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Vollständige Version anzeigen : Fragen zu Okinawa Karate



IMA-Fan
12-01-2010, 22:07
Hi,

ich habe mir nen par Gedanken über das alte Okinawa Karate gemacht bzw in seinen Anfängen als es nach Japan kam und hätte dazu folgende Fragen:

1) War Seiken immer schon die bevorzugte Trefferfläche beim Fauststoß?

2) Gab es im okinawa Karate überhaupt Kombinationen?

3) Gab es im okinawa Karate runde Angriffe mit der Faust? (also wie Haken)

Wäre cool, wenn das jemand weiß bzw Quellen dazu hat.

Grüße Ima-Fan

FireFlea
12-01-2010, 22:37
Hi,

ich habe mir nen par Gedanken über das alte Okinawa Karate gemacht bzw in seinen Anfängen als es nach Japan kam und hätte dazu folgende Fragen:

1) War Seiken immer schon die bevorzugte Trefferfläche beim Fauststoß?

2) Gab es im okinawa Karate überhaupt Kombinationen?

3) Gab es im okinawa Karate runde Angriffe mit der Faust? (also wie Haken)

Wäre cool, wenn das jemand weiß bzw Quellen dazu hat.

Grüße Ima-Fan

Ich denke, dass "Okinawa Karate" halt auch schon wieder ein recht weiter Begriff ist und es auch auf Okinawa unterschiedliche Meister und Ansichten gab und gibt.

IMA-Fan
12-01-2010, 22:47
Ich denke, dass "Okinawa Karate" halt auch schon wieder ein recht weiter Begriff ist und es auch auf Okinawa unterschiedliche Meister und Ansichten gab und gibt.

Hmm ich wusste net wie ichs anders ausdrücken soll. Mir war vorallem die Epoche wichtig. Aber dein Einwand macht Sinn!

Dann vielleicht Beispiele aus den verschiedenen Stilen, aber wenns geht bevor oder wirklich kurz nachdem sie in Japan ankamen?

Grüße Ima-Fan

Teashi
12-01-2010, 22:59
Shuri-Te
Naha-Te
Tomari-Te

weiss jetzt nicht ob das zu diesen 3 passt oder eher zur karate, hab aber gelesen das früher Shoken der basisschlag war.
über hacken weiss ich nichts, aber karate kommt aus dem chinesischen quan fa und da sind die meisten schläge entweder gerade oder kreisförmig. hab noch nie in einer demonstration einen hacken gesehen, was nicht heisst das es dort diese nicht gibt.

http://en.wikipedia.org/wiki/Okinawan_martial_arts

Brokko
12-01-2010, 23:25
3) Gab es im okinawa Karate runde Angriffe mit der Faust? (also wie Haken)


So lange bin ich auch noch nicht dabei, also kann es sein, dass es nicht (ganz) stimmt.
Du schreibst ja auch von der Zeit, in der Karate erst in Japan bekannt gemacht wurde. Das wurde meines Wissens durch Meister Funakoshi vorangetrieben. In seinen 20 Regeln für das Karate-Do schrieb er unter anderem nieder: "Stelle dir deine Hand und deinen Fuß als Schwert vor." Das spiegelt sich auch in den geradlinigen und direkten Techniken des Shotokan wieder. Der klassische 'Kneipenschwinger' wäre mir jedenfalls neu.
Wie das in anderen Stilen aussieht, weiß ich nicht. Vielleicht ist es da ähnlich, da Meister Funakoshi der Meinung war, es gäbe nur ein Karate.

Ich hoffe, dass das soweit stimmt.

FireFlea
12-01-2010, 23:28
Vielleicht liest shorinryuchemnitz den Thread und kann beschreiben, wie es seinem Stil ist. :)

janfoo
13-01-2010, 00:39
1) War Seiken immer schon die bevorzugte Trefferfläche beim Fauststoß?


Seit wann Seiken mit dem zwei Knöcheln geschlagen wird, ist sicher nicht historisch eindeutig festzustellen, aber da auf Okinawa auf jedem Fall im 19. Jahrhundert (und mit Sicherheit auch davor) mit dem Makiwara trainiert wurde, dürfte Seiken auch mindestens genau so lange Standard sein.
Frag doch sonst mal im CMA-Forum wie es bei denen mit Seiken aussieht. Soweit ich das richtig erinnern kann kommt diese Art zu schlagen auch aus China...



2) Gab es im okinawa Karate überhaupt Kombinationen?


so wie Jab-Jab-Hook-Cross? :)
Solche Kombos gabs damals wohl nicht, das ganze sah IMO eher aus wie: check-konter bzw. wenn möglich check-konter-takedown.



3) Gab es im okinawa Karate runde Angriffe mit der Faust? (also wie Haken)



Naja der klassische "Rundangriff" ist ja der Mawashi Zuki ("Schwinger") oder im weiteren Sinne auch der Kagi Zuki (ähnlich dem Haken) ...
Gibts zumindest bei uns im Goju so.

Ich habe zu Thema runde Techniken in einem anderen Forum dazu noch folgenden Textausschnitt ausgegraben:

" ... The same values are expressed by teachers of Okinawan Shorin Ryu. Toshihiro Oshiro, a senior student of Matsubayashi Shorin Ryu founder Shoshin Nagamine explains that “Traditional Okinawan karate is actually a series of circular techniques. The misconception that has led some Japanese styles to use rigid straight-line techniques comes from competition fighting and a lack of understanding by some instructors about how power is generated. .... "

Quelle (http://www.karatethejapaneseway.com/karate_underground/viewtopic.php?t=10192), 17tes Posting

@ Brokko
Shotokan á la Funakoshi ist nach meinem Kenntnisstand stark vom Japanischen Kenjutsu beeinflusst, evt taugt das daher als Referenzpunkt für Okinawa Karate nicht so sehr... aber da kann ich keine verlässliche Aussage machen, ist schließlich nicht mein Stil :rolleyes:

shorinryuchemnitz
13-01-2010, 08:51
Vielleicht liest shorinryuchemnitz den Thread und kann beschreiben, wie es seinem Stil ist. :)

Hallo,
wenn FireFlea so nett bitte sagt.:)

Also im Shorinryu Shidokan (Okinawanische Stilrichtung mit der Überlieferungslinie Matsumura --> Itosu --> Chibana --> Miyahira), werden gradlinige Fauststöße wie auch Haken bzw. Halbkreis Fauststöße mit Seiken, Ipponken, Hammerfaust und offenen Handtechniken geübt.
Typischer Hakenfauststoß (Kage Tsuki) in Naihanchi Shodan (http://www.flickr.com/photos/shorinryu-berlin/3921983355/) für halbkreisschläge z. B. Yama Tsuki in Itosu no Passai (http://www.youtube.com/watch?v=g7fHS9gd0tU)

Ich hoffe das zeigt das es diese Techniken im Okinawa Karate schon gab bevor Karate nach Japan exportiert wurde.

Das Prinzip Kombination wird in einer anderen Form umgesetzt als im heutigen Kampfsport. Das Prinzip der Gleichzeitigkeit an stelle von Mehrstufigen oder an einander gereihten Techniken. Annahme des Angriffes und Konter in einer Zeit mit inmobilisation des Gegners ist ein enscheidenes Prinzip. Nicht zurückweichen sondern leichte Ausweichbewegung mit gleichzeitiger Bewegung auf den Gegner zu.

Gruß

Trunkenbold
13-01-2010, 09:47
@shorinryuchemnitz
Das Prinzip Kombination wird in einer anderen Form umgesetzt als im heutigen Kampfsport. Das Prinzip der Gleichzeitigkeit an stelle von Mehrstufigen oder an einander gereihten Techniken. Annahme des Angriffes und Konter in einer Zeit mit inmobilisation des Gegners ist ein enscheidenes Prinzip. Nicht zurückweichen sondern leichte Ausweichbewegung mit gleichzeitiger Bewegung auf den Gegner zu.


Dies mit dem "gleichzeitigen" Prinzip ist mir so weit klar. Wieso aber soll es keine Kombinationen gegeben haben, wenn doch auch in den Kata Kombinationen vorkommen?

Prost

shorinryuchemnitz
13-01-2010, 10:01
Dies mit dem "gleichzeitigen" Prinzip ist mir so weit klar. Wieso aber soll es keine Kombinationen gegeben haben, wenn doch auch in den Kata Kombinationen vorkommen?

Prost

@Trunkenbold,
habe nicht gesagt das es keine Kombinationen gab sondern das Ziel ist die Umsetzung von mehr als einer Technik in einer Zeit. Das diesen ich sagemal "Erstschlagstechniken" dann noch weitere folgen können hängt davon ab wie erfolgreich die ersten Techniken waren und was der Gegner dem entgegensetzt.

Gruß

Trunkenbold
13-01-2010, 10:21
@shorinryuchemnitz
Meinst du so wie man es im nachfolgenden Video (Um 6-7 Sek.) sehen kann?

YouTube - TBWT - Thomas Braun Wing Tsun / Escrima (http://www.youtube.com/watch?v=lrVuG9Ftb-s)

shorinryuchemnitz
13-01-2010, 11:54
@shorinryuchemnitz
Meinst du so wie man es im nachfolgenden Video (Um 6-7 Sek.) sehen kann?

YouTube - TBWT - Thomas Braun Wing Tsun / Escrima (http://www.youtube.com/watch?v=lrVuG9Ftb-s)

@Trunkenbold,
ich glaube nicht. Weiß jetzt aber auch nicht genau worauf sich Deine Frage bezieht.:o
Fragst Du mich 1. ob ich die Gleichzeitigkeit von Annehmen, und Kontern so meine oder bezog sich das auf meine 2. Aussage bezüglich ob es Kombinationen im Okinawa Karate gibt oder nicht?:ups:

Solltest Du 1. meinen, gibt es da einige Unterschiede die sich aber schwer schriftlich darlegen lassen um es richtig zu erklären müßte man es zeigen.
Auf dem Video sind mir die Kontrahenten etwas zu nervös, die zappeln da was rum bevor der Angriff kommt. Ich bevorzuge es eher zu versuchen in einer offenen innerlich erwartenden Haltung den Angriff zu erspüren. Meist ist dieser schon vor der Ausführung durch Gewichtsverlagerungen, Pupillenverengung und soweiter erkennbar, wenn vorher in einem bestimmten Rythmus gehüpft oder sich bewegt wird sind diese Signale meist noch ausgeprägter als aus einer klassischen Angriffshaltung heraus.

Ein ganz klassisches Beispiel für das Prinzip der Gleichzeitigkeit wenn auch nicht besonders spektakulär ist Age Tsuki (gerader aufsteigender Fauststoß).
EIn gerader Angriff mit der Hand (Faust, offene Hand) zum oberen Körper (Hals, Kopf) wird durch einen Tsuki zum Kopf des Angreifers neutralisiert. Dabei trifft bei der Ausführung des Tsukis die Oberseite des obere Unterarm des Verteidigers von unten auf die Unterseite des unteren Unterarms des Angreifers und lengt den Angriff so weit aus das er sein Ziel den Verteidiger zu treffen verfehlt. Der Tsuki des Verteidigers trifft aber im Gesicht des Angreifers auf. Kombiniert mit einem Vorwärtsschritt in Richtung Angreifer und absetzen des Vorderbeins am Vorderbein des Angreifers --> Feger führt zu einer Störung des Gleichgewichts bzw. zum Sturz des Angreifers.

Ich hoffe man kann das beim lesen irgendwie nachvollziehen.

Gruß

Brokko
13-01-2010, 19:03
b) darum, sich VORZUSTELLEN, die Gliedmaßen seien Schwerter.

Worauf ich hinauswollte, ist dass diese Vorstellung sich eben in den meisten Techniken (dass es Haken gibt, habe ich ja nun erfahren) des Karate niederschlägt. Der Vergleich ist wahrscheinlich sehr weit hergeholt, aber wenn ich sehe, wie in einigen Kata des Aikido der Bo (Bokken?) gerade über die Körpermitte nach vorne geführt wird, habe ich den Eindruck, eine Parallele zu den Tsukis zu sehen, die auch gerade über die Körpermitte nach vorne gebracht werden (im Gegensatz zum sog. Kneipenschwinger).
Damit behaupte ich nicht, das Haken und runde Techniken im Karate mit 'Kneipenschwingern' gleichzusetzen sind, die Bahn ist ja genauso direkt. Vergleichbar damit, wie wenn man ein Schwert kreisförmig führt. Mir hat jedenfalls die Vorstellung dieser Parallele beim erstmaligen Erlernen bestimmter Techniken geholfen. So habe ich auch den Spruch mit den Schwertern aufgefasst.

Trinculo
13-01-2010, 19:07
Schwerter werden eben geschwungen, und nicht nur gerade nach vorne gestoßen ...

Trunkenbold
14-01-2010, 08:06
@Brokko
Es ist denkbar ungünstig, den Vergleich von Schwertern zu Karate Techniken zu ziehen. Und ein „Kneipenschwinger“ ist genau so eine gute oder schlechte Technik wie alle anderen auch. Es kommt immer auf die Situation an in der ich Techniken einsetzte, von denen einige natürlich weniger und andere mehr zum Kampf taugen. Der Schwinger ist eine vorzügliche Technik wenn man sie einsetzten kann.

Prost

FireFlea
15-01-2010, 10:00
Ich hab malversucht auszulagern.

Thread zu Hand&Fuß und Schwert:

http://www.kampfkunst-board.info/forum/f7/leitsatz-hand-and-fu-schwert-107278/

und zu den "Blocks" ;)

http://www.kampfkunst-board.info/forum/f7/uke-waza-107279/

Sojobo
15-01-2010, 20:26
1) War Seiken immer schon die bevorzugte Trefferfläche beim Fauststoß?

2) Gab es im okinawa Karate überhaupt Kombinationen?

3) Gab es im okinawa Karate runde Angriffe mit der Faust? (also wie Haken)



Ich geh mal davon aus, dass das, was im Bubishi abgebildet ist, "traditionell okinawanisch" ist. Dort sehe ich kaum Seiken, sondern fast nur offene Hände. Wenn man die einzelnen Bildtafeln als Kampfsituationen denkt, sind dort Kombinationen erhalten; wenn auch nur kurze. Runde Angriffe sehe ich dort aber keine, was aber nicht heißt, dass es keine gab. Wie alt ist Mawashi Zuki denn?

shorinryuchemnitz
15-01-2010, 21:03
Ich geh mal davon aus, dass das, was im Bubishi abgebildet ist, "traditionell okinawanisch" ist. Dort sehe ich kaum Seiken, sondern fast nur offene Hände. Wenn man die einzelnen Bildtafeln als Kampfsituationen denkt, sind dort Kombinationen erhalten; wenn auch nur kurze. Runde Angriffe sehe ich dort aber keine, was aber nicht heißt, dass es keine gab. Wie alt ist Mawashi Zuki denn?

Mindestens so alt wie Pinan Sandan (http://www.shorinryu-chemnitz.de/html/main09.htm).
Letzten Techniken der Kata, Empi Uchi mit Mawashi Tsuki ca. 0:40.
Wie alt ist Pinan Sandan?

Gruß

FireFlea
15-01-2010, 21:29
Wie alt ist Pinan Sandan?

Gruß

Irgendwann Anfang des 20 Jhrh.

shorinryuchemnitz
15-01-2010, 21:32
Irgendwann Anfang des 20 Jhrh.

Wer hast erfunden? Itosu.:)

Shugyo
16-01-2010, 02:05
Wer hast erfunden? Itosu.:)

Na, erfunden auch nicht wirklich. Angeblich gab's ja 'ne ältere Kata namens Channan, aus der dann die 5 Heians (Pinans) entwickelt wurden. Quasi die Schwesterkata zur Kanku (Kushanku). Henning Witwer (User Gibukai) schreibt darüber in seinem sehr interessanten historischen Buch.

Grüße

cpaar
23-01-2010, 08:30
Zur 1. Frage (Seiken): In dem Buch "The Essence of Okinawan Karate-Do" von Shoshin Nagamine wird Seiken als Trefferfläche als Standardfall dargestellt. Interessant ist, dass Nagamine Sensei expliziet erwähnt, dass es eine (ungewöhnlich) Spezialität von einem seiner Lehrer, Motobu Chōki, war, mit den mittleren Fingerknöcheln zu treffen.

Nagamine Sensei hat Karate in den 1920er und 30er Jahren in Okinawa gelernt. Sein Buch gilt als relativ authentische Darstellung des Okinawa Karates, bevor es nach Japan bzw. den Rest der Welt kam.

Links hierzu (leider auf Englisch):
Sh?shin Nagamine - Wikipedia, the free encyclopedia (http://en.wikipedia.org/wiki/Sh%C5%8Dshin_Nagamine)
Motobu Ch?ki - Wikipedia, the free encyclopedia (http://en.wikipedia.org/wiki/Motobu_Choki)


... ach ja, und wen es interessiert: WIr haben ein Dojo mit Matsubayashi (Nagamines Stil) in Köln:

Okinawa Köln (http://www.okinawa-koeln.de)