Du wohl sehr enttäuscht sein, wenn Du im Karate-Training den Meister plötzlich brüllen hörst: "Mehr Kime! Mehr ki-me! Komm schon, Kleiner Blauer Affe, wo ist dein Kime?” Na, da hättest Du ja gleich bei den Jin-Leuten bleiben können...

nagual
29-10-2009, 10:46
Bisher konnte mir aber noch keiner die Frage, was an einem Fajin grundsätzlich anders sein soll, als an einem Atemi eines geübten Karateka oder Taekwondoin, schlüssig und klar beantworten.

Was ein "Fajin" ist, bzw. wann von einem Fajin geredet wird, ergibt sich aus einem bestimmten kulturellen Bereich, z.B. der chinesischen oder weltweiten Taiji-"Gemeinde". Es sind die Autoritäten, die hier als Kollektiv einen Konsens erschaffen, wann sie die Bezeichnung "Fajin" bei einer Bewegung gutheißen und wann nicht.
In anderen Stilen und Kreisen kann das anders aussehen und auch innerhalb der weltweiten Taiji-Szene variieren.

Man kann nicht hingehen, und aus den Qualitäten, die eine anerkannte Taiji-Autorität für Fajins in seinem Sinne postuliert, Rückschlüsse ziehen, dass also nur diese genannten Qualitäten dann also das wären, das echtes Jin ausmachen würde, und wenn die Qualitäten fehlen, wäre es also kein Jin.
Das ist eines der Missverständnisse, die diese verzerrte Fachbegriffskultur mit sich bringt, nämlich das die Leute unfähig sind, den allgemeinen und eher uneindeutigen und teilweise sogar nichts sagenden Charakter der beschreibenden Sprache zu erfassen, nutzen zu können und im positiven Sinne zu würdigen.

Es wird eine westliche Fachsprache entwickelt, die zwar viele Phänomene in leichter verdaulicher Form erklären kann, und insgesamt auch kein wirklich falsches Bild vermittelt, aber dennoch sehr verzerrt ist.

Die chinesische Sprache schafft es, mit einfachen, alltäglichen und allgemeinen Begriffen spezielle Dinge und Besonderheiten zu beschreiben. Darin liegen wichtige Aspekte der ganzen Denkweise und der Trainingsmentalität begraben, die bei Verwendung der westlichen Fachsprache oft übersehen werden.

Hi Thorre, wenn ich mal deinen Text manipulieren darf:

Ist wiederum nur Deine Behauptung. Erstens geht es nicht darum "Jin" zu nutzen, wie eine Art verborgener magischer Fähigkeit, sondern darum, Jin zu entwickeln. Denn jemand, der Jin nicht besitzt, kann es nicht einfach "benutzen", nur weil der Lehrer es empfiehlt.

Zweitens gehört zu Jin mehr, als Kraft und Präzision der Bewegung. Bei der Entwicklung von Jin verändert sich im Laufe des Trainings über die Jahre der Körper, und diese Veränderung geht über die Verdickung von Muskelfasern (Krafttraining) hinaus. Es kommt zu einer Strukturveränderung von Knochen, Gelenken, Faszien usw. Man kann diese Veränderung nicht einfach anschalten.

Und auch die Entwicklung der Fähigkeit, Qi anzusammeln und fließen zu lassen gehört zu Jin. Wir erinnern uns: Das Qigong zur Entwicklung von Jin war ja mal ursprünglich ein Thema dieses Threads.
Verändert:

Ist wiederum nur Deine Behauptung. Erstens geht es nicht darum (Martial) Power zu nutzen, wie eine Art verborgener magischer Fähigkeit, sondern darum, (Martial) Power zu entwickeln. Denn jemand, der (Martial) Power nicht besitzt, kann es nicht einfach "benutzen", nur weil der Lehrer es empfiehlt.

Zweitens gehört zu (Martial) Power mehr, als Kraft und Präzision der Bewegung. Bei der Entwicklung von (Martial) Power verändert sich im Laufe des Trainings über die Jahre der Körper, und diese Veränderung geht über die Verdickung von Muskelfasern (Krafttraining) hinaus. Es kommt zu einer Strukturveränderung von Knochen, Gelenken, Faszien usw. Man kann diese Veränderung nicht einfach anschalten.

Und auch die Entwicklung der Fähigkeit, Qi anzusammeln und fließen zu lassen gehört zu (Martial) Power. Wir erinnern uns: Das Qigong zur Entwicklung von (Martial) Power war ja mal ursprünglich ein Thema dieses Threads.

Ich sehe einfach absolut keinen Grund darin, das chinesische Wort "jin" als wirklich nennenswert unterschiedlich vom englischen Wort "Power" einzuschätzen.
Es gibt einfach keinen Grund, bei einer Übersetzung auf einem Fachbegriff "jin" zu beharren, sondern eine Übersetzung soll ja eine Simulation dessen sein, was jemand in einer anderen Sprache liest. Ein Chinese liest "jin" aber als einen alltäglichen Begriff, der so allgemein ist wie für uns der englische Begriff "Power". Ein Chinese liest keinen Fachbegriff, weil es ein normales Wort seiner Muttersprache ist. Deswegen sage ich, dass "Power" in den meisten Fällen eine sehr gute Simulation mit einem für uns annähernd muttersprachlichem Begriff ist.

nagual
29-10-2009, 10:58
Auch der Begriff "Englische Literatur des 19.Jahrhunderts" ist nichtssagend, wenn ihn jemand hört, der davon keine Ahnung hat.

Dieser Begriff eignet sich nicht als Vergleich, weil es lediglich eine Kategorisierung von etwas anderem ist.


Daß Du mit Jin nichts anfangen kannst, sagt nur etwas über Dich, nicht über eine angebliche Inhaltleere des Begriffs. Du kannst mit dem Begriff "Alphazerfall" auch nichts anfangen, aber das liegt an Dir, nicht am Begriff.
Bei "Alphazerfall" muss man lediglich in einem Physikbuch nachschlagen, weil es in der westlichen Wissenschaft eine Definitionskultur gibt.
Wie schon geschrieben, entspricht die "Definition" von Liang lediglich der allgemeinen sprachlichen Nutzung vom chin. Wort für Power in der Denkweise der chinesischen Kultur.
Alles weitere sind die Inhalte der Trainingslehre, aber nicht die Konkretisierung der Wortbedeutung. Der Fachbegriff verzerrt die Sache, weil er diese Konkretisierung suggeriert, und Merkmale dieser Konkretisierung "mental ansaugt". Schließlich kann man diese Eindeutigkeit aber nirgends wirklich finden, und das führt dann zu Missverständnissen über das Wesen und den Inhalt der ganzen Trainingslehre.

Thorre
29-10-2009, 11:04
Hallo Nagual,

das wird wohl doch eine Endlos-Debatte, aber solange wir Spaß daran haben, was solls.

Zunächst einmal solltest Du Dich nun entscheiden, ob Du den Begriff „Martial Power“ im Zusammenhang mit der in der Kampfkunst verwendeten Weise von Jin akzeptieren kannst oder nicht. Falls ja, dann ist die Grenze zu Muskelmännern, die sich nur um das Heben von Gewichten kümmern, klar.

Und wenn Du es bei der allgemeinen Bedeutung von „Power“ belassen willst, dann hör doch wenigstens auf, selbst schwache Leute als Leute mit Jin bezeichnen, weil das den Begriff nun völlig ins Absurde zieht. So nach dem Motto: Er ist zwar schwach, aber das heißt ja nur, daß seine Stärke gering ist, und deshalb ist er eigentlich trotzdem stark.

Jin hängt auch in der allgemeinen Fassung immer mit Stärke zusammen. Man bezeichnet niemals Dinge, Phänomene oder Lebewesen mit Jin, die schwach sind. Also ist Deine Idee vom schwachen Jin, also der schwachen Stärke unsinnig.

Gruß Thorre

Thorre
29-10-2009, 11:16
Dieser Begriff eignet sich nicht als Vergleich, weil es lediglich eine Kategorisierung von etwas anderem ist.

Das ist bei Jin ebenso. Jin ist die Zusammenfassung einer Gruppe von Eigenschaften, die jemand entwickeln muß, um eine Kampftechnik effektiv zu machen.


Bei "Alphazerfall" muss man lediglich in einem Physikbuch nachschlagen, weil es in der westlichen Wissenschaft eine Definitionskultur gibt.

Ja, wie schade, daß es beim Begriff "Jin", der nicht einem Physikbuch steht, etwas schwieriger ist. Doch anzunehmen, der Begriff sei inhaltsleer, weil niemand Bluemonkey und Nagual erklärt hat, was er bedeutet, ist die falsche Denkweise.


Wie schon geschrieben, entspricht die "Definition" von Liang lediglich der allgemeinen sprachlichen Nutzung vom chin. Wort für Power in der Denkweise der chinesischen Kultur.

Was für eine Überraschung, aber warte, ich glaube, wir sprechen über chinesische Kampfkunst.


Alles weitere sind die Inhalte der Trainingslehre, aber nicht die Konkretisierung der Wortbedeutung.

Ja, weil Jin zu einem Begriff der Trainingslehre innerhalb der chinesischen Kampfkünste geworden ist.


Der Fachbegriff verzerrt die Sache, weil er diese Konkretisierung suggeriert

Nein. Und nocheinmal: Du behauptest nur, daß er nichts konkretes besagt. Das ist aber Deine Privatansicht.


Schließlich kann man diese Eindeutigkeit aber nirgends wirklich finden, und das führt dann zu Missverständnissen über das Wesen und den Inhalt der ganzen Trainingslehre.

Die Eindeutigkeit ergibt sich, wenn man das Jin-Konzept studiert und die entsprechenden Übungen macht.

nagual
29-10-2009, 11:21
Und wenn Du es bei der allgemeinen Bedeutung von „Power“ belassen willst, dann hör doch wenigstens auf, selbst schwache Leute als Leute mit Jin bezeichnen, weil das den Begriff nun völlig ins Absurde zieht. So nach dem Motto: Er ist zwar schwach, aber das heißt ja nur, daß seine Stärke gering ist, und deshalb ist er eigentlich trotzdem stark.Wenn man Begriff wie jin, Power, Kraft, Stärke usw. (oder als Adjektive "stark", "kraftvoll" uw.) im vergleichenden oder graduellen Sinne nutzt, wirkt es natürlich unsinnig, schwache Dinge als stark oder mit "hat Power" zu bezeichnen.
Allerdings kann man z.B. einen untrainierten 18-Jährigen als schwach im Vergleich zu einem ausgebildeten Martial Artist, aber als stark im Vergleich zu einem 5-Jährigen bezeichnen.
Alles eine Frage des jeweiligen Bezugssystems.

Der chin. Begriff "jin" wird dann im Bereich der CMA in einem Bezugssystem benutzt, der die Hinweise auf die ganzen von dir genannten Qualitäten automatisch wirksam werden lässt.
Ich habe deutsche und englische Beispiele gebracht, dass man auch mit deutschen und englischen Begriffen solche Hinweise wirksam werden lassen kann, und zwar ohne dass man einen Fachbegriff braucht.

Neben der Nutzung der o.g. Begriffe als Vergleich oder im graduellen Sinne ("viel Jin" usw.) gibt es aber auch ein abstraktes, technisches Verständnis.
Man kann ja ganz normal sagen, dass auch eine einzelne Muskelfaser Kraft hat, auch wenn die Kraft einer einzelnen Muskelfaser um ein Vielfaches geringer ist als die gesamte Kraft eines trainierten Menschen.
Bei der Nutzung des Wortes Kraft geht es also nicht immer um eine Mindestkraft, die überschritten sein müsste, damit es korrekt wäre, von Kraft zu sprechen.

Wie schon gesagt, in diesem technisch-abstrakten Sinne ist Jin jegliche Kraft, die irgendwo im Muskel-, Sehnen- und Knochensystem eines Menschen (oder eines Tieres oder Aliens) vorhanden ist und durch Bewegungsaktionen genutzt werden kann.
"Viel Jin" kann auf JEDER Möglichkeit basieren, diese Körperkräfte zu vergrößern. Für die Chinesen, insbesondere im Bereich der Kampfkünste, ist es der normale Standardweg, dazu auch Qi und Knochenstruktur usw. einzusetzen. Der westliche Weg des Krafttrainings mit Geräten ist in traditioneller Hinsicht für sie ungewöhnlich, aber soweit sie das anerkennen, nennen sie es halt auch Jin.
Normalerweise denken die Chinesen aber nicht an fremdkulturelle Möglichkeiten, und deswegen hat IMO der Begriff "Jin" nicht diesen abgrenzenden Charakter, den der Fachbegriff in westlichen Texten suggeriert.
Ich halte es für sinnvoll, diese nicht abgrenzende Qualität zur Kenntnis zu nehmen.

nagual
29-10-2009, 11:30
Die Eindeutigkeit ergibt sich, wenn man das Jin-Konzept studiert und die entsprechenden Übungen macht.Die Eindeutigkeit verschwindet aber wieder, wenn man verschiedene chinesische Stile und verschiedene Kraftarten vergleicht, die alle mit Jin bezeichnet werden.
Ebenso wenn man Sätze, die aus der Feder von chin. Experten stammen, liest, wie z.B. die generelle Aussage, dass Jin das ist, was in Li umgewandelt wird, und dass ein Taiji-Praktiker sich stets bemüht, das Jin des Gegners zu spüren, wobei eindeutig klar ist, dass es überhaupt nicht darauf ankommt, ob der Gegner ebenfalls ein Taiji- oder CMA-Experte ist, oder nur ein dumpfer Muckityp.

Zur spürenden Kraft (ting jin, dong jin) im Taiji gehört es, dass man das Jin JEDER Person spüren können sollte, egal welcher Trainingslehre sie anhängt, oder ob das Jin des Gegners den Qualitätsmaßstäben irgendeiner Trainingslehre genügt.

Solche Aussagen, nachzulesen bei Song, sind nur dann sinnvoll und verständlich, wenn man dem Begriff "Jin" zubilligt, sehr allgemein und nicht CMA-spezifisch im Sinne eines Qualitätsstandards zu sein.
Diese Aussagen bei Song werden nur verständlich, indem man den Begriff "Jin" im allgemeinen Sinne als Power von jeder möglichen motorischen Aktion versteht.
Das ist auch das, was ting jin und dong jin ausmachen: Man soll spüren können, was der Gegner überhaupt machen könnte, egal wie und ob er trainiert ist, und ob und wie seine möglichen Aktionen irgendwelchen Trainingslehren entsprechen.

Thorre
29-10-2009, 11:43
Wenn man Begriff wie jin, Power, Kraft, Stärke usw. (oder als Adjektive "stark", "kraftvoll" uw.) im vergleichenden oder graduellen Sinne nutzt, wirkt es natürlich unsinnig, schwache Dinge als stark oder mit "hat Power" zu bezeichnen.

Schön, daß Du das einsiehst.


Allerdings kann man z.B. einen untrainierten 18-Jährigen als schwach im Vergleich zu einem ausgebildeten Martial Artist, aber als stark im Vergleich zu einem 5-Jährigen bezeichnen. Alles eine Frage des jeweiligen Bezugssystems.

Ja, das ist mit allen Fähigkeits- und Eigenschaftsbeschreibungen so. Egal ob ich sage jemand ist klug, schön, groß oder mutig. Man wird, wenn man von solchen Attributen spricht, immer einen unausgesprochenen Kontext bemühen.

Spreche ich von der Stärke des Achilles, dann ist das nicht die gleiche Stärke, die ein 5 jähriger Junge demonstriert, wenn er ein anderes Kind im Sandkasten umschupst, denn das Stärkepotenital von Achilles hat sich eben viel gewaltiger entwickelt.

Wenn ein Meister von seinem Schüler sagt, er hat Jin, dann meint er damit, daß der Schüler seine Kampftechniken mit zerstörerischer Wirkung einsetzen kann, hingegen ein anderer Schüler, der zwar kräftig ist, dazu nicht in Lage ist und dementsprechend kein Jin besitzt.


Neben der Nutzung der o.g. Begriffe als Vergleich oder im graduellen Sinne ("viel Jin" usw.) gibt es aber auch ein abstraktes, technisches Verständnis.

Ja, aber darüber reden wir nicht. Wir reden auch nicht über Gravitation oder Kernkraft oder sonstige Kräfte, sondern über die Kraft, die ein Mensch, der Kampfkunst übt, entwickeln sollte. Und diese Kraft nennt sich Jin.


Wie schon gesagt, in diesem technisch-abstrakten Sinne ist Jin jegliche Kraft, die irgendwo im Muskel-, Sehnen- und Knochensystem eines Menschen (oder eines Tieres oder Aliens) vorhanden ist und durch Bewegungsaktionen genutzt werden kann.

Nein, nicht jede Kraft ist Jin, sondern nur eine Kraft, die besonders stark wirkt. Eine schwache Kraft ist zwar immer noch Kraft, aber eben nicht Stärke und deshalb kein Jin.

nagual
29-10-2009, 11:48
Nein, nicht jede Kraft ist Jin, sondern nur eine Kraft, die besonders stark wirkt. Eine schwache Kraft ist zwar immer noch Kraft, aber eben nicht Stärke und deshalb kein Jin.Das ist eine Frage des Bezugssystems. Wenn ich jemanden als schwach beurteilen will, würde ich nicht sagen, dass er Jin hat.
Wenn ich aber seine Kraft, seine Stärke, sein Können usw. spüren will, dann muss ich ihm alles zu billigen, was vorhanden ist und vorhanden sein könnte.
Alles dieses, was vorhanden ist, gehört zu seinem persönlichen Jin. (auch wenn ich feststelle, dass die Person schwach ist, und wenig Jin hat.)

nagual
29-10-2009, 11:59
Hey Thorre,

witzig finde ich in diesem Zusammenhang die Angelegenheit, wenn ich mir deinen Style anschaue, z.B. in den von dir neulich geposteten Videos, und der mir ja auch sehr gut gefällt.

Dein Style orientiert sich ja vor allem an der Basis sog. äußerer Stile, und ist insbesondere ja deutlich unterschieden vom typischen Taiji, z.B. auch deutlich unterschiedlich im Vergleich zu Chen Xiaowang.

Witzigerweise würden viele Anhänger der Fachbegriff-Jin-Theorie aus dem Taiji-Lager, die dann z.B. Chen Xiaowang als jemanden anerkennen, der Jin im Sinne dieses angeblichen Fachbegriffs nutzt, gerade von jemandem wie dir sagen, dass es kein Jin (im Sinne ihres persönlichen Fachbegriffsverständnis) wäre, was du nutzt und entwickelt hast.

Sie würden dann die betont smootheren Qualitäten von Chen Xiaowang als absolut notwendig für "echtes Jin" ansehen, und bei dir sagen, dass das fehlt, und daher nur äußere Kraft wäre.

Ich kann gerade in deinem Style ja das Vorhandensein diverser typisch innerer Qualitäten und diverser äußerer Qualitäten erkennen, und schätze insbesondere auch deine irgendwie sehr praktisch und einfach ausgerichtete Konzeption der Sache. Gerade du scheinst mir ja in praktischer Hinsicht nicht dieses Gewese darum zu machen, wie das im Taij-Bereich mit der Mystifizierung von Jin so verbreitet ist.
Insofern wundert es mich, dass du bei deinem Sprachverständnis dich so sehr in diese Sitten hinein begeben hast.

Ich will also sagen, wenn du, Thorre, z.B. von Chen Xiaowang-Anhängern wünschst, dass sie deine Skills und deine Power auch als Jin anerkennen sollen, obwohl in deinem Style die Smoothheit von Chen Xiaowang nciht angesagt ist, dann kannst du vielleicht auch akzeptieren, dass nicht alle deine von dir postulierten Qualitäten immer vorhanden sein müssen, um die Nutzung des Begriffs "Jin" zu erlauben.
Und diese Sache kann man vom Prinzip her eben so weit treiben, dass nachher nur noch eine sehr allgemeine Sache übrig bleibt.
Das Ergebnis im technisch-abstrakten Sinne ist die Reduktion auf alles, was theoretisch zucken könnte, also die gesamte Motorik.
Ich sage, dass es im chinesischen Denken sehr wesentlich ist, die Ganzheitlichkeit des Denkens so weit auszudehnen, dass jede Motorik und jeder Kraftstyle mit einbezogen werden kann.
Nur dann kann man auch die wahren Qualitäten von diesen speziellen Skills wie ting jin und dong jin entwickeln, weil diese das ganzheitliche und allgemeine Verständnis der Sache mit einschließen.

Thorre
29-10-2009, 12:01
Diese Aussagen bei Song werden nur verständlich, indem man den Begriff "Jin" im allgemeinen Sinne als Power von jeder möglichen motorischen Aktion versteht. Das ist auch das, was ting jin und dong jin ausmachen: Man soll spüren können, was der Gegner überhaupt machen könnte, egal wie und ob er trainiert ist, und ob und wie seine möglichen Aktionen irgendwelchen Trainingslehren entsprechen.

Wenn es um einen Gegner geht, dann geht ganz eindeutig um Aktionen, die mit dem Kämpfen zu tun haben. Oder soll man das Jin des Gegners erfühlen, während er seine Blumen gießt?

Es geht also nicht, "um jede mögliche motorische Aktion" sondern nur um solche, die im Zusammenhang mit dem Kämpfen stehen.

Daß man an der Art, wie effizient, zentriert und ausbalanciert sich ein Mensch auch im Alltag bewegt, Schlüsse ziehen kann, ist selbstverständlich.

Und jede Aktion, die im Kampf stattfindet, kann man dahingehend beurteilen, ob und wie weit sie das Gesamtbündel der Eigenschaften, die mit Jin bezeichnet werden (Bluemonkey hatte einige davon genannt) entfaltet.

Bei einem völlig untrainierten, schwachen Gegner, kann ich zwar versuchen, dessen Jin zu spüren, aber ich werde da nichts finden. Bei Gegnern, die sich in der Kampfkunst geübt haben, werde ich Jin spüren.

Und anschließend kann ich dann sagen, ob ich einen Gegner als in seinen Kampftechniken stark empfunden habe, also ob er Jin hatte oder nicht.

Klaus
29-10-2009, 12:08
Das mit den "10-20% mehr Wirkung" ist brutaler Blödsinn. Der Kraftzuwachs bei explosiven Maximalnutzungen ist extrem. Der Stabilitätsgewinn ist ebenfalls gravierend, so gravierend dass Muckibudenkraftler beim Sport von Leuten die wirklich GUT trainieren (egal ob mit Namen oder ohne) abprallen als wären sie in eine Wand gelaufen. Und das auch bei deutlichem Mindergewicht. Ein Taiji-Chinese bei uns im Park konnte so gut Betonpfeiler spielen, das hat 90-Kilo-Typen die beim Freiplatz-Basketball immer gerne "hart" gespielt haben überhaupt nicht gefallen. Ich kann die Behaupterei langsam nicht mehr hören. Vielleicht einfach mal mit guten Leuten trainieren ? Ich habe gehört die lassen einen sogar mitmachen, gegen Geld.

Jin spürt man oft bei guten Sportlern die natürliche Instinkte nicht kaputtgefummelt haben, egal aus welchem Bereich. Es ist meistens nur nicht richtig ausgebildet und ist in den Freiheitsgraden eingeschränkt. Besagter Tennisspieler hatte meinem Empfinden nach mehr Kraft in eine Richtung als ich, aber ich braucht nur minimal durch die Bewegung zu scheren und er hätte das Gefühl ich wäre ein Bus oder grün und mir wäre das Hemd kaputt gerissen. Der dachte Gott wieviel stärker ich als er wäre, aber geradeaus war das schon sehr beachtlich was der an Leistung bringen konnte.

Thorre
29-10-2009, 12:13
Ich kann gerade in deinem Style ja das Vorhandensein diverser typisch innerer Qualitäten und diverser äußerer Qualitäten erkennen, und schätze insbesondere auch deine irgendwie sehr praktisch und einfach ausgerichtete Konzeption der Sache.

Gerade du scheinst mir ja in praktischer Hinsicht nicht dieses Gewese darum zu machen, wie das im Taij-Bereich mit der Mystifizierung von Jin so verbreitet ist. Insofern wundert es mich, dass du bei deinem Sprachverständnis dich so sehr in diese Sitten hinein begeben hast.

Ja, danke :) Die Unterschiede zwischen Neijia-Jin und Waijia-Jin anzusprechen habe ich mir gespart, weil wir ja noch nicht mal bei den Basics einer Meinung sind.

Der Grund, weshalb ich so sehr mit Dir streite ist meine Erfahrung, daß das Jin-Konzept im Unterricht unglaublich wertvoll ist.

Wie viele Schüler meinen, sie tun sich etwas Gutes, wenn sie am Wochenende ins Fitness-Studio gehen und ihren Bizeps aufblasen. Wie viele Schüler perfektionieren ihre Taolu, bis sie "so richtig gut aussieht".

Doch diesen Irrtümern kann ich begegnen, indem ich meinen Schüler das Jin-Konzept erkläre. Sie verstehen dann, daß sie sich im Fitness-Studio zwar eine stumpfe Kraft, Power, Stärke wie auch immer aneignen können, aber eben nicht jene Stärke, die sie für unser Gongfu brauchen, und diese Stärke heißt Jin.

Jin als Konzept ist unglaublich tiefgründig, denn es läßt die Leute - einige zum ersten Mal in ihrem Leben - fragen, was genau eigentlich dazu führt, daß eine Techik hart, durchdringend, wuchtig, niederschmetternd wirkt.

Mit anderen Worten, das Jin-Konzept vermittelt ein Wissen, das sich ohne dieses Konzept nicht ohne weiteres erschließt. Deshalb ist mir die Sache persönlich wichtig.

Ich bin kein Esoteriker und habe mit magischen Kraftwirkungen nichts am Hut. Aber ich kann anerkennen, wenn eine fremde Kultur eine Trainingskonzeption entwickelt hat, die dem Westen weitgehend unbekannt ist.

nagual
29-10-2009, 12:15
Wenn es um einen Gegner geht, dann geht ganz eindeutig um Aktionen, die mit dem Kämpfen zu tun haben. Oder soll man das Jin des Gegners erfühlen, während er seine Blumen gießt?

Nun, wenn man nicht weiß, ob er nur zur Tarnung Blumen gießt, sondern einen dabei ggf. jederzeit angreifen könnte, sollte man auch seine Aktionen beim Blumengießen erspüren können.
I.d.R. bezieht sich ting jin und dong jin aber auf Situationen mit Berührung.
Man kann aber auch einen Menschen anfassen, während er Blumen gießt und dabei das genutzte Jin fühlen, welches er beim Gießen und Heben der Gießkanne usw. nutzt.
Ich muss aber betonen, dass dies nur das abstrakt-technische Verständnis der Angelegenheit ist, und dabei die typische Anwendung des Begriffes "Jin" durchaus etwas verbogen wird.

Ich kann auch sagen, dass man jemanden beim Blumengießen durch Berührung spüren kann, und dabei seine (Kampf) Power spüren kann.
D.h. man spürt dann, welchen Anteil seiner Gesamtpower er beim Blumengießen einsetzt und welchen nicht, und was ggf. auch nicht vorhanden ist, weil nicht trainiert.

bluemonkey
29-10-2009, 12:21
Anmerkung: das Schreiben hat etwas länger gedauert und ich habe die letzten Beiträge noch nicht gelesen;)


Aha, das Tunneln, ist die Fähigkeit eines Teilchens, endliche Potentialbarrieren zu überwinden, die nach Auffassung der klassischen Physik unüberwindbar wären. Und die Überlegung, daß ein Teilchen eventuell tunneln könnte, ist die Überlegung, das Teilchen könnte die Fähigkeit besitzen, endliche Potentialbarrieren zu überwinden.

Ja, merkt denn niemand, wie inhaltsleer diese Aussage ist, wenn nicht beschrieben wird, welche Fähigkeiten das Teilchen besitzen muß, um tunneln zu können?


Deine Definition war nicht
"Jin ist die Fähigkeit in einer Kampftechnik die maximale Wirkung zu erzeugen", sondern die
"Fähigkeit, die eine Kampftechnik maximale Wirkung entfalten lässt".
Oberflächlich könnte man das als Spitzfindigkeit abtun, aber wenn man genau darüber nachdenkt ist es ein wesentlicher Unterschied in der Wirkung der Aussage auf den Zuhörer .

In Variante 1.) ist Jin einfach die Bezeichnung für große Fähigkeit/Potential in einer bestimmten Angelegenheit (Kämpfen, Kleben, Struktur, Festigkeit eines Bogens, Gewichte heben)
In Variante 2.) kann man Jin als magische Zutat verstehen, die eine Kampftechnik erst effektiv macht und da chinesische magische Zutat, effektiver als eine herkömmlich westlich trainierte KK




Auch der Begriff "Englische Literatur des 19.Jahrhunderts" ist nichtssagend, wenn ihn jemand hört, der davon keine Ahnung hat.


Ich weiß nicht viel über engliche Literatur des 19. Jahrhunderts, aber ich weiß, was "englisch", "Literatur", "19" und sogar "Jahrhundert" ist, daher kann ich mir denken, dass es sich um Bücher handelt, die zwischen 1800 und 1899 von Bewohnern einer größeren Insel im Antlantik verfasst wurden.



Aber genau so, wie der Lehrer nicht nur sagt "Entwickle deine Schnelligkeit!" oder "Entwickle deine Reaktionsfähigkeit!", sondern den konkreten Weg dazu aufzeigt, so zeigt er auch, wie man Jin entwickelt.


Wunderbar, der Lehrer einer Kampfkunst zeigt einen Weg, wie man diese Kampfkunst mit maximaler Wirksamkeit ausführen kann. So soll es sein. :cool::p
Nur kann ich konkret messen/merken, wann ich schnell, reaktionsfähig oder stark bin. Jin als allgemeiner Überbegriff bleibt im Dunkeln.
Kampffähigkeit ist etwas relatives (auf den konkreten Gegner bezogen) und kann auch mit Glück zu tun haben.
Gerade Vertreter von Künsten, die sehr viel von Jin reden, vermeiden Situationen eher, wo Ihre Kampffähigkeit getestet wird und beschränken sich oft auf abgesprochene Tests in Laborsituationen, bei denen meist Rooting, Struktur, Neutralisieren, Sensibilität, eventuell auch Timing oder psychologische Manipulation getestet werden.
(Damit meine ich jetzt nicht Dich, schließlich hast Du Sanda in Deinem Profil stehen.)




Daß Du mit Jin nichts anfangen kannst, sagt nur etwas über Dich, nicht über eine angebliche Inhaltleere des Begriffs. Du kannst mit dem Begriff "Alphazerfall" auch nichts anfangen, aber das liegt an Dir, nicht am Begriff.


Du weißt nichts über mich aber meinst, Du könntest über eine Behauptung meiner persönlichen Unfähigkeit davon ablenken, dass Du keine klare Vorstellung oder Definition (=Abgrenzung von anderen Begriffen) des Begriffes Jin geben kannst.
Auch eine beliebte Vernebelungstaktik:p
Selbst wenn ich nichts von Jin oder Kernphysik verstände, sollte ein "Experte" wie Du es mir doch verbal verständlich machen können?
Ich kann einem Laien durchaus erklären, was mit Alphazerfall gemeint ist, Du offensichtlich nicht mit Jin, sonst müsstest Du den Frager nicht persönlich angreifen;)






Erstens würde allein die Tatsache, daß Jin all diese Aspekte in sich vereint, ohne daß es dafür einen westlichen Begriff gibt, die Verwendung von Jin rechtfertigen.


Nennt man im Westen beispielsweise "Können"

Aber er hat großes Können oder Fähigkeiten klingt natürlich nicht so exotisch, wie "er hat viel Jin":cool:




Und zweitens, das wüßtest Du, wenn Du die Beiträge trotz ihrer Länge gelesen hättest, beinhaltet Jin die Kultivierung von Qi, also Qigong, für das es keinen sinnvollen westlichen Begriff gibt.


den Teil hab ich sogar gelesen, und muss dazu sagen, dass der Begriff "Qigong" erst aus der Mitte des letzten Jahrhunderts stammt.
Es gibt sicherlich viele Qigong-Betreibende, die ihr Qi kultivieren ohne nennenswerte kämpferische Fähigkeiten aufzuweisen.
Es gibt auch IMA, wie z.B. Yiquan 2.0 die offensichtlich ganz ohne derartige Begriffe auskommen und trotzdem nennenswerte kämpferisches Können ("Jin"?) entwickeln.



Ja, und das obwohl die Jin-Experten sicher bei Dir Schlange stehen, um Dir das nun ein für alle mal begreiflich zu machen. Ich werde in meinem Tagebuch vermerken, wenn diese Mission endlich erfüllt ist.


Warum machst Du es mir nicht einfach begreiflich, anstatt Dich in Witze zu flüchten?



Wo Du doch das Jin als überflüssigen Fremdbegriff so sehr bemängelst, wirst Du wohl sehr enttäuscht sein, wenn Du im Karate-Training den Meister plötzlich brüllen hörst: "Mehr Kime! Mehr ki-me! Komm schon, Kleiner Blauer Affe, wo ist dein Kime?” Na, da hättest Du ja gleich bei den Jin-Leuten bleiben können...

Erstaunlicherweise ist es in den japanischen und koreanischen KK durchaus üblich, japanische Begrifflichkeiten, auch für die Techniken, zu verwenden.
Da ist es nicht verwunderlich, dass Körperspannung Ki-Me genannt wird.
In Taijiquan, das ich betreibe, kennen die wenigsten die chinesischen Bezeichnungen für die Techniken, sondern eher deutsche oder englische.
Selbst Qi wird oft mit Energie benannt.
Ich habe überhaupt nichts dagegen, dass jemand gerne die Originalbegriffe verwendet.
Schwierig wird es, und das ist es eventuell, worauf nagual hinaus will, wenn durch exotische Begriffe der Eindruck erweckt wird, dass da irgendwelche magischen Kräfte gäbe, die einer kritischen Betrachtung nicht standhalten.
Das führt dann zu solchen Stilblüten, dass Schüler ihre Lehrer fragen, wie sie mit entspannten Beinmuskeln stehen können, oder die Beschwerde von Pushhandspartnern, die man gerade weggeschoben hat, "das war ja mit Kraft!:ups:":rolleyes:.

nagual
29-10-2009, 12:24
Der Grund, weshalb ich so sehr mit Dir streite ist meine Erfahrung, daß das Jin-Konzept im Unterricht unglaublich wertvoll ist.

Wie viele Schüler meinen, sie tun sich etwas Gutes, wenn sie am Wochenende ins Fitness-Studio gehen und ihren Bizeps aufblasen. Wie viele Schüler perfektionieren ihre Taolu, bis sie "so richtig gut aussieht".

Doch diesen Irrtümern kann ich begegnen, indem ich meinen Schüler das Jin-Konzept erkläre. Sie verstehen dann, daß die sie sich im Fitness-Studio zwar eine stumpfe Kraft, Power, Stärke wie auch immer aneignen können, aber eben nicht jene Stärke, die sie für unser Gongfu brauchen, und diese Stärke heißt Jin.Ich weiß ehrlich gesagt nicht, warum du dich so dagegen wehrst, dass es viele verschiedene Arten von Jin gibt, und dein (IMO ja sehr gutes Jin-Konzept) nur eine Art Jin ist, und alle möglichen Variationen ebenfalls möglich sind, und ebenfalls auch dann Jin genannt werden können, wenn sie deinem Konzept ggf. widersprechen.

Es gibt z.B. Taiji-Leute, die hinsichtlich Kampfpower deinem Ansatz sicherlich weit unterlegen sind, die aber in ihrem Jin-Verständnis auf eine Kombination von Qi, Smootheit und Strukturausrichtung fixiert sind, und die notwendige Muskelkraft, die in deinem Ansatz ja vorhanden ist, gar nicht haben wollen (weil sie meinen, dass das ihre Smoothheit reduziert, und daher weniger Jin dabei raus kommt).

Diese Leute glauben dann, mehr Jin zu haben als du, obwohl ihre Martial Power im Ergebnis garantiert geringer ist.

Ich will wiederum nur darauf hinweisen, dass ein Mehr oder Weniger immer auch wieder eine Frage des selbst gewählten Bezugssystems ist, und man nicht einen absoluten Maßstab der messbaren Leistung (im Kampf, am Boxsack o.ä.) anwenden kann.

Auch die nähere Unterteilung in Waijia Jin und Neijia Jin ist eine Sache, die zwar einerseits mehr Inhalt in die Allgemeinheit des Begriffes Jin bringt, aber zwei Kategorien, die ebenfalls relativ unscharf und auch in der jeweiligen Kategorie allgemein sind und bleiben.

Manche Leute (z.B. ich) würden deine Art von Jin noch eher als Neijia-Jin einordnen, du ordnest es offensichtlich eher als Waijia Jin ein, während ich eher Muckibuden-Jin als extrem Waijia einordnen würde.

Das ist alles so ein fließender Bereich von willkürlichen Einordnungen, die zwar möglich sind, aber auch immer etwas diffus und unklar bleiben.

bluemonkey
29-10-2009, 12:40
Das mit den "10-20% mehr Wirkung" ist brutaler Blödsinn. Der Kraftzuwachs bei explosiven Maximalnutzungen ist extrem.


Ich meine mich zu erinnern, dass Du mal hier gepostet hast, dass Deine Handballwürfe 20% härter (schneller?) geworden wären. Vielleicht waren es 30%, aber Du sprachst nicht von mehreren 100%, was ich persönlich als "extrem" ansehen würde.



Der Stabilitätsgewinn ist ebenfalls gravierend, so gravierend dass Muckibudenkraftler beim Sport von Leuten die wirklich GUT trainieren (egal ob mit Namen oder ohne) abprallen als wären sie in eine Wand gelaufen. Und das auch bei deutlichem Mindergewicht. Ein Taiji-Chinese bei uns im Park konnte so gut Betonpfeiler spielen, das hat 90-Kilo-Typen die beim Freiplatz-Basketball immer gerne "hart" gespielt haben überhaupt nicht gefallen.


Rooting hat für mich, bis zum praktischen Beweis des Gegenteils, wenig mit gestiegener Körperkraft zu tun, als mit verbesserter Koordination oder Körperausrichtung.




Ich kann die Behaupterei langsam nicht mehr hören. Vielleicht einfach mal mit guten Leuten trainieren ? Ich habe gehört die lassen einen sogar mitmachen, gegen Geld.


Leider bin ich schon so lange bei den schlechten Leuten und habe denen so viel Geld bezahlt, dass ich jetzt zu alt bin, noch zu den guten zu wechseln (wüsste auch gar nicht wo ich die finden soll, in Hannover vielleicht?):(;)

Thorre
29-10-2009, 14:36
Ich kann auch sagen, dass man jemanden beim Blumengießen durch Berührung spüren kann, und dabei seine (Kampf) Power spüren kann. D.h. man spürt dann, welchen Anteil seiner Gesamtpower er beim Blumengießen einsetzt und welchen nicht, und was ggf. auch nicht vorhanden ist, weil nicht trainiert.

Das halte ich für esoterischen Unfug. Natürlich kann man in bestimmten Situationen sehen oder fühlen, ob sich ein Mensch geschmeidig, ausbalanciert und effizient bewegt und man kann Spekulationen darüber anstellen, wie sich das in einer Kampfweise äußern könnte, aber mit Sicherheit kann über das Jin eines Kämpfers erst etwas gesagt werden, wenn er kämpft oder kampfrelevante Bewegungen und Techniken ausführt.

In diesen Bereich gehören auch solche Situationen, wie sie Klaus vom Handball her beschreibt. Da ist Aktion, da ist Körperkontakt, da wirken Kräfte. Aber zu behaupten, man könne das Jin eines Menschen spüren, wenn man dabei ist, wie er eine Teeschale füllt, halte ich für Quatsch.


Ich weiß ehrlich gesagt nicht, warum du dich so dagegen wehrst, dass es viele verschiedene Arten von Jin gibt, und dein (IMO ja sehr gutes Jin-Konzept) nur eine Art Jin ist, und alle möglichen Variationen ebenfalls möglich sind, und ebenfalls auch dann Jin genannt werden können, wenn sie deinem Konzept ggf. widersprechen.

"Mein" Jin-Konzept weist auf eine spezielle Art des Trainings hin. Es schließt bestimmte Arten des Trainings aus und benennt die Gründe dafür.

Würde ich jede Form von Kraftwirkung (so ungeeignet und schwach sie auch sein mag) als Jin bezeichnen, verlöre das Konzept seine Aussage.

Darüber hinaus geht es mir als Kampfkünstler immer um den Zusammenhang zur Kampfkunst. Unter Krieger-Training (http://www.san-jian.de/images.htm) kannst Du Dir einen Überblick verschaffen, welche Skills ich permanent übe.

All diese Dinge basieren ebenfalls auf der Beherrschung von Kraft, Schnelligkeit, Beweglichkeit, Koordination usw. Man kann dort überall bewußt Qi einsetzen, und in vielen Fällen mache ich das auch.

Aber wenn ich zu meinen Schülern im Kampfkunst-Unterricht sage, sie müssen Jin entwickeln, dann meine ich damit nicht Bogenschießen-Jin, Smith@Wesson-Jin, Schwimmen-Jin, Klettern-Jin oder Tauchen-Jin, sondern ich meine damit Kampfkunst-Jin.

Und so ist es überall in den fernöstlichen Künsten: So sagt ein Go-Lehrer seinem Schüler er soll das Gespür für Aji entwickeln. So sagt ein Karate-Lehrer seinem Schüler, er soll Kime entwickeln. So sagt ein Ikebana-Meister seinem Schüler, er soll das Gefühl für Sabi und Wabi entwickeln. Und so weiter und so fort.

Jede Kunst hat ihre Fachtermini, die man willkürlich durch andere Begriffe ersetzen kann, wenn man unbedingt deutsch oder englisch sprechen will. Die Originalbegriffe sagen das Ganze nur leichter und konzeptbezogen. Das sieht man an Deinem "Lebensdampf". Also, wenn das kein Fremdbegriff ist.

Klaus
29-10-2009, 14:48
Zu behaupten, man könne das Jin eines Menschen spüren, wenn man dabei ist, wie er eine Teeschale füllt, halte ich für Quatsch.


Ob man spüren kann wieviel Energie jemand hat, lasse ich mal so stehen, aber man kann tatsächlich "sehen" wenn jemand gewisse Fähigkeiten hat, an der Art wie er sich bewegt. Auch wenn es vielleicht nur der Umgang mit einer Teekanne ist. Jemanden eine Treppe hochlaufen sehen ist aber sicher leichter dafür.

Thorre
29-10-2009, 15:25
Hallo Bluemonkey,

was ich von „magischen Zutaten“ halte, habe ich bereits gesagt. Jin ist für mich nichts magisches. Trotzdem halte ich das Konzept im Vergleich zu westlichen Ansätzen für durchaus überlegen. Die moderne, abendländische Körperkultur steckt im Vergleich zur asiatischen aufgrund einer jahrhundertelangen kirchlichen Körperfeindlichkeit noch in den Kinderschuhen.

Wie ist man im christlichen Europa mit dem außergewöhnlichen Wissen des (beispielsweise griechischen) Altertums über Training, Hygiene und Körperpflege umgegangen? Man hat es unterdrückt. Deshalb weiß man in Europa über Trainingssysteme weniger als in Asien.

Daß Jin nicht so genau zu bestimmen oder gar zu messen ist, wie beispielsweise Schnelligkeit, liegt ganz einfach daran, daß es sich dabei nicht um eine simple Meßgröße handelt, sondern um eine Qualität, die sich aus vielen Komponenten zusammensetzt.

Du kannst beispielsweise auch nicht ohne weiteres die Formvollendung eines Turmspringers „messen“, obwohl es dafür ganz objektive Standards gibt. Eine Maschine, die die Leistung eines Turmspringers bewerten soll, müßte extrem komplex sein.

Es geht bei Jin auch nicht um die Kampffähigkeit im taktischen Sinne. Jemand kann gut entwickeltes Jin haben und kämpferisch trotzdem Defizite aufweisen. Jin besitzen heißt noch nicht all die taktischen Raffinessen zu besitzen, die man beim Kampf braucht. Jin hat zum Beispiel nichts mit kämpferischer Strategie zu tun. Es ist lediglich die Basisausstattung eines wirklich guten Kämpfers.

Du kannst einem Laien vielleicht erklären, was „Alphazerfall“ ist, aber wirklich verstehen wird er das Konzept „Alphazerfall“ nur dann, wenn er sich damit beschäftigt, wenn er all die anderen Konzepte wie z.B. Strahlung, Massendefekt usw. versteht.

So ist das auch mit Jin. Jin zu verstehen ohne Qi zu verstehen, ist nicht möglich. Man muß sich eben mit diesen Konzepten auseinandersetzen, bis man verstanden hat, was sie besagen.

Gruß Thorre

Pu Bär
29-10-2009, 15:58
Rooting hat für mich, bis zum praktischen Beweis des Gegenteils, wenig mit gestiegener Körperkraft zu tun, als mit verbesserter Koordination oder Körperausrichtung.



Ist das nicht auch Teil von "Jin"?

Also: Was ist nun mit "Tingjin" (Wahrnehmungs"martialpower")? Ist das nicht eher "erworbene Fähigkeit" als "erworbene Kraft"?

nagual
29-10-2009, 16:04
Ich kann lediglich mal im positiven Sinne versuchen, den Begriff "Jin", wie ich ihn verstehe, zu "definieren":

In der chinesischen Philosophie und Kultur, insbesondere MA-Kultur, wird der Mensch in verschiedene Ebenen modellhaft aufgeteilt, dies sind meistens drei Ebenen wie Geist, Energie/Lebensdampf und Materie einschl. physikalischer Kräfte und biologischer Vorgänge.
Jeder chin. Begriff bezieht sich daher meistens irgendwie auf alle drei Ebenen, bzw. kann sich immer auf alle Ebenen beziehen, in irgendeiner Art und Weise.

Die Stärke/Power (Jin) eines Menschen (ob hinsichtlich Kampf oder physischer Arbeit oder was auch immer) kann nun auf allen drei Ebenen verbessert werden.
Hinsichtlich irgendwelcher Messungen oder Einschätzungen der (Größe der) Stärke (Power/Jin) können die folgenden Aspekte einen bedeutenden Einfluss haben:
- Muskelkraft sämtlicher Muskeln, Muskelfasern
- Ausrichtung der Skelettstruktur
- Qi, d.h. Aufladung, Harmonisierung und Aktivierung
- Korrekter Einsatz des Geistes hinsichtlich Mentalität, Konzentration, Absicht usw.
- Lernerfahrung
- von mir aus auch Muskelchemie und Gehirnchemie, wobei ich das als Aspekte ansehe, die im Bereich der chin. Philosophie größtenteils unter Qi-Effekte fallen, oder eher ignoriert werden, weil eben die wissenschaftliche Erforschung in der Tradition nicht möglich war.

Die gesamte Power, "das Jin" eines Menschen kann durch alle Aspekte verbessert werden.
Grundsätzlich kann das Jin zwar hinsichtlich sämtlicher dieser Elemente beurteilt werden, aber es ist nicht möglich, ein Muster festzulegen, welches definieren würde, welche Qualitätskombination Jin ist und welche nicht!

In diesem Sinne halte ich den Jin-Begriff für umfassend, weil eben auch ein relativ starkes Jin herauskommen kann, wenn in für China untypischer Art und Weise bestimmte Aspekte vernachlässigt werden.

Dass das Jin aber hinsichtlich aller Aspekte beurteilt werden kann und meistens auch wird, da stimme ich mit dir, Thorre, überein.

Bestimmte KK-Stile stellen jetzt hinsichtlich ihrer Trainingsziele quasi bestimmte Muster auf, welche der genannten Aspekte in welcher Form konkret trainiert und entwickelt werden sollen. Dadurch entstehen bestimmte Arten von Jin/Power, die ggf. auch soundso Power genannt werden können.

Generell gibt es auch keine Mindest-Power, die nötig wäre, um es zu rechtfertigen von Jin zu reden, sondern genau so wie vom Prinzip her auch die Kampfpower eines Rollstuhlfahrers "Power" ist, hat auch jeder völlig untrainierte Mensch Jin, welches man hinsichtlich der genannten Aspekte beurteilen und als Muster beschreiben kann. Manche Menschen können hinsichtlich verschiedener Aspekte begabt sein, der eine hinsichtlich Muskelkraft, der andere hinsichtlich Körperstruktur, ein weiter hinsichtlich Qi usw.

Alles kann zur "Power", zum Jin beitragen, und die Power in der Qualität eines bestimmten Stiles ist immer eigentlich XY-Jin, während der Begriff Jin eben neutral und sehr allgemein, offen und auch umgangssprachlich ist, so dass die genannten Aspekte häufig lediglich diffus assoziiert sind, aber eben bei weitem nicht eindeutig benannt oder als konkretes Muster beschrieben werden.

Das ist das Fazit meiner Beschäftigung mit dem Begriff, der meiner Ansicht nach am besten zu den verschiedenen Verwendungsformen passt.

Möge mir hier folgen wer will, ich kann es nur vorschlagen, und Beispiele und Gründe für diese Perspektive habe ich ja genug genannt.

Thorre
29-10-2009, 17:20
Also: Was ist nun mit "Tingjin" (Wahrnehmungs"martialpower")? Ist das nicht eher "erworbene Fähigkeit" als "erworbene Kraft"?

Ting Jin gehört laut Yang im Gegensatz zu den "offensiven oder defensiven Jins" zu den "neutralen Jins" und beschreibt die Fähigkeit, die Bewegungen des Gegners über die Haut zu spüren.

Es handelt sich dabei in der Tat um eine Fähigkeit der Wahrnehmung. Diese Fähigkeit ist beispielsweise wichtig, wenn es im nahen Kontakt mit dem Gegner darum geht, dessen Gleichgewicht zu brechen.

Jin umfaßt also nicht nur den Output (von Kraft), sondern auch die Aufnahme und Verarbeitung von Information.

LoneWolf
29-10-2009, 19:46
Ich hätte mal eine Frage an alle: Was bedeutet für euch Qi? Was fühlt ihr wenn Qi durch den Köper ungehindert strömt?

Das was ich fühle wenn der Ki- Fluss aus dem Tanden hinaufsteigt ist eine unglaubliche Quelle der Kraft die sowohl auf physischer Ebene als auch auf Geistiger Ebene wirkt. Mir ist es absolut schleierhaft wie jemand der dies erfährt alles mechanisiert.

Pu Bär
29-10-2009, 20:39
Ting Jin gehört laut Yang im Gegensatz zu den "offensiven oder defensiven Jins" zu den "neutralen Jins" und beschreibt die Fähigkeit, die Bewegungen des Gegners über die Haut zu spüren.

Es handelt sich dabei in der Tat um eine Fähigkeit der Wahrnehmung. Diese Fähigkeit ist beispielsweise wichtig, wenn es im nahen Kontakt mit dem Gegner darum geht, dessen Gleichgewicht zu brechen.

Jin umfaßt also nicht nur den Output (von Kraft), sondern auch die Aufnahme und Verarbeitung von Information.

Inhaltlich ist das schon klar. War rhetorisch gefragt um mal vom "Motorik vs. Power"- Thema abzukommen.

Ist also eine Fähigkeit... mmmh, sagen wir mal "An Jin" als eine "Fähigkeit, den anderen nach unten zu drücken/zu komprimieren". Schließt das dann nicht verschiedenste Aspekte mit ein? (Motorik, Kraftoutput, Verwurzelung usw.)

Wird also "Jin" nicht erst in Zusammensetzung mit anderen Begriffen oder in einer bestimmten Situation (alá Indikativ) bedeutungsvoll?!

Wenn ich also einfach in den Raum sage: "Mehr Jin!" hat das wohl nur nicht so recht Sinn, es sei denn derjenige übt bspw. Gerade "An Jin" und weiß deshalb, was ich meine. (Zumal eine solche Forderung sicherlich eher Quatsch ist... "Mehr Fähigkeit! Los!" ;) )

nagual
29-10-2009, 21:14
Jin umfaßt also nicht nur den Output (von Kraft), sondern auch die Aufnahme und Verarbeitung von Information.Von der Wortbedeutung her handelt es sich hier meiner Einschätzung nach um eine abstrakte Verschiebung der Wortbedeutung und nicht um eine Sache, was die Wortbedeutung umfassen oder beinhalten müsste.
Während "Jin" normalerweise "Power" im allgemeinen Sinne bedeutet, verschiebt sich die Bedeutung bei "ting jin" und "dong jin" in Richtung "Skill", also die Fähigkeit zu "hören" und zu "verstehen".
Das ist vergleichbar damit, dass der deutsche Begriff "Stärke" normalerweise die Körperkraft beschreibt, es aber auch z.B. die (Spiel-) Stärke eines Schachspielers gibt.
Wenn ich jetzt feststelle, dass ein guter Schachspieler eine Stärke für ein offensives Schachmatch besitzt, bedeutet das nicht, dass der Begriff "Stärke" also Schachpielen umfasst. Sonst müsste man glauben, dass ein starker (=kräftiger) Mann folglich ein guter Schachspieler wäre, was aber Unsinn ist.
Ebenso darf man den Begriff "Jin" nicht missverstehen, und alles in die Bedeutung reinpacken, was man irgendwo gehört hat, dass es ein soundso-Jin ist.
Ting Jin und Dong Jin sind hauptsächlich Skills der inneren KKs und werden im Rahmen der äußeren KKs i.d.R. nicht erwähnt oder tauchen nur sehr am Rande auf.
Die Jins der äußeren KK umfassen daher nicht explizit die Ting Skills und Dong Skills, oder höchstens nur am Rande oder als eher späte High Level Skills, die bei vielen Praktikern keine große Rolle spielen.
Insbesondere ist die Form des jeweils typischen Jin für die "normalen" Kampfaktionen (i.d.R. diverse Schlagtechniken usw.) weitgehend unabhängig vom eher optionalem Ting Jin und Dong Jin. Im Taiji und anderen typischen IMA sind Ting Jin und Dong Jin aber völlig mit den anderen Jins wie Peng Jin, Lü Jin usw. verflochten.
Konkret, also ein Strike, Punch usw. im Stile der äußeren KK (=auf Basis des jeweils KK-spezifischen Jins) funktioniert i.d.R. auch dann, wenn der Praktiker nicht besonders gut "hören" und "verstehen" kann, Hauptsache der Strike trifft, und dann eben KO.
Die Fühl- und Push-Aktionen im Taiji sind aber essentiell auf Ting und Dong angewiesen, und wenn das ausbleibt, ist der Taiji-Praktiker seinem Gegner hilflos ausgeliefert, es sei denn, er flüchtet sich wiederum in sog. externale Aktionen wie Boxen und Draufhauen (ohne Ting und Dong).

GilesTCC
29-10-2009, 22:06
Meine Güte...

Ein Wort hat die Bedeutung, die sie von einer Gruppe zu einer bestimmten Zeit und/oder in einem bestimmten Bereich durch etabliertem Gebrauch zugewiesen bekommt. Diese Bedeutungen können sich im Laufe der Zeit weiter entwickeln, verlagen usw.
"Muskel" 'bedeutet' eigentlich "Mäuschen", aber wenn jemand sagt, "Mann, hast du viele Muskeln", meint er nicht, daß der andere von kleinen Mäusen umgeben ist.


Jin umfaßt also nicht nur den Output (von Kraft), sondern auch die Aufnahme und Verarbeitung von Information.

Eben. Da es recht viele chinesische Kampfkünstler gibt, die auch von Ting-Jin, Dong-Jin, Jie-Jin usw. reden, dann bedeutet eben "jin" etwas, was nicht nur mit "Kraft", "power" oder wie auch immer zu übersetzen ist. Sondern auch andere Dimensionen. Ist doch nicht so kompliziert, oder?
Ansonsten weiterhin schöne Unterhaltung (in jedem Sinne...)

Giles

bluemonkey
30-10-2009, 07:23
"Muskel" 'bedeutet' eigentlich "Mäuschen", aber wenn jemand sagt, "Mann, hast du viele Muskeln", meint er nicht, daß der andere von kleinen Mäusen umgeben ist.

vor allem meint er nicht (auch wenn er das nicht weiß), der andere hätte viele Muskeln, sondern eher große Muskeln:D

bluemonkey
30-10-2009, 07:39
Ich hätte mal eine Frage an alle: Was bedeutet für euch Qi? Was fühlt ihr wenn Qi durch den Köper ungehindert strömt?


nichts Besonderes
Gefühle großer "Stärke" ergeben sich, wenn der Qi-Fluß sich irgendwo staut, ein Ungleichgewicht herrscht, oder der Körper angespannt ist.;)
Gefühlte Stärke hat nicht immer mit tatsächlicher Stärke zu tun.
Ein gelöster durchlässiger Körper fühlt sich leicht und frei an.

vergl. auch BKF in "Die Energietore des Körpers öffenen"




Das was ich fühle wenn der Ki- Fluss aus dem Tanden hinaufsteigt ist eine unglaubliche Quelle der Kraft die sowohl auf physischer Ebene als auch auf Geistiger Ebene wirkt. Mir ist es absolut schleierhaft wie jemand der dies erfährt alles mechanisiert.

wenn ich Red Bull trinke, fühle ich mich auch "energetisiert", was nicht bedeutet, dass ich dann wesentlich stärker bin (auch wenn es Studen gibt, das Red Bull die Bankdrückleistung steigert).
Man kennt ja die Aussage "Ich könnte Bäume ausreissen", was nicht heißt dass man es wirklich kann.
Natürlich ist der Körper als lebendes biochemisches System alles andere als rein "mechanisch".
Und gerade "Qi-Gefühle" sind eigentlich Wahrnehmung von Körperreaktionen (Blutfluss, Muskelentspannung, wahrscheinlich auch hormonelle Wirkungen).
Dennoch sind eben viele "Phänomene" auch hauptsächlich mechanisch erklärbar, da muss man dann nicht irgendwelche anderen Erklärungen bemühen (->Ockhams Rasiermesser ? Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Ockhams_Rasiermesser)).
Im Gegenteil, wenn man mechanisch erklärbare Phänomene durch Qi erklärt, dann werden die wirklichen Qi-Phänomene bei kritisch denkenden Menschen in Misskredit gebracht!

Jochen Wolfgramm
30-10-2009, 07:41
Ob man spüren kann wieviel Energie jemand hat, lasse ich mal so stehen, aber man kann tatsächlich "sehen" wenn jemand gewisse Fähigkeiten hat, an der Art wie er sich bewegt. Auch wenn es vielleicht nur der Umgang mit einer Teekanne ist. Jemanden eine Treppe hochlaufen sehen ist aber sicher leichter dafür.

Beispiel hierfür: Immer wieder haben mir Leute, unabhängig voneinander, die Mike Martello das erste Mal auf einem Lehrgang erlebt haben, erzählt, dass sie förmlich seine Präsenz spüren konnten. (er war ca 165cm und wog um die 65kg) Wenn er in einen Raum kam, wusste man sofort, dass etwas anders war. Immer wenn ich mit ihm trainiert habe, konnte ich seine Power spüren, nicht nur sehen. Ich erinnere einen Trainingstag, wo ein Schüler seine Lipi (Handform) zeigte und Mike seine Kritik daran demonstrierte. Er machte die ersten 10-15 Techniken und jede mit einer so unglaublich Power, dass man es spüren konnte, wie viel hinter jedem Schlag steckte. Auch ohne ihn zu berühren.
In Belgien erzählte mir jemand, dass er am meisten vermissen würde, wie Mike fast täglich bei ihm die Treppe hochkam. Mit diesem Schritt bei dem jedesmal der ganze Körper in die Stufe sinkt. ;) Es war definitiv raushörbar, wenn er kam.

bluemonkey
30-10-2009, 08:23
Hallo Bluemonkey,

was ich von „magischen Zutaten“ halte, habe ich bereits gesagt. Jin ist für mich nichts magisches. Trotzdem halte ich das Konzept im Vergleich zu westlichen Ansätzen für durchaus überlegen. Die moderne, abendländische Körperkultur steckt im Vergleich zur asiatischen aufgrund einer jahrhundertelangen kirchlichen Körperfeindlichkeit noch in den Kinderschuhen.


Da stimme ich Dir voll zu, als Trainingskonzept halte z.B. sehr viel von "Qi".
Die westliche Sichtweise nähert sich ja auch allmählich an, was Konzepte wie Core-Strength, probriozeptives- oder Vibrationstraining zeigen.
Ich denke, der Austausch kann beide Seiten befruchten, das westliche Trainig wird "organischer" und das östliche eventuell effektiver*.

*Teilweise sind diese Übungsanweisungen ja mit Zahlenmagie oder sonstigen Ansichten durchsetzt ("mache diese Übung 100 Tage 1,5 h zwischen 0:00 und 3:00 Uhr" oder "Kreise 36 mal in die eine Richtung, 24 mal in die andere..."), denen eine kritische Überprüfung ganz gut täte.

LoneWolf
30-10-2009, 09:43
@bluemonkey


Gefühlte Stärke hat nicht immer mit tatsächlicher Stärke zu tun.
Ein gelöster durchlässiger Körper fühlt sich leicht und frei an.

Ok, also das Gefühl von einem leichten und freien Köper kennst Du. Wie erreichst Du diesen Zustand?

Sicher hat gefühlte Stärke nichts mit tatsächlicher Stärke zu tun. Aber hier muss man unterscheiden zwischen einer Vorstellung oder Suggestion wie man die vielleicht vom Autogenen Training her kennt und einer real existierenden Möglichkeit etwas anzuzapfen. Versenke ich mich im Hara dann passiert da etwas was deutlich mehr ist als nur Vorstellungskraft. Ich denke überhaupt nicht dran Ki oder irgendeine Energie fließen zu lassen. Es geschieht einfach und dann richtet sich der Körper aus. Er wächst quasi neu. Die Knochen richten sich neu aus und natürlich wird auch der Blutfluss fließen. Du hast recht wenn Du schreibst:


Und gerade "Qi-Gefühle" sind eigentlich Wahrnehmung von Körperreaktionen (Blutfluss, Muskelentspannung, wahrscheinlich auch hormonelle Wirkungen).

Da stimme ich Dir zu aber ein Punkt scheint (?) uns zu trennen und das ist der Weg wie wir beide dahin kommen. Deswegen würde es mich interessieren wie Du es erreichst, dass die Muskeln sich entspannen und der Blutfluss sich ändert. Ich habe ja meine Methode auch oft in anderen Diskussionen beschrieben.


wenn ich Red Bull trinke, fühle ich mich auch "energetisiert", was nicht bedeutet, dass ich dann wesentlich stärker bin (auch wenn es Studen gibt, das Red Bull die Bankdrückleistung steigert).

Wenn ich meinen Köper dazu bringe, dass er Hundertprozent zusammenarbeitet dann entwickele ich dadurch auch mehr Kraft! Allerdings scheint es etwas anderes zu sein wenn ich Bankdrücken mache oder einen Schlag oder Tritt ausführe. Also auf dem Level wo ich mich momentan befinde würde ich behaupten, dass das arbeiten mit Ki im Bezug auf die Kampfkunst gerade die Technische Seite fördert. Der Körper richtet sich so aus wie er’s sich auszurichten hat um eine spezielle Technik auszuführen.

Diese richtige technische Ausführung fördert auch die Schnellkraft. Ich schaffe es auch dadurch richtig Power in meine Boxtechniken zu bringen. Vorausgesetzt das ganze geht mit dem körperlichen Training einher. Trainiere ich nicht regelmäßig dann schaffe ich zwar ein paar Kombinationen aber dann ist auch ganz schnell sense.

Wenn es aber darum geht ein Gewicht zu stemmen wie beispielsweise beim Bankdrücken dann funktioniert das nicht. Wenn ich 100kg drücke dann werde ich nicht 200kg schaffen nur weil ich mich im Hara versenke. Aber auch hier fördert das versammeln im Hara die Technische Seite.

Ich habe mal gelesen, dass es wohl auch Techniken geben soll mit denen man mehr Gewicht stemmen kann aber das kann nicht gesund sein wenn die Sehnen und Knochen das nicht aushalten. Da trainiere ich lieber auf normale weise... ;)

LoneWolf
30-10-2009, 09:54
*Teilweise sind diese Übungsanweisungen ja mit Zahlenmagie oder sonstigen Ansichten durchsetzt ("mache diese Übung 100 Tage 1,5 h zwischen 0:00 und 3:00 Uhr" oder "Kreise 36 mal in die eine Richtung, 24 mal in die andere..."), denen eine kritische Überprüfung ganz gut täte.

Obwohl wir beide wohl etwas andere Ansichten über Magie und Übersinnliches haben muss ich zugeben, dass mich solche Rituale auch immer etwas abgeschreckt haben. Da ist in der Tat selbst für mich zu viel Mythologie dabei.

nagual
30-10-2009, 10:00
Hi Giles


Eben. Da es recht viele chinesische Kampfkünstler gibt, die auch von Ting-Jin, Dong-Jin, Jie-Jin usw. reden, dann bedeutet eben "jin" etwas, was nicht nur mit "Kraft", "power" oder wie auch immer zu übersetzen ist. Sondern auch andere Dimensionen. Ist doch nicht so kompliziert, oder?
Ansonsten weiterhin schöne Unterhaltung (in jedem Sinne...)

Was ich anspreche, ist ein bestimmtes Problem der Argumentation:
Da wird z.B. festgestellt, aha, es gibt Ting Jin, "also umfasst Jin auch Hören bzw. Spüren".
Wenn sich diese Argumentation genauer anschaut, sind zwei Dinge impliziert:
1. Es wird angenommen, dass es "ein Jin" gäbe, eben dieses "es", und dieses eine Konzept, oder dieses eine Ding, mit dem Begriff "Jin" in einer Art und Weise benannt würde, wie Hermann Hermann heißt. Also Hermann ("das eine Ding") hat Ohren ("Es gibt Ting Jin"), also kann Hermann hören ("Jin enthält immer Ting Jin"->falsch)
2. Der Grund dafür wird in der Benennung von Ting Jin als Jin gesehen. Es wird also nicht inhaltlich argumentiert, sondern über den Weg der Sprache. Eine inhaltliche Argumentation würde voraussetzen, dass das eigentlich angenommene Konzept, welches angeblich mit dem Wort "Jin" benannt wird, die logische oder sachlich triviale Folgerung beinhalten müsste, dass man mit Jin auch "hören"/spüren kann.

Der Begriff "jin" gibt diese Schlussfolgerung aber nicht her.

Man kann sagen, dass es eine Kompetenz des Spürens/Hörens gibt. Wenn ich frage, was ist Kompetenz, kann ich aber nicht sagen, dass ein kompetenter Mensch zwangsläufig gut "hören"/"spüren" kann, nur weil ich festgestellt habe, dass es "Hör-/Spürkompetenz" gibt.
Wenn ich feststelle, dass Karl-Gustav ein kompetenter Mensch ist, kann ich daraus nicht schließen, dass es auch über die fragliche "Hör-Kompetenz verfügt, weil seine Kompetenzen woanders liegen könnten.

In der gleichen Art wie der Begriff "Kompetenz" funktioniert auch der Begriff "Jin". "Ting Jin" ist eine Kompetenz, die völlig unabhängig von dem sonstigen Jin der Person und seinen entwickelten Jin-Arten sein kann.
Dies ist erstens faktisch festzustellen, und zweitens muss man feststellen, dass man eine ggf. angenommene Zusammengehörigkeit nicht über die sprachliche Argumentation herstellen kann.

In klischeehafter Weise kann man feststellen, dass neijia jin (innere Kraft/Kompetenz) die Hörkompetenz (ting jin) notwendigerweise (normalerweise) mit einschließt, während waijia jin (äußere Kraft/Kompetenz) vom Prinzip her ohne ting jin funktioniert und problemlos funktionieren kann.

Das ist natürlich nur das Klischee, manche Jin-Arten kann man nicht mehr richtig treffend in die Klischeekategorien neijia und waijia einordnen, und dann kann es auch unterschiedliche Arten von "Hör-Skills" geben.

Die Argumentation "Jin schließt Ting Jin mit ein, weil Ting Jin ein Jin ist, denn es heißt ja 'Jin'" ist die typische Fehlkonzeptionierung des ganzen Verständnisses von "Jin". Das ist die Sache, dass das falsche Sprachverständnis ein falsches Konzeptverständnis zur Folge hat, und aus diesem Grund dann sehr leicht diese ganzen mystifizierten Annahmen entstehen, weil man diese ganzen scheinbaren Eigenschaften gar nicht mehr in ein schlüssiges Konzept hinein bekommt.

Man scheitert dann daran, das Konzept einheitlich beschreiben zu können (im Kern, weil es ja sachlich keinen Grund gibt, weshalb eine größere Schlagkraft oder bessere Boxtechnik zwangsläufig mit der Kompetenz des Hörens und Spürens einhergehen müsste), und flüchtet dann in die Annahme der angeblichen Unbenennbarkeit, und reduziert die Sache auf "das, was ich beim Großmeister gespürt habe".

Alle diese Probleme lösen sich auf, wenn man auf die Annahme eines einheitlichen Jin-Konzeptes ("das Jin") verzichtet, und sachlich und sprachlich feststellt, dass es sich bei den ganzen Jins immer um verschiedene Skills, Kompetenzen, Stärken und Kräfte handelt.
Das ist die Allgemeinheit, die im Begriff "Jin" enthalten ist, und die für das korrekte Verständnis absolut notwendig ist, und insbesondere durch einen Fachbegriff meistens eher vernebelt wird.

nagual
30-10-2009, 10:05
*Teilweise sind diese Übungsanweisungen ja mit Zahlenmagie oder sonstigen Ansichten durchsetzt ("mache diese Übung 100 Tage 1,5 h zwischen 0:00 und 3:00 Uhr" oder "Kreise 36 mal in die eine Richtung, 24 mal in die andere..."), denen eine kritische Überprüfung ganz gut täte.

Was ich mal gehört habe, soll das keine Zahlenmagie sein, sondern seinen Ursprung darin haben, dass irgendwo früher in China mal im 12-System gezählt wurde, und daher Zahlen wie 24, 36 usw. einen Charakter haben wie bei uns 20, 30 usw., und unsere Fixierung auf z.B. 20 oder 30 Liegestütz usw. ist ja auch keine Sportmagie, sondern ein Ergebnis der Einfachheit und Neigung zur Rundung. Nur wenn man mal Trainingsplan hat wie "jeden Tag einen Liegestütz mehr", macht man auch mal gezielt genau 31 Liegestütz. Ansonsten ist es ja Blödsinn.

pilger
30-10-2009, 10:10
Zitat LoneWolf
Deswegen würde es mich interessieren wie Du es erreichst, dass die Muskeln sich entspannen und der Blutfluss sich ändert. Ich habe ja meine Methode auch oft in anderen Diskussionen beschrieben.



Moin LoneWolf,

ich bin zwar nicht Bluemonkey, aber ich schildere dir mal kurz "meine" Methoden, wie ich zu einem entspannten Körper und entspannten Geist komme.

Es sind:

-Formenlaufen
-Daoyin- und Kai Men Übungen (Qigong Arten, die in dem Stil den ich lerne, praktiziert werden)
-Meditation im Sitzen mit "sichsinkenlassen ins Dantien" (vergleichbar mit der Harameditation von dir)

Diese Kombination liebe ich sehr. Natürlich kann man sich auch nur mit dem einen oder dem anderen in einen entspannten Zustand bringen. Aber durch diese verschiedenen Werkzeuge habe ich mehrere Möglichkeiten, individuelle Punkte der Wichtigkeit zu setzen, je nachdem was gerade anliegt.
Merke ich z.B. Verspannungen in einem bestimmten Körperbereich, mache ich außer den Formen, die ich täglich laufe, eben spezielle Kai Men Übungen, die diesen Bereich öffnen.
Merke ich, dass mein Geist momentan am "Zappeln" ist, versenke ich mich ins Dantien.
Natürlich liegt die Konzentration beim Formenlaufen z.T auch auf dem Dantien, aber wenn man z.B. in nem Meeting ist und kann gerade keine Form laufen ;) versenkt man sich kurz und unauffällig ins Dantien. Danach ist man wieder klar und aufnahmefähig.
Brauche ich etwas "Power" weil ich gerade müde bin, mache ich ein paar anregende Dao Yin Übungen. (Es gibt auch beruhigende)
usw usw.

Das waren jetzt nur kurze Beispiele, um aufzuzeigen, dass ich mit mehreren Werkzeugen arbeite, die aber alle ineinandergreifen und so auf Dauer in einen angenehm entspannten, Zustand führen und mich immer mehr im Fluss sein lassen.

Denn darum geht´s doch eigentlich, im Fluss zu sein und das Leben zu genießen :) zumindest mir ;)

Grüße
Pilger

LoneWolf
30-10-2009, 10:22
Hi Pilger


Diese Kombination liebe ich sehr. Natürlich kann man sich auch nur mit dem einen oder dem anderen in einen entspannten Zustand bringen. Aber durch diese verschiedenen Werkzeuge habe ich mehrere Möglichkeiten, individuelle Punkte der Wichtigkeit zu setzen, je nachdem was gerade anliegt.

Das kann ich verstehen. Auch ich habe einige Methoden und beschränke mich keinesfalls nur auf das versenken beim sitzen im Hara. Ich würde gerne mal etwas wie Qi Gong ausprobieren also eine Form in der Bewegung. Deswegen würde ich gerne verstehen worum es hierbei geht um dann einschätzen zu können ob mir das etwas bringt.


Merke ich z.B. Verspannungen in einem bestimmten Körperbereich, mache ich außer den Formen, die ich täglich laufe, eben spezielle Kai Men Übungen, die diesen Bereich öffnen.

Was sind KaiMen Übungen?


Merke ich, dass mein Geist momentan am "Zappeln" ist, versenke ich mich ins Dantien.

Das versenken im Tanden mache ich sehr gerne wenn ich Rückenschmerzen habe oder verspannt bin. Dagegen wirkt das wahre wunder, bei mir jedenfalls. :)



Denn darum geht´s doch eigentlich, im Fluss zu sein und das Leben zu genießen zumindest mir

Da muss ich Dir deutlich und entschieden wiedersprechen. Es geht darum geheime und tödliche Techniken zu erlernen um im Notfall die Bösen Buben in die Schranken Weisen zu können. *lach*

Sehe ich genauso wie Du! :)

bluemonkey
30-10-2009, 12:06
@bluemonkey

Ok, also das Gefühl von einem leichten und freien Köper kennst Du. Wie erreichst Du diesen Zustand?


z.B. durch Lösen, das heißt, das bewusste Entspannen des Körpers, meist von oben nach unten im Stehen oder im Sitzen.
An bewegten Übungen geht das bei mir besten mit ChanMiQigong (http://chanmigong.de/uebung.html#basisuebung), bei dem, ausgehend von der Wirbelsäule, der ganze Körper langsam und locker bewegt wird. Eine echte Wellnessübung :cool:

Bei Taijiquan wird nur die obere Hälfte des Körpers leicht, die untere eher schwer. Also eher keine Wellnessübung, aber es ist schön, wenn der Schmerz nachlässt. :p




Sicher hat gefühlte Stärke nichts mit tatsächlicher Stärke zu tun.


tatsächlich fühle ich mich in einer sehr guten Stellungskorrektur durch meinen Lehrer eher extrem schwach (kaum stark genug, die Stellung zu halten).
Von außen fühle ich mich dann aber "kräftig" oder sehr stabil an.



Der Körper richtet sich so aus wie er’s sich auszurichten hat um eine spezielle Technik auszuführen.

Diese richtige technische Ausführung fördert auch die Schnellkraft. Ich schaffe es auch dadurch richtig Power in meine Boxtechniken zu bringen. Vorausgesetzt das ganze geht mit dem körperlichen Training einher. Trainiere ich nicht regelmäßig dann schaffe ich zwar ein paar Kombinationen aber dann ist auch ganz schnell sense.

und diese Körperausrichtung bezeichne ich halt als Körpermechanik, wenn Kraftlinien optimal wirken können.
Um Qi frei fließen zu lassen, muss der Körper in einer bestimmten Weise ausgrichtet sein. Ist er so ausgerichtet können die Muskeln und Knochen optimal zusammenarbeiten und dadurch wird man auch "stärker", ohne dass die einzelnen Muskeln stärker sind.
Allerdings muss ich zugeben, dass QiGong-Übungen durchaus auch Power generieren können, die IMO nicht allein durch verbesserte Ausrichtung und Koordination erklärt werden können.:)

pilger
30-10-2009, 12:26
Hi Pilger


...Was sind KaiMen Übungen?...




Grüß Dich :)

Kai Men ist eine Art des Qigong (übersetzt heißt das offene Tür/Tor).
Es sind einzelne Qigong-Übungen (keine komplette Form!), von denen es eine große Anzahl gibt, die auf jeweils verschiedene Körperteile wirken. (Arme, Beine, Rücken, Brust, Nacken usw.)
Grundsätzlich sollen sie die Muskulatur SANFT dehnen, den Körper durchlässiger machen und den Fluss der Körperflüssigkeiten sowie Sauerstofftransport anregen und (was jetzt kommt ist wie so oft strittig) sie sollen die Meridiane von Blockaden befreien.

Meinetwegen kann man auch sagen, sie sollen den Körper öffnen, um das Chi besser fließen zu lassen ;)

Übt man es länger/intensiver, also regelmäßig, kommt man von einem körperlich entspannten Zustand über einen entspannten Geist nach einiger Zeit eventuell bis in einen meditativen Zustand des Seins.

Es gibt immer jeweils eine Grundübung, bei der die Bewegung mit der Atmung verbunden ist und anschließend eine sogenannte Erweiterung. In dieser sind die Bewegungsamplituden größer, der Atem ist frei.

Es ist eben eine von sehr vielen Arten des Qigong. Da manche Endpositionen teils große Ähnlichkeiten mit Yogapositionen haben, haben es manche auch als daoistisches Yoga bezeichnet. Aber das trifft es in meinen Augen NICHT, da im Kai Men niemals Positionen gehalten werden. Man geht sanft von der Anfangsstellung bis in die Endstellung rein, so weit wie es angenehm ist, und dann direkt ohne Halten wieder sanft raus und zurück in die Ausgangsstellung.

Es gibt Übungen in verschiedenen Ständen im Stehen, als auch im Sitzen und im Liegen.





Da muss ich Dir deutlich und entschieden wiedersprechen. Es geht darum geheime und tödliche Techniken zu erlernen um im Notfall die Bösen Buben in die Schranken Weisen zu können. *lach*

Sehe ich genauso wie Du! :)

Nicht alles verraten, die tödlichen Techniken lerne ich na klar auch :D

Grüße
Pilger

LoneWolf
31-10-2009, 09:20
@bluemonkey


z.B. durch Lösen, das heißt, das bewusste Entspannen des Körpers, meist von oben nach unten im Stehen oder im Sitzen.
An bewegten Übungen geht das bei mir besten mit ChanMiQigong,

Liest sich interessant an! Wie aber verstehst Du das dort beschriebene Qi? Immerhin wird dort folgendes behauptet:


Die dritte Besonderheit: Das Qi ist im Menschen Der Mensch ist im Qi
Zuerst wird das Qi im Körper angeregt und mit der Bewegung der Wirbelsäule in den Raum ausgedehnt. Das bedeutet, unser körpereigenenes Qi verbindet sich mit dem Qi des Kosmos. Auf diese Art stoßen wir verbrauchtes, krankes Qi aus und nehmen reines Qi auf. Wir verfeinstofflichen unser körpereigenes Qi. Beim Zurückholen während des Einsammelns und Aufnehmens durchdringt das reine und höher schwingende Qi die äußeren feinstofflichen Hüllen, die die Gedanken und Gefühle tragen und gleicht dabei Turbulenzen aus.


Ist das dann auch noch mechanisch zu erklären? Immerhin wird beschrieben, dass es ein Qi des Kosmos gibt. :)

Weiter wird vom verbrauchtem und krankem Qi geredet und, dass man reines Qi aufnehmen kann. Das verstehe selbst ich dann noch nicht so genau. Wenn ich mich im Tanden versenke dann fließt das Ki eben und ob dann krankes Ki durch gesundes ersetzt wird mag sein aber ich würde dann eher behaupten, dass das Ki dann erst richtig fließen kann. Hhhmmm...


Eine echte Wellnessübung

Ich finde das heute noch erstaunlich, dass man eigentlich sein eigenes Wellnessprogramm ins sich selbst trägt. :) Gibt halt verschiedene Wege und ich glaub man sollte da immer mal wieder über seinen eigenen Tellerrand schauen, deswegen mein Interesse. Kann man das auch alleine und ohne Lehrer üben?


Bei Taijiquan wird nur die obere Hälfte des Körpers leicht, die untere eher schwer. Also eher keine Wellnessübung, aber es ist schön, wenn der Schmerz nachlässt.

Das mit der Wirbelsäule habe ich gestern mal ein wenig ausprobiert und es scheint wirklich geil zu sein. :)


Um Qi frei fließen zu lassen, muss der Körper in einer bestimmten Weise ausgrichtet sein. Ist er so ausgerichtet können die Muskeln und Knochen optimal zusammenarbeiten und dadurch wird man auch "stärker"

Ja, korrekt! Ich muss jetzt aber nicht hingehen und meinen Körper bewusst irgendwie ausrichten denn das tut er von selbst wenn ich ihn lasse oder „Es“ zulasse... Ist aber immer etwas schwierig weil man sich dann eben auch voll und ganz auf... ja ich nenne es mal „Den Bewusstseinszustand des Seines“ oder „Die Leere“ einlassen muss. Es reicht dann schon ein krummer Gedanke ;) aus und das Ki fließt eben nicht mehr richtig. Ich halte diesen Zustand meistens auch nicht sehr lange.


Allerdings muss ich zugeben, dass QiGong-Übungen durchaus auch Power generieren können, die IMO nicht allein durch verbesserte Ausrichtung und Koordination erklärt werden können

Welcher Art?

nagual
31-10-2009, 10:24
Die dritte Besonderheit: Das Qi ist im Menschen Der Mensch ist im Qi
Zuerst wird das Qi im Körper angeregt und mit der Bewegung der Wirbelsäule in den Raum ausgedehnt. Das bedeutet, unser körpereigenenes Qi verbindet sich mit dem Qi des Kosmos. Auf diese Art stoßen wir verbrauchtes, krankes Qi aus und nehmen reines Qi auf. Wir verfeinstofflichen unser körpereigenes Qi. Beim Zurückholen während des Einsammelns und Aufnehmens durchdringt das reine und höher schwingende Qi die äußeren feinstofflichen Hüllen, die die Gedanken und Gefühle tragen und gleicht dabei Turbulenzen aus.

Das ist zunächst mal die Beschreibung eines Bildes, welches man für das Verständnis der Übung akzeptieren muss. Man sollte sich dabei keine komplizierten oder mystischen Vorstellungen von Qi machen, sondern wissen, dass Qi hinsichtlich der Vorstellung und Wortbedeutung "Lebensdampf" etwas völlig normales und triviales ist.
Organismen sind lebendig, enthalten ein lebendiges Kribbeln, und der Raum des Universums kann immer Lebendigkeit enthalten. Organismen kann es überall geben, egal ob wir sie kennen oder nicht. Das ist es.


Weiter wird vom verbrauchtem und krankem Qi geredet und, dass man reines Qi aufnehmen kann. Das verstehe selbst ich dann noch nicht so genau. Wenn ich mich im Tanden versenke dann fließt das Ki eben und ob dann krankes Ki durch gesundes ersetzt wird mag sein aber ich würde dann eher behaupten, dass das Ki dann erst richtig fließen kann. Hhhmmm...


Weiterhin muss man die Übungen regelmäßig machen, und dabei immer wieder an das o.g. Bild denken. Dann lernt man mit der Zeit zu spüren, welche typischen Empfindungen man wo im Körper hat, und wie sich feinstoffliches und krankes Qi usw. anfühlt.
Z.T. weiß man das sowieso schon. Wer z.B. eine Grippe fühlt, weiß schon, dass das krankes Qi ist. Wenn man irgendwas macht, was die Grippe-Symptome lindert, hat man krankes Qi gegen gesundes Qi ausgetauscht (z.B. durch die warme Suppe).
In der gleichen Art geht das auch mit subtileren Missempfindungen, die nicht so stark sind wie ein Krankheit.

Durch Erfahrung wird das o.g. Bild klar. Es bedarf nicht vieler weiterer Erklärungen, es kommt eher darauf an, dass man nicht in mystische Spekulationen verfällt, "was denn kranken Qi nun wirklich ist, und ob man beweisen kann, dass es das gibt, oder wenn man es nicht beweisen kann, dass das ja alles Eso-Unfug sein muss" usw.

Es sind die bildlichen Beschreibungen langfristiger subjektiver Erfahrungen auf Basis der Vorstellung, dass das ganze Universum eine riesige Blase von buchstäblichem Lebensdampf ist.
Eigentlich sehr einfach, es ist nur unsere komplizierte Wissenschaftskultur, die uns das Denken aufzwingt, dass diese Einfachheit nur falsch, unseriös oder abergläubisch sein könne.

Es ist aber so lange nicht unserös, weil man nicht gedrängt wird, überzogene Schlussfolgerungen daraus zu ziehen.

Wenn einer dann kommt und sagt, mach die Übungen und du wirst vom Krebs im Endstadium geheilt, dann ist das unseriös. Das liegt aber nicht an der Idee vom Lebensdampf, sondern nur daran, dass ein Wichtigtuer diese Idee für solche unseriösen Versprechungen missbraucht.

nagual
31-10-2009, 10:34
Allerdings muss ich zugeben, dass QiGong-Übungen durchaus auch Power generieren können, die IMO nicht allein durch verbesserte Ausrichtung und Koordination erklärt werden können Welcher Art?Übungen, die in diesen Bereich hineingehen, nennt man auch Jin Gong = Kraftarbeit. Ein Jingong-Anteil liegt immer vor, wenn eine Übung für irgendwelche Muskelgruppen und motorischen Aktionen körperlich anstrengend wird, egal ob man das stark und schwach spürt, oder ob man die Belastung stark spüren soll oder ob man versuchen soll, die Belastung als gering zu empfinden, auch wenn sie relativ stark ist (in die Anstrengung hinein entspannen).

Qigong-Übungen, die überhaupt nicht anstrengend sind, trainieren auch kein Jin (z.B. Übungen im Liegen, beim Sitzen wird immerhin das Aufstreben der Wirbelsäule motorisch-muskulär trainiert, also ein gewisser Jin-Anteil).

Übungen im Sitzen dienen aber fast immer nur dem Spüren, Ansammeln und Lenken von Qi.

Bei Übungen im Stehen kommt meistens ein deutlicher Anteil der Kräftigung der Stehmotorik, Hüft- und Beckenmuskulatur usw. hinzu, also ein Jin-Anteil.

Explizite Jin-Übungen richten ihren Zweck primär auf die Belastung irgendwelcher Muskeln oder strukturellen Haltungen oder Bewegungen, und stellen diesen Zweck über das Spüren von Qi und Öffnen der Qi-Kanäle.

Es geht dann darum, die Belastung für den Trainingseffekt zu erzeugen, aber gleichzeitig die strukturelle Harmonie und die Effekte auf das bereits harmonisierte Qi (zuvor durch Qigong-Übungen erreicht) nicht in einen negativen Bereich wandern zu lassen (Blockaden durch Verkrampfung usw.).

LoneWolf
31-10-2009, 12:22
Das ist zunächst mal die Beschreibung eines Bildes, welches man für das Verständnis der Übung akzeptieren muss. Man sollte sich dabei keine komplizierten oder mystischen Vorstellungen von Qi machen, sondern wissen, dass Qi hinsichtlich der Vorstellung und Wortbedeutung "Lebensdampf" etwas völlig normales und triviales ist.

Also ich glaube wenn man sich irgendwas vorstellt, egal was dann ist das eben eine Vorstellung. Das kann man dann auch mit Autogenem Training erreichen. Das Ki welches ich zulasse hat damit nichts zu tun. Für mich ist Ki eine Energie die auf den lebenden Organismus wirkt und die ich mittels meines Bewusstseins steuern kann wenn ich dieses darauf ausrichte.

Ob das nun mystisch ist oder nicht liegt im Auge des Betrachters! Ich würde dem was ich erfahre eben schon eine Mystische Note geben aber es nicht als solches bewerten. Es ist etwas ganz natürliches aber auch nichts was ich rein mechanisch oder biologisch erklären kann und möchte!


Weiterhin muss man die Übungen regelmäßig machen, und dabei immer wieder an das o.g. Bild denken. Dann lernt man mit der Zeit zu spüren, welche typischen Empfindungen man wo im Körper hat, und wie sich feinstoffliches und krankes Qi usw. anfühlt.
Z.T. weiß man das sowieso schon. Wer z.B. eine Grippe fühlt, weiß schon, dass das krankes Qi ist. Wenn man irgendwas macht, was die Grippe-Symptome lindert, hat man krankes Qi gegen gesundes Qi ausgetauscht (z.B. durch die warme Suppe).
In der gleichen Art geht das auch mit subtileren Missempfindungen, die nicht so stark sind wie ein Krankheit.

Ok, so verstehe ich das in der Tat besser!


Durch Erfahrung wird das o.g. Bild klar. Es bedarf nicht vieler weiterer Erklärungen, es kommt eher darauf an, dass man nicht in mystische Spekulationen verfällt, "was denn kranken Qi nun wirklich ist, und ob man beweisen kann, dass es das gibt, oder wenn man es nicht beweisen kann, dass das ja alles Eso-Unfug sein muss" usw.

Deine Einstellung zum Thema Mystische Spekulationen und Esoterik habe ich schon mitbekommen! ;)


Wenn einer dann kommt und sagt, mach die Übungen und du wirst vom Krebs im Endstadium geheilt, dann ist das unseriös. Das liegt aber nicht an der Idee vom Lebensdampf, sondern nur daran, dass ein Wichtigtuer diese Idee für solche unseriösen Versprechungen missbraucht.

Oder aber auch an jenen die solche Texte auf ihren Webseiten ohne zu relativieren veröffentlichen. Würde der Autor des Textes das ganze so erklären wie Du es gerade getan hast dann würde es vermutlich auch keine Leute geben die solchen Missverständnissen erliegen. Für mich was das kein Problem, da ich genügend Erfahrung habe um einschätzen zu können was mit dem Text gemeint war.


Übungen, die in diesen Bereich hineingehen, nennt man auch Jin Gong = Kraftarbeit. Ein Jingong-Anteil liegt immer vor, wenn eine Übung für irgendwelche Muskelgruppen und motorischen Aktionen körperlich anstrengend wird, egal ob man das stark und schwach spürt, oder ob man die Belastung stark spüren soll oder ob man versuchen soll, die Belastung als gering zu empfinden, auch wenn sie relativ stark ist (in die Anstrengung hinein entspannen).

Qigong-Übungen, die überhaupt nicht anstrengend sind, trainieren auch kein Jin (z.B. Übungen im Liegen, beim Sitzen wird immerhin das Aufstreben der Wirbelsäule motorisch-muskulär trainiert, also ein gewisser Jin-Anteil).

Übungen im Sitzen dienen aber fast immer nur dem Spüren, Ansammeln und Lenken von Qi.

Bei Übungen im Stehen kommt meistens ein deutlicher Anteil der Kräftigung der Stehmotorik, Hüft- und Beckenmuskulatur usw. hinzu, also ein Jin-Anteil.

Ok, daran bin ich interessiert und deshalb mal eine Frage die zum Ursprungsthema dieses Threads zurückgeht. Ersetzen solche Übungen beispielsweise Krafttraining, Kniebeugen und Dehnen für den Kampfsportler?

nagual
31-10-2009, 15:07
Ersetzen solche Übungen beispielsweise Krafttraining, Kniebeugen und Dehnen für den Kampfsportler?

Das kann man so sagen.
Eigentlich sind Übungen aus dem Krafttraining, Kniebeugen und Dehnübungen auch Jingong, allerdings mit einer ggf. üngünstigen Art und Weise, Struktur und Qi-Fluss zu beachten, weil diese Aspekte aus chin. Sicht bei westlichen Übungen meistens vernachlässigt werden.

Prinzipiell kann man aber beinahe jede "normale" Kraftübung so machen, dass es zu chin. Jingong wird, wenn man zusätzlich bestimmte Details beachtet.

Wenn man "Jingong" umfassend verstehen will, dann ist sogar jede beliebige Kraftübung an Geräten oder ohne ebenfalls Jingong, allerdings in einer Art, die für China untypisch ist und nicht in die Konzepte der chin. KK oder in die Qigong-Lehre hineinpassen.

Wenn man aber im Stile einer chin. KK ein komplettes System von Jingong-Übungen hat, dann sollten Übungen wie Kniebeugen, Liegestütz, Krafttraining an Geräten usw. nicht mehr nötig sein, weil alle wichtigen Trainingseffekte eben durch das System der Jingong-Übungen erzielt werden.
Man sollte ein System von Jingong-Übungen auch gezielt so begreifen, dass man außerdem versucht, dass ganzheitliche Ergebnis, also die Gesamtfitness, die als Ergebnis angestrebt wird, in jeder einzelnen Übung möglichst komplett zu realisieren. Jede Übung ist dann wiederum ein ganzheitlicher Ausdruck der Fitness und Bewegungsskills, die mit dem Übungssystem angestrebt wird.


Also ich glaube wenn man sich irgendwas vorstellt, egal was dann ist das eben eine Vorstellung.

Wenn ich hinsichtlich Qi und Lebensdampf im Universum von "Vorstellung" gesprochen habe, so ist dies evtl. etwas missverständlich.
Es ist nur deswegen scheinbar eine Vorstellung, weil es ein anderes Weltbild ist.

Unser westliches Weltbild beinhaltet keine Vorstellung eines Lebensdampfes, der alles durchdringt, bzw. mit allem identisch ist, sondern das wissenschaftliche Universum ist eher ein totes, mechanisches Uhrwerk, das nach den physikalischen Gesetzen funktioniert. Wenn man sich dann "Lebensdampf" "vorstellt", so erscheint das als eine zusätzliche optionale Vorstellung, die unnötig und damit mystisch-abergläubisch erscheint.

Aus chinesischer Sicht IST das Universum aber nicht "eigentlich tot, nur mit lebenden Organismen drin", sondern es ist "eigentlich lebendig", und damit mit dem Lebensdampf identisch. Deswegen ist die Sache mit Qi/Lebensdampf auch nicht optional, sondern einfach nur die Realisierung der trivialen Erkenntnis, dass das Universum lebt, weil es eben von Lebewesen bevölkert ist, und Leben hervorbringt.


Für mich ist Ki eine Energie die auf den lebenden Organismus wirkt und die ich mittels meines Bewusstseins steuern kann wenn ich dieses darauf ausrichte.

Ja und nein, und zwar nein, weil es eigentlich keine Energie ist, sondern "Energie" nur eine falsche Übersetzung ist, weil es eigentlich ein Dampf ist (von der Wortbedeutung her, denn der Chinese ließt "Dampf", wenn er das Wort "Qi" liest oder hört!!!), und weil die "Wirkung" mit den Lebensvorgängen identisch ist.
Man kann auch nicht sagen, dass "Materie" eine Energie ist, die auf Materie einwirkt, denn Materie ist einfach Materie, und Qi ist einfach die Lebendigkeit und quasi im Sinne der "inneren Motivation" der Organismen, lebendig sein zu wollen.

bluemonkey
02-11-2009, 07:46
Unser westliches Weltbild beinhaltet keine Vorstellung eines Lebensdampfes, der alles durchdringt, bzw. mit allem identisch ist, sondern das wissenschaftliche Universum ist eher ein totes, mechanisches Uhrwerk, das nach den physikalischen Gesetzen funktioniert.

nur weil etwas nach Regeln zu funktionieren scheint, muss es noch lange nicht tot sein. Im alten chinesischen Weltbild wurden ja auch Beobachtungen in Regeln gefasst (Yin/Yang, 5 Elemente) ohne, dass Du es als "tot" bezeichnest.
Das mechanistische Weltbild ist seit Einführung der Quantenmechanik nicht mehr aktuell.
Die heutige Vorstellung ist die einer Welt in der selbst das Vakuum nicht leer ist, sondern Existenz-Möglichkeiten enthält, die sich auch dauernd manifestieren und wieder verschwinden. Selbst die Raumzeit schlägt Blasen, wenn man ganz genau hinguckt.
Beschäftigt man sich ein bisschen mit dem Enstehen und Vergehen von verschiedenartigen Himmelskörpern, wobei die Baustoffe von der Organisationsform, die wir im engen Sinne als "Leben" bezeichnen, gebildet werden, wirkt das ganze doch sehr lebendig, es wird beispeilsweis auch oft von "Geburt" und "Tod" von Sternen gesprochen.
Der Hauptunterschied liegt wohl darin, dass das im Westen offizielle Weltbild davon ausgeht, dass der Geist ein Attribut von komplex organisierter Materie ist, während im traditionellen östlichen und auch westlichen spirituellen Weltbildern die Materie als Erscheinungsform des Geistes angesehen wird.

bluemonkey
02-11-2009, 08:59
@bluemonkey



Liest sich interessant an! Wie aber verstehst Du das dort beschriebene Qi? Immerhin wird dort folgendes behauptet:

Ist das dann auch noch mechanisch zu erklären? Immerhin wird beschrieben, dass es ein Qi des Kosmos gibt. :)


Hier liegt ein Mißverständnis vor:
Ich möchte nicht die ganze Welt und auch nicht alle Qi-Phänomene mechnisch erklären.
Ich behaupte lediglich, dass ein Großteil der von inneren KK (auch Aikido) vorkommenden Wirkungen, die von einigen auf das Wirken einer Kraft Qi zurückgeführt wird, hauptsächlich mechanisch erklärt werden kann.
Wenn ich sage, die meisten Fähigkeiten von Hellsehern haben nichts mit der Nichtlokalität der Quantenmechnik (verschränkte Teilchen/spukhafte Fernwirkung) zu tun, dann bedeutet dies nicht, dass ich behaupte die Nichtlokalität gäbe es nicht, sondern nur, dass sie mit den vorgeführten Effekten nichts zu tun hat, wie Dir Mentalisten oder Zauberkünstler leicht zeigen können.
Es gibt einen Tunneleffekt, der auch von Menschen benutzt wird, aber das hat nichts damit zu tun dass David Copperfield vor Zeugen durch die chinesische Mauer geht.
GM Chen Xiaowang, dem man nun wahrscheinlich nicht vorwerfen kann, dass er von Qi nichts verstünde bzw. dem wahrscheinlich so gut wie keiner hier an Board großes Jin absprechen würde, sagt klar, dass Qi allein schwach ist (was man daran sieht, dass schon kleine Fehlhaltungen den Qi-Fluss behindern können) die nur in korrekter Verbindung mit Muskeln große Wirkung entwickelt (wer schon mal seine Oberschenkel gesehen hat, weiß, dass er sich nicht auf Qi allein verlässt).
Qi ist in meiner KK-Welt die Verbindung von Geist und Körper. Fliesst Qi ungehindert, dann kann der Geist den Körper optimal steuern und durch die Harmonie entseht große Kraft.
CXW hat sogar mal behauptet: "Chi are the nerves" was sicherlich nicht so wörtlich und absolut zu verstehen ist, sondern vielmehr aus der konkreten Situation, in der er etwas Bestimmtes vermitteln wollte.

Energiefelder von belebten und unbelebten Objekten kann man mit der richtigen Übung durchaus subjektiv wahrnehmen. Eventuell ist diese Wahrnehmung nur eine Gefühlsinterpretatin des Gehirns von auf anderem Wege aufgenommen Informationen+Erinnerungen (z.B. ich sehe eine Körperhaltung, die mich unbewusst an schlimme Erlebnisse erinnert-> ich fühle mich tatsächlich abgestoßen)
Diese Energiefelder sind aber wohl eher schwer im Sinne einer wirkenden Kraft KK-technisch nutzbar, eventuell im Sinne von Information/Kommunikation.
ChanMiGong hat neben schamanistische Wurzeln auch starken Bezug zu Chan (Zen)-Buddhismus, daher ist nicht verwunderlich, dass neben animistischen Vorstellungen auch Übungen zum "Verschmelzen" mit der Welt (AllEinssein, "Ich-Relativierung" praktiziert werden).
Nur weil mir die Übungen gefallen, heißt das nicht, dass ich den ganzen Überbau kritiklos übernehme.







Weiter wird vom verbrauchtem und krankem Qi geredet und, dass man reines Qi aufnehmen kann. Das verstehe selbst ich dann noch nicht so genau. Wenn ich mich im Tanden versenke dann fließt das Ki eben und ob dann krankes Ki durch gesundes ersetzt wird mag sein aber ich würde dann eher behaupten, dass das Ki dann erst richtig fließen kann. Hhhmmm...


das sind Vorstellungen der TCM, die sicherlich hilfreich sein können.
Allein die mit allen Sinnen gefühlte Vorstellung Krankhaftes abzugeben und Gesundes aufzunehmen kann den Körper zu einem "Selbst"-Heilungsprozess veranlassen. Man denke nur an den oft verächtlich abgetanen Placeboeffekt, der ja tatsächlich zu Heilungen führt, oftmals besser als die Produkte der Pharmaindustrie.
Qi hat ja auch etwas mit Atem zu tun, und daher liegt die Idee frisches Chi aufzunehmen und verbrauchtes abzugeben (Analgo zu Atemluft) recht nahe.
Grundsätlich gilt aber auch Deine Vorstellung, dass Krankheiten, durch ein Zuviel oder ein Zuwenig an Qi (Stau oder Mangel, auf jeden Fall kein freier Fluss) bedingt werden.
Ähnliches gab es ürigens auch im Westen, mit der vier-Säfte-Lehre (http://de.wikipedia.org/wiki/Humoralpathologie),
wo Krankheiten auch durch Ungleichgewichte bestimmer Substanzen verursacht werden.



Ich finde das heute noch erstaunlich, dass man eigentlich sein eigenes Wellnessprogramm ins sich selbst trägt. :) Gibt halt verschiedene Wege und ich glaub man sollte da immer mal wieder über seinen eigenen Tellerrand schauen, deswegen mein Interesse. Kann man das auch alleine und ohne Lehrer üben?


Das kann man sicherlich auch ohne Lehrer üben, ich würde aber zumindest zu einem einführenden Wochenendkurs raten, um die gröbsten Fehler und Mißverständnisse auszuschließen (Fehlhaltungen, zu schnelle oder mit zu sehr Kraft geführte Bewegungen). Auf keinen Fall die Wirbelsäule großen Kräfte oder Beschleunigungen aussetzen (Es gibt auch Lehrer, die die Bewegungen sehr "energisch" unterrichten).
Zum Selbstudium der Basisübungen empehle ich die DVD von Eva Rehle (Integrales Qigong), in der man eine gute Anleitung und einen Eindruck von der Sanftheit der Bewegung bekommt, bzw. das Buch von Dr. Monika Jiang "Cahn Mi Gong- durch einen gestärkten Rücken zu innerer Harmonie", beides hier aufgeführt: Publikationen über Chan Mi Gong (http://www.chanmigong.de/publikationen.html)
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass die Bewegungen nicht so einfach sind, wie es scheint. :p




Das mit der Wirbelsäule habe ich gestern mal ein wenig ausprobiert und es scheint wirklich geil zu sein. :)


"Geil" ist eine treffende Beschreibung:p



Ja, korrekt! Ich muss jetzt aber nicht hingehen und meinen Körper bewusst irgendwie ausrichten denn das tut er von selbst wenn ich ihn lasse oder „Es“ zulasse... Ist aber immer etwas schwierig weil man sich dann eben auch voll und ganz auf... ja ich nenne es mal „Den Bewusstseinszustand des Seines“ oder „Die Leere“ einlassen muss. Es reicht dann schon ein krummer Gedanke ;) aus und das Ki fließt eben nicht mehr richtig. Ich halte diesen Zustand meistens auch nicht sehr lange.


Im Taijiquan ist es so, das man erst lernt, den Körper so zu halten/zu bewegen, dass das Qi einigermaßen frei fließt. Wenn man dann ein Gefühlsbild für die richtige Haltung entwickelt hat, kann man über das Gefühlsbild (oder das Qi) merken, wenn man abweicht.
Da die meisten Fehlhaltungen allerdings von dem Fehlhaltenden als richtig wahrgenommen werden, bedarf es oft erstmal längeren Korrekturen von außen, um das Selbstbild zu berichtigen. :)
Ich schließe nicht aus, dass es andere Wege gibt.



Welcher Art?

nach intensiven Übungseinheiten die zu einer Öffnung des Körpers führen, wie z.B. Chan Mi Gong oder TaijiDaohin aber nicht wirklich Kraft oder Jin- Übungen im nagualschen Sinne, fühle ich durchaus motiviert heftig auf Sandsäcke einzuschlagen, was ich das dann auch bei Gelegenheit mit subjektiv empfundener großer Power gerne tue.
Ansonsten bin ich wirklichen IMA-Kraftübungen wie Poleshaking oder Geräteübungen nicht abgeneigt.

bluemonkey
04-11-2009, 09:43
Erstellt einen Thread im Philo Unterforum und ich kann es dann da rein verschieben. Mehr ist nicht drin ... :ups:

Ich hab einen Thread erstellt (und hoffe, dass sich Nagual weiter an der Diskussion beteiligt)->http://www.kampfkunst-board.info/forum/f76/weltbilder-stlich-westlich-radikaler-materialismus-solipis-konstruktivismus-103865/#post1981645

Ich habe einen Link gesetzt, das Verschieben wird aber einerseits den neuen Thread klarer machen und diesen hier bereinigen.
Leider kann ich keine Beiträge verschieben, sonst würde ich Dich gerne entlasten.:)
Aber bitte Beitrag 121 hier lassen, der gehört IMO zum eigentlichen Thema,
Danke (also 120 + 122 bis 131 Edit: +136)

Jochen Wolfgramm
04-11-2009, 10:06
Ich hab einen Thread erstellt (und hoffe, dass sich Nagual weiter an der Diskussion beteiligt)->http://www.kampfkunst-board.info/forum/f76/weltbilder-stlich-westlich-radikaler-materialismus-solipis-konstruktivismus-103865/#post1981645

Ich habe einen Link gesetzt, das Verschieben wird aber einerseits den neuen Thread klarer machen und diesen hier bereinigen.
Leider kann ich keine Beiträge verschieben, sonst würde ich Dich gerne entlasten.:)
Aber bitte Beitrag 121 hier lassen, der gehört IMO zum eigentlichen Thema,
Danke (also 120 + 122 bis 131 Edit: +136)

Done, allerdings musst e ich selber einen Thread eröffnen (beim Verschieben) da:
Sie können Beiträge nur in Themen hinein verschieben, die in Foren sind, die Sie moderieren.
:ups::mad:

LoneWolf
04-11-2009, 16:15
@bluemonkey


Hier liegt ein Mißverständnis vor:
Ich möchte nicht die ganze Welt und auch nicht alle Qi-Phänomene mechnisch erklären.
Ich behaupte lediglich, dass ein Großteil der von inneren KK (auch Aikido) vorkommenden Wirkungen, die von einigen auf das Wirken einer Kraft Qi zurückgeführt wird, hauptsächlich mechanisch erklärt werden kann.

Ich glaube langsam verstehe ich was Du meinst und kann das auch nachvollziehen.


Wenn ich sage, die meisten Fähigkeiten von Hellsehern haben nichts mit der Nichtlokalität der Quantenmechnik (verschränkte Teilchen/spukhafte Fernwirkung) zu tun, dann bedeutet dies nicht, dass ich behaupte die Nichtlokalität gäbe es nicht, sondern nur, dass sie mit den vorgeführten Effekten nichts zu tun hat, wie Dir Mentalisten oder Zauberkünstler leicht zeigen können.

Eine Beziehung zwischen Quantenmechanik und diversen Phänomenen herzustellen ist interessant aber ich verstehe zu wenig davon.


GM Chen Xiaowang, dem man nun wahrscheinlich nicht vorwerfen kann, dass er von Qi nichts verstünde bzw. dem wahrscheinlich so gut wie keiner hier an Board großes Jin absprechen würde, sagt klar, dass Qi allein schwach ist (was man daran sieht, dass schon kleine Fehlhaltungen den Qi-Fluss behindern können) die nur in korrekter Verbindung mit Muskeln große Wirkung entwickelt (wer schon mal seine Oberschenkel gesehen hat, weiß, dass er sich nicht auf Qi allein verlässt).

Da würde ich unbedingt und ganz genauso sehen! Ich habe seit 3 Tagen einen neuen Job bei einem Paketdienst. Ich stemme jeden Tag Hunderte von Paketen. Ich bin nach dem Dritten Tag soweit, dass ich diese neue Tätigkeit langsam mit Qi ausführen kann. Ich finde es im Augenblick sehr interessant wie diese neue körperliche Tätigkeit mit dem Qi zusammenspielt. Heute morgen habe ich einen schweren Mülleimer geleert und das Ding habe ich mit einer Power hochgewuchtet die ich so auch noch nicht kannte. *lach*


CXW hat sogar mal behauptet: "Chi are the nerves" was sicherlich nicht so wörtlich und absolut zu verstehen ist, sondern vielmehr aus der konkreten Situation, in der er etwas Bestimmtes vermitteln wollte.

Wenn Du etwas körperliches tun willst dann denke ich, dass Chi eben den Körper hundertprozentig korrekt so ausrichtet, dass man dieser mit dem genau angepassten Kraftaufwand arbeitet. Jemand der versucht nur durch Anspannung seiner Sehnen, Muskeln und Knochen etwas zu bewirken wird schnell ermüden. Jemand der es aber noch schafft sich bei der Anspannung zu entspannen wird mehr Energie (Chi) gewinnen.


Energiefelder von belebten und unbelebten Objekten kann man mit der richtigen Übung durchaus subjektiv wahrnehmen. Eventuell ist diese Wahrnehmung nur eine Gefühlsinterpretatin des Gehirns von auf anderem Wege aufgenommen Informationen+Erinnerungen

Wenn sie subjektiv ist, ja! Was wäre wenn es möglich wäre das subjektive hinter sich zu lassen?


Das kann man sicherlich auch ohne Lehrer üben, ich würde aber zumindest zu einem einführenden Wochenendkurs raten, um die gröbsten Fehler und Mißverständnisse auszuschließen (Fehlhaltungen, zu schnelle oder mit zu sehr Kraft geführte Bewegungen). Auf keinen Fall die Wirbelsäule großen Kräfte oder Beschleunigungen aussetzen (Es gibt auch Lehrer, die die Bewegungen sehr "energisch" unterrichten).
Zum Selbstudium der Basisübungen empehle ich die DVD von Eva Rehle (Integrales Qigong), in der man eine gute Anleitung und einen Eindruck von der Sanftheit der Bewegung bekommt, bzw. das Buch von Dr. Monika Jiang "Cahn Mi Gong- durch einen gestärkten Rücken zu innerer Harmonie", beides hier aufgeführt: Publikationen über Chan Mi Gong
Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass die Bewegungen nicht so einfach sind, wie es scheint.

Ich werde da selbst mal etwas forschen. Mich nervt es aber wenn mir Leute in VHS- Kursen was beibringen wollen was sie selbst nicht können. Ich hatte da schon mal ein einschneidiges Erlebnis. Einen richtigen Lehrer zu finden wäre sicherlich besser. :)


nach intensiven Übungseinheiten die zu einer Öffnung des Körpers führen, wie z.B. Chan Mi Gong oder TaijiDaohin aber nicht wirklich Kraft oder Jin- Übungen im nagualschen Sinne, fühle ich durchaus motiviert heftig auf Sandsäcke einzuschlagen,

Ich glaub ich verstehe was Du meinst. Mach das manchmal auch mit härteren Gegenständen. ;)

bluemonkey
05-11-2009, 08:56
Eine Beziehung zwischen Quantenmechanik und diversen Phänomenen herzustellen ist interessant aber ich verstehe zu wenig davon.


Leider trifft das auf die meisten zu, die das tun.
Selbst für Physik-Professoren ist das schwierig:

Buchkritik -- Victor Mansfield -- Tao des Zufalls (http://www.inkultura-online.de/mantao.htm)




Wenn sie subjektiv ist, ja! Was wäre wenn es möglich wäre das subjektive hinter sich zu lassen?


spirituelle Erfahrungen und auch energetische gehören in den subjektiven Bereich.
Objektive Erklärungen sind Sache der Wissenschaft, da gibt es wenig tatsächliche Erkenntnisse über diese Dinge.



Ich glaub ich verstehe was Du meinst. Mach das manchmal auch mit härteren Gegenständen. ;)

da ich mir früher in jugendlichem Leichtsinn einen Fingerknöchel kaputtgekloppt habe, lasse ich das lieber.:p

LoneWolf
05-11-2009, 11:06
spirituelle Erfahrungen und auch energetische gehören in den subjektiven Bereich.
Objektive Erklärungen sind Sache der Wissenschaft, da gibt es wenig tatsächliche Erkenntnisse über diese Dinge.

Wenn man die Wissenschaft als solche in diese Betrachtungsweise mit einbeziehen will dann muss man das so sehen, ja!

Ab einem gewissen Punkt würde ich aber nicht mehr von subjektiven Wahrnehmungen sprechen aber das ist ein anderes Thema...


da ich mir früher in jugendlichem Leichtsinn einen Fingerknöchel kaputtgekloppt habe, lasse ich das lieber.

Ja, bei mir ist es der rechte mittlere Knöchel der seitdem ich ein massives Holzbrett mit 20 Jahren zertrümmert habe etwas hervorsteht. Ich mag das aber so! :D Es ist halt in der Tat jugendlicher Leichtsinn... ;)

nagual
05-11-2009, 15:44
spirituelle Erfahrungen und auch energetische gehören in den subjektiven Bereich.
Objektive Erklärungen sind Sache der Wissenschaft, da gibt es wenig tatsächliche Erkenntnisse über diese Dinge.

Die subjektive Erfahrung und die "objektive" Beobachtung (d.h. die Beobachtung von außen, aus der Perspektive einer anderen Person, die stets von weiteren Beobachtern nachvollzogen werden könnte) sind lediglich zwei grundverschiedene Perspektiven.
Man kann aber davon ausgehen, dass zur einen Erfahrung immer auch die aus der anderen Perspektive gehört, oder zumindest theoretisch möglich ist.
D.h. auch zur subjektiven Erfahrung der Einbildung gehört die objektiv mögliche Beobachtung der Gehirnzentren, die daran beteiligt sind.

Insofern sind "spirituelle und energetische Erfahrungen" keine per se subjektiven Angelegenheiten, sondern lediglich die typische Benennung aus der subjektiven Perspektive.

Solche subjektiven Erfahrungen sind immer auch von objektiv beobachtbaren Phänomenen begleitet, und das können physikalische, chemische, biologische und auch psychologische Phänomene sein, die psychologischen Phänomene können dann z.B. Beschreibungen oder Verhaltensänderungen sein, die man ggf. auch als Beleg einer gewissen Echtheit der Erfahrung bewerten kann.

Wenn jemand nach einer aus seiner Sicht spirituellen Erfahrung ein erkennbar friedfertigerer, ausgeglichenerer oder motivierter Mensch geworden ist, ist das ein Unterschied zu einer Erfahrung einer Einbildung oder Selbstsuggestion, die meistens keine solchen Effekte auf die Psyche des Menschen hat.

bluemonkey
06-11-2009, 08:24
Wenn jemand nach einer aus seiner Sicht spirituellen Erfahrung ein erkennbar friedfertigerer, ausgeglichenerer oder motivierter Mensch geworden ist, ist das ein Unterschied zu einer Erfahrung einer Einbildung oder Selbstsuggestion, die meistens keine solchen Effekte auf die Psyche des Menschen hat.

Diese Veränderung sagt aber nichts darüber aus, ob beispielsweise jemand Gott tatsächlich begegnet ist, oder nur zur Schläfenlappenepilepsie neigt.
Seine subjektive Interpretation der Sache macht aber tatsächlich den Unterschied aus.
D.h., wenn jemand aufgrund einer Gehirnerkrankung eine Erfahrung der Verbundenheit mit allen Wesen macht, dann wird er eher sein Verhalten ändern, wenn er glaubt (subjektiv), dass das auf einer objektivierbaren Realität beruht, als wenn er einsieht, dass die Erfahrung nur Symptom einer Krankheit ist.
Ähnliches gilt sicherlich für Nahtoderfahrungen.
Es gab Experimente, die gezeigt haben, dass Menschen, denen man erzählt, der Mensch hätte keinen freien Willen, eher zu unethischen Verhaltensweisen neigen, als soche, denen man das Gegenteil erzählt.
Damit ist aber nichts darüber ausgesagt, ob der Mensch einen freien Willen hat.
In der KK kann die falsche subjektive Interpretation "ich kann andere berührungslos kontrollieren" objektiver Phänomene "meine Schüler machen komische Dinge, wenn ich vor ihnen mit den Händen rumrudere" zu tragischen Ergebnissen führen (das bekannte Video des KiAi-Meisters).
Daher sage ich, dass ich unter bestimmten Umständen subjektiv Energiefelder und Qualitäten von Menschen und Dingen wahrgenommen habe, kann aber ohne ausgefeilte Versuchsanordung nicht sagen, ob die Energiefeldinterpretation objektiv korrekt ist.
Objektiv ist nur feststellbar, dass beispielsweise eine Buddhadarstellung in der speziellen eine sehr starke emotionale Reaktion in mir ausgelöst hat, obwohl ich dieses Bild vorher schon sehr oft ohne besondern Bezug oder Reaktion erlebte.
Oder dass ich in der Nähe eines großen Bergkristalls wahrscheinlich ein bestimmtes Gehirnmuster aufwies, das subjektiv mit der Wahrnehmung eines "Kraftfeldes" einherging.
Interessant sind in dem Zusammenhang auch die Erfahrungen, die man beispielsweise bei systemischen Aufstellungen machen kann.

Ich bin bei solchen Dingen immer sehr vorsichtig mit Interpretationen, da ich immer an das rechnende Pferd denken muss;) -> Kluger Hans ? Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Kluger_Hans)

vakuum
06-11-2009, 09:14
Heisst 'objektiv' denn nicht einfach, dass man ohne Bestätigung anderer oder Messgeräten sich selbst nicht ernst nimmt, dem Selbsterlebten nicht traut?

nagual
06-11-2009, 09:29
Heisst 'objektiv' denn nicht einfach, dass man ohne Bestätigung anderer oder Messgeräten sich selbst nicht ernst nimmt, dem Selbsterlebten nicht traut?

"Objektiv" bedeutet überlicherweise "intersubjektiv nachprüfbar".
Was ein Mensch rein subjektiv erlebt, ist aber von anderen Menschen nicht subjektiv nachprüfbar, sondern nur, indem mehrere Menschen eine neue Perspektive "erfinden" bzw. einnehmen.

Beispiel:
Ich sehe (subjektiv), dass das obere Licht der Ampel rot leuchtet.
Niemand weiß aber, ob mein Rot, das gleiche Rot ist, dass ein anderer sieht.
Vielleicht sehe ich im imaginären subjektiven Vergleich oben grün und unten rot, aber grün heißt bei mir eben rot und rot heißt grün. Also kann man über die subjektive Perspektive nicht feststellen, ob ich und der andere rein subjektiv die gleichen Farben sehen, und ggf. unterschiedliche Farben einfach so benennen, dass der Anschein entsteht, dass die Wahrnehmung gleich wäre.
Die wirklich subjektive Perspektive ist bekanntermaßen im komplett im Inneren der Person eingeschlossen und für andere nicht zugänglich (außer in Science Fiction-Filmen usw.)

Mögliche objektive Perspektive sind z.B. einfach die Beschreibungen der Farbwahrnehmung zu nehmen (beide sagen, sie sehen "rot") und daraus zu schließen, dass die subjektiven aber unzugänglichen Wahrnehmungen vermutlich tatsächlich gleich sind.
Oder man misst irgendwelche Gehirnaktivitäten und zieht daraus irgendwelche "objektiven" Schlüsse. "Objektiv" heißt hier nicht, dass das zwangsläufig richtig oder bewiesen wäre, sondern nur, dass jeder andere Mensch dies bei Befolgen der Instruktion nachvollziehen kann. Die Instruktion besagt, wie man das entsprechende Messgerät für die Hirnaktivitäten genau einsetzen soll, damit die Ergebnisse bei verschiedenen Untersuchern vergleichbar sind.

Die "objektive" Perspektive entsteht folglich immer aus den subjektiven Perspektiven mehrerer Personen, und bildet eine mental konstruierte Welt. Diese mental konstruierte Welt wird natürlich zu einem Teil der rein subjektiven Erlebnissphäre.

Aber das "objektive" bzw. "intersubjektiv konstruierte" Wissen (welches Teil der eigenen subjektiven Erlebnissphäre ist), dass jemand anderes die gleichen Gehirnaktivitäten zeigt, wenn er ebenfalls "rot" sieht, ist ja nicht mit dem eigenen Erleben, die Farbe "rot" zu sehen, identisch.

---------------

Ich bin bei solchen Dingen immer sehr vorsichtig mit Interpretationen, da ich immer an das rechnende Pferd denken mussIch sage nur, dass die prinzipielle Unterscheidung von subjektiver und objektiver Perspektive auch "spirituelle" und "energetische" Erfahrungen betrifft.
Das bedeutet nicht, dass man folglich die subjektive Erfahrung "ich habe Gott gesehen" nur eben irgendwie "objektiv" überprüfen müsste, und dann hätte man also den Beweise, dass Gott existiert.
Je nach eigenem Weltbild usw. kann man ja zwischen "echten" und "eingebildeten" spirituellen Erfahrungen unterscheiden, und in beiden Fällen wird man nur irgendwelche eher dünnen objektiven Daten haben, um die subjektiven Erfahrungen auch aus "objektiven" (intersubjektiv nachvollziehbaren) Perspektiven zu beobachten. Dann kann man z.B. seine Unterscheidung in "echte" und "eingebildete" Erfahrungen immerhin mit gewissen Daten belegen, wenn auch nicht endgültig beweisen.
Für bestimmte Meditationszustände sind beispielsweise schon bestimmte Muster von Gehirnaktivitäten bekannt.
Ob jemand also tatsächlich fähig ist, sich in einen Versenkungszustand zu begeben, oder ob sich dieses jemand nur einbildet, kann man also durchaus mit objektiven Methoden überprüfen.

Oder bei "Galileo Mysterie" und Sendungen über Kungfu und die wirkungsvollsten Kampftechniken der Welt, Shaolin-Mönche gegen Gladiatoren beim Nadelwerfen durch Glasscheiben usw. machen sie ja auch Wärmbildaufnahmen und behaupten dann, dass wäre Qi und damit der Beweis/Beleg, dass "Qi wirklich existiert".

Fakt ist allerdings, dass man lediglich irgendwelche Aktivitäten des Organismus nachweisen kann, und damit bewiesen hat, dass etwas passiert. Man kann das dann "angeregtes Qi" nennen, und das entspricht auch ungefähr der Sache.

bluemonkey
06-11-2009, 10:24
Heisst 'objektiv' denn nicht einfach, dass man ohne Bestätigung anderer oder Messgeräten sich selbst nicht ernst nimmt, dem Selbsterlebten nicht traut?


Kluge Menschen haben festgestellt, dass es unzählige Möglichkeiten gibt, sich zu täuschen.
So hat sich auch die wissenschaftliche Methode entwickelt.
Leute, die ihre eigene Wahrnehmung über die Realität der meisten anderen stellen, finden sich hoffentlich bald in der Psychiatrie wieder, bevor sie irgendwelche menschenverachtenden Weltanschauugen mit Waffengewalt gegen objektive Realität verteidigen.

vakuum
06-11-2009, 10:26
Chapeau für Deinen differenzierten Kommentar zu meinem Satz, nagual!


"Objektiv" heißt hier nicht, dass das zwangsläufig richtig oder bewiesen wäre, sondern nur, dass jeder andere Mensch dies bei Befolgen der Instruktion nachvollziehen kann.


Genau! Und bevor man eine Instruktion befolgt, muss ein Interesse da sein, diese Instruktion gutzuheissen (oder man wird gezwungen).

Wodurch 'Objektivität' noch subjektiver wird. :)

vakuum
06-11-2009, 10:32
Leute, die ihre eigene Wahrnehmung über die Realität der meisten anderen stellen,


Das tue ich nicht, sondern wie nagual auch sagt, hab ich nur meine Wahrnehmung, von der ich ausgehen kann. Es geht halt nicht anders.



finden sich hoffentlich bald in der Psychiatrie wieder,


Implizite Schuldzuweisung.



bevor sie irgendwelche menschenverachtenden Weltanschauugen mit Waffengewalt gegen objektive Realität verteidigen.


Eine 'objektive Realität' gibt es nur wenn eine Einigung auf Methoden und Axiome besteht, und Menschen dazu zu zwingen, z.B. per Gesetz, ist auch eine Form von Gewalt.

Zhenwu-Ahlen
06-11-2009, 10:33
Kann es sein, dass die Diskussion in den off-topic Bereich abdriftet? :rolleyes:

Jochen Wolfgramm
06-11-2009, 10:42
Trotz Bitte weiter Off Topic. CLOSED
(Wozu haben wir Unterforen? Wozu gibt es den Extrathread?)