Zum Thema Jin in den IMAs und seine etymologische Herleitung :) [Archiv] - Kampfkunst-Board

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Vollständige Version anzeigen : Zum Thema Jin in den IMAs und seine etymologische Herleitung :)



Klaus
27-02-2010, 12:04
力 Lì



http://zhongwen.com/d/164/x79.htm]

Pictograph of a tendon: strength, power, force

liliang: power, strength (wörtlich: Menge der Stärke)
liqi: physical strength (wörtlich: Stärke aus der Ernährung, Qi = dampfender Reis)
lixue: Mechanik (wörtlich: Kraft unter Einsatz von Lernen, intelligente Kraftnutzung)


勁 Jìn


http://zhongwen.com/d/171/x108.htm

Internal river 巠 (wörtlich: verborgener Fluss) of strength 力 (gleiches Li wie oben: Kraft): vigor, energy

jingdi: powerful opponent (Endgegner Levelboss)


Wie man sieht, ist li das allgemeine Wort für Kraft, auch physikalische Kraft, und jin eine Spezialisierung bzw. Ableitung des gleichen Zeichens mit einem Vorsatz für "verborgener Fluss". Lustigerweise fühlt sich diese Kraft genau so an, wenn man sie denn haben täte. Das ist dann aber eine Spezialbedeutung, ähnlich wie ein Dänemann im Kampf kein männliches Individuum mit dänischer Staatsangehörigkeit ist.


Kann gerne mit Redirection nach "Sinologie" verschoben werden, aber da findet das keiner. :)

Pu Bär
27-02-2010, 12:34
Super! Danke! :)

Freier Geist
27-02-2010, 12:37
Deine persönliche Zeichen-Interpretation und deine gefühlte persönliche Praxis-Erfahrung.

Andere Interpretationen und Erfahrungen mit nicht geringerem Endergebnis sind ebenfalls möglich.

Ich (sinologischer Voll-Laie) sehe hier beim Zeichen für Jin zunächst einmal, dass in oder hinter Jin mehr steckt als in Li. Dass es da noch eine verborgene Komponente gibt. Und schon könnte man mit Nagual argumentieren: Genau, denn Jin ist nicht voll ausgespielte Kraft, also Potenzial bzw. Stärke.

Aber wer sinologisch kommt, sollte auch Sinologen hinzuziehen. Aber die ruhen sich ja lieber auf ihrem Titel aus und begnügen sich mit Verweisen auf ihre Geschäftigkeit und Wichtigkeit. Wofür sie seltsamerweise immer Zeit haben. :rolleyes:

Freier Geist
27-02-2010, 12:43
Und warum auch Waijialer von Jin sprechen - und das nicht nur die oberen Top-Erleuchteten und auch ohne, dass es bei denen ach so wahnsinnig "fließt" und "kribbelt" - ist mit deiner Version auch noch nicht ganz erklärt. Oder eher gar nicht.

Pu Bär
27-02-2010, 12:55
Und warum auch Waijialer von Jin sprechen - und das nicht nur die oberen Top-Erleuchteten und auch ohne, dass es bei denen ach so wahnsinnig "fließt" und "kribbelt" - ist mit deiner Version auch noch nicht ganz erklärt. Oder eher gar nicht.

Das hat er klugerweise einfach ausgelassen. Ebenso weggelassen auch der Hinweis, dass es nur die Neijialer beträfe.

Nananom
27-02-2010, 12:58
Und warum auch Waijialer von Jin sprechen - und das nicht nur die oberen Top-Erleuchteten und auch ohne, dass es bei denen ach so wahnsinnig "fließt" und "kribbelt" - ist mit deiner Version auch noch nicht ganz erklärt. Oder eher gar nicht.

hoch angesehende Meister wie der Stilbegründer des Shang Pai Xingyi Quan, Shang Yunxiang, haben nie über spirituelle Kräfte geredet, sondern waren Pragmatiker für die der Trainingsfleiss primär war, welches dann zu einer sauberen Kraftentfaltung (Ming Jin) führte.

Heutzutage werden die Übungsweisen immer seltsamer.Noch dazu behaupten viele, dass sie nach der angeblich höchsten Stufe, nämlich der auflösenden Kraft, strebten. Aber kaum einer verfügt noch über die Kraft, wofür Innere Stile wie z.B. Xingyi Quan bekannt wurden.

Freier Geist
27-02-2010, 13:03
Ja, Nananom. Für mich ist ebenfalls der Output entscheidend und nicht die ständige Introspektion. Und das der Output auch am Mann ankommt!

Und wenn ich dann an die Kribbler denke, schlafe ich da nachts ganz beruhigt ein. Hätte eh noch andere Erklärungsmöglichkeiten, warum es bei manchen ständig kribbelt und zuckt. Und die sind nicht minder plausibel.

Gruß

Freier Geist

Nananom
27-02-2010, 13:22
Ja, Nananom. Für mich ist ebenfalls der Output entscheidend und nicht die ständige Introspektion. Und das der Output auch am Mann ankommt!

Und wenn ich dann an die Kribbler denke, schlafe ich da nachts ganz beruhigt ein. Hätte eh noch andere Erklärungsmöglichkeiten, warum es bei manchen ständig kribbelt und zuckt. Und die sind nicht minder plausibel.

Gruß

Freier Geist

Im Xingyi Quan reden viele über die Wichtigkeit des Stehens im San Ti Shi, aber kaum einer versteht wirklich was er da tut und warum Können des San Ti Shi-Stehens die Basis für die Effektivität und Kraftexpansion im Xingyi Quan bildet. Es handelt sich hier eben nicht um eine meditative Übung in der man verharrt bis es anfängt zu kribbeln und man erleuchtet wird. Vielmehr lernt der Trainierende in dieser Position,trotz lockerer Haltung, eine innere Spannung im Körper aufzubauen. Mit dieser Torsionskraft können dann die Bewegungen jederzeit schnell und kraftvoll initiiert werden.

Freier Geist
27-02-2010, 13:50
Und genau darum geht es auch im Zhan Zhuang des Yang-Stils und im langsamen Ausführen der Form. Um Tonus, Spannung, Spiralen, was zunächst wiederum nur geht über "yi" - bei den Yangs zu übersetzen mit "intent". Im Trainingsmodus selbstverständlich. Nicht mehr, nicht weniger steckt dahinter. Abgesehen davon, dass man natürlich auch noch internalisieren sollte, was man da mit seiner Form eigentlich macht. Auch dafür hilft natürlich erstmal die Langsamkeit, auch für die Präzision.

Und aus der spezifischen Mechanik der KK und des Stils entstehen dann unterschiedlichste Stärken und Kräfte. Keine mystischen und auch keine biochemischen Wunder. Nur anders.

Auf einem Video Hai Yangs (Xingyiquan), hab ich ihn übrigens einen Schüler im Zhan Zhuang korrigieren sehen. Er meinte, der Schüler solle mehr "intent" in seine Arme bringen. Wie sich herausstellen sollte, meinte er damit mehr Spannung. Die Haltung des Schülers war ihm einfach zu lasch.

Hai Yang finde ich eh gut. Der räumt in diesem zehnteiligen Interview auf Youtube überhaupt ganz nett mit dem einen oder anderen typisch westlichen Märchen auf. :)

rudongshe
27-02-2010, 14:12
Wie auch immer.
Kann ich ein komplexes Phänomen, das jeder anders erlebt auf unterschiedlichem Niveau und in untesrchiedlichen Traditionen, durch die einzig richtige sprachwissenschaftlich Definition entscheiden?

Gerade Sprachwissenschaftlich müsste doch der Kontext berücksichtigt werden, in dem ein Begriff gebraucht wird.

Ein Physiker und Her Westerwelle sagen beide Leistung.
Herr Luhmann, ein Chirurg und ein General reden von Operation.
Ein Soldat udn ein Chef sagen beide feuern

Der ursprünglichste Bedeutungsinhalt gehört natürlich zu dem Wort und ich finde das ein absolut spannendes Thema, alte, vielleicht vergessene mitgeschleppte Bedeutungen in Wörtern.

Aber der aktuelle Gebrauchskontext und der Entsteheunghinterbrund ist doch auch wichtig.
Viele alte Handwerke benutzen Worte oder Wortbedeutungen, die heute weniger geläufig sind aber eben Gebrauchsworte sind.

Und wenn Cheng Fu damals in seinem Text li und jin unterscheidet und dafür äußere und innere Stile differenziert, hat er das dann umsonst gemacht, weil es (heute) keinen unterschied gibt?

Vielleicht wollte er damit Unterschiede herauszuarbeiten. Vielleicht übersieht man dadurch auch zu schnell die Gemeinsamkeiten von jin und Li, oder inneren und äußeren Stilen, weil YCF sich auf die unterschiede konzentriert um die Qualität zu beschreiben, weil er das eine als Erklärungsfolie für das andere benutzt hat.

Ich persönlich erkäre Jin primär nur "muskulär". Das esoterischste was ich benutze ist "Die Absicht, die Vorstellung"

Nananom
27-02-2010, 14:32
Kein anwendungsorientierter Kampfstil kommt ohne Training der Kampfkraft und der Schlagtechniken aus.

Alle Inneren Stile versuchen maximale Verdrehungen, Verdrillungen und Körperspannung auszunutzen um eine Spiralfederkraft zu entwickeln.Dies gelingt aber nur, wenn man sich der besseren Konzentration wegen auf ein langsames Üben einlässt. Das heißt jedoch nicht, die Bewegungen in Zeitlupe durchzuführen, sondern Schritt für Schritt die verschiedenen Kraftformen und Spiralisierungsprinzipien kennen zu lernen und zu verstehen.

Der Grundstein zu verwirrenden Missverständnissen wurde bereits im Wechsel von der Ming- zur Qing-Dynastie durch Schriften des Philosophen Huang Li-Zhou gelegt. Als Widerstandskämpfer lehnte er die Fremdherrschaft der Mandschus ab, welche die Ming-Dynastie ablösten und die Qing-Dynastie etablierten. In einem seiner Aufsätze unterschied er die chinesichen Kung Fu Stile in „Innere“ Stile, d.h. wertvollere und geheime, und „Äußere“ Stile, d.h. weniger wichtige und öffentliche. Dies wurde besonders in der großen Krise der chinesischen Kultur verstärkt als sich u.a. intellektuelle Gruppierung herausbildeten, deren intellektuelle Hintergründe auf wenig fundiertes Hintergrundwissen in den Kampfkünsten traf. In diesem Kontext entwickelten sich semi-esoterische Vorstellungen über Kung Fu.

In diesem Zuge wurde die Unterscheidung von inneren und äußeren Stilen wie sie Huang Li-Zhou unternahm vor allem dort beliebt, wo die besondere Überlegenheit eines Systems mit seinem neuen philosophischen Unterbau hervorgehoben werden sollte. Als „Innere“ Kampfkünste wurde daraufhin oft alles genannt, was einen besonderen Stellenwert, geheime Techniken und außergewöhnliche/ übermenschliche Kräfte haben sollte. Innerhalb kürzester Zeit hatte sich diese Sicht durchgesetzt und wurde von einigen Lehrern und Autoren weiter tradiert.

Klaus
27-02-2010, 14:54
Die Interpretation habe ich mir nicht ausgedacht, die steht da, im Wörterbuch. Jin besteht aus zwei zusammengesetzten Zeichen, das letztere ist das normale Li für Kraft, das erstere heisst schlicht Wasserlauf. Und zusammen heisst das Energie, Vitalität. Wer Vitalität mit zurückgehaltener Kraft übersetzt um zu antagonisieren ist ein Vollidiot.

Es ging hier auch nicht darum, zum 150. Mal Jin zu "erklären". Sondern um die tatsächliche Wortbedeutung aus dem chinesischen Wörterbuch. Sollte mein Arm irgendwann mal wieder heil sein, erkläre ich das gerne in einem Ring, mit Boxhandschuhen, alles andere ist mir zu blöd.

shin101
27-02-2010, 15:49
hoch angesehende Meister wie der Stilbegründer des Shang Pai Xingyi Quan, Shang Yunxiang, haben nie über spirituelle Kräfte geredet, sondern waren Pragmatiker für die der Trainingsfleiss primär war, welches dann zu einer sauberen Kraftentfaltung (Ming Jin) führte.

Heutzutage werden die Übungsweisen immer seltsamer.Noch dazu behaupten viele, dass sie nach der angeblich höchsten Stufe, nämlich der auflösenden Kraft, strebten. Aber kaum einer verfügt noch über die Kraft, wofür Innere Stile wie z.B. Xingyi Quan bekannt wurden.

Man redet auch nicht über Spirituelle Kräfte, vor 500 Jahren wirst du auch keinem Wudang Mönch begegnet sein der jedem erzählt hat wie toll er fliegen kann. Es hat nicht mit nichtexistenz einer Sache zu tun das ich nicht über sie rede. Sondern mit Sinn und Unsinn. Es ist einfach unsinnig mit jemanden der diesen Punikt nicht erreicht hat oder erst kurz vor diesem Punkt steht mit ihm zu reden, welchen Effekt das trainieren der Kampfkunst in seiner Gesamtheit auf deinen Körper und deinen Geist haben kann.Das ist Schlichtweg so weil weder Körper noch Geist da angelangt sind. Wenn ich aber von Anfang andir erzähle was du auf "Stufe 396 " machen kannst ohne erstmal Stufe "1 " erreicht zu haben, denkst du auf deinem Horizont eben an Stufe 396 und machst dir keine Gedanken um Stufe 1.



Liebe grüße,
Shin

Nananom
27-02-2010, 16:04
Man redet auch nicht über Spirituelle Kräfte, vor 500 Jahren wirst du auch keinem Wudang Mönch begegnet sein der jedem erzählt hat wie toll er fliegen kann. Es hat nicht mit nichtexistenz einer Sache zu tun das ich nicht über sie rede. Sondern mit Sinn und Unsinn. Es ist einfach unsinnig mit jemanden der diesen Punikt nicht erreicht hat oder erst kurz vor diesem Punkt steht mit ihm zu reden, welchen Effekt das trainieren der Kampfkunst in seiner Gesamtheit auf deinen Körper und deinen Geist haben kann.Das ist Schlichtweg so weil weder Körper noch Geist da angelangt sind. Wenn ich aber von Anfang andir erzähle was du auf "Stufe 396 " machen kannst ohne erstmal Stufe "1 " erreicht zu haben, denkst du auf deinem Horizont eben an Stufe 396 und machst dir keine Gedanken um Stufe 1.



Liebe grüße,
Shin

Die Zurückweisung von einigen Aspekten soll nicht bedeuten, dass die Beschäftigung mit den Inneren Kampfsportarten keine Wirkung auf die Mentalität des Praktizierenden hätte. Aus meiner Sicht ist aber eine Verschiebung der Bedeutung einzelner Aspekte kontraproduktiv, da so der Verwässerung dieser Künste Tür und Tor geöffnet wird. Voraussetzungen zum erlernen von diesen Künsten sind vor allem Geduld, Disziplin und möglichst die Bereitschaft die Kampfkünste nicht als Mittel zu einem Zweck (Erleuchtung, Magie....) sondern als Selbstzweck zu betrachten.

Jemand der über eine starke Basis verfügt, wird jemanden deutlich überlegen sein, der eben keine intensive Basisarbeit betrieben hat, da ist es auch egal auf welcher Stufe der jenige meint sich zu befinden.

P.s. heute ist es anscheinend schlichtweg schick seine Kampfkunst als „Inneren“ Stil zu bezeichnen, ohne genau angeben zu können, was das Spezifisch „Innere“ sein soll.Viele brauchen eben eine Art von Mystik, ohne diese ist ihnen die Kampfkunst zu sachlich. Denn der "traditionelle" Weg wäre ja mit hartem Training verbunden und Anstrengung mit Schweiss und Blut.

Klaus
27-02-2010, 16:21
Ich habe nicht mal nach Ming Jin "gestrebt", es kam irgendwann von stinknormalem Training das ich nicht mal für besondere Kraft gemacht habe.

shin101
27-02-2010, 18:13
Die Zurückweisung von einigen Aspekten soll nicht bedeuten, dass die Beschäftigung mit den Inneren Kampfsportarten keine Wirkung auf die Mentalität des Praktizierenden hätte. Aus meiner Sicht ist aber eine Verschiebung der Bedeutung einzelner Aspekte kontraproduktiv, da so der Verwässerung dieser Künste Tür und Tor geöffnet wird.

Das war nicht mein Punkt. Ich beziehe mich direkt auf deine Aussage was ein sehr berühmter Xing Yi Meister genannt haben will. Ich kenne genug sehr gute Leute, die dir einen Bruchteil ihres Könnens offenbaren werden und dich nur soviel über sie Wissen lassen wie sie wollen. Das gehört einfach dazu, dabei gibt es nicht nur eine Facette wie Taktik, sondern viele, sehr viele.




Jemand der über eine starke Basis verfügt, wird jemanden deutlich überlegen sein, der eben keine intensive Basisarbeit betrieben hat, da ist es auch egal auf welcher Stufe der jenige meint sich zu befinden.

Das ist eben der Punkt. Mit "Stufe 1 " ist eben diese Basis gemeint.Anfangs baue ich den Körper auf,entwickelt, Schnellkraft eine gewisse Ausdauer mit der anhaltenden Intensität, übe ausweichen/Reaktion, Sprungkraft, Schlag/Tritt Kraft, kämpfen mit all dem oder was immer im Detail den mein Stil beeinhaltet. Das baue ich immer weiter aus. Für mich bin ich irgendwann an den Punkt gekommen wo ich gemerkt habe die nächsten Grenzen überwinde ich nur noch über die Hürde des Geistes. Von da aus merkt man eben andere Veränderungen, die eine oder andere kann eben als übernatürlich oder sowas eingestuft werden. Ich seh es einfach als Ergebnis konsequenten Trainings.


P.s. heute ist es anscheinend schlichtweg schick seine Kampfkunst als „Inneren“ Stil zu bezeichnen, ohne genau angeben zu können, was das Spezifisch „Innere“ sein soll.Viele brauchen eben eine Art von Mystik, ohne diese ist ihnen die Kampfkunst zu sachlich. Denn der "traditionelle" Weg wäre ja mit hartem Training verbunden und Anstrengung mit Schweiss und Blut.
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Es gibt wirklich 2 "große" Methoden das eine ist die "sanfte " die andere ist eben die "harte " Beide können zum Erfolg führen und beide werden von den Meistern auch akzeptiert. Und in beiden Methoden gibt es jeweils auch sanft/hart. Das ist nicht philosophisch gemeint es ist einfach so.


PS:Stufen ist einfach ein willkürrlicher Begriff, der mir gerad so in den Sinn kam. Man kann es Entwicklungstand/phase oder wie auch immer nennen.



Liebe grüße,
Shin

Nananom
27-02-2010, 19:09
Das war nicht mein Punkt. Ich beziehe mich direkt auf deine Aussage was ein sehr berühmter Xing Yi Meister genannt haben will. Ich kenne genug sehr gute Leute, die dir einen Bruchteil ihres Könnens offenbaren werden und dich nur soviel über sie Wissen lassen wie sie wollen. Das gehört einfach dazu, dabei gibt es nicht nur eine Facette wie Taktik, sondern viele, sehr viele.

Mag ja solche inkompetenten Leute geben, wie du sie beschreibst, die sollten dann aber am besten gar nicht unterrichten. Was Shang Yunxiang betrifft, wird in seiner Tradition nicht über spirituelle oder außergewöhnliche Kräfte geredet, nicht weil es ein Geheimnis wäre, sondern weil dieser selbst ein sehr pragmatischer Mensch war und sein Können einzigst und allein auf einen zermürbenden Training basierte.



Das ist eben der Punkt. Mit "Stufe 1 " ist eben diese Basis gemeint.Anfangs baue ich den Körper auf,entwickelt, Schnellkraft eine gewisse Ausdauer mit der anhaltenden Intensität, übe ausweichen/Reaktion, Sprungkraft, Schlag/Tritt Kraft, kämpfen mit all dem oder was immer im Detail den mein Stil beeinhaltet. Das baue ich immer weiter aus. Für mich bin ich irgendwann an den Punkt gekommen wo ich gemerkt habe die nächsten Grenzen überwinde ich nur noch über die Hürde des Geistes. Von da aus merkt man eben andere Veränderungen, die eine oder andere kann eben als übernatürlich oder sowas eingestuft werden. Ich seh es einfach als Ergebnis konsequenten Trainings.

Im Xingyi Quan,ist das Ziel beim Üben der Kampfkraft eine Fertigkeit für den Zweikampf zu entwickeln, die durch große Kraft und hohe Geschwindigkeit gekennzeichnet ist. Dies wiederum steht in enger Abhängigkeit zu der Herangehensweise und Methodik im Training.Solange man die korrekten Übungsmethoden anwendet und ein intensives Training bestreitet, ist der Satz, „mit Xingyi kann man innerhalb eines Jahres eine todbringende Schlagkraft entwickeln“, keine Übertreibung. Dies setzt aber vorraus das man unter anständiger Führung, hart an sich arbeitet. Die geistige Komponente, besteht allenfalls da drin, dieses hoch anstrengende und montone Training durchzuhalten. Erst wenn man es durch intensives Üben geschafft hat, den ganzen Körper zu integrieren, hat man mit der San Ti Shi Standübung eine Grundlage geschaffen, welche einem ermöglicht aktiv die Explosivkraft auszulösen.


Es gibt wirklich 2 "große" Methoden das eine ist die "sanfte " die andere ist eben die "harte " Beide können zum Erfolg führen und beide werden von den Meistern auch akzeptiert. Und in beiden Methoden gibt es jeweils auch sanft/hart. Das ist nicht philosophisch gemeint es ist einfach so.


PS:Stufen ist einfach ein willkürrlicher Begriff, der mir gerad so in den Sinn kam. Man kann es Entwicklungstand/phase oder wie auch immer nennen.


Anzunehmen man könnte ohne Anstrengung die gewünschten Ergebnisse erzielen, ist eine Illusion für Leute die nicht gewillt sind hart an sich zu arbeiten

shin101
27-02-2010, 20:30
Ich habe sanft bewußt in Anführungszeichen gesetzt ;) Ich sag mal so. Du erfasst für mich eine Facette der Kampfkunst und das scheinbar mit Dauer der Zeit immer genauer, merke ich für mich am schreiben. Worauf ich dich hinweißen will ist einfach das es nur eine von vielen Facetten ist die gleichzeitig existieren ohne das man unbedingt jede davon mitbekommt, so dass du deinen Blickwinkel nicht nur in diese eine Ecke ausrichtest, sondern in alle vier Ecken.
Das ist zugleich auch an andere gerichtet.


Liebe grüße,
Shin

nagual
28-02-2010, 10:28
力 Lì



勁 Jìn


Wie man sieht, ist li das allgemeine Wort für Kraft, auch physikalische Kraft, und jin eine Spezialisierung bzw. Ableitung des gleichen Zeichens mit einem Vorsatz für "verborgener Fluss". Lustigerweise fühlt sich diese Kraft genau so an, wenn man sie denn haben täte. Das ist dann aber eine Spezialbedeutung, ähnlich wie ein Dänemann im Kampf kein männliches Individuum mit dänischer Staatsangehörigkeit ist.


Kann gerne mit Redirection nach "Sinologie" verschoben werden, aber da findet das keiner. :)

Allerdings ist die Radikalkombination links vom Radikal li im Zeichen Jin als Lauthinweis und nicht als Bedeutungshinweis zu verstehen.
Sehr viele Wörter, die jin oder jing ausgesprochen werden, enthalten dieses Radikal, und haben i.d.R. ein völlig andere Bedeutung, und Bedeutungen, die nicht mit einem "verborgenen Fluss" zu tun haben.

Jegliche Annahmen, dass die Bedeutungsunterschiede von "jin" und "li" irgendwie in diesem Radikal angedeutet sind, sind daher unbegründet.

Generell darf man die Bedeutungen der Radikale in den Zeichen nicht überbewerten. Es sind manchmal BedeutungsHINWEISE, aber keine BedeutungsANTEILE!! Häufig sind es auch keine Bedeutungshinweise, d.h. die Radikale sind im Hinblick auf die Wortbedeutung komplett irrelevant, beliebig oder sinnfrei. Häufig sind es LAUThinweise, und wenn ein Radikal ein Lauthinweise ist, dann kann man i.d.R. davon ausgehen, dass es NICHT gleichzeitig ein Bedeutungshinweis ist. Insbesondere wo bei "jin" das Radikal "li" schon der Bedeutungshinweis ist!!

Wenn man mit der Bedeutungsanalyse der Radikale übertreibt, kommt man leicht in Bereiche, die mit Interpretationen im Deutschen vergleichbar wären, dass z.B. ein "Rotor" etwas mit der Farbe Rot oder einem "Tor" zu haben müsste, was natürlich Quatsch ist.

Jegliche Bedeutungsunterschiede und möglichen und nicht möglichen sinnhaften Assoziationen und abstrakten Bedeutungsverschiebungen (z.B. weg von der physikalischen oder muskulären Kraft, z.B. in Richtung Energie, Skill, Macht usw.) ergeben sich komplett aus dem chinesischen Sprachgebrauch und zu keinem Anteil aus den Radikalen (abgesehen vom li-Radikal, welches ja für beide Zeichen identisch ist. Vom Radikal her wäre daher eine völlig identische Bedeutung im Sinne eines Synonyms absolut möglich).

Klaus
28-02-2010, 19:31
Ach so, dann ist die Tatsache dass im Wörterbuch unter Kraft "Li" steht, während bei Jin "Leidenschaftlichkeit, Energie" und "Kräfte" (z.B. Coriolis-Kraft, Scherkraft), sprich spezifische Kräfte, völlig unbedeutend. Dass Jin ein Überbegriff ist für diverse Erscheinungsformen physikalischer Kräfte, und ein allgemeines Wort für Heftigkeit, soweit waren wir schon mal. Deshalb gibt's ja auch die Termini Neijing oder Pengjin.

taiwandeutscher
01-03-2010, 08:11
Oh je, jetzt geht das schon wieder los, mit dem schwammigen Halbwissen zur Chin. Sprache.

Also, grundsätzlich sind chin. Zeichen in einem Quadrat angeordnet, das wiederum in 9 kleinere Quadrate unterteilt wird, in denen sich dann, mehr oder weniger verteilt, jeweils Strichelemente unterschiedlichster Art finden.

Wir sprechen zwar mal bequemlichkeitshalber von links und rechts, oben oder unten, aber es gibt eben auch eine Menge Zeichen mit mehr als 2 Bestandteilen wie das Jin (3 Teile).

Radikale, Zeichenwurzeln dienen hauptsächlich zur Kategorisierung von Zeichen. Sie können sich überall befinden, also links, rechts, oben oder unten, gar in der Mitte.

Sinn- und Tontragende Elemente können ebenfalls überall auftreten, z. B. Klassiker Jing 經, mit dem linken Teil von unserem Jin auf der rechten Seite, links das Seidenradikal. Eine andere Übersetzung wäre auch Leitfaden, der Faden als Seide, und rechts: das Abbild eines Webstuhls, mit Kett- und Querfäden sowie der Arbeit.

Klar wird also, dass sowohl Sinn- als auch Tonübermittlung von einem Zeichenbestandteil, ob links oder rechts, geleistet werden kann. Das macht die Sache für uns Nicht-Chinesen recht aufwendig und oft unberchenbar. Man sollte annehmen, ein bestimmtes Zeichen wird so und so ausgesprochen, wird es aber nicht. Man sollte annehmen, dass ein bestimmter Bestandteil das Radikal ist, unter dem man suchen muss, ist es aber nicht. Daher sucht man gelegentlich für ein Zeichen schon auch mal länger!

Wer nach dem Beitrag von Klaus immer noch nicht kapiert hat, dass Jin eine besondere, spezielle Art von Kraft, eben Jin-Kraft ist, dem kann ich dann auch nicht mehr helfen. Eine Gleichsetzung von Li und Jin ist völliger Humbug, dann gäbe es sicher keine 2 Zeichen dafür. Die beiden Wörterbuch-Einträge sollten für den normalen Übenden völlig ausreichend sein.

Wählt man das Thema Jin aber als Forschungsgegenstand, müsste man frühe (z. B. Shuowen jiezi), mittlere (z. B. Taiping Yulan) und moderen Enzyklopädien (z. B. Zhongwen Da Cidian) checken, alle online verfügbar. Ist aber alles klassisches Chinesisch, hänge ich nicht rein, weil ich diese Einträge auch nicht übersetzen will. Schließlich ist Jin für mich gut verständlich, muss ich also nicht weiter ethymologisch erforschen. Trotzdem bin ich mir fast sicher, dass man auch hier mehrere 100 Seiten nach Durchsuchen anderer Quellen mit dem Terminus Jin zum Inhalt schreiben könnte, wie mein Kollege M. Kubny etwa zum Begirff Qi es gemacht hat.

Jin ist also eine ewig zu trainierende, raffinierte, 1000fach gestählte, klug eingesetzte und auf besonderen Wegen geleitete Kraft. Tatsächlich ist im Webstuhl-Teil rechts auch das Symbol für Wasser, was auf Fließen auf bestimmten Bahnen verweist, auf Kett- und Querfäden eben, und daher ebenfalls sinntragend. Daher sprechen meine Lehrer auch von "Jin-Kraft-Bahnen", Jindao 勁道, die man sich mühsehlig antrainieren muss (es gibt aber auch super Begabte, die es mit weniger Training schaffen).

Wer viel Kraft hat, wird in China mit Youli 有力, "hat Kraft" beschrieben, keineswegs mit Youjin. Wer gutes Gongfu in irgendeiner Disziplin hat, bei dem sind fürs geschulte Auge die Jin-Kraft-Bahnen gut sichtbar, hier sagt man daher: "seine Jin-Bahnen sind aber deutlich ausgebildet".

Und genau das versuchen wir zu erlernen. Keine dumpfe Rohkraft, die ungerichtet, ungeschickt und verschwenderisch verpufft, sondern die geschickt eingesetzte, ökonomische, immer wieder trainierte und zum Reflex ausgebildete Jin-Kraft, die brauchen wir, auf entsprechenden bahnen geleitet, daher das ganze Gerede von der Ausrichtung, dem Alignment, der Struktur.

Dass eine solche Jin-Kraft nur den inneren Stilen zugeschrieben wird, habe ich nirgends im Thread gelesen. Alles gediegene Training führt zur Ausbildung dieser Kraft, in unseren 3/4/5 weicheren Stilen, man "muss man halt bloss langsam seine Übungen machen", wie Klaus immer sagt.

Jin gibt es also auch in anderen KK und Sportarten, wo ausreichendes Training zur Verinnerlichung von bestimmten Bewegungsabläufen führt.

Zwar bin ich kein Handballer, aber ein Kreisläufer, der einen perfekten Sprungwurf abzieht, findet erstmal die Lücke, dann organisiert er ein ganz passendes Timing für seine Aktion, koordiniert Sprungkraft und Körperbewegung mit Armzug, zieht zum rechten Zeitpunkt auf der optimalen Bahn voll durch und versetzt der Kugel vielleicht gar noch ein irres Efeet. Der Ball ist mit tollem Jin geworfen!

Trotzdem unterscheiden sich die Jin-Kräfte der verschiedenen Schulen nach subjektiven Erfahrungen doch deutlich. Meine südl. Taizuquan (Quelle vieler Okinawa-Künste)-Lehrer etwa sind mit ihrem Jin unglaublich hart und zerstören damit schon auf der Oberfläche des gegnerischen Körpers.

Die lockere Schlagfähigkeit meines Taijiquan-Lehrers dageben tut oberflächlich gar nicht so weh, dringt aber unglaublich tief ein. Der Slap auf die Brust tut also nicht dort weh, erzeugt aber ein echtes Schleudertrauma, wenn er nur ein bisschen mehr Jin-Kraft einsetzt.

So, durchlesen kann ich nicht mehr, in 10 Min. folgt die nächste Vorlesung.
Viel Spaß beim Jin-Kraft trainieren!

Jochen Wolfgramm
01-03-2010, 08:25
Danke Hermann für den sehr guten und thematisch relevanten Beitrag.

An einige der anderen Poster: es wäre schön, ebenfalls relevante Posts von verfasst zu sehen, statt einfach nur unsinnige Behauptungen mit versteckten Beleidigungen und Verhöhnungen zu schreiben.

Warum können einige nicht einfach akzeptieren, dass sie von bestimmten Dingen einfach (noch) keine Ahnung haben? :ups:

nagual
01-03-2010, 10:24
Wer nach dem Beitrag von Klaus immer noch nicht kapiert hat, dass Jin eine besondere, spezielle Art von Kraft, eben Jin-Kraft ist, dem kann ich dann auch nicht mehr helfen. Eine Gleichsetzung von Li und Jin ist völliger Humbug, dann gäbe es sicher keine 2 Zeichen dafür. Die beiden Wörterbuch-Einträge sollten für den normalen Übenden völlig ausreichend sein.Ich setze die Bedeutung der Begriffe "jin" und "li" nicht völlig gleich, sondern weise darauf hin, dass es keine scharfe Trennlinie gibt im Sinne "jin" ist "Jin-Kraft" und "li" ist keine "Jin-Kraft".
Es gibt beispielsweise auch bedeutende Unterschiede in der Bedeutung der deutschen und englischen Begriffe "Kraft", "Force", "Stärke", "Strength", "Power" usw.. Im Sinne dieser Reihenfolge nehmen bspweise der abstrakte Anteile zu, obwohl prinzipiell jeder Begriff im eher konkreten und eher abstrakten Sinn gebraucht werden kann (z.B. "Kraft" konkret=physikalische Kraft, "Kraft" abstrakt="die Fussballmannschaft hat die Kraft das Spiel zu gewinnen").

Ebenso wie die genannten deutschen und englischen Begriffe sind die Begriffe "li" und "jin" allgemeine Begriffe, während der künstliche "Fachbegriff" "Jin-Kraft" eine Konkretheit und Abgrenzung (zu li) suggeriert, die im Chin. (sprachlich) nicht vorhanden ist (sondern lediglich in Bereichen der Taiji-Kultur kultiviert wird).


Jin ist also eine ewig zu trainierende, raffinierte, 1000fach gestählte, klug eingesetzte und auf besonderen Wegen geleitete Kraft.Auch diese "Definition" ist keine korrekte Definition eines Fachbegriffs "Jin-Kraft", sondern eine allgemeine Charakterisierung einer assoziierten Vorstellung. In dem von Thorre zitierten Buch schlagen Yang et al. vor, "jin" wäre "allgemein als 'martial Power' definiert".

Jetzt haben wir also schon zwei "Definitionen", die sich bei genauerem Hinsehen als sehr allgemein und unscharf erweisen, und sich zufälligerweise sogar widersprechen, wenn man sie als Definitionen wörtlich und genau nehmen wollte, was bei einem echten Fachbegriff "Jin-Kraft" selbstverständlich notwendig wäre!!!

Falls taiwandeutscher bei seiner Definition, siehe Zitat, bleibt, müsste er die Aussage der Chinesen im Sinne der "allgemeinen Definition als martial Power" als falsch bezeichnen.

Falls die chin. Buchautoren auf der buchstäblichen "allgemeinen Definiertheit als martial Power" beharren, könnten sie die Charakterisierung von taiwandeutscher im konkreten Sinne nicht anerkennen, weil es natürlich auch Arten von "martial Power" gibt, die der Charakterisierung von taiwandeutscher im Sinne des o.g. Zitats widersprechen (die genannte allgemeine Definition schließt diese widersprechenden Möglichkeiten natürlich mit ein, sonst wäre es keine "allgemeine Definition"!!!). EDIT *)

Derlei Beobachtungen lassen mich immer wieder feststellen, dass sich die Suche nach einer tatsächlich konkreten Bedeutung, Übersetzung, Beschreibung oder Definition von "jin" im Sinne einer "Jin-Kraft" als Jagd nach einem Phantom erweist.
Es bleibt lediglich eine allgemeine Andeutung, eine diffuse Assoziation nach etwas, was mit deutschen oder englischen Begriffen wie "Power" oder "Stärke" ebenfalls sprachlich angedeutet werden kann.

Die Übersetzung von "jin" als "Jin-Kraft" stellt eine sprachliche Verzerrung dar, und deutsche Texte, in denen von "Jin-Kraft" die Rede ist, bilden einen anderen Denkmodus ab, der im Chin. (in Sprache und Kultur) in exakt dieser Form nicht vorhanden ist.

Noch dazu:

Jin ist also eine ewig zu trainierende, raffinierte, 1000fach gestählte, klug eingesetzte und auf besonderen Wegen geleitete Kraft.Diese Aussage ist im Sinne der chin. KKs zwar inhaltlich korrekt, hinsichtlich der sprachlichen Bedeutung IMO deutlich übertrieben. Diese Aussage ist hinsichtlich einer Assoziation, die häufig beim Begriff "Jin" mitschwingt, richtig, hinsichtlich der Bedeutung/Übersetzung des Wortes "jin" eher als falsch zu bezeichnen.

Man kann sich der wirklich genauen Bedeutung einschließlich der assoziativen Qualitäten von fremdsprachlichen Begriffen meistens nur durch bestimmte analoge Beispiele nähern, und darf sich weder auf konkrete Beschreibungen noch auf einzelne Übersetzungsvorschläge fixieren.
Ein Übersetzungsvorschlag von "jin" allgemein als "Power" ist in diesem Sinne auch nur ein Analog, weil der englische Begriff "Power" durch viele Assoziationen angereichert werden kann. Es ist Unsinn, im Deutschen eine "Power-Kraft" zu definieren, nur weil man feststellen kann, dass es für "Power" keine perfekte Übersetzung im Deutschen gibt. Ebenso ist "Jin-Kraft" eine unsinnige und sprachlich sehr unschöne Angelegenheit.

Pengjin als "peng-Power", "lüjin als "Lü-Power" usw. zu übersetzen, trifft die Sache von Stil der Sprache und Stil des Denkens wesentlich besser (als Jin-Kraft), weil die Allgemeinheit des Begriffs "Jin" erhalten bleibt, und die Aspekte des Skills sowohl in "jin" wie auch in "Power" angedeutet werden.

Eine mögliche weitere Assoziation des Begriffs "jin" hinsichtlich der fließenden Qualität von "jin" könnte in dem deutschen slang-mäßigen Analog "Saft" zu finden sein.
Wenn man jemanden für körperlich stark und energiegeladen hält, kann man im Deutschen sagen zB "der hat Saft" (Slang of course). Wenn jetzt englischsprachige Übersetzer Probleme mit diesem Ausdruck bekommen, wäre es unsinnig, eine "Saft-Force" zu definieren, nur weil "Saft" im Sinne des Slangausdrucks nicht wörtlich "Muskelkraft" bedeutet, sondern eben auch die Fitness usw. betont.

In ähnlicher Art werden im Chin. sicherlich Assoziationen von "Saft", "fließender Energie", "Elastizität", "Spannung" und ähnlichem mitschwingen, wenn man von "jin" und "nicht li" spricht.
In diesem Sinne ist die "Definition einer Jin-Kraft" völlig übertrieben.

EDIT *)
Definitionen dienen dem Zweck, dass man polemisieren kann und soll. Wem die Polemisierung der Aussagen von taiwandeutscher und den chin. Buchautoren Yang et al. (Martial Power) nicht gefällt, kann nicht auf der Definiertheit beharren. Wenn man aber feststellt, dass die Aussagen von taiwandeutscher und Yang et al. (doch) keine Definitionen, sondern eben nur allgemeine, situative, kontextabhängige Charakterisierungen darstellen, schwenkt man damit zwangsläufig auf meine Argumentationsschiene ein. Ohne Definiertheit keine "Jin-Kraft", und dementsprechend nur ein allgemeiner Begriff, d.h. KEINE strikte Trennung von "jin" und "li", sondern lediglich eine diffuse Unterscheidung mittels Assoziationen und Andeutungen, einschließlich einem breiten Bereich, in dem die mit "jin" und "li" benennbaren Dinge oder Sachverhalte ineinander übergehen können, oder auf völlig legitime Weise mit beiden Begriffen bezeichnet werden können! Was der chin. Realität entspricht.

nagual
01-03-2010, 11:13
Und die Yiquan-Leute trainieren, stählen und verfeinern den Einsatz ihrer Kraft natürlich überhaupt nicht, und deswegen sprechen die folgerichtig auch nur von Li und nie von Jin :rolleyes:

Was exakt ein Beispiel ist, wo man im weitgehend beliebiger Weise von "jin" oder "li" sprechen kann, und diese Dinge nicht polemisiert werden, wie das in der Taiji-Kultur so beliebt ist.

IMO sollte man sehr deutlich zwischen der konzeptionellen Ebene, d.h. den Trainings- und Anwendungskonzepten innerhalb der KK-Stile, und der sprachlichen Ebene, d.h. den Bedeutungen und Übersetzungen der verwendeten Begriffe, differenzieren.

Man darf Argumente, die für den einen Bereich gelten, nicht einfach auf den anderen Bereich übertragen.

Zwischen der konzeptionellen Ebene und der sprachlichen Ebene besteht ein recht kompliziertes Wechselspiel, welchen sich unglücklicherweise auch noch zwischen den verschiedenen Sprachen und Kulturen unterscheidet.

Dazu kommt, dass die Trennbarkeit dieser Ebenen in jeder Kultur i.d.R. nicht bewusst gemacht wird, sondern stets implizit bleibt, d.h. z.B. dass die Chinesen keine Notwendigkeit eines "definierten Jin-Kraft-Konzeptes" spüren und wünschen, sondern es ihnen anscheinend ausreicht, mit eben solchen allgemeinen Begriffen wie "jin" und "li" ihre Sinnzusammenhänge zu vermitteln. Mit "jin" wird daher kein "Jin-Kraft-Konzept" definiert, sondern lediglich ein KK-Stil-internes Konzept beschrieben und in einleuchtender Weise erklärt. Wenn man einen Chinesen im Bereich der Taiji-Kultur fragt, was "jin" ist, dann liefert er folglich keine Übersetzung, bzw. keine Definition der sprachlichen Bedeutung und Assoziationen, sondern beginnt mit Erklärungen und Beschreibungen der Taiji-Lehre.
Dabei kann man schnell übersehen, dass die mit Jin beschriebenen Dinge in anderen KKs ganz anders aussehen können. D.h. das typische "jin" in einer anderen (nicht Taiji) KK könnte aus der Perspektive der Taiji-Kultur ein "typisches li" sein.
Sprachlich kann man dann solche Unterschiede mit (zB) pengjin und (Taiji) bengjin (aus dem bengquan des Xingyi) deutlich machen.
Die inhaltliche Gemeinsamkeit oder konzeptuelle Verwandtschaft dieser jins kann dabei minimal, nicht vorhanden oder irrelevant sein, steht aber nur wegen des Begriffs jin nicht besonders im Vordergrund.

T. Stoeppler
01-03-2010, 13:19
Off-Topic Beiträge wurden gelöscht.

Ich würde die Beteiligten bitten, beim Threadthema zu bleiben.

P.S.
Danke für Deinen Beitrag, Hermann.

Gruss, Thomas

Klaus
01-03-2010, 13:48
Natürlich ist die Veränderung seiner Muskelstruktur und der darum herum angeordneten Stoffwechsel- oder Nervenabläufe "unspezifisch". Ein Schlag auf einen Nagel beim Tischlern unterscheidet sich nicht vom Schlag auf ein Kinn beim *******vergleichswettstreit, nur in der Absicht. Die wiederum Unterschiede in der Kraftbereitstellung induzieren kann, weil ich den Nagel nur reinschlagen und nicht umnieten möchte. Das ist ja auch ein Gutes an der Senkong-Übung, egal ob man nur Regale schieben, Tennisbälle über das Netz hauen oder Leute richtig vermöbeln will, in allen Fällen kommt mal was bei raus. Dass das Kribbeln das mittelfristig bei der Senkong-Übung entsteht, und auch so Teetrinkern wie Thomas Stöppler oder Eierköpfen wie meinen Kollegen aufgefallen ist, nur "Einbildung" ist, kannst Du Deiner Oma erzählen (there, I said it), ebenso wie dass das auf gar keinen Fall irgendwelche Unterschiede in den körperlichen Aktivitäten anzeigen kann. Weil Du das meinst.

Wir sprechen hier übrigens von Pengjin, nicht von allem anderen. Das ist aber eine Grundlage, den ganzen Rest der spezifischen Jins laut IMA-Nomenklatur hinzubekommen. Alle weiteren emotionalen Konnotationen von Jin laut chinesischem Duden haben damit allerdings nur indirekt zu tun, weil Emotionen an der Bereitstellung der Kraft-Jins ziemlich beteiligt sind. Natürlich kommt dazu noch eine artistische Komponente, wie genau sich die Kraft während einer Aktion verändert. Also Software, aus der Körperkontrolle. Das findet sich dann sicher nicht mehr in einem einfachen Hanzi, das nicht extra für 0,01% der Bevölkerung entwickelt wurde die sich irgendwie mit körperlicher Krafterzeugung beschäftigt haben.

Die Diskussion gibt es übrigens seit mehr als 10 Jahren. Damals kam Mike Sigman auch erst mit "ist nur der Winkel", um im Laufe seiner Erfahrungen dann über "Vorspannung der Muskulatur" später beim Faszienanzug und dessen intuitiver Manipulation auszukommen. Fortsetzung in diesem Kino.

GilesTCC
01-03-2010, 14:00
Linguistisch/philosophisch kann man sich noch jahrelang um diese Sache kreisen - schade, daß man nicht das Thema samt Postings an einen Stromkreis anschliessen könnte und damit ein paar Häuserblocks beleuchten...

Trotzdem muß ich an die Tatsache denken, daß Bodybuilder auch Bauarbeiter, die zweifelsohne viel "li" haben und was-weiss-ich-wie-viele Kilos stemmen können, mich vielleicht 1 Meter nach hinten mit ihrem besten Schubser (samt Grünzen) bewegen können, während ein paar wesentlich kleinerer Tai Chi-Könner mich (aus der gleichen Startposition) etliche Meter nach hinten befördern, dabei sehr unangestrengt. (Wobei ich diese zweite "Kraft" an meine Körperoberfläche im Gegensatz zum Schubs vom Bauarbeiter kaum spüre). Und es wirkt nicht durch Suggestion, nicht durch "Qi", sondern durch (körpermechanische) Technik.

...nur um einen Beispiel von "Kraftauswirkung" zu geben...

Die sehr klaren Unterschiede in Körpermechanik, Effizienz und Wirkung, die es zwischen diesen zwei Arten von Kraft gibt, suggerieren, daß es sinnvoll ist, auch zwischen "normaler, leicht nachvollziebarer Kraft" und dieser "komischer aber wirksamer" Kraft zu unterscheiden. Und daher auch zwei verschiedene Wörter zu benutzen.

Wörter sollten sich womöglich der Realität anpassen, und nicht andersrum.

Aber wer meine obige Bewegunsdarstellung eh skeptisch sieht, wird natürlich auch nicht von der sprachlichen Notwendigkeit überzeugt sein. :)

Schöne Grüsse,

Giles

nagual
02-03-2010, 11:10
Die Diskussion gibt es übrigens seit mehr als 10 Jahren. Damals kam Mike Sigman auch erst mit "ist nur der Winkel", um im Laufe seiner Erfahrungen dann über "Vorspannung der Muskulatur" später beim Faszienanzug und dessen intuitiver Manipulation auszukommen. Fortsetzung in diesem Kino.Das ist eine Diskussion über die Trainingslehre, bzw. die Funktionalität des Kampf- und Bewegungskonzeptes.

Meine "ewige" Diskussion bewegt sich rein auf der Ebene der sprachlichen und begrifflichen Bedeutung (von "jin" und "li") bzw. der Frage des angemessenen Übersetzungsstils.

Wie ich oben schon schrieb, bin ich der Meinung, dass man die sprachliche Ebene bei dieser Diskussion von der Frage nach der Trainingslehre trennen sollte. Inhaltlich stehe bspweise komplett hinter sämtlichen Aussagen der von Hermann übersetzten Bücher (die ich allerdings nur auszugsweise gelesen habe).

Zusammenegfasst halte ich mich hinsichtlich der Taiji-Lehre an das Buch von Stuart Olson, in dem die für die "Beherrschung des Taijiquan" (wenn man das so sagen will) notwendigen Skills als eine Liste von "jins", sinngemäß Skills, Kräfte, Energien o.ä., aufgelistet und im Einzelnen beschrieben werden.

Vereinfacht kann man sagen, dass man im Taiji dann etwas drauf hat, wenn man während seiner Bewegungsübungen und Kampftätigkeiten die Skills peng, lü, an, ji, ting, dong, usw. intuitiv, effektiv und auch, wenn nötig, kraftvoll anwenden kann.
Das ist die Trainingslehre. Zur verbalen Beschreibung dieser Sammlung von Skills, die natürlich im Zusammenspiel eine integrale Ganzheit bilden, ist der Begriff "jin" im Grunde nicht nötig, weil die Bedeutung des Wortes "jin" viel zu allgemein und nichtssagend ist, um auch nur einen einzelnen dieser Skills näher zu charakterisieren als dies durch das vorstehende Wort bereits geschehen ist. Z.B. ob ich jetzt von Peng rede oder von Pengjin macht praktisch keinen Unterschied. ("Pengli" mag sich für einen Chinesen komisch anhören, und wenn man Peng eher als Skill denn als Kraft auffasst, kann "pengli" auch eine unangemessene Wortschöpfung sein. Allerdings gibt es im Bereich der chin. KK auch sehr merkwürdige "XY-li"s, so dass ein "pengli" IMO gar nicht so undenkbar sein muss.)

Die Polemisierung von "jin" und "li" ("bu yong li, yong jin") in der Taiji-Kultur stellt, wie bereits mal geschrieben, eine Polemisierung von Klischeebildern da, die sich aus der eigentlichen Wortbedeutung nicht zwangsläufig ergeben.
Es entspricht ungefähr solchen deutschen Sätzen wie ("benutze keine Kraft, benutze motorische Energie", oder alternativ für "jin" statt "motorische Energie" auch "motorisches Kraftpotenzial", "Motorik" o.ä.).

Falls "jin" jetzt zufällig von seiner zentralen bildhaften Assoziation z.B. "Saft" bedeuten sollte, damit es auch so fließend ist, dann wäre eine Übersetzung mit "motorischer Energie" natürlich ein gewisser Stilbruch, der aber als Übersetzung immer noch den abstrakten Kern der gemeinten Aussage und der scheinbaren und übertriebenen Polemisierung ("bu yong li, yong jin") trifft.

Das Problem bei der Übersetzung von "jin" als "Jin-Kraft" bleibt, dass der damit eingeführte Schein-Fachbegriff unklar bleibt, und in seiner Allgemeinheit oder Konkretheit nicht durchschaubar wird.
Da die abstrakte Bedeutung von "jin" im Bereich allgemeiner "motorischer Energie" zu finden ist, geht die Suggestion einer speziellen "Jin-Kraft" in die Irre, solange sie nicht z.B. als "Pengjin" näher spezifiziert wird.

Soweit noch einmal die Zusammenfassung meiner argumentativen Position, falls Hermann Interesse verspüren sollte, sich noch einmal dazu zu äußern.

Die Polemik "bu yong li, yong jin", die ich z.B. gerne mit "benutze keine Kraft, benutze motorische Energie" übersetze, basiert ja im Grunde auf dem Witz, dass "Kraft" stets auch "motorische Energie" ist, und "motorische Energie" letztendlich immer in "Kraft" mündet.
Es wird also eine äußerst spitzfindige Trennung auf verbaler Ebene eingeführt, die als ein diffuses Bild dann aber die Mentalität bei den Bewegungen und kämpferischen Interaktionen prägen soll. In dieser mental-funktionalen Aufgabe sehe ich den Sinn der Kultivierung des Begriffes "jin" in der Taiji-Kultur, NICHT in der Definition einer speziellen "Jin-Kraft" im Stile westlich-wissenschaftlichen Konstruktdenkens, und in diesem Bewusstsein sollten IMO auch chinesische Texte übersetzt werden.

Freier Geist
02-03-2010, 11:30
Warum belässt man es nicht gleich beim chinesischen Begriff Jin?

Kein Übersetzer käme auf die Idee, das englische Wort car mit Car-Auto zu übersetzen.

Und selbst wenn es spezifischer wird, essen wir auch keine Spaghetti-Nudeln, sondern lange italienische Nudeln, oder wir bleiben gleich beim Originalbegriff "Spaghetti" und lernen, was das ist.

nagual
02-03-2010, 11:33
Die sehr klaren Unterschiede in Körpermechanik, Effizienz und Wirkung, die es zwischen diesen zwei Arten von Kraft gibt, suggerieren, daß es sinnvoll ist, auch zwischen "normaler, leicht nachvollziebarer Kraft" und dieser "komischer aber wirksamer" Kraft zu unterscheiden. Und daher auch zwei verschiedene Wörter zu benutzen.

Um bei diesen Klischeebildern des massigen westlichen Kraftsportsportlers und des ultraeffektiven 1,60m-60kg-Taiji-Chinesen mit der "gleichen" Wirkung (auf Giles) zu bleiben, muss man IMO jedoch feststellen, dass die meisten chinesischen KKs als Trainingseffekt ein Ergebnis anstreben, welches sich auf einen Spektrum zwischen diesen Extremen bewegt, je nach chin. KK-Stil.

Wenn man von der chin. KK-Kultur ausgeht, ist eine Unterscheidung von "jin" und "li", wenn man annimmt, dass die Wortbedeutung eben stets dieses Klischee treffen würde, kaum möglich, weil insbesondere dieses Kraftsportlerklischee für praktisch sämtliche chin. KKs untypisch ist.

Für mich kann die Vorstellung dieses Klischeestypen von "Kraft" kein bedeutender Anhaltspunkt sein, die Wortbedeutung zu erkennen bzw. die Wahl der besten Übersetzung zu finden.

Ich kann nur sehen, dass die Nutzung BEIDER Begriffe ("jin" und "li") äußerst flexibel ist, und es oft möglich ist, sowohl von X-Jin wie auch von X-li zu sprechen, ohne dass sich der Sinn nennenswert verändert. Als Beispiel sei "na jin" bzw. "na li" genannt, d.h. "Greifkraft" bzw. "motorische Greifenergie", um meinen Übersetzungsvorschlag darauf anzuwenden.
Im Rahmen der Taijilehre kann man natürlich als Assoziation die Verbundenheit von "najin" zu grundlegenderen jins wie Pengjin und Tingjin mitschwingen lassen, d.h. dass das taiji-mäßige dann eben aufgrund von peng- und listening-Skills besonders effektiv ist.
Hinsichtlich der konkreten, wörtlichen Übersetzung bleiben "na jin" und "na li" annähernd synonym, d.h. es reicht wenn man sagt, "na jin" ist "motorische Greifenergie" und nicht etwa "greifen mit Jin-Kraft", was eben dieser übertriebene Unsinn ist, den ich nicht mag.

nagual
02-03-2010, 11:43
Warum belässt man es nicht gleich beim chinesichen Begriff Jin?

Kein Übersetzer käme auf die Idee, das englische Wort car mit Car-Auto zu übersetzen.

Und selbst wenn es spezifischer wird, essen wir auch keine Spaghetti-Nudeln, sondern lange italienische Nudeln, oder wir bleiben gleich beim Origianlbegriff "Spaghetti" und lernen, was das ist.

Das Beispiel von Car ist richtig, allerdings ist es Unsinn zu behaupten, dass die Engländer nicht in Autos sondern in Cars fahren würden.

Ich hatte schon das Beispiel "Church" gebracht, dass es ebenso unsinnig ist, zu behaupten, die Engländer würden nicht in Kirchen sondern in Churches beten.

Bei "Spaghetti" sieht die Sache anders aus, weil sich zumindest im Deutschen ein spezielle Bedeutung im Sinne einer Nudelsorte etabliert hat.

Was ich jedoch immer wieder betonen will, ist die Sache, dass der alleinige Begriff "jin" eben KEINE SPEZIELLE Kraft bezeichnet, sondern eben lediglich ein allgemeiner Begriff für "Kraft" oder "(motorische) Energie" ist, und der Sinn einer Übersetzung darin besteht, den Sinn der Satzaussagen mit übersetzten Begriffen in analoger Art und Weise herzustellen.
Dies kann nicht gelingen, in dem man auf die Übersetzung einzelner Begriffe verzichtet.
Beispiel: Wenn ich den Satz "The british people are usually visiting their churches on sunday morning" mit "Die Briten gehen gewöhnlich am Sonntagmorgen in ihre Churches" übersetze, so suggeriert die Übersetzung von "church" mit "church", dass es einen Unterschied zwischen Kirchen und churches geben würde. Das ist aber falsch, weil Kirche und Church nun mal die identische Bedeutung haben. "Church" MUSS deswegen mit "Kirche" übersetzt werden, und im gleichen Sinne ist deswegen auch eine echte deutsche Übersetzung des Begriffs "jin" erforderlich, um den Sinngehalt und den sprachlichen Stil von chin. Sätzen korrekt wieder zu geben.

GilesTCC
02-03-2010, 21:49
Ich habe zwar keine Angaben zu Gewicht, Größe und Nationalität von gewissen (nicht so hünenhaften) Menschen, die mich wesentlich weiter und müheloser bewegen können als ein "Schrank" es tun kann. Aber ansonsten ist das, was ich in diesem Beispiel beschrieben habe, keine "Klischeevorstellung", sondern Tatsachenbericht. Es gibt ganz unterschiedliche Möglichkeiten, die körperlichen Ressourcen zu mobilisieren und einzusetzen, und diese fühlen sich entsprechend anders an, sowohl für Macher als Empfänger. Und bestimmte Methoden scheinen eine wesentliche größere Effizienz als andere zu haben, obwohl sie (meistens) erst mal speziell trainiert werden müssen.

Und übrigens muß ich auch sagen, daß es auch genug "Trainierten" gibt, die mehr oder weniger wie der "klischeehafter" (!) Bauarbeiter vorgehen, meistens auch mit ähnlichen Resultaten.

Diese bestimmte Art von Kraft oder Wirkung ist eigentlich gar nicht so mysteriös: es gibt genug Leute, die es zumindest einigermaßen produzieren und auch unterrichten können ("Nicht so, sondern so..."). Nur gibt es – so weit ich weiß – heutzutage keine adäquate Übersetzung in europäischen Sprachen für diese, sagen wir, "Körpermechanik". Das gleiche trifft auf z.B. peng oder lü zu - man kann sie höchstens auf Deutsch, Englisch usw. umschreiben, aber auch das bringt nichts für das praktische Verständnis und Können. Also – ich stimme Freiem Geist zu – besser nicht übersetzen, sondern: versuchen zu verstehen (oder viel besser, fühlen), was der chinesische Begriff auf sich hat; und entsprechend trainieren.

Wenn alte, längst verstorbene Tai Chi-Opas in alten Schriften oder Büchern ganz klar schreiben, daß man besser jin und nicht li benutzen sollte – denkst du wirklich, sie waren damals dabei, ein Thema "künstlich zu polemisieren"? Oder gar ihre Leser in die Irre zu leiten? Warum sollte man nicht annehmen, daß sie als Praktiker ganz direkt etwas Wichtiges sagen wollten? Wozu sonst überhaupt den Spruch loslassen?

Schöne Grüsse,

Giles

rudongshe
03-03-2010, 08:13
Ich denke hier treffen sich gegenesitiges Misverständnis, Verhärtung und unterschiedliche Aspekte.

Nagual bezieht sich auf die Übersetzung der Worte, auf das sprachliche Problem bzw. Ebene und sagt, die Begriffe an sich sind so ähnlich, das man li und jin austauschen könnte und in jin steckt nix Mysteriöses im Gegensatz zu li. Er bezieht sich auf die grundsätzliche Überstzung.

Dazu passt, das es einen Taiji-Texter gab, der auch von li sprach und die Yiquan Leute auch.

Wobei die Yiquan Leute sich ja sehr viel mühe machen mit Yi zu trainieren (als DAS Charakteristikum der IMA), ich kenne das mit den Federn in sich, gegen den Raum, das laufen im Schlamm und gegen die Wellen arbeiten.
Warum die Mühe, wen li gleich li ist. es geht also doch um ein li, das nicht gleich dem eines Bauarbeiters ist.

Das wiederum legt doch nahe, das offene Begriffe in der KK nur verstanden werden können, wenn man sie hinterlegt durch Beschreibung der Wirkweisen, der Übungen, mit anderen Analogien und eben Differenzen zu anderen Arten, die offenen Begriffe zu interpretieren.

YCF beschreibt das Jin, was er anstrebt einmal in sich mit seinen Qualitäten und dann im vergleich zu einem "li" mit anderen Qualitäten. Im folgenden meint er dann mit Jin immer das zuvor herausgearbeitete Jin.
Dabei arbeitet er genauso die Begriffe der IMA gegen die EMA heraus.

Uns verleitet das vielleicht dazu, zwischen Jin/IMA und li/EMA einen grundsätzliche Unterschied zu ziehen, den es so nicht gibt. Ich denke, YCF hat seine Idee über sprachlich konstruierte Unterschiede dargestellt.
Die einen meinen nun, Gemeinsamkei sei 0%, andere sagen 20%, andere 80%.
Ich selber weiß es nicht, ändert sich wohl auch nach Erfahrung.

So denke ich aber dennoch, das durch die stil-eigene Motorik oder Vorstelung oder Anwendung eine bestimmte Art Li/Jin sich entwickelt.

Ich sage auch nicht, die ist völlig unterschiedlich zu anderen Stilen, habe da Überschneidungen zum Yiquan gefühlt. Ich weiß auch nicht, wieweit snakestyle und Bagua auseinanderliegen - betrachte ich die äußere Motorik und gezeigten Anwendungen (nicht Form). Auch was ich in Systema gesehen habe oder teilweise aus dem Ki-Aikido scheint grundsätzlich nicht furchtbar weit weg zu liegen.

Letztlich kommt man nicht darum herum: Übungen machen und schauen, ob die eigene Erfahrung sich dem tradierten Bild irgendwie annähert. Den Begriff selber mit Inhalt füllen. Und dann mal einen Blick über den Tellerrand riskieren und nicht im eigenen Weltbild schmoren.

P.S. Worte als 1:1 Anleitung zu benutzen ist für manches Gehirn der Holzweg. Wenn ich erklären muss, dann treffe ich auf unterschiedliche Schüler und habe einige Beschreibungen parat, die zu ein und demselben Ziel führen udn doch so unterschiedlich klingen, als handele es sich um grundsätzlich unterschiedliche Dinge.

nagual
03-03-2010, 09:51
YCF beschreibt das Jin, was er anstrebt einmal in sich mit seinen Qualitäten und dann im vergleich zu einem "li" mit anderen Qualitäten.Genau! Wobei ihm klar ist, dass "jin" ein allgemeiner Begriff mit der Bedeutung "Power", "Stärke", "motorischer Energie" o.ä. ist. Er sagt also, dass seine "Kraft" eben "motorische Energie" wäre (sinngemäß) und nicht "li"/"Muskelkraft" (wobei er das Klischee der muskulären Grobheit meint).


Im folgenden meint er dann mit Jin immer das zuvor herausgearbeitete Jin.Genau! Weil der Begriff im Sinne "motorischer Energie" allgemein und flexibel ist, kann damit je nach Kontext und Aufbau der Argumente einmal das meisterschaftliche Taiji-Spezial-jin gemeint sein, und ein anderermal ganz profane "motorische Energie" = "Kraft" = "li" !!!


Dabei arbeitet er genauso die Begriffe der IMA gegen die EMA heraus. Das ist eben die erwähnte Polemisierung, die eben von der Anwendung der Begriffe auf Klischeebilder gebraucht macht. Ohne solche Klischees wäre die Polemisierung nicht möglich.

So denke ich aber dennoch, das durch die stil-eigene Motorik oder Vorstelung oder Anwendung eine bestimmte Art Li/Jin sich entwickelt.Aus diesem Grunde gibt es die ganzen Bezeichnungen xy-li und xy-jin usw..


Aber ansonsten ist das, was ich in diesem Beispiel beschrieben habe, keine "Klischeevorstellung", sondern Tatsachenbericht. Klischees widersprechen nicht den "Tatsachen", sondern stellen lediglich eine Auswahl prototypischer Beispiele dar. Die "Tatsachen", die vom Klischee abweichen oder sich zwischen polemisierten Klischees befinden, werden ignoriert und das Gesamtbild damit verzerrt.


Wenn alte, längst verstorbene Tai Chi-Opas in alten Schriften oder Büchern ganz klar schreiben, daß man besser jin und nicht li benutzen sollte – denkst du wirklich, sie waren damals dabei, ein Thema "künstlich zu polemisieren"? Ja, das glaube ich. Bzw., ich kann es ja sehen, bzw. lesen, wenn ich einfach nur die im Wörterbuch zu findenen Übersetzungen in die chin. Texte einsetze.
Der Satz lautet "bu yong li, yong jin". Laut Wörterbuch ergibt sich eine Übersetzung in der Art von "benutze keine Kraft, benutze Stärke", oder stilistisch besser "benutze keine Kraft, benutze (motorische) Energie".

Der Sinn ist (zunächst, beim ersten Lesen) diffus, und die spezielleren Aspekte ergeben sich aus der Polemik und den damit assoziierten Klischees einer groben und einer verfeinerten Kraft.

Durch die Polemisierung wird ein Teil der Bedeutung des Begriffes "jin" unter den Tisch gekehrt, nämlich dass "li" auch eine Art von "jin" ist, im Deutschen vergleichbar damit, dass "Kraft" eben auch "motorische Energie" ist, ganz logischerweise.

Ich verstehe die Taiji-Lehre so, dass es aus bestimmten Gründen für ein tiefes Verständnis sehr wichtig ist, den künstlichen Aspekt der Polemisierung von Jin und Li zu verstehen und nie ganz zu vergessen. Die Chinesen vergessen es nicht, weil sie stets merken, dass die Begriffe sehr ähnlich sind, und es daher nur unbestimmte Nuancen sind, die "den Unterschied" ausmachen (den es eben manchmal nicht gibt).

Wir als Westler konstruieren daraus unsere starren Fachbegriffe und bleiben im Verständnis auf der halben Strecke stehen und rätseln um "Jin Kraft" und betreiben damit Mystifizierung ohne Ende.

All das löst sich auf, wenn man erkennt, dass die Lehre nicht mit konstruierten Fachbegriffen sondern mit der Andeutungen und sprachlicher Nuancen (auf der Basis allgemeiner Begriffe) vermittelt wird.


Warum sollte man nicht annehmen, daß sie als Praktiker ganz direkt etwas Wichtiges sagen wollten? Natürlich sagen sie damit etwas wichtiges. Es geht darum, dass man mit dem Satz "benutze keine Kraft, benutze motorische Energie" tatsächlich wichtige Kernpunkte der Taiji-Lehre auf den Punkt bringen kann, ohne eine spezielle "Jin Kraft" als kompliziertes Konstrukt zu definieren.
Der Satz stellt lediglich eine Aufforderung dar, seine Mentalität zu erweitern und zu erkennen, dass es im Bereich der Motorik mehr als buchstäbliche Kraftanwendungen gibt, nämlich auch so etwas wie "verborgene motorische Kraftpotenziale", und der Gesamtbereich der offensichtlichen Kräfte (Arten von "li") und mehr oder weniger verborgener "motorischer Energien" ergibt den Gesamtbereich des "jin", der "motorischen Energie".
Viele Taiji-Jin-Arten liegen im Bereich der verborgenen "motorischen Energien", und deswegen werden die "offensichtlichen Energien" = "Muskelkräfte" ausgeklammert (bu yong li)!

"yong jin, bu yong li" bedeutet also dass man nicht nur "jin einschließlich li" (denn jin schließt gewöhnlicherweise li ein!!!) benutzen soll, sondern gleichzeitig auf "li" (im trivialen Sinne) verzichten soll. Daraus ergibt sich dann auf sprachlicher Seite KEINE Definition, dass eine "Jin-Kraft" etwas von "li" getrenntes wäre. Das ist eben das problematische, typisch westliche Missverständnis. Was die Chinesen nicht haben, weil sie die Sprache flüssig verstehen und sich nicht in starren Konzepten (Jin-Kraft) verheddern.

Freier Geist
03-03-2010, 10:58
Ich finde ja auch, dass dadurch das Li viel zu schlecht wegkommt bzw. das Jin zu gut.

Giles: Kann der Hüne von Bauarbeiter dich denn tatsächlich nur einen Meter nach hinten bewegen? Und wenn, stehst du danach gegebenenfalls auch so ohne Weiteres wieder auf?

Für mich ist das Thema halt nach wie vor eher eine Frage, die die Kraft-Entstehungsseite betrifft. Rauskommen tut bei beiden POWER. Und dass die sich evtl. unterschiedlich anfühlt, ist bestimmt eine Frage der wirkenden Vektoren - sprich: der Mechanik/Technik - und des Rahmens, d. h. der Psychologie.

Gruß

Freier Geist

Ich finde, man schaut da viel zu wenig über den Tellerrand. Ein paar Sachen, die der MTler macht, fühlen sich beim Empfänger vielleicht auch ganz anders an, als wenn es vom Boxer kommt oder vom Aikidoka und und und. Kraftphilosophische Diskussionen fängt dort trotzdem keiner an.

Freier Geist
03-03-2010, 11:27
Ob sich ein Jin beim Gegner anders anfühlt als ein Li ist irrelevant! Entscheidend ist, ob der Gegner nach einer Aktion noch weitermachen will bzw. überhaupt noch kann. Das geht bei diesen Jin- und Fühl-Diskussionen unter. Es wird leicht zum Selbstzweck, und man verliert den Blick auf das, um was es in einer KK eigentlich geht.

rudongshe
03-03-2010, 13:02
Genau! Wobei ihm klar ist, dass "jin" ein allgemeiner Begriff mit der Bedeutung "Power", "Stärke", "motorischer Energie" o.ä. ist. Er sagt also, dass seine "Kraft" eben "motorische Energie" wäre (sinngemäß) und nicht "li"/"Muskelkraft" (wobei er das Klischee der muskulären Grobheit meint).

Genau! Weil der Begriff im Sinne "motorischer Energie" allgemein und flexibel ist, kann damit je nach Kontext und Aufbau der Argumente einmal das meisterschaftliche Taiji-Spezial-jin gemeint sein, und ein anderermal ganz profane "motorische Energie" = "Kraft" = "li" !!!
Das ist eben die erwähnte Polemisierung, die eben von der Anwendung der Begriffe auf Klischeebilder gebraucht macht. Ohne solche Klischees wäre die Polemisierung nicht möglich.
Aus diesem Grunde gibt es die ganzen Bezeichnungen xy-li und xy-jin usw..

Klischees widersprechen nicht den "Tatsachen", sondern stellen lediglich eine Auswahl prototypischer Beispiele dar. Die "Tatsachen", die vom Klischee abweichen oder sich zwischen polemisierten Klischees befinden, werden ignoriert und das Gesamtbild damit verzerrt.


Also ich würde das " von YCF erläuterte Jin" nicht zusammenfassen unter einem Schlagwort wie "motorische Energie". Ich bleibe eher bei dem wie er es beschrieb.

Ich würde auch gar nicht von Polemisierung reden, weil da sehr viel Emotion drin ist. Ich finde die Idee des "Idealtypus" besser, mit dem man komplexe Dinge in ihrer Annäherung an einen Prototyp beschreibt.

In diesem Sinne wäre der Idealtypus desjenigen, der das Li der EMA nutzt, jemand, der sich verausgabt, außer atem geräht, der seine Bewegung nach einer Aktion unterbrechen muss und neuen Anlauf nimmt/ausholt (so ungefähr)

Der mit Jin nutzt im Sinne des "Idealtypus" die ungebrochene Bewegung, clevere Struktur, Kraft der Sehnen, Entspannung usw.

Auf diesem Kontinuum kann man ja schauen, wohin man sich entwickelt.

nagual
03-03-2010, 16:04
Also ich würde das " von YCF erläuterte Jin" nicht zusammenfassen unter einem Schlagwort wie "motorische Energie". Ich bleibe eher bei dem wie er es beschrieb.

Ich würde auch gar nicht von Polemisierung reden, weil da sehr viel Emotion drin ist. Ich finde die Idee des "Idealtypus" besser, mit dem man komplexe Dinge in ihrer Annäherung an einen Prototyp beschreibt.

In diesem Sinne wäre der Idealtypus desjenigen, der das Li der EMA nutzt, jemand, der sich verausgabt, außer atem geräht, der seine Bewegung nach einer Aktion unterbrechen muss und neuen Anlauf nimmt/ausholt (so ungefähr)

Der mit Jin nutzt im Sinne des "Idealtypus" die ungebrochene Bewegung, clevere Struktur, Kraft der Sehnen, Entspannung usw.

Auf diesem Kontinuum kann man ja schauen, wohin man sich entwickelt.

Ich möchte hier widersprechen: Der Begriff "jin" kennt keinen Idealtypus, sondern enthält einen ziemlich eindeutigen abstrakten Kern, der jedoch sehr flexibel angewendet werden kann. Dieser abstrakte Kern wird vom deutschen Ausdruck "motorische Energie" sehr gut getroffen. "Motorisches Kraftpotenzial" wäre ebenfalls möglich. Man kann auch nur "Energie" oder "Stärke" oder "Power" sagen, aber hier wird die zentrale Bedeutung der motorischen oder muskulären Natur des "jin" nicht beachtet, so dass es zu Missverständnissen kommen kann.

Um die Sache zu untermauern, werde ich jetzt aus dem Buch von Song Z.J. "TAI-CHI CHÜAN Die Grundlagen" zitieren, welches von Hermann Bohn (taiwandeutscher) übersetzt wurde.
Leider hat er meistens den Ausdruck "Jin-Kraft" gewählt, an manchen Stellen jedoch die IMO bessere Übersetzung "Stärke" vergessen zu ersetzen. Manchmal heißt es auch nur "jin".

Der Text wird durch die Wahl dieser Übersetzung etwas schwer verdaulich.

Der Text wird komplett einleuchtend und leicht zu lesen, wenn man einfach stumpf die Begriffe "Jin-Kraft" und "Jin" (oder "Stärke", wo "Jin-Kraft" vergessen wurde) durch "motorische Energie" ersetzt.

Also, los gehts: (Änderungen von mir kursiv gekennzeichnet!)
Hier zunächst das wichtigste Zitat
S.230
"Den Einsatz der motorischen Energie (Jin-Kraft) nennt man in der Mechanik (gemeint ist westliche Physik) 'Arbeit'. zur Berechnung verwendet man die (Anwendungs-) Kraft multipliziert mit Richtung und Maß der Positionsveränderung (Weg)."
siehe hierzu http://de.wikipedia.org/wiki/Arbeit_%28Physik%29
Interessant wäre es, herauszufinden, ob die genannte (Anwendungs-) Kraft nicht im Chin. vielleicht "li" geheißen hat. Das würde nämlich meine These bestätigen, dass sich jin in li verwandelt, und damit die prinzipielle Identität bzw. Untrennbarkeit der mit beiden Begriffen bezeichneten Phänomen bestätigen.

"Im Augenblick der gegnerischen Kraftentfaltung setzt man die Fähigkeit der Wahrnehmung der motorischen Energie (Jin-Wahrnehmung) ein. Zuerst wird die gegnerische motorische Energie (gegnerische Jin-Kraft) mit der eigenen verschmolzen, wodurch die Richtung der eindringenden Kraft abgeändert wird, bis schließlich die gesamte Kraft des Gegners vollkommen ins Leere abgeleitet ist und jede Wirkung verliert."

Der entscheidende Punkt ist hier, dass man also das gegnerische Jin, die gegnerische motorisch Energie wahrnehmen soll. Dies macht natürlich nur Sinn, wenn auch Aktionen mit grober Kraft (li) als "Jin-Aktionen" (Aktionen motorischer Energie) wahrgenommen werden können. Es wird also klar, dass "jin" (motorische Energie) ein allgemeines, umfassendes Konzept für die Beschreibung praktisch sämtlicher möglicher motorischer Aktivitäten des Menschen (und von Tieren) ist, und daher nicht zwischen "li" und einer speziellen "Jin-Kraft" trennt. Die Trennung bzw. Polemisierung von "jin" und "li" ist daher logischerweise stark kontextabhängig, und verschwindet wieder, wenn der Kontext dies nicht erfordert. Diese kontextuelle Anpassung ist NUR dann möglich, wenn man erkennt, wie allgemein die Bedeutung des Begriffs "Jin" ist, und dieser Allgemeinheit trägt eine Übersetzung in der Art von "motorischer Energie" Rechnung.

Weiter geht es querbeet:
S.122
"3.7 Ausbildung der motorischen Energie (anstatt "Elastizitätskraft, Jin)

Im Taijiquan strebt man nicht nach roher Muskelkraft; die Bewegungen im Taijiquan basieren vielmehr auf der motorischen Energie (Jin-Kraft), deren Kultivierung in der Übung vor allem angestrebt wird. Unter motorischer Energie (hier offenbar wurde "Stärke" als Übersetzung für "jin" genutzt) versteht man die Kraft, mit der man widersteht oder Hindernisse überwindet. Sie entsteht durch die Kontraktionsbewegung in der Muskulatur und bedarf der Organisation durch die Nerven. Zusammen mit der Hitzeentwicklung, Suaerstoffzufuhr und der Unterstützung durch das Skelett kommt sie zur vollen Ausbildung. Eine Tempraturerhöhung in den Muskeln bewirkt ein Zunehmen ihrer Bewegungskraft."

S.123
"Durch Übung wird diese Reihung oder Ausrichtung der Muskelfasern, auch in unvollständiger Tetanus-Kontraktion zur Gewohnheit, so dass schon bei einmaliger Kontraktion eine optimale Wirkung erreicht wird. Im Taijiquan wird diese Art von trainierter Kraft als motorische Energie (Jin) bezeichnet.

Die isotonische Kontraktion der Muskulatur bedingt einen komplizierten chemischen Umwandlungsprozess. Je größer der Streckenabstand in der isotonischen Kontraktion ist, umso größer wird die chemische Reaktion sein. Deshalb ist die motorische Energie (Elastizitätskraft, Jin) umso stärker, je größer der Unterschied der Muskellänge bei Streck- und Beugekontraktion ist.
...
Die grundlegenden Dehnübungen im Taijiquan sollen durch Kultivierung der isotonischen Kontraktion das Ziel der gesteigerten Elastizität (Jin???) erreichen helfen. Die SOlofiguren sind also erst dann wirklich entspannt und beweglich zu üben, wenn das Maß der motorischen Energie (Elastizitätskraft) stark vergrößert wurde. Somit bewegt man vor allem die Arme isometrisch und kraftsparend."

S.121
"Das Bewahren von Weichheit und Entspanntheit in den Bewegungen des Taijiquan soll eine unnötige automatische Muskelkontraktion vermeiden, um keine hochwertigen Kalorien zu verbrauchen, d.h. motorische Energie (Jin-Kraft) wird eingespart, um die latente Fähigkeit der Muskeln zu erhalten."

S.122
"Wenn nun ein Muskel angestrengt wird und durch eine entsprechende äußere Kraft (im Taijiquan die geistige Leistung der Vorstellungkraft) keine Längenveränderung möglich ist, so erhöht sich die Anspannung, ohne dass ein deutliches Beugen oder Strecken erkennbar wäre. Diese Kontraktion nennt man isometrisch. Sie bildet die Grundlage zum Festigen der motorischen Energie (Jin-Kraft, hier würde ich lieber 'zum Festigen des motorischen Kraftpotenzials' sagen, da 'Energie' hier leicht missverständlich wirkt) von Körper und Armen im Taijiquan. Weil man die Bewegungen der Form in einer Muskelhaltung übt, erreicht man ganz formlos eine weiche Art Art isometrischer Kontraktion und damit das Festigen der motorischen Energie (Jin-Kraft)."

S.131
"Alle Bewegungen des Taijiquan (Pinyin von mir angepasst) verlangen ein völliges Entspannen der Gelenke und der Muskulatur des gesamten Körpers. Das Übertragen der motorischen Energie (Jin-Kraft) hängt von einer koordinierten Bewegung des Knochenkörpers ab. Wenn drei Knochen durch Gelenke ..."

S.139
"Wahrnehmung der motorischen Energie (Jin-Kraft) und natürliche Reaktion
Wird die Haut eines Menschen von irgendeinem Objekt berührt, entsteht automatisch eine Bewegung, die keiner willentlichen Reaktion entspricht und nicht der Vorstellungskraft folgt. Der Stimulationsweg dieser Bewegung läuft über die Wirbelsäule (gemeint sind die bekannten Reflexbögen, die es an verschiedener Stelle unterhalb des ZNS gibt).
...
Es bedarf daher einer konzentrierten Übung, um ihre Wirksamkeit zu verbessern. Zum Entstehen eines Reflexes bedarf es der Wahrnehmung eiens Reizes in den Empfangsorganen. Wenn die Haut und die Muskeln angespannt sind, werden die Wahrnehmungsorgane leicht gepresst und verlieren ihre Sensibilität. Die Forderung des Taijiquan nach Leichtigkeit, Entspanntheit, Ruhe und Klarheit im Kopf ist ein Üben der Wahrnehmung der motorischen Energie (Jin-Kraft) und damit auch das Üben der angeborenen Reflexe."

S.142
"Diagonalprinzip beim Ausstoßen der motorischen Energie (Jin-Kraft)
Stößt man im Taijiquan die motorische Energie (Jin-Kraft) über die linke Hand aus, so kommt sie ursprünglich aus dem rechten Fuß.
...
Es bedeutet, dass die rechte oder linke Seite der oberen Glieder gleichzeitig mit der entgegengesetzten Seite der unteren Glieder die motorische Energie (das Jin) bewegt; die vom Boden refelktierte Bewegungskraft des unteren Gliedes erzeugt diagonal die Bewegung des oberen Gliedes.
...
Jede Ausdehnungslinie der motorischen Energie ('motorisches Kraftpotenzial' trifft hier auch gut!) führt dabei durch das Schwerkraftzentrum des Körpers und kann seine Wirkung vom gewicht des gesamten Körpers her entwickeln."

S.196
"Das Taijiquan legt großen Wert auf eine Stabilisierung der motorischen Energie (Jin-Kraft). Wer sich stabilisieren kann, wird nicht so leicht von äußerer Kraft bewegt, weg- oder umgestoßen."

S.197
"Die Festigung der motorischen Energie im Taijiquan ist eine Anwendung der Wahrnehmung der motorischen Energie (Jin-Wahrnehmung), um eine äußere Kraft mit der Schwerkraft des eigenen Körpers in Richtung der Erdanziehungskraft abzuleiten.
...
Die Stabilität eines ruhenden menschlichen Körpers ist um ein Vielfaches größer als die grundlegende Stabilität eines gleich schweren, aber unbeweglichen Objekts, das durch Stoßen und Ziehen weniger elastisch bewegt werden kann, sondern versetzt wird. Dies kann man schon als Festigung der motorischen Energie (Jin-Kraft) auffassen."

S.200
"Fortgeschrittene des Taijiquan können das Prinzip der Reibungsenergie jedoch auch dazu benutzen, der Reibungskraft des Gegners in diesem Augenblick auszuweichen, um die wurzelnde motorische Energie (Jin-Kraft-Wurzeln) der gegnerischen Beine und Füße 'auszugraben', ihn also zu 'entwurzeln'."

S.202
"Das Taijiquan trainiert Glieder und Körper zu einer aus extremer Weichheit extreme Härte entwickelnde motorische Energie (Jin-Kraft), was lediglich eine Anwendung der Mechanik des in sich verbundenen Knochensystems bedeutet."

S.222
"Im Taijiquan gibt es eine Art 'ermunternder' motorischer Energie (Jin-Kraft). Wenn jemand z.B. mit seiner motorischen Energie die Ruhehaltung seines Gegners kontrolliert oder mit motorischer Energie auf dessen Zentrum drückt, ist die ermunternde motorische Energie äußerst wirkungsvoll. Sie kann das Zentrum des ruhenden Gegners zur Bewegung verleiten..."

S.226
"Die vereinten motorischen Energien (Jin-Kräfte) zweier Gegner sind also weder unterstützend noch widerstrebend , sondern einander angepasst. Während der Verschmelzung der motorischen Energien (Jin-Kraft-Verschmelzung) ist es am wichtigsten, dass das eigene Zentrum weder gezogen noch gestoßen wird, wie sich die gegnerische motorische Energie (das gegnerische Jin) auch ändern mag."

S.227
"In den 'mentalen Erklärungen' heißt es: 'Die motorische Energie (Jin-Kraft) wird wie in einem Bogen gespeichert und ausgestoßen, wie ein Pfeil die Sehne verlässt. In der Beugung sucht man das Gerade. zuerst wird motorische Energie (Jin) gespeichert, dann ausgestoßen... Aufnehmen ist auch Kraft-Austeilen; ist die motorische Energie (Jin) gebrochen, kann sie (es) wieder verbunden werden.
...
Motorische Energie (Jin) speichert man in der Bewegung, so dass sie (es) reichlich vorhanden ist."

Ich kann also nicht ansatzweise erkennen, was an der Wahl der allgemeinen Übersetzung "motorische Energie" unangemessen sein soll.

Klaus
03-03-2010, 16:24
Was ist denn in der Physik ein "Kraftpotenzial" ?

nagual
03-03-2010, 16:31
Was ist denn in der Physik ein "Kraftpotenzial" ?

Ich schlage "motorisches Kraftpotenzial" als Alternative für "motorische Energie" vor, weil ich mich auf den abstrakten Sinngehalt beziehe und die Anwendung der Lehre der westlichen Physik nicht zu streng betreiben will.
Es reicht IMO aber, dass der Autor Song die Beziehung zu Vorstellungen aus der westlichen Physik so eng gegeben sieht, dass er "jin" als "Energie" in die Formel "Energie gleich Kraft mal Weg" einzusetzen wagt. Sein abstraktes Verständnis wird dadurch eindeutig erkennbar! Das ist der Punkt!!!

Mir reicht die abstrakte Vorstellung einer umfassenden (motorischen) Energie, und finde die Anwendung im Sinne der westlichen Physik übertrieben.
Man darf das nicht zu wörtlich nehmen.

Der chin. Text eckt an verschiedenen Stellen an, wenn man ihn zu streng an den Erkenntnissen der westl. Wissenschaft misst. Biologen und Anatomie-Experten werden sicherlich die ein oder andere Ungenauigkeit bei der Beschreibung von muskulären Vorgängen erkennen können.

T. Stoeppler
03-03-2010, 17:38
Nagual - mal Butter bei die Fische - bevor Du irgendwelche Vorschläge der Übersetzung verwendest und daraus Schlussfolgerungen ziehst:

Du kennst weder das Originalmanuskript noch noch Meister Song´s persönliche Erklärungen dazu.

Ich schreibe das jetzt mal so, weil der Hermann wahrscheinlich in seine Tastatur beisst, wenn der Deinen Post lesen muss.

Vielleicht bist Du da n bischen übers Ziel hinausgeschossen.

Gruss, Thomas

shin101
03-03-2010, 18:44
Ich sehs unnütz über den Begriff zu diskutieren oder was er beinhalten könnte. Nicht soviel drüber reden lieber trainieren. Dann erschließt sich das von selbst. So einen Begriff braucht man nicht, für mich ist das eher eine bildliche Hilfe. Ich sehe Chinesische Beschreibungen sehr bildlich, mehr auf das Herz, Intuition und Gefühl ausgerichtet, als auf rationale Logik. Also nicht" bitte bewegen sich Muskel dingsbums in einem Winkel von lala mit so und soviel Kinetischer Energie um blablabla", sondern halt der "Tiger reißt den Hasen" Erschließt sich sicherlich nicht die genaue exakte was auch immer. Aber man kanns sich vorstellen und so begreifen. Wer dann genau Wissen will welcher Muskel sich da und da bewegt etc, lese doch einfach die entsprechende Literatur dazu. Ich kann keine Magisterarbeit zu meinem Körper liefern im Bezug auf Kung Fu, kann dir aber mehre Methoden erklären und zeigen was man mit dem Körper machen kann und das sich alles aus einem Begriff erschließen kann.Zu sagen eine Bewegung oder Kraftpotential ist das und das, dies ist aus dem und dem etc das sind alles Stücke vom Kuchen, aber nicht der ganze. Ich würd das nicht soviel ausdefinieren. Das Potential des Gung Fu was sich ergeben kann, ist ziehmlich groß, mehr als nur eine Seite im Raum und ein Stockwerk im Haus. Wenn man anfängt alllzuviel festzulegen und seine Erkenntnisse aus dem Training als etwas gewissermaßen absolutes,feststehendes zu definieren kann man andere die darauf Vertrauen hindern , weitere Fortschritte zu machen oder das eigene Niveau zu übersteigen.
Mal davon abgesehen das eine Disskusion über den Begriff Jin, nicht sehr viel Niveau besitzt. Also in sofern das die Thematik sehr oberflächlich an dem ist was darin umfasst werden kann. Anstatt zu diskutieren wie ich ihn nun definiere, wäre es vielleicht besser wenn man Beispiele gibt wie Kraft generiert werden kann und zb im eigenen Training mal schaut, wie ich dieses Niveau überwinden kann wo ich jetzt stehe. Damit meine ich die jetztigen Kenntnisse an die Grenzen zu stoßen zu schauen was sich dahinter verbirgt und in neue Bereiche vorzudringen.
Daraus ergeben sich Erkenntnisse, die mit der Zeit interessanteres hervorbringen als "Gibt es Qi " oder wie findet man sein Qi, wie lernt man es zu lenken und wie auch immer. Ohne dabei eventuelle Praktizierende solcher Techniken angreifen oder beleidigen zu wollen, es ist auch nur ein Zustand, vergleichweise auch nur ein relativ oberflächlicher, ein Stück höher gekommen ist es uninteressant wie ich es lenke, mal davon abgesehen das lenken an sich nicht der Sinn der Sache ist.
Es gibt viel interessantere Thematiken die darauf aufbauen, die man in einem sich immer wieder drehenden Kreisel von gibt es Qi überhaupt usw.. aber nicht ergeben, weil man sich selbst und andere aufhält.
Das heißt man gerät bevor man überhaupt den Anfang überschritten hat, die Grundstufe auf Abwege, gewissermaßen "Off Topic " Das führt dann dazu das andere eben meinen das Gung Fu nur sowas ist. Das so im besten Fall.




Liebe grüße,
Shin

GilesTCC
03-03-2010, 20:09
Bezüglich diesem Thema habe ich mein Pulver schon verschossen und mir wird’s jedenfalls hier zu viel. Helmut Kohl sagte ja, entscheidend ist, was hinten rauskommt und bei einer KK, auch bei Tai Chi Chuan, ist es mitunter entscheidend, was vorne rauskommt – sprich Effektivität. Für mich ist jin schliesslich nur interessant, wenn das Wort/Konzept auf eine effiziente und effektive Trainingsweg hinweist. Für mich tut es das, aber wer ohne das Wort/Konzept zurecht kommt, dann bitte schön...

@ Freier Geist:
Natürlich, wenn ein große, starke Mensch mich direkt in den Magen schlägt, dann werde ich wahrscheinlich umfallen (so toll sind meine absorbierende Kräfte nicht). Mein Beispiel ging um Testsituationen, aber dann auch nicht gefaked – ohne Anlauf oder Ausholen, aber dann mit so viel Karacho wie man kann. Und auch die Wirkung von einem kräftigen Schubs (push, shove) deutet klar darauf hin, was für Kräfte/Wirkung jemand auf (sehr) kurzen Abständen entwickeln kann – und diese Kraft kann dann genauso Schläge oder andere Techniken befeuern.

Und schliesslich stimme ich Shin101 zu, wenn er sagt, daß "Herz, Intuition und Gefühl" die besseren Leitfäden sind. Das Kognitive hat seinen Platz, aber soll beim Training nicht immer der Chef sein ;)

Auf Wiedersehen in anderen Threads,

Giles

nagual
03-03-2010, 20:36
Nagual - mal Butter bei die Fische - bevor Du irgendwelche Vorschläge der Übersetzung verwendest und daraus Schlussfolgerungen ziehst:

Du kennst weder das Originalmanuskript noch noch Meister Song´s persönliche Erklärungen dazu.

Ich schreibe das jetzt mal so, weil der Hermann wahrscheinlich in seine Tastatur beisst, wenn der Deinen Post lesen muss.

Vielleicht bist Du da n bischen übers Ziel hinausgeschossen.

Gruss, Thomas

Der Witz ist doch, dass hier meine Übersetzung, die eine echte Übersetzung ist, gegen etwas antreten muss, was nämlich leider KEINE Übersetzung ist.

Hermann hat "jin" als "Jin-Kraft" oder nur als "Jin" "übersetzt", und die Ergänzung "-Kraft" macht die Sache ja nicht besser, oder gibt einem irgendwelche Sinninhalte für ein echtes Verständnis in die Hand.

Ich meine, man könnte z.B. auch irgendeinen englischen Text nehmen, in dem z.B. das Wort "Energy" oder "Power" vorkommt, und dann kommt ein Übersetzer und übersetzt "Energy" oder "Power" nicht mit "Energie" oder "Kraft/Macht" sondern mit "Energy-Kraft" oder "Power-Kraft", begründet z.B. damit, dass die Bedeutung von "Power" ja nicht exakt mit der von "Kraft" oder "Macht" übereinstimmt.

ÜBERSETZUNG bedeutet aber nun mal, dass der Übersetzer versucht, das bestmögliche Wort aus der Zielsprache zu finden, und nicht, durch die Erfindung von Scheinfachbegriffe sich vor der Wahl des besten oder am wenigsten schlechten Übersetzungsbegriff zu drücken.

Die Wahl des Begriffs "Jin-Kraft" ist in diesem Sinne keine Übersetzung, die sich alleine dadurch rechtfertigt, dass dieser missverständliche Scheinfachbegriff eine gewisse Etablierung in der westlichen IMA-Kultur gefunden hat (bedauerlicherweise).

Wem mein Vorschlag einer ECHTEN Übersetzung nicht gefällt, sollte IMO einen besseren machen, und nicht "Power" mit "Power-Kraft" schein-übersetzen, um sich vor dem übersetzerischen Problem zu drücken.

Falls Hermann einen besseren Vorschlag hat als meinen, bin ich gerne bereit, das anzuerkennen.
Weiterhin braucht es konkretere Argumente, um meinen sehr offensichtlich sehr gut passenden Vorschlag als unpassend zu kritisieren. Die "Argumente", dass sich "Jin-Kraft" nunmal etabliert hätte, alle möglichen "Autoritäten" von "Jin-Kraft" reden und die Chinesen ja auch "Jin" sagen, sind nämlich keine (Argumente)!!!

Ich finde es echt einen Witz, wie beharrlich viele Teilnehmer hier sich stumpf an die angenommene Meinung von Autoritäten halten, anstatt einfach mal meine Argumente nachzuvollziehen.

Ehrlich gesagt, glaube ich auch nicht, dass Hermann gegen meinen Vorschlag "motorische Energie" als ECHTEN Übersetzungsvorschlag überhaupt bedeutende Argumente wird einbringen können.

Sicherlich wird es gewisse Argumente geben, dass sich die Nutzung der Begriffe "jin" und "motorischer Energie" in anderen Kontexten möglicherweise deutlicher unterscheidet als die extrem gute Passung im vorliegenden Kontext. Man wird sicherlich Bereiche finden, in denen man in unserem Sprachkulturbereich Dinge finden kann, die man als "motorische Energie" bezeichnen kann, für die der chin. Begriff "Jin" jedoch unpassend ist.

Das ist aber i.d.R. bei Übersetzungen unvermeidbar, und im vorliegenden Text kann ich bislang keinerlei Aspekte finden, das die abstrakte Kernbedeutung von beiden Begriffen nicht extrem nahe beieinander liegt.
So nahe, wie sich das ein Übersetzer eigentlich nur wünschen kann.

rudongshe
03-03-2010, 23:53
S.202
"Das Taijiquan trainiert Glieder und Körper zu einer aus extremer Weichheit extreme Härte entwickelnde motorische Energie (Jin-Kraft), was lediglich eine Anwendung der Mechanik des in sich verbundenen Knochensystems bedeutet."


Ehrlich gesagt, glaube ich auch nicht, dass Hermann gegen meinen Vorschlag "motorische Energie" als ECHTEN Übersetzungsvorschlag überhaupt bedeutende Argumente wird einbringen können.



Ich weiß nicht, das deckt sich irgendwie nicht so ganz mit meiner Erfahrung aus dem Taijiquan.

taiwandeutscher
04-03-2010, 03:01
Gerade hatten wir hier ein 6,4 Richterskala-Erdbeben, wow, das Jin der Erde!

Nagual, ich habe meine Meinung, mein Verständnis bereits aufgezeigt, reicht das noch immer nicht? Wo drückt es denn?

Deine Verballhornung der Song'schen Texte musst Du selbst verantworten. Wie Thomas sagt, kanntest Du weder ihn noch seine mir beim Übersetzen gegebenen Zusatzerklärungen. Du liegst einfach weiter voll daneben!

Deine Posts kann ich nicht mehr ernstnehmen, wenn Du als "Wissenschafter" so wenig Ahnung von den unterschiedlichen Sprachsystemen Englisch-Deutsch-Chinesisch hast. Du redest vom Übersetzen und bist meiner Meinung nach völlig ahnungslos. Immerhin ist genau dieser Bereich mein professioneller und mein privater Arbeitsbereich seit vielen, vielen Jahren, mit sehr viel praktischer Erfahrung, auf theoretischer Ausbildung aus West und Ost basierend.

Sch..., schon wieder Nachbeben....

Diskutieren will ich nicht, weil Du kein einziges vernünftiges Argument nennen kannst, dass die Lehren meiner Meister (ich habe immerhin schon mit 7 länger zusammen gearbeitet), meine 27 Jahre KK-Erfahrung und daraus gewonnene Erkenntnisse zur Kin-Kraft auch nur ins Wanken bringen könnten.

Ja, ich bin konservativ progressiv, halt an den für mich wichtigen Wahrheiten der Alten fest, wobei sich mein Verständnis in all den Jahren fast täglich verändert.

Trotzdem bleiben Li und Jin für mich klar getrennt, auch wenn letzteres auf ersterem basiert.

"Motorische Energie oder Kraftpotential" entsprechen meinem Verständins in keinster Weise, also lehne ich sie ab.

Aber mach nur, ich brauche Dich nicht zu überzeugen ....

Danke und viel Spaß beim Jin-Kraft-Training.

T. Stoeppler
04-03-2010, 07:40
Ich denke, jeder hat seine Meinung hier klar dargelegt, daher kann der Thread geschlossen werden.

Wie immer - wenn jemand noch etwas wirklich sinnvolles beisteuern kann, bitte PN an mich oder die Kollegen.

*Closed*

Gruss, Thomas