PDA

Vollständige Version anzeigen : Ist das die richtige Einstellung?



Jochen Wolfgramm
01-12-2009, 07:16
Oft höre ich Dinge, die mich zum Nachdenken anregen oder auch einfach nur ärgern aus der bunten Kung Fu Landschaft hier in Deutschland.

In den letzten Wochen habe ich so einiges gehört, etwas davon möchte ich euch mal hier als Diskussionsstoff geben. Bitte in der gesamten Diskussion Namen von Lehrern und Organisationen vermeiden! Danke!

Es geht darum, dass sich Kung Fu "Lehrer" Konzepte ausdenken, um möglichst lange Schüler "auszubilden" ohne ihnen tatsächlich etwas essentielles zu unterrichten. Soll heissen: die Schüler lernen über Jahre unterschiedliche Formen, Partnerübungen etc aber nicht wirklich die Zusammenhänge und die genaue Basis. So soll dem entgegen gewirkt werden, dass Schüler irgendwann "zuviel" wissen und ihren eigenen Weg gehen und den "Lehrer" verlassen.
Hier wird Kung Fu also als bloße kommerzielle Maschinerie gesehen und behandelt.
Ich finde dies sehr bedenklich und halte da sehr wenig von.
Wie sind eure Erfahrungen? Hat jemand in solch einer Schule gelernt oder lernt da noch?

Papatom
01-12-2009, 08:08
Guten Morgen,

fürs bessere Verständnis...wo genau ziehst Du die Grenze zu dem "normalen" Graduierungssystem (weiss, gelb usw.). Das i st ja in gewissem Sinne auch ein "Zurückhalten" von Wissen. Teilweise aber durchaus sinnvoll...ich persönlich fand es z.B. gut, erst die Basisstände zu lernen und diese dann in Formen wiederzufinden.

Oder verstehe ich das gerade total falsch? :o

Danke & Gruß

Jochen Wolfgramm
01-12-2009, 08:20
Ja tust du ;)
Graduierungssysteme sind aus meiner Sicht nicht das Problem. Problem ist es, wie ich Schüler unterrichte bzw. eben nicht.
Beispiel: wenn ich Schüler ewig mit "voll geheimen" Inhalten neugierig halte, Formen in die Länge ziehe und dann nach Beenden nicht mal ins Detail gehe um den Inhalt der Taolu (Form) wirklich vom Schüler verstanden sehen will. Dass die Basis eben nicht extrem ausführlich geübt wird (was ja langweilig ist) und so das Kung Fu der Schüler immer "lowlevel" bleibt, aber dafür Formen aus unterschiedlichen Bereichen verkauft werden, um das Interesse des Schülers zu erhalten.

Papatom
01-12-2009, 08:26
Moin,

ach so, ok. Das Problem kenn ich nicht. Wir lernen so schnell, wie wir es schaffen (d.h. wie wir pers. Fortschritte machen). Wer nicht so weit ist, lernt langsamer, aber wer sich reinhängt...

Fände ich aber auch seeeeehr bedenklich, wenn ich ewig auf den Sinn des Ganzen oder die ultimative Geheimtechnik warten müsste. :(

Grüße

Gong Fu
01-12-2009, 10:46
Es geht darum, dass sich Kung Fu "Lehrer" Konzepte ausdenken, um möglichst lange Schüler "auszubilden" ohne ihnen tatsächlich etwas essentielles zu unterrichten. Soll heissen: die Schüler lernen über Jahre unterschiedliche Formen, Partnerübungen etc aber nicht wirklich die Zusammenhänge und die genaue Basis. So soll dem entgegen gewirkt werden, dass Schüler irgendwann "zuviel" wissen und ihren eigenen Weg gehen und den "Lehrer" verlassen.
Hier wird Kung Fu also als bloße kommerzielle Maschinerie gesehen und behandelt.


Dies ist doch der Grund dafür warum das Wushu in Deutschland langsam aber sicher den Bach runtergeht!
Finde dies auch mehr als schade :(

Gruss,
Gong Fu

fei li
01-12-2009, 11:28
Ich denke mal da zählen sehr viele Schulen dazu, inklusive der
Mehrzahl der TJQ Vereine. In den meisten werden nur Formen gelaufen, ohne dass verstanden wird, was diese Gesten bedeuten und wie sie konkret umgesetzt werden.

Das überschneidet sich auch mit der Diskussion, warum Kungfu im Allgemeinen und TJQ im speziellen oft vorgeworfen wird nicht strassentauglich zu sein.

Pu Bär
01-12-2009, 13:12
Die richtige Einstellung ist es sicher nicht, wenn man die Schüler davor bewahrt wirkliche Fähigkeiten zu entwickeln. Ich bin auch kein Freund davon, die Leute mit immer noch mehr Formen oder speziellen Übungen anzufüttern.

Lasst uns doch mal einige Punkte abwägen:

1. Sehen wirklich so viele Kungfuschüler ein, dass es unter Umständen Jahre dauern kann, bis sich "kungfu" einstellt? Immer wieder die gleichen Übungen... ;)
Ich glaube, dass der Großteil der Trainierenden nicht geduldig genug ist. Um sie dann bei der Stange zu halten, damit sie überhaupt trainieren (was gut für sie und die Schule ist), lernen sie halt Formen oder ähnliches. Und dann können sie fröhlich nach Hause kommen und sagen "Heute haben wir 'Das Wildschweinqigong gelernt! Wow, fühle mich schon so richtig dreckig. Nächste Woche machen wir dann "Stehen, wie ein Baumstumpf!"

2. Haben vielleicht manche Lehrer selbst diese Geduld gegenüber den Schülern nicht (siehe 1.) und fühlen sich im Lieferzwang?

3. Haben vielleicht manche Lehrer die Geduld sich selbst gegenüber nicht und haben dementsprechend auch nichts Tiefergehendes, was sie überhaupt unterrichten können?

4. Unterscheidung: Unterricht vs. Training!
Liegt es nicht eigentlich in der Hand der Übenden? Vielleicht sollte man als Lehrer seinen Unterricht so gestalten, dass die Schüler die "langweiligen" ständig und täglich zu wiederholenden Basisübungen unterrichtet bekommen und sie dann als ständige Hausaufgabe zu sehen sind. Regelmäßig kann ja dann eine Kontrolle und Korrektur (neue Aspekte usw.) des geübten Gutes erfolgen.
Mir als Schüler wäre die Zeit im Training zusammen mit dem Meister zu schade um sagen wir mal von 90min 30 zu stehen. Dann doch lieber Kontrolle und Korrektur und dann Partnerübungen und etwas Formunterricht. Üben findet außerhalb des Unterrichts statt. Wer dann nicht übt, kommt auch nicht vorwärts!

Klaus
01-12-2009, 13:31
Standübungen sollte man im Training nachdem man sie beigebracht hat auch nicht regelmässig machen, weil das die Zeit für anderes nimmt. Das kann jeder zuhause für sich selbst machen, jeden morgen und abend. Als Aufwärmtraining kann man davon ein paar Minuten machen, aber 30 sind definitiv unsinnig, wenn man nur 90 Minuten hat.

Wenn man korrekt trainiert, stellt sich "gong fu" übrigens nicht erst nach 150 Jahren ein, sondern nach etwa einem halben Jahr. Zumindest sollte man da einen deutlichen Unterschied sehen, und ich habe den bei normal trainierenden Leuten auch gesehen. Man kann nicht erwarten dass man nach einem Jahr zweimal in der Woche Training mal eben bei der UFC mitmischt, aber die athletische Fitness eines typischen Hobbyvereinssportlers im Fussball sollte man haben.

Die Voraussetzung ist aber, dass man tatsächlich RICHTIG trainiert, und nicht einfach nur die Positionen runterhuscht, und versucht "gut auszusehen". Das sind man ja nicht selten.
Und dann reicht es auch, eine oder zwei Formen zu können die man dann im Sinne eines Zirkeltrainings für eine halbe Stunde aneinanderhängt, und nicht einmal vor dem Spiegel machen ob es hübsch aussieht, und dann ist man für den Tag fertig. Oder wenn man die eine Form "kann" gleich die nächste von 350 Formen zu lernen. Eine Handvoll Formen die alle wichtigen Skills im Sinne von Positionswechseln und Krafteinsätzen enthalten reicht völlig aus.

John Preston
01-12-2009, 13:47
Mmmhh also persönlich kenne ich dieses Problem nicht, sondern immer nur vom hören-sagen, daher konnte ich mir bislang dahingehend keinen Eindruck verschaffen.
Aber wenn ich dieses hören-sagen mit meinem Training und meinen Erfahrungen vergleiche, dann bin ich sehr froh, dass ich einen Lehrer habe, der auf mich, meine Bedürfnisse und meine Lerngeschwindigkeit eingeht. Ich kenne das Training nur sehr familiär, was meinen Trainer für mich zu einem wirklich "lehrenden Vater" macht. Zugleich wird er zu einem Vorbild bei dem ich sagen kann, dass ich ihn irgendwann übertreffen möchte. Doch um das zu schaffen benötigt es noch einiges an Training.
Hierbei werden nicht unnötig weiter irgendwelche Formen entwickelt, sondern vielmehr die Formen die man geübt hat immer wieder geübt, doch nicht nur das, die so immer wieder eingeprägten Abläufe sollen natürlich auch im Sparring ausprobiert werden.
Na ja was rede ich, die Meisten werden es eh so oder so ähnlich handhaben.

fei li
01-12-2009, 13:53
Ich glaube, dass der Großteil der Trainierenden nicht geduldig genug ist. Um sie dann bei der Stange zu halten, damit sie überhaupt trainieren (was gut für sie und die Schule ist), lernen sie halt Formen oder ähnliches. Und dann können sie fröhlich nach Hause kommen und sagen "Heute haben wir 'Das Wildschweinqigong gelernt! Wow, fühle mich schon so richtig dreckig. Nächste Woche machen wir dann "Stehen, wie ein Baumstumpf!"


Grossartig formuliert! Danke :)

Jochen Wolfgramm
01-12-2009, 14:22
@ Pu Bär: da hast du natürlich recht und mir ist aufgefallen, dass ich eine wichtige Info vergessen habe zu erwähnen.
Dies Verhalten ist willentlich (ok, Punkt 3 kann auch sehr gut zutreffen) um die Schüler klein zu halten entwickelt worden, nachdem einige Lehrer des öfteren Fortgeschrittene Schüler "verloren" haben. Sprich: in Zukunft sollen Schüler die sich von ihrem Lehrer trennen, auf keinen Fall irgendein Wissen um die Kampfkunst haben... Ich fand das schon starker Tobak und bin nach wie vor ob dieser Einstellung schockiert.

Papatom
01-12-2009, 14:31
Hi,

das klingt jetzt aber doch nach einer ganz gewissen Richtung und ich frage mich, ob das dann allgemein über "das Kung Fu in Deutschland" gesagt werden kann...

Grüße

unimog
01-12-2009, 16:26
Worüber sprecht ihr denn hier? Was ist denn ein Detail in der Form? Hier muss der Fuss so stehen oder was?
Oder komische Anwendungen? Ich versteh dieses ganze Kung Fu Zeug nicht mehr. Gong Fu du kannst doch aus beiden Lagern sprechen kannst du nur mit Tanglang Leute zum kämpfen bringen, oder nutzt du da nicht auch Trainingskonzepte aus dem BJJ oder MMA training?

Viele Grüße
Dominik

Pu Bär
01-12-2009, 17:14
@Jochen: Genau diesen Hintergrund habe ich hinter deiner Threaderstellung auch gesehen.

Diese Entwicklung ist natürlich bedauerlich, führt aber zu einem gewissen Fluß von der Schülergeldbörse zu der des Lehrers. ;) Und da das zu funktionieren scheint, wird das auch immer häufiger.

Es ist scheinbar gängige Praxis erstmal die Schüler zu ködern ("in einem halben Jahr lernst du Technik XY und die ist schon Level3") und dann irgendwann, wenn sie anbeißen, selbst in den Gurustatus zu kommen ("ZY ist noch nichts für dich. Das üben wir dann später mal, wenn du auf meinem Level bist.").

Den Gurustatus kann man sich auch gut erhalten, wenn man nie mit einem Schüler oder im Beisein eines Schülers sparrt.
Und wenn man dann das Fortschreiten der Schüler behindert, indem man sie mit (in ihrer Quantität) nutzlosen Formen ablenkt, behält man sich einfach einen Vorsprung.
Diesen Vorsprung kann man noch weiter ausbauen, wenn man im Training bei Anwendungsdemonstrationen 1.äußerst springbereite Partner hat und 2. immer noch so halbseidenes Zeug nur "andeutet" (bswp. Dim Mak, auch wenn man's nicht kann: "Mach ich ja nur nicht, damit er jetzt hier nicht krepiert."). Die Schüler staunen und alle sind zufrieden.

Wenn ich meinen Post so überlese, hihi, dann sieht es so aus, als wüsste ich zu genau wovon ich rede ;).

Tatsächlich hatte ich das Glück bis jetzt nur ehrliche Lehrer angenommen zu haben. Getroffen habe ich noch mehr und Demos gesehen und von anderen Leuten haarsträubende Geschichten gehört, dass ich diese Taktiken quasi studiert habe. Da Anfangsvoraussetzung des Threads war, keine Namen und Organisationen zu nennen, kann ich mir gottseidank das Tippen sparen.

@Klaus: Was die Zahl der Formen angeht - natürlich reichen wenige oft wiederholt aus. Allerdings nur, wenn diese Formen dann auch alles wichtige des Stils enthalten (und sei es nur an einer Stelle).
Mit einer Änderung gilt für mich da immer noch: Formen gibt es nur für den Geldbeutel des Lehrers (http://www.kampfkunst-board.info/forum/f52/welche-form-findet-gut-84367/index2.html#post1538831). Die Techniken könnte man auch anders üben und einprägen. Die Basisübungen eines jeden Stils incl. Grundtechniken, Schritte, Kraftentwicklung, Struktur, spezielle Partnerarbeit wg. Taktik und Strategie usw. enthalten eigentlich alles wichtige eines Stils.

T. Stoeppler
01-12-2009, 19:04
in Zukunft sollen Schüler die sich von ihrem Lehrer trennen, auf keinen Fall irgendein Wissen um die Kampfkunst haben.

Ja das ist natürlich blöde, es verdirbt den Sinn des ganzen Trainings. Aber dann - wie viele Leute wollen eigentlich "Sinnvolles Kampfkunsttraining"?

Andererseits ist es auch klassischerweise bei den chinesischen traditionellen systemen eben auch so, dass die "normalen" Schüler eben mehr oder weniger Murks gezeigt bekommen, bzw nur das Basistraining, und nach einer kleinen Gefälligkeit an die Familie kann man dann im inneren Kreis das "echte" Zeug trainieren.

Das Hauptproblem ist eben das easy come easy go Phänomen, wo jeder Schüler eben nur solange da is, wie es ihn/sie interessiert. Wenn man da auf Monatsraten angewiesen ist, muss man die Leute eben bei der Stange halten.

Gruss, Thomas

GilesTCC
01-12-2009, 20:44
Das Problem kann oft darin liegen, daß ein Lehrer sein Unterrichten von wirtschaftlichen Diktaten zu sehr beeinflussen lässt. Wer seinen Unterricht so gestaltet, daß seine Schüler mit der wesentlichen Materie (und daher auch mit den wesentlichen Herausforderungen und Problemen) zu tun haben, und seine Schüler dabei individuell fördern will, muß im Kauf nehmen, daß relativ viele Schüler wieder gehen werden - weil der Lernweg oft anstrengend ist und einen auf sich selbst zurückwirft - und die Kernschülerschaft daher langsamer wächst.

Wird der Unterricht auf solche Weise gestaltet, dann merkt jeder Schüler, daß die grössten Hürden nicht die nächsten Prüfungsstufen sind, sondern die eigenen Unfähigkeiten und Kopfgeschichten. Diejenige, denen dieser Umstand zu viel ist, werden nicht lange dabei bleiben.

Das ist nicht so schlimm - oder sogar gut - solange der Lehrer nicht schnell und gut verdienen will/muß. Steht er aber unter inneren und/oder äusseren Druck, schnell eine grosse Schülerschaft aufzubauen und zu halten, so muß er auf künstliche Hilfsmittel, wie z.B. von Jochen in der Ausgangspost beschrieben, zurückgreifen. Dieser Druck kann hauptsächlich finanziell sein, oder auch egogesteurt.

Es ist daher gut, einen Lehrer zu haben, dessen Finanzen und/oder Selbstwertgefühl nicht zu eng mit der Tatsache verknüft ist, ob du bleibst oder gehst. Oder einen zu haben, der vielleicht schon finanziell arm ist aber dem trotzdem ein integerer Unterricht noch wichtiger ist...

Schöne Grüsse,

Giles

Jochen Wolfgramm
02-12-2009, 06:54
Klar, das finanzielle Problem darf man nicht vergessen. Ich habe auch erkannt, dass es notwendig ist, dass viele Schüler die "hobbymäßig" trainieren die wenigen Schüler finanzieren, die es ernsthaft angehen.
Solange man ehrlich damit umgeht und den Schülern keine Geheimnisse auftischt, ist das auch völlig ok so.
Allerdings sehe ich den Sinn als Lehrer darin, mein Wissen uneingeschränkt weiterzugeben und wenigstens ein paar Schüler auszubilden, die irgendwann auch besser sind als ich. Einfach zB dadurch, dass ich sie nicht alle meine Fehler machen lasse ;). Wende ich mich von diesem Ziel ab, unterrichte ich kein gutes Gong Fu, bringe den Stil nicht weiter und murkse nur herum.
Insofern kann ich Thomas, Gong Fu, nur recht geben.

scarabe
02-12-2009, 21:08
Ich kann leider selbst aus wiederholter negativer Erfahrung heraus, sowohl bei deutschen, als auch asiatischen Institutionen dieses Problem nur bestätigen.
Es setzt sich aus zwei Hauptaspekten zusammen:
Erstens wird der Unterricht oft so gestaltet, daß den Schülern wichtige Zusammenhänge oder Bestandteile vorenthalten werden (insbesondere gute Schüler werden auf diese Weise gern auf ein Abstellgleis gestellt)
oder es wird generell nur bis zu einem bestimmten Niveau unterrichtet und man tritt dann das Training ablenkend so "breit", daß es den meisten Schülern gar nicht auffällt, daß sie plötzlich kaum noch Entwicklung durchmachen

und zweitens gibt es jede Menge mentaler Manipulationen, die darauf abzielen, Schüler entweder daran zu hindern, auch mal auf die "ja sowieso viiieeeel Schlechtere" Konkurrenz zu achten (wir haben das beste System, weil Meister sowieso ist nunmal der Beste und alle anderen Meister können dagegen ja nur Pipifax...)
oder aber die versuchen, recht gute Schüler zu verunsichern, indem sie ihnen suggerieren, ja gar nicht gut zu sein.
Und wer andere Seminare besucht oder es wagt, den Kopf mal über den Horizont herauszustrecken, wird patzig behandelt und so "erzogen".

Beispiele aus meinen diversen Jahren an Erfahrungen:
Mir ist es ernsthaft in ein- und demselben großen (mehrtägigen) Seminar passiert, daß mich alle mit dem größten Respekt behandelten, weil sie aufgrund meiner Präsentation dachten, ich wäre Lehrer; als ich dann aber klarstellte, daß ich nur wenig unterrichte und in der Schule sowieso lernte, änderte sich plötzlich die Stimmung und man war sichtlich bestrebt, Fehler zu finden und meine Leistung abzuwerten. Nach etwa einem Tag Gemeckere kamen dann ein paar ausländische Lehrer und lobten mich, woraufhin die Stimmung wieder kippte und ich plötzlich wieder "sooo gut" war... Da fragt man sich schon....

Es hat auch ernsthaft schon ein Trainer, zwischen dem und einer Schülerin die Unterschiede immer kleiner wurden, und dessen eigene Fehler sie immer deutlicher sah (aber natürlich nicht laut aussprach) versucht, ihr noch weitere sechs Jahre ausschließlich sein Training einer bestimmten Form, abgestimmt auf seine leicht fortgeschrittenen Schüler, schmackhaft zu machen und -vermutlich- so zu verhindern, daß sie weiterlerne und sich auch anderswo "entwickelte".
Zu gleicher Zeit bot ihr ein anderer, sehr erfolgreicher Verband, einen Platz im nationalen Showteam und die Einschreibung als Kursleiter an- auch wenn die Wahrheit über ihre Leistung wahrscheinlich irgendwo in der Mitte liegt, so etwas gibt einem schon zu denken.

Das Problem, speziell im Taijiquan genügend sinnvolles Pushhands-und Anwendungstraining zu finden, ist ebenfalls bekannt, das liegt wohl daran, daß viele Lehrkräfte darin selbst nicht genug ausgebildet sind.

Schlechte Behandlung durch einige Verbandsmitglieder gegenüber anderen, die offenbar in dem Bestreben, mögliche spätere Konkurrenz "klein zu halten" und offene Fehlinformationen, sowie verpaßte Seminarbestätigungen usw., um Leuten bestimmte Weiterbildungen, Duan-Graduierungen etc. vorzuenthalten, bis hin zu Verleumdungen habe ich ebenfalls schon erlebt.

Es sei allerdings auch gesagt, daß es selbstverständlich auch viele Schulen gibt, bei denen so etwas nicht vorkommen würde, wo entsprechend auf Anstand und ernsthafte Entwicklung der Schüler geachtet wird.

Eine Bekannte von mir aus dem Kung Fu, die irgendwann über das dargebotene Schul-Niveau der asiatischen Trainer (die durchaus bis in ein weit höheres Niveau unterrichten könnten) hinauswuchs, sollte ebenfalls jahrelang auf derselben Stufe weitertrainieren, sie verließ jedoch die Institution, um sich direkt im Land bei anderen asiatischen Trainern auf ein noch höheres Niveau ausbilden zu lassen, und siehe da, es funktionierte wunderbar.

Zuletzt sei allerdings auch angemerkt, daß es im Leben jedes Kampfsportlers Momente des Übermutes genauso gibt wie die der Frustration und es ist unbedingt wichtig, im Falle von solchen o.g. Problemen (die ja möglicherweise auch auf Selbstüberschätzung beruhen) einen echten Vergleich und weitere Meinungen herbeizuholen- und natürlich die Meinung neutraler Fachleute und nicht die irgendwelcher Freunde, die selbst nur unzureichend Erfahrungen besitzen.

yiquanberlin
02-12-2009, 22:04
@scarabe:

Hervorragend beschrieben...und absolut stimmig mit meinen eigenen Erfahrungen!!!

Jochen Wolfgramm
03-12-2009, 07:57
Letztendlich bin ich nur froh, hier einige zu lesen, die mit offenen Augen durch ihr Leben gehen und diese Dinge ähnlich wie ich sehen. Das macht mir etwas Hoffnung.
Evtl. rückt ja eine neue Generation nach, die verantwortungsbewußter mit dem Thema CMA umgeht. Das wäre schön.

fei li
03-12-2009, 09:37
Das Problem ist oft, dass man schon eine ziemliche Erfahrung braucht,
um solche zweifelhaften Praktiken wahrzunehmen…

scarabe
03-12-2009, 12:18
Ich möchte hier ein Beispiel geistiger Konditionierung anführen- aus einem Chopra-Video (der oft und viele sehr sinnvolle Erkenntnisse mitteilt)- auch wenn es sich auf Fische bezieht, geht es uns Menschen ähnlich und Firmen, wie Verbände nutzen derartige Methoden oft manipulativ, um ihre "Schäfchen" unter Kontrolle zu halten:

Es wurde ein Test gemacht, indem man die Hälfte eines Aquariums mit einer Glasscheibe längere Zeit abtrennte, so daß sich die Fische angewöhnten, rechtzeitig abzudrehen. Auch als die Scheibe entfernt wurde, blieben die Fische in dem vorher benutzten, kleinen Bereich und "betraten" den nun frei zugänglichen Teil des Aquariums nicht. Sie waren erfolgreich so konditioniert, daß ihr Gehirn gar nicht auf die Idee kam, über den bekannten Horizont hinaus zu gehen.
Ebenso konditioniert werden z.B. junge Elefanten in Indien, die Fußfesseln gehorchen, die sie als erwachsene Tiere leicht sprengen könnten.
So ähnlich geschieht es heutzutage in Puncto Kundenbindung und Erziehung ebenfalls häufig mit uns, nur daß die Manipulationen, die das bewirken, vielseitiger sind.
Kann auch im Verein/Verband/Dojo etc. vorkommen!

Ich empfehle zweierlei:
Sich beim Aussuchen gut umsehen, umhören, Probestunden machen. Nicht nur auf Verstand und schöne Worte, sondern auch aufs Bauchgefühl hören.
Und wenn man mal dort ist: Ab und zu über den Horizont hinaus schauen, sich das auch nicht verbieten lassen- jedoch: viele Köche verderben manchmal auch hier den Brei, wenn man eine gute Schule gefunden hat, macht es schon Sinn, dort erst mal eine Weile zu bleiben, bis man ordentlich was gelernt hat.
Wenn man dann aber irgendwann über den angebotenen Level hinausgewachsen ist oder über längere Zeit das Gefühl hat, daß nichts mehr weitergeht, kann man sich ohne schlechtes Gewissen auch umsehen, woran das liegt und ob man anderswo vielleicht Möglichkeiten findet, die man bisher nicht hatte.

Es soll sogar gute und verantwortungsvolle Trainer geben, die einem dabei helfen, etwas Geeignetes zu finden. (mein erster Wushu Trainer aus Shaolin sagte mir damals nach seiner Rückkehr nach China auf meine Frage hin ehrlich, aber schweren Herzens, ich solle in D statt zu der mit ihm cooperierenden Schule besser zu einem bestimmten anderen Chinesen gehen, weil der besser sei, obwohl das für ihn bedeutete, daß ich als Kunde weg war und seitdem nur noch als Besuch gelegentlich auftauche. Respekt!!!)

GilesTCC
03-12-2009, 13:48
Ich empfehle zweierlei:
Sich beim Aussuchen gut umsehen, umhören, Probestunden machen. Nicht nur auf Verstand und schöne Worte, sondern auch aufs Bauchgefühl hören.
Und wenn man mal dort ist: Ab und zu über den Horizont hinaus schauen, sich das auch nicht verbieten lassen- jedoch: viele Köche verderben manchmal auch hier den Brei, wenn man eine gute Schule gefunden hat, macht es schon Sinn, dort erst mal eine Weile zu bleiben, bis man ordentlich was gelernt hat.
Wenn man dann aber irgendwann über den angebotenen Level hinausgewachsen ist oder über längere Zeit das Gefühl hat, daß nichts mehr weitergeht, kann man sich ohne schlechtes Gewissen auch umsehen, woran das liegt und ob man anderswo vielleicht Möglichkeiten findet, die man bisher nicht hatte.

Es soll sogar gute und verantwortungsvolle Trainer geben, die einem dabei helfen, etwas Geeignetes zu finden. (mein erster Wushu Trainer aus Shaolin sagte mir damals nach seiner Rückkehr nach China auf meine Frage hin ehrlich, aber schweren Herzens, ich solle in D statt zu der mit ihm cooperierenden Schule besser zu einem bestimmten anderen Chinesen gehen, weil der besser sei, obwohl das für ihn bedeutete, daß ich als Kunde weg war und seitdem nur noch als Besuch gelegentlich auftauche. Respekt!!!)


Sehr gute Posting.
Ich hatte auch das Glück, einen ersten Tai Chi-Lehrer zu haben (Wilhelm Mertens, Hamburg), bei dem ich einige gute Sachen lernen konnte, aber der mich auch immer unterstützt hat, weiter zu schauen und bei anderen zu lernen. Und als ich mich nach ein paar Jahren von ihm als Lehrer verabschiedete, weil ich in anderen Richtungen trainieren wollte, hat er mich herzlich und mit guten Wünschen gehen lassen. Nachträglich gesehen, ist diese Offenheit unter den allerwichtigsten Sachen, die er mir zeigte/beibrachte.
Dieses Jahr traf ich ihn nach vielen Jahren wieder, habe ein bisschen mit ihm geübt, und er hat sich aufrichtig gefreut über das, was ich in der Zwischenzeit gelernt habe. Ich finde das beispielhaft.

Schöne Grüsse,

Giles