Vollständige Version anzeigen : Frage zu europ. Damast und jap. Stahl
stagediver
25-03-2010, 14:48
Hallo alle zusammen!
Landläufig ist man ja der Meinung, dass japanische Schwerter grundsätzlich von besserer Qualität seien, als es die europäischen waren.
Aber ist es nicht so, dass die Qualität in Europa stark variierte, während sie in Japan deshalb auf konstant hohem Niveau war, weil es nur den Samurai gestattet war, die Schwerter zu tragen und es quasi eine Frage der Ehre war, ein hochwertiges Schwert zu führen?
Gab es in Europa vergleichbar hochwertige Schmiedekunst?
Und - wie ich finde besonders interessant: was ist mit dem legendären Damaszenerstahl? Wie verhält es sich mit diesen Klingen im Vergleich zu anderen hochwertigen (auch japanischen) Schwertern?
Ich hoffe auf Antworten und bin gespannt auf die Posts! :)
Gruß
sd
1. Japanische Schwerter waren nicht so hochwertig bzw. hochwertiger als die europäischen. Wurden aber auch anders verwendet, dann kommt noch die Zeit, Ort u.s.w. dazu.
2. „Damaszenerstahl“ ist kein Wunderstahl, sondern einfach eine Art wie man zwei oder mehrere Ausgangsstoffe (in unserem Fall Eisen) zusammen verbindet. Kommt nicht unbedingt aus Damast, hat aber aus verschiedenen Gründen diesen Namen bekommen.
Nimm ein stück Sch..ße und dazu noch ein anderes Stück Sch..ße, verbinde es zusammen, tauche in ein Säurebad und du bekommst „Damast“. Aber trotz dem bleibt es Sch..ße.
Das Thema was du hier ansprichst ist sehr kompliziert und nicht leicht zu beantworten. In so manchen wichtigen Sachen haben auch die informierten und erfahrne Leute immer noch verschiedene Meinungen. So gibt dir leider kein Post genug Info und Übersicht auf diesem Gebiet.
mfg
T. Stoeppler
25-03-2010, 22:17
Eigentlich ists ganz einfach zu beantworten:
Die "landläufige Meinung" ist mediengehypter Käse.
"Damast" (in diesem Falle das Verschweissen/Falten von Stahl) hat man nur benutzt, um die Qualität von minderwertigem Stahl aufzuwerten, WEIL man eben keine hochwertigen Monostähle wie heute hatte.
Das war in Japan und in Europa gleichermassen der Fall, wobei hierzulande einfach deutlich mehr Eisenerz zu finden war als in Japan. Die Stahlverhüttung fing hier auch viel früher an, daher brauchte man irgendwann auch nicht mehr so viel Damast zu verwenden.
Das mit dem "tausendfach gefaltet" wurde in Europa genauso gemacht wie in Japan, schlicht und ergreifend deshalb, weil der Stahl sonst nichts taugte.
Ein Schmied faltet seinen Stahl einfach solange, bis er meint, die Qualität ist gut.
Ansonsten gab es halt überall Gurken und Kunstwerke der Klingenherstellung. In Japan war auch nicht jedes Samuraischwert "toll" und nur die richtig Guten wurden aufbewahrt.
Massenproduktion gabs auch immer. Wenn Krieg ist, muss man eben schnell ein paar Klingen nachkloppen.
Es gibt genauso reichlich hervorragende, kunstvoll gearbeitete und hochwertige europäische Schwerter. Wer sich mal in einem Klingenmuseum umsieht, findet grossartige Waffen dort, und wer dann immer noch meint, die japanischen Schwerter seinen generell besser, dem ist nicht mehr zu helfen.
Gruss, Thomas
Der legendäre Damaszenerstahl war kein Schweissverbund, sondern wurde durch bestimmte wiederholte Koch- und Hämmervorgänge erzeugt. Eigentlich ist das ein hervorragender Monostahl mit einer bestimmten physikalischen Struktur, durch das Erkalten unter bestimmten Bedingungen (es ergibt sich eine Art Tannenbaum aus Martensit und Zementit). Gab es später in Indien nicht mehr, weil der notwendige Rohwerkstoff (Eisenerz mit bestimmten Einschlüssen wie Vanadium) einfach erschöpft war. Mit dem Eisenerz aus anderen Lagerstätten funktionierte das alte Verfahren nicht mehr.
Kann man heute wiederbeleben, ist aber so aufwändig, dass das nur archäologische Schmieden für viel Geld machen würden.
itto_ryu
26-03-2010, 07:44
Weil es schon gesagt wurde, nochmal kurz: Weder jap. noch europ. sind hoch- oder minderwertiger, als ihr Pendant. Es gab und gibt in beiden Regionen sowohl sehr hochwertige Klingen, als auch billige Massenproduktion. Das Gerücht jap. Klingen seien immer hochwertig gewesen, ist schlicht falsch. Nicht erst im 2. Weltkrieg gab es dort Massenproduktionen auf billigerem Niveau.
Der legendäre Damaszenerstahl war ein Schweißverbund.
Erhitzen, Zusammenlegen, Draufschlagen – das war die frühere Schweißmethode.
Faltet man das Eisenstück mehrmals, verdreht es, faltet noch mehrmals – ergibt sich ein Damaszenerstahl mit faseriger Oberfläche.
Beispiele:
http://www.videosystem.ru/img/goods/14445.jpg
http://www.gold-legion.ru/cms_foto/2643.jpg
http://onemansblog.com/wp-content/uploads/2006/12/damascus2.jpg
http://megatovar.ru/images/n1_mikropora.jpg
http://s44.radikal.ru/i105/0912/42/0823262690e0.jpg
Bringt man die Ausgangsmaterialien zum kochen (also in ihre flüssige Form) und lässt man sie dann unter bestimmten Bedingungen abkühlen – bekommt man Bulat. Dieser kommt tatsächlich aus Indien. Unterschied zum Damast – eine kernige bzw. „verflossene“ Oberfläche.
Beispiele:
http://www.bladesmagic.spb.ru/images/termin/bulat_ugl.jpg
http://klinok-blade.ru/img/img296.jpg
http://klinok-blade.ru/img/img294.jpg
http://www.arhangelskie.com/stat_img/stat_2/pchak-uzor.jpg
http://www.kuznec.com/o_bulat_k1/b/image009.jpg
http://pulad.ru/wp-content/gallery/perlitok_10_2009/perlitok2.jpg - Endprodukt nach dem „kochen“.
Der Begriff „Bulat“ ist in Westeuropa fast unbekannt, da hier eher der gefaltete Damaszenerstahl (der teilweise wirklich aus Damast stamm) wesentlich bekannter war.
In Osteuropa ist der Begriff „Bulat“ noch bekannt, wird aber auch langsam durch „Damast“ verdrängt.
Mir sind auch die Bezeichnungen „gekochter“ und „gefalteter“ Damaszenerstahl bekannt. Aber kaum jemand kennt da die Unterschiede bzw. hat Interesse diese zu erhalten.
Ist auch klar, denn „Damaszenerstahl“ ist allgemein bekannt und wird von allen Seiten mit vielen Legenden und Märchen gefuttert. So verkauft es sich halt besser und teurer.
Walter Neubauer
26-03-2010, 09:57
Hallo,
es gibt auch in Deutschland Messermacher die Bulat oder andere Bezeichnung Wootz herstellen und verarbeiten.
wenn ihr bei Google Wootz, Tiegelgußstahl,Schweißverbundstahl und Raffinierstahl eingebt wedet ihr mit Infos erschlagen.
Schöne Grüße
und viel Vergnügen
Walter
Stimt, sie bezeichnung Wootz habe ich ganz vergessen...
Danke!
Zur Nomenklatur:
Damaszenerstahl = "Stahl aus Damascus" = Indischer Wootz
Damast = europäischer / asiatischer Schweissverbundstahl aus mehreren Sorten Stählen, gefaltet, ggf. tordiert und verschweisst zur Muster- und Lagenbildung
Indischer echter Damaszenerstahl war nicht aus verschiedenen Stahlsorten verschweisst, jedenfalls nach dem was ich bisher gelesen habe. Ich kenne das Verfahren, und könnte sowas auch herstellen lassen, lohnt sich aber bei den Kosten nur für Sammler mit entsprechend Geld. Chinesischer Wootz hatte je nach Qualität 50-100 Kochvorgänge, zumindest dem Namen nach.
T. Stoeppler
26-03-2010, 10:45
Soviel Arbeit muss man sich heute natürlich nicht mehr machen - moderne Hochleistungsstähle sind jeder noch so meisterlich geschmiedeten Klinge überlegen.
Wer sich heute ein "unzerstörbares" Schwert fertigen lassen möchte, kauft sich als Ausgangsmaterial ein Stück Rheinmetall-Kanonenrohr, bzw den Stahl dafür.
Gruss, Thomas
Onkel_Escobar
26-03-2010, 10:47
Interessantes Thema.
Kann ich also davon ausgehen, dass Bulatklingen qualitativ hochwertiger sind als die allgemein angepriesenen Damaszenerklingen?
Onkel_Escobar
26-03-2010, 10:49
Soviel Arbeit muss man sich heute natürlich nicht mehr machen - moderne Hochleistungsstähle sind jeder noch so meisterlich geschmiedeten Klinge überlegen.
Wer sich heute ein "unzerstörbares" Schwert fertigen lassen möchte, kauft sich als Ausgangsmaterial ein Stück Rheinmetall-Kanonenrohr, bzw den Stahl dafür.
Gruss, Thomas
D.h. industriell gefertigte Klingen sind heutzutage besser als handgeschmiedete?
T. Stoeppler
26-03-2010, 10:58
D.h. industriell gefertigte Klingen sind heutzutage besser als handgeschmiedete?
Naja, der Stahl ist auf jedenfall besser, das klingt für den Traditionalisten zwar hart ist aber so. Die Fertigung selbst ist ne andere Sache, man kann auch den besten Stahl beim Ausschmieden und Härten vergurken. Wenn man komplexere Klingenkonstruktionen wie Twistcore oder Sanmei arbeiten möchte, wird es noch schwieriger.
Allerdings hat jemand aus dem Swordforum einfach auf diesen ganzen Kram gepfiffen und sich aus einem Stück Bulldozerschaufel (also das untere Stück, was super hart und zäh ist) mit einer Schleifmaschiene ein Schwert draus gemacht (es hat wohl ziemlich lang gedauert). Das war von der Härte bei ca 70 Rockwell und absolut bruchsicher. Also besser gehts kaum :)
Was Bulat/Wootz bzw den berühmten Stahl aus Indien angeht - der ist von den historischen Stählen der hochwertigste.
Heutzutage macht man Damast eher der Optik wegen.
Bekannt ist z.B. die Schmiede Balbach, die Messer aus Leo2-Kanonenrohrstahl mit einer künstlichen Damaszierung versehen.
Der Feld Wald und Wiesen Schmied benutzt hierzulande Kettensägendamast, der wird auch sehr schön und Kettensägenglieder haben auch 1a Stahlqualität.
Gruss, Thomas
Onkel_Escobar
26-03-2010, 11:09
Naja, der Stahl ist auf jedenfall besser, das klingt für den Traditionalisten zwar hart ist aber so. Die Fertigung selbst ist ne andere Sache, man kann auch den besten Stahl beim Ausschmieden und Härten vergurken. Wenn man komplexere Klingenkonstruktionen wie Twistcore oder Sanmei arbeiten möchte, wird es noch schwieriger.
Allerdings hat jemand aus dem Swordforum einfach auf diesen ganzen Kram gepfiffen und sich aus einem Stück Bulldozerschaufel (also das untere Stück, was super hart und zäh ist) mit einer Schleifmaschiene ein Schwert draus gemacht (es hat wohl ziemlich lang gedauert). Das war von der Härte bei ca 70 Rockwell und absolut bruchsicher. Also besser gehts kaum :)
Was Bulat/Wootz bzw den berühmten Stahl aus Indien angeht - der ist von den historischen Stählen der hochwertigste.
Heutzutage macht man Damast eher der Optik wegen.
Bekannt ist z.B. die Schmiede Balbach, die Messer aus Leo2-Kanonenrohrstahl mit einer künstlichen Damaszierung versehen.
Der Feld Wald und Wiesen Schmied benutzt hierzulande Kettensägendamast, der wird auch sehr schön und Kettensägenglieder haben auch 1a Stahlqualität.
Gruss, Thomas
Wow, danke für die Aufklärung.
Die Bulldozerschaufel ist ja geil. :D Ist wieder mal sehr schön zu merken, dass ich auf dem Gebiet 0 Ahnung habe, scheint aber interessant und sehr tiefgehend zu sein.
<Kann ich also davon ausgehen, dass Bulatklingen qualitativ hochwertiger sind als die allgemein angepriesenen Damaszenerklingen?>
Nein. Entscheidend sind immer noch die Ausgangsmaterialen und Verwendungszweck
so wie auch Verwendungsort.
<D.h. industriell gefertigte Klingen sind heutzutage besser als handgeschmiedete?>
Nein.
Moderne Stahlsorten sind besser als früher.
Damast, Damaszenerstahl, Wootz u.s.w. – das waren alles Methoden/Versuche das Ausgangsmaterial hochwertiger zu machen. Moderne Methoden sind wesentlich besser.
Also geht es um den Rohstoff bzw. Ausgangsmaterial/Rohling für das Schwert. Ob die Waffe dann später handgeschmiedet oder maschinell hergestellt wird – das ist uninteressant.
Wobei die handgemachten Waffen sind meiner Meinung nach einfach schöner, wenn der Schmied beherrscht seine Kunst. Aber auch da kann man ein wenig mogeln.
T. Stoeppler
26-03-2010, 11:18
Wow, danke für die Aufklärung.
Gern geschehen - dafür sind wir Schwertschwinger in diesem Forum ja auch da...
Gruss, Thomas
Industriell geschmiedete Schwerter gibt es meiner Meinung nach nicht, das sind alles (bestenfalls) mit mechanischem Hammer geschmiedete Klingen mit den entsprechenden Ungenauigkeiten. Die so hoch gepriesenen neuen Hanwei-Schwerter sind z.B. in der Realität und der Endfertigung mal wieder in der bekannten Chinaqualität aufgefallen, weil eben nicht mit dem Industrieautomaten auf 100tel genau gehämmert. Sondern von Hand nach Auge.
Das Problem bei den Stählen ist, dass man die Hochleistungsstähle z.B. für Fahrwerksteile in Automobilen nur in grossen Mengen kaufen kann. Für ein paar Schwerter 5-15 Tonnen kaufen zu müssen, ist ein ziemliches Risiko, deshalb gibt es die Chinawaffen auch immer nur in den schönen Allerweltsstählen.
Für reine Fechttrainingswaffen lohnt es sich auch kaum, viel Geld für komplizierte Aufbauten auszugeben. Da spart man vielleicht ein bischen Vibration, aber bei ordentlichem Härten reicht die Qualität guter Mono-Federstähle völlig aus. Wenn man ein Schwert wirklich benutzen will um regelmässig stärkere Schnitttests zu machen bzw. das trainieren will, lohnt es sich schon eher. Darum arbeite ich gerade auch an preiswerten (zumutbaren) Verbundaufbauten aus mehreren Monostählen höherer Qualität, als man das aus China bekommt. Fast alle grossen Internet-"Hersteller" lassen übrigens bei Hanwei bzw. Zhangda fertigen, da kommt nichts aus Amerika oder Europa nur weil der Name das nahe legt.
Walter Neubauer
26-03-2010, 11:52
Hallo Thomas,
Bulldozerschaufel u. Baggerzähne sind aus Hardox o.Ä. eine sehr zähe und abriebfeste Legierung.
70HRCsind aber utopisch evtl.58-60 HRc 70 ist für Stahl Grenzwertig da Glashart u. brüchig. (wenn man es erreichen sollte, so aus dem Stehgreif sind bis 67 HRC drin).
Für Schaukampfschwerter ok für scharfe Klingen nix.
Balbach nimmt den Leo Stahl und verschweißt ihn mit einem höher kohlenstofhaltigen Stahl ( der Geschützrohrstahl ist besonders zäh u. rein erschmolzen was auch verständlich ist wegen der Belastungen die er aushalten muß) ohne den anderen Stahl als Komponente gäbe das keine vernünftige Schneide.
Ein Tip:
www.messerforum .de da findet ihr geballtes Fachwissen;)
Schönes WE
Walter
Walter Neubauer
26-03-2010, 11:55
Hallo Klaus,
für feine Schneiden bei guter zähigkeit geht nix über einen Kohlenstoffstahl (z.B.) CK 75
T. Stoeppler
26-03-2010, 12:01
Hallo Walter,
Mir erschien das auch ziemlich hoch, aber ich hatte das gelesen und den Angaben mal geglaubt. Ich habe schon mehrfach gehört, dass jemand ein L6 Stahlschwert auf 65 gebracht hat, und damit auch Testcutting geübt hat.
Ich denke aber auch, dass handelsübliche Stahltestgeräte ab einer gewissen Härte nicht mehr ganz so eindeutig abzulesen sind.
Gruss, Thomas
Apropos Balbach, im Klingenmuseum in Solingen findet man die von ihm wunderschön rekonstruierte Klinge aus dem Sutton Hoo Grab und noch viele andere interessante Schwerter. Wenn man schon mal dabei ist kann man auch gleich am Tag der Messermachermesse dorthin fahren und sich ein paar Schnitttests mit europäischen Schwertern durchgeführt von ars gladii ansehen.
Wer sich für Schwerter interessiert und noch nie im Klingenmuseum war sollte es mal in Erwägung ziehen ;)
stagediver
27-03-2010, 06:34
Bulldozerschaufel?
Verstehe ich das also richtig, dass sich im Grunde jeder, der ein vernünftiges Stück Stahl in die Finger kriegt, sich daraus einfach ein Schwert schleifen kann?
Das finde ich jetzt irgendwie... ernüchternd...
Was soll daran komisch sein ? "Das Geheimnis des Stahls" ist a) die Herstellung geeigneter Rohstähle, und b) das Härten und Anlassen bzw. die weitere Vergütung. In eine Form schleifen wird ein handwerklich begabter ja gerade noch hinbekommen, nur nicht so schnell wie ein Profi.
Wenn man also a) und b) schon vorgefertigt bekommt, muss man halt nur noch die Arbeit investieren das in eine Form zu bekommen. Dafür muss man dann aber schon wissen, welches Gewicht und welche Balance die Klinge haben muss. DARAN scheitern auch diverse "Profis", die Waffen mit dem doppelten Gewicht, und völlig indiskutabler Balance machen, weil's einfacher war, oder weil es sie buchstäblich überhaupt nicht interessiert.
Allerdings, versuch mal ne Baggerschaufel zu kaufen. Die gibt es sicher nicht im Supermarkt für 50 Pfennig.
T. Stoeppler
27-03-2010, 09:06
Es gibt genügend Hersteller, die Schwerter aus einem Stück Rohstahl lasern bzw schleifen. (Angus Trim, Albion, Hanwei.. und natürlich noch Walters exzellente Alu-Übungsswaffen)
Dann muss nur noch die Härte stimmen und natürlich der Rest vom Schwert, Stärkenverlauf, Gewichtung Gehilz etc.
Mir persönlich ist geschmiedet immer noch lieber - ich habe selbst ein Damast-Langschwert, das wird auch täglich zum (solo) Training eingesetzt.
Gruss, Thomas
Hamurra-e
27-03-2010, 12:02
Boo ey
als ich diesen fred angefangen hab zu lesen hab ich erst gedacht ich kriege das blanke Kotzen, Gott sei dank hab ich dann ab der Mitte gemerkt dass er schon älter ist. (ja ich weis ich bin langsam)
Zum ende dann viel mir ein Berg vom Herzen und ein Gebirgsmassiv rollte von meiner Brust. Danke Garin, danke Walter und Klaus!
Das Thema Schwerter und deren Herstellung wird seit Jahren zerkaut und unverdaut ausgespuckt, nur die wenigsten die an Blankwaffen interessiert sind gehen wirklich in die Tiefe und fischen nach dem nötigen Grundwissen, nämlich den Erz aus dem alles gemacht ist, dem Eisen.
Mittlerweile wissen wir wirklich viel darüber und dennoch bleibt der Mensch Mensch und glaubt nur das was ihn in den Kram passt.
Ja ich gestehe ich habe selbst einmal geglaubt "das Samuraischwert ist unzerbrechlich und wird niemals stumpf"... wie hätte man es auch anders glauben sollen wenn man sein wissen nur aus Film und fernsehen hat oder den zum Teil Katastrophenhaft veralteten Büchern aus der Stadtbibliothek.
Wenn man also zusammen fassen will um was es bei dem Thema Schwert geht dann kann man es im Groben und unausführlichen auf drei Punkte bringen.
1) Material
2) Verarbeitung
3) Form
Zu 1) Schwerter und Schwertartige Waffen wurden aus Stein (Schwertkeule der Inkas), Haifischzähnen (Ozeanien) Kupfer, Messing, Bronze und etz Kommtz Eisen und später Stahl hergestellt.
Diese Materialien waren und sind vollkommen ausreichend gewesen um den Menschen zu verletzen und zu Töten. (wieder gilt dass diese Aufzählung nicht vollständig sein muss)
Zu2) die Vorgenannten Materialien sind schlagend, bindend, klebend, gießend, schleifend, kalt- und warm-hämmernd, verarbeitet worden.
Schon Kupfer wurde durch kalthämmernd wesentlich verbessert in seinen Eigenschaften, auch Bronze, Messing und Eisen nahmen erheblich an Härte und Zähigkeit zu. Komischerweise wurde in vielen Regionen wären der späteren Bronzezeit das Kalthämmern ausgelassen, was dafür spricht dass den Kriegern die "normalen Eigenschaften der Bronze ausreichten".
Warum?
Weil ob wir es wahrhaben wollen oder nicht, das Schwert nie ein Hauptwaffe war, selbst der Samurai und der Ritter, haben immer zuerst mit ihrer längsten Waffe gekämpft, erst wenn alles verloren ging oder gebrochen war oder im Leib eines nach Angstschweiß stinkenden Bauernkriegers stecken geblieben ist wurde zur Handwaffe gegriffen. Dem Schwert, der Axt, dem Streitkolben usw
Dabei sind die Besten/Teuersten Waffen schon immer in den Händen der privilegierten Kriegern, Häuptlingen, Adligen gewesen und der einfache Opfersoldat musste mit dem zurechtkommen was er Hatte oder erbeuten konnte. Die lange Reihe an Bauernwaffen welche überall aus der Welt zu finden sind sprechen eine klare Sprache, an der es nichts zu deuteln gibt.
Wie Hart/Zäh waren diese Waffen nun?
So Hart, dass sie nicht zerbrachen, aber dennoch geschärft werden konnten.
So zäh dass sie nicht verbogen (bei Sachgemäßen gebrauch) und möglichst stabil für ihren Verwendungszweck waren. (hieb/stich, beides, schnitt...)
zu 3)
Material bestimmt Form, Form bestimmt Funktion.
Kupfer Klingen waren im allgemeinen Kurz dick und breit, ausnahmen bestätigen die Regel.
Bronzeschwerter waren schon länger und konnten sogar richtig lang werden, hier denke ich, dass die Mode der Kriegsführung und des Waffenhandwerks großen Einfluss nahm.
Chinesische Schwerter aus dieser zeit zeigten schon eine Mehrschichten Denkweise. Harte Bronze mit ca. 20% Zinn für die Schneide, zähe Bronze mit ca.10-15% für den Klingenkörper.
Eisen!
Lange zeit waren Eisen und Bronze gleichwertige Partner, die Eisenherstellung ist komplizierter als Bronzeherstellung. Beide ließen sich durch kalthämmern in den Rockwellberreich von 40 Hrc plus-Minus bringen. Was schon sehr gut ist!
Nur unsere Heutigen Vorstellungen von "dem Schwert" wollen 70 Rockwell und mehr. Komisch, dass die die Tatsächlich damit um Ihr Leben kämpften, auch damit zurecht kamen. Form bestimmt Funktion?
Stahl :D hehehe
Ja jetzt wird's heiß und das im wahrsten Sinne des Wortes. Kein Stahl ohne Feuer!
Natürlich ist auch in der Eisenzeit nicht auszuschließen dass Stahl zufällig erzeugt wurde, nur wurde das wahrscheinlich nicht wirklich erkannt, auch Stahl wird durch kalthämmern Hart sogar noch härter, aber es wird auch schneller Brüchig (Altert) und je höher der Kohlenstoffgehalt, desto schwerer läst es sich Kalt und Warm verarbeiten.
Viele frühe Schwerter die aus Stahl (Eisen plus Kohlenstoff) hergestellt wurden, hatten sehr niedrigen C-Gehalt unter 0,4% dafür aber erhöhten Phosphor Gehalt, was wieder heute als Verunreinigung gilt, aber damals sehr begehrt war, später besonders für die Musterverschweißten Schwerter. Phosphor Stahl lässt sich besonders gut kalt verfestigen, übrigens in Bronze auch.
In Vielen Kulturen wurden Knochen (Phosphor + Kohlenstoff) gerne auch menschliche Knochen im Schmiedegang eingebaut.
YouTube - Taiwan's last sword-maker - 07 Jan 10 (http://www.youtube.com/watch?v=vmxxOHIQU0s)
Das Geheimnis des Stahls, ja was is es denn nun?
Das Härten!
Oder besser gesagt: der Thermische Vorgang rund um die Verarbeitung des Stahls.
Da unserer Vorfahren nicht wirklich wussten aber verstanden was Eisen zu Stahl macht, oder hart macht, haben sie viele Methoden entwickelt die immer das selbe Ziel hatten. Nämlich den Kohlenstoffgehalt im Stahl zu kontrollieren (wenn noch andere Positive Zusätze drin sind um so besser, daher auch die Geschichten vom besseren Erz usw. Wobei man noch heute Rätselt wie andere Elemente, wenn überhaupt, in den Stahl kommen. Wie kommen Legierungselemente aus den Erzen in den Stahl ? - MesserForum.net (http://www.messerforum.net/showthread.php?t=76093) )
So um das ganze dann doch etwas komplizierter zu machen, es gibt auch andere Methoden um Stahl/Eisen Hart und Zäh zu machen.
Wiederum nicht ohne es Heiß zu machen, man kann nämlich auch Nitrat (Stickstoff, Stickstoff ? Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Stickstoff) ) in den Stahl einbringen, was eine sehr sehr harte Oberfläche ergibt und einen Zähen Kern zurück lässt. Es gibt alte Rezepte aus dem Mittelalter und Früher um das zu tun was heute als Nitrieren bezeichnet wird. Nitrieren ? Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Nitrieren)
Aber jetzt was ganz anderes. Das thermische Härten.
So der Vorgang des Härtens ist eigentlich ganz einfach erklärt: Stahl heiß machen, dann ganz schnell kalt machen…Hart.
Äää nein nicht ganz. Klar gehört da mehr dazu. Aber dass ist ein Thema für sich…
So was ist als der Springende Punkt?
Ein Schwert kann schon aus Kupfer gefertigt werden um seine Zweck zu erfüllen, Menschen Töten. Es kann aber auch aus besten Modernen Stahl hergestellt werden und wird dennoch nichts aber auch gar nichts von selber machen. Egal aus welcher zeit Epoche, egal wer wann wie wo ein Schwert gefertigt hat, egal was sein/ihr Ruf gewesen sein mag, kein Schwert macht irgend etwas ohne die Hand die es führt!
Es ist die Hand und der Geist der die Hand lenkt, der über Sieg oder Niederlage in einem Kampf entscheiden und natürlich auch eine große Portion Glück.
Mahlzeit
Bulldozerschaufel?
Verstehe ich das also richtig, dass sich im Grunde jeder, der ein vernünftiges Stück Stahl in die Finger kriegt, sich daraus einfach ein Schwert schleifen kann?
Das finde ich jetzt irgendwie... ernüchternd...
Ein gutes Schwert besteht nicht nur aus gutem Stahl;)
Balancepunkt passend für den Kämpfer?
(kann man zb mit einer Holkehle manipulieren)
Für welche Einsatzbereiche ist die Waffe geschmiedet.?
Und wie eine Klinge mit der Belastung klarkommt hängt nicht nur Vom Material ab, sondern auch wie gehärtet wurde.
zB die Differentialhärtung vieler Katanas
und viele andere Kniffe
Das Schwert muss auch passend für den Kämpfer sein usw...
Ich würde ein gutes Eisenschwert einer plumpen unhandlichen Hightechstahlkeule(negativ gemeint) vorziehen.
Aber ja einen besseren Knüppel bekommt jeder hin :p
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