Hallo,
habe vor kurzem den Film "Fluch der Karibik" im Kino gesehen und wollte mal fragen ob jemand von Euch weiss, wer die Säbelkämpfe choreographiert hat?
Gruss
Hy,
ich hab nur folgendes dazu gefunden:
Um die Authentizität des Films zu maximieren, verbrachten alle Piratendarsteller und einige der Schauspieler, die britische Marineoffiziere mimen, mehrere Trainingswochen mit dem Stuntkoordinator George Marshall Ruge und seinen Schwertmeistern Robert Anderson und Mark Ivie. Ruge hatte Anderson und dessen Protegé Ivie ursprünglich bei der Arbeit an Die Maske des Zorro (1998) kennen gelernt.
"Bob ist ein legendärer Schwertmeister", sagt Ruge. "Als er in Los Angeles ankam, war die Kampfchoreographie bereits weitgehend abgeschlossen. Doch ich wollte den Schauspielern die Chance geben, ihn kennen zu lernen und mit ihm zu arbeiten, nur um ihnen die extra zehn Prozent zu vermitteln, die nur Bob geben kann, weil er dies seit 50 Jahren macht. Keiner hat diese Erfahrung oder Energie. Es hat sich total gelohnt. Allein die Idee, dass die Darsteller Bobs Geschichte kannten, und der Umstand, dass er einer der Besten im Geschäft ist, ein legendärer Schwertmeister, machte sie auf ihr Training gespannt."
Jeder echte Pirat hat Narben und oftmals ein oder zwei fehlende Körperteile vorzuweisen, was seinen Umgang mit dem Schwert beweist. Für die Piratendarsteller waren die Stunden mit den Schwertmeistern äußerst wichtig, vergleichbar mit "Piratenschule 101 (Grundkurs)".
Da er vor einigen Jahren bereits Hauptdarsteller in Don Juan De Marco (1995) gewesen war, hatte Johnny Depp bereits etwas Unterricht in der Kunst des Fechtens erhalten. "Ich erinnerte mich an das Fechten, das ich gemacht hatte, als totales Körpertraining", meint Depp.
"Es ist ein wunderschöner Sport, sehr balletthaft und präzise. Bei diesem Film war die Schwertarbeit, bei der man sich richtig in den Angriff legt, wesentlich komplexer. Es war viel mehr Arbeit, und es gab mehr Bewegungsabläufe zu lernen. Ein paar Kämpfe schienen zehn Minuten lang zu dauern. In diesen Szenen drehte sich alles um die Choreographie, die Worte kamen später."
Wie es der Zufall wollte, hatte Orlando Bloom bereits mit Ruge sowie Anderson bei Der Herr der Ringe trainiert. "Es war toll, wieder mit Bob zu arbeiten", sagt Bloom. "Ich hatte ein wenig Fechtunterricht, während ich die Schauspielschule in London besuchte, doch mit jemandem zu arbeiten, der so fähig ist wie Bob, ist eine völlig andere Sache. Was soll ich sagen - dies ist der Mann, der Errol Flynn unterrichtet hat!"
"Ich sah mir Der Freibeuter (1953) an, in dem er als Double von Errol fungiert", fährt Bloom fort. "Es war umwerfend. Was so toll an Bob ist, ist dass er die Figur kennt. Er versteht die Notwendigkeit, einen Kampf glatt und sauber aussehen zu lassen, ohne das Gespür für den Charakter zu verlieren."
"Bob versteht das Schauspielen mit dem Schwert", stimmt Geoffrey Rush zu, der vorwiegend mit einem Krummdegen trainierte. "Er sagte: ,Nur weil es schneller wird, heißt es nicht, dass es besser ist.' Die Pausen dazwischen und die Szenen, in denen man Auge zu Auge spielt, sind genauso wichtig wie die schnellen, blenderischen Aspekte. Es war großartig, ihn mit an Bord zu haben."
Während der kurzen Zeit, die Anderson mit den Schauspielern verbrachte, stellte Ruge sicher, dass er ihnen das Grundwissen beibrachte und ihnen so viel als möglich von seinen technischen Fähigkeiten vermittelte. Beim Lernen, ein Pirat zu sein, ging es nicht nur darum, das Gehabe und Benehmen eines Banditen zu imitieren, sondern auch darum, im ernsthaften Studium zu erlernen, ein Krummschwert oder ein Rapier zu führen.
"Piratenfilme sehe ich am liebsten", sagt Anderson. "Modernes Fechten, wie die Wettkämpfe, die man bei den Olympischen Spielen sieht, ist ausgesprochen technisch und präzise in seinen Aktionen. Leinwandkämpfe werden im Gegensatz dazu so choreographiert, dass die Kämpfer die Action für die Kamera so beeindruckend wie möglich aussehen lassen. Doch ob es nun antike oder moderne Schwertkunst ist, man beginnt damit zu lernen, wie man das Schwert richtig hält und es für Angriff und Defensive führt. Und obwohl wir Repliken aus Aluminium benutzen, steht Sicherheit bei mir an allererster Stelle, da das Handhaben eines jeden Schwertes gefährlich ist."
"Schwertkunst ist eine Konversation", erläutert er. "Die Gegner sprechen miteinander durch ihre Klinge. Der Kampfstil variiert für jede Rolle. Wenn es mir gelingt, das Schwert sagen zu lassen, was im Skript passiert, in derselben Art, wie der Dialog die Story vermittelt, dann habe ich das Gefühl, erfolgreich gewesen zu sein."
Quelle (http://www.cyberkino.de/entertainment/kino/1115/111582pr.html)
Gruß Micha
Danke JuMiBa,
interessanter Text.
Danke Dir
Gruss
Ikken-Hissatsu
17-10-2003, 18:47
Schwertchoreoghraphien in Filmen sind immer darauf abgestimmt, dem Zuschaer etwas fürs Auge zu bieten, nicht, realistische und historisch akkurate Kampftechniken zu zeigen. Insofern ist ein Hinweis absurd und typischer Journalistenstuß, das man diesen oder jenen Trainer engagiert hat, um die Authentizität der Szenen zu verbessern.
Just by the way:
Piraten, denen "ein oder mehrere Körperglieder fehlten", wie es so schön heißt, hatten ein schweres Los zu tragen. Vorbild für die karibischen Piraten in den Filmen sind die sogenannten Bukaniere oder Filibuster. Dies waren die Nachfahren französischer Siedler, die von den Spaniern auf äußerst lebensfeindliche Inseln ( eine davon war Tortuga, die Schildkröte, welche sich später zu einem Synonym für das Piratenklischee gemausert hat) vertrieben wurden. Die rauhe Umwelt ließ einen abgehärteten Menschenschlag entstehen, der mit leichten Booten Jagd auf vorbeiziehend Handelsschiffe machte. Später wurde durch den Gouverneur von Tortuga der Codex der "Bruderschaft der Küste" festgelegt. Hierbei handelte es sich um stammesähnliche Gemeinschaften der Bukaniere, die auf homosexuellen Beziehungen unter den Männern beruhten (Das kommt garantiert in keinem Piratenfilm vor!), den sog. "Matelotages", da Frauen so selten waren, daß sie dem Zweck der Fortplanzung vorbehalten blieben. Der Kodex regelte sämtliche Rechten und Pflichten der Mirglieder einer Bruderschaft. Darin war sogar eine Art von Invalidenrente enthalten. Der Kodex verlangte vom Kapitän einer Piratencrew, stets Erster beim Entern eines Beuteschiffs zu sein, nach dem Motto "Mir nach". Ein Anführer, der zb. ein Bein (Verlust der Mobilität) oder ein Auge (räumliches Sehen) verloren hatte, war kampfuntauglich und konnte niemals seinen Posten als Kapitän behalten. De facto wurde er in den meisten Fällen in die Kombüse abgeschoben.
Das nur in aller Kürze zur Realitätsnähe der Hollywooderzeugnisse.
Ich kenne nur einen einzigen guten Piratenfilm und das ist "Freibeuter des Todes"(The Island) mit Michael Caine nach dem Roman von Peter Benchley.
Ikken-Hissatsu
17-10-2003, 20:28
Hier habe ich mal einen erhaltenen Kampfbericht aus dem 17. Jahrhundert rausgesucht. Dieser stellt ein Extrembeispiel für einen Piratenüberfall dar, gibt jedoch einen guten Eindruck, wie solche Gefechte tatsächlich abliefen.
http://www.physiologus.de/kanu.htm
Hi,
das mit den homosexuellen Zweckgemeinschaften stimmt, aber nur teilweise...
Wer sich für das wahre Piratenleben interessiert sollte sich bei amazon.de die Bücher von David Cordingly besorgen, die sind sehr interessant und geben einen guten Einblick in die lebensweise dieser Seeräuber. Über Kampftechniken steht aber so gut wie gar nix drin, Strategien bzw. Schilderungen zu Überfällen und die Vorgehensweise (die lautete meistens zusammengefasst so: "Schneidet ihnen die Gurgel durch und werft sie über Bord!") kommen aber auf jeden Fall vor.
Gruss
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