Alter Chen Stil von Adam Hsu [Archiv] - Kampfkunst-Board

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Vollständige Version anzeigen : Alter Chen Stil von Adam Hsu



yiquanberlin
26-12-2009, 20:59
Chen Laojia Yilu demonstriert von Adam Hsu, Taiwan:

YouTube - Chen Taiji Quan Old Form by Adam Hsu (http://www.youtube.com/watch?v=GLweLyCcp6M)


Diese Form unterscheidet sich deutlich von VR China Mainstream Variante!

Wenn man den Quellen glauben kann, soll so (oder zumindest sehr ähnlich)
die Laojia im 18. Jahrhundert ausgesehen haben...für mich ist das gar nicht so abwägig, weil sie doch schon dem alten Yangstil von Stellungen und Positionen recht ähnlich ist. Auch ist die Spiraldynamik von außen nicht so deutlich sichtbar und das Fajin ist auch nicht mit starken Vibrationen verbunden.

Vielleicht kennen sich ja einige unter euch mit dieser Richtung etwas besser aus
und können ein paar Info's geben???

taiwandeutscher
27-12-2009, 01:52
Adam Hsu, Xu Ji 徐紀, ist zwar ein Schüler von Du Yuze gewesen, der einen relativ alten Chen-Stil (in der Linie von Chen Youlun, Li Jingyan, Chen Mingbiao) nach Taiwan gebracht hatte.

Hsu/Xu praktiziert aber als Hauptdisziplin Bajiquan, macht nebenbei eine Menge andere Stile, so dass die letzten Vertreter aus der Du-Schule seine Ausführung als stark von Bajiquan beeinflusst einstufen. Auch sein Huleijia sieht ganz anders aus als das, was ich hier in Taiwan sonst so gesehen und selbst ausgetestet habe.

Wer sich wirklich für alte Chen-Stil-Varianten interessiert, sollte auf Youtube nach Du Yuze oder Twu Tzong-jen suchen, wobei letzterer auch im Chen-Dorf intensiv modernes gelernt hat.

scarabe
28-12-2009, 19:03
Hochinteressant.

Ich habe mich damit bisher nicht befaßt, bin aber fasziniert, wie deutlich manche Anwendungen zu erkennen sind.
Die Finger/Hände sind ebenfalls interessant, ich habe mich dabei spontan an einige Handbewegungen von.... Chen Pengfei (?) in einem Jungendvideo erinnert...

Während wir das heute ja fast alles reduziert haben.
Interessant auch, daß wir heute so viel Wert auf einen senkrechten Oberkörper, in dem wir sinken können, legen, während man früher darauf offenbar weniger Wert gelegt hat und der Schwerpunkt noch mehr auf der "Durchführbarkeit der Anwendungen" lag..
Kommt mir jedenfalls so vor, würde mich interessieren, wie das andere sehen.
Mag ja sein, daß man mit leicht vorgeneigtem Oberkörper manchmal auch stabiler ist?
Wie handhabte man früher die Zentrierung und Verwurzelung, wurde das so intensiv behandelt wie heute?

KAnn jemand Lektüre dazu (generell zu alten Formen/stilistischen Eigenheiten, insbesondere beim Chen Tjq empfehlen (bitte NICHT in Chinesisch...)?

yiquanberlin
28-12-2009, 19:38
Interessant auch, daß wir heute so viel Wert auf einen senkrechten Oberkörper, in dem wir sinken können, legen, während man früher darauf offenbar weniger Wert gelegt hat und der Schwerpunkt noch mehr auf der "Durchführbarkeit der Anwendungen" lag..

Hier gibt es nochmal die "gleiche" Form, ohne die Bajiquan Einflüsse von A. Hsu:

YouTube - master Dou taiji old form (http://www.youtube.com/watch?v=1kl_SL19nKs&feature=related)

Auch hier sieht man den leicht nach vorne ausgerichteten Oberkörper..den man auch bei den Wu TJQ oder Ip Snake Style Leuten deutlich erkennen kann.
Ich glaube, der senkrechte Oberkörper ist eine Entwicklung, die nur in der VR China stattgefunden hat..sicher auch in Bezug auf Ästhetik (modernes Wushu)!
Ich hab auch ein Video aus Penang gesehen, wo die dortigen Chinesen Chen Formen gelaufen sind..völlig anders als die offiziellen Linien, deutlich mehr in der Art, wie in den zwei Videos hier!
Die Kraft war auch viel direkter, härter..und nicht so viel künstliche Vibration, wie es heute zu sehen ist.


Wie handhabte man früher die Zentrierung und Verwurzelung, wurde das so intensiv behandelt wie heute?

Sicher nicht..Zhanzhuang gibt's im Chen Stil ja auch erst seit Anfang der 90er..und bekannt wurde diese Art des Trainings für die breiten Massen auch erst durch Yiquan Gründer Wang Xiangzhai!


KAnn jemand Lektüre dazu (generell zu alten Formen/stilistischen Eigenheiten, insbesondere beim Chen Tjq empfehlen (bitte NICHT in Chinesisch...)?

Schaust Du hier:

The Sword Polisher's Record Sword Polisher's Record: The Way of Kung-Fu the Way of Kung-Fu Tuttle Martial Arts: Amazon.de: Adam Hsu: Englische Bücher (http://www.amazon.de/Sword-Polishers-Record-Kung-Fu-Martial/dp/0804831386/ref=sr_1_1?ie=UTF8&s=books-intl-de&qid=1262028766&sr=1-1)

AHKFS Home Page (http://www.adamhsu.com/products/books.htm)

und evtl. noch hier:

Traditional Chen Style Taijiquan: The … - A. Frank Shiery Fan Chun-Lei; Chun-Lei Fan - Portofrei bei buecher.de (http://www.buecher.de/shop/sport--fitness/traditional-chen-style-taijiquan-the-small-frame-method/fan-chun-lei-a-frank-shiery-fan-chun-lei/products_products/detail/prod_id/22902747/lfa/quicksearch-product-4/)

yiquanberlin
28-12-2009, 19:48
Und hier gibt es in Berlin noch einen Lehrer für den Chen Stil nach Adam Hsu und Du Yuze:

William Allnutt:

123people (http://www.123people.de/ext/frm?ti=personensuche%20telefonbuch&search_term=ortwin%20p%C3%B6tter&search_country=DE&st=suche%20nach%20personen&target_url=http%3A%2F%2Flrd.yahooapis.com%2F_ylc%3 DX3oDMTVnM2Y3YjU1BF9TAzIwMjMxNTI3MDIEYXBwaWQDc1k3W lo2clYzNEhSZm5ZdGVmcmkzRUx4VG5makpERG5QOWVKV1NGSkJ HcTJ1V1dFa0xVdm5IYnNBeUNyVkd5Y2REVElUX2tlBGNsaWVud ANib3NzBHNlcnZpY2UDQk9TUwRzbGsDdGl0bGUEc3JjcHZpZAN ySVh3VFdLSWNyb3BFcnVwdjdiYWtTX2VXODV4bkVzcEJ5a0FBY XFq%2FSIG%3D11e27o88j%2F**http%253A%2F%2Fweb.me.co m%2Fortwin%2Fbajiquan-germany&section=weblink&wrt_id=224)

Auf der Seite wird zwar nur Unterricht im Bajiquan angeboten, aber Bill Allnutt unterichtet noch privat Chen Stil!

Freier Geist
28-12-2009, 20:15
-

yiquanberlin
28-12-2009, 21:19
Das Hsu-Buch muss ich mir nun doch mal zulegen. Da ist ja schon das Inhaltsverzeichnis spannend.

Adam Hsu gilt in internationalen Kreisen als so eine Art "Gelehrter" für nordchinesische Stile und gibt in beiden Büchern tiefe Einblicke, teilweise auch mit wissenschaftlichen Ansätzen, über diverse Trainingsmethoden und auch historische Aspekte.
Kann ich beide sehr empfehlen..und eins davon gibt's ja auch schon für'n relativ kleines Geld bei Amazon!

scarabe
28-12-2009, 23:30
hmmmmm, alles sehr interessant, damit werde ich mich mal eingehender befassen.
Auch wenn Master Dous Stil ja auch nicht viel anders ist, als der aktuelle Chen-Familienstil, abgesehen von der Vorneigung des Oberkörpers- allerdings ist schwer zu sagen, was davon an altersbedingter Steifheit liegt und was tatsächlich so gewollt ist. (Jedenfalls kann ICH das schwer unterscheiden). Bei Fong gefällt mir das Gleichgewicht, auch wenn mir auffällt, daß er oft die Knie etwas nach Innen dreht und auch nicht leer und ohne Gewicht aufsetzt, sondern das auftretende Bein etwas belastet- sowas irritiert mich immer, da man ja streng gelernt hat, sowas nicht zu sollen... Alles in allem, das oberste Video interessiert mich mehr, während die anderen beiden meiner bescheidenen Meinung nach nicht an die Qualität der Chen-Familie rankommen....

Aber ich habe enorm interessante Details im Vid oben entdeckt, die sind es wert, etwas intensiver darauf einzugehen.
Auch wenn ich nicht vor habe, meinem Chen-Stil, den ich ja orientiert an den heutigen Chens aus Chenjiagou betreibe, "untreu" zu werden, dafür hab ich zuviel daran gearbeitet und um einfach zu wechseln bin ich inzwischen stilistisch auch schon "zu gut"-
- danke für die Buchtips. Bin mal gespannt...

bluemonkey
29-12-2009, 07:39
Ich glaube, der senkrechte Oberkörper ist eine Entwicklung, die nur in der VR China stattgefunden hat..sicher auch in Bezug auf Ästhetik (modernes Wushu)!


Ich meine mich zu erinnern, dass Yang Lu Chan, auch für seine aufrechte Haltung berühmt war, leider weiß ich nicht mehr wo ich das gelesen habe.

Freier Geist
29-12-2009, 10:45
-

GilesTCC
29-12-2009, 13:26
"Master Dou" ist "Du Yuze" bzw. "Du Yu Ze".
.

Freier Geist
29-12-2009, 13:42
-

yiquanberlin
29-12-2009, 13:48
Zu beiden finde ich auf Youtube nichts. Hast du einen Link?

Ist doch oben schon verlinkt?!


Auch wenn Master Dous Stil ja auch nicht viel anders ist, als der aktuelle Chen-Familienstil, abgesehen von der Vorneigung des Oberkörpers- allerdings ist schwer zu sagen, was davon an altersbedingter Steifheit liegt und was tatsächlich so gewollt ist.


Ich sehe da technisch einige andere Sachen, wie z.B. die Stellungen sind oft eher im Gongbu statt im Mabu mit einer 40/60% Gewichtsverteilung, kein Fajin mit Vibrationen, die Form wird kurz vorm Ende in einer anderen Richtung gelaufen und auch einzelne Übergänge in den Sequenzen sind stark verändert.
Auf dem Video von Du Yuze denke ich aber auch, dass er da schon einige bewegungsmotorische Einschränkungen hatte..vielleicht vom Alter oder auch alte Verletzungen?!



Auch wenn ich nicht vor habe, meinem Chen-Stil, den ich ja orientiert an den heutigen Chens aus Chenjiagou betreibe, "untreu" zu werden, dafür hab ich zuviel daran gearbeitet und um einfach zu wechseln bin ich inzwischen stilistisch auch schon "zu gut"-

Den Link zu Bill Allnutt habe ich auch nicht gesetzt, um dich zum Wechseln zu bewegen..aber wenn man in der gleichen Stadt lebt und so Chen begeistert ist, wie du bist, dann könnte es einfach zu einem freundlichen Austausch kommen und davon können ja sicher beide Seiten was haben :).
Und um einfach mal zu zeigen, dass es in Berlin außer WCTAG, Xiao Jimin auch noch unbekanntere Linien gibt, die andere Ansätze pflegen.



- danke für die Buchtips. Bin mal gespannt...

Gerne...

scarabe
29-12-2009, 16:05
Danke, da hast Du recht. Ich werde ihn mir auf jeden Fall mal "ansehen", das kann ja recht bereichernd werden.

Zu der Form- das stimmt schon alles, und diese Unterschiede sind selbstverständlich da, wobei ich in meinem Kommentar mehr die generelle Art, sich zu bewegen und die Bewegungsqualität meinte, als die Änderungen der Form, die sozusagen "Designarbeit" sind. (im Gegensatz zum obersten Vid, wo ganz viele Bewegungen, Armarbeit etc. mich schon sehr an direkte Kampfanwendugen erinnert haben.... wenn ich das so richtig sehe...)
Also etwa so: würdest Du Dou und die Chens eine komplett neue Form laugfen lassen, die beide vorher nicht kannten, würde es meiner Meinung wahrscheinlich recht ähnlich aussehen...

yiquanberlin
29-12-2009, 19:49
Zwei Artikel über Du Yuze und sein Chen Taijiquan:


http://nancl.sg1007.myweb.hinet.net/Chen-Stil%20In%20Taiwan%202.pdf

http://nancl.sg1007.myweb.hinet.net/Zur%2010%20Jahresfeier%20der%20Taijiquan%20von%20D u%20Yuze.pdf

Sogar auf Deutsch:)

scarabe
29-12-2009, 22:51
super:)

taiwandeutscher
30-12-2009, 08:48
YouTube - Taiwan Chen style by Tu Zong-ren (http://www.youtube.com/watch?v=w0IUlyCSnac)

Das ist Tu Zongren, der offizielle Nachfolger von Du Yuze, der auch im Chen-Dorf intensiv trainiert hat und von dort gar für Taiwan als Vertreter authorisiert ist. Bei ihm kann man für nicht ganz wenig Geld eine Menge Formen lernen, altes Du-Material und neues Chen-Dorf-Material. Dazu gutes knackiges Fajin, Phs, aber wohl weniger freies Kämpfen.

Mathieu
03-01-2010, 20:59
Unser Lehrer Dietmar Stubenbaum war persönlicher Schüler von Tu Tzongren und von Altmeister Du Yuze. Er hat viele Jahre in Taiwan gelebt und sowohl Dajia als auch Xiaojia Chen Taijiquan direkt bei Tu Tzongren "indoor" praktiziert. Heute hat er sich dem Meister Chen Peishan und dessen Schwester Meisterin Chen Peiju, den Hauptvertretern des Xiaojia, angeschlossen.

Es ist interessant, das in dieser so genannten Taiwan-Linie über Altmeister Du sowohl Dajia als auch das eher seltene Xiaojia gelehrt wurden. Näheres dazu hat Dietmar in seiner Fachzeitschrift Cultura Martialis und in vielen Vorträgen aufgeschlüsselt.

Dietmar hat wie erwähnt Altmeister Du Yuze noch persönlich kennen gelernt und schildert ihn sowohl als Taiji-Meister als auch von der charakterlichen Seite als beeindruckende Persönlichkeit.

fei li
04-01-2010, 16:25
Für die, die aus dem Süden kommen:
Der Stil nach Adam Hsu wird auch in München bei Fong's Kungfuschule
(bekannt für Choy Lay Fut) unterichtet.

Die beiden Bücher von Sifu Hsu sind die besten Kungfubücher überhaupt,
die ich persönlich je gelesen habe, so eine Art Grundlagenwerk.

fei li
05-01-2010, 14:33
Ich hab auch ein Video aus Penang gesehen, wo die dortigen Chinesen Chen Formen gelaufen sind..völlig anders als die offiziellen Linien, deutlich mehr in der Art, wie in den zwei Videos hier!
Die Kraft war auch viel direkter, härter..und nicht so viel künstliche Vibration, wie es heute zu sehen ist.


Hast du davon zufällig einen link?
Das würde mich (und sicher auch einige andere) sehr interessieren!

Gruss, Fei Li

yiquanberlin
05-01-2010, 21:11
Hast du davon zufällig einen link?
Das würde mich (und sicher auch einige andere) sehr interessieren!

Gruss, Fei Li


Leider nicht, dass war ein altes VHS Tape meines Lehrers und ich habe mir leider keine Kopie gezogen:(!
Auf Youtube kannst Du aber mit etwas Glück noch was finden, wenn Du Chinese Martial Arts oder Chinese Boxing in Penang eingibst.

yiquanberlin
05-01-2010, 22:01
Hier vielleicht noch etwas interessantes aus der "Taiwan Chen Linie":


YouTube - Du Yu Za -- Chen Taiji Er Lu (http://www.youtube.com/watch?v=r3Q0Gxh1mzg&NR=1)


YouTube - Thunder style taiji - Adam Hsu (http://www.youtube.com/watch?v=o4Uq4-exM8g&feature=related)


YouTube - Sifu Adam Hsu Thunder Style Chen Tai-ji Quan (http://www.youtube.com/watch?v=fCoa8AtQHpc&feature=related)


YouTube - ???????????? (http://www.youtube.com/watch?v=9e1mW9OqEhY) (Huleijia Chenshi Taijiquan)


YouTube - Bagua post training (http://www.youtube.com/watch?v=3ReAqOl970U) (Adam Hsu - Yinfu Baguazhang Pfahltraining)

Mathieu
05-01-2010, 22:47
Einige der Ausführungen aus dem hier mit Huleijia Chenshi Taijiquan gezeichneten Video erinnern aus meiner Sicht stark an die Ausführungen von Tu Tzongren.

john_doe
06-01-2010, 08:03
Hallo zusammen!


Also, wenn ich den von yiquanberlin (Danke!) als 4. Link geposteten Clip anschaue:

YouTube - ???????????? (http://www.youtube.com/watch?v=9e1mW9OqEhY)

dann muß ich der Aussage des taiwandeutschen hier:


Hsu/Xu praktiziert aber als Hauptdisziplin Bajiquan, macht nebenbei eine Menge andere Stile, so dass die letzten Vertreter aus der Du-Schule seine Ausführung als stark von Bajiquan beeinflusst einstufen. Auch sein Huleijia sieht ganz anders aus als das, was ich hier in Taiwan sonst so gesehen und selbst ausgetestet habe.

voll zustimmen. Da ist wirklich nicht viel Ähnlichkeit bzw. bei Hsu sieht es aus wie eine Chen(?)-Taijiform mit Baji-Prinzipien gelaufen.

Nichts gegen A. Hsu, aber ironischerweise beklagt er genau so etwas in seinem Buch "The Sword Polishers Record" ...


Schöne Grüße,
john_doe

fei li
06-01-2010, 09:07
Ich finde das vorletzte Video auch sehr interessant, gerade mit all den verschiedenen Varianten.

Kann die andere Ausführung von Adam Hsu nicht daran liegen,
dass er sehr viel Wert auf die Anwendung der Techniken legt?
Bei den anderen ist die viel schwieriger zu erkennen, bzw. scheinen die Techniken teilweise etwas "unscharf" zu sein.
Natürlich sind das hier nur Formen, wir wissen nicht, wie dort sonst noch trainiert wird. Ich finde, die Version von Hsu präziser und kraftvoller.

Nur eine persönliche Interpretation…

taiwandeutscher
06-01-2010, 10:36
Hallo zusammen!


Also, wenn ich den von yiquanberlin (Danke!) als 4. Link geposteten Clip anschaue:

YouTube - ???????????? (http://www.youtube.com/watch?v=9e1mW9OqEhY)

dann muß ich der Aussage des taiwandeutschen hier:



voll zustimmen. Da ist wirklich nicht viel Ähnlichkeit bzw. bei Hsu sieht es aus wie eine Chen(?)-Taijiform mit Baji-Prinzipien gelaufen.

Nichts gegen A. Hsu, aber ironischerweise beklagt er genau so etwas in seinem Buch "The Sword Polishers Record" ...


Schöne Grüße,
john_doe

Apropos Huleijia:
Wer wirklich gutes dazu sehen will, hier Meister Zhang Suisheng, im 4. von 8 Levels. Level 7 gibt's auch noch irgendwo, auf sandigem Untergrund, sicher noch zu finden.

Wirklich ein Jammer, wenn man hört, dass er ohne große Mittel und ohne rechte Schülerschaft geblieben ist, nicht weit weg von den großen Chens, die im Geld schwimmen. Da sieht man, was Polit-Verbindungen alles ausmachen. Und Meister Zhang steht niemanden in irgendetwas nach, ganz im Gegenteil! Hab ihn hier live erlebt, und wenn ich nochmal jünger wär...

Da sollte mal jemand aus DL 5 Jahre intensiv trainieren....

YouTube - ??????15????????????????????? (http://www.youtube.com/watch?v=8MgaGt344oo)

john_doe
06-01-2010, 17:44
Hallo fei li!



Ich finde das vorletzte Video auch sehr interessant, gerade mit all den verschiedenen Varianten.

Stimme Dir zu.


Kann die andere Ausführung von Adam Hsu nicht daran liegen,
dass er sehr viel Wert auf die Anwendung der Techniken legt?

Möglich (er ist bestimmt ein guter Lehrer), aber wenn Du seine Interpretation der Huleijia mit seinem Baji vergleichst:

YouTube - Baji quan--Adam Hsu (http://www.youtube.com/watch?v=-OqWUFOtIHc&feature=PlayList&p=E814E2F11F022C97&playnext=1&playnext_from=PL&index=31)

verstehst Du vielleicht, was ich meine.


Bei den anderen ist die viel schwieriger zu erkennen, bzw. scheinen die Techniken teilweise etwas "unscharf" zu sein.
Natürlich sind das hier nur Formen, wir wissen nicht, wie dort sonst noch trainiert wird.

Da stimme ich Dir ebenfalls zu.


Ich finde, die Version von Hsu präziser und kraftvoller.

Ja, sie hat was. Ich habe diese Form mal vor einigen Jahren von einem Schüler von A. Hsu, der einen Europa-Trip machte und dem ich über 5 Ecken herum während seines Aufenthaltes in Deutschland durch private Vermittlung begegnete, gelernt und war auch ganz angetan davon; mittlerweile praktiziere/unterrichte ich sie aber nicht mehr.


Nur eine persönliche Interpretation…

Gewiß, aber vermutlich wirst Du schon den Clip von Meister Zhang Suisheng gesehen haben, den der taiwandeutsche (Danke ebenfalls!) oben gepostet hat - das erinnert mich (vom Ablauf her) widerum an Hsus (Condensed) Form, hat aber eine ganz andere Klasse.


Schöne Grüße,
john_doe


P.S.: Nochmal - mir geht's nicht darum, Adam Hsu schlecht zu reden, er ist bestimmt ein großartiger KKler und sorgfältiger Lehrer.

fei li
07-01-2010, 09:01
Hallo John_Doe,

Keine Angst, gegen sachliche Kritik wird niemand etwas haben,
ich finde man sollte gerade die bekannten Grössen immer wieder kritisch hinterfragen…

Ich frage mich, ob dem Taiji Quan der Baji Quan Einfluss schadet,
oder es vielmehr bereichert?

Ferner frage ich mich, ob es nicht auch einfach der "Flair" von A.Hsu ist,
der sich in all seinen Stilen wiederspiegelt?

Und drittens (und vieleicht etwas ketzerisch provokativ), ob dieses "ja aber der macht ja Stil XY wie Stil Z und das ist ein ganz anderes Ding" nicht eher eine westliche Eigenheit ist? Bis vor ein paar Jahrzehnten machten alle nur schlicht und
einfach Wushu oder Kungfu, diese hermetischen Abgrenzungen der Stile untereinander sind doch recht neu.
Ich persönlich finde mit zunehmender Erfahrung dass die Unterschiede zwischen den Stilen,
je mehr man in die Tiefe geht, immer mehr verwischen.
Aber ich denke das sollte man in einem andern Tread vertiefen…

Beste Grüsse

fei li
07-01-2010, 09:11
Als Randbemerkung:
In seinem Buch ist die Hintergrundgeschichte zu diesem Video in dem
Dorf auch beschrieben. Er war in der VR China auf der Suche nach den
Wurzeln seines Taiji Quan (neben dem Huleijia unterrichtet er auch den alten Chen Stil). Interessant zu lesen.
Allerdings noch besser, wenn man dazu die Videos hat :)

john_doe
07-01-2010, 10:28
Hallo fei li!



Hallo John_Doe,

Keine Angst, gegen sachliche Kritik wird niemand etwas haben,
ich finde man sollte gerade die bekannten Grössen immer wieder kritisch hinterfragen…

:beer:


Ich frage mich, ob dem Taiji Quan der Baji Quan Einfluss schadet,
oder es vielmehr bereichert?

Interessanter Gedanke - und nachdem ich hier im Unterforum den von GZA (Danke! ;)) gesetzten Clip "Yang taji mit yiquan shenfa" gesehen habe (gefällt mir übrigens sehr gut - tolle Vorführung!) sehe ich nur die Problematik, inwieweit man jetzt wieder eine Diskussion auslöst, ob "das da", sei es jetzt bei Adam Hsu oder Cui Fushan, noch "richtiges" Taijiquan ist oder etwas, was einer neuen Bezeichnung bedarf ... ähnlich wie die in einem anderen Thread diskutierte ewige Frage, ob Taijiquan, ohne daß die Kampfaspekte mit unterrichtet werden, noch TaijiQUAN ist :D.


Ferner frage ich mich, ob es nicht auch einfach der "Flair" von A.Hsu ist,
der sich in all seinen Stilen wiederspiegelt?

Das mag sicher möglich sein. Ich kann mich auch nicht davon freisprechen, in den von mir heute praktizierten Stilen (Rest-)Einflüsse früherer Stile, die ich aber mittlerweile aufgegeben habe, wiederzufinden. Aber ich seh' das nicht so eng, daß ich mir deswegen einen Kopf mache.


Und drittens (und vieleicht etwas ketzerisch provokativ), ob dieses "ja aber der macht ja Stil XY wie Stil Z und das ist ein ganz anderes Ding" nicht eher eine westliche Eigenheit ist?

Da ist sicher was dran, bestimmt gibt es aber auch im Westen Puristen.


Bis vor ein paar Jahrzehnten machten alle nur schlicht und
einfach Wushu oder Kungfu, diese hermetischen Abgrenzungen der Stile untereinander sind doch recht neu.

Hmm, vielleicht verstehe ich Dich jetzt falsch - so wie mir bekannt ist, gab es wohl auch im KK-China früherer Zeiten Bestrebungen, sich von anderen Stilen abzugrenzen bzw. diese auszuschließen.

Andererseits sind auch viele große Stile erst durch "Vermischung" entstanden ...


Ich persönlich finde mit zunehmender Erfahrung dass die Unterschiede zwischen den Stilen,
je mehr man in die Tiefe geht, immer mehr verwischen.
Aber ich denke das sollte man in einem andern Tread vertiefen…

Wenn Du mit "sich verwischenden Unterschiede" die (sichtbare) Wirkung im Kampf meinst, stimme ich Dir voll zu.

Ich schließe nicht aus, daß es - unabhängig voneinander - parallele Entdeckungen/Entwicklungen gegeben haben mag.

Jedoch bin ich der Auffassung, daß gerade der Umstand, daß es so viele verschiedene Stile und damit - natürlich gebunden an den Rahmen der menschlichen Physis - so viele verschiedene Angangswege zu deren Prinzipien gibt, Beweis genug ist, daß so etwas wie ein "Verwischen in der Tiefe" zumindest bisher noch nicht passiert ist. Denn andernfalls sollte sich doch über die Jahrhunderte der Entwicklung so etwas wie ein "Non-plus-ultra-Stil" gebildet haben, der wirklich alle Prinzipien etc. berücksichtigt bzw. in sich vereinigt.


Schöne Grüße,
john_doe

fei li
07-01-2010, 10:52
Hallo john_doe,



Hmm, vielleicht verstehe ich Dich jetzt falsch - so wie mir bekannt ist, gab es wohl auch im KK-China früherer Zeiten Bestrebungen, sich von anderen Stilen abzugrenzen bzw. diese auszuschließen.

Andererseits sind auch viele große Stile erst durch "Vermischung" entstanden

Ich denke da an Äusserungen, die ich anderswo aufgeschnappt habe,
in der früher in China (ich habe keine genaueren Angaben) grob nur in Nord und Südshaolin unterteilt wurde, oder man generell nur von Boxen sprach.
Man war auch pragmatischer, d.h. wenn man bei einem anderen Stil etwas gesehen hat das funktioniert, dann hat man es integriert, auch wenn es erstmal ganz anders war als der eigene Stil.

Abgrenzungen gab es sicherlich damals auch, aber ich denke weniger dogmatisch und mehr pragmatisch als heute.

Ich habe einen Lehrer, der mir immer sagt, sein Stil kommt aus Shaolin, obwohl das was er macht nichts mit den Shaolin-stilen zu tun hat, sondern offensichtlich ein anderer nördlicher traditionneller Stil ist.
Aber ihm sind diese Definitionen einfach nicht wichtig.

Einen Non-plus-ultra Stil kann es meiner Meinung nie geben, da sowas auch stark vond der Physiognomie und dem Temperament des Einzelnen abhängt.
In meiner Interpretation gibt es nur persönliche Non-plus-ultra Stile.
Unterschiedliche Klimazonen und unterschiedliche Gegner sind weitere Faktoren, die Stile beeinflussen können.

Gruss

taiwandeutscher
08-01-2010, 02:50
Hallo John_Doe,


Ich frage mich, ob dem Taiji Quan der Baji Quan Einfluss schadet,
oder es vielmehr bereichert?

Ferner frage ich mich, ob es nicht auch einfach der "Flair" von A.Hsu ist,
der sich in all seinen Stilen wiederspiegelt?

Und drittens (und vieleicht etwas ketzerisch provokativ), ob dieses "ja aber der macht ja Stil XY wie Stil Z und das ist ein ganz anderes Ding" nicht eher eine westliche Eigenheit ist? Bis vor ein paar Jahrzehnten machten alle nur schlicht und
einfach Wushu oder Kungfu, diese hermetischen Abgrenzungen der Stile untereinander sind doch recht neu.
Ich persönlich finde mit zunehmender Erfahrung dass die Unterschiede zwischen den Stilen,
je mehr man in die Tiefe geht, immer mehr verwischen.
Aber ich denke das sollte man in einem andern Tread vertiefen…

Beste Grüsse

1) Nach Aussagen hiesiger Experten schadet das Baji-Prinzip den Taiji-spezifischen Besonderheiten genauso, wie ein Taiji-mäßig ausgeführtes Bajiquan seine Effektivität und Charakteristik verliert.

2) Flair hat Xu Ji auf jeden Fall, seine Bücher sind ziemlich gut, wenn auch, wie John_Doe erkannt hat, in sich auch widersprüchlich. Hier in Taiwan ist er zwar anerkannt, aber keineswegs ein Übermeister. Ein echter Forscher und Wissenschaftler ist er auch nicht. Trotzdem aufrecht und sehr gediegen. Ich glaube, er will auch gar nicht mehr, schon gar keinen Personenkult! Und seine Rückkehr aus den USA nach Taiwan wird ihm auch zugute gehalten.

3) In DL kenne ich solches Gerede eher stilintern, übern Tellerrand blicken doch die wenigsten. Wie viele Leute traineren schon mehrere Stile des Taijiquan, oder gar noch Baguazhang u. Xingyiquan dazu? Von inneren und äußeren Stilen gleichzeitig trainieren ganz zu schweigen. Weiß ja nicht, wie viele Jahrzehnte Du die CMA kennst. Aber die fast 3, die ich nun hier in Asien lebe und trainiere, habe ich natürlich die Abgrenzung zwischen den Stilen als Standard erlebt. Cross-Training ist so ziemlich die Ausnahme, und nur wenn ein Lehrer in den Ruhestand geht, schickt er die Schüler zu anderen Lehrern, eher selten wird gleichzeitiges Trainieren bei verschiedenen Lehrern akzeptiert, wenn dann nur grollend oder gar nicht (Rauswurf keine Seltenheit!) Aber trotzdem gibt es immer wieder gute Cross-Leute, die lange heimlich auf mehreren Gleisen arbeiten, bis sie wirklich gut geworden sind, ehe sie dann öffentlich damit umgehen, und Deiner letzten Bemerkung von kleiner werdenen Unterschieden mit zunehmendem Fortschritt stimme ich voll zu.

Groß aus Fernost

yiquanberlin
08-01-2010, 13:20
1) Nach Aussagen hiesiger Experten schadet das Baji-Prinzip den Taiji-spezifischen Besonderheiten genauso, wie ein Taiji-mäßig ausgeführtes Bajiquan seine Effektivität und Charakteristik verliert.

Vor allem dann, wenn beide Stile gleichzeitig gelernt werden!
Ich denke, es gibt einige Parallelen zwischen Chen Taiji und Bajiquan, aber noch viel mehr Unterschiede...und deswegen halte ich es für wichtig, erst in einem Stil eine richtige Grundlage aufgebaut zu haben (3-5 Jahre min.), bevor man mit einem Zweiten beginnt.
Nur so hat man überhaupt die Chance, die jeweiligen stilspezifischen Elemente zu verstehen und auch ausreichend zu verinnerlichen!



Cross-Training ist so ziemlich die Ausnahme, und nur wenn ein Lehrer in den Ruhestand geht, schickt er die Schüler zu anderen Lehrern, eher selten wird gleichzeitiges Trainieren bei verschiedenen Lehrern akzeptiert, wenn dann nur grollend oder gar nicht (Rauswurf keine Seltenheit!) Aber trotzdem gibt es immer wieder gute Cross-Leute, die lange heimlich auf mehreren Gleisen arbeiten, bis sie wirklich gut geworden sind, ehe sie dann öffentlich damit umgehen, und Deiner letzten Bemerkung von kleiner werdenen Unterschieden mit zunehmendem Fortschritt stimme ich voll
zu.


In der trad. chinesichen KK-Kultur hat man "nur" einen Lehrer und sogenanntes Crosstraining führt nicht nur zumeist zum Rauswurf, sondern fast immer!!!
Das wird dann nur durch grössere Beträge in roten Umschlägen abgewendet :D und nen mindestens dreimaligen Kotau ;)!
Der Schüler kann sich auch sicher sein, von seinem Lehrer für längere Zeit kein neues Unterichtsmaterial gezeigt zu bekommen und der Tudi-Status ist vorbei (falls er überhaupt vorhanden war)!!!

Ich habe auch das Gefühl, dass diese Situation in Taiwan oder auch Penang, was eine weitere Hochburg für trad. chin. KK ist, häufiger vorkommt, weil die Chinesen dort noch mehr an alten Traditionen und Wertevorstellungen festhalten, als in der VR China!
Und wenn es in konservativen KK-Schulen doch mal zum "Crosstraining" kommt, dann eigentlich nur, wenn der Lehrer einen befreundeten Lehrer zum Training einlädt oder seinen "Meisterschüler" weiterempfiehlt...alles andere ist Tabu!!!

Für unser Weltbild sicher schwer nachzuvollziehen...vorallem weil wir es inzwischen ja auch gewohnt sind, über nahezu jeden Lehrer und jedes System Informationen im Netz zu finden und auch jederzeit "alles" trainieren zu können!

taiwandeutscher
09-01-2010, 01:50
Ja, alles stimmig!
Und das Einladen befreundeter Lehrer beschränkt sich meist auch auf die drei Inneren und eine gewisse Phase in deren Entwicklung. Inzwischen gehen viele nach einer gegenseitigen Befruchtung, selbst in der VR, auch wieder getrennte Wege.

Nananom
09-01-2010, 02:24
bezüglich Schaolin Quan:
Es gibt nicht „den“ Shaolin Stil. Shaolin Quan präsentiert sich eher wie ein „bunter Nudelsalat“.
Es gibt Substile, bei denen Fünf Tiere trainiert werden, bei anderen gibt es keine Tierformen. Bei Vorführungen der Shaolin Mönche findet man heute auch Formen aus dem Tanglang (Gottesanbeterin), dem Hou Quan (Affen Boxen) und so genannte „harte Qi Gong“ Übungen. Was hiervon wirklich authentisch ist und was nicht ist nicht immer deutlich zu sagen.
Das Shaolin-Kloster ist eher ein Sammelbecken unterschiedlicher Kampfkünste.

Bezüglich des alten Chen Stil:
Als ursprünglichen (alten) Taiji Quan Stil würde ich den "kleinen Rahmen" des Chen-Stil bezeichnen, welcher heute von Chen Pei Ju repräsentiert wird und hier noch fast vollkommen unbekannt ist. Der ursprünglichere Stil scheint sich bis zu Chen Chang Xin erhalten zu haben, welcher heute als "kleiner Rahmen des Chen-Stils" bekannt ist.Bei Chen Chang Xin hat der Yang Stil-Begründer Yang Luchan gelernt, weshalb Yang-Taiji heute noch mehr Ähnlichkeit mit Xingyi Quan hat als der Chen-Stil (großer Rahmen von Chen Xiaowang). Außerdem stammen vom kleinen Rahmen die Taiji-Familienstile Sun, Hao, He, und Zhaobao ab.

fei li
09-01-2010, 22:07
bezüglich Schaolin Quan:
Es gibt nicht „den“ Shaolin Stil. Shaolin Quan präsentiert sich eher wie ein „bunter Nudelsalat“.
Es gibt Substile, bei denen Fünf Tiere trainiert werden, bei anderen gibt es keine Tierformen. Bei Vorführungen der Shaolin Mönche findet man heute auch Formen aus dem Tanglang (Gottesanbeterin), dem Hou Quan (Affen Boxen) und so genannte „harte Qi Gong“ Übungen. Was hiervon wirklich authentisch ist und was nicht ist nicht immer deutlich zu sagen.
Das Shaolin-Kloster ist eher ein Sammelbecken unterschiedlicher Kampfkünste.


Es geht hier gar nicht um Shaolin Quan, deine Definition ist hier deplatziert.
Meine Erwähnung von Shaolin steht ja im Kontext, daß manche Lehrer sich nicht um Stilnamen kümmern, sondern einfach pauschal ohne jeden Bezug die Einteilung Nordshaolin/Südshaolin als Stellvertreter für Nord/Süd nehmen…

Die Theorie, daß der kleine Rahmen der eigentliche alte Chenstil ist, habe ich auch schon an anderer Stelle gehört. Ich muss nochmal nachlesen, aber ich glaube sogar, daß A.Hsu diesen Ansatz in seinem Buch erwähnt.

Die andere, die mir untergekommen ist, ist die, dass der Chenstil,
so wie er in Taiwan oft zu finden ist, der alte Stil sei.
Finde ich persönlich plausibel, wenn man bedenkt was in der VR so alles zu Bruch gegangen ist an chinesischer Kultur, daß sich in den chinesischen Enklaven Asiens erhalten hat (sicherlich auch im oben erwähnten Penang).

Bevor jetzt die "unser Taiji Quan ist originaler als eueres" Debatte losbricht,
möchte ich nur sagen, daß letztendlich nur wichtig ist, ob dem jeweiligen Übenden sein Stil gefällt und er ihm das vermittelt, was er sucht… :D

Heping
10-01-2010, 10:56
Die Idee, dass in der VR bei einer Milliarde Menschen alle Kampfkunst-Meister herausgefiltert und ausgerottet wurden, finde ich genauso abwegig, wie dass während dem Bürgerkrieg alle Kampfkunst-Meister nach Taiwan geflüchtet sind. Die Wahrheit liegt wie immer irgendwo in der Mitte und deshalb gibt es in der VR nach wie vor gute Kampfkünstler, auch und gerade im Chen-Stil.

shin101
10-01-2010, 11:39
Die Idee, dass in der VR bei einer Milliarde Menschen alle Kampfkunst-Meister herausgefiltert und ausgerottet wurden, finde ich genauso abwegig, wie dass während dem Bürgerkrieg alle Kampfkunst-Meister nach Taiwan geflüchtet sind. Die Wahrheit liegt wie immer irgendwo in der Mitte und deshalb gibt es in der VR nach wie vor gute Kampfkünstler, auch und gerade im Chen-Stil.

Wurde auch nicht gesagt, sind sie auch nicht. Was aber fakt ist das einige dabei über den Jordan gegangen sind, einige geflohen sind, einige (zb Weng Chun Großmeister Pak Cheung ((so aus meinem Stil)) ) sich in den hintersten und entferntesten Ecken des Landes versteckt haben. Gab aber auch genug die geblieben sind, kann man manche ja sogar noch auf Video finden mit viel Glück. Es ist eher so das die alten die noch überlebt haben, Stück für Stück alle ihr natürliches ableben finden und ihnen Leute folgen die nicht die selbe Qualität wie die alten aufweißen oder gar keine Folgen, wenn die alten nicht unterrichten.


Liebe grüße,
Shin

Nananom
10-01-2010, 12:31
Die Idee, dass in der VR bei einer Milliarde Menschen alle Kampfkunst-Meister herausgefiltert und ausgerottet wurden, finde ich genauso abwegig, wie dass während dem Bürgerkrieg alle Kampfkunst-Meister nach Taiwan geflüchtet sind. Die Wahrheit liegt wie immer irgendwo in der Mitte und deshalb gibt es in der VR nach wie vor gute Kampfkünstler, auch und gerade im Chen-Stil.

Die Meister selbst haben während der großen Krise der chinesischen Kultur, auch ihren Teil dazu beigetragen, dass Stile vereinfacht, verfälscht und sich von ihrem Ursprung entfernten.

nagual
10-01-2010, 12:36
Chen Laojia Yilu demonstriert von Adam Hsu, Taiwan:

YouTube - Chen Taiji Quan Old Form by Adam Hsu (http://www.youtube.com/watch?v=GLweLyCcp6M)


Diese Form unterscheidet sich deutlich von VR China Mainstream Variante!

Wenn man den Quellen glauben kann, soll so (oder zumindest sehr ähnlich)
die Laojia im 18. Jahrhundert ausgesehen haben...für mich ist das gar nicht so abwägig, weil sie doch schon dem alten Yangstil von Stellungen und Positionen recht ähnlich ist. Auch ist die Spiraldynamik von außen nicht so deutlich sichtbar und das Fajin ist auch nicht mit starken Vibrationen verbunden.

Vielleicht kennen sich ja einige unter euch mit dieser Richtung etwas besser aus
und können ein paar Info's geben???

Ich habe jetzt nicht den ganzen Thread hier gelesen, aber es wurde ja schon viel über diverse Details diskutiert, die einzelne Bewegungsvarianten betreffen.

Meiner Einschätzung nach dürfte sich die Aussage, dass es sich um eine sehr alte Version des Chen-Stils handelt, AUSSCHLIESSLICH auf den groben Ablauf der Figuren beziehen. D.h. wie man vom Buddhas Wächter in das Mantel binden, und die Peitsche usw. gelangt.

Wenn z.B. CXW eben diesen Figurenablauf in seinem viel sauberen Style vorführen würde, hätte das Demo hinsichtlich alter Version die gleiche Aussagekraft.

Alles andere, was man an Bewegungsdetails sieht, dürfte zum allergrößten Teil einfach nur Adam Hsu's Bewegungsstyle und seine Kraft-Interpretation der Figuren sein, z.b. durch reinlehnen des Oberkörpers oder der Schulter etwas erreichen zu wollen.

Jegliche Diskussionen, ob also früher mehr oder weniger Schulter oder Oberkörper reingedreht wurde, sind anhand dieses Videos absolut überhaupt nicht zu belegen, sondern eher noch Fantasie als bestenfalls Spekulation.

Es geht ausschließlich um die veränderte Figurenfolge und die teilweise verkürzt erscheinenden Figuren, d.h. die Aussage, dass die entsprechenden Figuren wohl erst später mit den inzwischen bekannten zusätzlichen Bewegungen angereichert worden sind; das dürfte die Aussage von Adam Hsu mit diesem Demo sein, und sonst nichts weiter.

nagual
10-01-2010, 12:46
Die Meister selbst haben während der großen Krise der chinesischen Kultur, auch ihren Teil dazu beigetragen, dass Stile vereinfacht, verfälscht und sich von ihrem Ursprung entfernten.

Unterstellungen, dass irgendwer Veränderungen vorgenommen habe, und sich Versionen damit vom Ursprung entfernt hätten, sind insofern immer problematisch, als dass man beim Rückblick in die Vergangenheit diesen Ursprung nicht mehr eindeutig identifizieren kann.

Ein bedeutender Unterschied zwischen heute und der alten Zeit ist, dass man heute glaubt, dass es solche detailliert festgeschriebenen Versionen, Formenabläufe, Übungssysteme usw. gibt, z.B. weil man sie in Büchern nachlesen kann, und es Listen von stilzugehörigen Übungen gibt, Videos von Formen usw.
Das gab es früher nicht, bzw. wurde im 19. Jhdt. erst ansatzweise aufgebaut.

Der sog. Usprung hat in dieser eindeutigen Vorstellung NIE existiert.

Insofern ist es im Empfinden der Leute, die die Sache in die heutige Zeit gebracht haben, auch nicht (immer) verfälscht worden.

Sondern meistens haben sie halt einfach eine ihrer Meinung nach legitime Variante erschaffen, die in einer entsprechenden Situation halt angemessen erscheint. Zwecks Unterricht, zwecks Show-Demo usw.

Man kann nur schwer behaupten, "der Ursprung" habe anders ausgesehen, weil das immer eine imaginäre Erfindung eines Ursprungs ist, den wir selbst noch viel weniger kennen, als die Leute, die früher (z.B. in der ersten Hälfte des 20. Jhdts) was gelernt haben, und dies in ihre moderne Variante einfließen lassen.

Nananom
10-01-2010, 13:10
Unterstellungen, dass irgendwer Veränderungen vorgenommen habe, und sich Versionen damit vom Ursprung entfernt hätten, sind insofern immer problematisch, als dass man beim Rückblick in die Vergangenheit diesen Ursprung nicht mehr eindeutig identifizieren kann.

Ein bedeutender Unterschied zwischen heute und der alten Zeit ist, dass man heute glaubt, dass es solche detailliert festgeschriebenen Versionen, Formenabläufe, Übungssysteme usw. gibt, z.B. weil man sie in Büchern nachlesen kann, und es Listen von stilzugehörigen Übungen gibt, Videos von Formen usw.
Das gab es früher nicht, bzw. wurde im 19. Jhdt. erst ansatzweise aufgebaut.

Der sog. Usprung hat in dieser eindeutigen Vorstellung NIE existiert.

Insofern ist es im Empfinden der Leute, die die Sache in die heutige Zeit gebracht haben, auch nicht (immer) verfälscht worden.

Sondern meistens haben sie halt einfach eine ihrer Meinung nach legitime Variante erschaffen, die in einer entsprechenden Situation halt angemessen erscheint. Zwecks Unterricht, zwecks Show-Demo usw.

Man kann nur schwer behaupten, "der Ursprung" habe anders ausgesehen, weil das immer eine imaginäre Erfindung eines Ursprungs ist, den wir selbst noch viel weniger kennen, als die Leute, die früher (z.B. in der ersten Hälfte des 20. Jhdts) was gelernt haben, und dies in ihre moderne Variante einfließen lassen.

Da versucht wurde, die Kampfkunst breiteren Massen zu vermitteln, waren Zwangsweise Abstriche in der Qualität der Ausbildung hinzunehmen.Stile wurden stark vereinfacht,um diese besser größeren Gruppen beibringen zu können. Außerdem wurden die Anwendungen so verschlüsselt, dass sie nicht ohne weiteres erschließbar waren. Diese Variante wurde schließlich von vielen Schüler weitergegeben.Parallel bildete sich damals auch eine intellektuelle Gruppierung heraus, deren intellektuelle Hintergründe auf wenig fundiertes Hintergrundwissen in den Kampfkünsten traf. In diesem Kontext entwickelten sich semi-esoterische Vorstellungen über Kung Fu.Diese Entwicklung führte letztlich vom Ursprung weg, so dass nur noch selten die Stile in ihrer ursprünglichen Form vorkommen.

P.s. Doch es gibt noch wenige Meister die die Stile in ihrer unverfälschten Form weitergeben.

shin101
10-01-2010, 14:33
Unterstellungen, dass irgendwer Veränderungen vorgenommen habe, und sich Versionen damit vom Ursprung entfernt hätten, sind insofern immer problematisch, als dass man beim Rückblick in die Vergangenheit diesen Ursprung nicht mehr eindeutig identifizieren kann.

Nun erstmal ist das keine Unstellung und zweitens schaue man sich die bekannten Traditionellen Varianten von Stilen an und die modernen. Man erkennt den Unterschied.


Ein bedeutender Unterschied zwischen heute und der alten Zeit ist, dass man heute glaubt, dass es solche detailliert festgeschriebenen Versionen, Formenabläufe, Übungssysteme usw. gibt, z.B. weil man sie in Büchern nachlesen kann, und es Listen von stilzugehörigen Übungen gibt, Videos von Formen usw.
Das gab es früher nicht, bzw. wurde im 19. Jhdt. erst ansatzweise aufgebaut.


Stimmt so nicht ganz. Die Systeme waren nicht standartisiert, aber die Übungen hatten eine Art und Weise in der sie ausgeführt werden die nicht abweicht von dem wie es gedacht ist, dass hat auch seinen Sinn.


Der sog. Usprung hat in dieser eindeutigen Vorstellung NIE existiert.


Das halte ich aber für eine gewagte Behauptung.


Liebe grüße,
Shin

Heping
10-01-2010, 15:54
Zitat Shin: "Wurde auch nicht gesagt"

Ach Shin, wir alle können doch zwischen den Zeilen lesen. Mit Sätzen wie "ich persönlich glaube, dass" kann man doch so Einiges suggerieren :)

nagual
10-01-2010, 17:53
P.s. Doch es gibt noch wenige Meister die die Stile in ihrer unverfälschten Form weitergeben.

Das kann man im sachlich-allgemeinen Sinne annehmen, wenn die Qualität stimmt, und der Inhalt hinsichtlich Breite, Tiefe und der Ausgewogenheit der wichtigen Elemente korrekt ist.

Man kann aber kaum feststellen, dass das, was heute gemacht wird, eine tatsächliche Kopie der Übungen von vor 150 Jahren ist. Das ist immer reine Spekulation, weil es eben weder Fotos noch Videos gibt, und gemalte Bilder häufig stilisiert oder sonstwie "komisch" gemalt worden sind. Solche Wandgemälde, die man aus Shaolin kennt, sind so gemalt, dass man konkrete Kenntnisse haben muss, wie sie interpretiert werden müssen. Und das ist eben dieses Wissen, welches auch das stets neue Hervorbringen legitimer Variationen beinhaltet. Starre Kopien gibt es nicht und gab es nie, alles ist immer im Wandel. Die Frage ist nur, ob eben früher die Qualität im Wandel besser gehalten wurde als heute. Ich würde sagen, teils ja, teils nein. Es sind halt andere kulturelle Probleme dazu gekommen, die typisch für die moderne Zeit sind. Bestimmte Probleme der alten Zeit sind dafür verschwunden, das sollte man vielleicht auch nicht vergessen.

Trinculo
10-01-2010, 17:56
Die Leute, die vor 2000 Jahren Latein sprachen, haben auch jeweils ihren Kindern ihre Muttersprache unverfälscht weitergegeben, und die den ihren ... und ... und ... ;)

nagual
10-01-2010, 18:04
Das halte ich aber für eine gewagte Behauptung.

Ich will das mal erklären:
Man kann sich natürlich vorstellen, eine Zeitmaschine mit einer Filmkamera in die Vergangenheit zu beamen, und die Aufnahmen, die dann ins Heute transportiert worden sind, DAS wäre also das Ursprung.

Man hätte dann Filmaufnahmen, was irgendwelche Koryphäen wie Yang Luchan, Dong Haichuan usw. tatsächlich gemacht haben, als sie selbst geübt oder unterrichtet haben.

Ich denke aber, dass man diese Leute missverstehen würde, wenn man diese Filmaufnahmen eben als "Originalversion" im Sinne "das ist der Ursprung" bezeichnen würde.

Es waren ja auch nur Übungsversionen, die variierbar waren, und die von der jeweiligen Situation abhängig waren, und die nicht als Übungssysteme und 1:1-Imitationen für die Ewigkeit gedacht waren. Sie waren nicht für die hier imaginierte Zeitmaschinen-Kamera gedacht, und deswegen würde ich sie nicht als "der Ursprung" bezeichnen.

Ich sage, dass das Wissen in der früheren Zeit eben hauptsächlich in den Körpern und im Geist der Praktiker gespeichert war, während wir heute dazu neigen, es in Übungssystemen mit exakten Beschreibungen der Übungen plus Videoaufnahmen oder im visuellen Gedächtnis zu speichern.

Weil das Wissen und Können im eher abstrakten Sinne im Geist der Praktiker gespeichert war, konnte es ständig variiert werden, ohne dass der Praktiker überhaupt daran dachte, irgendwas geändert zu haben.
Die o.g. vorgestellten Zeitmaschinen-Aufnahmen wären eher ein Zufallsprodukt aus dem Repertoire gewesen, aber nicht "das Ding", von dem wir glauben, es wäre "der Ursprung".

Wir können den Ursprung nur rekonstruieren, in dem wir uns moderne Übungssystem basteln, die eben die notwendigen Qualitäten von damals beinhalten, in nicht von irgendwelchem sportlichen Modern Wushu-Zeugs beeinflusst sind.
Der Rest ist unwichtig und bleibt im Bereich der Spekulation.

shin101
10-01-2010, 18:29
Zitat Shin: "Wurde auch nicht gesagt"

Ach Shin, wir alle können doch zwischen den Zeilen lesen. Mit Sätzen wie "ich persönlich glaube, dass" kann man doch so Einiges suggerieren :)


Naja das alle in der Kulturrevolution durch Mao umgekommen sind ist blödsinn. Da kann man suggerieren was man will, Aufnahmen derer die überlebt haben und anderer Dokumente aus innerhalb Chinas usw. beweißen einfach das Gegenteil. Genauso sollte man aber auch nicht den Eindruck vermitteln das die Kulturrevolution der Erscheinung eines Modetrends gleich kam. Es sind Haufenweise Tempel zerstört worden, Mönche vertrieben, getötet worden, Kulturrelle Güter zerstört worden. Man hat Ärzte, Intellektuelle getötet, Haufenweise Kampfkünstler,normale Bürger getötet, wenn man die alle zusammenfasst, belaufen sich die Toten durch die Kulturrevolution in die Millionenhöhe. Ein Umstand der meines erachtens oft übersehen wird oder als nicht so bedeutend dargestellt wird. Geschweige den welche Folgen das alles für die Kulturelle und Soziale Umgebung in China hatte.

Gab ja nicht umsonst Bemühungen die Shaolin Stile wiederherzustellen oder die Stile die Mönche dort auf den Wudang Bergen betrieben haben.



Liebe grüße,
Shin

shin101
10-01-2010, 18:34
Die Leute, die vor 2000 Jahren Latein sprachen, haben auch jeweils ihren Kindern ihre Muttersprache unverfälscht weitergegeben, und die den ihren ... und ... und ... ;)

Der Vergleich hakt, dem durchschnittlichen Bürger wird nicht die Anforderung gestellt seine Sprache Meisterhaft zu beherrschen in allen Lagen. Willst du zum Linienhalter deiner Kampfkunst werden schon. Was Schüler A, C und G gemacht haben die irgendwann mal was gelernt haben und irgendwann doch mal was unterrichten wollten ist eine andere Sache.


Liebe grüße,
Shin

dachengquan
10-01-2010, 18:38
Da es gerade aktuell ist:

Ich verkaufe das Buch von Adam Hsu
- Lone Sword against the cold cold sky

und 2 Bücher von Cheng Man Ching:
- Master Cheng's new Method of Taichi Ch'uan Self Cultivation
- A simplified method of calisthenics for healt & self defense.

Das Buch von Adam Hsu für 15 Euro, die anderen jeweils 10 Euro (Versandkosten aus der Schweiz exklusive). Alle Bücher für 25 Euro (plus Versandkosten).

Ein verspätetes Weihnachtsgeschenk sozusagen ;)

Herzliche Grüsse

Trinculo
10-01-2010, 19:08
Der Vergleich hakt, dem durchschnittlichen Bürger wird nicht die Anforderung gestellt seine Sprache Meisterhaft zu beherrschen in allen Lagen. Willst du zum Linienhalter deiner Kampfkunst werden schon. Was Schüler A, C und G gemacht haben die irgendwann mal was gelernt haben und irgendwann doch mal was unterrichten wollten ist eine andere Sache.


Liebe grüße,
Shin

Es geht doch nicht um Meisterschaft, es geht um ganz normale Wörter. Ich sage "Vogel", mein Sohn sagt "Vogel" ;) Trotzdem haben wir heute pajaro, oiseau und uccello :) Von den Feinheiten des Konjunktiv oder der poetischen Sprache rede ich gar nicht.

Heping
10-01-2010, 19:08
Naja das alle in der Kulturrevolution durch Mao umgekommen sind ist blödsinn. Da kann man suggerieren was man will, Aufnahmen derer die überlebt haben und anderer Dokumente aus innerhalb Chinas usw. beweißen einfach das Gegenteil. Genauso sollte man aber auch nicht den Eindruck vermitteln das die Kulturrevolution der Erscheinung eines Modetrends gleich kam. Es sind Haufenweise Tempel zerstört worden, Mönche vertrieben, getötet worden, Kulturrelle Güter zerstört worden. Man hat Ärzte, Intellektuelle getötet, Haufenweise Kampfkünstler,normale Bürger getötet, wenn man die alle zusammenfasst, belaufen sich die Toten durch die Kulturrevolution in die Millionenhöhe. Ein Umstand der meines erachtens oft übersehen wird oder als nicht so bedeutend dargestellt wird. Geschweige den welche Folgen das alles für die Kulturelle und Soziale Umgebung in China hatte.

Gab ja nicht umsonst Bemühungen die Shaolin Stile wiederherzustellen oder die Stile die Mönche dort auf den Wudang Bergen betrieben haben.



Liebe grüße,
Shin

Ich will hier nicht die Kulturrevolution aufarbeiten, es geht vielmehr darum, dass immer wieder Leute behaupten, dass in Taiwan der ursprünglichere Chen-Stil zu finden ist als in der VR China. Das was Du hier festhältst war nicht mein Punkt.

fei li
10-01-2010, 22:46
Wenn z.B. CXW eben diesen Figurenablauf in seinem viel sauberen Style vorführen würde, hätte das Demo hinsichtlich alter Version die gleiche Aussagekraft.

Was meinst du mit sauberer???
Wenn überhaupt, dann ist seine Variante anders,
ob sie sauberer ist oder nicht, ist rein subjektiv…

Ich finde, daß man in A.Hsu Form die Bedeutung der Anwendungen klarer (sauberer :) )
erkennen kann.

Nananom
11-01-2010, 07:01
Das kann man im sachlich-allgemeinen Sinne annehmen, wenn die Qualität stimmt, und der Inhalt hinsichtlich Breite, Tiefe und der Ausgewogenheit der wichtigen Elemente korrekt ist.

Man kann aber kaum feststellen, dass das, was heute gemacht wird, eine tatsächliche Kopie der Übungen von vor 150 Jahren ist. Das ist immer reine Spekulation, weil es eben weder Fotos noch Videos gibt, und gemalte Bilder häufig stilisiert oder sonstwie "komisch" gemalt worden sind. Solche Wandgemälde, die man aus Shaolin kennt, sind so gemalt, dass man konkrete Kenntnisse haben muss, wie sie interpretiert werden müssen. Und das ist eben dieses Wissen, welches auch das stets neue Hervorbringen legitimer Variationen beinhaltet. Starre Kopien gibt es nicht und gab es nie, alles ist immer im Wandel. Die Frage ist nur, ob eben früher die Qualität im Wandel besser gehalten wurde als heute. Ich würde sagen, teils ja, teils nein. Es sind halt andere kulturelle Probleme dazu gekommen, die typisch für die moderne Zeit sind. Bestimmte Probleme der alten Zeit sind dafür verschwunden, das sollte man vielleicht auch nicht vergessen.

Shaolin Quan ist ein schlechtes Beispiel. Shaolin war nie ein eigenständiger Stil, sondern ein Sammelbecken unterschiedlicher Kampfkünste.Das Shaolin- Kloster erhielt immer neuen Einfluss von Kampfstilen und Kung Fu-Meistern. Somit wurden in den Mauern des Shaolin-Klosters immer verschiedene Kung Fu-Stile trainiert. Kung Fu Meister wie Ji Long Feng wurden im Shaolin Kloster als Lehrer angestellt und unterrichteten ihre Kampfkunst, die dann im Shaolin Kloster tradiert wurden (von Ji Long Feng z.B. das Shaolin Xingyi Ba).

Was finden wir im Tai Ji Quan heute vor? Welche Traditionen sind noch heute zu erkennen? Im Yang Stil sowie dem kleinen Rahmen des Chen Stil findet man deutliche Einflüsse des Xingyi Quan.

Es gibt keine einheitliche Theorie und Kampfkunstphilosophie des Bagua Zhangs gibt im gegensatz z.B. des Xingyi Quan. Da gebe ich dir recht, aber auch hier sei gesagt,die Bagua Zhang Stile repräsentieren bis heute die elementaren Kampf- und Bewegungsprinzipien des ursprünglichen Bagua Zhangs von Dong Hai-Chuan.Dong unterrichtete einzelne Schüler, die bereits einiges Vorwissen mitbrachten. Darüberhinaus lehrte er seinen Schülern, vor allem das Bewegungsprinzip in Abhängigkeit der jeweiligen Körperstatur und Fähigkeiten des Schülers und keinen standardisierten Kanon an Techniken.So kam es, dass jeder Schüler Dongs Stil etwas anders übernahm und bereits in der ersten Generation sich viele eigene Stile im Bagua Zahng-System entwickelten.Yin-Stil (von Yin Fu, der Einflüsse des 18 Louhan Quan beinhaltet), Cheng-Stil (von Cheng Tinghua, welcher als Optiker arbeitete und auch im chinesischen Ringen sehr geübt war) und den Liu-Stil (von Liu Dekuan, der in seiner Jugend besonders Shaolin Liuhe Quan und Ying-Zhua Quan /Adlerklauen Boxen gelernt hat).

Es sollte nicht das bestreben sein eine einfache Kopie der Bewegung des Lehrers zu sein, sondern eine eingeständig angepasste Variante.Trotzdem sollte im Training keine Beliebigkeit herrschen, vorrausgesetzt der Lehrer sorgt dafür, dass die Eigenheiten des Stils erhalten bleiben.Das heißt aber nicht, dass jeder die Techniken nach eigenem Gutdünken interpretieren kann bzw. soll, wie er will. Dem ist nicht so. Aber jedem sollte genug Freiraum eingeräumt werden, seine individuellen Möglichkeiten selbst voll zu entfalten.

nagual
11-01-2010, 11:10
Es sollte nicht das bestreben sein eine einfache Kopie der Bewegung des Lehrers zu sein, sondern eine eingeständig angepasste Variante.Trotzdem sollte im Training keine Beliebigkeit herrschen, vorrausgesetzt der Lehrer sorgt dafür, dass die Eigenheiten des Stils erhalten bleiben.Das heißt aber nicht, dass jeder die Techniken nach eigenem Gutdünken interpretieren kann bzw. soll, wie er will. Dem ist nicht so. Aber jedem sollte genug Freiraum eingeräumt werden, seine individuellen Möglichkeiten selbst voll zu entfalten.

Auf keinen Fall sollte Beliebigkeit vorherrschen.

Was ich im Wesentlichen sagen will, ist, dass sich ein Stil früher (d.h. vor mehr als 100 oder 150 Jahren) vor allem durch das Können des Praktikers "definierte" und nur zu einem geringen Anteil durch das Übungssystem.

Unser heutiges Verständnis ist, dass sich ein Stil durch das bekannte und "offiziell" geordnete Übungssystem definiert.

Dieses Übungssystem kann aber immer nur die Möglichkeit eröffnen, die Skills und die Kraft der Praktiker aus der alten Zeit ebenfalls zu erwerben.

Falls die damaligen Praktiker andere Wege zum gleichen Können gewählt haben, so ist das eigentlich nebensächlich, denn die Übungsmethoden waren immer im Wandel. Darüber wird aber heute so viel diskutiert, d.h. die Frage, ob man nun hoffentlich die Original-Übungen von 1850 durchführt, wird zum Maß der Dinge erhoben, obwohl diese Frage im Jahr 1850 komplett irrelevant wird (im Sinne der Vorgänger von 1800 oder 1750 hat es auch so gemacht).

Ich will halt nur sagen, dass die Frage, ob das jeweils eigene Übungssystem wirklich zu den entsprechenden Skills, zur körperlichen Stärke und zum entsprechenden Bewegungsstyle führt, wie man annehmen kann, dass es das eigene Vorbild von 1850 mutmaßlich gehabt hat (ob Yang Cheng Fu, Dong Haichuan, Chen Wanting oder wer auch immer), dann reicht das, und mehr kann man nicht machen.

Und eben dieses Verständnis liegt meiner Meinung nach auch seriösen Praktikern und Lehrern zugrunde, die mit Recht sagen können, dass sie die alte Kunst unverfälscht und authentisch übermitteln können; d.h. die kein Modern Wushu oder Eso- oder Show-Firlefanz draus gemacht haben.

Nananom
11-01-2010, 11:38
Unser heutiges Verständnis ist, dass sich ein Stil durch das bekannte und "offiziell" geordnete Übungssystem definiert.

Das ist nicht mein Verständnis und auch nicht von vielen hoch angesiedelten Meister der Inneren Kampfkünste.

shin101
11-01-2010, 16:41
Es geht doch nicht um Meisterschaft, es geht um ganz normale Wörter. Ich sage "Vogel", mein Sohn sagt "Vogel" ;) Trotzdem haben wir heute pajaro, oiseau und uccello :) Von den Feinheiten des Konjunktiv oder der poetischen Sprache rede ich gar nicht.


Ich will hier nicht die Kulturrevolution aufarbeiten, es geht vielmehr darum, dass immer wieder Leute behaupten, dass in Taiwan der ursprünglichere Chen-Stil zu finden ist als in der VR China. Das was Du hier festhältst war nicht mein Punkt.

An euch beide sorry, missverstanden.


Liebe grüße,
Shin

nagual
11-01-2010, 17:08
Das ist nicht mein Verständnis und auch nicht von vielen hoch angesiedelten Meister der Inneren Kampfkünste.Du kannst natürlich ein Verständnis von Stil-Identität vertreten, welches davon abweicht, aber die kulturelle Realität sieht doch so aus, dass es z.B. das typische Aussehen einer Chen-Form ist, die bestimmt, dass der Praktiker eben ein Chen-Stil-Praktiker ist.

Wenn einer z.B. die Yang-Form praktiziert und gleichzeitig behauptet, er wäre Chen-Stilist, weil er das Chen-Können eben drauf habe, so kann das zwar stimmen, aber trotzdem wird jeder sagen, er sei Yang-Stilist, weil er ja die Yang-Form übt.

Es ist also das Übungssystem, z.B. die Chen- oder Yang-Form, die bestimmt, welcher Stil vertreten wird.

Wenn einer die Yang- oder Chen-Form stark abwandelt, so dass sie nicht mehr wirklich zu erkennen ist, dann werden die meisten Leute sagen, dass er seinen eigenen Taiji-Stil entwickelt hat. Die eigenen Argumente, z.B. "ich habe das nur gemacht, um mein Chen- bzw. Yang-Können zu verbessern" interessieren dann nicht mehr.
Einige wenige können das ggf. nachvollziehen, der Mainstream wird nicht mitziehen; die kulturelle Realität ist die, dass das Übungssystem den Stil definiert.

Diese kulturelle Realität sah früher anders aus, behaupte ich.
Da konnte einer was, und das war dann eben der Stil X, oder der Familienstil Y, oder der Stil des Klosters Z usw.
Diese Leute konnten aber ihre Formen variieren wie sie wollten, es war der Stil, weil es eben diese Personen waren.

fei li
12-01-2010, 09:05
Diese kulturelle Realität sah früher anders aus, behaupte ich.
Da konnte einer was, und das war dann eben der Stil X, oder der Familienstil Y, oder der Stil des Klosters Z usw.
Diese Leute konnten aber ihre Formen variieren wie sie wollten, es war der Stil, weil es eben diese Personen waren.

Das denke ich auch, früher war man da flexibler, es wurde einfach das gemacht, was funktioniert hat, egal ob es zum ursprünglichen System gepasst hat oder nicht.
Hinzufügen möchte ich noch, dass diese Leute, dass was sie trainiert, oder geändert haben, auch regelmässig in der Praxis getestet haben.
Unsinnige Änderungen oder Techniken haben sich so von alleine eliminiert,
was heute nicht mehr der Fall ist…

Freier Geist
12-01-2010, 12:56
-

nagual
12-01-2010, 23:43
Judo ist kein Stil im Sinne alter chin. Stile, sondern eine Sportart.

Ich gehe davon aus, dass es bei Familienstilen, deren Name eben dem der Familie entsprach, sehr große Abweichungen und Abwandlungen gegeben hat, über die Generationen hinweg.

Ein Tierstil, z.B. Tigerstil, wird natürlich nicht in z.B. einen Schlangenstil umgewandelt, und dann immer noch Tigerstil genannt.
Leute, die Tigerstil praktiziert haben, werden aber sicherlich nicht die "offiziellen" Übungen 1-45 des Tigerstils praktiziert haben, sondern alles gemacht haben, was sie meinten, dass es zum Tiger passt.

Wenn aber ein Familienstil bei einem bestimmten Praktiker z.B. wie ein Tigerstil aussah, so gehe ich davon aus, dass sein Sohn/Nachfolger daraus einen Kranichstil gemacht haben könnte, weil das eben besser zu ihm passt.
In diesem Sinne wäre der Familienstil dann sehr wandelbar, bzw. das Wissen und Können ziemlich Form-unabhängig.