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Vollständige Version anzeigen : Demo/Unterricht von Fernando Chedel



GilesTCC
18-11-2009, 13:00
Hi Leute,

Drei Videos, die einen Eindruck von Fernando Chedel und seinem Unterricht geben.

YouTube - Tuishou (push hands) Demonstration mit Meister Fernando Chéd (http://www.youtube.com/watch?v=smsbFfnSM_A)
Freies Tuishou mit einem Schüler, Felix Bargados. Dies war eine spielerische Demonstration mit einem unterrichtenden Element: Fernando wollte Felix helfen, die Koordination seiner beiden Hände zu verbessern und hat seine Techniken entsprechend gestaltet. Felix lernt seit einigen Jahren Tai Chi bei Fernando und ist ansonsten 5. Dan Karateka.


YouTube - Combate de Tai Chi Maestro Fernando Chedel (http://www.youtube.com/watch?v=gWwuOcpnxws)
Das Gleiche aus einer anderen Perspektive, anders und kürzer geschnitten und vor allem mit anderer musikalischer Untermalung...! :D


YouTube - Fünf Tage mit Fernando Chedel im Berlin im Herbst 2008 (http://www.youtube.com/watch?v=oT-0kWHisU4)
Berliner Seminar für Form und Prinzipien, mit dem Fokus auf Basics; Teilnehmer eine Mischung aus Anfänger und das, was bei uns als 'Fortgeschrittener' durchgeht. Bei diesem Seminar ging es zwischendurch auch ein bisschen zackiger zu, aber das Kamera war nicht so oft eingeschaltet.


Schöne Grüsse,

Giles

Freier Geist
18-11-2009, 15:55
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GilesTCC
18-11-2009, 20:41
Hi FG,

Das ist in Prinzip normales fortgeschrittenes "moving step" Tuishou wie sie in der Ma Tsun Kuen-Schule geübt wird. Jedoch in einer Geschwindigkeit, die die meisten von uns nicht hinkriegen können, ohne daß es in einem holprigen Gemurks ausarten würde :o.

Zuerst der Zweck (Regeln sind dafür da, um den Zweck zu unterstützen):
- Einen Austausch von Energie (Angriff, Verteidigung und Konter) entstehen zu lassen, die potential ohne Ende ist. Was heißt, man versucht, weder sich selbst noch den Partner auszubremsen oder zu blocken, sondern die Energie von jeder Bewegung für die Entstehung von der nächsten Bewegung zu nutzen.
- Das bedeutet auch, den Bewegungen (sprich: den Angriffen und Rückziehern) des Partners zu folgen und, wenn man das gekonnt macht, dadurch den Vorteil zu bekommen. Entsteht dadurch eine Gelegenheit zum Angriff, sollte man diese nehmen. Bei einem Angriff nimmt man die Energie, Richtung usw. des Partners, wandelt diese um und tut dann im richtigen Moment die eigene Prise dazu ;)
- Die Tai Chi-Prinzipien (song, zhong ding, die "8 Energien", kleben, folgen, umwandeln usw.) sollen immer integer bleiben. Aus dem Aufrechterhalten der Prinzipien entstehen dann konkrete Techniken (die man oft aus Tai Chi-Formen kennt). Die Techniken sollen immer sauber ausgeführt werden, was auch (im Idealfall bedeutet), daß wenn eine Technik nicht gelingt, die kann sich sofort im Fluß des Geschehens wieder auflösen – ist dann zugleich der Samen des nächsten Angriffs oder einer Verteidigungstechnik.

Das Tuishou bleibt eine Übungsmethode und ist nicht mit Kampf zu verwechseln. Zugleich sollte die Art, wie man Tuishou macht, und die Fähigkeiten, die man dabei entwickelt, einem in einem Kampf zugute kommen.
Die "Regeln" sind eher Übungsprinzipien. Dies ist kein Wettkampf-Tuishou.
- Man bleibt miteinander im Kontakt, um das Folgend und Kleben und besser üben zu können. Was dabei entstehen sollte, ist das Gefühl, selber nichts mehr zu machen, oder höchstens die eigene Prise dazu zu tun. Stattdessen ist es der andere, der alles tut, und du surfst auf seine Welle – und gewinnst dabei die Oberhand. Obwohl es paradox erscheint, ist es möglich, daß beide Menschen dieses Gefühl bekommen. Daß kann beim Üben jedoch nur passieren, wenn...
- Beide Partner bereit sind, das Trainingsspiel lebendig zu halten, indem sie ihre eigene Energie "schenken" und nicht zurückhalten. Im Training heißt es, besser um immer wieder einen (guten) Angriff zu versuchen und womöglich dadurch selber gekriegt zu werden, als sich ängstlich zurück zu halten und dadurch weniger riskieren. Es macht nichts aus, wenn man gekriegt wird: Es ist ja kein Wettkampf, sondern eine Trainingsmethode, wo beide Partein lernen und profitieren sollte. Das kann man mit einem Tennisspiel vergleichen, wo man besser trainiert und lernt, wenn man immer wieder Bälle über den Netz schlägt und Bälle annimmt, statt die ganze Bälle für sich zu horten, weil man ja bloß nicht verlieren will. Man lernt und wächst, indem man spielt. Macht auch mehr Spaß!
- Zugleich versuchen beide schon, auf Tai Chi-gerechte Weise zu gewinnen. D.h. mit sauberen effektiven Techniken, die in einer Kampfsituation und bei voller Geschwindigkeit wirklich etwas bringen würden. Der Rahmen (wie oben beschrieben) ist kooperativ, damit beide wirklich lernen und sich entwickeln können, aber eine Technik soll sitzen. Alle Kampftechniken sind zugelassen (hier wird nicht getreten, aber das wäre genauso drin), jedoch alle mit genug Sensibilität ausgeführt, daß man sich nicht verletzt. Den anderen ab und zu ein bisschen durchzurütteln ist OK ;)
- Dieses schnelle, mobile, fortgeschrittene Spiel ist im Gründe genommen genau das Gleiche wie diese Grundstufen wie in dem dritten Berliner Vid, oder auch hier: http://www.taichi-potsdam.com/swfmovies/gs2sc240.swf (Schon ein paar Jahre alt, hoffentlich sind wir ein bissl weiter heute...). Das was Fernando und Felix im Video spielen, ist mit schnellen Schritten, mehr Techniken und vor allem mehr Können (!) ausgestattet, aber die obengenannten Ziele und Regeln sind eigentlich die Gleichen.
"First crawl, then walk, then run"

In einer Kampfsituation können/sollen die Stufen "Abfangen", "Kleben", "Folgen bzw. Sich Bewegen Lassen", "Energie vom Gegner leihen und umwandeln", "Kontern", "Schluß" innerhalb eines Augenblicks ablaufen. Das ist natürlich schwer, aber es geht. Es ist das, was in dem Vid die ganze Zeit geübt oder zumindest versucht wird.
Unter anderen soll es betont werden, daß ein mögliches Erfolg nicht davon abhängt, ob man eine "Feinmotorik" unter Streß aufrecht erhalten kann. Vielmehr ist das Tuishou (und andere Trainingsmethoden) dafür da, um eine andere Art von "Grobmotorik" oder "Ganzkörpermotorik" zu entwickeln. Das ist was man bei Fernando im Vid sieht, ist keine "Feinmotorik".

Ich hoffe, du kannst etwas mit diesen Antworten anfängen.

Schöne Grüße,

Giles

Freier Geist
19-11-2009, 16:36
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