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Vollständige Version anzeigen : Vitamin Mythos Fernsehbeitrag



Franz
30-06-2010, 11:14
Der Vitamin-Mythos - SWR Fernsehen :: Odysso | SWR.de (http://www.swr.de/odysso/-/id=1046894/nid=1046894/did=6325596/3ldfbl/index.html)

Radikalenfängern
Millionenfach plumpsen sie in Deutschland jeden Tag in Wassergläser und lösen sich zischend auf: Vitamintabletten. Wer sie nimmt, fühlt sich bestens bedient. Denn wer weiß schon, ob er mit seiner Ernährung jeden Tag die richtige Vitamindosis erwischt. Einfach eine Multivitamintablette nehmen - und schon ist man auf der sicheren Seite. So hieß es bisher. Aber die schöne Geschichte von den immer-guten Vitalstoffen gerät mehr und mehr ins Wanken. Vor allem die Verkaufsschlager C, E und das Provitamin A, die vielgerühmten Radikalenfänger, stehen mittlerweile in Verdacht, mehr zu schaden als zu nutzen.
Radikalenfänger - das Ende eines Mythos

* Unüberschaubares Angebot: Vitaminpräparate
Dabei ließ sich die Geschichte von den Vitaminen als Radikalenfänger so schön und plausibel und vor allem werbewirksam erzählen: Freie Radikale sind aggressive Sauerstoffmoleküle, die im Körper ständig bei Stoffwechselprozessen entstehen. Tatsächlich bereiten die freien Radikale dem Körper Stress, können Zellwände oder auch die Erbsubstanz angreifen. Deshalb werden sie seit Jahrzehnten als Auslöser von Krebs oder gar als Grund für das Altern diskutiert. Vor allem von Firmen, die mit dem Verkauf von Radikalenfängern Geld verdienen.
Denn im Reagenzglas funktioniert es prächtig: Die Radikalenfänger, die Vitamine A, E und Provitamin A verbinden sich mit den randalierenden Sauerstoffmolekülen und entschärfen sie auf diese Weise. Doch offenbar profitiert der ganze Mensch dennoch nicht von ihnen. Ja, sie erhöhen sogar das Risiko zu versterben. Dies ist das erstaunliche Ergebnis der größten Untersuchung zum Thema Radikalenfänger, die je durchgeführt worden ist.
47 Studien mit fast 200 000 Probanden

* Freie Radikale beschädigen das Erbgut.
Die Studie wurde an der Universität Kopenhagen durchgeführt. Von einem Expertenteam um Dr. Christian Gluud. Die Forscher fertigten eine so genannte Metastudie an. Das ist eine Zusammenfassung der besten - nach strengsten Regeln durchgeführten - Einzelstudien, die in den medizinischen Datenbanken zu finden sind.
Diese Studienform gilt unter Wissenschaftlern als das Optimum einer medizinischen Studie. Vor allem, weil mit dieser Technik sehr große Fallzahlen zusammenkommen und die Aussagen statistisch sehr gut abgesichert sind. Die Kopenhagener Metastudie stützte sich auf 47 Einzelstudien, die den höchsten wissenschaftlichen Anforderungen genügen. Fast 200 000 Probandinnen und Probanden nahmen daran teil. Das Ergebnis: In den Gruppen, in denen Vitamine genommen wurden (A, C, E und Provitamin A), war die Sterblichkeit klar erkennbar höher als in den Kontrollgruppen, in denen die Probanden keine Vitamine nahmen.
* Vitamin A
* Vitamin C
* Vitamin E
Vitamin A (Retinol) gehört zu den fettlöslichen Vitaminen. Besonders für das Sehen ist dieses Vitamin wichtig, da es im Sehfarbstoff eine tragende Rolle spielt. Daneben hat Vitamin A auch eine Bedeutung für das Immunsystem, die Hautbildung und wirkt als Wachstumsfaktor. Da der Körper fähig ist, aus Carotin, einem gelben Farbstoff, Vitamin A zu bilden, können durch grüne und gelbe Gemüse (vor allem Karotten) und Obst der Vitamin-A-Bedarf gedeckt werden. Vitamin A ist außerdem reichlich in Milchprodukten (Spitzenreiter ist Camembert), Eigelb, Leber und Fettfischen enthalten.
Ascorbinsäure und ähnliche Stoffe mit gleicher Wirkung (Derivate) werden unter der Bezeichnung Vitamin C zusammengefasst. In der Nahrung kommt Vitamin C vor allem in Obst und Gemüse vor. Problem ist hierbei: Vitamin C ist relativ empfindlich gegen Einlagerung und Hitze und tritt außerdem leicht ins Kochwasser über. Zitrusfrüchte wie Orangen, Zitronen und Grapefruits enthalten - in reifem Zustand unmittelbar nach der Ernte - viel Vitamin C. Grünkohl hat den höchsten Vitamin-C-Gehalt aller Kohlarten dahinter kommen Rot-, Weiß- und Sauerkraut. Die höchsten natürlichen Vitamin-C-Konzentrationen findet man in der Camu-Camu und in der Acerolakirsche.
Vitamin E ist ein Sammelbegriff für eine Gruppe von bisher entdeckten, sechzehn fettlöslichen Substanzen und hat vor allem eine Schutzfunktion auf Zellmembranen, indem es hochreaktive Sauerstoffverbindungen abfängt. Den höchsten Gehalt an Vitamin E haben Pflanzenöle. Allerdings wird der Gehalt durch den hohen Anteil an ungesättigten Fettsäuren etwas relativiert. Manche Gemüsesorten wie Grünkohl, Schwarzwurzeln oder Paprika sind deshalb auch sehr gute Quellen für Vitamin E, da sie wenig Fett enthalten.
Immer wieder hatte es einzelne Studien gegeben, die eine Erhöhung von Risiken durch diese Vitamine gezeigt hatten. Zum Beispiel eine Erhöhung des Risikos an Prostatakrebs zu erkranken oder Gehirnblutungen zu erleiden. Doch erst die Metastudie aus Kopenhagen erbrachte ein gesichertes Ergebnis über das Risiko durch Radikale fangende Vitamine. Nur das Vitamin C erwies sich in der Studie als ungefährlich. Allerdings - so der Leiter der Studie, Christian Gluud - sei es auch nicht möglich gewesen, deutliche positive Effekte durch Vitamin C nachzuweisen. Es gebe keinen Grund, Megadosen an Vitamin C zu nehmen, um eine gewöhnliche Erkältung zu bekämpfen. Die Studie entlarvte das Erklärungsmodell von den gefährlichen Radikalen, die mit den Vitaminen entschärft werden müssen, als ein Märchen der Vitaminhersteller.
Vitamine: vom Ladenhüter zum Verkaufsschlager

* Funktioniert nur richtig im Labor: Vitamine als Radikalenfänger.
Der Pharmazie-Historiker Heiko Stoff von der Universität Braunschweig hat zur Geschichte der Vitamine geforscht. Anfang der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts, so Stoff, hat der Pharmakonzern Hoffmann La Roche das Patent zur Herstellung von Vitamin C gekauft. Schon damals war bekannt, dass Vitamin-C-Mangel zu der schweren Krankheit Skorbut führt. Im 18. Jahrhundert waren Seeleute an dieser Krankheit gestorben, weil sie auf langen Fahrten keine frischen Nahrungsmittel zur Verfügung hatten. Doch im 20. Jahrhundert gab es keinen Vitamin-C-Mangel. Das weiße Vitamin-Pulver erwies sich als Ladenhüter. Bis die Firma Hoffmann La Roche die These aufstellte, dass das Vitamin C als Radikalenfänger der Gesundheit insgesamt nutze und die Abwehrkräfte stärke - so der Pharmaziehistoriker Stoff. Im Dritten Reich wurde das Vitamin dann als "V-Drops" an die Soldaten verteilt, mit dem Argument der "Leistungssteigerung". In den 60er Jahren war es der Nobelpreisträger Linus Pauling, der als bekennender Fan von Megadosen von Vitamin C das weiße Pulver populär machte. Pauling glaubte, Vitamin C helfe gegen Krebs. In dieser Zeit entdeckte auch die Werbeindustrie das Label "mit extra Vitaminen" als verkaufsförderndes Argument.
Bei den Kunden Top - in Studien Flop

* Künstliche Vitamine erhöhen Sterblichkeit: Dr. Christian Gluud
Allein in Deutschland geben die Vitamin-Gläubigen jedes Jahr etwa 800 Millionen Euro für Vitaminpräparate aus. Dabei haben diese Vitalstoffe in Studien immer wieder gezeigt, dass sie die Erwartungen, die an sie gestellt werden, nicht erfüllen. Als Schutz vor Herzinfarkt und gegen Alzheimer, als nützlich für Raucher und Sportler, als Garant für körperliche und geistige Leistungskraft werden sie in Werbeversprechen angepriesen. Keine dieser Aussagen konnte in wissenschaftlichen Studien belegt werden. Dabei steht außer Frage, dass Vitamine für den Körper wichtig sind. Nur - und das hat die vom Bundesforschungsinstitut durchgeführte "Nationale Verzehrstudie" deutlich gezeigt - es besteht in Deutschland kein Mangel an Vitaminen. Eine normale Ernährung reicht aus, um die empfohlenen Vitamindosen aufzunehmen. Darüber hinaus bieten Vitamine keinen Zusatznutzen.
Die Verkaufsschlager A, E und Provitamin A können als zusätzlich aufgenommene Vitaminpräparate sogar schädlich sein. Nur bei zwei Vitaminen - so das Bundesforschungsinstitut - bestehe eventuell ein Bedarf für Vitaminpräparate. Frauen, die schwanger werden wollen, können Folsäure-Präparate nehmen, um die Gefahr für einen "offenen Rücken" bei ihren Babies zu senken. Und Frauen mit Osteoporose-Risiko profitieren von Vitamin D. Ansonsten sind Vitaminpräparate überflüssig.

Pyriander
30-06-2010, 16:13
Gutes Posting, kann man sicher noch lange mit Aufklären, bis dass die Allgemeinheit auch geschnallt hat.

nihonto
30-06-2010, 16:50
Der Vitamin-Mythos - SWR Fernsehen :: Odysso | SWR.de (http://www.swr.de/odysso/-/id=1046894/nid=1046894/did=6325596/3ldfbl/index.html)

[...]Eine normale Ernährung reicht aus, um die empfohlenen Vitamindosen aufzunehmen. Darüber hinaus bieten Vitamine keinen Zusatznutzen. [...]

Das Problem ist nur - was ist eine "normale" Ernährung? Pommes, Hamburger, Chips und natürlich 'n Kasten Bier vor der Glotze?

Ich glaub', ich lehn' mich nicht mal besonders weit aus dem Fenster, wenn ich behaupte, dass sich immer weniger Menschen hier im Lande so "gesund" ernähren, dass sie genug Vitamine mitbekommen.

Trinculo
30-06-2010, 17:19
Pommes sind auch nicht ungünstiger als ein Butterbrot, ein Hamburger nicht schlimmer als eine Bratwurst. So viel schlimmer als früher ist die Ernährung bestimmt nicht.

TheCornInGrove
30-06-2010, 17:22
Pommes sind auch nicht ungünstiger als ein Butterbrot, ein Hamburger nicht schlimmer als eine Bratwurst. So viel schlimmer als früher ist die Ernährung bestimmt nicht.

Alles ist schlimmer als Früher...

Trinculo
30-06-2010, 17:28
Vor allem werden heute den meisten Lebensmitteln schon aus Konservierungsgründen Vitamine zugesetzt ... ich denke, wir nehmen heute, ob wir wollen oder nicht, deutlich mehr Vitamine auf als unsere Vorfahren ;)

foodaktuell - Internetmagazin für die Lebensmittelbranche (http://www.foodaktuell.ch/report_fleisch.php?id=381)

nihonto
01-07-2010, 09:23
Pommes sind auch nicht ungünstiger als ein Butterbrot [...]

Hmmm, wenn ich täglich so viele Pommes-Packungen essen würde, wie ich Stullen verputze, möchte ich gar nicht wissen, wie ich jetzt aussehen würde:o.:D