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Vollständige Version anzeigen : Lichtenauer und Samurai



dino
25-03-2010, 19:41
Hallo Fechter!

Im Rahmen des Themenschwerpunktes "Japan" auf ARTE wurde u.a auch der
Spielfilm "Tabu" mit Trainingskämpfen aus einer Samuraischule im alten
Japan gezeigt. Gewöhnlich sind choregraphierte Kämpfe in Filmen kein
Massstab für echtes Fechten. In diesem Film wurden aber ein paar
Übungskämpfe mit Bokken gezeigt, die für mich ganz realistisch
aussahen und mir deshalb gut gefielen. Ich bin kein Kendospezialist,
mir sind aber vom Stockfechten/langen Schwert her viele Bewegungen vertraut.
Dieser Film wird heute nacht, 25. 03. 00:50 wiederholt.

Die interessanten Sachen werden gleich zu Anfang (ca. erste halbe
Stunde) gezeigt. Den Rest muss man nicht ansehen. Die Gemeinsamkeiten
mit dem europäischen Fechten nach Lichtenauer (Zweihandschwert) sind
imo gut zu erkennen.

Gruss

dino

itto_ryu
26-03-2010, 07:50
In vielen japanischen Filmen, schon in den 50er/60er Jahren sieht man recht authentischen Schwertkampf. Natürlich nicht immer und natürlich basiert das Gezeigte nur auf echten Vorlagen, bleibt also ergo Schaukampf/Filmfechten. Aber während in Europa und den USA noch Schauspieler in Strumpfhosen mit billigen Stahlprügeln olympisches Hüpffechten zeigten oder wildes Gehaue, haben japanische Filme damals schon eine große Schippe vorgelegt in Sachen Kampf-Choreografie. In einigen Kurosawa-Filmen standen Berater aus z.B. der Katori-Shinto-Ryu zur Verfügung. "Tabu" selbst kenne ich nicht, aber in vielen älteren und neueren Filmen zum Thema kann man sehr gut viele realistische und auf Hintergründen basierende Techniken sehen, wenn nicht wirklich aus einer koryu, dann aber zumindest gut entlehnt oder wenigstens gut adaptiertes Kendo und Iaido.

Inwiefern das nun mit Gemeinsamkeiten europ. und jap. Fechtkunst zu tun hat, da frage ich mal nach, worauf du genau hinaus möchtest? Ähnlichkeiten zwischen langem Schwert und koryu-kenjutsu gibt es durchaus, ähnliche Voraussetzungen, ähnliche Umstände, halbwegs ähnliche Waffen, kein Wunder kommen da Ähnlichkeiten zu Stande. Die Sache mit den zwei Armen und Beinen, das sieht man ja auch deutlich, wenn man Ringkunst und jiujitsu bzw. Ringen in Rüstung und yoroi-kumiuchi vergleicht.

dino
26-03-2010, 11:42
Hallo itto_ryu!


Inwiefern das nun mit Gemeinsamkeiten europ. und jap. Fechtkunst zu tun hat, da frage ich mal nach, worauf du genau hinaus möchtest? Ähnlichkeiten zwischen langem Schwert und koryu-kenjutsu gibt es durchaus, ähnliche Voraussetzungen, ähnliche Umstände, halbwegs ähnliche Waffen, kein Wunder kommen da Ähnlichkeiten zu Stande.

Die Ähnlichkeiten basieren imo zunächst einmal darauf, dass das Katana (zumindest überwiegend) mit 2 Händen geführt, wie das lange Schwert auch.
Daraus ergeben sich auf Grund der Biomechanik dann, wie Du gesagt hast, automatisch bestimmte Bewegungen. Etwas konkreter, sehe ich folgende Gemeinsamkeiten (vielleicht sieht ja jemand anderes noch andere):
Einige Grundstellungen (Huten) sind doch fast identisch, wie z.B. Vom Tag, von der Schulter, langer Ort. Insbesondere die ständige Orientierung des Orts auf den Gegner (Gesicht/Brust) ist zumindest in dem o.g. Filmausschnitt sehr schön zu sehen. Auch Positionen wie Ochs und Pflug sind praktisch identisch.
Bei der Beinarbeit habe ich den Eindruck, sie weicht teilweise, von der dt. Schule zumindest, ab. Das Wegschlagen der gegnerischen Waffe wird sehr kraftvoll ausgeführt, eigentlich so wie ich es vom Stock her kenne. Ob das im jap. Schwertkampf nur mit dem Bokkken oder auch mit der Metallklinge so gemacht wird, weiss ich nicht. Bei Lichtenauer ist es meines Wissens nicht so wuchtig. Das sind so die Dinge, die mir als erstes aufgefallen sind.

Gruss

dino

Alte Kampfkunst
26-03-2010, 14:01
Hallo Dino!

Die von dir hier angeführten Ähnlichkeiten sind allerdings ziemliche Allgemeinplätze für bewaffnete Kampfsysteme, oder nicht?

Generell gibt es 4 taktische Ziele die man mit einer Stellung verfolgen. Manche Stellung können dabei durchaus mehr als eine dieser Funktionen ausfüllen.

1. Androhung eines Angriffs: Man stellt sich so hin, dass man aus dieser Stellung unmittelbar (d.h. ohne weitere Vorbereitung) angreifen kann. Dazu muss entweder die Schneide (zum Hieb) oder die Spitze (zum Stich) auf den Gegner ausgerichtet sein. Ist das nicht der Fall muss erst noch die Vorbereitung stattfinden, was Zeit kostet, und somit dem Gegner mehr Zeit zur Abwehr bzw. zum Konter gibt. In der Liechtenauer Tradition sind das Vom Tag, Ochs und Pflug.

2. Androhung von 'Bestrafung' für den Fall das der Gegner angreift. Zumindest macht man den Angriff des Gegners für diesen Riskant. Mit etwas mehr Erfahrung konntert man so, dass man gleichzeitig abwehrt und angreift.
(Vom Tag, Ochs, Pflug)

3. Auf Abstand halten des Gegners durch Bedrohung: Ausstrecken von Armen und Waffe. Das ist eigentlich das gleiche wie Punkt 2, ausser dass man noch die Distanz maximiert. Wie sollte man das machen, ohne die Spitze auf den Gegner zu richten?
(Langer Ort)

4. Einladung zum Angriff auf eine bestimmte Blöße, mit dem Ziel diesen vorhersehbaren Angriff zu Kontern.
(Alber)

Das dürfte nicht nur bei Liechtenauer und Samurai so sein, sondern bei nahezu allen Menschen, die sich mit Blankwaffen bekämpfen von Aborigenes bis Zulu.

Gruß

Stefan

P.S. Hat zufällig jemand den Film bei Arte aufgenommen? Ich würd's mir doch gerne mal anschauen.

T. Stoeppler
26-03-2010, 15:43
Hallo Dino :)

Sowohl was Hiebführung und Beinarbeit betrifft, sind nicht alle japanischen Schulen gleich, genauso wie die Interpretationen des Liechtenauer Systems.

Das liegt eben an dem Spektrum, dass es in beiden Kampfkünsten gibt. Wenn ich mir die verschiedenen Schwertschulen Japans ansehe, und mit Abbildungen aus den europäischen Fechtbüchern vergleiche, kann man permanent Überlappungen finden.

Was die "Wuchtigkeit" der Hiebe anbelangt - das ist eine andere Frage, und das ist auch wieder davon abhängig, welche Schwerpunkte man legt. Ich z.B. schätze einen ordentlichen Hieb auf die gegnerische Klinge. Allerdings muss dafür das Schwert des Gegners je nach Timing und Mensur wirklich auch das beste Ziel sein.

Dann ist auch die Frage, ob man mit Holz oder Stahl übt - mit Holz wird es automatisch etwas knalliger als mit Stahl.

Gruss, Thomas

dino
26-03-2010, 18:37
Hallo Stefan!


Die von dir hier angeführten Ähnlichkeiten sind allerdings ziemliche Allgemeinplätze für bewaffnete Kampfsysteme, oder nicht?

Das sehe ich nicht so. Hast Du dir die Filmausschnitte angesehen, über die wir hier sprechen?
Es gibt auf der Welt mehr als ein System, das mit Waffen arbeitet, aber dessen Bewegungskonzepte man nicht als Lichtenauer Schule oder Kendo/Kenjutsu identifizieren würde.
Manche Waffensysteme, wie z.B. Lichtenauer, sind doch geradezu an ihren typischen Haltungen und Bewegungen zu erkennen. Und selbst innerhalb der deutschen Schule des langen Schwertes gibt es meines Wissens kleinere oder grössere Unterschiede in Haltung und Beinarbeit.


Das dürfte nicht nur bei Liechtenauer und Samurai so sein, sondern bei nahezu allen Menschen, die sich mit Blankwaffen bekämpfen von Aborigenes bis Zulu.

Wenn das so wäre, würde es ja keine Rolle mehr spielen welches Konzept ich wähle. Sie wären ja dann letzlich alle gleich, oder nicht?!


Generell gibt es 4 taktische Ziele die man mit einer Stellung verfolgen. Manche Stellung können dabei durchaus mehr als eine dieser Funktionen ausfüllen

Ohne Deiner Systematisierung widersprechen zu wollen, sehe ich in jeder (Kampf)stellung, die zeigt, dass ich bereit bin mich zu wehren oder anzugreifen eine Bedrohung des Gegners. Bei manchen Stellungen ist sie eben direkter (z.B.Langort), bei anderen indirekter (z.B.Alber).

Hallo Thomas!


Wenn ich mir die verschiedenen Schwertschulen Japans ansehe, und mit Abbildungen aus den europäischen Fechtbüchern vergleiche, kann man permanent Überlappungen finden.

Das war mein/e Gedanke/Frage. Nicht mehr und nicht weniger.
Wenn das Thema zu banal ist, können wir es meinetwegen schliessen. :p

P.S. Findet Dein Training in G. noch regelmässig statt? Ich hatte Jörg vor ein paar Tagen angeschrieben, aber keine Antwort erhalten. Ist er nicht da?

Gruss

dino

T. Stoeppler
26-03-2010, 19:09
Wenn das Thema zu banal ist, können wir es meinetwegen schliessen. :p

P.S. Findet Dein Training in G. noch regelmässig statt? Ich hatte Jörg vor ein paar Tagen angeschrieben, aber keine Antwort erhalten. Ist er nicht da?


Banal ist das Thema beileibe nicht, denn Beinarbeit und Körpermechanik sind eben charakteristische Merkmale für einen Kampfkunststil. Wenn man sich mal die verschiedenen Liechtenauer-Praktiker heutzutage anschaut, stellt man logischerweise grosse Unterschiede untereinander fest.

Erschwerend kommt hinzu, dass auch in Europa jeder Meister seine Eigenarten hatte, und sich hier und da etwas anders bewegte.

Die japanischen Systeme haben eben eine lebendige Tradierung, da werden bestimmte Sachen innerhalb eines Stiles dank des vorhandenen Meisters immer gleich gemacht.

Im Grossen und Ganzen gibt es halt überwiegend Gemeinsamkeiten, mit einigen Eigenheiten. Die Waffen der Samurai und die der Ritter waren auch ziemlich gleich, alle mussten den Kampf unbewaffnet, mit Tanto/Dolch, Lanze, Schwert und Bogen beherrschen sowie reiten können.

Alles zusammengenommen gibt eben eine bestimmte Art der Körperausbildung und damit verständlicherweise verwandte Bewegungsmuster.

Gruss, Thomas

P.S.
Jörg müsste sich melden, sobald er Zeit hat.
Ich trainiere immer noch meine Leute im Gewächshaus :)

Und - klar - Du bist wie immer willkommen, wenns dich mal in die Gegend verschlägt!

Alte Kampfkunst
26-03-2010, 22:23
Hallo Dino,

ich bin mir nicht sicher, worauf du eigentlich mit diesem Thread hinaus willst. Findest du es wirklich bemerkenswert, das Menschen an verschiedenen Enden der Welt für ähnliche Waffen Kampfsysteme entwickelt die sich in verschiedenen Punkten ähnlich sind?

Gruß

Stefan

itto_ryu
27-03-2010, 09:56
Man kann an dieser Stelle noch anführen, dass viel der jap. koryu sich aus militärischen Umständen heraus entwickelt haben, die den europ. sehr ähnlich waren. Die Gemeinsamkeiten in Kriegsführung und verwendeten Waffen, die sozialen Systeme, in vielem ähneln sich Europa und Japan in bestimmten Zeitabschnitten sehr.

dino
28-03-2010, 19:11
Hallo Stefan!


ich bin mir nicht sicher, worauf du eigentlich mit diesem Thread hinaus willst.

Ich will auf gar nichts hinaus, sondern nur andere Meinungen zu dem was ich beobachtet habe, hören. Einigen schien dies offenbar nicht so sinnlos oder seltsam, dass sie es nicht kommentieren wollten.


Findest du es wirklich bemerkenswert, das Menschen an verschiedenen Enden der Welt für ähnliche Waffen Kampfsysteme entwickelt die sich in verschiedenen Punkten ähnlich sind?

Ja!

Wenn das Thema Dir zu banal erscheint, musst Du Dich ja nicht weiter damit beschäftigen. Imo gibt es in diesem Board mehr als ein Thema, das mir weniger interessant erscheint. Und wenn keiner sich mehr dazu äussern möchte, schliesst sich das Thema von selbst.

Gruss

dino

Alte Kampfkunst
29-03-2010, 17:14
Hallo Dino!



Ich will auf gar nichts hinaus, sondern nur andere Meinungen zu dem was ich beobachtet habe, hören.


Ok, dann habe ich deinen ersten Beitrag sicher überinterpretiert. Das tut mir leid. Ich gebe dir vollkommen recht, dass es in manchen Punkten (starke) Ähnlichkeiten zwischen dem Langen Schwert nach Liechtenauer und dem japanischen Schwertkampf gibt.

Wenn man sich länger damit beschäftigt findet man aber in den Historischen Europäischen Kampfkünsten sehr viele Aspekte, die viele heute populäre Kampfkünste als besonderes Merkmal ihres Stiles herausstellen. Z.B. taktile Wahrnehmung, Nervenpunkte, Groundfighting etc.

Verglichen dazu erscheinen mir die Ähnlichkeiten zwischen Liechtenauer und Ken-do /-jutsu als ziemlich offensichtlich. Was aber nicht zuletzt daran liegen mag, dass ich mich mit dem Langen Schwert inzwischen 10 Jahre sehr intensiv beschäftige und ich den Blick über den Tellerrand schon immer für wichtig gehalten habe. Und da war bzw. ist Japan einfach naheliegend und zudem die Informationsbeschaffung einfach. Sieht man jedoch zu viele Gemeinsamkeiten läuft man Gefahr, japanischen Schwertkampf mit Langen Schwertern zu betreiben. Und das wird weder der Kampfkunst noch der Waffe gerecht.

Ich persönlich finde aber auch die Unterschied und die Ursachen für diese Unterschiede interessanter als die Gemeinsamkeiten. Bekanntes kennt man ja zwangsläufig schon, bei Unterschieden kann man noch etwas dazulernen. Kommt noch hinzu, dass sich so manches, was auf den ersten Blick ähnlich erscheint, bei näherer Betrachtung als unterschiedlich erweist.

Gruß

Stefan

dino
29-03-2010, 21:33
Hallo Stefan!

Ich bin ja eigentlich nur ein alter Stockschwinger, :p der eine Stocklänge bevorzugt, die in etwa dem langen Schwert oder Katana entspricht ( Spazierstock/Wanderstab) und deshalb bevorzugt zweihändig zu führen ist. Ich habe gesehen, wie man Bewegungsmuster und insbesondere taktische und trategische Konzepte genauso wie sie für's lange Schwert gelten auf den Stock übertragen kann.
Deshalb habe ich mich auch etwas intensiver mit Liechtenauer/Ringeck beschäftigt und treffe mich hin und wieder auch mit Leuten, die speziell das lange Schwert nach Liechtenauer trainieren, Mitglieder der Gruppe Ochs z.B. (Jörg B., Th. Stöppler), Da kann ich dann sehen, was man mit dem Schwert machen kann und mit dem Stock nicht - und umgekehrt.
Allerdings mache ich etwas, was den meisten Schwertleuten fehlt und was mir für meine Waffe (Stock) eine sehr realistische Rückmeldung über die Effektivität meiner Aktionen und Bewegungen verschafft: Sparring/Freikampf mit Vollkontakt.


Sieht man jedoch zu viele Gemeinsamkeiten läuft man Gefahr,
japanischen Schwertkampf mit Langen Schwertern zu betreiben. Und das wird weder der Kampfkunst noch der Waffe gerecht.

Das will ich nicht bestreiten. Mir ist schon klar, dass das Katana eine andere Waffe ist als das lange Schwert und deshalb seine besondere Einsatzweise hat. Jedenfalls kann man beide nicht einfach gleichsetzten.


Ich persönlich finde aber auch die Unterschied und die Ursachen für diese Unterschiede interessanter als die Gemeinsamkeiten. Bekanntes kennt man ja zwangsläufig schon, bei Unterschieden kann man noch etwas dazulernen. Kommt noch hinzu, dass sich so manches, was auf den ersten Blick ähnlich erscheint, bei näherer Betrachtung als unterschiedlich erweist.

Ist mir auch recht. Wir können das Thema gerne in diese Richtung lenken. Finde ich auch interessant. Mir geht es auch um's Dazulernen. :)

Warjag
30-03-2010, 10:04
Die Gemeinsamkeiten
mit dem europäischen Fechten nach Lichtenauer (Zweihandschwert) sind
imo gut zu erkennen.

Dem möchte ich die Frage entgegen stellen, was wir überhaupt von Lichtenauer genau wissen?

Wenn man sich das was heute an Techniken mit dem Langschwert so gezeigt wird ansieht, dann ist das allerdings oft sehr ähnlich zu japanischen Techniken.

Das hat meiner Ansicht nach aber den Hintergrund, daß etliche der Fechter vorher eben solche Japanischen Kampftechniken geübt haben.

Ihr Fechten mit dem Langschwert ist daher meiner Meinung nach von ihren Vorkenntnissen und dem was sie vorher gemacht haben beeinflusst. Man kann dies meiner Ansicht nach auch dort klar erkennen, wo verschiedene Japanische Systeme vorher praktiziert wurden. Dann sehen in der Folge dessen auch die Techniken mit dem Langschwert im weiteren verschieden aus und zwar je nach der japanischen Form die vorher praktiziert wurde.

Wenn man sich mal ansieht was wir über Lichtenauer selbst eigentlich wirklich wissen, dann ist das gar nicht so viel.

Natürlich sind alle Kampftechniken gewissermaßen ähnlich, aber das ist eine ganz Allgemeine Ähnlichkeit die sich aus den schon erläuterten Grundlagen des ganzen ergibt.

Eine wirkliche Ähnlichkeit ist dies aber nicht, und gerade im Detail sollten eigentlich deutliche Unterschiede erkennbar werden.

Sei es aus der Waffen- und Klingenform heraus, sei es aus der Frage der Bekleidung und Rüstung heraus, sei es aus der Körpergröße der Zeit heraus usw

es gibt eben eigentlich viele Unterschiede zwischen diesen Grundlagen die einen Einfluss auf die Techniken und die Formen gehabt haben.

Weshalb die Gemeinsamkeiten meiner Meinung nach eben lediglich Allgemeiner Natur sind.


Sieht man jedoch zu viele Gemeinsamkeiten läuft man Gefahr,
japanischen Schwertkampf mit Langen Schwertern zu betreiben

Genau so ist es. Und genau das sehe ich bei etlichen, daß sie im Endeffekt Japanischen Schwertkampf mit Europäischen Waffen betreiben. Oder das ihre Techniken zumindest sehr stark von dem beeinflusst sind was sie vorher an japanischen Kampfkünsten gemacht haben.


dass viel der jap. koryu sich aus militärischen Umständen heraus entwickelt haben, die den europ. sehr ähnlich waren. Die Gemeinsamkeiten in Kriegsführung und verwendeten Waffen, die sozialen Systeme, in vielem ähneln sich Europa und Japan in bestimmten Zeitabschnitten sehr.

Nicht zuletzt weil die Japaner Waffen wie auch Technik von den Europäern kopierten. Das geht weit über die Feuerwaffen hinaus, eine geraume Zeit wurden in Japan beispielsweise weitverbreitet Rüstungen verwendet, die erheblich Europäischen Rüstungen dieser Zeit nachgebaut sind und sich daher deutlich von den "klassischen" japanischen Rüstungen unterscheiden.
Auch die Taktik und Kampfweise in Feldschlachten wurde von den Europäern in dieser Zeit beeinflusst, was man insbesondere bei den Einigungskriegen und den Kriegen in Korea erkennen kann.

Insbesondere aber das Fechten mit Schwertern ist eines der Dinge die eben klar voneinander getrennt blieben und bei denen keine Beeinflussung stattfand, schlicht und einfach deshalb weil Schwerter im Miliärischen Kontext ohne große Bedeutung waren. Dort dominierten Stangen- und Feuerwaffen.

Japanische Schwerter sind nun überwiegend Säbel, gleich ob es sich um Tachi, Katana, Kodachi usw usf handelt. Während Europäische Schwerter dieser Zeit eben überwiegend keine Säbel sind. Allein schon daraus, aus der bloßen Waffenform ergeben sich eben Unterschiede was die Techniken angeht.

T. Stoeppler
30-03-2010, 10:29
Das muss man mal kommentieren:


Dem möchte ich die Frage entgegen stellen, was wir überhaupt von Lichtenauer genau wissen?

Das was in den Quellen steht. Wir haben leider keine persönlichen Informationen wie Lebensdaten, allerdings haben wir die von ihm verfassten Verse und die Kommentare in Text und Bild dazu. Das ist gar nicht mal so wenig.



Wenn man sich das was heute an Techniken mit dem Langschwert so gezeigt wird ansieht, dann ist das allerdings oft sehr ähnlich zu japanischen Techniken.

Das hat meiner Ansicht nach aber den Hintergrund, daß etliche der Fechter vorher eben solche Japanischen Kampftechniken geübt haben.


Wer sind denn diese "etlichen"? Ich kenne die Szene ganz gut und tatsächlich sind es eher relativ wenige, die vorher Kenjutsu o.Ä. geübt haben. Viele Ähnlichkeiten ergeben sich eben aus reiner Zweckmässigkeit.



Ihr Fechten mit dem Langschwert ist daher meiner Meinung nach von ihren Vorkenntnissen und dem was sie vorher gemacht haben beeinflusst.


Das ist zwangsläufig der Fall, viele haben einen SCA Background, kommen aus dem Escrima oder klassischen Fechten bzw Sportfechten. Ein paar aus den japanischen Kampfkünsten, und dann (recht wenige, wie in meinem Fall) aus den chinesischen Systemen. Es gibt auch Leute, die nie was anderes vorher gelernt haben und trotzdem einen sehr hohen Standard in ihrer Praxis haben - wie die Kollegen von MEMAG z.B.



Wenn man sich mal ansieht was wir über Lichtenauer selbst eigentlich wirklich wissen, dann ist das gar nicht so viel.


Ich weiss nicht, was "Wir" wissen, aber ich weiss z.B. genug, um sicher zu sein, dass ich nach 10 Jahren Training immer noch mehr als genug zu lernen habe.

Gruss, Thomas

Warjag
30-03-2010, 12:18
Das was in den Quellen steht. ...allerdings haben wir die von ihm verfassten Verse und die Kommentare in Text und Bild dazu. Das ist gar nicht mal so wenig.

Das ist meiner Meinung nach ziemlich wenig.

Die Verse sind zudem verschlüsselte Anweisungen in äußerst kurzer Form und daher kann man daraus alles mögliche Konstruieren.

Und genau das wurde gemacht, das was da heute als Lichtenauer Fechten angeboten ist ist eine bloße These, eine Konstruktion die meiner Meinung nach zu Teilen auf bloßer Spekulation und Phantasie fußt.

Was Lichtenauer selbst gelehrt hat ist eigentlich unbekannt. Was wir an Quellen haben sind die Verse und Kommentare von späteren Fechtmeistern dazu.

Aus diesen Kommentaren zu den Versen kann man teilweise konstruieren was die Techniken waren, aber eben nur teilweise.

Nehmen wir mal das Döbringer Hausbuch, das Zeitlich noch recht Nahe zu Lichtenauer ist. Der Kommentar zu den Versen ist hier unvollständig, es werden Techniken explizit als nicht von Lichtenauer stammend bezeichnet usw usf Und das zieht sich dann durch alle weiteren Fechtbücher so durch.


Daher ist das heutige Fechten nach Lichtenauer in jedem Fall nur eine Interpretation, eine These die in vielen entscheidenden Punkten auf bloßer Spekulation beruht.


Und das wird meiner Ansicht nach gegenüber Schülern dieser Art zu Fechten und in der "Szene" nicht ausreichend kommuniziert.

jimmy-13
30-03-2010, 14:44
Hmmm....ok, kann jetzt natürlich auch nur von meiner Gruppe und Ochs Bamberg reden. UND da ist es so:
da gibts diejenigen, die alles aufsaugen und selbst in den Büchern schmökern und welche die das eben nicht machen, eh klar.
Aber dafür lesen wir immer wieder in den Büchern vorm üben oder geben einzelne Techniken raus, die dann alle versuchen zu interpretieren. Also im Prinzip wissen da alle, was überliefert (halte dein Schwert so und wenn....) und was eher nicht, oder nur beiläufig überliefert (spring am besten im 45 Grad nach links und...) ist.

Bei anderen KK`s weiß man ja auch nicht immer, ob das ursprünglich so war, oder ob der dritte Meister des vierten Schülers seine eigene Vorliebe mit "eingebaut" hat, oder?

Na ja und dann wird das ja auch mit entsprechender Ausrüstung im Drill und/oder Sparring geübt. Und da sieht man schon (im gewissen Rahmen!!!) ob die Technik funktioniert oder eher nicht. Wenn nicht muss man wohl an der Interp. arbeiten. Aber soviel ich weiß, haben das ja die "Urforscher" (also moderne heutige Gruppen wie Ochs, Zornhau, Dreynschlag, und und und...) so gemacht, sich getroffen und verglichen und ausprobiert und wieder von vorne.
Grüße Jimmy

T. Stoeppler
30-03-2010, 15:26
Warjag..

Wieviel historisches Fechten nach Liechtenauer hast Du denn trainiert? Und mit wem? Wieviele internationale Events zum historischen Fechten hast Du denn besucht?

Übrigens.. die 3227a (NICHT: Döbringer, es ist 2010 herrgottnocheins) enthält Techniken die GANZ KLAR von Liechtenauer sind. Es enthält AUCH Techniken, die nicht von Liechtenauer sind, da ist der Autor ziemlich deutlich.

Ansonsten ist es eben eine Interpretation, die aus vielen Quellen und durch die Arbeit vieler Menschen (die übrigens sehr ordentlich kommunizieren, auch international) entstanden ist.

Dadurch haben einige Gruppen einen wirklich beachtlichen Standard erreicht.

Gruss, Thomas

Garin
30-03-2010, 15:43
Also was die Quellen angeht…

Bei reiner Quellenarbeit ergeben sich auch enorm viele Schwierigkeiten:
1. Es ist nicht möglich in einem oder mehreren Büchern den gesamten Inhalt eines Kampfsystems zu beschreiben. Kein Buch dieser Welt kann übermitteln die richtige Dynamik, Timing oder auch absolut alle Aspekte einer/mehreren Kampftechnik/-en.
2. Verwendungszweck bzw. der Unterschied zwischen dem wieso trainierten/übten die Quellenautoren und wieso trainieren/üben wir.
3. Unterschiede in der Mentalität.
4. Vorerfahrungen aus anderen KK-sten und das allgemeine Wissen was wir in unserem Leben gesammelt haben.

Beispiele „wie man anhand der Quellen etwas interpretiert, wie weit entfernt man sich dabei vom Original und wie entwickelt sich dabei etwas absolut neues“ sind sogar aus dem 20. Jh. so ziemlich bekannt.

Auch bei einer „ununterbrochenen Tradition“ lernt der Schüler vom Lehrer u. s. w. Dabei interpretiert jede neue Generation und setzt viele eigene Erkenntnisse ein, setzt unterschiedlich die Schwerpunkte, verbessert (oder zumindest versucht zu verbessern) die Trainingsmethoden…
Somit wird einem Schüler in der dritten Generation kein Original, sondern eine Interpretation seines Lehrers beigebracht, der wider rum seinen Meister interpretiert hat. Trotz dem weis man was für „Veränderungen“ gab es und wann sie stattgefunden haben. Die Hauptgrundprinzipien bleiben aber erhalten.

Somit denke ich dass das heutige Fechten nach Liechtenauer ist natürlich eine Interpretation. Es kann anders gar nicht sein.
Ich denke aber dass auch eine Interpretation hat ihre Existenzrechte. Andere Frage ist was will man mit dieser oder anderen Interpretation erreichen. Ist auch eine Interpretation eine Kampfkunst. Welchen Sinn findet man in einer Kampfkunst u.s.w.

Das alles ist aber Generell nicht das Thema hier, Warjag. Auch wenn ich in vielen Punkten deine Meinung teile.

Mfg

dino
30-03-2010, 20:39
Hallo Warjag !


Das hat meiner Ansicht nach aber den Hintergrund, daß etliche der Fechter vorher eben solche Japanischen Kampftechniken geübt haben.

Ihr Fechten mit dem Langschwert ist daher meiner Meinung nach von ihren Vorkenntnissen und dem was sie vorher gemacht haben beeinflusst.

Für mich trifft das allerdings nicht zu. Ich habe zuerst Lichtenauer kennengelernt und als ich dann die japanischen Fechtszenen gesehen habe, fielen mir diese Dinge auf, da ich eben damit nicht so vertraut war.


Wenn man sich mal ansieht was wir über Lichtenauer selbst eigentlich wirklich wissen, dann ist das gar nicht so viel.

Über die Person Lichtenauer (oder heisst er Liechtenauer?) wissen wir tatsächlich nicht so viel. Aber es geht ja auch mehr um sein Konzept, das in der Tat interpretationfähig/-bedürftig ist. Sonst hätten sich ja nicht schon seinerzeit andere alte Meister genötigt gefühlt das ganze zu kommentieren/interpretieren.
Da ich kein reiner historischer Fechter bin, sondern mehr Praktiker, der sich gerne da bedient, wo es was brauchbares zu holen gibt, war für mich die Frage nicht so sehr Lichtenauer oder sonstwer, sondern eher brauchbar oder nicht. Und bestimmte Konzepte habe ich unter dem Namen Lichtenauer kennengelernt und ordne sie eben auch dort ein. Das genügt mir erst mal.
Andere bringen eben mehr historischen Forschergeist auf. :p



...aber das ist eine ganz Allgemeine Ähnlichkeit...

Eine wirkliche Ähnlichkeit ist dies aber nicht...

"Allgemeine Ähnlichkeit" und "wirkliche Ähnlichkeit" jetzt wird's langsam etwas kompliziert. :rolleyes:


... und gerade im Detail sollten eigentlich deutliche Unterschiede erkennbar werden.

Während Europäische Schwerter dieser Zeit eben überwiegend keine Säbel sind. Allein schon daraus, aus der bloßen Waffenform ergeben sich eben Unterschiede was die Techniken angeht.

Deshalb sollten wir uns vielleicht, wie Stefan auch schon angeregt hat, mehr auf die Unterschiede konzentrieren, da die Frage mit den Ähnlichkeiten ja wohl allgemein als mehr oder weniger selbstredend verstanden wird.


Nicht zuletzt weil die Japaner Waffen wie auch Technik von den Europäern kopierten.

In diesem Punkt waren uns die Japaner offenbar schon damals voraus. Die Europäer hielten es im Laufe der Geschichte eher selten für nötig oder sinnvoll, kulturelle Errungenschaften anderer Völker zu übernehmen oder zu adaptieren, selbst wenn sie offensichtlich "übernehmenswert" waren. Eigentlich schade...:o

Immerhin ist, nachdem das Thema erst mal nicht so viel herzugeben schien, doch noch eine (für mich) ganz interessante Diskussion daraus entstanden.

Gruss

dino

Tiju
31-03-2010, 11:31
...
In diesem Punkt waren uns die Japaner offenbar schon damals voraus. Die Europäer hielten es im Laufe der Geschichte eher selten für nötig oder sinnvoll, kulturelle Errungenschaften anderer Völker zu übernehmen oder zu adaptieren, selbst wenn sie offensichtlich "übernehmenswert" waren. Eigentlich schade...:o

Immerhin ist, nachdem das Thema erst mal nicht so viel herzugeben schien, doch noch eine (für mich) ganz interessante Diskussion daraus entstanden.

Gruss

dino

Ich finde den Thread auch sehr interessant. Aber was wären das für kulturelle Errungenschaften anderer Kulturen gewesen, die Du meinst? Im militärischen Bereich war Europa häufig so überlegen oder zumindest gleichwertig, das es wenig Übernehmenswertes gab. Einige Sachen wurden ja auch übernommen, z.B. Kompositbögen, Schießpulver (mit dramatischen Folgen), Lamellenpanzer, mehr fällt mir grad nicht ein. Ich glaube, die Japaner um 1600 hatten den Europäern militärisch einfach nichts zu bieten, was zum Übernehmen verlocken konnte, andersrum war das anders.

dino
31-03-2010, 20:57
Hallo !



. Aber was wären das für kulturelle Errungenschaften anderer Kulturen gewesen, die Du meinst?

Nun, dass Japan, China und auch andere asiatische Regionen Hochkulturen entwickelt haben, deren kulturelle Errungenschaften, damit meine ich nicht unbedingt (nur) die militärischen, die Europäer, die sie kennenlernen konnten beindruckten, ist bekannt. Ein Beispiel von vielen ist die Erfindung des Porzellans.



Im militärischen Bereich war Europa häufig so überlegen oder zumindest gleichwertig, das es wenig Übernehmenswertes gab.

Das gilt aber wohl nur in Bezug auf Feuerwaffen, oder nicht? Man denke nur daran wie gnadenlos überlegen die mongolischen Reiter zu ihrer Zeit von Asien bis Europa alles schlugen was sich ihnen in den Weg stellte. Die Kriegsführung der Mongolen war teilweise genial.
Oder : eins der berühmtesten Bücher über die Kriegsführung, das noch heute bei Militärs aus aller Welt als fundamental gilt, stammt aus dem alten China.

Und etwas zeitnäher: Die Amerikaner mussten die Atombombe einsetzen um die japanischen (Kamikaze)Kämpfer im WWII zu stoppen. Es handelt sich also im wesentlichen (zumindest in vielen Fällen) um eine rein technische Überlegenheit des Westens.
Dazu könnte man ein eigenes Thema für die historisch Interessierten erstellen.

Es stimmt: prinzipiell waren Waffen und Rüstung gegen diese Waffen naturgemäss in einem Kulturbereich/einer Gemeinschaft/Gesellschaft immer aufeinander abgestimmt. Wenn man keine Plattenharnische zu bekämpfen hatte, gab es auch keine Waffen, die diese Art von Rüstung brechen mussten/konnten. Wobei dann die Feuerwaffen ja schliesslich fast jede Art von Rüstung unwirksam und damit überflüssig machten.
Nur so konnten westliche Eroberer mit Hilfe ihrer Feuerwaffen auf fast allen Kontinenten ihre Kolonialmacht etablieren.

Gruss

dino

Garin
01-04-2010, 12:20
Dino, ich glaube du verallgemeinerst ein wenig zu viel.

Der Erfolg der mongolischen Reiter hatte die Ursachen nicht nur in der mongolischen Kampftaktik. Es spielten viele Faktoren eine Rolle mit.

Die Amerikaner mussten die Atombombe nicht einsetzen. Der Krieg war für sie so oder so gewonnen und auch die Kamikaze hätten daran nichts geändert, nur vielleicht etwas verzögert. Warum die Amerikaner trotz dem die Atombombe eingesetzt haben – das ist eine andere Frage.

EISENrüstung war nicht unwirksam und wurde eingesetzt sogar im II Weltkrieg. Sie war auch eine sehr lange Zeit nicht überflüssig.
Das Thema wurde, glaube ich, hier im Forum schon zig Mal durchdiskutiert, ich denke nicht dass man sollte es noch mal tun.

Mfg

Tiju
01-04-2010, 12:48
Ich muß Garin voll und ganz zustimmen. Zu einfache Erklärungen (z.B: "wegen Waffe x wurde Kampf y gewonnen") gehen meist daneben.

Es ist nicht zu bezweifeln, daß z.B. die fernöstlichen Hochkulturen generell auf hohem Niveau waren und viele Sachen schon vor den Europäern kannten, wie Papier, Schießpulver, Buchdruck usw., gerade China ist hier zu nennen. Europa hat aber eigentlich auch viel von anderen Kulturen übernommen, was nicht militärisch war, insofern kann ich hier keine europäische Arroganz finden.

Die Mongolen im 13./14. Jhr.waren wirklich ein Fall für sich, den Europäern dieser Zeit vor allem militärisch-organisatorisch weit überlegen. Von den Mongolen etwas zu übernehmen, wäre aber sehr schwierig gewesen, wegen der ganz anderen Voraussetzungen. Da spielte wohl weniger europäischer Hochmut eine Rolle, als Unfähigkeit, bzw. auch mangelndes Bedürfnis, da die Mongolen ja wieder abgezogen. Ab dem 17. Jhr. dagegen waren Reitervölker gegen europäische Armeen chancenlos.

Die USA haben die Atombomben eingesetzt, um den Krieg gegen Japan ohne Invasion zu beenden. Auf Okinawa waren gegen ca. 120000 japanische Soldaten trotz amerikanischer Übermacht extrem schwere und verlustreiche Kämpfe mit mehr als 12000 toten US-Soldaten nötig gewesen. Hochgerechnet auf eine Invasion des japanischen Mutterlandes ergab das Schätzungen von 700000 oder mehr amerikanischen Toten. Es ist verständlich, da nach Alternativen zu suchen. Ich hätte die Atombombe auch benutzt. Trotzdem wäre eine Invasion erfolgreich gewesen, nur eben sehr verlustreich. Man kann sicher sein, daß dabei auch mehr Japaner als durch den Atombombeneinsatz umgekommen wären.

Garin
01-04-2010, 13:16
Überlegenheit hin oder her…

Die militärische, aber vor allem die organisatorische Überlegenheit der Mongolen im 13. Und 14. Jh. war in erster Linie möglich weil sie hatten einen Anführer und sind ihn gefolgt ohne wenn und aber.

Viele europäische Länder dagegen waren nicht vereint, stritten ständig mit ihren „Nachbarn“ und konnten somit den Mongolen nicht die Stirn bieten.
Der ständige Streit zwischen den russischen Fürsten war einer der Hauptgründe wieso damaliges Russland noch so viele Jahre unter den Mongolen gelitten hat.

Warjag
01-04-2010, 16:30
Hochgerechnet auf eine Invasion des japanischen Mutterlandes ergab das Schätzungen von 700000 oder mehr amerikanischen Toten.

Speziell in Bezug auf diesen Zusammenhang geistern alle möglichen Phantasiezahlen durch den Raum:

Das US Oberkommando ging in einer Worst Case Berechnung von Verlusten in Höhe von 105 000 Mann aus für die Eroberung. Schon damals wurde darauf hingewiesen, daß die Kämpfe auf Okinawa sich eben nicht für die Berechnung von Verlusten bei einer Invasion von Japan als Modell eignen.

Aufgrund dieser Annahme von so hohen Verlusten von über 100 000 Soldaten dachte man dann an einen Einsatz von Atomwaffen gegen die Japanischen Truppen die sich in Kyushu im Hinterland verschanzt hatten. Am Tag der Invasion wären für diesen Zweck voraussichtlich 7 Atombomben zur Verfügung gestanden.

Der Grund warum man dann versuchte durch Atombombenabwürfe auf Zivile Ziele die Kapitulation herbei zu zwingen lag jedoch nicht an den erwarteten hohen Verlusten sondern am Zeitverlust. Bis eine Invasion erfolgreich hätte stattfinden können, wären die Sowjets den USA zuvor gekommen.

Die Japaner waren darüber hinaus friedensbereit, sie wollten schon vor den Atombombenabwürfen Kapitulieren, stellten aber zu diesem Zeitpunkt noch einige Bedingungen. Auch dieser Umstand ist wenig bekannt. Im weiteren versagte der Einsatz der Atombomben gegen die Städte, denn die Japaner kapitulierten eben nicht wegen der Atombombenabwürfe (das wurde nur vorgeschoben um das Gesicht zu wahren) sondern gerade eben weil sie eine Besetzung Japans durch die Sowjets verhindern wollten. Bei den japanischen Besprechungen nach den Abwürfen der Atombomben drehte sich fast alles nur um die drohende Invasion der Sowjets, die Atombomben selbst wurden als weniger problematisch betrachtet.

Zwischen den beiden Abwürfen der Atombomben landeten Sowjetische Truppen bereits auf den Kurilen und die japanischen Truppen in der Mandschurei und in Korea wurden von den Sowjets einfach überrannt. Die USA hatten diesen Umstand voraus gesehen, die Japaner wurden jedoch davon überrascht, da sie in ihrer üblichen Ignoranz davon ausgingen, daß man die Front gegen die Sowjets halten könne.


Dino:


Nun, dass Japan, China und auch andere asiatische Regionen Hochkulturen entwickelt haben, deren kulturelle Errungenschaften, damit meine ich nicht unbedingt (nur) die militärischen, die Europäer, die sie kennenlernen konnten beindruckten, ist bekannt. Ein Beispiel von vielen ist die Erfindung des Porzellans.

Genau genommen ist hier China die Primäre Quelle. Die Chinesische Kultur beeindruckte dabei nicht nur die Europäer sondern insbesondere auch die anderen Ostasiatischen Völker.

Was man unter Hochkultur zusammen fassen kann, ist in Ostasien überall massiv chinesische beeinflusst, das betrifft insbesondere die Japaner.


Man denke nur daran wie gnadenlos überlegen die mongolischen Reiter zu ihrer Zeit von Asien bis Europa alles schlugen was sich ihnen in den Weg stellte. Die Kriegsführung der Mongolen war teilweise genial.

Die Mongolischen Armeen bestanden nicht nur aus Reitern. Darüber hinaus sind gerade die Mongolen kein Beleg für die Überlegenheit Asiatischer Kriegskunst sondern für die Überlegenheit eines Protofaschistischen Militärstaates im Krieg.

Die große Stärke der Mongolen war es dabei, völlig vorurteilsfrei jede Errungenschaft anderer Völker wie auch die Kämpfer dieser Völker in ihre Armeen zu integrieren.

Beispielsweise ist es wenig bekannt, daß die Mongolen das Trebuchet mit Gegengewicht aus Europa bzw dem Kleinasiatischen Raum kopierten und dann in Asien sehr erfolgreich gegen die Südchinesen einsetzten. Hier wurde durch die Mongolen Europäische Kriegstechnik kopiert und dann sehr erfolgreich gegen Asiaten eingesetzt.

Im weiteren schlugen die Mongolen solange ihr System funktionierte auch alle Asiatischen Völker aus dem Weg. Der Grund dafür war aber nicht ihre Genialität, den die mongolische Kriegsführung war keineswegs genial. Sondern der Grund war die extreme Brutalität mit der die Mongolen gegen andere Völker als ganzes kämpften, was in der damaligen Zeit in dieser Form ein Novum war.

Die Mongolen griffen gezielt die Zivilbevölkerung an, und vermieden Kämpfe gegen Feindliche Bewaffnete Kämpfer so weit es ging. Man wich feindlichen Armeen gezielt aus und attackierte die Zivilbevölkerung, die Felder, die Wasserversorgung usw,
Die dadurch erzielten Zerstörungen und Verheerungen wurden teilweise selbst im Zweiten Weltkrieg nicht übertroffen.
Die Pax Mongolica war schlicht und einfach die Ruhe eines Friedhofes.


Die Amerikaner mussten die Atombombe einsetzen um die japanischen (Kamikaze)Kämpfer im WWII zu stoppen. Es handelt sich also im wesentlichen (zumindest in vielen Fällen) um eine rein technische Überlegenheit des Westens.

Die Amerikaner waren auch sonst militärisch überlegen, insbesondere in der Taktik und Strategie.

Desweiteren wurden die Atombomben nicht wegen der „Kamikaze“ eingesetzt. Die zudem militärisch im Endeffekt wirkungslos blieben trotz ihrer taktischen Erfolge.

Aber selbst am Boden waren US Einheiten fast durchgehend den Japanern überlegen was die Taktik und den Kampfwert der Einheiten angeht. Der Grund dafür war insbesondere die sehr viel bessere Bewaffnung der Infanterie, das bei den USA hoch entwickelte Zusammenwirken von Artillerie und Infanterie, und eine bessere taktische Schulung der US Einheiten. Dazu kam noch verstärkend eine weitgehende Ignoranz der Japanischen Soldaten gegenüber ihren Gegnern.

Es ist zwar höchst romantisch mit dem Bajonett brüllend frontal auf MG Stellungen loszurennen, aber es zeugt in Wahrheit nur von mangelndem Können.

Um Edward J. Drea zu zitieren der sich sehr ausgiebig mit der Kaiserlich Japanischen Armee beschäftigt hat:


One can admire them as fanatics, but not respect them as soldiers.

itto_ryu
01-04-2010, 17:41
Leute würfelt jetzt nicht in dieser Diskussion zig Epochen und Themen durcheinander, das führt nur zu Verwirrung und ewiger Diskussion im Kreis.

:-§

dino
02-04-2010, 10:31
Hallo Kollegen!
@ itto_ryu

Leute würfelt jetzt nicht in dieser Diskussion zig Epochen und Themen durcheinander, das führt nur zu Verwirrung und ewiger Diskussion im Kreis.

Ok, das wird jetzt vielleicht zu ausschweifend. Aber vieles überlappt sich thematisch manchmal (und ist auch interessant). :p

@ Garin!


Dino, ich glaube du verallgemeinerst ein wenig zu viel.

Da magst Du recht haben. Ich wollte eigentlich auch gar nicht so detailliert in die Einzelheiten gehen, aber eins greift immer so ins andere und ergibt den nächsten Gesichtspunkt. :rolleyes:

Vielleicht passt das ja besser in den Rahmen: Du gibst als KK "Vollkontakt Schwertkampf" an. Wie betreibst Du den? Waffen, Schutz, usw. würde mich interessieren.

@Warjag


Im weiteren schlugen die Mongolen solange ihr System funktionierte auch alle Asiatischen Völker aus dem Weg. Der Grund dafür war aber nicht ihre Genialität, den die mongolische Kriegsführung war keineswegs genial. Sondern der Grund war die extreme Brutalität mit der die Mongolen gegen andere Völker als ganzes kämpften, was in der damaligen Zeit in dieser Form ein Novum war.

Zu den Details über die Mongolen und deren Kriegsführung stimme ich Dir überwiegend zu. Ich würde zwar gerne noch etwas dazu sagen, verkneife mir das aber jetzt, damit das Thema nicht noch mehr in diese Richtung läuft.
Nur soviel: wenn eine Methode, in dem Maße erfolgreich ist wie es die mongolische Kriegsführung war, hat sie imo etwas Geniales. Die Gründe dafür sind sicher vielschichtig und dass sie äusserst brutal war, bestreite ich nicht.

Gruss

dino

Garin
06-04-2010, 08:10
@dino,

Vielleicht passt das ja besser in den Rahmen: Du gibst als KK "Vollkontakt Schwertkampf" an. Wie betreibst Du den? Waffen, Schutz, usw. würde mich interessieren.

In welchen Rahmen? Lichtenauer und Samurai + Vollkontakt? :)
Fechten ist für mich (und meines gleichen) eine Kampfsportart mit Vollkontakt, die modelliert verschiedene Arten des Turnierzweikampfes mit dem Einsatz von entsprechender Rüstung und Bewaffnung. Diese entsprechen in gewissen und festgelegten Parametern den historischen Beispielen aus verschiedenen MA-Perioden.

Daraus ergibt sich alles andere.

Mfg