Konfliktkultur - wer braucht denn sowas? [Archiv] - Kampfkunst-Board

PDA

Vollständige Version anzeigen : Konfliktkultur - wer braucht denn sowas?



AndyLee
04-09-2010, 13:48
Warum muss man - möglichst schon als Kind - lernen, wie man mit verschiedenen Meinungen, Ansichten und Perspektiven umgeht? Warum ist es so wichtig, Konflikte nicht als Störung, sondern als Chance für gutes Zusammenleben anzusehen? Was macht es mit unseren Kindern, wenn sie miterleben müssen, wie wir uns als Erwachsene streiten, einen großen Aufwand betreiben, um den jeweils anderen zu "demontieren" (Beschimpfen, Beleidigen, Anschreien, etc.), nur um als "Sieger" hervor zugehen? Und letztlich: Gibt es im Streit eigentlich Sieger und Verlierer?

Um bei diesen Fragen nicht ins Meinungschaos zu stürzen, habe ich mir für diesen Thread eine Studie zur Hilfe genommen. Es handelt sich hierbei um die aussage-kräftigste Studie im Bereich "Psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter", die sogenannte "Bella-Studie" - bitte googlen, wem es interessiert.

Zunächst zur Frage, warum ich - wenn es um Konflikte geht - diese mit psychischen Störungen verbinde:
Psychische Störungen können lebenslange Auswirkungen auf Gesundheit, berufliche Chancen und die individuelle Biographie haben. Suizide sind darüber hinaus die dritthäufigste Todesursache im Jugendalter. Daher ist das Wissen über die psychischen Störungen gleichfalls Prävention psychischer und körperlicher Erkrankungen im Erwachsenenalter.

Viele wissen es nicht: Psychische Störungen wachsen nicht heraus, ebben nicht ab oder werden durch Entwicklungsstufen (z. B. Pubertät) "gelöscht". Kinder und Jugendliche tragen - haben sie Störungen - diese bis in das Erwachsenenalter.

Was aber haben Konflikte mit psychischen Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen zu tun? Hierzu die Bella-Studie, die erforscht hat, welche Risikofaktoren psychische Auffälligkeiten bei Kindern und Jugendlichen begünstigen, angeordnet nach ihrer Häufigkeit:


Familienkonflikte
Konflikte in Familie der Eltern
Unzufriedenheit in der Partnerschaft
Psychische Erkrankung der Eltern
Alleinerziehende / Heim
Chronische Schwierigkeiten

Nun ist es aber so, dass in den wenigsten Fällen nur ein Risikofaktor für sich auch einen Hilfebedarf impliziert. Betrachtet man die Summe der Risikofaktoren, so hatten bei 3 Faktoren bereits 30% und 4 oder mehr Faktoren 50% der Kinder und Jugendlichen psychische Auffälligkeiten.

Ergänzend hierzu ist zu erwähnen, dass die Scheidungsrate auf dem Land bei ca. 30%, die in der Stadt mittlerweile bei 50% liegt. Wenn man unterstellt, dass Konflikte das "Vorprogramm" von Scheidungen und Trennungen sind, bekommt man eine Idee davon, dass mind. 3 Risikofaktoren schnell erreicht sind. Scheidungsrichter tendieren immer mehr in die Richtung, Eltern zu einer Mediation (eine Art Streitschlichtung) zu "verdonnern". Damit sollen die Eltern, die i. d. R. immer behaupten, dass es ihnen grundsätzlich um das Wohl der Kinder geht, dazu gebracht werden, sich eine Gesprächsebene zugunsten einer vernünftigen Regelung ihrer Kinder zu erarbeiten - diese ist nämlich in den meisten Fällen nicht vorhanden.

Ich hoffe, dass so langsam deutlich wird, warum ich eine konsensorientierte Konfliktkultur für notwendig halte. Nicht falsch verstehen: Es geht mir nicht darum, unter den Menschen Konformität zu erzeugen. Es geht um das Streiten selbst: Um was wird gestritten (Prioritäten), wie wird gestritten (Methode, Argumentation), wer hat welche Beweggründe (Motivation), welche Faktoren verschlechtern die Erfolgsprognose im Bezug auf eine Einigung (Kausalitäten), wie Widerstandsfähig ist man gegen diese Faktoren (Resilienz).

In der Folge geht es natürlich immer auch darum, wie wir unseren und anderen Kindern und Jugendlichen Streit vor-leben, als Chance und Möglichkeit, also konstruktiv und ohne bleibende Schäden oder als Sackgasse, eher destruktiv und durchweg mit bleibenden Schäden.

Frage ist also: Wie wichtig ist euch die KonfliktKultur, wie lebt und erlebt ihr sie, was könnt/wollt/müsst ihr an euch verändern, müssen sich erst andere Verändern bevor ihr euch ändert?

Schreibt über eure Erfahrungen (gute und schlechte), schreibt über eure Lösungsvorschläge bzw. über Lösungen, mit denen ihr bisher immer "gut gefahren" seit. Ich bitte euch immer auch anzugeben, ob ihr verheiratet oder ledig bzw. geschieden bwz. mehrfach geschieden seit, ob ihr derzeit einen Partner/eine Partnerin habt und ob ihr Kinder habt (welches Alter, wie viele)... das hilft anderen als Orientierung. Natürlich sind auch Kinder und Jugendliche eingeladen, über ihre Erfahrungen mit ihren Eltern zu schreiben - davon wiederum profitieren die Erwachsenen hier...!

SkullCrossbone
04-09-2010, 16:29
ich halte es so, wie Wittgenstein sagte: 99% aller Probleme entstehen durch Mangel an Kommunikation.

Das ist erstmal bei weitem das Maßgebliche. Anschließend sollten beide Parteien die Fähigkeit haben, Meinungsdifferenzen anzugehen und evtl. die Bereitschaft zeigen, irgendetwas zu ändern.
Aber mal ehrlich: Wann erlebt man das schon ?

Ich wäre bereit, etwas zu ändern, wenn mein Gegenüber mir in einer Diskussion argumentativ aufzeigt, warum seine Ansicht "besser" ist..

AndyLee
05-09-2010, 10:44
Ich wäre bereit, etwas zu ändern, wenn mein Gegenüber mir in einer Diskussion argumentativ aufzeigt, warum seine Ansicht "besser" ist..

Bedeutet deine Aussage, dass du dein Handeln vom Handeln deines Gegenüber abhängig machst? Wenn ja: Wenn dein Gegenüber das genauso sieht...kann eine Klärung Aussicht auf "Erfolg" haben? Weitere Nachfrage: Ob die Argumente des Gegenüber besser oder schlechter sind...ist das nicht ein absolut individueller, von vielen Faktoren (z. B. Tagesform, Streittoleranz, Fähigkeit, sich auch Fehler einzugestehen) abhängiger Maßstab...also sinnvoll?

Papatom
06-09-2010, 08:19
Moin,

schwere Thematik...;)

Papatom: Verheiratet seit 9 Jahren, zusammen seit 11 Jahren, 3 Kinder (11,7,1 Jahre)

Konfliktkultur ist für mich neben Ehrlichkleit eine der wichtigsten Dinge in meiner Beziehung. Leider auch das schwerste....:o

Um eine vernünftige Konfliktkultur pflegen zu können, bedarf es doch ein sehr hohes maß an Selbstbeobachtung, Selbstkritik und Selbstanalyse, um seinen Teil beitragen zu können.
Es ist immer sehr interessant, zu sehen, warum man in einer Sitaution so und nicht anders reagiert. Sofort muss man sich eigentlich ersteinmal hinterfragen, was passiert hier tatsächlich? Hat mein Partner das nun wirklich so gemeint? Habe ich das richtig verstanden und wenn nicht, warum nicht? Gezwungen durch meine Frau habe ich da einiges gelernt.
Sie ist ein extrem aufbrausender Typ, der mir im "Streit" immer ersteinmal "alles" an den Kopf wirft und dann braucht sie einen Weile Funkstille. Früher hat mich das immer furchtbar aufgeregt. Wie kann sie nur so was sagen und mich dann stehen lassen.
Später habe ich das dann als Chance gesehen. Ich hatte Zeit, mir Gedanken über den Streit zu machen. Sie auch. Wenn wir dann später wieder zusammengekommen sind, hatten wir schon viel Mehr Erkenntnisse getroffen und wir konnten wesentlich konstruktiver mit dem Thema umgehen.

In den meisten Fällen habe ich es erlebt, dass der Konflikt an sich eigentlich gar nicht so relevant ist. Problematischer ist die Ebene in einem selbst, die dadurch angesprochen wird. Man sollte also so eine Art Alarmanlage entwickeln und versuchen, zu erkennen, warum man in dieser Situation nun so reagiert.
Sicher, wenn der Partner einem eine knallt, einen betrügt oder offensichtlich wüst beschimpft ist die Lage eher klar. Unangenehm sind aber ja eher diese "kleinen" Streitereien. Die sich an "Nichtigkeiten" hochschaukeln. Warum laufen da bestimmte Reaktionen immer nach einem Muster ab?

Es ist mir wichtig, dies auch meinen Kindern zu vermittlen. Eine Streitkultur, die den anderen immer noch ernst nimmt, akzeptiert. Nicht alles muss immer gleich die totale Beziehungsebene erschüttern. Man streitet sich, man hat sich trotzdem lieb. Das muss ich meinen kleinen auch öfters erklären. Für Kinder ist ja nichts schlimmer, als sich heftig streitende Eltern. Da muss ich mich danach schon mal hinsetzen und erklären, das es bei uns genauso ist, wie zwischen mir und den Jungs. Oder zwischen den Kids untereinander. Nur weil man sich streitet, heißt es ja nicht, dass man sich nicht mehr liebt. Streiten und Konflike sind gut und gesund, solange sie vernünftig ausgetragen werden.

Ach, ich fürchte, ich müßte mir erstmal ein Konzept machen, um auf diese Frage adequat zu antworten....:p

Der Grundgedanke wird hoffentlich klar...

Viele Grüße

Helmut Gensler
06-09-2010, 10:04
ich gehe mal auf die "Streitkultur außerhalb der Familie" ein. Da ist es nicht so emotional gebunden, wie in der Familie, also einfacher zu beschreiben.
Um das Wort "Kultur" hier überhaupt verwenden zu dürfen müssen gewisse Regeln von allen Kontrahenten akzeptiert und angewandt werden. Dazu gehört der Respekt vor der persönlichen Würde des Anderen. Und genau da hapert es schon oft.
Andere ausreden lassen, nicht grundsätzlich alles von vorne herein als unwichtig, falsch oder irrelevant darstellen auf die Agumente hören und nur auf sie antworten....
na gut, viele Politiker fallen da unter anderem raus, wenn man da Interviews oder Podiumsdiskussionen hört.
Für ein besseres Miteinander wäre ein Training in dem Bereich schon sehr hilfreich.

Helmut Gensler
07-09-2010, 09:31
Zurück zur Fragestellung:
Mein Sohn meinte mit etwa 18 Jahren, dass ich (nach 24 Ehejahren) wohl voll unter dem Pantoffel stehe, schließlich habe er höchstens 3 Streitereien zwischen den Eltern erlebt. Als ich dann in aller Ruhe und Länge ihm erklärte, wie wir beide unsere Differenzen miteinander klären, wurde er still. Als ich ihm noch aufzeigte, dass er einen großen Teil seiner Konflikte z.B. in der Schule auf eine ähnliche Weise löst, wie ich - mit Humor, immer mit Worten und einer guten Körpersprache - war Nachdenken angesagt.

Papatom
07-09-2010, 09:43
Den merk ich mir für später....:p

Onkel_Escobar
07-09-2010, 09:58
Puh, schwieriges Thema.

Also meine Frau und ich haben eigentlich nur 3 Regeln:

1. Über alles reden.
2. Nicht einschlafen, bevor ein Konflikt geklärt ist.
3. Auf die Wortwahl achten.

Wir reden wie gesagt über alles, wirklich alles und sollte es einmal zu einem Konflikt kommen, dann wird ersteinmal alles rausgelassen, dabei achten wir aber darauf nicht zu schreien oder den anderen zu beleidigen, find ich sehr wichtig.
Dann motzt eigentlich erstmal jeder. :D Jetzt spreche ich für mich, dann denke ich über das gesagte nach und dann versuche ich Ihren Standpunkten etwas abzugewinnen und mich in Ihre Lage zu versetzen. Kann ich es verstehen? Sehe ich es genauso? Sehe ich es anders und wieso?
Dann setzen wir uns wieder zusammen und sprechen das ganze nochmal in Ruhe durch und wir sind bis jetzt immer zu einem gemeinsamen Konsenz gekommen.
Für uns ist es wirklich wichtig Konflikte zu beseitigen und für uns beide "gut" abzuschliessen.

So ähnlich gehe ich auch an Konflikte ausserhalb meiner Beziehung ran.

Ich denke es ist unheimlich wichtig mit welcher Einstellung ich an einen Konflikt rangehe. Denke ich, jetzt drück ich der/dem mal meine Meinung auf und gebe erst auf, wenn ich "recht" habe oder sage ich mir, ich vertrete meinen Standpunkt, höre mir den Standpunkt des Partners an und wir versuchen gemeinsam einen Konsenz zu finden.
Bei meiner Frau bin ich natürlich viel emotionaler und viel mehr auf Konsenz aus.

Bei Streits mit Unbekannten ist mir das eigentlich Wurst, da dreh ich immer auf und manchmal tut es mir im Nachhinein schon leid, das ich so Druck gemacht hab.

Nymphaea Alba
07-09-2010, 15:12
Moin,

schwere Thematik...;)

Papatom: Verheiratet seit 9 Jahren, zusammen seit 11 Jahren, 3 Kinder (11,7,1 Jahre)

Konfliktkultur ist für mich neben Ehrlichkleit eine der wichtigsten Dinge in meiner Beziehung. Leider auch das schwerste....:o

Um eine vernünftige Konfliktkultur pflegen zu können, bedarf es doch ein sehr hohes maß an Selbstbeobachtung, Selbstkritik und Selbstanalyse, um seinen Teil beitragen zu können.
Es ist immer sehr interessant, zu sehen, warum man in einer Sitaution so und nicht anders reagiert. Sofort muss man sich eigentlich ersteinmal hinterfragen, was passiert hier tatsächlich? Hat mein Partner das nun wirklich so gemeint? Habe ich das richtig verstanden und wenn nicht, warum nicht? Gezwungen durch meine Frau habe ich da einiges gelernt.
Sie ist ein extrem aufbrausender Typ, der mir im "Streit" immer ersteinmal "alles" an den Kopf wirft und dann braucht sie einen Weile Funkstille. Früher hat mich das immer furchtbar aufgeregt. Wie kann sie nur so was sagen und mich dann stehen lassen.
Später habe ich das dann als Chance gesehen. Ich hatte Zeit, mir Gedanken über den Streit zu machen. Sie auch. Wenn wir dann später wieder zusammengekommen sind, hatten wir schon viel Mehr Erkenntnisse getroffen und wir konnten wesentlich konstruktiver mit dem Thema umgehen.

In den meisten Fällen habe ich es erlebt, dass der Konflikt an sich eigentlich gar nicht so relevant ist. Problematischer ist die Ebene in einem selbst, die dadurch angesprochen wird. Man sollte also so eine Art Alarmanlage entwickeln und versuchen, zu erkennen, warum man in dieser Situation nun so reagiert.
Sicher, wenn der Partner einem eine knallt, einen betrügt oder offensichtlich wüst beschimpft ist die Lage eher klar. Unangenehm sind aber ja eher diese "kleinen" Streitereien. Die sich an "Nichtigkeiten" hochschaukeln. Warum laufen da bestimmte Reaktionen immer nach einem Muster ab?

Es ist mir wichtig, dies auch meinen Kindern zu vermittlen. Eine Streitkultur, die den anderen immer noch ernst nimmt, akzeptiert. Nicht alles muss immer gleich die totale Beziehungsebene erschüttern. Man streitet sich, man hat sich trotzdem lieb. Das muss ich meinen kleinen auch öfters erklären. Für Kinder ist ja nichts schlimmer, als sich heftig streitende Eltern. Da muss ich mich danach schon mal hinsetzen und erklären, das es bei uns genauso ist, wie zwischen mir und den Jungs. Oder zwischen den Kids untereinander. Nur weil man sich streitet, heißt es ja nicht, dass man sich nicht mehr liebt. Streiten und Konflike sind gut und gesund, solange sie vernünftig ausgetragen werden.

Ach, ich fürchte, ich müßte mir erstmal ein Konzept machen, um auf diese Frage adequat zu antworten....:p

Der Grundgedanke wird hoffentlich klar...

Viele Grüße

Ich finde, das ist schon hervorragend auf den Punkt gebracht :)
Kann mich dem und dem Nachsatz vom Gensler nur anschließen.

Hu Quan
07-09-2010, 15:39
Ich werde hier das Durchschnittsalter einmal drastisch senken :p
Und nebenbei auf eine andere Thematik eingehen, die mir wichtig erscheint und indirekt auch hier Thema sein kann.

Ich war jahrelang in einem Forum, das eine Art Hilfeplattform für Jugendliche mit diversen Problemen ist. (Um sich das kurz vorzustellen: Die Themen waren sowas wie "Ich bin 13 und hatte noch nie Sex, was soll ich tun?" oder "Sie schaut mich alle zwei Wochen an, ich habe mich verliebt, wie sage ich ihr das?") Das Durchschnittsalter war ca. bei 18. Es gab auch philosophischere Diskussionen oder politischer Natur, dort war das Durchschnittsalter bei etwa 22-24.

Und eine dortige Diskussion lief ungefähr wie folgt ab:
"A ist richtig"
"Du bist ja nicht ganz dicht, B ist richtig"
"Ja, klar du hast soo viel mehr Ahnung, weil du zwei Jahre älter bist, wui, A bleibt richtig"
"Bleibt mal ruhig, beides kann zutreffend sein"
"Nein, B ist richtig und der A soll sich nicht so aufspielen, kann ja nicht einmal sachlich bleiben"
"Ich spiel mich nicht auf, du wirst total übergriffig und bist an allem Schuld was hier falsch läuft, A ist richtig"
"Mir reichts, ich weiß, dass B richtig ist und wenn A nicht sachlich diskutieren kann, dann kann er mich mal, ich bin raus hier."

Der inhaltliche Teil macht nur einen Bruchteil aus, der Großteil der Diskussionen laufen auf einem direkten oder zumindest subtil persönlichen Gebiet. War im übrigen der Hauptgrund weshalb ich nicht mehr dort tätig bin.

Ich teile Papatoms und Genslers Ansichten in dem Thema. Und weiß auch wie schwer es fällt sich soweit reflektieren zu können um zu erkennen "Halt, da läuft etwas nicht so wie es sein sollte." Ich vermute vor allem im stürmischen Alter ist es schwer zu sehen, dass es mehrere Meinungen gibt und keine besser oder schlechter ist.

Ob es Konfliktsieger und -verlierer gibt... Ja. Aber nicht der, der seine Meinung durchgesetzt hat ist zwangsläufig der Sieger.

Ich darf dann auch noch ein Modewort einwerfen, weils so schön ist: Diversity-Management.

Papatom
07-09-2010, 15:48
Moin,

das Alter der Konfliktpartner ist auch von großer Bedeutung, Andy hatte ja auch gerade in Bezug auf "Kinder" gefragt.

Ich denke, es ist für meine kleinen in steigendem Maße bei zunehmenden Alter ja entwicklungsbedingt wichtig, sich von mir abzugrenzen und eigene Wege zu gehen. Das passiert eben oft durch Konflikt, Diskussionen...Unser großer zeigt langsam erste Anzeichen. Da scheint es mir widerum wichtig, ihm einerseits nicht alles durchgehen zu lassen, aber andereseits ihm seine Meinung auch in Fällen zu lassen, wo er von sich aus verständlich reagiert. Das ist eine schwere Gradwanderung.

Also, Konfliktkultur hat anscheinend bei Eltern/ Kind Beziehungen auch mit Verantwortung auf einer anderen Ebene zu tun, als z.B. bei Konflikten mit dem Partner....

Danke Hu Quan für die Anregung. Werde das zu Hause mal beobachten und gegenenfalls mal berücksichtigen

Grüße

Icewing
08-09-2010, 08:19
"A ist richtig"
"Du bist ja nicht ganz dicht, B ist richtig"
"Ja, klar du hast soo viel mehr Ahnung, weil du zwei Jahre älter bist, wui, A bleibt richtig"
"Bleibt mal ruhig, beides kann zutreffend sein"
"Nein, B ist richtig und der A soll sich nicht so aufspielen, kann ja nicht einmal sachlich bleiben"
"Ich spiel mich nicht auf, du wirst total übergriffig und bist an allem Schuld was hier falsch läuft, A ist richtig"
"Mir reichts, ich weiß, dass B richtig ist und wenn A nicht sachlich diskutieren kann, dann kann er mich mal, ich bin raus hier."


Klingt nach dem ing ung Forum...war mein spontaner Gedanke.

Find die Diskussion hier im Thread interessant!

Helmut Gensler
08-09-2010, 16:49
Nach BRAVO-Psychlologie sehr verständlich: Wenn ich nicht genug weiß, aber meinen Standpunkt suche und auch verteidigen will, so ist erst mal jeder andere Gedanke falsch. Es ist ja mühsam, seine Meinung immer wieder überprüfen zu müssen. Und ganz schwierig ist es, den Standpunkt anderer Leute einfach widerspruchslos zu akzeptieren. Leider kommen einige Leute nie über dieses Niveau hinaus.
Sagen wir anstatt von Streitkultur vielleicht "Bereitschaft, ernsthaft aufeinander zu hören und miteinander zu sprechen", so trifft es mindestens xx % der Bevölkerung, die da noch etwas Nachholbedarf haben.... auch hier im KKB.

Papatom
09-09-2010, 08:42
Das ist ja wohl völliger Blödsinn. Meine Streitkultur ist viel ursprünglicher als Deine und stammt schon von den griechischen Philosophen ab!!! Jawohl! Deine "Bereitschaft ernsthaft aufeinander zu hören" ist doch nur ein billiger Abklatsch den Du aus marketingtechnischen und kommerziellen Gründen an den Haaren herbeiziehst!!!! :p
Dein Streitstruktur ist ja gar nicht auf der verbalen Zentrallinie und Deine Argumente viel zu hart. Ich habe schon Höhlenmalereien gefunden, auf die meine Streitkultur zurückzuführen ist!!!! :ups:

Nur weil Deine Diskussionspartner grüne Streifen an ihren Hosen tragen, statt pinker, ist das noch lange nichts!!! ;)

Pah! Frevler!!!!

Äh......:o

Hu Quan
09-09-2010, 13:57
Netter Versuch, papatom. Nur leider nicht sehr authentisch :D

Sven K.
09-09-2010, 17:03
Die Konfliktkultur geht den Bach runter, weil immer weniger Kinder überhaupt
noch erzogen werden. Das beginnt im Säuglingsalter und potenziert sich bis
ins Erwachsenenalter. Die Kinder lernen nicht sich RICHTIG auseinander
zusetzen. Dies ist ursächlich in den verschiedensten Bereichen angesiedelt.
Kann man sehen, wenn man sich mit Gewalt und deren Ursprünge
beschäftigt. Es gibt viele kleine Indizien, die für sich sprechen. Es wird leider
kurzfristig nicht besser werden.

Ja! Wir brauchen eine Konfliktkultur !


Meine 2 Ct.


P.S. Da müsste man ja Romane schreiben, um aller Fragen ausführlich
beantwortet zu können. ;)

P.P.S. Ich gehe jetzt Pfannkuchen machen. Mit meiner Tochter ( 11 1/2 ).
Sonst komme ich in Konflikte mit ihr. :D

Helmut Gensler
09-09-2010, 17:12
Wer Konfliktkultur haben will, der muss auch was aushalten können, ohne dabei unterzugehen...
Und wann bekommt man das gelernt, wo und wie übt man das?
blöd gelaufen... an wem bleibt das wohl hängen?

Hu Quan
09-09-2010, 17:18
Auch an Psychotherapeuten. Es gibt nicht wenige Klienten, deren Symptomatik nachlässt, wenn sie aushalten lernen ohne sofort mit 150% zurückschlagen zu müssen.

Wo wir gerade dabei sind. Ein hervorragendes Beispiel gibts gerade im WT-Bereich über Individualität im Training.

bluemonkey
10-09-2010, 19:19
Auch an Psychotherapeuten. Es gibt nicht wenige Klienten, deren Symptomatik nachlässt, wenn sie aushalten lernen ohne sofort mit 150% zurückschlagen zu müssen.

Kennt Ihr den Ansatz der gewaltfreien Kommunikation nach Rosenberg?

Ist relativ simpel, aber schwer umzusetzen, weil es auch um die Haltung gegenüber Menschen geht und man sich von dem liebgewonnenen "Richtig" oder "Falsch" trennen muss, damit es klappt. Keinesfalls ist es reine Technik sondern setzt auf Einfühlungsvermögen/Verbindung, in/mit sich selbst und anderen Menschen.

Das "Aushalten" wird innerhalb dieses Systems ermöglicht, in dem man die Handlungen des anderen nicht als "falsch" wertet, sondern das dahinterstehende Bedürfnis erkennt, das man auch ab und an hat.
Man artikuliert man dem Gegenüber klar die eigenen Bedürfnisse, die durch seine Handlung beeinträchtigt werden und versucht einen Weg zu finden, wie die Bedürfnisse beider erfüllt werden können.
Das "Zurückschlagen" wäre aus dieser Sicht nur eine "tragische Strategie", die eigenen Bedürfnisse (z.B "gehört zu werden", Empathie (in dem man dem Täter Schmerzen zufügt, versucht man ihm den eigenen Schmerz zu verdeutlichen)...) zu erfüllen.

Körperverletzung, Vergewaltigung und Mord sind in diesem System übrigens keine Bedürfnisse, sondern nur Strategien um dahintersteckende Bedürfnisse zu erfüllen (Nahrungsaufnahme ist ein Bedürfnis, Wurstbrot-Essen eine Strategie). Gewalt kann als Mittel zum Schutz Schwächerer angewendet werden, wird mit dem Ziel "Bestrafung" oder "Erziehung" jedoch als unpassend angesehen.
Rosenberg hat seine Methode in Gefängnissen, in "Problem"-Schulen und in Krisengebieten angewendet.

hier ist eine Darstellung des Systems. Es interessiert mich, was insbesondere die Profis und Familienerprobten davon halten:

http://www.gewaltfrei.de/gk802/einf-0102.pdf

Hu Quan
11-09-2010, 14:38
ICH-Botschaften usw. ja, habe Rosenbergs Buch daheim und in den Kursen, die ich als Trainer leite, kommt meistens eine Einheit über diese Kommunikationsformen vor.

Sven K.
11-09-2010, 16:21
ICH-Botschaften usw. ja, habe Rosenbergs Buch daheim und in den Kursen, die ich als Trainer leite, kommt meistens eine Einheit über diese Kommunikationsformen vor.

Über Kommunikation oder über Karate ?

bluemonkey
11-09-2010, 17:07
ICH-Botschaften usw. ja,

den Begriff "Ich-Botschaften" kann man falsch verstehen:

Sätze wie:

"Ich finde, Sie sind ein Idiot"
"Ich fühle mich angegriffen"
"Ich bin traurig, weil Du mich nicht verstehst"
"Ich fühle mich alleingelassen"

sind suboptimal im Sinne der Ziele der GFK

Hu Quan
11-09-2010, 21:12
Über Kommunikation oder über Karate ?
Ich bin unter Anderem zertifizerter Trainer in der Erwachsenenbildung. Also über Kommunikation.

@bluemonkey: Ich habe den Begriff auch im Sinne von Rosenberg gemeint, also seine (ich glaube 6) Arten der ICH-Botschaften. Oder ich vermische das gerade mit Thomas Gordon. Passiert mir oft. Aber das Grundkonzept ist klar. "Ich finde, dass du" ist ja auch keine ICH-Botschaft, sondern ein Du. Wobei "Mich stört es, wenn du den Tisch nicht abräumst, weil ich dann mehr Arbeit habe" zumindest nach Gordon eine gültige und gute ICH-Botschaft ist. (Sorry, dass ich auf Gordon umlenke, aber mit seinem Konzept kann ich mehr anfangen.)

bluemonkey
11-09-2010, 22:20
"Ich finde, dass du" ist ja auch keine ICH-Botschaft, sondern ein Du. Wobei "Mich stört es, wenn du den Tisch nicht abräumst, weil ich dann mehr Arbeit habe" zumindest nach Gordon eine gültige und gute ICH-Botschaft ist. (Sorry, dass ich auf Gordon umlenke, aber mit seinem Konzept kann ich mehr anfangen.)

"Gestört" ist, glaube ich, kein Gefühl.
"Wenig Arbeit haben" eventuell (?) kein Bedürfnis.

"Wieso hast Du mehr Arbeit? Ich hätt's ja noch weggeräumt!"

Eventuell entdeckt man hinter dem "Gestört-Sein" ein anderes Gefühl und ein ganz anderes Bedürfnis, das nicht erfüllt ist.
Ich hab schon erlebt, dass mich Leute wegen irgendwelchen belanglosen Verhaltensweisen kritisiert haben, da ging es eigentlich um was ganz anderes.
Da hilft es, mit den eigenen Gefühlen und Bedürfnissen in Kontakt zu kommen.

Eventuell (bin ja kein Experte für GFK, sondern nur ein interessierter Laie:p) würde man nach Rosenberg eher sagen:

"Als ich heute in die Küche kam, nachdem Du gefrühstückt hattest, stand das Geschirr noch auf dem Tisch" (konkrete Beschreibung)
"Ich fühlte mich dann wütend und frustriert, weil mein Bedürfnis nach Ordnung nicht erfüllt war." (Gefühl und dahintersteckendes Bedürfnis, kann man sicher auch weniger gestelzt formulieren:))
"Könntest Du Dir vorstellen, immer, wenn Du mit Frühstück fertig bist, gleich den Tisch abzuräumen?" (konkrete Bitte (keine Forderung!))

Dann sagt der andere vielleicht: "Nö, Du kannst mich mal mit Deinem Ordnungsfimmel".
Dann kann man sich angegriffen fühlen und "Aushalten" oder "Zurückschlagen" oder man hört das nicht als Beleidigung, sondern als Gefühlsäußerung und versucht herauszufinden, welches Bedürfnis dahinter steckt, dass der andere den Tisch nicht abräumen mag oder sich von mir nicht sagen lassen will, dass er den Tisch abräumen soll.
Nicht einfach, aber auch sehr spannend.

Mit "ja klar, Ich-Botschaften" wird man dem Konzept der GFK meines Erachtens nicht gerecht, das wäre zu technisch.
Aber ich habe verstanden, dass Du damit weniger anfangen kannst, wie mit anderen Konzepten.:)

Hu Quan
11-09-2010, 22:28
Danke für deine Nachsicht. :p

Ich vermittle es auch eher praxisorientiert. Die Theorie dahinter streife ich meistens nur (eben ein wenig aus Büchern von Gordon und Rosenberg) und lasse dann einfach tun. Der Hauptgewinn ist meistens die Fokussierung auf diese Bereiche und das Akzeptieren, dass man dann auch ein "Is mir doch wurscht" kassieren kann und damit umgehen muss ohne wieder ins Du zu geraten.

(Und in der Psychotherapie - zumindest in meinem Bereich - hat das glücklicherweise wenig zu suchen. Ich verwende sowieso lieber das sokrateische Konzept der Mäeutik :P )

bluemonkey
11-09-2010, 22:47
Danke für deine Nachsicht. :p


Ich wollte ausdrücken, dass ich GFK in bestimmten Anwendungsbereichen toll finde, insbesondere weil es für mich auch die Möglichkeit bietet, spirituell in der Welt zu leben:), aber dass ich diese Begeisterung nicht von anderen erwarten oder denen gar aufdrücken kann, schon gar nicht Leuten, die sich mit Kommunikation und Therapie profesionell beschäftigen und weit tiefere Einblicke in derartige Systeme haben, als ich.

bluemonkey
11-09-2010, 22:53
(Und in der Psychotherapie - zumindest in meinem Bereich - hat das glücklicherweise wenig zu suchen. Ich verwende sowieso lieber das sokrateische Konzept der Mäeutik :P )

Musst Du dazu eine Vorstellung von der Lösung haben, die der Klient in sich entdecken soll?

AndyLee
12-09-2010, 10:15
Konzepte sind ja auch immer nur so gut oder so schlecht, wie sie in der Praxis Umsetzung finden. Ich-Botschaften sind ja lediglich eine Methode verschiedener übergeordneter Konzepte, wie z. B. auch in der Mediation.

Wie sieht es also mit der Umsetzbarkeit dieser Konzepte im Bereich Kinder, Jugendlicher und Eltern aus? Was haltet ihr von diesen "Elternkursen"?

Papatom
12-09-2010, 11:00
Moin
fnde ich bei Kindern und Jugendlichen etwas komplizireter. Dieses oben beschriebene Konzept setzt eigentlich 2 gleichberechtigte Partner mit dem Ziel "Beziehungskommunikation verbessern" voraus. Mit dem entsprechenden Selbstbewußtsein und Reflexion, Selbstbeobachtung.

Die Motivationen im Eltern Kind Verhältnis sind meiner Meinung nach aber teilweise gänzlich unterschiedlich. Wie sieht es hier mit dem Besdürfnis des Kindes aus , sich abzugrenzen, zu einem eigenständigen Menschen zu entwickeln? An meiner Persönlichkeit zu reiben, zu messen und zu testen?

So ein Verhalten setzt dann doch eigentlich eine gänzlich andere Herangehensweise an die Konflikte voraus? Die Intention des Kindes mag dann ja vielleicht gar nicht "Konfliktlösung"< in diesem Sinne sein.

Weiterhin gibt es natürlich auch mal gerne den Zeitmangel im Alltag. Wenn auch nicht ideal, aber es bleibt nicht immer die Zeit alles derart intensiv zu besprechen. Auch nicht immer es später aufzuarbeiten. Muss auch nicht alles bei Kindern. :o

Grüße

Hu Quan
12-09-2010, 11:48
Musst Du dazu eine Vorstellung von der Lösung haben, die der Klient in sich entdecken soll?
Nein. Ich nehme da eher Sokrates selbst (bzw., die platonischen Dialoge) als Vorbild. Also ich stelle mich als völlig Unwissender dar und lasse den Anderen seine Argumente vorbringen und lasse ihn durch die Konversation an seine logischen Unstimmigkeiten stoßen (sofern vorhanden, aber ich kenne ehrlich gesagt niemanden, auch mich nicht, der logisch 100%ig stimmig sein könnte).

Wobei... wenn ich ganz ehrlich bin passiert es mir nicht selten, dass ich meine bereits vorgebildete Meinung durchschlägt und ich mit seiner Technik die Konversation so hindrehe, dass nur mehr meine Ansicht schlüssig sein kann. Ist nicht im Sinn der Sache, passiert aber leider öfter als ich das gern hätte.

AndyLee
12-09-2010, 11:52
Nein. Ich nehme da eher Sokrates selbst (bzw., die platonischen Dialoge) als Vorbild. Also ich stelle mich als völlig Unwissender dar und lasse den Anderen seine Argumente vorbringen und lasse ihn durch die Konversation an seine logischen Unstimmigkeiten stoßen (sofern vorhanden, aber ich kenne ehrlich gesagt niemanden, auch mich nicht, der logisch 100%ig stimmig sein könnte).

Wobei... wenn ich ganz ehrlich bin passiert es mir nicht selten, dass ich meine bereits vorgebildete Meinung durchschlägt und ich mit seiner Technik die Konversation so hindrehe, dass nur mehr meine Ansicht schlüssig sein kann. Ist nicht im Sinn der Sache, passiert aber leider öfter als ich das gern hätte.
Lebst du in einer Beziehung? Wie sieht es dein Partner/deine Partnerin? Streiten lässt sich eigentlich nicht vermeiden...wie kommst du zur Einigung? Wo siehst du deine Vorbildfunktion gegenüber Kinder u. Jugendlichen, wo gibt es Berührungspunkte zu diesem Klientel?

Hu Quan
12-09-2010, 12:15
Lebst du in einer Beziehung? Wie sieht es dein Partner/deine Partnerin? Streiten lässt sich eigentlich nicht vermeiden...wie kommst du zur Einigung? Wo siehst du deine Vorbildfunktion gegenüber Kinder u. Jugendlichen, wo gibt es Berührungspunkte zu diesem Klientel?
Ja. Anders. Wir sind in der Hinsicht grundverschieden. Ich möchte einen Konflikt lieber gleich klären auch wenn es etwas länger dauert und auch möglichst rational. Sie kommt damit besser zurecht, wenn sie eine Nacht darüber schläft und der Konflikt dann nicht mehr angesprochen wird. Für mich ist eine Klärung da meistens ziemlich schwer, aber ich bin glücklicherweise nicht nachtragend und vergesse sowas recht schnell. Es funktioniert zwischen uns soweit auch ganz gut, solange es nicht etwas ist was immer wieder vorkommt. Da wird dann notgedrungen etwas ausdiskutiert und versucht eine Lösung zu finden mit der beide einverstanden sind.

Berührungspunkte zu Kinder und Jugendlichen war lange Zeit in dem Forum in dem ich früher war (Durchschnittsalter ca. 17-18), teilweise durch meine Tätigkeit als Psychotherapeut und den Praktika (wobei da derzeit weniger, in einigen Monaten wieder mehr) und durch meine frühere Tätigkeit als Kindertrainer im Karateverein.

Als Vorbildfunktion... schwer zu sagen. Aus dem Sport kommend und durch meinen Vater, der Trainer (Sport) ist, habe ich diese klassische Trainervorbildfunktion, die eher durchgreifend ist. Aus der Ausbildung kommend und durch meine Mutter, die Pädagogin ist, habe ich diese klassische "nur nicht zu hart angreifen"-Funktion. Es ist schwer da die Balance zu finden, zumal ich noch relativ jung bin und daher auch wenig Erfahrung damit habe.
Wohler fühle ich mich als Kindertrainer in Sportvereinen.
Bezüglich der Konfliktkultur greife ich manchmal regulierend ein, aber meine Grundbotschaft ist tendenziell, dass Sanftmut zielführender ist als Aggression. Also was Konflikte angeht, dass ein emotionaler Ausbruch und herumschreien den Konflikt nicht löst, das "kühl" bleiben, also sich nicht hineinsteigern und das Problem sachlich zu betrachten eher hilft damit adäquat umgehen zu können.

Aber bevor Missverständnisse auftreten: Die Mäeutik verwende ich eigentlich nicht Kindern oder Jugendlichen gegenüber. Ich glaube nicht, dass das dort gut aufgenommen werden würde. Vor allem bei Jugendlichen ist das meiner Einschätzung nach eine sehr ungünstige Vorgehensweise. Bei denen ist das Verhalten im Konfliktfall meiner Beobachtung nach viel prekärer als bei Kindern und Erwachsenen (individualistische Tendenzen stehen hier außen vor). Diese Methode verwende ich bei einer länger dauernden Diskussion oder in der Therapie (es gibt auch psychotherapeutische Methoden, die die Mäeutik professionell anwenden).

Etwas was ich auch gerne mache: Im Umgang mit Jugendlichen wende ich gerne Elemente der "Provokativen Therapie" nach Farrelly an. Die Grundpfeiler der Methode sind "Provokation" und "Humor". Das Buch "Provokative Therapie" von Farrelly ist sehr lesenswert. Für alle, die auch pädagogisch gerne Mal sarkastisch sein wollen, ideal.

AndyLee
12-09-2010, 12:26
Verständnis-fragen:

Du bist 23 Jahre alt und Psychotherapeut? Ich würde mal gerne wissen, welche Ausbildung genau du genossen hast, wie lange und wo.

In welchem Bereich (welcher Institution) arbeitest du psychotherapeutisch mit Kindern und Jugendlichen, was genau sind hierbei deine Aufgaben?

Wie kommt man im Bereich Psychotherapie eigentlich in Kontakt mit Konfliktkultur?

bluemonkey
12-09-2010, 12:27
Moin
fnde ich bei Kindern und Jugendlichen etwas komplizireter. Dieses oben beschriebene Konzept setzt eigentlich 2 gleichberechtigte Partner mit dem Ziel "Beziehungskommunikation verbessern" voraus. Mit dem entsprechenden Selbstbewußtsein und Reflexion, Selbstbeobachtung.


Ich hab selbst keine Kinder, daher kann ich da nur bedingt mitreden.:)
Es gibt Schulen die nach dem beschriebenen Konzept arbeiten und gerade Kinder sollen das recht schnell kapieren.
Kinder sind doch im Lernmodus. Normalerweise lernen sie was "Richtig" ist und was "Falsch" und Leute, die sich "falsch" verhalten dazu zu bringen sich "richtig" zu verhalten.
Dann ist es doch denkbar, dass sie auch andere Arten von Kommunikation lernen können, die darauf ausgerichtet ist, zu erkennen "was brauche ich", "was braucht der andere", "welchen Weg gibt es das jeder bekommt, was er braucht?"
(Klar, dass man Kinder nicht in Steckdosen fassen lässt, falls die das wollen aber das erfüllt auch in keinster Weise ihre Bedürfnisse).

Ein Ziel ist es, die eigenen Bedürfnisse zu erkennen und gewaltfrei umzusetzen.
Kennen Kinder ihre Bedürfnisse und Gefühle nicht, bis es ihnen ein Erwachsener sagt?



Die Motivationen im Eltern Kind Verhältnis sind meiner Meinung nach aber teilweise gänzlich unterschiedlich. Wie sieht es hier mit dem Besdürfnis des Kindes aus , sich abzugrenzen, zu einem eigenständigen Menschen zu entwickeln?


Das Bedürnis nach Selbstbestimmung ist ein wichtiges. Wie sollte sich jemand aber zu einem eigenständigen Menschen entwickeln, wenn er nicht lernt, seine Bedürfnisse zu erkennen und sinnvolle Strategien zu entwickeln, die zu befriedigen?
Manche Erwachsene kennen ihre Bedürfnisse gar nicht, sondern richten sich nach den Regeln der Gesellschaft und jagen dann Status, Erfolg, Geld oder sonstwas nach.
Auch ein Teeny, der gegen seine Eltern rebelliert, verhält sich oft besonders Regelkonform. Nämlich konform der Regeln seiner Altersgruppe, seiner Clique.
Das ist ja schließlich das Alter, wenn die Eltern plötzlich peinlich sind, weil sie eben nicht in das neue Regelsystem passen.
Ich hab mal gehört,die Empathifähigkeit in der Pupertät sei herabgesetzt, das könnte ein Hindernis sein.
Irgendwann hab ich allerdings mal gehört, dass in anderen Gesellschaftssystemen die in der westlichen Kultur bekannte Pupertätsrebellion nicht auftritt.
Das kann damit zu tun haben, dass es dort oft Initiationsriten gibt, die den Menschen rituell in die Erwachsenenwelt einführen, so dass er nicht mehr um den Rollenwechsel vom abhängigen Kind zum selbstständigen Erwachsenen kämpfen muss?




So ein Verhalten setzt dann doch eigentlich eine gänzlich andere Herangehensweise an die Konflikte voraus? Die Intention des Kindes mag dann ja vielleicht gar nicht "Konfliktlösung"< in diesem Sinne sein.


Die Grundannahme ist, dass jeder ähnliche Bedürfnisse teilt, die erfüllt haben möchte.
Ein grundlegendes menschliches Bedürfnis ist es nach dieser Theorie, zum Wohlergehen anderer beizutragen.
Wollen nicht auch Kinder, dass es ihren Eltern gut geht?
Der Einwand "provozieren um Grenzen auszuloten" ist allerdings berechtigt.
Wie gehst Du an solche Konflikte heran?
Bietest Du die Reibungsfläche, aber hast immer im Hinterkopf, das es um das Bedürnis nach Abgrenzung/Kräfte messen geht, und nicht darum, Dir zu schaden?

Es gibt eine Geschichte von einem alten Mann mit einem Obstgarten, der Kinder, die bei ihm klauten, immer lautstark verfolgte und beschimpfte.
Irgendwann kam ein Nachbar zu ihm und fragte, warum er den Kindern die paar Früchte nicht gönnt, er hätte ja mehr als genug.
Da antwortete der Alte:
"Ja, da haben Sie vollkommen recht, aber ich weiß auch, dass es nur halb so viel Spaß macht, wenn es erlaubt ist"




Weiterhin gibt es natürlich auch mal gerne den Zeitmangel im Alltag. Wenn auch nicht ideal, aber es bleibt nicht immer die Zeit alles derart intensiv zu besprechen. Auch nicht immer es später aufzuarbeiten. Muss auch nicht alles bei Kindern. :o


Nach meiner praktischen Erfahrung bedarf es sehr viel Trainings mit dem System zu arbeiten. In einer neutralen Situation ist das noch einfach, wenn man selbst emotional stark beteiligt ist, weil es um die eigenen Bedürfnisse geht, dann wird es um so schwerer.
Eine derartig intensive Auseinandersetzung kann man von Eltern, die ja weiß Gott schon genug um die Ohren haben, eventuell nicht erwarten.
Dennoch ist es ein interessanter Ansatz der einem möglicherweise in Situationen der Aussprache, wenn genügend Zeit vorhanden ist, hilfreich sein kann.

Hu Quan
12-09-2010, 12:32
Verständnis-fragen:

Du bist 23 Jahre alt und Psychotherapeut? Ich würde mal gerne wissen, welche Ausbildung genau zu genossen hast, wie lange und wo.

In welchem Bereich (welcher Institution) arbeitest du psychotherapeutisch mit Kindern und Jugendlichen, was genau sind hierbei deine Aufgaben?

Wie kommt man im Bereich Psychotherapie eigentlich in Kontakt mit Konfliktkultur?
Noch kein eingetragener Psychotherapeut. Ich bin in einem halben Jahr Pth. i.A.u.S. (in Ausbildung unter Supervision), weil ich nach österreichischem Recht offiziell erst ab 24 diesen Status führen darf. Ich studiere allerdings schon einige Jahre die Psychotherapiewissenschaft, habe das Propädeutikum abgeschlossen, befinde mich im Fachspezifikum (eben aufgrund der Altersregelung) und habe in mehreren Institutionen mein Praktikum (insgesamt 1050 Stunden) gemacht und auch gearbeitet. An einer Drogentherapieeinrichtung, in einem Institut, an zwei psychiatrischen Abteilungen, in einem Autistenzentrum. Außer in der Drogeneinrichtung (wo auch ein 18-jähriger Klient war) und einer der beiden psychiatrischen Abteilungen, waren überall auch Kinder und Jugendliche. Nebenbei arbeite ich auch als lizenzierter Trainer in der Erwachsenenbildung und dort ist Konflikt eine der Hauptthemen.

Ausbildung: Sigmund Freud PrivatUniversität Wien (http://www.sfu.ac.at)
Fachrichtung: Individualpsychologie nach Alfred Adler

Konfliktkultur ist hauptsächlich im Bereich der Erwachsenenbildung, Konflikte selbst ein wesentlicher Bestandteil der Psychotherapie.

bluemonkey
12-09-2010, 12:33
Das Buch "Provokative Therapie" von Farrelly ist sehr lesenswert. Für alle, die auch pädagogisch gerne Mal sarkastisch sein wollen, ideal.

hab ich mir vorgemerkt:D

Sven K.
12-09-2010, 14:27
hab ich mir vorgemerkt:D

Keine Ahnung, wie es um deine Finanzen steht. :D

Wenn Du aber einen günstigen Einblick brauchst, bevor du Haus und Hof
verpfändest, ist hier eventuell eine gute Lösung. ;)

Das wäre doch gelacht!: Humor und Provokation in der Therapie: Amazon.de: Eleonore Höfner, Hans-Ulrich Schachtner: Bücher (http://www.amazon.de/gp/product/3499602318/ref=s9_simh_gw_p14_i1?pf_rd_m=A3JWKAKR8XB7XF&pf_rd_s=center-1&pf_rd_r=0ZHXTT2WV763WQ82W7D8&pf_rd_t=101&pf_rd_p=463375193&pf_rd_i=301128)

bluemonkey
12-09-2010, 15:13
Keine Ahnung, wie es um deine Finanzen steht. :D


Ich hab einen Bibliotheksausweis:cool:



, ist hier eventuell eine gute Lösung. ;)

Das wäre doch gelacht!: Humor und Provokation in der Therapie: Amazon.de: Eleonore Höfner, Hans-Ulrich Schachtner: Bücher (http://www.amazon.de/gp/product/3499602318/ref=s9_simh_gw_p14_i1?pf_rd_m=A3JWKAKR8XB7XF&pf_rd_s=center-1&pf_rd_r=0ZHXTT2WV763WQ82W7D8&pf_rd_t=101&pf_rd_p=463375193&pf_rd_i=301128)

Danke für den Tip.:)
Kannst Du das Gelesene manchmal anwenden?

AndyLee
12-09-2010, 15:57
Noch kein eingetragener Psychotherapeut. Ich bin in einem halben Jahr Pth. i.A.u.S. (in Ausbildung unter Supervision), weil ich nach österreichischem Recht offiziell erst ab 24 diesen Status führen darf. Ich studiere allerdings schon einige Jahre die Psychotherapiewissenschaft, habe das Propädeutikum abgeschlossen, befinde mich im Fachspezifikum (eben aufgrund der Altersregelung) und habe in mehreren Institutionen mein Praktikum (insgesamt 1050 Stunden) gemacht und auch gearbeitet. An einer Drogentherapieeinrichtung, in einem Institut, an zwei psychiatrischen Abteilungen, in einem Autistenzentrum. Außer in der Drogeneinrichtung (wo auch ein 18-jähriger Klient war) und einer der beiden psychiatrischen Abteilungen, waren überall auch Kinder und Jugendliche. Nebenbei arbeite ich auch als lizenzierter Trainer in der Erwachsenenbildung und dort ist Konflikt eine der Hauptthemen.

Ausbildung: Sigmund Freud PrivatUniversität Wien (http://www.sfu.ac.at)
Fachrichtung: Individualpsychologie nach Alfred Adler

Konfliktkultur ist hauptsächlich im Bereich der Erwachsenenbildung, Konflikte selbst ein wesentlicher Bestandteil der Psychotherapie.
Jow, danke für die Darstellung...musste das eben erstmal mit den in Deutschland möglichen Ausbildungen vergleichen...

In Deutschland darfst du auch erst ab 23 Jahre eine Ausbildung zum Psychotherapeuten starten, ab 25 als Psychotherapeut HP. Wenn du Psychotherapeut werden möchtest, musst du vorher ein Studium im Bereich Psychologie, Pädagogik oder Sozialpädagogik abgeschlossen haben, oft auch mit einem NC. Ausbildung Psychotherapeut HP dauert ca. 1 Jahr, Ausbildung als Psychotherapeut (z. B. KJP) dauert 3 Jahre. Praxiseinheiten werden zumeist ca. 1800 Stunden gefordert. Bedeutet, dass in Deutschland Therapeuten entsprechend älter sein müssen, als bei euch.

Die Frage der Konflikte richtete sich auch mehr auf den pädagogischen Bereich... ich denke, dass Konflikte in der Psychotherapie im Bereich psychischer bzw. psychiatrischer Erkrankungen von Kindern und Jugendlichen liegen und deren "Behandlung" ein gänzlich andere sein muss, als die, in der Pädagogik?

Hu Quan
12-09-2010, 17:53
Der erste Punkt ist vollkommen richtig. Es gibt unterschiedliche Gesetze. Der Prof. Dr. Alfred Pritz, der die SFU in Wien gegründet hat, hat eine Zweigstelle in Berlin eröffnet und dort einige Probleme mit der Umsetzung gehabt aufgrund der geänderten Gesetzeslage in Germanien.

Der zweite Punkt ist, denke ich, eine Ansichtssache. Gewisse Sachen unterscheiden sich deutlich. Aber andere Elemente sind auch sehr ähnlich. Pädagogik spielt in der Psychotherapie auch eine Rolle, aber da kommt es mehr auf die Ausgangslage, die grundlegende Betrachtung der Psychotherapie, der Herkunftsmethode und den Therapeuten an. Pauschal traue ich mir nicht zu zu sagen ob Psychotherapie und Pädagogik nun Gemeinsamkeiten oder Unterschiede haben. Von der Definition her sind sie beide "Entwicklungshelfer" und "Begleiter". Die Psychotherapie allerdings mehr im Bereich der Störungen.

Darf ich fragen ob du auch aus dem Bereich kommst?

Papatom
13-09-2010, 08:39
@bluemonkey

Moin...
es ist mir natürlich sehr wichtig, dass siche meine Kinder von mir wahrgenommen und akzeptiert fühlen. Ich kenne das aus meiner eigenen Kindheit und ich fand es immer furchtbar, dass mein Vater mir gar nicht zugehört hat, sondern seine "Urteile" einfach immer so verkündet hat. Wenn wir uns gestritten habe, dann versuche ich es eigentlich immer nocheinmal später, wenn sich die Wogen geglättet haben mit einem Gespräch. Klar, muss man auch an das Alter anpassen. Mit meinem 11 jährigen geht schon mehr, als mit dem 7 jährigen. Meine kleine (1 Jahr) braucht eher nur "ja" "nein" "lass das"..:rolleyes:

Allerdings habe ich schon das Gefühl, das es bei Kindern anders läuft. Beispiel: Im Spielwarenladen. Legostarwars, Millenium Falcon, 5.000 Teile, stolzer Preis: 250,- €. Papaaaaaa, das wiiiiiillllllll iiiiiiiich!!!!!! So, nun sage ich, nein, das ist zu teuer. Antwort: Das wiiiilllllllll iiiiichhhh aaaaaaber!!!!!. Ich bleibe natürlich bei nein und bin soooo gemein und plöd usw. Natürlich kann ich jetzt eine Unterhaltung über den Wert des Geldes und die mit dem Erlangen verbundenen Mühen beginnen. Darlegen, dass man, wenn man mal 250,- als erwachsener über hätte, ander Prioritäten hätte....aber, macht das Sinn? Kann mein Sohn mit 11 das komplett verstehen? Eigentlich will er nur "haben". Der Rest ist ihm ziemlich egal.
In dem Bereich versuche ich, eher über Taschengeld, und den Umgang damit das Verhalten zu beeinflussen, denn das ist ein Punkt, den Kinder erstmal lernen müssen. Ok einige Erwachsene auch..:p Werte von Geld und der damit verbundenen Arbeit, Prioritäten bei der Ausgabe setzen. Sparen oder nicht, usw.

Anders natürlich der Bereich soziale Konflike. Diese kann man natürlich nach dem genannten Schema angehen. Allerdings muss man bei kleineren Kindern natürlich teilweise aus sicherheitsgründen eingreifen und die Erklärungen später nachholen. Z.B. Straßenverkehr, Schaufel auf den Kopf, was weiß ich.

Subjektiv habe ich irgendwie das Gefühl, das man bei Kindern die Art der Konfliktlösung teilweise mehr differenzieren muss, als z.B. bei seinem Partner. Man hat ja nicht nur das Bestreben "harmonische Beziehungspflege" sondern auch einen "Erziehungsauftrag" (positiv, wohlwollend gemeint ;)). In den Bereichen ist anscheinend meine Position bei der Konfliktbewältigung anders. Ich möchte ja gerade das Kind in eine gewisse Richtung lenken, die ich in dem Bereich als angemessen oder notwendig empfinde.
In einem "Erwachsenenkonflikt" wäre das meiner Meinung nach falsch, da ich mein Gegenüber natürlich komplett wahrnehmen muss...ohne "Lenkungsspielchen"

Grüße

Helmut Gensler
13-09-2010, 12:27
Natürlich kann ich jetzt eine Unterhaltung über den Wert des Geldes und die mit dem Erlangen verbundenen Mühen beginnen. Darlegen, dass man, wenn man mal 250,- als erwachsener über hätte, ander Prioritäten hätte....aber, macht das Sinn? Kann mein Sohn mit 11 das komplett verstehen? Eigentlich will er nur "haben". Der Rest ist ihm ziemlich egal.
In dem Bereich versuche ich, eher über Taschengeld, und den Umgang damit das Verhalten zu beeinflussen, denn das ist ein Punkt, den Kinder erstmal lernen müssen. Ok einige Erwachsene auch.. Werte von Geld und der damit verbundenen Arbeit, Prioritäten bei der Ausgabe setzen. Sparen oder nicht, usw.
Genau dieser Bereich, des "miteinder diskutierens" kann dann auch genial in die Hose gehen. Wenn ich Eltern erlebe, die bei ihrem 5 jährigen anfangen: "aber ich habe dir doch schon so oft gesagt und mit dir abgesprochen, dass......." stehen bei mir die Haare zu Berge. Altersgemäße Kommunikation und Verantwortung sollten in der Erziehung zentral sein. Sonst sind Grundlagen nur schwer zu schaffen.

Papatom
13-09-2010, 13:05
Genau!

und da sehe ich eben den Unterschied in der Konfliktkultur. Kinder und Jugendliche muß man teilweise anders "behandeln" als einen z.B. Partnerkonflikt.
Eben wenn man erziehe möchte. Auch bestimmt bei zu betreuenden Jugendlichen. Um mal auf die Ausgangsfrage zurückszukommen.

Grüße

bluemonkey
16-09-2010, 10:31
Allerdings habe ich schon das Gefühl, das es bei Kindern anders läuft. Beispiel: Im Spielwarenladen. Legostarwars, Millenium Falcon, 5.000 Teile, stolzer Preis: 250,- €. Papaaaaaa, das wiiiiiillllllll iiiiiiiich!!!!!! So, nun sage ich, nein, das ist zu teuer. Antwort: Das wiiiilllllllll iiiiichhhh aaaaaaber!!!!!. Ich bleibe natürlich bei nein und bin soooo gemein und plöd usw. Natürlich kann ich jetzt eine Unterhaltung über den Wert des Geldes und die mit dem Erlangen verbundenen Mühen beginnen. Darlegen, dass man, wenn man mal 250,- als erwachsener über hätte, ander Prioritäten hätte....aber, macht das Sinn? Kann mein Sohn mit 11 das komplett verstehen?

Alter, 250 Euro für ein Plastikraumschiffmodell? Da bin ich wieder froh, dass ich keine Kinder habe:p
Ich weiß nicht, ob ein 11-Jähriger das komplett verstehen kann, ich meine mich aber zu erinnern, dass ich in dem Alter schon Taschengeld bekam, und wusste, dass das weg ist, wenn ich es ausgebe. Damals hab ich mir schon überlegt, was ich mir kaufe und ich wusste auch, dass das Einkommen meiner Eltern begrenzt ist. Ich wusste, meine ich, auch in welcher Preisklasse sich meine Geschenke bewegen.
Ich kann mich nicht erinnern (was nicht heißt, dass es nicht eventuell doch so war) dass mir meine Eltern etwas von "Wert" oder "Mühen des Erlangens" erzählt haben, sondern eher einfach "das können wir uns nicht leisten".
Wenn man sich das leisten kann und "andere Prioritäten" heißt, dass sich lieber der Vater selbst ein Spielzeug kauft als dem Sohn, dann ist das natürlich eine andere Sache.
Rumquengeln ist natürlich eine prima Strategie, um die Eltern zu etwas zu bringen, "Quengelware" ist ja ein alter Hut. Da man in der GFK aber nicht fordert, sondern lediglich bittet, hat der Sohnemann auch kein Anrecht auf einen Millenium Falcon. Er kann ihn verlangen und der Vater kann ihn ablehnen. Wenn man das klar macht, dass er mit der Strategie "Du bist doof" nicht weit kommt, dann überlegt er sich was anderes.
Interessant wäre es eventuell auch, in einer ruhigen Minute herauszufinden, welches Bedürfnis hinter dem Wunsch nach einem Millenium-Falcon steckt.
Anerkennung bei den Freunden?
Spaß am Zusammenbauen?
Nur eine spontane Begierde?
Ist er schon begeisterter Lego-Freak oder steht er nur auf Star Wars?
Oder würde das Ding, kaum gekauft, halb zusammengebaut in einer Ecke vergammeln?

Papatom
16-09-2010, 12:04
Hi,

hast Du natürlich Recht. Ich hatte das auch eher nur als Beispiel angeführt, dafür, dass Konflikte zwischen Kindern bzw. Jugendlichen teilweise ganz anders entstehen als z.B. zwischen Partnern und das Verhalten dementsprechend auch anders sein sollte..

Beim Lego baut er übrigens meistens eigene Sachen. Aber Starwars ist halt recht angesagt zur Zeit...:p Mag auch daran liegen, dass da im Verhältnis zu Indy, Harry & Co. mehr Teile drin sind im Schnitt. Obwohl der Mist trotzdem im Vergleich 20% teurer ist als das "normale" Lego...:mad:

Im Moment möchte er übrigens später mal Legodesigner werden. Was muss er bitte dafür für eine Ausbildung haben? :confused:


Grüße

Helmut Gensler
16-09-2010, 17:20
@bluemonkey
eine Möglichkeit ist noch der "Machtanspruch"... ICH habe Recht, ICH will was und DU hast zu spuren! Leider ist das System altersunabhängig erkennbar und das genaue Gegenteil von Streitkultur.
Ich habe gestern in der ersten Klasse (an einer normalen Grundschule) zwei Schüler erlebt...
1. Er sagte was, die Lehrerin erklärte darauf hin... er sofort: ICH habe noch nicht fertig gesprochen!! .. und gab etwas kaum zum Thema Gehörendes von sich.
2. Der andere schmiss sich ohne äußeren Grund auf den Boden, zappelte rum, stand dann wieder auf, als er höflich angesprochen wurde.
... Aufmerksamkeit mit allen Mitteln erregen!!

bluemonkey
16-09-2010, 20:42
Im Moment möchte er übrigens später mal Legodesigner werden. Was muss er bitte dafür für eine Ausbildung haben? :confused:


Erzähl im "Ingenieur" und er soll immer schön in Mathe aufpassen:D

bluemonkey
16-09-2010, 21:03
@bluemonkey
eine Möglichkeit ist noch der "Machtanspruch"... ICH habe Recht, ICH will was und DU hast zu spuren! Leider ist das System altersunabhängig erkennbar und das genaue Gegenteil von Streitkultur.
Ich habe gestern in der ersten Klasse (an einer normalen Grundschule) zwei Schüler erlebt...
1. Er sagte was, die Lehrerin erklärte darauf hin... er sofort: ICH habe noch nicht fertig gesprochen!! .. und gab etwas kaum zum Thema Gehörendes von sich.


Sowas hab ich neulich im Fernsehen gesehen.
Nicht bei "Die Supernanny", sondern bei "Anne Will".:p

Wie geht man als Lehrer mit so was um?
Wie reagieren die Mitschüler darauf?

Helmut Gensler
17-09-2010, 14:12
Wie geht man als Lehrer mit so was um?
Wie reagieren die Mitschüler darauf?
:o wenn die Lehrerin zu soft ist, und hilflos rumsteht,
:D wenn man die Eltern beim ersten Elternabend entsprechend bearbeitet hat.
:) Den MItschülern ist es meistens erst mal wurst.

Etwas genauer sieht es so aus, dass die Lehrerin ( 98% Frauen in den ersten beiden Schuljahren) sich überlegen muss, ob sie die fehlende Erziehung übernehmen will und so viel ruhiger weiter arbeiten kann. Das muss sie aber mit den Eltern entsprechend geklärt haben - inklusive Protokoll in den Akten- denn sonst nölt der Sprößling zuhause rum, dass er von dieser "blöden Tyrannin" jeden Tag gemobbt, gequält und geschlagen wird. Die Kinder sind es gewohnt, Leute gegeneinander auszuspielen.