PDA

Vollständige Version anzeigen : Gürtelprüfung im JKD?



Brother Team Minden
16-07-2010, 13:56
Hallo zusammen,
ich werde immer wieder gefragt, warum Bruce Lee keine Gürtelprüfungen eingeführt hat. Diese Frage scheint noch aktuell zu sein. Ich versuche mal eine Antwort darauf zu geben. Es gibt wohl mehrere richtige Antworten auf diese Frage. Dies ist eine von vielen. Viel Spaß beim lesen!
Aus einer Untersuchung des "Hochschul-Informations-Systems (HIS)" an der Universität Münster geht hervor, dass ein Fünftel der Studierenden psychische Probleme im Studium hat und vor allem unter Prüfungsängsten leidet. Fast ein Viertel der StudienanfängerInnen verlässt die Hochschule vor dem Abschluss. Häufig werden Prüfungen auch aufgeschoben, da die Kandidat Innen nicht wissen, wie sie sich am besten auf eine Klausur oder eine schriftliche Arbeit vorbereiten sollen. (Quelle:Prüfungsangst (http://arbeitsblaetter.stangl-taller.at/EMOTION/Pruefungsangst.shtml)).
Prüfungen rufen also Begrenzungen hervor. Das bedeutet, auf die Kampfkunst bezogen, dass die Gürtelprüfungen im Gegensatz der Jeet Kune DO Philosophie steht: ,, using no way as a way, using no limitations as a limitation." Bedeutet: keine Reglementierung. Wenn wir einen Blick auf die Kinder richten, sehen wir, dass Jungen und Mädchen anders lernen. Sie denken anders und sind verschieden. Wenn wir Kinder über einen längeren Zeitraum beobachten, dann werden wir feststellen, dass es gewisse Phasen gibt (V.F.Birkenbihl, 2000:15).
Vera F. Birkenbihl, schreib dazu:
,,Wenn das Gehirn für bestimmte Entwicklungen Reif ist, öffnet sich ein Lernfenster für diese Art von Aufgaben“(:15).
Was hat das jetzt mit mein Thema zu tun? Das Lernfenster des Gehirns öffnet sich also nach Phasen. Das wusste schon Bruce Lee. Und an dieser Stelle knüpfen wir als Jeet Kune Do Trainer an. Das ist der Bogen den ich spannen möchte. Unsere Erfahrung als Jeet Kune Do Trainer, lässt keinen Zweifel daran bestehen, dass die Lernfenster der JKD Stundenten/innen sich in unterschiedlichen Phasen öffnen und sie sich somit ein gewisses Verständnis über das Jeet Kune Do aneignen können. Es werden keine Gürtelprüfungen mehr nötig sein. Es bedarf legendlich einer Lektion von Interesse, um ein Lernfenster des Gehirns zu öffnen. Die Allgemeine Annahme ist, dass Männer und Frauen in einem bestimmten Alter Dinge, lernen können. In erster Linie geht es uns als Trainer darum, wenn unsere Studenten etwas interessiert, lernen sie sehr schnell. Das wirkt sich positiv auf das Training aus. In einer Umgebung, in der Prüfungen nicht relevant ist, fällt es weiter nicht auf zu lernen, und so können sich die JKD Studenten/innen dann weiter entwickeln, wenn das Gehirn für diese Art von Übung bereit ist. Und darum ging es Bruce Lee. Bei der Entwicklung der JKD Studenten/innen spielen zum einen die Phasen und zum anderen die Interessenfelder der JKD Schüler eine Rolle. Mit Interessenfelder meine ich, die Strategien, Methoden und Techniken im Jeet Kune Do. Es ist zu erkennen, dass Frauen und Männer unterschiedlich ihre Nervenbahnen im Gehirn anlegen. Das forschen im Jeet Kune Do eröffnet Lernfenster wobei die JKDler bei Interesse Neuronale Netzfelder anlegen. Das kann bei Männer und Frauen ganz unterschiedlich sein. Es geht darum, dass JKD ler nach ihrem Rhythmus lernen und sich entfalten können. Der Vorteil ist, dass Jeet Kune Do Studenten gesünder trainieren und lernen und darauf kommt es ja unter andrem im Training an.


Gruß
Serdar Balkan

straightblast
16-07-2010, 15:18
@ Brother Team Minden intressanter beitrag.
meiner meinung nach sind gürtelprüfungen auch nicht effektiv/sinnvoll oder nützlich, da die prüfung nicht zwingend das "wirkliche" technischelevel zeigt, es werden techniken auswendig gelernt und dann findet ledeglich eine art "theaterstück" statt.
zudem beeinträchtigen die gürtel bei vielen leuten das lernverhalten. oft wird zuviel falscher stolz an den tag gelegt!

salurian
16-07-2010, 16:26
Gürtelprüfungen haben doch den Zweck, gerade bei großen Gruppen, auf einen Blick feststellen zu können welche Techniken ein Schüler schon beherrscht. Das vereinfacht das Zusammenführen von Schülern mit in etwa
dem gleichen Techniklevel und somit des Unterrichts.
Weiterhin ist es oftmals so das die Schüler mittels der abgelegten Gürtelprüfung eine Anerkennung für ihre erbrachten Leistungen bekommen.
Die zeigt man gerne mal vor.

Warum Bruce Lee keine Gürtel gemacht hat mag viele Gründe haben:

1) hielt mehr von nem Gummibund um die Hose festzuhalten
2) wollte nicht mit einer anderen KK in einen Topf geworfen werden
3) konnte sich vielleicht merken wie gut seine Schüler waren

etc. pp.

Fakt ist aber das Bruce Lee auch eine Gruppierung vorgenommen hat und zwar nach Phasen. Ob diese Eingruppierung nun eher nach technischen Gesichtspunkten oder seines Eindrucks der persönlichen Weiterentwicklung beim Kampf stattgefunden hat mag ich nicht zu mutmaßen. Kann letzten Endes nur er selbst beantworten oder einer seiner O-Schüler. Macht aber letzten Endes keinen Unterschied ob nach Gürteln, Farben, T-Shirt Farbe, Streifen auf der Hose oder was auch immer gruppiert wird. Eine Einstufung der Fähigkeiten wird so oder so vorgenommen.

Klar ist das Prüfungsprogramme einen engen Rahmen an Techniken stecken.
Heißt aber nicht zwingend das sie die persönliche Entwicklung beschneiden.
Irgendwas muss man ja an lernen und ein Curriculum gabs früher auch schon.
Auf der anderen Seite hat das Fehlen von Prüfungen natürlich Vorteile da der Trainer dann nach den langfristigen Leistungen des Schülers beurteilt ob dieser bereit für die nächste Phase/Gürtel/graduierung ist und sich nicht auf eine, möglicher Weise, schlechte Momentaufnahme (Prüfung) verlassen muss.

cbJKD Wilfried
18-07-2010, 13:47
Bruce Lee hat verschiedene Arten von Bewertungen gehabt.

Erstens gab es die monatlichen "zeugnisse" wo Schüler in Ihren Attributen bewertet wurden, und von Bruce handschriftliche Tipps und Hinweise zur Verbesserung der Leistung. (LA Schule)

Zweitens gab es Ränge, die Bruce NICHT abgeschafft hatte. Was viele jedoch nicht wissen ist, das die Ränge nicht nach Können sondern nach Trainingszeit vergeben wurden. Jedes halbe Jahr kamen die Schüler einen "rang" höher.

Ein Rang 3 wurde mit einem assistant gleichgesetzt.

Drittens:

Das JKD ist ja gar nicht soviel. Wenn man das Programm nicht wie Inosanto zB in Serien vermittelt, sondern "frei" (so wie es unter Bruce´s Leitung noch war), wo willst Du da ein Bewertungskriterium für einen grün oder blau gurt setzen?

Der Gelbgurt kann schon jab und cross, aber noch keinen hook? der Grüngurt hat schonmal arme gerollt, oder auch nicht?

Ich denke, Bruce hatte keine Gürtel aus dem selben Grund, aus dem es im Boxen zB keine Gurte gibt.

JKD ist "skill". Das Vermitteln von Technik und Aufbau von Attributen dient dem Erlangen von Können durch Praxis.

Das ist ein Prozess, ein ewigwährender Prozess. Boxst Du nicht mehr, geht dein Box"können" flöten. Machst Du kein chi sao mehr, verlierst Du diese Fähigkeiten auch.

Da dieser Prozess sehr individuell ist und sich ständig wandelt, ist es schwierig Kriterien für Gürtel abseits vom Kennen von bestimmten Techniken fest zu machen.

silberkatze
19-07-2010, 16:03
In einem bestimmten Kontext - z.B. innerhalb des Lehrplans einer bestimmten Schule wie Inosanto Academy macht es sicherlich voll Sinn mit Prüfungen und verschiedene Levels um einen Standard für Instruktöre zu setzen, die genau das Pensum weiter lehren.

Aber darüber hinaus, was bringt es mir GENAU das Pensum zu ackern um irgendeine Prüfung zu bekommen, wenn ich weiß, dass es Teile davon gibt, die ich trainieren sollte bis der Arzt kommt - und andere Teile, die ich eher in den Hintergrund schieben sollte um mein persönliches stärkstes Potential zu erreichen?

Ich kenne ja den Quatsch bis gehtnichtmehr vom Karate. Da musste ich so-und-so einen Kick GENAU so-und-so ausführen, um meine Prüfung zu bestehen. Und die-und-die Form/Kata, die nicht mal der Sensei in Details erklären konnte. Nun ist meine Physiologie aber so, dass bzw. meine Round-Kicks am effizientesten sind, wenn ich die NICHT so mache.

Wer soll da einen Standard festlegen und beurteilen ob mein Kick für eine bestandene Prüfung gut genug ist? "Gut genug" muss ja letztendlich davon abhängen, was man erreichen will. Und wenn das, was man erreichen will ist, dass man durch Sparrings und andere Experimente eine gute Chance hat, auch in Echt zu funktionieren, was will man dann eigentlich mehr?