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Vollständige Version anzeigen : Tai Chi in 50 Jahren



Hongmen
28-08-2010, 21:51
Hi Leute
Was meint ihr, wie wird Tai Chi in 50 Jahren aussehen. Wird es immer mehr eine Gesundheits-Übung, wird die Kampfkunst eine Reincarnation erleben, bleibt es wie es ist oder nimmt es eine ganz andere Richtung?

Gruß
Hongmen

Vlademir
28-08-2010, 23:25
Wie wird es mit der Menschheit in 50 Jahren aussehen? Gibt es uns dann noch und wir strahlen fröhlich vor uns hin? Sind wir ins All ausgewandert? Oder abgesoffen durch eine Megaflut, ausgelöst durch eine Kontinentalplattenverschiebung? Behalten die Majas mit 2012 Recht? Holt uns vielleicht Jesus mit Raumschiffen ab?

Ok, Scherz beiseite. Ohne Kristallkugel wird das wohl kaum jemand beantworten können.

Rorschach
29-08-2010, 00:50
Wenn die Menschen in 50 Jahren sich wieder mit Pfeil und Bogen bekriegen, werden alle Kampfkünste ihre Reincarnation erleben, auch Tai Chi.

scarabe
29-08-2010, 13:19
Wenn es uns dann noch gibt und wir nicht soweit genmutiert sind, daß wir uns gar nicht mehr selbständig bewegen können, sehe ich zwei Möglichkeiten:
a) Taiji ist ein sanftes Gesundheitsgeturne geworden
b) man hat den KK-Aspekt wiederentdeckt und betreibt eine KK in erster Linie, um Kampffähigkeiten zu entwickeln

oder c) die Pilates-Taiji-Step-Welle hat eine völlig neue gymnastische Dsiziplin hervorgebracht

Freddy123
29-08-2010, 14:52
hoffe schon
trainiere noch nicht allzu lange innere kampfkünste
aber bin schon jetzt vollkommen begeistert und versuche alles zu lernen
wenn die leidenschaft bleibt werd ich versuchn einen teil dazu beizutragen das es wieder auch kampfkunst wird^^

Hongmen
29-08-2010, 19:18
hoffe schon
trainiere noch nicht allzu lange innere kampfkünste
aber bin schon jetzt vollkommen begeistert und versuche alles zu lernen
wenn die leidenschaft bleibt werd ich versuchn einen teil dazu beizutragen das es wieder auch kampfkunst wird^^

Klasse. Mach so weiter!
Wenn man in die Tai Chi Vergangenheit schaut und sieht wie es mal war, wird einem Angst und Bange wie es sich zur Zeit entwickelt. Selbst die "Ursprünglichen", driften in kampfkünstlerische Belanglosigkeit ab! Die Überlegung wie TC in der Zukunft vielleicht aussieht und es sich darstellt, kann vielleicht heute schon beeinflußt werden.


hongmen

Freddy123
29-08-2010, 20:14
kann ich dir nur zustimmen!
allein wenn ich schon die leute sehe die tai chi praktizieren ( ich spreche jetzt mal die etwas ältere generation an, so typisch westlich) dann frage ich mich was sit das für eine gymnastikgruppe. nichts für ungut gibt solche und solche aber der haupteil des tai chi wird ja eher mehr so zum bissl bewegen für ältere leute genutzt.
was mich daran stört ist auch das dadurch ein schlechtes image für tai chi in der gesellschaft entsteht und auch bei vielen jugendlichen ( bin 18 also auch noch in meinem alter) viele nur an das bissl rummfuchteln und langsame *gymnastikübungen* denken wenn sie das wort tai chi hören, egal in welchen wortverbindungen.
Besonders das Angebot von bagua und xanyiquan hier in deutschland ist recht mager, wenn überhaupt seltenst vorhanden, eigentlich schade da es schöne kampfkünste sind die bestimmt auch viele jugendlichen trainieren würden

Kamenraida
30-08-2010, 13:23
Ich kann euren Pesimismus überhaupt nicht teilen, im Gegenteil.

Als sich Taichi ab den späten 70er und vorallem in den 80er Jahren in Deutschland verbreitet hat, war es eine reine Eso-Nummer. Es gab zunächst nur sehr wenige Ausnahmen, die auch kämpferisches Taichi gemacht haben. Lag schon allein daran, dass aus politischen Gründen der Zugang zu chinesischen Lehrern aus Mainland China sehr beschränkt war. Hier in Deutschland konnten sich darum obskure Organisationen und Lehrer breit machen, und ihre Interpretationen als alleingültig verbreiten.

Seit den 90er Jahren erleben wir eine ungeheure Auffächerung des Spektrums: Gesundheits-Taichi, Eso-Taichi, Kampfkunst-Taichi. Vorallem letzeres wird doch heute viel mehr und reichhaliger angeboten als zuvor. Dazu kommt noch eine ganze Bandbreite Innerer KK, von denen man vor zwanzig Jahren noch nicht mal was gehört hat...

Hinzu kommt die Öffnung Chinas, die Möglichkeiten überall hinzureisen, Lehrer nach Europa zu holen! Mensch, Leute - ab und zu wandeln sich die Dinge auch zum Guten. Es liegt in diesem Fall an uns, ob wir die vielen Angebote annehmen und was wir draus machen!

Und das gilt auch für die Ausgangsfrage: Legen wir die Grundlage, dass es in 50 Jahren gut bestellt ist um das Taichi. Und dass es dann auch jede Menge Leute geben wird, die eben reines Gesundheits-Taichi machen - so what? Ist doch schön für sie.

bluemonkey
30-08-2010, 14:44
Ich kann euren Pesimismus überhaupt nicht teilen, im Gegenteil.

Ich schließe mich an.

ich kann im Park üben und selbst kleine Kinder wissen, dass das Taijiquan ist und nicht "Karate".
Es gibt sehr gute westliche Lehrer, die eine traditionelle Ausbildung genossen haben und einem die Prinzipien verständlich innerhalb der westlichen Didaktik erklären.
Chinesische Meister haben sich teilweise angepasst und beantworten geduldig Fragen.
Auch westliche Kinder trainieren schon ab jungen Jahren Taijiquan und Teenager fahren zu längeren Trainingsaufenhalten nach Chenjiagou oder an andere Orte, wo auf chinesische Art gelernt wird.

In 50 Jahren wird es also meiner Einschätzung nach eine Reihe von Menschen im Westen geben, die das von Kindesbeinen an fundiert gelernt haben.
Auf der anderen Seite wird die Erforschung weitergehen und die traditionellen Methoden eventuell mit westlichen Kenntnissen der Didaktik, Physiologie und Trainingslehre optimiert werden.

Und hoffentlich gibt es in 50 Jahren noch Leute wie Hongmen, die nicht müde werden, den Mainstream zu hinterfragen:D

va+an
30-08-2010, 15:34
In 50 Jahren wird es nur noch eine Kampfkunst geben.

Tai Tsun oder Wing TaiJi, die aber nicht mehr unterricht werden dürfen,
weil es zu gefährlich wäre. :D

Trinculo
30-08-2010, 19:45
Tai Tsun oder Wing TaiJi, die aber nicht mehr unterricht werden dürfen,
weil es zu gefährlich wäre. :D

:verbeug: Du musst Prophet sein :D

Freier Geist
02-09-2010, 22:59
-

bluemonkey
03-09-2010, 09:56
PS: Was in der Anfangszeit des TCC in Deutschland esoterischer und weniger kämpferisch gewesen sein soll als das, was dann vom mainland bspw. mit Chen Xiaowang hier ankam, ist mir übrigens rätselhaft.


Hängt wahrscheinlich damit zusammen, dass Du Letzteres nur von Videos kennst?
Aus der Chen-Xiaowang-Linie hat mir beispielsweise noch keiner vorgeworfen: "Du schiebst ja mit Kraft" oder versucht, mich mit der Wange zu entwurzeln :p

Muy fa
03-09-2010, 11:02
In 50 Jahren...hmm.
Ich sage es mal generell auf die TCMA bezogen:
wenn der Segen des Maoismus die verbliebenen noch nicht vergewaltigten CMA beglückt hat, wird es vielleicht nur noch oder vor allem ausserhalb Chinas (Europa, Amerika...) Leute geben, die sich ernsthaft mit dem Wesentlichen der CMA beschäftigen. Und sollte China tatsächlich innerhalb der nächsten 50 Jahre zu einer führenden Weltmacht aufsteigen, dann müssen wir uns diese Situation einfach noch viel drastischer vorstellen :kbsmilie:

Kamenraida
03-09-2010, 20:05
[QUOTE=Freier Geist;2312648]@ Kamenraida Na dann hören wir uns doch mal einen wohl recht kompetenten "Mainland"-Chinesen dazu an...

Meine Empfehlung: fahr selbst nach China, dann musst du nicht zitieren. Du wirst in der Tat ein Land voller Widersprüche erleben - aber man kann es nun wenigstens erleben! Und im Gegensatz zu dem, was zu zitierst, finde ich es eher erstaunlich, wieviel der alten Kultur unter den politischen und kulturfeindlichen Bedingungen der letzten 50 Jahre überlebt hat. Obwohl, dein Statement in Bezug auf CXW lässt mich vermuten, dass du eher einfache Antworten suchst. Von daher: Fahr lieber nicht. (Und erst recht nicht nach Japan, wo gesagtes noch viel mehr gilt)

Hongmen
03-09-2010, 20:05
Ich kann euren Pesimismus überhaupt nicht teilen, im Gegenteil.

Als sich Taichi ab den späten 70er und vorallem in den 80er Jahren in Deutschland verbreitet hat, war es eine reine Eso-Nummer. Es gab zunächst nur sehr wenige Ausnahmen, die auch kämpferisches Taichi gemacht haben. Lag schon allein daran, dass aus politischen Gründen der Zugang zu chinesischen Lehrern aus Mainland China sehr beschränkt war. Hier in Deutschland konnten sich darum obskure Organisationen und Lehrer breit machen, und ihre Interpretationen als alleingültig verbreiten.

Seit den 90er Jahren erleben wir eine ungeheure Auffächerung des Spektrums: Gesundheits-Taichi, Eso-Taichi, Kampfkunst-Taichi. Vorallem letzeres wird doch heute viel mehr und reichhaliger angeboten als zuvor. Dazu kommt noch eine ganze Bandbreite Innerer KK, von denen man vor zwanzig Jahren noch nicht mal was gehört hat...

Hinzu kommt die Öffnung Chinas, die Möglichkeiten überall hinzureisen, Lehrer nach Europa zu holen! Mensch, Leute - ab und zu wandeln sich die Dinge auch zum Guten. Es liegt in diesem Fall an uns, ob wir die vielen Angebote annehmen und was wir draus machen!

Und das gilt auch für die Ausgangsfrage: Legen wir die Grundlage, dass es in 50 Jahren gut bestellt ist um das Taichi. Und dass es dann auch jede Menge Leute geben wird, die eben reines Gesundheits-Taichi machen - so what? Ist doch schön für sie.

Mir scheint durch die Öffnung, dass sich etwas verflüchtigt, was vor 30 Jahren noch als sogenannter Touch nur an wenige weitergeben wurde. Jedenfalls von den Taiwan Chinesen. Ich persönlich vermisse auch in den populären Stilen die allumfassende Tiefe des TCC.

In 50 Jahren werden die Meister von vor 30 Jahren nicht mehr sein.

Gruß
Hongmen

puggy
03-09-2010, 20:45
Aber es wird neue Meister geben...

Kamenraida
03-09-2010, 21:32
Mir scheint durch die Öffnung, dass sich etwas verflüchtigt, was vor 30 Jahren noch als sogenannter Touch nur an wenige weitergeben wurde. Jedenfalls von den Taiwan Chinesen. Ich persönlich vermisse auch in den populären Stilen die allumfassende Tiefe des TCC.

In 50 Jahren werden die Meister von vor 30 Jahren nicht mehr sein.

Taiwan hat sich nicht geöffnet, weil es schon immer einigermaßen offen war - dazu kann Taiwandeutscher bestimmt was sagen.

Im übrigen: Ist das Glas halbvoll oder halbleer?! Es kann schon sein, dass einiges an altem Wissen verloren gegangen ist oder dass die Leute früher auf eine Art gelebt und trainiert haben, die wir nicht mehr wollen und können. Einerseits.

Andererseits können Traditionen auch beengen und beschränken. Die Möglichkeiten, die wir dank Reisefreiheit, Internet, Globalisierung haben, sollte man auch nicht unterschätzen - wenn man sie nicht überbewertet und verantwortlich nutzt.

Außerdem wäre doch schon einge Menge gewonnen, wenn wir das, was heute noch da ist, nun erhalten, pflegen, fortführen.

Außerdem bleibe ich dabei: Heutzutage kann man, allein hier in Deutschland zwischen Yang, Chen, Sun, Lee, Zhaobao, Modern Style, Taijidao, Wu, Chinese Boxing und was weiß ich alles wählen - ein ungeheurer Reichtum, der so vor zwanzig Jahren nicht da war. Es kommen Meister nach Deutschland, die das noch vor kurzem bestimmt nicht für möglich gehalten hätten.
Was zurzeit alles angeboten wird, ist bestimmt nicht alles toll. Aber es sind eben auch Perlen darunter. Oder nicht?

Hongmen
03-09-2010, 21:43
Taiwan hat sich nicht geöffnet, weil es schon immer einigermaßen offen war - dazu kann Taiwandeutscher bestimmt was sagen.

Im übrigen: Ist das Glas halbvoll oder halbleer?! Es kann schon sein, dass einiges an altem Wissen verloren gegangen ist oder dass die Leute früher auf eine Art gelebt und trainiert haben, die wir nicht mehr wollen und können. Einerseits.

Andererseits können Traditionen auch beengen und beschränken. Die Möglichkeiten, die wir dank Reisefreiheit, Internet, Globalisierung haben, sollte man auch nicht unterschätzen - wenn man sie nicht überbewertet und verantwortlich nutzt.

Außerdem wäre doch schon einge Menge gewonnen, wenn wir das, was heute noch da ist, nun erhalten, pflegen, fortführen.

Außerdem bleibe ich dabei: Heutzutage kann man, allein hier in Deutschland zwischen Yang, Chen, Sun, Lee, Zhaobao, Modern Style, Taijidao, Wu, Chinese Boxing und was weiß ich alles wählen - ein ungeheurer Reichtum, der so vor zwanzig Jahren nicht da war. Es kommen Meister nach Deutschland, die das noch vor kurzem bestimmt nicht für möglich gehalten hätten.
Was zurzeit alles angeboten wird, ist bestimmt nicht alles toll. Aber es sind eben auch Perlen darunter. Oder nicht?

Du hast natürlich Recht. Es wäre nur schön wenn man die Perlen dann auch findet.
Durch das "Überangebot" werden die "Feinkostläden" von den "Supermärkten" verdrängt. Du verstehst was ich meine?

Gruß
Hongmen

taiwandeutscher
04-09-2010, 02:52
In Taiwan sieht es auch nicht rosig aus. Die letzte Generation der guten alten Typen findet kaum einheimischen Nachwuchs. Hier ist man gewöhnlich auf dem Karriere-Trip, wer quält sich da schon in der Hitze, wenn man klimatisiert armchair worrior sein kann. Bei Luo Dexiu etwa findet man schon mehr Ausländer ernsthaft trainieren als Taiwaner.

Fürs Festland sehe ich genau umgekehrte Tendenzen: Viele wollen Bodyguard werden, oder sonst wie mit CMA ihren Lebensunterhalt erwerben, das Interesse ist also da. Aber was öffentlich, staatlich und durch die bekannten Schulen verbraten wird, hat mit Traditionellen Künsten oft nur noch wenig zu tun. BJJ in Beijing dagegen ist voll in!

Gute ältere Lehrer gibt es dort zwar noch viele, wird aber zunehmend schwieriger die zu finden, und wenn man sie findet, heißt das noch lange nicht, dass sie einen Westler sofort was ordentliches unterweisen. Auf dem Land und auch in Städten muss man oft erst längere Zeit präsent sein und sich bewährt haben, ehe man an das Eingemachte rankommt.

Es gibt aber auch dort ein paar weiße longtime residents, die die alte Schule durchlaufen, etwa in Xi'an oder Shanxi etc.

Hongmen
04-09-2010, 20:31
Gute ältere Lehrer gibt es dort zwar noch viele, wird aber zunehmend schwieriger die zu finden, und wenn man sie findet, heißt das noch lange nicht, dass sie einen Westler sofort was ordentliches unterweisen. Auf dem Land und auch in Städten muss man oft erst längere Zeit präsent sein und sich bewährt haben, ehe man an das Eingemachte rankommt.



Deshalb bin ich ja auch so froh unter Steiner/Casey trainiert zu haben. Casey war damals der einzige "Nicht-Chinese" der in die "Hong Men Huei Gesellschaft" aufgenommen wurde. Und die waren damals Garanten für "true internal boxing".
Ich denke das die wirklichen Könner, den Humbug der mit den IMA´s heutzutage getrieben wird auch beobachten und deshalb wieder vorsichtiger geworden sind.

Gruß
Hongmen

Freier Geist
05-09-2010, 15:47
-

KlingonJake
05-09-2010, 16:22
wie schon erwähnt liegt es an uns, den leuten zu vermitteln , dass TaiJi nicht nur gesundheitssport ist...natürlich ist die kämpferische umsetzung (je nach stil) nicht immer für jeden gleich ersichtlich...aber die umsetzung/anwendung weiterzugeben ist an uns...und wie hier auch schon mal erwähnt wurde liegt es an uns das ganze so rüberzubringen, dass es eben nicht nur gesundheitssport ist...ohne hier werbung machen zu wollen, glaube ich dass Ismet Himmet in der richtung was macht, wobei ich ihn jetzt nicht persönlich kenne...hab halt nur die videos gesehen...glaube aber , dass er das mit der umsetzung ganz gut macht...

ich persönlich übe eben den Yang Stil, da lassen sich die formen ja auch schon prima umsetzen, wenn man sich mal drübert gedanken macht...also lautet die maxime für alle ,die nicht nur den gesundheitssport sehen, nicht rumsitzen und stur die formen wiederholen, sondern sich eben auch mal gedanken drüber machen...denkt mal drüber nach...

Klaus
08-09-2010, 23:16
Mal im Ernst, wofür ist es wichtig, dass die Leute hier "mit Taiji kämpfen lernen" ? Das ist Freizeitsport, und Gesundheitsgymnastik. Wer das ernsthaft trainiert, bekommt auch ernsthaft, im Vorbeigehen, Fähigkeiten. Die bis ins Letzte auszureizen damit man viele Männer am Stück kurzfristig plattmachen kann, mag früher, oder in manchen Situationen, wünschenswert sein. Dürfen tut man kaum, und so häufig ist das auch nicht. Ansonsten müsste man ja auch den tatsächlichen Zweck propagieren, zum Beispiel "mit Taijiquan keine Angst mehr in der Schule", und Schülern beizubringen sich mit entsprechenden Dingen gegen zudringliche Querulanten zu wehren. Tut das einer ? Wenn nicht, wofür der Lärm dass Trainingsmethoden nicht mit der Intensität ausgeführt werden wie das mal nötig war, als die Polizei im Dorf man selbst gewesen ist. Das ist schon lange her.

rudongshe
09-09-2010, 06:51
Keine Ahnung, wo das hingeht.
Je mehr ich mich mit Taijiquan befasse, umso simpler erscheint es mir.
Zum Beispiel interpretiere ich zur Zeit geschätzte 80% der 10000 verschiedenen Anweisungen und Beschreibungen als Blickwinkel auf eine einzige simple Sache.

Ich glaube, Taijiquan wird viel zu kompliziert erklärt und gelehrt und am eigentlichen vorbei - ob bewusst oder unbewusst sei dahingestellt.

Die vielen Formen und Übungen haben sicher ihren Sinn. Aber wenn man den Sinn begreift, kann man sich eventuell reduzieren auf das wesentliche.

Das was man tun muss, ist ganz einfach. Dafür braucht man nicht viel Theorie fürchte ich.
Was sich daraus dann entwickelt, ist natürlich vielfältig beschreibbar.

Die Ursache ist einfach, die Auswirkungen (evtl.) vielfältig.
Aber in den Texten wird beides vermischt.

Aber das sind natürlich immer nur wandelnde Erkenntnisstände bzw. Reflexionen aus der eigenen Praxis. Mag also sein, das ich mich irre. Liegt auch vielleicht an der "Einfachheit" "meines" Stils. Und Übersetungen aus dem Chinesischen sind immer besonders heikel. Das weiß ich alles. Auch die Gefahr der Projektion durch das "konstruktivistisch" arbeitende Gehirn ist mir bewusst. Körperlich ergibt sich für mich halt ein gefühlter zusammenhang. Aber auch das kann Projektion sein.

Nur der Eindruck verdichtet sich seit einiger Zeit, weil ich mich auch in anderen Text -Traditionslinien außer Yang bestätigt sehe und auch schon Anregungen praktisch probiert habe, die sich dann im Grunde als korrekt erwiesen.

Ich teste das grad aus (Selbstversuch).

Insofern liegt die Zukunft in 50 Jahren eventuell in der Reduktion auf das Wesentliche?

Ich zietiere mal Hongmen
"Ihr wisst, was ich meine?" ;)

Grüetzi

Edit:
Ich meine damit nur das Grundsätzliche der eigenen Bewegung, ob im gehen, ausweichen, greifen, ableiten, schlagen, stoßen, ziehen und so weiter.
Leider ist da nicht das fühlen, interpretieren, kleben und manipulieren inbegriffen, was ich sehr schätze.
Ich fürchte man hat vieeeeeeel zu wenig Partnerarbeit in allen möglichen und nötigen Variationen und zu viel detailreiche Formarbeit.

bluemonkey
09-09-2010, 08:51
Keine Ahnung, wo das hingeht.
Je mehr ich mich mit Taijiquan befasse, umso simpler erscheint es mir.
Zum Beispiel interpretiere ich zur Zeit geschätzte 80% der 10000 verschiedenen Anweisungen und Beschreibungen als Blickwinkel auf eine einzige simple Sache.



zehntausend Wege-ein Prinzip

Einfachheit und Klarheit sind der letzte Schritt in der Kunst und der erste Schritt in der Natur

Wirklich Großes ist nie kompliziert

Die Frage ist nur, ob man die Einfachheit von Anfang an lernen kann, oder nicht doch erst den Weg über die zehntausend Dinge gehen muss.
Picasso konnte auch handwerklich hervorragend malen, Van Gogh eher nicht.

scarabe
09-09-2010, 09:11
Ich glaube, Taijiquan wird viel zu kompliziert erklärt und gelehrt und am eigentlichen vorbei - ob bewusst oder unbewusst sei dahingestellt.

Die vielen Formen und Übungen haben sicher ihren Sinn. Aber wenn man den Sinn begreift, kann man sich eventuell reduzieren auf das wesentliche.

.

JA, ich hatte auch schon den Verdacht, daß es aus Gründen von Wirtschaftlichkeit und Marketing so verpackt wird.

Letztendlich genügt es erst mal für längere Zeit, die Prinzipien zu kennen und die Bewegungen dementsprechend aufzubauen.
Warum das so ist oder anders und welche Gesetzmäßigkeiten dahinter stecken, ist für die Ausführung erst mal sekundär.
(Vgl. ich aknn auch prima autofahren, ohne im Detail zu wissen, wie ein Motor funktioniert)

Man kann etwas Einfaches, das früher auch wenig gebildete Menschen klar erfaßten, auch in komplizierte, endlos lange und vielfältige Theorien packen.
Während des Trainings dann aber in komplizierte biologische oder physikalische Theorien abzuschweifen und zu versuchen, die Formen mit dem Verstand gut hinzukriegen, funktioniert nicht richtig. Es ist immer noch der Körper als Ganzes, der (intuitiv) erfassen muß, wie es sich gut anfühlt und richtig geht. Und gerät gerade durch Loslassen des peniblen Denkens in einen gelösten Zustand , der dies ermöglicht.

Nicht, daß nicht auch Theorie ok wäre, aber es darf nicht angehen, daß eine körperlich ausgeführte Kampfkunst ein theoretisches Wissen mit sich schleppt wie ein geistiger Beruf- sonst bekommt man nur viele Taiji-Theoretiker, die dann aber in der Praxis wenig hinkriegen, was eindeutig am Kern des Ganzen vorbeigeht.

Wichtiges Basiswissen und was Taijiquan etwa ist, sollte natürlich schon von Anfang an mit-vermittelt werden. Das ausschweifende theoretische Wissen mag als Ergänzung hinzunehmen, wer den praktischen Teil gut beherrscht, nicht umgekehrt.

Was die vielen Formen betrifft: Eine Kampfkunst erfordert nun mal gute Körperbeherrschung und die wird in den Formen mit unterschiedlichen Schwerpunkten, aufeinander aufbauend, unterrichtet. Diese Vielseitigkeit gibt es in jedem Kampfsport.
Sie auf das Wesentliche zurückführen zu wollen, ist zwar ein löblicher Gedanke, birgt bei Übertreibung aber auch die Gefahr mit sich, daß das Ganze auf Kosten der motorischen Fähigkeiten geht. Denn was nicht regelmäßig geübt wird, geht schnell verloren und kann dann auch nicht mehr effektiv angewendet werden.
Es liegt also am Einzelnen, welches Niveau er anstrebt.

Im Chen Taiji z.B. würde es für die Gesundheit und basis KK-Skills auch genügen, nur die Laojia Yilu mit zugehörigem Seidenfaden und Tuishou zu praktizieren.

GilesTCC
09-09-2010, 09:40
Einfach (simple) ist eins, leicht (easy) ist etwas anderes.

Das ganze Leben ist schliesslich "einfach". Vor allem, ein glückliches Leben führen zu können ist eigentlich "einfach". Es hängt von ganz wenigen, einfach zu definierenden Sachen ab. Aber "leicht" ist es meistens nicht, wie wir wissen...;)

Daher muß man oft langer und hart an "einfachen" Sachen arbeiten, um sie in der Praxis umzusetzen.
Hat man mehr oder weniger verstanden, was wichtig ist, liegt die meiste Arbeit daran, die ganzen zwangsneurotischen Drumherums allmächlich wegzulassen.

So auch beim Lernen von Tai Chi.
.

rudongshe
09-09-2010, 09:51
Die Frage ist nur, ob man die Einfachheit von Anfang an lernen kann, oder nicht doch erst den Weg über die zehntausend Dinge gehen muss.


Ja möglich. Vielelicht hilft es sich aber bewusst zu machen, das sie oft nichts unterschiedliches aussagen.
Ein Lehrer von mir sagte mal: Taichi ist einfach, nur reinzukommen ist schwer.
Dennoch bleibt eventuell die Frage der Gewichtung von Partnerarbeit.

rudongshe
09-09-2010, 09:53
Einfach (simple) ist eins, leicht (easy) ist etwas anderes.

Nein, das habe ich auch nicht gemeint. Das richtige Umsetzen finde ich schon schwierig. Schwierig genug.
Deswegen eben meine Überlegung, warum nicht direkt am kern anzusetzen.

rudongshe
09-09-2010, 11:52
Man kann etwas Einfaches, das früher auch wenig gebildete Menschen klar erfaßten, auch in komplizierte, endlos lange und vielfältige Theorien packen.

Wichtiges Basiswissen und was Taijiquan etwa ist, sollte natürlich schon von Anfang an mit-vermittelt werden. Das ausschweifende theoretische Wissen mag als Ergänzung hinzunehmen, wer den praktischen Teil gut beherrscht, nicht umgekehrt.

Was die vielen Formen betrifft: Eine Kampfkunst erfordert nun mal gute Körperbeherrschung und die wird in den Formen mit unterschiedlichen Schwerpunkten, aufeinander aufbauend, unterrichtet. Diese Vielseitigkeit gibt es in jedem Kampfsport.
Sie auf das Wesentliche zurückführen zu wollen, ist zwar ein löblicher Gedanke, birgt bei Übertreibung aber auch die Gefahr mit sich, daß das Ganze auf Kosten der motorischen Fähigkeiten geht.

Aber das meine ich. Das allen bewegungen zugrundeliegende Prinzip begreifen, fühlen und können und dann an die Formen (=weitere Bewegungen) herangehen.

Mir erscheint der Weg umgekehrt, mit vielen Infos überfordert zu werden und den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen, auch nicht sinnvoll.

Formen als Entfaltung, ja klar. Aber nicht als der Kern.

Klaus
09-09-2010, 12:17
Es liegt nicht an den Formen, sondern an den 150 Erklärungen und "Modellen" die man natürlich alle UNBEDINGT wissen muss, um auch überhaupt nur an der Oberfläche zu kratzen. Wenn man nur die Formen so macht wie man soll, dann stellt sich das auch ein, und zwar öfter mal besser als wenn man sich zupflastert mit Modellen statt das der Körperorganisation anhand von Feedbackübungen zu überlassen.

bluemonkey
09-09-2010, 12:25
Irgendwer hat mal gesagt:


Für Taijiquan muss man intelligent genug sein, um zu verstehen, was man da genau tut, und dumm genug, sich ewig hinzustellen und die Übungen zu machen.

Weder Überbetonung der Dummheit, noch die der Intelligenz halte ich für sinnvoll;):)

andysun
09-09-2010, 13:22
zur Eingangsfrage zurück:

mit der neuen Wii2060 und Kontaktlinsen mit 3D-Technik, sehen wir uns bewegend, nur durchs denken. Laufen müssen wir schon lange nicht mehr. Spielt sich eh alles nur noch in der virtuellen Welt ab. Taichi kann man durch die neuen Software-Versionen, eh jetzt ganz schnell lernen. Gutes Marketing und dann klappt das schon.

Und dann gibt es wenige ( ganz wenige ) die meinen sie müssten Taichi nicht in der Wohnung machen, draussen an der bösen frischen Luft.

etc ....

... alles nur Spass ;o)

rudongshe
09-09-2010, 14:36
Es liegt nicht an den Formen, sondern an den 150 Erklärungen und "Modellen" die man natürlich alle UNBEDINGT wissen muss, um auch überhaupt nur an der Oberfläche zu kratzen. Wenn man nur die Formen so macht wie man soll, dann stellt sich das auch ein, und zwar öfter mal besser als wenn man sich zupflastert mit Modellen statt das der Körperorganisation anhand von Feedbackübungen zu überlassen.

Ja, kein Widerspurch. Ein Modell/Grundbewegung.
Mit zuviel Formen meinte ich: Anfangsinformationen über Handpositonen, schrittbreiten etc., die einen zunächst ablenken durch "auch beanspruchen."

Ich fände es sinnvoller, das grundlegende zu kennen und dann zu entwickeln, trainieren, anpassen, im Hinterkopf behalten und zu entfalten an die unterschiedlichsten Anforderungen/Situationen (auch in Formen).
Jetzt muss man das Grundlegende erstmal herausfiltern.

bluemonkey
09-09-2010, 18:22
Ich fände es sinnvoller, das grundlegende zu kennen und dann zu entwickeln, trainieren, anpassen, im Hinterkopf behalten und zu entfalten an die unterschiedlichsten Anforderungen/Situationen (auch in Formen).


So unterrichtet Chen Xiaowang Chenstil.
Wird teilweise krititsiert.

rudongshe
09-09-2010, 18:53
So unterrichtet Chen Xiaowang Chenstil.
Wird teilweise krititsiert.

Klingt interessant. Vor allem weil mich der eine oder andere Chentext aufhorchen lässt :) Aber sollte einen ja nicht wundern.

Im Grunde genommen lehrt Bob auch so den snakestyle.
Er impft uns letztlich maximal vier Prinzipien der Yangfamilie ein und einen eigenen Merkspruch zu dem ganzen. Für ihn sind die Prinzipien der Stil/die Methode und die Formen und Übungen die traditionelle Lehre von Yang sau Chung und Ip tai Tak, die er als Traditionalist hoch hält.

Wobei ich nie wirklich begriffen habe, das auch diese Prinzipien - mit den anderen - letztlich eine Sache sind, wenn man sie aus der Perspektive betrachtet, aus der ich das tue. Und das erklärt auch eine Menge anderer Sachen. Selbst einen Fajin (nach unserer Linie) habe ich aus Versehen aus reinen Entspannungsgründen beim Sandsack ausgelöst. Kraftentfaltung durch Kraftvermeidung. :vogel:

Es gibt für mich zur Zeit so eine Art idealtypische Grundbewegung, die in den Texten beschrieben wird. Und diese modifiziere und entfalte ich dann.

Doch wie gesagt: Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste, man täuscht sich ja gern mal selber.