Vollständige Version anzeigen : Crossover Fights - Quellen und Waffen
itto_ryu
16-01-2010, 18:22
Ein Thema, das mich schon lange interessiert, ist, wie haltet ihr es mit Crossover-Kämpfen, also dem Techniktraining und auch Sparring zwischen verschiedenen Waffengattungen eures Trainings? Also z.B. Langes Schwert vs Stangenwaffe, Langes Messer & Buckler vs Dolch, Langes Schwert vs Einhandschwert & Buckler etc. etc. etc. Nach allem, was ich über Quellen weiß, räumen manche dem Thema wenig, manche gar keinen Platz ein, meistens bleiben die Waffengattungen unter sich (korrigiert mich, wenn dies gänzlich falsch ist). Mich würde jetzt zum einen interessieren, ob ihr das genauso seht, was ihr glaubt oder wisst, warum dies so ist und inwiefern ihr eben solche Crossover-Sachen im Training und Sparring auslebt und beachtet? Ich denke mir ja schon ein paar Sachen, warum diese so ist und natürlich habe ich auch schon Videos gesehen, in denen Crossover gemacht wurde. Dennoch oder gerade deswegen interessiert mich mal die allgemeine Meinung und Sacheinschätzung zu diesem Thema.
Besten Dank für evt. Antworten schon jetzt.
jimmy-13
16-01-2010, 23:49
Also wir sind ja über dem Mittelaltervirus zum historischen Fechten gekommen und da kämpfen (na ja eigentlich waren das keine Kämpfe, da zuviele Regeln -meist Codex Belli) viele mit verschiedene Waffen.
Wir üben nur im Sommer, da trainieren wir auf einer Wiese und haben dann genügend Platz, so ein bis zweimal im Monat Freikampf mit unterschiedlichen Waffen. Wir haben dann: Lange Schwerter, Schwert/lg. Messer + Buckler oder großes Schild, Bidenhänder, Axt + Schild und Speer + Dolch.
Da ich aber keine Quellen zu diesem Crosskämpfen habe, kämpft jeder wie er will und versucht halt die Vorteile seiner Waffe auszunutzen.
Grüße Jimmy
T. Stoeppler
17-01-2010, 09:09
In den Quellen der Liechtenauer-Tradition gibt es nur paarige Waffengattungen, d.h. Schwert/Schwert, Messer/Messer etc.
Es gibt ab und an einige Hinweise zum Vorgehen gegen andere Waffen, diese beziehen sich aber nur auf Duelle.
George Silver z.B. stellt die Waffengattungen gegenüber und gibt sogar ein Beispiel von Langes Schwert gegen Buckler in einem Duell. Obwohl er das Schwert höher einschätzt, hat in diesem Fall der Bucklermann nach einer sauberen Parade den entscheidenenden Treffer gesetzt.
Fiore dei Liberi zeigt ebenfalls zwei oder drei Möglichkeiten, mit anderen Waffen fertigzuwerden. (Sehr interessant - unbewaffnet gegen Stange)
Was das Sparring anbelangt - da muss man Konventionen einhalten und das verwendete Material vergleichen. Man kann prima Schwert und Buckler gegen Hellebarde sparren - zumindest so lange der Hellebardenfechter sich etwas mehr zurückhält. Dann hat der S&B aber wieder einen Vorteil was Kontrolle etc anbelangt.
Also dagegen spricht nichts, solange die Fechter ihre Waffen auch gut kennen, idealerweise beide - dann kann man auch was draus lernen.
Gruss, Thomas
itto_ryu
17-01-2010, 16:43
Interessant, danke.
Einen weiteren Ansatz, den ich am Rande vernommen habe, ist, dass das Training bzw. der Kampf gegen die eigene Waffengattung das beste Fundament ist, auch gegen andere Waffen anzutreten. Also man hat der eigenen Waffe gegenüber weder Vor- noch Nachteile, ergo kann und muss man so alles aus ihr herausholen. Darauf aufbauend braucht man dann nicht viel Training, sondern eher Übungskämpfe, um die eigene Waffe den anderen anzupassen.
Hinweis: Diese Sichtweise stammt aus den koryu, lässt sich genauer in der Katori-Shinto-ryu betrachten, in der Übungsstruktur wie folgt aufbaut: Viele Techniken Schwert gegen Schwert, folgend mit weniger Techniken dann Schwert gegen Kurzschwert, dann Schwert gegen zwei Schwerter, dann Schwert gegen Bo, dann Schwert gegen Naginata und zu guter Letzt Schwert gegen Yari. Es wird dabei immer auf dem großen Basiswissen der reinen Schwerttechniken aufgebaut und von Gattung zu Gattung fortgeschritten, also wenn man zunächst noch die vermehrt geschlagenen Angriffe des längeren Bo abwehrt, dann Folgen Schnitte und Stiche der Naginata, zum Schluss die reinen und am schwersten abzuwehrenden Stiche des Yari. Gibt es um europ. Bereich ähnliche Ideen, also zumindest meine ich mitbekommen zu haben, dass Joachim Meyer von de Grundstruktur beim Langen Schwert beginnt und darauf aufbauend die anderen Wehren folgen.
T. Stoeppler
17-01-2010, 18:16
Gibt es um europ. Bereich ähnliche Ideen, also zumindest meine ich mitbekommen zu haben, dass Joachim Meyer von de Grundstruktur beim Langen Schwert beginnt und darauf aufbauend die anderen Wehren folgen.
Das macht Joachim Meyer, zu seiner Zeit hatten die Fechter natürlich gänzlich andere Motivationen und Notwendigkeiten. Früher sah das dann wieder anders aus, wenn man sich z.B. die Liechtenauerschen Verse ansieht:
"Ringens gut besser / Glefe, Speer Schwert und Messer / männlich zu führen und in andern Händen verderben"
Daraus (und aus einigen anderen Quellen auch) kann man entnehmen, dass das Schwert nicht so hoch in der Hierachie stand, auch wenn der Technikkatalog dank Liechtenauer dafür umfassender als alles Andere ist.
Ringen ist die Basis - das ist auch kein Wunder, denn jeder junge Mann hat früher mehr oder weniger systematisch gerungen.
Die Stangenwaffen sind relativ schnell zu erlernen, Jedes Mitglied in einer städtischen Bürgerwehr ist darin ausgebildet gewesen. Es ist auch die Waffe, die körperlich am stärksten fordert/trainiert.
Wenn man solche Grundlagen hat, ist das Erlernen und Umsetzen von Schwert und Messertechniken auch wesentlich einfacher.
Dazu ist die Kenntnis in der Handhabung anderer Waffen eben auch elementar, um sie eben effektiv zu bekämpfen. Da gilt die bewährte Weisheit: "Kenne Dich selbst, Kenne deinen Feind etc."
In den früheren Zeiten war es eben auch meist nicht das Ziel, ein möglichst umfassendes Verständnis der Fechtkunst zu erlangen, sondern eben eine Waffenausbildung zu haben, die eben auf die gängigen Gefechtssituationen angepasst werden.
Und da spielt das Schwert eben nicht die erste Geige, also bildete es auch erstmal keine Basis für die Kampfausbildung.
Später war dann alles anders - In Japan fand ja auch eine Verschiebung in den Kampfausbildungen statt, nachdem es dort etwas friedlicher geworden war.
Gruss, Thomas
Alte Kampfkunst
18-01-2010, 09:47
Langes Schwert gegen Schwert & Buckler, Rapier gegen Degen, Rapier gegen Langes Schwert, Degen gegen Säbel, Bowiemesser gegen Säbel habe ich einige male gemacht - ist aber nichts, was wir regelmäßig trainieren.
Ab dem 17. Jahrhundert finden sich Paarungen ungleicher Waffen in verschiedenen Fechtbüchern.
Girard Thibault beschreibt z.B., wie man sich mit dem Rapier gegen einen Gegner mit einem Langen Schwert stellt.
Sir William Hope treibt es dabei auf die Spitze mit Hofdegen gegen Lochaber Axt (ähnlich einer Hellebarde).
Für den Hofdegen gibt es eine Sonderform, den (die? das?) Colichemarde, die wohl extra für die Begegnung mit (schwereren) Hiebwaffen konzipiert wurde.
itto_ryu
18-01-2010, 18:19
Danke für eure Antworten.
Die Struktur-Erläuterung von T.Stoeppler finde ich sehr hilfreich, klingt nach einem sinnvoll aufgebauten System. Baute nicht auch Fiore DeiLiberi auf dem Ringen auf, dann kommt Dolch usw.? Insgesamt finde ich das bemerkenswert, zumal man ja auf dem Schlachtfeld sich kaum aussuchen konnte, welcher Waffe man nun zu begegnen hatte.
Stimmt, in späteren Fechtquellen gibt es mehr Hinweise auf ungleiche Paarungen, ist mir auch schon aufgefallen, z.B. Sutor mit dem Rapier gegen Dreschflegel. Hope mit Smallsword vs die Lochaber Axe finde ich auch wirklich den Hammer, wobei es da wohl auch Abbildungen von McBane gibt, die ähnliche Situation zeigt aber der Targe als Hilfsmittel dabei gebraucht wird. Hinweise zu den Hintergründe und den Zusammenhängen zu McBane und Broadsword-Methoden findet der interessierte Leser hier: http://maol.tripod.com/cat2.html. Und Angelo zeigt ja auch, wie man mit dem Smallsword dem spanischen Rapier begegnet, richtig? Spannend natürlich auch die späteren Broadsword/Spadroon/Säbel-Manuale, die Möglichkeiten gegen das Bajonett zeigen.
itto_ryu
20-01-2010, 18:08
Für den Hofdegen gibt es eine Sonderform, den (die? das?) Colichemarde, die wohl extra für die Begegnung mit (schwereren) Hiebwaffen konzipiert wurde.
Sowas hier:
Colichemarde Schwert - Europäische Schwerter - Schwerter, Messer und Rüstungen von Swords & more (http://www.swords-and-more.com/shop1/product_info.php/products_id/7044)
???
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