Vollständige Version anzeigen : Waffenlose Zweikämpfe in mittelalterlicher Literatur
Das Ende des finalen Kampfes zwichen Erec und dem körperlich überlegenen Mabonagrin, nachdem die Lanzen und Schwerter zerbrochen sind:
Doch der Teufelskerl blieb stehen,
er sah, daß Erecs Hand leer
und sein Schwert zerbrochen war.
"Jetzt räche ich mich",
dachte der Rote.
Zornig stüzte er sich auf ihn
und wollte ihn schnell
umklammern,
aufheben und niederwerfen
mit seinen großen Kräften,
daß er sich alle Knochen breche.
Erec aber hatte zu seinem Glück
in seiner Kindheit
in England, wie es heißt,
neben anderen Fertigkeiten
auch gut ringen gelernt.
Es half ihm auch, daß es
an der Rüstung des Gegners
keine Griffe für die Hand gibt.
Deshalb entwand er sich ihm,
so daß der Plan seines Gegners mißlang.
Erec packte ihn vorn am Gürtel,
unten stemmte er sich von ihm weg:
da hätte der andere ihn
an sich ziehen müssen,
doch das gelang nicht.
Erec zeigte seine Kraft.
Als jener sich vornüberbeugte,
preßte er seine Schulter
gegen die Brust des Gegners,
so daß der nicht an ihn herankam.
Er stieß ihn heftig von sich
und zog ihn wieder heran
- so schnell, daß der riesige Mann
zusammensackte.
Wegen seines Gewichts konnte er
sich nicht halten, sondern ging zu Boden.
Da warf der Tapfere sich auf ihn,
der wunderbare Erec,
er machte sich so schwer
wie er konnte.
Er kniete auf seine Brust
und versetzte ihm so viel Hiebe,
daß er, der unten lag,
am Leben verzweifelte:
er gab allen Widerstand auf.
Hartmann von Aue: Erec. Übersetzt von Susanne Held.
Vers 9270-9315
Ich hab Euch und mir mal den mittelhochdeutschen Originaltext erspart. Die Übersetzung ist ja sehr verständlich.
Es ergeben sich für mich viele Fragen aus der Passage.
1. Im Textkommentar steht, dass England zur Zeit Hartmanns (um 1200) eine Ringerhochburg gewesen ist. Was für eine Art des Ringens war das?
2. Inwieweit war es Bestandteil ritterlicher Ausbildung, Ringen (und andere Fertigkeiten) in England zu lernen?
3. Wie weit ist das englische Ringen überhaupt auf Kontinentaleuropa übergeschwappt?
4. Habt Ihr noch andere Textstellen mittelalterlicher Literatur (keine Fechtbücher), die waffenlosen Zweikampf beschreiben? Bitte posten!
ThirdKing
31-01-2010, 19:52
1. Im Textkommentar steht, dass England zur Zeit Hartmanns (um 1200) eine Ringerhochburg gewesen ist. Was für eine Art des Ringens war das?
So genau kann ich dir das nicht sagen, wie man das heute nennt, aber auf der schottischen Seite der Insel, heißt das "Scotish Wrestling".
Ich denke mal, dass die Techniken ungefähr die gleichen sind. Es geht primär darum, auch ohne Waffe, auf dem Schlachtfeld zu überleben, bis man sich eine neue Organisiert hat.
Mit Waffenlosen Nahkampf, wie man ihn heute definiert, hat das allerdings sehr wnig zu tun. Du kämpfst nur solange unbewaffnet, wies sein muss... immerhin willste deinen Gegner ja töten.
2. Inwieweit war es Bestandteil ritterlicher Ausbildung, Ringen (und andere Fertigkeiten) in England zu lernen?
Ringen gehöhrte in ganz Europa zur Ausbildung... nicht nur zu der von Rittern.
Du musst das vor dem Hintergrund sehen, dass Schwertbruch oder eine andere Art des Waffenverlusts, keine Seltenheit war. Im Zweifelsfall musste man auch unbewaffnet klarkommen, wenn das Ersatzschwert mal grad nicht zur Hand war.
3. Wie weit ist das englische Ringen überhaupt auf Kontinentaleuropa übergeschwappt?
Keine Ahnung, wie weit sich die englischen Techniken über Europa verbreitet haben... aber ich vermute mal fast garnicht. Ringen hat sich selbstständig überall in ähnlicher Form weiter entwickelt.
Wenn du das historisch zurrückverfolgst, geht das meiste soweiso auf die Römer zurrück. Die Probleme, dass man sein Schwert mal verlieren kann, hatten die nähmlich auchschon.
4. Habt Ihr noch andere Textstellen mittelalterlicher Literatur (keine Fechtbücher), die waffenlosen Zweikampf beschreiben? Bitte posten!
Oh, Mittelalter und komplett Waffenlos? Also Teilwaffenlos findest du bei Lichtenauer. Das ganze Nennt sich dann "Ringen am Schwert", wobei es auch Techniken gibt, bei denen man das eigene Schwert fallen lässt.
ThirdKing
Vielen Dank für die Antwort! Ich dachte schon, da würde gar nichts kommen! :)
So genau kann ich dir das nicht sagen, wie man das heute nennt, aber auf der schottischen Seite der Insel, heißt das "Scotish Wrestling".
Ich denke mal, dass die Techniken ungefähr die gleichen sind. Es geht primär darum, auch ohne Waffe, auf dem Schlachtfeld zu überleben, bis man sich eine neue Organisiert hat.
Mit Waffenlosen Nahkampf, wie man ihn heute definiert, hat das allerdings sehr wnig zu tun. Du kämpfst nur solange unbewaffnet, wies sein muss... immerhin willste deinen Gegner ja töten.
Und was zeichnet Scotish Wresling aus? Ich denke hier, dass es eine Ringart war, die speziell auf den Kampf im Harnisch abzielte. Außerdem ist "Ringen" im Mittelalter ja nicht das gewesen, was wir darunter verstehen. Dabei waren doch Faust- und Fußtechniken erlaubt, wenn es denn für den Krieg war. Ich weiß auch, dass es keine so scharfe Trennung zwischen bewaffnetem und waffenlosem Kampf gab. Aber beides musste ja trotzdem trainiert werden. Wie sah das englische Ringen aber aus?
Ringen gehöhrte in ganz Europa zur Ausbildung... nicht nur zu der von Rittern.
Du musst das vor dem Hintergrund sehen, dass Schwertbruch oder eine andere Art des Waffenverlusts, keine Seltenheit war. Im Zweifelsfall musste man auch unbewaffnet klarkommen, wenn das Ersatzschwert mal grad nicht zur Hand war.
Die Sache ist nur, dass Hartmann Erec eine Ausbildung in England zuschreibt und das sicher nicht ohne Grund. Gerungen wurde in ganz Europa, aber warum hat Erec es in England gelernt? Sind reale Ritter im Hochmittelalter auch extra nach England gereist, um es zu lernen? Was ist über die ritterliche Ausbildung im Ringen generell bekannt?
Keine Ahnung, wie weit sich die englischen Techniken über Europa verbreitet haben... aber ich vermute mal fast garnicht. Ringen hat sich selbstständig überall in ähnlicher Form weiter entwickelt.
Wenn du das historisch zurrückverfolgst, geht das meiste soweiso auf die Römer zurrück. Die Probleme, dass man sein Schwert mal verlieren kann, hatten die nähmlich auchschon.
Also wenn du mir jetzt einen Beleg lieferst, der beweist, dass sich das mittelalterliche Ringen aus dem antiken griechischen Ringen entwickelt hat, dann geb ich dir nen Bier aus! :D
Oh, Mittelalter und komplett Waffenlos? Also Teilwaffenlos findest du bei Lichtenauer. Das ganze Nennt sich dann "Ringen am Schwert", wobei es auch Techniken gibt, bei denen man das eigene Schwert fallen lässt.
ThirdKing
Naja komplett waffenlos findet man vieles in Fechtbüchern und ähnlichen schriftlichen Anleitungen. Aber ich meinte Kampfbeschreibungen aus Romanen und Gedichten. :)
ThirdKing
31-01-2010, 21:30
Und was zeichnet Scotish Wresling aus?
An sich nichts besonderes, soweit ich weiß. Ich kenns halt nur von nem Kumpel (Vater kommt aus Schottland). Die Techniken, unbewaffnet gegen einen bewaffneten Angreifer, erinnern schon stark an Krav Maga. Aber sonst zielt das ganze eher auf einen Bewaffneten Konflikt ab.
Scotisch Wrestling ist auch nur die heutige Bezeichnung. Im Mittelalter wars einfach nur ein Teil der "Ausbildung", wobei die auch nicht einheitlich war. Im Grunde ist es eine Sammlung von überlieferten Techniken.
dazu gibts auch eine (schlecht gemachte) Reportage. In echt sind die Techniken vielzähliger und bei weitem nicht so erfolgreich. Unbewaffnet, hat man, anders als dagestellt, keine guten Chancen gegen einen bewaffneten Angreifer.
So hab des viedeo grad mal gegoogelt: YouTube - Warriors-Braveheart part 1/5 (http://www.youtube.com/watch?v=iEMRv9tThRM) Musste mal suchen. Scotisch Wrestling wird da irgendwann gegen ende kurz vorgestellt. Aber wie gesagt, ist sehr unprofessionell gemacht.
Wie sah das englische Ringen aber aus?
Konkret zum englischen Ringen kann ich nichts sagen. Ich kenn nur "Ringen am Schwert" dann aber nach Talhofer oder Lichtenauer. Das englische Ringen sollte aber ähnlich ausgesehen haben.
Was ist über die ritterliche Ausbildung im Ringen generell bekannt?
Da musste mal allgemein nach der Ausbildung eines Ritters zu deiner Wunschepoche zu suchen. Nen bisschen Ringen war immer drin, wobei Ringen, wenns um Schwertkampf geht, auch nur ein Teil der Fechtausbildung war.
Also wenn du mir jetzt einen Beleg lieferst, der beweist, dass sich das mittelalterliche Ringen aus dem antiken griechischen Ringen entwickelt hat, dann geb ich dir nen Bier aus! :D
Darum gehts nicht. Ringen am Schwert sieht ungefähr so aus:
YouTube - Schwertkampf/Freikampf mit "Ringen am Schwert" (http://www.youtube.com/watch?v=2zkjnFIWDpY) Alternativ gibste einfach mal "Ringen am Schwert" ein. Da findeste dann nochmehr.
Solche Techniken hatten auch schon die Römer/ Griechen in der Antike.
Was konkret das griechische Ringen anbelangt, ist die Entwicklung eher anders herum. Das unbewaffnete Ringen hat sich aus dem bewaffneten, durch weglassen der Waffen, entwickelt. Dadurch hatte man dann eine "zivilisiertere" Form des Wettkampfes (mit weniger Verletzen).
Wieder bewaffnet gerungen wurde dann bei den römisches Gladiatoren.
Aber ich meinte Kampfbeschreibungen aus Romanen und Gedichten. :)
Okey. Also ausm Mittelalter kenn ich da nichts, aber in der Antiken Literatur gibts nen paar Schöne Sachen zB Herkakles gegen den Löwen.
ThirdKing
Malkavian
31-01-2010, 22:05
Plöde Frage: Warum hilft es ihm, dass an der Rüstung seines GEGNERS keine Handgriffe waren? Wenn an seiner eigenen keine gewesen wären, oay....aber so kommt mir der Satz komisch vor....Was ist gut dran, wenn ich meinen Gegner nicht besser greifen kann?
Plöde Frage: Warum hilft es ihm, dass an der Rüstung seines GEGNERS keine Handgriffe waren? Wenn an seiner eigenen keine gewesen wären, oay....aber so kommt mir der Satz komisch vor....Was ist gut dran, wenn ich meinen Gegner nicht besser greifen kann?
Erec wird ja von seinem Gegner umklammert. Weil da keine Griffe an seiner Rüstung sind - diese also mehr oder minder glatt ist - kann er nirgendwo hängen bleiben, wenn er versucht, sich aus dem Griff zu lösen. Deshalb entwand er sich ihm,/ so daß der Plan seines Gegners mißlang. So hab ich mir das beim Lesen jedenfalls vorgestellt.
An sich nichts besonderes, soweit ich weiß. Ich kenns halt nur von nem Kumpel (Vater kommt aus Schottland). Die Techniken, unbewaffnet gegen einen bewaffneten Angreifer, erinnern schon stark an Krav Maga. Aber sonst zielt das ganze eher auf einen Bewaffneten Konflikt ab. Scotisch Wrestling ist auch nur die heutige Bezeichnung. Im Mittelalter wars einfach nur ein Teil der "Ausbildung", wobei die auch nicht einheitlich war. Im Grunde ist es eine Sammlung von überlieferten Techniken.
Ist nur die Frage, ob beim Ringen auch nur der unbewaffnete Kampf gegen einen Bewaffneten gelehrt wurde, oder das volle Programm.
Und das ritterliche Ringen muss sich doch vom "zivilen" Ringen unterschieden haben. Ritter hatten schließlich einen eigenen Ehrenkodex und was noch viel wichtiger ist: eigene Waffen und eine Rüstung! Genau wie das Harnischfechten muss es also eine Art Harnisch-Ringen gewesen sein. Ich stell mir das wie beim Jiu-Jitsu der japanischen Samurai vor, das ja auch an die Rüstungen angepasst war. Ist das legitim? Wäre ja nicht die erste Parallele, die man in der Hinsicht ziehen könnte.
[...]
So hab des viedeo grad mal gegoogelt: YouTube - Warriors-Braveheart part 1/5 (http://www.youtube.com/watch?v=iEMRv9tThRM) Musste mal suchen. Scotisch Wrestling wird da irgendwann gegen ende kurz vorgestellt. Aber wie gesagt, ist sehr unprofessionell gemacht.
Besten Dank! :)
[...] Was konkret das griechische Ringen anbelangt, ist die Entwicklung eher anders herum. Das unbewaffnete Ringen hat sich aus dem bewaffneten, durch weglassen der Waffen, entwickelt. Dadurch hatte man dann eine "zivilisiertere" Form des Wettkampfes (mit weniger Verletzen).
Wieder bewaffnet gerungen wurde dann bei den römisches Gladiatoren.
[...]
Richtig. Nur sind mit der Christianisierung des Römischen Reiches auch die Gladiatorenspiele ausgestorben und die Olympischen Spiele waren auch tot. Ich fürchte, dass sich das mittelalterliche Ringen aus sich selbst heraus bzw. aus der germanischen (Zwei-)Kampftradition (Holmgang, Gerichtskämpfe, Kriegswesen) entwickelt hat. Wenn es aber irgendwelche Hinweise gibt, die zeigen, dass griechische Kampfsportler oder freigelassene Gladiatoren ihr Wissen weitergegeben haben und ihre Kampfsysteme im mittelalterlichen Ringen aufgegenagen sind, dann nur her damit!^^ Ich meine, so ganz abwegig ist das ja nicht, denn nur weil etwas verboten wird, heißt das ja nicht, dass sich jeder daran hält. Und die Shaolin-Mönche haben ihr Wushu auch weitergegeben, nachdem sie vertrieben wurden, um nur das bekannteste Beispiel zu nennen. Ist aber Off Topic, wenn nicht ein spätantikes/frühmittelalterliches literarisches Fragment hier aufgeführt wird, das eine historische Kontinuität beweist^^
Hat denn sonst keiner eine Ahnung vom ritterlichen Ringen oder vom mittelalterlichen England als Ringerhochburg?
Kennt sonst niemand ein weiteres Beispiel aus der mittelalterlichen Belletristik? Spätantike und frühneuzeitliche Werke sind auch erwünscht! :)
itto_ryu
03-02-2010, 18:11
Schaut mal ins ars gladii-Forum, da findet ihr zum Ringen mehr als genug :)
Schaut mal ins ars gladii-Forum, da findet ihr zum Ringen mehr als genug :)
Super, danke! Die Seite kenn ich zwar, aber das Forum war mir bisher nicht bekannt. Da steht tatsächlich einiges, ich muss mich nur mal die Tage einlesen :)
Das soll aber niemanden daran hindern, weitere Informationen oder Fragen zu posten!
...
Darum gehts nicht. Ringen am Schwert sieht ungefähr so aus:
YouTube - Schwertkampf/Freikampf mit "Ringen am Schwert" (http://www.youtube.com/watch?v=2zkjnFIWDpY) Alternativ gibste einfach mal "Ringen am Schwert" ein. Da findeste dann nochmehr.
Solche Techniken hatten auch schon die Römer/ Griechen in der Antike.
...ThirdKing
Danke für den Videolink. Das ist ja ganz schön gemein, der eine hat einen Panzer und einen langen Schild, der andere keinen Panzer und nur einen runden Schild. :D
Erec wird ja von seinem Gegner umklammert. Weil da keine Griffe an seiner Rüstung sind - diese also mehr oder minder glatt ist - kann er nirgendwo hängen bleiben, wenn er versucht, sich aus dem Griff zu lösen. Deshalb entwand er sich ihm,/ so daß der Plan seines Gegners mißlang. So hab ich mir das beim Lesen jedenfalls vorgestellt.
...
Ich glaube eher, hier liegt ein logischer Salto vor, wie es in mittelalterlichen Texten manchmal vorkommt. Der Text springt kurz zum Handelnden, also Erecs Feind. Der Gegner aus dessen Sicht mit fehlenden Griffen an der Rüstung ist also Erec.
Ich glaube eher, hier liegt ein logischer Salto vor, wie es in mittelalterlichen Texten manchmal vorkommt. Der Text springt kurz zum Handelnden, also Erecs Feind. Der Gegner aus dessen Sicht mit fehlenden Griffen an der Rüstung ist also Erec.
Naja, ich glaub nicht, dass Hartmann da springt.
Er schreibt erst, dass Erec das Glück gehabt habe, in England das Ringen gelernt zu haben und in diesem Zusammenhang, "ouch half in" / "auch half ihm", dass an der Rüstung des Gegners keine Griffe waren. Durch das "auch" kann man, denke ich, ziemlich sicher sagen, dass der Glücksfall mit dem des Ringenlernens verknüpft wird und beides Erec betrifft. Ergo gibt es keine Griffe an Mabonagrins Rüstung.
Aber selbst umgekehrt würde das nichts an dem Sachverhalt ändern :)
ThirdKing
17-04-2010, 22:44
Auch wenn der Thread nichtmehr ganz aktuell ist:
"Der Altenn Fechter anfengliche Kunst. 1529"
Die Freifechter - Gesellschaft fr Historische Fechtkunst e.V. (http://www.freifechter.org/egenolph_38-46.html)
ThirdKing
Vielen Dank, King.
Naja, ist allerdings pragmatische Literatur und keine unterhaltende.
Da könnte man natürlich noch einige andere Ringbücher sowie Teile aus Fechtbüchern anführen (z.B. Auerswald (http://jfgilles.perso.sfr.fr/escrime/bibliotheque/auerswald/index.html)).
Gehört zwar nicht ganz zum Topic, aber man müsste eigentlich mal alle bekannten europäischen Fecht- und Ringbücher sowie alle bekannten Fragmente auflisten, find ich. Oder gibt es so eine Sammlung bereits? Hab bisher nur unvollkommene Listen finden können.
Katthedemon
29-04-2010, 02:13
Wie Das Speziell bei den Inseleuropäern mit dem Waffenlosem Waffenkampf war weis ich jetzt nicht wirklich aber was bei uns im training angewendet wird hat tatsächlich eher mit Krav Maga oder anderen systemen zu tun als mit ringen. Hier wird tatsächlich nahezu alles gemacht um dem gegner die Waffe zu entwenden egal ob getreten, geschlagen, gehebelt oder geworfen (und noch ne ganze ecke eher unritterlicher manöver) wird alles natürlich angepasst an die behinderung die eine rüstung mit sich bringt.
2. Inwieweit war es Bestandteil ritterlicher Ausbildung, Ringen (und andere Fertigkeiten) in England zu lernen?
Grundsätzlich war es wohl kaum ein notwendiger Teil der Ausbildung. Es gab ja auch keine richtigen Lehrpläne. Man hat aber, so man es sich leisten konnte, den Nachwuchs an berühmte Höfe Europas geschickt, wo sie dienend den jeweils letzten Schrei in Etikette, Kunst, Staatsführung, Mode, Philosophie und Kampf lernen sollten.
Im Hochmittelalter könnten ein paar Jahre an normannischen Höfen gut zu Gesicht gestanden haben. England galt einmal als Hort der Hochkultur.
4. Habt Ihr noch andere Textstellen mittelalterlicher Literatur (keine Fechtbücher), die waffenlosen Zweikampf beschreiben? Bitte posten!
Da muß natürlich der Klassiker der waffenlosen Selbstverteidigung rein:
Als Siegfried der Degen bei Kriemhilden lag 647
Und er da der Jungfrau so minniglich pflag
Mit seinem edeln Minnen, sie ward ihm wie sein Leben:
Er hätte nicht die eine für tausend andre gegeben.
Ich sag euch nicht weiter, wie er der Frauen pflag. 648
Nun hört diese Märe, wie König Gunther lag
Bei Brunhild der Frauen; der zierliche Degen
Hätte leichtlich sanfter bei andern Frauen gelegen.
Das Volk hatt ihn verlaßen zumal, so Frau als Mann: 649
Da ward die Kemenate balde zugethan.
Er wähnt', er solle kosen ihren minniglichen Leib:
Da währt' es noch gar lange, bevor sie wurde sein Weib.
Im weißen Linnenhemde gieng sie ins Bett hinein. 650
Der edle Ritter dachte: "Nun ist das alles mein,
Wes mich je verlangte in allen meinen Tagen."
Sie must ob ihrer Schöne mit großem Recht ihm behagen.
Das Licht begann zu bergen des edeln Königs Hand. 651
Hin gieng der kühne Degen, wo er die Jungfrau fand.
Er legte sich ihr nahe: seine Freude die war groß,
Als die Minnigliche der Held mit Armen umschloß.
Minnigliches Kosen möcht er da viel begehn, 652
Ließe das willig die edle Frau geschehn.
Doch zürnte sie gewaltig: den Herrn betrübte das.
Er wähnt, er fände Freude, da fand er feindlichen Haß.
Sie sprach: "Edler Ritter, laßt euch das vergehn: 653
Was ihr da habt im Sinne, das kann nicht geschehn.
Ich will noch Jungfrau bleiben, Herr König, merkt euch das,
Bis ich die Mär erfahre." Da faßte Gunther ihr Haß.
Er rang nach ihrer Minne und zerrauft' ihr Kleid. 654
Da griff nach einem Gürtel die herrliche Maid,
Einer starken Borte, die sie um sich trug:
Da that sie dem König großen Leides genug.
Die Füß und die Hände sie ihm zusammenband, 655
Zu einem Nagel trug sie ihn und hieng ihn an die Wand.
Als er im Schlaf sie störte, sein Minnen sie verbot.
Von ihrer Stärke hätt er beinah gewonnen den Tod.
Da begann zu flehen, der Meister sollte sein: 656
"Nun löst mir die Bande, viel edle Fraue mein.
Ich getrau euch, schöne Herrin, doch nimmer obzusiegen
Und will auch wahrlich selten mehr so nahe bei euch liegen."
Sie frug nicht, wie ihm wäre, da sie in Ruhe lag. 657
Dort must er hangen bleiben die Nacht bis an den Tag,
Bis der lichte Morgen durchs Fenster warf den Schein:
Hatt er je Kraft beseßen, die ward an seinem Leibe klein.
"Nun sagt mir, Herr Gunther, ist euch das etwa leid, 658
Wenn euch gebunden finden," sprach die schöne Maid,
"Eure Kämmerlinge von einer Frauen Hand?"
Da sprach der edle Ritter: "Das würd euch übel gewandt.
"Auch wär mirs wenig Ehre," sprach der edle Mann: 659
"Bei eurer Zucht und Güte nehmt mich nun bei euch an.
Und ist euch meine Minne denn so mächtig leid,
So will ich nie berühren mit meiner Hand euer Kleid."
Da löste sie den König, daß er nicht länger hieng; 660
Wieder an das Bette er zu der Frauen gieng.
Er legte sich so ferne, daß er ihr Hemde fein
Nicht oft darnach berührte: auch wollte sie des ledig sein.
netwolff
04-05-2010, 09:56
"My plan was to pounce, pin him down
in a tight grip and grapple him to death -
have him panting for life, powerless and clasped
in my bare hands, his body in thrall."
Aus Beowulf (Heldensage 7. Jhd)
Nicht unbedingt ein Zweikampf, aber waffenlos in einer Schlacht:
Original:
mit der viuste rennewart dô streit,
swaz Purrels heres im gereit,
mit der viuste vaht er vürbaz,
sîns edelen swertes er vergaz
in der scheiden an der sîten.
ir engesâhet nie viuste strîten
manlîcher denne daz sîn.
Übersetzung:
Mit Fäusten kämpfte sich da Rennewart
durch Purrels Reiter,
mit Fäusten focht er weiter:
er hatte sein gutes Schwert vergessen
in der Scheide an der Seite.
Nie saht ihr einen kühneren Boxkampf
als den einen.
Wolfram von Eschenbach: Willehalm. Übersetzt von Joachim Heinzle.
Buch IX, Vers 10-17.
Lowkick Loverboy
26-01-2011, 11:36
Stichwort: Glíma.
amasbaal
26-01-2011, 14:01
Es ergeben sich für mich viele Fragen aus der Passage.
1. Im Textkommentar steht, dass England zur Zeit Hartmanns (um 1200) eine Ringerhochburg gewesen ist. Was für eine Art des Ringens war das?
2. Inwieweit war es Bestandteil ritterlicher Ausbildung, Ringen (und andere Fertigkeiten) in England zu lernen?
3. Wie weit ist das englische Ringen überhaupt auf Kontinentaleuropa übergeschwappt?
4. Habt Ihr noch andere Textstellen mittelalterlicher Literatur (keine Fechtbücher), die waffenlosen Zweikampf beschreiben? Bitte posten!
das problem ist, dass es kein "englisches" ringen gegeben haben kann. zur angegebenen zeit geht es da eher um "angelsächsisches" oder "normannisches" ringen (bzw. keltisches, im walisischen, irischen und zt. schottischen raum). erec ist ein normannischer name, wie überhaupt die "offiziellen helden" ab der eroberung der angelsächsischen ländereien durch die normannen - kaum verwunderlich - normannen oder normannischer herkunft waren.
wurzeln dieses "ringens" sollte man dementsprechend eher in der normandie oder im skandinavischen raum suchen. die "verschmelzung" angelsächsischer und normannischer kultur zu einer spezifisch "englischen" kann im 12./13.jh. noch gar nicht stattgefunden haben. zu dem zeitpunkt gab es noch klare differenzierungen zwischen den resten der keltischen "urbevölkerung", den zahlenmäßig dominanten angelsachsen und der normannischen herrscherschicht der neuen eroberer.
was ich mal gehört habe, ist, dass die kelten fürs ringen sehr bekannt waren...
... keine ahnung, ob das so stimmt.
was ich mal gehört habe, ist, dass die kelten fürs ringen sehr bekannt waren...
... keine ahnung, ob das so stimmt.
Welche Kelten?
amasbaal
27-01-2011, 00:49
vorfahren der späteren waliser und iren zb. und damit auch die "urbevölkerung" brittaniens vor den invasionen und einwanderungswellen durch die angeln und die sachsen (später "angelsachsen").
Ich denke Amun-Ra spielt darauf an, dass man als Kelten, zumindest wenn man von der Antike spricht, die Festlandbewohner meint. Diese sind meines Wissens nach nicht mit den Urbewohnern der britischen Inseln gleich zu setzen, auch wenn man auch die umgangssprachlich als Kelten bezeichnet.
(Das ganze unter Vorbehalt, da ich ein absoluter Laie bin)
Aber was das Ringen angeht, so gibt es ja sowohl in Europa im Alpenraum, welcher keltisches Kernland ist, traditionelle Ringstile (Schwingen, Ranggeln...), als auch auf den britischen Inseln (Cornisches Ringen...). Also klingt die Idee doch gar nicht mal so abwegig.
amasbaal
27-01-2011, 03:00
walisisch gehört sprachwissenschaftlich verbürgt wie auch irisch und das schottische gälisch zu den keltischen sprachen. religion und kultur brittanniens waren vor der römerzeit eindeutig keltisch (signifikante gemeinsame merkmale in druidentum, weltbild, materieller kultur usw.), außerdem hatte der keltische gallier asterix nen verwandten in britannien - hab ich auch mal gelesen :D. (bretonisch ist auch mit drin in der keltischen sprachfamilie und soweit ich mich erinnere kommt asterix aus genau der gegend).
itto_ryu
27-01-2011, 07:38
Is zwar wiki, aber zum ersten Nachlesen okay:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kelten
Liste der keltischen Stämme ? Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_keltischen_St%C3%A4mme)
Und der Spezialfall:
http://de.wikipedia.org/wiki/Pikten
Ich weiß nicht, ob die "Kelten" für ihr Ringen bekannt waren, aber zumindest ist richtig, dass in Irland und Britannien recht viele Folk-Wrestling-Stile zu finden sind.
vorfahren der späteren waliser und iren zb. und damit auch die "urbevölkerung" brittaniens vor den invasionen und einwanderungswellen durch die angeln und die sachsen (später "angelsachsen").
Das war meine Frage. Kelten sind weder in Zeit noch Raum allesamt die selben Kelten. Denn die kamen von England und Spanien bis in die Türkei und vereinzelt bis nach Ägypten vor und das in einem Zeitraum von der späten Hallstattzeit bis Heute so man die heutigen Nachfahren auch noch als keltisch bezeichnen möchte.
Du meinst also explizit die Inselbevölkerung.
Kannst du auch ungefähr das wann, erläutern?
Weil aus griechischen Quellen sind mir jetzt keine Berichte über keltische Ringbräuche der Festlandkelten bekannt.
Aber gut die haben auch oft Schund geschrieben, von wegen keltische Schwerter verbiegen sich bei jedem Schlag etc. :D
amasbaal
27-01-2011, 12:22
Das war meine Frage. Kelten sind weder in Zeit noch Raum allesamt die selben Kelten. Denn die kamen von England und Spanien bis in die Türkei und vereinzelt bis nach Ägypten vor und das in einem Zeitraum von der späten Hallstattzeit bis Heute so man die heutigen Nachfahren auch noch als keltisch bezeichnen möchte.
Du meinst also explizit die Inselbevölkerung.
Kannst du auch ungefähr das wann, erläutern?
Weil aus griechischen Quellen sind mir jetzt keine Berichte über keltische Ringbräuche der Festlandkelten bekannt.
Aber gut die haben auch oft Schund geschrieben, von wegen keltische Schwerter verbiegen sich bei jedem Schlag etc. :D
tja, ich hab ja gesagt, dass ich das mit dem "kelten waren fürs ringen bekannt" nur irgendwo aufgeschnappt habe und dass ich nicht weiß, ob das stimmt.
ich finde das immer sehr spekulativ, wenn man allgemeine historische und kulturelle entwicklungen in bezug mit BESTIMMTEN arten des kämpfens bei BESTIMMTEN bevölkerungsgruppen bringt. da lässt sich so einiges konstruieren.... vor allem, wenn in den texten nur etwas vom "ohne schwert" kämpfen steht und nicht viel mehr.
eigentlich ging es mir nur darum, dass im text auf den ich bezug nahm, nicht von einem "englischen" waffenlosen kampf, sondern von einem normannischen die rede sein müsste, da zeitpunkt und name der beschriebenen kämpfenden person dies nahelegen.
das mit den "kelten" könnte ein interessanter zufallstreffer sein. cornwall ist ja als traditionelle ringerhochburg schon erwähnt worden....
und siehe da: cornwall leitet sich ab vom ursprünglichen namen "kernow" und der ist keltisch. die region cornwall ist zudem laut oben genannten wiki-artikel (ich hab eigentlich was gegen wiki als quelle, aber wenns schnell gehen soll und es plausibel erscheint, was dort steht ...:o) eine der sog. "keltischen nationen".
interessante spekulationen tun sich auf. aber es müssen halt erst mal spekulationen bleiben.
@Lowkick Loverboy: Jetzt hatte ich endlich etwas Zeit und wollte deinen langen Beitrag lesen, und nun hast du ihn wieder gelöscht! :(
@Amasbaal: Danke, Herr Ethnologe!
Im Originaltext steht allerdings "ze Engellande". Damit waren einfach Angelsachsen gemeint? Ja, das Problem meiner Literatur ist, dass sie literaturwissenschaftlich ist. Hier die Anmerkung, auf die sich M.G. Scholz in seinem Kommentar zu der Passage beruft (hab ich jetzt mal aus der Bib. rausgesucht):
W. H. Jackson, Chivalry in Twelfth-Century Germany. The Works of Hartmann von Aue. S. 131. Anm. 149:
England was well known for the cultivation of wresling in the Middle Ages (Jusserand, Sports, pp. 172f.; Rickard, britain in Medieval French Literature, p. 163); it is not clear whether Hartmann is linking up to this reputation, or simply thinking within the action in his reference to Erec´s expertise. Wresling was, in general, part of chivalric combat, especially "in a judicial combat or in a combat á outrance where, repeatedly, an encounter which opened with lance and sword or axe would end in a hand-to-hand struggle" (Anglo, "How to Win", p. 251).
Sehr allgemeine und unpräzise Auskunft. Die angegebene Literatur aus dieser Anmerkung hab ich jetzt aber nicht auch noch ausgesucht.
amasbaal
04-02-2011, 16:08
engellande, das land der angeln (und sachsen). normannen blieben als herrschaftliche eroberer (plus krieger und andere "herrschaftsverwalter") immer in der minderheit. das land war immer noch das der angeln und sachsen, die die "kelten-nachfahren" längst in bestimmte ecken der britischen inseln verdrängt hatten, nur gehörte "england" ihnen eben nicht mehr.
wichtig ist das: "Wresling was, in general, part of chivalric combat, especially "in a judicial combat or in a combat á outrance where, repeatedly, an encounter which opened with lance and sword or axe would end in a hand-to-hand struggle"
das, was später als ritterliche lebensweise / kultur das höfische und landbesitzerleben prägte und sich in den turnierritualen deutlich zeigte, entstand zu jener zeit erst. bis etwa ende des 12 jh. war das noch nicht gefestigt. was aber hier anklingt sind die sog. "gottesurteile" von rechtsfragen, die durch den ausgang eines zweikampfes offenbart wurden. und da waren tatsächlich häufig auch kämpfe mit knüppeln oder ganz waffenlos üblich ( plus das ganze im zitat erwähnte programm - je nach fall).
ich hätte da einen bericht über einen zweikampf dieser art im zuge eines rechtstreites wegen gestohlener ziegen im kurz zuvor gegründeten königreich jerusalem nach dem 1.kreuzzug (samt fassungslosem kommentar des muslimischen beobachters, der von derart barbarischen und "abergläubischen" sitten bei den, von ihm wegen ihrer kampfstärke und ihres mutes ansonsten durchaus geachteten "franken" schockiert war.)
den kram ich mal raus.
kann was dauern...
Um sich nochmal auf den Originaltext zu beziehen, wenn der Übersetzer "ringen" schreibt, ist das nicht allzu wörtlich zu nehmen, im Mittelhochdeutschen heißt das soviel wie " hin u. her bewegen, kämpfen, sich abmühen" und hat somit also nix mit einer spezifischen Kampfkunst o.ä. zu tun. Dass das ganze in England angesiedelt ist, hat wohl auch keinen tieferen Grund als den, dass der "Erec" zu den höfischen Arthusromanen (Gawein, Iwein, Erec, Tafelrunde etc..) gezählt werden kann und König Arthus der Sage nach im England so ungefähr des 6.Jhdts oder so unterwegs war. Viele Grüße!
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