innere kampfkunst-äussere Bewegung egal? [Archiv] - Kampfkunst-Board

PDA

Vollständige Version anzeigen : innere kampfkunst-äussere Bewegung egal?



scientist
14-08-2003, 18:06
hallo,
mal wieder eine frage in der hoffnung auf reichliche antworten:
im tai chi wird gesagt, dass die äussere bewegung einen inneren energiefluss initiiert. später dreht sich dieser prozess um, so dass dann der innere energiefluss zur äusserlichen bewegung führt. jetzt meine frage: ist es ab diesem stadium noch notwendig,überhaupt noch bewegungen, wie sie in der form vorkommen zu üben, oder könnte ich auch durch meinen energiefluss andere bewegungen entstehen lassen, z.B. choy li fut techniken?

brauche ich denn dann überhaupt, die traditionellen taijijuan bewegungen oder könnte ich auch - kenne ich die prinzipien, die mich zu innerem energiefluss leiten - jede beliebige andere kampfkunst ausüben?

hoffe, die frage wurde verstanden...
gruß

Xiaoshi
14-08-2003, 21:07
Ich glaube nicht dass sich Taijiquan bzw. seine "Techniken" irgendwie von anderen Stilen abgrenzt. Verschieden Taiji-stile haben völlig verschiedene äußere Bewegungen, nur die Grundprinzipien sind gleich...

Klaus
14-08-2003, 21:10
Kurz gesagt, Nein. Die innere Kraft wird von alleine immer den Weg nehmen der "richtig" ist, was auch immer das ist. Ich kann aber immer noch das Nutzen des Prozesses an sich üben, also sich "fallen lassen" und immer so agieren daß maximaler Nutzen die Bewegung und Reaktion führt. Was dann wieder so wie das Üben von "Techniken" im normalen Sinn aussieht. Ich würde immer noch das Treten in einen Sack üben, aber die Kraft wird sich aussuchen was exakt passiert. Und das Tollste ist, man vergisst eigentlich was man genau macht, was dann auch nicht so einfach macht das zu erklären, was man eigentlich alles in dem Moment tut.

Renner
14-08-2003, 22:27
Hallo,

ich denke aml es ist nicht möglich einfach andere Techniken entstehen zu lassen.

z.B. Wenn man Karate jahrelang geübt hat und die Techniken beherrscht werden, so kann man nicht gleich automatisch irgendwelche Wushu Techniken.

auf TaiChi bezogen:

Man lernt nicht umsonst die Bewegungen (Form), diese Form wiederholt man so oft, dass jede Bewegung im Prinzip ohne nachzudenken gemacht wird (vom Geist gesteuert), so wie Klaus das denk ich im weitesten Sinne auch meinte.
Wichtig sind die von Xiaoshi angesprochenen Grundprinzipien, wenn man die nicht beachtet, werden es immer nur äussere Bewegungen bleiben.
Es ist ein sehr, sehr langer Weg und schafft man es innere Energie zu sammeln und gezielt abzugeben, so kann man dies sicher in jeder andere Kampfkunst ja in jeder Sportart und im Leben generell verwenden.

Wenn du nur einen Weg suchst innere Energie zu mehren und zu kontrollieren so musst du nicht zwangsläufig TaiChi machen, es gibt sicher auch ne Menge anderer Wege (Qi Kung...).

Fazit:
Wenn du TaiChi "kannst", kannst du noch lange nicht andere KKs, denn die spezifischen Bewegungen einer KK erfordert immer viel Training, aber sicher findet man viele Parallelen und einige Prinzipen wieder.

Das ist meine Meinung...
Gruss Renner

Xiaoshi
15-08-2003, 06:58
Es sind aber nicht die Bewegungen die eine KK ausmachen, sondern deren Grundprinzipien! Wenn du durch Taiji gelernt hast, Kraft zu erzeugen, dann kann das sonstwie aussehen, vielleicht halt auch mal wie Bagua oder sonstwas... natürlich kannst du kein Bagua, weil das andere Grundprinzipien sind (überwiegend).

Aber die Bewegungen kann ich auch so machen, ohne irgendwas drauf zu haben.

Klaus
15-08-2003, 11:18
Prinzipien von KAMPFTECHNIKEN erlernt man durch Üben mit einer fremden Person oder Gegenständen, die man mit TECHNIKEN (das bekannte "Uprooten") bewegt. Formen sind Mittel um das eigene Körpergefühl, und den eigenen Körper zu trainieren. Solange man nichts außen mit dem Druck, den man als Internalist erzeugen und für alle Bewegungen einsetzen lernt, bewegt, wird man nie wirklich solche Kampf- oder Krafttechniken lernen. Da diese Kraft aber überall ansetzen könnte, und Prinzipien die Richtungen und Mechaniken durch Intuition aus dem Üben mit realen Dingen bestimmen (was auswendig lernen NIE kann), kann man das zwar Techniken nennen, aber sowas wird in Formen nicht vorkommen. Darum meine ich auch, daß von Ausnahmen abgesehen, Leute die Formbewegungen als Techniken verkaufen entweder nichts können, oder sich dem Aufkommen dieser Meinungen angeschlossen haben um sich zu verkaufen. Im Chen-Stil gibt es Schläge und Tritte, und das kann man halt auch machen. In anderen Stilen die diese simplen Elemente nicht mehr enthalten gibt es das nicht. Wu-Stil definiert z.B. echte Techniken (13, meine ich) die man auch so im Pushing-Hands und in realen Auseinandersetzungen ausführen kann, wie klebende/fliessende Ellenbogen, kreuzende Hände, usw. Das sind Techniken die man trainiert, die aber nicht in den Formen vorkommen, außer "angedeutet" - und dann sind sie mehrdeutig und können nicht einer einzelnen Technik zugeordnet werden.

Thorre
15-08-2003, 12:03
Klaus

spricht mir aus der Seele. Ich habe bei meinen Schülern auch das Problem, daß sie immer genau wissen wollen, um welche Kampftechnik es sich handelt, wenn sie eine bestimmte Bewegung innerhalb der Form machen. Das tun sie, weil sie überall hören, daß Formen primär aus zusammengesetzten Kampftechniken bestehen.

In den traditionellen Schulen haben viele Formenelemente eigentlich ÜBERHAUPT KEINE kämpferische Bedeutung. Es geht viel mehr um Körpertraining auf einem sehr hohen Level, in den Gesten teilweise auch durch die Mystik der schamanistischen Ursprünge und durch religiös-philosophische Auffassungen geprägt, siehe z.B. die in fast jeder Kung Fu / Wushuform vorkommende Geste des „Ein-Finger-Zen“.

Beste Grüße
Thorre

tigercrane
15-08-2003, 12:09
hi an alle

@thorre

***
fast jeder Kung Fu / Wushuform vorkommende Geste des „Ein-Finger-Zen“.
***

da irrst du.. sie hat eine kämpferische bedeutung.. zumindest bei uns... kenne bisher keine einzige bewegung, welche nicht, neben den anderen aspekten, auch eine kämpferische bedeutung hätte.. wie gesagt, ist bei uns so.. wie es bei anderen aussieht.. keine ahnung

ps: ausser wir meinen nicht die gleiche bewegung..

viele grüsse

Klaus
15-08-2003, 12:35
Diese Fingerhaltungen haben durchaus einen Sinn. Es sind aber in der Regel keine "Fingerstiche".


Thorre,

probier mal folgendes aus: Lege Deinen Arm flach auf den Tisch, mit aufliegender Hand. Ziehe dann die Hand mit entspannten, aber gestreckten Fingern langsam an, immer ein bischen, und nicht anspannen. Der Arm wird immer in der Bewegung ein bischen folgen, das ist egal, Hauptsache der Ellenbogen bleibt auf dem Tisch. An irgendeinem Punkt, bevor man die Hand maximal angewinkelt hat (da würde man nur verkrampfen, und die Muskeln mit der falschen Art von Spannung trainieren), fängt eine angenehme, leicht "juckende" Spannung an. Wenn man dort verharrt, wird der Muskel auch irgendwann eine Reaktion zeigen, er entspannt, obwohl er unter Spannung ist. Um diese Art Spannung geht es bei den Fingerhaltungen. Man nennt das "sinew strength". Das geht auch in die andere Richtung, man legt Daumen und Zeigefinger zusammen als zerdrückt man was, und winkelt nach unten an, auch solange bis eine Spannung entsteht, aber nicht bis man zuviel Kraft braucht und die Muskeln verkrampfen. Diese Art Spannung stimuliert viele Vorgänge, mit der Zeit verändern sich die Muskeln/Muskelköpfe davon. Man muß sie nicht "visualisieren", sie entsteht in der richtigen Haltung ("Aktivierungspunkt" von bestimmten Muskelanteilen) von alleine.


Tigercrane,

welche kämpferische Bedeutung hat es, wenn man mit überkreuzten Beinen in einer tiefen Hocke steht ohne auf die Ferse abzusitzen ? Warum streckt man da mal eine Hand in irgendeine Richtung nach oben, unten etc. ? Viele, natürlich nicht alle, Bewegungen erzeugen irgendeine Art Muskelanspannung die gewisse Architekturen trainiert. Das Mischungsverhältnis solcher zu Technikbewegungen ist in unterschiedlichen Stilen natürlich verschieden. Ich behaupte daß in _rein_ internen Stilen keine Anwendungsbewegungen existieren. Die Kraft die man entwickelt bringt man natürlich mit _gleichen_ Winkeln in der Architektur, und in ähnlichen Verläufen an den Mann (z.B. in der Form wird eine Folding-Bewegung gefolgt von einer streckenden -> ein Gegner wird erst in eine Abwärts-Einwärts-Bewegung gezogen, darauf folgt die "Streckung"=wegschubsen, Fajing). Und irgendwann hat wohl immer mal jemand irgendwelche Anwendungsbewegungen integriert, aus Spaß an der Freud'.

Thorre
15-08-2003, 13:12
Hi Klaus, cooles Experiment. Ich wäre bei der Erklärung der Bedeutung dieser Gesten nicht so vorgegangen, aber Deine Art gefällt mir auch.

Hi Tigercrane, welche Kampfanwendung hat denn diese Handhaltung bei Euch?

Beste Grüße
Thorre

tigercrane
15-08-2003, 13:15
hi an alle

@klaus

***
Und irgendwann hat wohl immer mal jemand irgendwelche Anwendungsbewegungen integriert, aus Spaß an der Freud'.
***
da hast du sicher recht.. anwendungen kann man aus jedem mist machen.. fragt sich dann einfach, ob es auch andere hintergründe, wie du schön beschrieben hast, hat.

ich gehe mittlerweilen grundsätzlich davon aus, dass der grossteil an bewegungen jedes kung fu stils, egal ob innerlich oder äusserlich, aus reinem kampf bestehen bzw für diesen geschaffen worden ist.. natürlich kann man mit einer "blossen" standübung nicht kämpfen.. doch mit der kraft, die man dabei entwickeln lernt..

wie du selber schreibst, lernt man etwas, das mit denselben bewegungen (und der erlernenten kraft inkl. wissen über winkelarbeit) anwenden kann.. somit hat es anwendungen.. oder nicht?

viele grüsse

tigercrane
15-08-2003, 13:22
hi thorre

sorry, du warst zu schnell....

hätte vielleicht oben noch etwas anfügen müssen.. die alleinige haltung der hand ist nicht brauchbar für eine anwendung.. wie alles ist es nur im zusammenhang nutzbar..

da wir unsere anwendungen komplett den formen entnehmen, unterscheiden sich die anwendungen wieder je nach formauschnitt bzw. situation stark..

zum beispiel kann es einen fingerstich sein (dazu müsste man nun das bild posten können), es kann aber auch diverse greiftechniken beinhalten bis hin zu china techniken.. und auch die von klaus beschriebene art ist vorhanden, allerdings ist dies keine anwendung..

um eine ganz genaue erklärung zu liefern, bedürfte es einer vor-ort-demo.. anders geht es fast nicht, da du unsere formen wohl weniger kennst..

viele grüsse

Thorre
15-08-2003, 13:29
Hi Tigercrane, ich meine das hier:

http://catarsis.de/ku_main_1.jpg

Klaus
15-08-2003, 13:47
Das ist genau das was ich meine. Die ursprüngliche Bedeutung ist bei manchen verloren gegangen, wenn man über Gebühr die anderen Finger anspannt. Wenn man dasselbe macht, aber die vier angewinkelten Finger einfach entspannt lässt (die gehen dann leich nach vorne), aber versucht den Zeigefinger so gerade aufzurichten daß das Kribbeln ohne schmerzende Verkrampfung entsteht, dann hat man diesen "sinew strength"-Ansatz. Irgendwan wird auch das "Qi-Kribbeln" mit durch das entspannte, aber aufrechte Halten entstehen. Wer da also einen auf "Leopardenfaust" und was weiss ich für "Fäuste" macht, und die dabei anspannt, trainiert völlig was anderes.

tigercrane
15-08-2003, 13:52
hi thorre

aha.. ein altes foto meines sifus..

also statisch gesehen ist eine atemübung, sprich innere übung.. in aktion bewegen sich die arme nach vorne und wieder nach hinten.. und die möglichkeiten der anwendungen eröffnen sich einem... diese übung kann mit anspannung oder ganz locker und entspannt geübt werden, je nachdem was für einen effekt erziehlt werden soll.. grob gesagt, entweder innere oder äussere arbeit.. ist aber auch zusammen übbar, was wiederum vom level des ausübenden abhängt..

eine mögliche anwendung, ohne die stellung zu beachten, da diese auswechselbar ist, wäre ein stoss bzw das wegstossen einer person (eher offene handflächen) mit anschliessendem greifen zb des schlüsselbein (mit einer oder beiden händen, also links und rechts).. da dies aber nicht gerade einfach ist, kann auch die kleidung oder wenn machbar die haut, muskeln usw. des gegners ergriffen werden..

einhändig wäre zudem noch möglich (immer noch zb schlüssenbein usw. ergreifend) den zeigefinger in den hals bzw bei belieben auf vitalpunkte oder aku.punkte zu pressen oder mittels zeigefinger und daumen den kehlkopf des gegner ein wenig zu kitzeln..

die möglichkeiten sind sehr vielseitig.. sprich eine blosse handhaltung kann zig übungsmöglichten darstellen und zudem noch eine reihe von anwendungen..

der übergang von offener hand, ganz oder teilweise schliessender hand bis hin zu einer tigerklaue kann (muss aber nicht) fliessend sein.. wie überall stellen solche statischen dinge nur eine möglichkeit dar.. den rest lernt man durch üben und sich in die materie reindenken...

ich hoffe, dass ich mich einigermassen klar ausgedrückt habe, ansonsten nachfragen...

viele grüsse

Thorre
15-08-2003, 14:09
Okay Tigercrane,

wenn man aber so an die Sache rangeht, dann hole ich auch aus Flamenco-Bewegungen Kampfanwendungen raus. Ich denke nicht, daß das immer der günstigste Ansatz ist, sondern neige eher den Klaus´schen Erklärungen zu, daß bestimmte Gesten und Moves ursprünglich für physiologische / energetische Auswirkungen konzipiert waren.

Beste Grüße
Thorre

tigercrane
15-08-2003, 14:21
hi thorre

so ist kung fu bei uns eben.. die antwort von klaus war sehr gut... doch es gibt eben auch eine anwendung für solche dinge und das hast du ja angezweifelt.. was einem lieber ist, das muss jeder für sich entscheiden.. vorhanden ist beides..

ps: mit flamenco zu kämpfen.. wäre doch was :D

viele grüsse

Thorre
15-08-2003, 14:25
Stimmt. Vor allem gibt´s da nette Frauen!

Beste Grüße
Thorre

tigercrane
15-08-2003, 14:26
hi thorre

schäm dich als buddhist.. :D

viele grüsse

Thorre
15-08-2003, 14:30
Buddhisten brauchen sich nicht zu schämen. Das regelt das Karma.

Xiaoshi
15-08-2003, 14:53
Diese kribbelnde Gefühl (sinew strength) kenne ich auch, gut was darüber zu wissen. Ich habe manchmal auch ein ähnliches Gefühl in der Muskulatur an der Wirbelsäule (beim Stehen)... hat das was damit zu tun oder ist das was anderes?

Renner
15-08-2003, 14:56
Hallo zusammen,

Das wichtigste ist, dass man die Grundprinzipen beachtet, wenn man dies tut so ist es sicher der richtige Weg und es können auch neue Bewegungen entstehen ohne dass sie einen Namen haben müssen. Interpretieren kann man in eine Bewegung eine Menge, so kann man sicher auch im Flamenco Anwendungen erkennen, ob die Grundprinzipien des Flamenco (obwohl mir unbekannt) ausreichen um zu sagen es ist eine KK, wage ich zu bezweifeln.

Capoeira zum Beispiel wurde auch als Tanz getarnt von den Sklaven, die Grundprinzipen sind aber einfach andere als beim Flamenco...

Gruss Renner

Dao
16-08-2003, 10:59
Original geschrieben von scientist
im tai chi wird gesagt, dass die äussere bewegung einen inneren energiefluss initiiert. später dreht sich dieser prozess um, so dass dann der innere energiefluss zur äusserlichen bewegung führt.
Wer sagt das und wie würdest du diesen Satz begründen, da er doch Ausgangspunkt deiner Überlegung ist?

scientist
16-08-2003, 15:31
das habe ich auf einem video von jan silberstorff gehört, wobei ich hoffe, dies richtig verstanden zu haben.
wenn du nicht dieser meinung bist, würde mich deine erklärung zum thema innere/äussere Bewegung und deren gegenseitige beeinflussung bzw. bedingtheit interessieren...

scientist
16-08-2003, 15:34
hi tigercrane,
auf welche art und weise übst du im hung kuen deine innere energie. was unterscheidet einen faustschlag, der rein mit muskelkraft ausgeführt wird, vom schlag, der durch eine innere bewegung entsteht. wie und wann ändert sich nach jahren des übens der faustschlag?

Dao
17-08-2003, 22:25
Original geschrieben von scientist
das habe ich auf einem video von jan silberstorff gehört, wobei ich hoffe, dies richtig verstanden zu haben.
wenn du nicht dieser meinung bist, würde mich deine erklärung zum thema innere/äussere Bewegung und deren gegenseitige beeinflussung bzw. bedingtheit interessieren...
hoppala! dachte ich habe dich danach gefragt.
Einen Satz wie diesen kann man leicht in die Runde werfen, ihn wirklich dezidiert zu ergründen und zu erklären ist eine andere Sache. Lass was hören, und ich gehe auch in mich.
Wird nicht leicht!

Klaus
18-08-2003, 01:08
Kurzes Beispiel: Ich will jemandem mit rechts auf den Kopf schlagen weil er mich anspringt, aber weil ich nur das Ziel am Kinn zu treffen habe, schiesst plötzlich meine Linke nach vorne und knockt ihn aus. Yi->Jing->Bumm. Statt trainierter rechten Geraden. Auch die Körperstruktur vor einer Aktion bildet sich spontan aus Gefühl, man wird förmlich in die Aktion gezogen ohne sich "wehren" zu können.

tigercrane
18-08-2003, 08:55
hi an alle

@dao
im hung gar ist das üben der inneren und äusseren kraft von beginn an in den formen enthalten.. das ziel ist beides zu verbinden... es wird ab der ersten stunde beides geübt.. der anfänger übt jedoch zuerst überwiegend mit der äusseren kraft.. auch aufgrund der unwissenheit..

kurz: innere arbeit wird mittels formen, standtraining sowie atemübungen/ qi gong übungen erarbeitet

wie sich der schlag unterscheidet.. aus meinen (schmerzhaften :) ) erfahrungen trifft der rein mit kraft vollführte schlag nur auf die oberfläche des körpers auf.. kann weh tun, doch ist nur bedingt schmerzhaft.. schläge welche mit äusserer und innerer kraft ausgeführt werden, sehen nicht wahnsinnig hart aus, doch die schlagkraft dringt tief in den körper ein und verursacht mehrheitlich einen inneren schmerz..

ab wann sich das ändert.. hängt vom übenden ab.. dazu gehört ua der ständige aufbau bzw. kultivierung von qi sowie das "aha"-erlebniss, dass es auch anders als die "hau-drauf"methode gibt..

das nur kurz, bin noch zu müde :)

viele grüsse

scientist
18-08-2003, 18:05
aber was ist das,das eine bewegung intern macht: ich kann auch standübungen machen, ohne wirklich "dabei zu sein", ebenso kann ich anfangen zu "hechen"(cho kung). mich interessiert: was ist der wirkliche unterschied?

Dao
18-08-2003, 20:14
Original geschrieben von scientist
im tai chi wird gesagt, dass die äussere bewegung einen inneren energiefluss initiiert. später dreht sich dieser prozess um, so dass dann der innere energiefluss zur äusserlichen bewegung führt.
Hi scientist,
leider ist mein vorheriger Beitrag abgestürzt beim Einloggen. Also nochmal, mit Beschränkung auf das Wesentliche.

Eine äußere Bewegung hinterläßt Pfade.
Dabei stelle ich mir vor, wie ich in einem Wald durch vielmaliges Gehen, Wege hinterlasse. Gehe ich sehr viel, sind die Pfade sehr gut zu sehen. Ist die Natur sehr wild und stark, ist dies gar nicht so einfach, die richtigen Pfade zu legen.
Nach einer langen Zeit kann ich bestimmte Wege blind gehen. Das ist für mich eine ähnliche Vorstellung wie die von dir beschriebene innere Energie, die zu einer äußerliche Bewegung führt.
Anfänglich war das Ziel den Wald zu durchqueren. Später verliert sich dieses Ziel in einem Spaziergang im Wald.
Im Taijiquan drückt sich für mich diese Qualität aus, wenn ich diese Wege mit meinem Körpergeist (Intuition) zurücklege, und ich mir diese Wege immer wieder neu betrachten kann. Immer wieder etwas Neues entdecke beim Gehen, eine "präsente Qualität des Betrachtens".
Dabei stellt sich mir die Frage, gehe ich den Weg nur wenn ich ihn gehe, oder auch dann, wenn ich mir ("nur) vorstelle ihn zu gehen.
Eine Antwort für alle wird es dabei nicht geben. Dem einen helfen diese Bilder und Vorstellung für andere sind sie einfach nur Hirngespinnste.

scientist
18-08-2003, 21:06
heißt das, dass für die möglichkeit einer internen bewegung die oftmalige wiederholung ein- und derselben bewegung notwendig ist? nur zum verständnis deiner gedanken...

Renner
18-08-2003, 22:15
Hallo

Ich verstehe das so:

Ich TaiChi lernt man eine Form, natürlich ist diese am Anfang nur rein äusserliche Form, da die Bewegungen erst einmal gelernt werden müssen. So wird Bild für Bild im Gehirn gespeichert, bis man schließlich alle Bilder einer Form im Kopf hat.
Durch das ständige laufen einer Form, werden die Bewegungen immer mehr verfeinert, sodass das Zusammenspiel aller Körperteile immer besser klappt.
Wichtig beim einstudieren einer Form sind natürlich wie immer die Grundprinzipien.
Das Ganze geht dann irgendwann soweit, dass man garnicht mehr nachdenkt was als nächstes Bild kommt oder wann welcher Arm, welches Bein gesetzt wird. Irgendwann realisiert man fast nur noch, das man begonnen hat und das Ende, die Bilder dazwischen laufen ab ohne das man dies bewusst mitbekommt.
Im Prinzip werden die Bewegungen erst durch das Gehirn (denken) dann durch den Geist und zum Schluss durch das Qi gesteuert.

Gruss Renner

Klaus
18-08-2003, 23:01
Das Bild ist nicht so schlecht. Natürlich wäre, wenn man ab einer gewissen Kompetenz ohne Nachzudenken die direkte Verbindung zu dem Punkt nimmt wo man hin will. Also nicht auswendig gelernte, sondern intuitiv richtige. Als Beispiell nimmt man da zum Beispiel einen Basketballer, der im Wurf gegen den Arm geschlagen wird. Bei Leuten die ihre Bewegung so machen wie auswendig gelernt, wird der Ball weit daneben gehen. Bei denen, wo die Intuition das Ereignis merkt und das ZIEL beibehält, wird der Körper die Handbewegung so korrigieren, daß der Ball trotz Störung wieder auf den richtigen Weg gebracht wird. Das kann man in der NBA wirklich beobachten, manche Leute finden das Ziel auch noch wenn sie es nicht mehr sehen und dabei noch jemand in den Rücken springt. Und das konstant, mit einer Sicherheit weit über der Zufallsquote.

Allerdings ist das nur das "Steuern". Grundsätzlich ist eine "interne" Bewegung im Sinn von innerer Kraft auch das über "innere" Gefühle gesteuerte Ausrichten von Gelenken für optimale Druckübertragung, ohne nachzudenken, und die Muskeln über irgendeinen archaischen "Notfallmodus" mit erheblich grösserer Kraft zu versorgen. Aufgrund unseres "neumodischen" Wissens würde ich dafür mal grob in gewissen Teilen Hormone verantwortlich machen, die in den Muskelkontraktionsprozess ERHEBLICH eingreifen. Das typische an einer inneren Bewegung ist, daß es scheißegal ist ob man mit normaler Kraft dagegen hält, die Muskelkontraktion unter diesen Hormonen schiebt den Widerstand (bis zu einer Grenze, aber die erreicht man mit Muskeln gleicher Grösse eben nicht) einfach weg.
Als ich noch über erheblich mehr "innere" Kraft als heute verfügt habe, konnte ich auch bei kräftigen Leuten die Arme einfach aufziehen als wären es Kinder. Also nicht 4 Unzen, sondern eher 2000 Pounds gegen deren 1000. Und das mit nicht unbedingt dicken Armen. An Maximallast konnte ich aber auch nicht mehr drücken, eher weniger. Wie das funktioniert hat, kann ich auch nicht sagen, aber ein ziemlich guter Tennisspieler mit Armen daß mir vom Händedruck Angst und Bange wurde, hat mich für He-Man gehalten, weil ich seine Arme einfach verdrehen konnte wie ich wollte. Es macht irgendwie keinen Spaß, daß diese Kraft einfach weg gegangen ist.

Ich vermute, daß die Muskelchemie eine viel grössere Rolle spielt als man annimmt. Ich denke daß ein "Geheimnis" dieser komischen Bewegungen und Verfahren mit langsamen Bewegungen darin besteht, diese Chemie zu stimulieren. Muskelfasern gibt es auch verschiedene, also ist auch möglich, daß diese Art Training bestimmte Arten bevorzugt, und der Muskel sich entsprechend verändert.

Klaus
18-08-2003, 23:08
Noch ein Beispiel: Am Anfang, als ich noch mit der "Umgestaltung" nicht so weit war, habe ich zum Beispiel die normalen Ermüdungserscheinungen beim Squash spielen gehabt (ich habe Turniere und in Ligen gespielt). Man geht oft runter um den Ball vom Boden zu kratzen, also Ausfallschritt, tief gebückt den Ball schlagen, und aus dem Ausfallschritt wieder zurückfedern. Irgendwann wird dann mal der Muskel müde und fühlt sich halt schlapp an.
Später konnte ich das bei gleichem Trainingsaufwand stundenlang machen, ich bin nicht mehr müde geworden. Es fühlte sich auch mühelos an. Allerdings war ich hinterher immer auf eine andere Art und Weise platt, ich habe nicht mehr richtig Luft bekommen. Eventuell ist diese Art Muskulatur also reservenbeanspruchender, und deshalb aus "evolutionärer" Sicht unökonomischer. Möglicherweise erfordert es darum eine besondere Trainings- und LEBENSweise, um diese Muskulatur trotzdem zu bekommen. Ich rede mir nicht mehr den Mund fusselig, sondern will lieber immer meine Ruhe haben.

Renner
18-08-2003, 23:51
Original geschrieben von Klaus

Eventuell ist diese Art Muskulatur also reservenbeanspruchender, und deshalb aus "evolutionärer" Sicht unökonomischer.


Hallo,

soweit ich das weiss, ist die Musklebeanspruchung im TaiChi sogar sehr ökonomisch.
Wenn die innere Struktur sich richtig ausrichtet, braucht man nur noch sehr wenig Muskelkraft.
Desweiteren werden durch das Training mehr Nerven ausgebildet und das ermöglicht eine sensiblere Ansteuerung der Muskelfasern.
Spricht es werden immer nur so viel Muskelfasern angesprochen wie man auch braucht, der Rest der Fasern ist entspannt, werden die beanspruchten Fasern müde, so übernehmen ausgeruhte Fasern deren Arbeit und die ermüdeten können sich erholen.
Auf diese Weise hält man länger durch, da die Muskelkraft effizienter eingesetzt wird.
Die Ermüdungserscheinungen (keine luft mehr bekommen) kann ich mir nicht erklären, aber eins ist klar irgendwann wird der Körper immer seinen Tribut fordern.

Gruss Renner

Klaus
19-08-2003, 00:38
Folgendes Phänomen: Ich habe trotz langer Trainingspause ein Turnier gespielt und auch ziemlich gut mitgehalten. Quasi einigermassen normal von der Power, oder besser gesagt, besser als normal bei so wenig Training.
NACH dem Turnier, abends, ging es mir immer schlechter. Erst fühlte ich mich flau, dann hatte ich das Gefühl trotz tiefem Atmen irgendwie nie genug Luft zu bekommen. Also als ob ich total untersättigtes Blut hatte. Ich habe mich dann hingelegt und ziemlich Kopfschmerzen bekommen, und als ich dann mal versucht habe, Calcium und Magnesium als Tablette zu nehmen musste ich sogar erbrechen. Ich hatte kalte Schweissausbrüche, und bin dann einfach mal so wie es ging liegengeblieben und habe schön weiter Überatmung gemacht. Am nächsten Tag war alles wieder normal. Allerdings mache ich jetzt kein Turnier mehr wenn ich nicht fit dafür bin.

Xiaoshi
19-08-2003, 07:32
Aber es können ja nicht einfach "nur" langsame Bewegungen sein, in manchen Xingyi-variationen übt man ja nie so langsam wie es im Taiji der Fall ist, trotzdem haben die auch eine ordentliche Kraft.

Dao
19-08-2003, 10:26
Original geschrieben von scientist
heißt das, dass für die möglichkeit einer internen bewegung die oftmalige wiederholung ein- und derselben bewegung notwendig ist? nur zum verständnis deiner gedanken...
Prinzipiell ja! Wenn die Intuition gut ausgebildet ist, nein.
In der Vergangenheit sah ich viele Schwarze tanzen, die eine Ausdruckskraft hatten- einfach nur beeiindruckend.
Mit viel Training würde ich vielleicht annähernd das Tanzfeeling eines Begabten (ohne großes Training) erreichen. Eher nicht.
Dieses Schwarz und Weiß funktioniert einfach nicht!!!
Wieviel Jahre brauche ich für dieses Ziel, usw. ....
Der Spruch werdet wieder wie die Kinder ist sehr zutreffend.
Die intuitiv stark ausgeprägten (spielerisch) Typen haben sich einen großen Teil Kindlichkeit behalten!

Renner
19-08-2003, 13:33
@ Klaus

Das mit diesem fertig sein, kalte Schweissausbrüche kenne ich auch, immer wenn ich mal übers Limit, was man oft nicht so gut einschätzen kann, geht kann es dazu kommen ist kein angenehmes Gefühl :rolleyes: aber man weiss, dass man eine Grenze überschritten hat.
Es ist klar, dass man mit innerer Übung nicht unbedingt physisch so gestärkt wird, wie bei äusserem Training, sprich bei anderen Sportarten wird sich TaiChi auch positiv auswirken, ein spezielles Training ist dennoch von Nöten und durch nichts zu ersetzen, sonst macht der Körper schlapp.




Der Spruch werdet wieder wie die Kinder ist sehr zutreffend.
Die intuitiv stark ausgeprägten (spielerisch) Typen haben sich einen großen Teil Kindlichkeit behalten!


Ja das ist ein interesannter Ansatz und ne nette These Dao.
man soll ja beim Taiji auf den Unsprung zurückgeführt werden (Wuji), was wohl als Kind noch sehr ausgeprägt ist. Durch die Sozilisation jedoch werden wir in eine Art Form gepresst und unser Körper (Haltung , innere Struktur) verändert sich meist negativ.
Ziel bei Taiji ist es also diesen Urzustand wieder herzustellen, oder sich im anzunähern, um von dort aus das "Laufen" nocheinmal zu lernen, diesmal allerdings unter Berücksichtiguung der Taiji- Prinzipien.

Also behaltet immer das Kind in Euch! :)

Gruss Renner