Vollständige Version anzeigen : Bagua Zhang
WingChun77
26-04-2010, 19:04
Guten Abend, liebe Forengemeinde!
Ich suche einen Link (youtube?), "auf dem" eine authentische Bagua Zhang-Form zu sehen ist?
Freue mich auf eine kleine Resonanz.
LG sendet
Günther
Es gibt keine eindeutigen, "offiziellen" oder irgendwie nicht willkürlich auf persönlichen Meinungen basierenden Kriterien, anhand deren man eine "authentische" von einer "nicht authentischen" Bagua-Form unterscheiden könnte.
Wer es schafft, "Bagua" im Suchfeld bei Youtube einzugeben, kann sich also nach Belieben an "Authentizität" oder "Nicht-Authentizität" erfreuen, ganz wie es Spaß macht.
wudangdao
26-04-2010, 22:54
Das beste Bagua, das ich kenne:
YouTube - Wudang Bagua (http://www.youtube.com/watch?v=LuTF3797UJw)
Grüße
wudangdao
Einer der besten Meister (von heute) die ich im Netz gefunden habe und bei dem ich selber sehr gerne lernen würde.
OncS_54yMvw
Ma Quanxu ist auch noch ne Adresse.
Schöne Grüße,
Dennis
Wie ich hinsichtlich der "Authentizität" schon andeutete, ist die Frage nach dem, was oder wer "am besten" oder "einer der Besten" ist, eine Sache der mehr oder weniger willkürlichen Wertsetzungen.
Die Performance des Wudang-Künstlers ist sicherlich im Hinblick auf Ästhetik und hinsichtlich einer bestimmten Kombination von fließenden Bewegungen und einer gewissen Geschwindigkeit sehr hoch entwickelt und in diesem Sinne praktisch optimiert.
Im Video von Bai Yucai kann man bestimmte Trainingsmethoden betrachten, die im Hinblick auf die Entwicklung verschiedener SV-Anwendungen, struktureller Körperkräfte usw. ausgerichtet sind. Die Ästhetik der Sache ist diesen Leuten weitaus weniger wichtig. Wenn man nur in der Art der ästhetischen Bewegungen wie in dem gezeigten Wudang-Style trainiert, bleiben Qualitäten, die z.B. auf Methoden in der Art von Bai Yucai basieren, auf der Strecke.
Andere Bagua-Praktiker setzen wiederum andere Schwerpunkte und Wertsetzungen im Hinblick auf Ästhetik und Anwendungskompetenzen.
Man muss sich bewusst sein, dass es keine Bagua-Demo geben kann, in der alle Qualitäten und Ideen, die es irgendwo gibt, wirklich vollständig zur Geltung kommen können. Die Freiheitsgrade, was man warum und wie machen will, sind sehr groß.
Hinsichtlich der Frage der historischen Authentizität kann man wohl annehmen, dass die Demos von Bai Yucai wesentlich mehr der Sache entsprechen, was Dong Haichuan und Schüler im 19. Jhdt. gemacht haben, als die Wudang-Demo-Form.
Hi Zusammen,
Bagua ist wahrhaftig eine wandlungsfähige Kunst und die Interpretationen so vielfältig wie ihre seriösen Interpreten.
Zu den "traditionellen" Bagua-Formen gehört z.B. Laobazhang (Jiang Rong Qiao), welche eine erste komplexere Form auf der ersten Wegstrecke des Lernenden ist.
Ein unglaublicher Fundus an Bagua-Formen in seriöser und herausragender Qualität, mit und ohne Waffen sowie als Partnerformen, ist die Sha Familie bestehend aus den 4 Kindern des Sha Guozheng und seinen unmittelbaren Schülern. Sha Guozheng ist Jiangs Schüler gewesen. Auf youtube findet man einige Aufnahmen von Vorführungen, die er als schon sehr alter Mann machte.
Sha Junjie und Frau sind diesen Juli übrigens in Deutschland. Schau mal in den Kalender.
Gruß
Angela
Mir gefallen beide, und beide dürften bei entsprechendem Trainingsumfang und notwendigen Vor- und Nebenübungen auch funktional wirken. Das eine geht halt mehr Richtung "light body", das andere Richtung "hard strength". Beim "harten" Typen darf man dann nicht im Weg stehen, bei dem sieht man recht stark welche Kraft der entfalten kann. ;) Was mir bei ihm gefällt ist, dass er trotzdem nicht steif wirkt, sondern flüssig, und auch keine komische Architektur hat. Das habe ich schon viel weniger gut gesehen, mit Leuten die breitbeinig rumstapfen, ihr Gewicht viel zu weit vorne haben, und weder Geschwindigkeit noch Kraft vermitteln in ihren Bewegungen.
Jochen Wolfgramm
27-04-2010, 14:32
Liebe FaMulan:
es ist ja schön, sich für etwas oder jemanden zu begeistern und dann dafür Werbung zu machen (wer hat das nicht schonmal gemacht?), ABER irgendwann ist es dann auch mal gut. Kommt von Dir auch mal ein Beitrag OHNE Werbung? Ich hoffe darauf. ;)
T. Stoeppler
27-04-2010, 15:42
Also das Wudang Bagua ist sehr hübsch anzusehen, inwieweit das funktional ist, ist schwer zu sagen. Der Bai Yucai gefällt mir persönlich von der Art des Trainings mehr - ich mache meinen Kram stellenweise recht ähnlich.
Ansonsten sehenswert:
Lu Zijian - Jahrgang ´93 und lebt IMMER NOCH(!)
YouTube - 93 years old and still flying (http://www.youtube.com/watch?v=nFwV5_vvKaA&feature=related)
Hier ist ein Bagua-Dao Video, das beste, was mir bislang untergekommen ist:
Li Zhiqing (und nicht Li Ziming, wie es im Titel steht)
http://www.youtube.com/watch?v=uYFOQBaYLKg
Von Li Ziming gab es mal einen Zusammenschnitt, aber der User, der das ganze coole Zeug hatte, ist nicht mehr auf Youtube.
Gruss, Thomas
Lieber Jochen,
ich geh´ lieber trainieren.
Ein Bagua-Meister aus Fleisch und Blut ist halt deutlich näher an der Kunst als youtube-clips. Könnte ja immerhin sein, dass die hier vertretenen Bagua Fans ein 4D Erlebnis der virtuellen Kampfkunst vorziehen. That´s all!
Gruß
Was ich auch recht interessant finde sind die Videos von Dr. Painter
z. B:
YouTube - Baguazhang For Police (http://www.youtube.com/watch?v=VVvaG5V8mFE)
Jochen Wolfgramm
27-04-2010, 16:54
Lieber Jochen,
ich geh´ lieber trainieren.
Ein Bagua-Meister aus Fleisch und Blut ist halt deutlich näher an der Kunst als youtube-clips. Könnte ja immerhin sein, dass die hier vertretenen Bagua Fans ein 4D Erlebnis der virtuellen Kampfkunst vorziehen. That´s all!
Gruß
Kein Grund patzig zu werden. Aber schön, wenn Du in Zukunft lieber trainieren gehst, statt penetrant Werbung zu schieben. :rolleyes:
GilesTCC
27-04-2010, 19:45
Dieses Vid ist kurz aber bündig: :)
<object width="480" height="385"><param name="movie" value="http://www.youtube.com/v/rA_AuE5Z0ZA&hl=de_DE&fs=1&"></param><param name="allowFullScreen" value="true"></param><param name="allowscriptaccess" value="always"></param><embed src="http://www.youtube.com/v/rA_AuE5Z0ZA&hl=de_DE&fs=1&" type="application/x-shockwave-flash" allowscriptaccess="always" allowfullscreen="true" width="480" height="385"></embed></object>
Moin Jochen,
wer ist patzig...?
Dieses Vid ist kurz aber bündig: :)
<object width="480" height="385"><param name="movie" value="http://www.youtube.com/v/rA_AuE5Z0ZA&hl=de_DE&fs=1&"></param><param name="allowFullScreen" value="true"></param><param name="allowscriptaccess" value="always"></param><embed src="http://www.youtube.com/v/rA_AuE5Z0ZA&hl=de_DE&fs=1&" type="application/x-shockwave-flash" allowscriptaccess="always" allowfullscreen="true" width="480" height="385"></embed></object>
In den Video werden verschiedene "Hände", also "Zhang"s demonstriert, bspw. Pi Zhang (spaltende Hand), Tui Zhang (schiebende Hand) u.a..
Die einzelnen Demos kann man lediglich als Beispiele für Möglichkeiten, wie man Pi, Tui usw. einsetzen kann, betrachten; d.h. nicht im Sinne "im Bagua sieht Pi Zhang, die spaltende Hand, immer genau so aus wie dort gezeigt".
Das ist wieder ein Beispiel für die enorme Vielfalt, weil die Praktiker in der Geschichte in den verschiedenen Lineages dazu übergegangen sind, immer mehr verschiedene "Zhang"s zu erfinden, und das war im Grunde auch "ihr Auftrag" von Dong Haichuan, der die Sache in diesem Sinne ins Rollen bringen wollte.
In festgelegten Demo-Formen werden die einzelnen Hände und Anwendungsideen meistens der ästhetischen Gesamtkomposition untergeordnet, und damit nur noch schwer erkennbar; oft werden sie selbst von Profi-Praktikern völlig vergessen und im Einzelnen nicht wirklich verstanden.
An dem Video von Bai Yucai kann man einen Einblick die ursprüngliche Form der Kultur nehmen, nämlich die Hinterhofkultur, in der engagierte Amateur-Praktiker ihr Leben lang an dem Zeugs gebastelt und gerackert haben (und ihre Schüler schikaniert und ggf. aufeinander gehetzt ;) ).
So eine Hinterhofkultur kann durch aalglatte Demos in Seidenanzügen niemals wirklich repräsentiert werden.
WingChun77
28-04-2010, 16:52
Hallo!
Vielen Dank für die vielen Links und Hinweise. Anbei ein Link und die Frage:
YouTube - bagua (http://www.youtube.com/watch?v=zDCY1JgWOVE)
FEIN oder NEIN?
LG sendet
Günther
Meins ist es nicht, aber ok, wenn er das so machen möchte. Die Anwendungen sind ein bischen weit hergeholt.
Ich mag ja Bagua Zhang irgendwie. Die Bewegungskultur gefällt mir.
Aber wenn ich mir manche der Anwendungen anschaue (speziell im Video, das Giles postete), dann denke ich: "Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?" Klar, man kann schon mitten in einem Angriff den Knöchel des Gegners greifen... aber ein simpler Fußfeger wär doch auch nett.
Bei einem Fussfeger kann man aber weder das Knie hebeln, noch denjenigen ausheben und auf den Kopf knallen. Das gibt es übrigens auch als Single-Leg-Takedown im simplen Sportringen, da gibt es auf Youtube ein Video wo sich einer darauf spezialisiert hat und gut damit punktet. Mal nach "low single" suchen.
http://www.youtube.com/results?search_query=low+single+leg+wrestling&aq=f
Klar, kann man das damit nicht. Es sei denn man kniet sich richtig in das Knie des anderen rein.
Ich halte es für einigermaßen umständlich jemanden am Fuß zu packen und ihn damit dann auf den Kopf zu werfen, mehr will ich auch nicht sagen. Um da ranzukommen begibt man sich in ungünstige Positionen würd ich meinen.
GilesTCC
28-04-2010, 21:30
Hallo!
Vielen Dank für die vielen Links und Hinweise. Anbei ein Link und die Frage:
YouTube - bagua (http://www.youtube.com/watch?v=zDCY1JgWOVE)
FEIN oder NEIN?
LG sendet
Günther
Ich kenne den Mann nicht und ich könnte mich durchaus irren in der folgenden Meinung, aber... Gerade dieses Vid beeindruckt mich nicht. Hier sehe ich weder die klare Erdung in den schnellen Bewegungen noch die flexibele, integrierte Ganzkörperkraft, die mich ansonsten bei gutem Bagua so begeistert. Sieht für mich eher "gemacht" aus.
Vielleicht ist er doch gut, aber das müsste man dann fühlen...
Schöne Grüsse,
Giles
Ich kenne den Mann nicht und ich könnte mich durchaus irren in der folgenden Meinung, aber... Gerade dieses Vid beeindruckt mich nicht. Hier sehe ich weder die klare Erdung in den schnellen Bewegungen noch die flexibele, integrierte Ganzkörperkraft, die mich ansonsten bei gutem Bagua so begeistert.
Jap, seh ich genau so.
Grüße,
Dennis
taiwandeutscher
29-04-2010, 03:37
Schließe mich den letzten Meinungen an, habe den Typen aber auch schon auf TJQ-WMs gesehen, als Mitglied einer adretten Franzosen-Gruppe, deren Leiter in der EU verherrlicht wird, hier aber richtig vorgeführt wurde. Darüber habe ich schon mal im TJQG-Journal geschrieben, detaillierter auf meiner Website. Inneres kann man da aus 10m Nähe und im PHs nicht mehr viel sehen.
Aber auch das Wudang-Vid. überzeugt mich überhaupt nicht. Zwar eine schöne Show, aber hat mit dem was ich hier als Bagua-Teilzeitler lerne une kennen gelernt habe, kaum was zu tun. Ich empfehle nochmals Luo Dexiu!
Nagual hatte dazu einen Post jüngst mit einem sehr guten Satz abgeschlossen.
Wenn bei mir einer ernsthaft nen Fussfeger aus dem Kinderbodenturnen versucht um mich "anzugreifen", verprügele ich ihn schon aus Prinzip mit nem nassen Handtuch. Low Single Legs sind ein absoluter Brot-und-Butter-Angriff in sämtlichen Grappling-Wettbewerben, natürlich "geht" das, und zwar gut wenn man sowas kann.
Fei Long
29-04-2010, 15:45
...Darüber habe ich schon mal im TJQG-Journal geschrieben, detaillierter auf meiner Website...
Darf ich fragen, wie Deine Webseiten-Adresse lautet? Klingt interessant, würde ich gerne mal lesen.
WingChun77
01-05-2010, 00:46
Guten Abend zusammen!
...grübel...
Gibt es denn einen Link für die einzelnen 8 Handformen des Bagua?
LG
Günther
Guten Abend zusammen!
...grübel...
Gibt es denn einen Link für die einzelnen 8 Handformen des Bagua?
LG
Günther
Es gibt nicht "die einzelnen 8 Handformen des Bagua".
Es gibt in verschiedenen Lineages häufig z.B. 8 Handhaltungen (für das Kreislaufen), die sich in verschiedenen Lineages jedoch meistens mehr oder weniger unterscheiden.
Meistens kann man erkennen, dass bestimmte Handhaltungen oft in verschiedenen Lineages vorkommen, und daher Varianten einer Idee sind. Manche Handhaltungen gehören in der einen Lineage zu den "8 Handhaltungen", in andere sind sie optionale, zusätzliche und weniger wichtige Handhaltungen.
In manchen Lineages wird zwischen den sog. "alten 8 Händen" und den sog. "neuen 8 Händen" unterschieden. Allerdings sind es sehr oft andere Handhaltungen, die als "alte Hände" oder "neue Hände" bezeichnet werden.
Formen gibt es im Bagua-Bereich extrem viele, wobei die meisten aber eine gewisse Anzahl sehr typischer, immer wiederkehrender Figuren enthalten; aber nun ebenfalls in anderer Reihenfolge und in veränderten Versionen.
Es gibt keine Hauptformen o.ä., auf die man sich berufen könnte. Ursprünglich gab es lediglich Figuren für den Richtungswechsel beim Kreislaufen, und diese Figuren sind mit der Zeit immer komplizierter und länger geworden, so dass es irgendwann dann richtige Formen waren.
Dann hat man optisch den Eindruck, dass sich nur ab und zu ein bisschen Kreislaufen zwischen den ganzen Figuren befindet, und nicht umgekehrt mal eine Figur während des ganzen Kreislaufens.
Damit sich der Zuschauer und ggf. auch der Praktiker nicht so langweilt.
WingChun77
01-05-2010, 11:29
Formen gibt es im Bagua-Bereich extrem viele, wobei die meisten aber eine gewisse Anzahl sehr typischer, immer wiederkehrender Figuren enthalten; aber nun ebenfalls in anderer Reihenfolge und in veränderten Versionen.
@ nagual
Hallo!
Vielen Dank für diese sehr ausführliche und informative Antwort!
Genau diese "wiederkehrenden Figuren" sind es, die ich gewissermaßen suche. Die Muster, die sich in der Vielzahl von Formen und Interpretationen immer wieder finden und somit einen Kern bilden. Da sich das Bagua auf die "Acht Trigramme" bezieht, wage ich nun einfach mal die Behauptung, dass sich diese Figuren (eigentlich) auf diese beziehen müssten.
Was wäre denn eine "typische" Himmel-( oder Erde oder Feuer oder Wasser) Figur?
Hättest du einen Link für solch typische Figuren?
Einen herzlichen Gruß sendet
Günther
Genau diese "wiederkehrenden Figuren" sind es, die ich gewissermaßen suche. Die Muster, die sich in der Vielzahl von Formen und Interpretationen immer wieder finden und somit einen Kern bilden. Da sich das Bagua auf die "Acht Trigramme" bezieht, wage ich nun einfach mal die Behauptung, dass sich diese Figuren (eigentlich) auf diese beziehen müssten.
Blöderweise ist genau das leider NICHT der Fall, obwohl es in gewisser Weise "eigentlich" so sein sollte (da hast du dann recht).
Diese immer wiederkehrenden Figuren sind lediglich eine Art "Best Of", weil sich das historisch so ergeben hat, und weil diese Figuren meistens gut aussehen und sich für den Praktiker "interessant anfühlen".
Man kann die 8 Handhaltungen auf die acht Trigramme beziehen, und hier kann man auch noch verschiedene Quellen finden, so dass das einigermaßen einheitlich möglich ist, obwohl es auch hier "abweichende" Traditionen gibt.
Bei diesen typischen Figuren aus dem Cheng-Bagua und ähnlichen Stilen gibt es keine Zugehörigkeit zu Trigrammen.
Es ist auch ein Fehler, der Häufigkeit des Vorkommens solcher Figuren dort eine größere Wichtigkeit oder erhöhte Repräsentativität o.ä.. anzunehmen.
Wichtig ist, welche generelle Anwendungsidee/technik in so einer Figur (stets nur beispielhaft) verkörpert wird, z.B. Pi (spalten), Ban (umziehen) usw..
Jede dieser Anwendungsideen ist prinzipiell gleichwertig und nicht wichtiger oder typischer als andere. Dementsprechend sind auch alle möglichen Figuren gleichwertig, zumindest hinsichtlich der Anwendungsideen.
Manche Übungen können für den Übenden einen größeren Trainingswert besitzen, aber das relativiert sich ja mit der Zeit, und ist auch bei jedem wieder anders.
WingChun77
01-05-2010, 18:47
Hallo!
Erneut ein Dankeschön für die Antwort. Jedoch bleibt die "Gretchenfrage" für mich nach wie vor unbeantwortet bzw. in einer Grauzone.
Ich nehme einmal das Wing Chun als exemplarische Hilfe:
Drei waffenlose Formen, die sich in zahlreichen Stilen auf individuelle Art und Weise zeigen. Dennoch kann in ihnen (soweit sie den Wing Chun Prinzipien folgen) der Kern gesehen werden bzw. sie vermitteln diesen. Ebensolches gilt für die nächste Stufe: Die Holzpuppenform: Auch hier unzählige Interpretationen, aber der Kern bleibt erhalten. Selbiges gilt für das Taijiquan, (Achtung wir werden japanisch :rolleyes:) das KarateDo, das AikioDo etc...
Ich behaupte:
Solch einen Kern muss es doch auch beim Baguazhang geben! Es ist immer wieder die Rede von den "8 Mutterhänden". Auch wenn sich die Stile stets voneinander unterscheiden (selbst dann, wenn sie sich nicht den 8 Trigrammen zuordnen lassen), so muss es doch einen gemeinsamen Nenner geben, auf den man das BZ bringen kann?
LG sendet
Günther
Ich behaupte:
Solch einen Kern muss es doch auch beim Baguazhang geben! Es ist immer wieder die Rede von den "8 Mutterhänden". Auch wenn sich die Stile stets voneinander unterscheiden (selbst dann, wenn sie sich nicht den 8 Trigrammen zuordnen lassen), so muss es doch einen gemeinsamen Nenner geben, auf den man das BZ bringen kann?Ja, der "innerste Kern" ist das Kreislaufen. Aus dem Kreislaufen entsteht alles, und alles wird auch als abstrakte Idee und erlerntes Prinzip wieder in das Kreislaufen zurück geführt und dort "verdichtet". Hier geht es natürlich um die Stabilisierung der Struktur, die Herausbildung von Rotationsachsen (linkes Bein-rechter Arm, linkes Bein, linker Arm usw.), eine gewisse Beugung der Wirbelsäule und eine flexible, stabile und rotationsorientierte Schrittarbeit.
Die "8 Mutterhände" *) stellen dann ergänzende Varianten dar, als "8 Kerne", d.h. 8 Varianten eines Kerns. Die Handhaltungen stellen die Basis für bestimmte Kräfte und Anwendungsideen dar, platt gesagt das, wozu die Handhaltungen praktisch eingesetzt werden können, wenn man die Arme und Hände von diesem Ausgangspunkt bewegt.
Weitere "Kerne" stellen dann bestimmte Kraftarten dar und bestimmte allgemeine Anwendungsideen, die sich an Schlüsselbegriffen orientieren, z.B. Pi, Ban, Xiao, Qin usw..
Es ergibt sich also eine Art Auffächerung in immer mehr "Unter-Kerne".
Die Schwierigkeit für das Verständnis besteht ggf. darin, dass im Grunde alle "Unter-Kerne" lediglich dem Kreislaufen untergeordnet sind, aber ansonsten gleichrangig sind, bzw. ganz verschieden organisierbar und kombinierbar.
Das ist auch der historische Grund für die inhaltliche Zerfaserung in den verschiedenen Traditionen, d.h. jeder macht was anderes, und was gemeinsam ist, wird stets anders interpretiert.
Es gibt keine "die Bagua-Form", die hier Ordnung reinbringen würde. oder wichtiges von unwichtigem trennen könnte.
Der Bagua-Mainstream, d.h. die ganzen ähnlich aussehenden Seidenanzug-Demo-Formen, erweckt manchmal eben den Anschein, dass es so etwas geben würde, aber das täuscht.
*) Die "8 Mutterhände" werden in verschiedenen Lineages verschieden interpretiert, d.h. das sich auch das Verständnis des Kerns unterscheidet.
Weil die Idee des Kreislaufens (als innerstem Kern) aber sehr allgemein ist, kann man sagen, dass sich die verschiedenen Bagua-Traditionen nicht wirklich einig sind, wie der "eigentliche Kern" denn nun wirklich aussieht oder aussehen sollte. Das ist ein gewisses Problem.
Allerdings ist die chaotische, kulturelle Vielfalt immer noch besser als wenn sich tatsächlich mal irgendeine Variante als "offiziell" durchsetzen würde, weil es für die Wahl so einer Variante keinen wirklichen Grund geben kann.
Man kann als Praktiker nur herausfinden, warum man was wie machen will, und warum das dann für einen selbst gut ist.
Wenn andere irgendwas aus anderen Gründen anders machen, kann das auch ok sein. Mein weiß als erfahrener Praktiker lediglich, dass die anderen Versionen dem eigenen Zweck nicht so gut dienen wie die eigene Version (eben eigene Kenntnis und Erfahrung).
WingChun77
02-05-2010, 13:37
Hallo!
Dies würde bedeuten:
Der Kern des Bagua basiert auf dem "im Kreis gehen". Jedoch stehen die sich einstellenden Figuren (Prinzipien) stets für die individuelle Sichtweise (Entwicklung, Erfahrung, Typus, Anwendung,...) des Praktizierenden - wohl aber (idealisiert) angelehnt an das I-Ging bzw. die 8 Trigramme. Selbiges gilt in nahezu allen Kampfkünsten...
Dennoch (du merkst, wir kommen hier auf keinen Nenner) denke ich nach wie vor , dass in der Vielzahl an Bagua-Stilen ein roter Faden vorhanden sein muss (müsste), der sich aber schwer bis gar nicht finden lassen wird - schon gar nicht als Europäer mit einen minimalen Ausschnitt aus dem gesamten Bagua-Puzzle. Spätestens bei der Intention dieser oder jener Technik bzw. der Anwendung im Kampf (jap. das "Bunkai") gehen dann die Meinungen auseinander.
Hier hilft dann der gute Schiller:
"Wer schwimmen kann, der schwimme
und wer zu plump ist, der gehe unter!"
Lieber "nagual", ich danke dir für diese für mich sehr fruchtbare Diskussion und wünsche dir noch einen schönen Sonntag!
LG sendet
Günther
Der Kern des Bagua basiert auf dem "im Kreis gehen". Jedoch stehen die sich einstellenden Figuren (Prinzipien) stets für die individuelle Sichtweise (Entwicklung, Erfahrung, Typus, Anwendung,...) des Praktizierenden - wohl aber (idealisiert) angelehnt an das I-Ging bzw. die 8 Trigramme. Selbiges gilt in nahezu allen Kampfkünsten...
Die 8 Trigramme sind ja lediglich eine theoretische Angelegenheit, also ein rein abstraktes Orientierungsmuster. In diesem Sinne kann es einen "praktischen Kern" nicht ersetzen, sondern nur ergänzen, oder die Basis der Inspiration sein.
Dennoch (du merkst, wir kommen hier auf keinen Nenner) denke ich nach wie vor , dass in der Vielzahl an Bagua-Stilen ein roter Faden vorhanden sein muss (müsste), der sich aber schwer bis gar nicht finden lassen wird - schon gar nicht als Europäer mit einen minimalen Ausschnitt aus dem gesamten Bagua-Puzzle.
Zum Kreislaufen gehören natürlich bestimmte "triviale" IMA-Attribute wie z.B. aufrechte Wirbelsäule, energetische Zentrierung ins Dantian, abgesenkter Schwerpunkt, u.a..
Auch wenn diese IMA-Merkmale z.B. konstiutuierend für Taiji-Formen sind, bedeutet das NICHT, dass die Merkmale des Kreislaufens mit denen von Taiji-Figuren identisch sein müssten!
Ein gewisser roter Faden für einzelne Bagua-Figuren stellt in vielen Bagua-Stilen so ein "spiraliges Gefühl" dar, welches sehr intensiv z.B. in der bekannten Figur "Drachenspirale" oder "serving the tea cup" zum Ausdruck kommt. Insbesondere die Cheng-Bagua (ähnlichen) Stile funktionieren im Wesentlichen so, dass dieses Gefühl eine (scheinbare) Grundlage für jede Figur darstellt, und man im Grunde alles an chaotischen Spiralbewegungen machen könnte, was sich eben so anfühlt, und wenn es dann abgefahren und wirbelig-spiralig aussieht, ist es "besonders tolles" Bagua.
Das Problem bei diesem Ansatz ist, dass die eigentlichen Inhalte, nämlich Anwendungsprinzipien wie Pi, Ban, Xiao, Dang, Dai usw. untergehen, und auch die eigentliche Bedeutung der "Mutterhände" nicht mehr erkannt wird.
schon gar nicht als Europäer mit einen minimalen Ausschnitt aus dem gesamten Bagua-Puzzle.
Ob man Asiate oder Europäer ist, stellt kein Problem dar, eher die Angelegenheit, die der ursprüngliche Sinngehalt von den meisten Chinesen nicht mehr verstanden wird, sondern Bagua im Mainstream eben zu einer chaotischen und optisch aufgepeppten Performance-Kunst degeneriert.
Nach was zur Bedeutung, Nutzung und historischen Bewertung der Trigramm-Theorie im Bagua-Bereich:
1.) Über die Zeit, in der Dong Haichuan seine Kunst entwickelt und an seine ersten Schüler weiter gegeben hat, wird erzählt, dass er seine Kunst nicht "Baguazhang", sondern "Zhuan Zhang" ("drehende bzw. wandelnde Hände") genannt hat. Die Idee des Yijings dürfte zwar als allgemeine daoistische Theorie (geistig-philosophisch, die generelle Praxis und Lebenseinstellung betreffend) "anwesend" gewesen sein *), jedoch nur in sehr allgemeiner Hinsicht von praktischer Bedeutung, d.h. nicht im Sinne der konkreten Zuordnung von Bewegungen oder Bewegungselementen zu Trigrammen.
2.) Später legte Sun Lutang in seinem Buch über "Baguazhang" (was er dann so nannte, und was die Namensgebung historisch entscheidend gefestigt haben dürfte), eine Zuordnung der 8 Mutterhände zu den Trigrammen fest.
Man kann allerdings feststellen, dass sich bei weitem nicht alle Traditionslinien um diese Zuordnung kümmern, oder so einer Zuordnung eine praktisch-konkrete Bedeutsamkeit beimessen.
3.) Es finden sich in verschiedenen Traditionslinien konkretere Interpretationen und Zuordnungen von Trigrammen zu Bewegungselementen, die sich jedoch i.d.R. von Lineage zu Lineage fast komplett unterscheiden, und auch innerhalb einer Tradition als flexible und wandelbare Angelegenheit betrachtet werden, und nicht als Gesetzesvorschrift, die konkret befolgt werden müsste. Als Beispiel kann genannt werden, dass man die einzelnen Linien der Trigramme auf verschiedene Körperteile beziehen kann, z.B. auf drei Abschnitte der Wirbelsäule oder drei Gelenke der Gliedmaßen.
Aus diesen Interpretationen und Anwendungen der Trigramm-Theorie kann man jedoch keinesfalls eine Zugehörigkeit von bestimmten häufig vorkommenden Figuren zu bestimmten Trigrammen ableiten.
Zudem liegt ein gewisser Witz der Theorie und auch der Praxis des Kreislaufens darin, dass das Zentrum "leer" gelassen wird, d.h. weder der (grafische) Kreis (bzw. das Achteck) der acht Trigramme enthält ein Zentrum **), noch kommt man jemals bei der Praxis des Kreislaufens im Zentrum an, sondern man geht eben stets drumherum.
Der "fehlende Kern" ist also ein wichtiges Element der ganzen Angelegenheit, und ein zentrales Element (-> paradoxer Ausdruck!) der Komplexität der Sache!
Aus diesem Grunde ist auch die Zentrierung im Dantian von (meistens geringfügig) anderer Qualität als bspw. im Taiji, d.h. nämlich, dass im Bagua bspw. die Orientierung an den Rotationsachsen der Gliedmaßen phasenweise eine höhere Bedeutung haben kann als die Dantiansteuerung der Bewegungen.
*) evtl. vergleichbar wie bei sämtlichen europäischen mittelalterlichen Philosophen das Bibelwort selbstverständlicher Bezugspunkt sämtlicher Anschauungen gewesen ist
**) Die Füllung des leeren Zentrums mit dem Yin-Yang-Symbol kann man hier eher als optische Ergänzung betrachten, bzw. als daoistisches Doppelsymbol, d.h. der eigentliche Kreis der Trigramme ist auch ohne Yin-Yang-Symbol vollständig, darauf kommt es hier an!!!
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