Vollständige Version anzeigen : Dolch auf Mittelalter-Turnieren?
Jadetiger
02-04-2010, 15:05
Hier mal eine Frage an unsere Freunde der mittelalterlichen Kampfkünste.
Man sieht immer mal wieder Videos und Fotos von Freikampf-Turnieren mit Schwert/Messer, Schwert und Schild oder auch mit Speeren.
Steht bei solchenTurnieren auch ab und zu auch Dolchkampf/Dolchringen (gerüstet oder ungerüstet) auf dem Programm?
Oder übt man Dolchkampf/Dolchringen nur im Training? Oder übt man das garnicht?
Klärt mich bitte auf!
jimmy-13
04-04-2010, 21:07
Also allgemein gibt es wenige richtige Turniere!
Sind meist eher Treffen mit vielen Teilseminaren oder neuen Infos und so was. Natürlich wird da immer irgendwo gehauen und gestochen, aber halt mehr im Sparrings-Modus. Und dann machen das die Leute unter sich aus, welche Waffen und Rüstungen genutzt werden.
Aber allgemein ist der Dolch (leider) sehr wenig vertreten, meiner Meinung nach. Aber ich bin ja auch noch nicht solange und vor allem überall dabei.
Im Training ist`s bei jeder Gruppe auch unterschiedlich.
Bei Ochs München z.B. üben sie regelmäßig Dolchkampf (soviel ich von Till und Jochen weiß?!!). Bei uns - Ochs-Bamberg, haben wir nur einen Monat lang, den Dolch als Hauptwaffe geübt. Ansonsten üben wir fast ausschließlich Schwert und Grundlagen.
Mit meiner Mittelaltergruppe (den Wölfen) üben wir ebenfalls regelmäßig Dolchkampf. Mit und ohne Rüstung!
Ich fürchte, da gibt es keine allgemeingültige Antwort!
T. Stoeppler
04-04-2010, 22:01
Also eine richtige, grössere "Turnierszene" gibt es in den historischen KK sowieso noch nicht, aber die Entwicklung geht ganz klar dahin.
Die meisten vertretenden Turnierwaffen sind derzeit langes Schwert und Rapier.
Normalerweise wird Dolchkampf wegen seiner doch ziemlich grappling-lastigen Komponente nicht so oft frei gefochten, ab und an allerdings schon.
Das in letzter Zeit ebenfalls vermehrt aufgetretende Format der "martial challenge" (welches ich persönlich viel sinnvoller finde als Turniere) enthält aber auch mal Dolchkampf, siehe hier: (Harry vs Magnus)
YouTube - Martial Challenge - Magnus Hagelberg vs Harald Winter (http://www.youtube.com/watch?v=5a33fsW-ZWw)
Das Dolch-Training ist ein fester Bestandteil der historischen KK. Es verbindet Ring und Waffentechniken - das ist perfekt zum lernen und hat natürlich, als einzige Waffe der hist. KK, einen gewissen direkt übertragbaren SV-Wert.
Gruss, Thomas
DavidBr.
04-04-2010, 22:39
Also eine richtige, grössere "Turnierszene" gibt es in den historischen KK sowieso noch nicht, aber die Entwicklung geht ganz klar dahin.
Die meisten vertretenden Turnierwaffen sind derzeit langes Schwert und Rapier.
Normalerweise wird Dolchkampf wegen seiner doch ziemlich grappling-lastigen Komponente nicht so oft frei gefochten, ab und an allerdings schon.
Das in letzter Zeit ebenfalls vermehrt aufgetretende Format der "martial challenge" (welches ich persönlich viel sinnvoller finde als Turniere) enthält aber auch mal Dolchkampf, siehe hier: (Harry vs Magnus)
YouTube - Martial Challenge - Magnus Hagelberg vs Harald Winter (http://www.youtube.com/watch?v=5a33fsW-ZWw)
Das Dolch-Training ist ein fester Bestandteil der historischen KK. Es verbindet Ring und Waffentechniken - das ist perfekt zum lernen und hat natürlich, als einzige Waffe der hist. KK, einen gewissen direkt übertragbaren SV-Wert.
Gruss, Thomas
Also könnte man das hist. Ringen mit Dolch auf Kubotan etc übertragen? Oder denk ich da zu weit?
Jadetiger
05-04-2010, 01:13
Danke erstmal für die netten Antworten!
Danke auch für das Video mit der Martial Challenge. Was ich da leider nicht sehen konnte, sind die ringerischen Elemente, aber mir wurde schon öfter erklärt, dass das durch die Rüstung der Kämpfer möglich wird. Ungerüstete Dolchkämpfer ringen niemals.
Die Übertragung auf den Kubotan kann ich mir durchaus vorstellen. Was meinen die Experten?
T. Stoeppler
05-04-2010, 10:18
Also klar ringt man auch beim ungerüsten Dolchkampf. Das ist gerade in den SV-Situationen, die eben auf kurzer Distanz beginnen, notwendig.
Dementsprechend ist die Übertragbarkeit auf unbewaffnet/Kubotan gewährleistet.
Die Dolchtechniken sind aber nicht als "Messerduell" ausgelegt. Distanz halten lernt man durch die anderen Waffen; die Dolchtechniken sind entweder SV oder eben Zeug fürs Schlachtfeld/Ordal. Ein ungerüstetes Dolchduell wird sich aber auch aus Gründen des Eigenschutzes eher in der weiten Mensur abspielen.
Ein Kubotan funktioniert natürlich etwas anders, je nach Methode werden mehr Druckpunkte oder Schlagtechnik gemacht. Beim Dolch sind es primär Stiche, während Schnitte und Knaufschläge sekundär sind.
Für historische Kampfsportler ist ein Schraubenzieher eben das SV-Tool der Wahl, denn das ist von der Handhabe praktisch das Gleiche wie ein Scheibendolch.
Gruss, Thomas
Die Dolchtechniken sind aber nicht als "Messerduell" ausgelegt. Distanz halten lernt man durch die anderen Waffen;
Hi Thomas,
finde ich interessant! Gibt es wirklich kein Material bezüglich dem Duell Dolch gegen Dolch ,,ungerüstet" in den hist. KK?
Grüße Ima-Fan
T. Stoeppler
06-04-2010, 08:11
Doch klar - vielleicht habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Was es nicht gibt, ist eine typische Duellschule für den Dolchkampf, also wo man mit Schnitten aus der Distanz gegen die Waffenhand arbeitet, fintiert etc. Das lernt man bei den anderen Waffen.
Deswegen - es ist eben kein Messerduell, wie man es vergleichbar aus den FMA oder der italienischen Schule kennt.
Die Dolchtechniken sind alle ziemlich straightforward - einer sticht auf Dich, Du wehrst ab, kontrollierst/wirfst/hebelst/brichst/entwaffnest und stichst ggf selbst zu. Das geschieht alles eben auf relativ kurzer Distanz.
Gruss, Thomas
Jadetiger
06-04-2010, 08:26
Hi Thomas,
finde ich interessant! Gibt es wirklich kein Material bezüglich dem Duell Dolch gegen Dolch ,,ungerüstet" in den hist. KK?
Grüße Ima-Fan
Doch klarNur der Vollständigkeit halber will ich noch sagen, dass es bei historischen Abbildungen wichtig ist zu unterscheiden zwischen "Dolchtechnik ungerüstet gegen ungerüstet" und "Dolchtechnik ist ungerüstet gegen ungerüstet abgebildet, ist aber für gerüstet gegen gerüstet gedacht".
Es gibt natürlich Techniken für den Dolch zwischen zwei ungerüsteten Gegnern, aber diese haben wie Thomas schon schrieb, eher SV- als Duellcharakter. In den Textquellen liest man auch öfter 'hat er seinen Dolch gezogen und Du Deinen nicht', was dies für mich noch bestätigt.
Morgen,
erstmal danke für die Antworten.
Zur Ergänzung: Lassen sich die Techniken, denn aufs Duell übertragen, oder ist das taktisch/schadensbegrenzungstechnisch aus Sicht von Duell-Systemen eher suboptimal? Bzw jemand Erfahrungen bei Sparrings damit gemacht?
Grüße Ima-Fan
T. Stoeppler
06-04-2010, 11:15
Naja, wie gut das geht, kannst Du an dem martial challenge video sehen.
Wenn einer lieber aus der Distanz arbeitet, ist es schwierig, die gegnerische Waffe zu greifen bzw zu kontrollieren. Wer das dann trotzdem versucht, hat nicht viel davon, ausser er ist eine Klasse besser und der Gegner agiert nur zögerlich.
Es gibt in so einem Dolch/Messer Duell immer noch Möglichkeiten die klassischen Techniken einzusetzen, aber dazu kommt es natürlich seltener.
Gruss, Thomas
Jadetiger
06-04-2010, 16:00
Naja, wie gut das geht, kannst Du an dem martial challenge video sehen.
Wenn einer lieber aus der Distanz arbeitet, ist es schwierig, die gegnerische Waffe zu greifen bzw zu kontrollieren. Wer das dann trotzdem versucht, hat nicht viel davon, ausser er ist eine Klasse besser und der Gegner agiert nur zögerlich.
Es gibt in so einem Dolch/Messer Duell immer noch Möglichkeiten die klassischen Techniken einzusetzen, aber dazu kommt es natürlich seltener.
Gruss, ThomasDem kann ich mich absolut anschließen.
@topic
Worin besteht eigentlich der Unterschied zwischen einer Martial Challenge und einem Turnierkampf? Abgesehen davon, dass die MC natürlich ein Einzelkampf ist.
T. Stoeppler
06-04-2010, 16:23
Bei den Turnieren gibts für alle bindende Regeln und mehrere Kampfrichter. Es ist eben ein Turnier, am Ende gewinnt einer.
Bei der "Martial Challenge" handelt es sich einfach um ein freundschaftliches Duell mit Regeln nach Vereinbarung zwischen zwei Fechtern.
Gruss, Thomas
jimmy-13
10-04-2010, 01:07
Sorry, bin spät dran, aber besser spät wie nie!
Schließe mich obigen an, aber da ich gerade am durcharbeiten des historischen Dolchkampfes bin und eben genau dieses Problem im Sparring hatte (ähnlich guter Gegner, Distanz, fast keine Möglichkeit der Anwendung,....) kann ich noch kurz Marozzo (glaub um das Jahr 1536 ?) einwerfen.
Diese Techniken (leider sind es sehr wenige) find ich super!!
Ist halt eigentlich kein "Mittelalter" mehr.
Kurz erklärt: Rechte Hand, rechter Fuß vorne und Blick auf die Waffenhand -kommt das bekannt vor :D ?!! Angriffe sind dann Stiche in die Waffenhand und Schnitte in den Arm.
Momentan üben wir noch Ringen bei uns, aber im Mai werden dann die Techniken des Marozzo`s ausgiebig im Dolch-Sparring getestet!
Grüße Jimmy
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