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Vollständige Version anzeigen : Gewaltfreie Kommunikation



bluemonkey
19-09-2010, 11:36
Marshall B. Rosenberg über:

Mediation zwischen Konfliktparteien

9nbycVpr6-0

Sprache, die Verantwortung für eigenes Tun leugnet:

Sk9-3bMAGBw&p

Helmut Gensler
19-09-2010, 12:30
auf deutsch:
Immanuel Kant, der kategorische Imperativ

Muy fa
19-09-2010, 12:42
Interessanter Stoff. Hab mich eine Weile damit beschäftigt...
Könnte übrigens ziemlich "strassentauglich" sein ;)

AndyLee
19-09-2010, 12:45
auf deutsch:
Immanuel Kant, der kategorische Imperativ
Daran erinnere ich mich auch noch im "Q"...

By the way: Schöne Grüße von unserer Gruppe soll ich dir bestellen...

bluemonkey
19-09-2010, 12:47
auf deutsch:
Immanuel Kant, der kategorische Imperativ

:confused:

Es geht eben nicht um eine Maxime einen Imperativ oder ein allgemeingültiges Gesetz, sondern um die konkrete Verbindung mit dem Leben und den anderen.



Kant definiert den Begriff der Pflicht folgendermaßen: „Pflicht ist die Notwendigkeit einer Handlung aus Achtung fürs Gesetz“.[10] Die Vernunft ermöglicht uns, das Sittengesetz zu erkennen. Eine Handlung aus Pflicht ist also eine Handlung aus Achtung für das Gesetz. Pflicht soll das Motiv für das Handeln sein, nicht Freude, Abwendung von Übel oder Ähnliches. Wem das Gewissen gebietet, auf eine bestimmte Weise zu handeln, hat auch die Pflicht, so zu handeln. Dabei ist es wichtig zu beachten, dass der Mensch nicht nur pflichtgemäß (nach Pflicht), sondern durch die Achtung vor dem Gesetz motiviert (aus Pflicht) handeln soll.

das ist so ziemlich das verkopfte Gegenteil von Rosenbergs Ansatz.:(

Helmut Gensler
19-09-2010, 14:32
na ja, "Gegenteil" würde ich da nicht sagen.
Wenn man Kants These auf ein ganz normales Leben reduziert, so fordert er ganz einfach, dass jeder so verantwortlich leben muss, wie er es aus Achtung vor Gesetzen, Menschenwürde, Moral etc zu tun hat.
Rosenberg stellt halt die "Bedürfnisse" in den Mittelpunkt. Für mich haben die schon ziemlich viel mit Würde, Achtung, Moral etc zu tun.

bluemonkey
19-09-2010, 15:57
Rosenberg stellt halt die "Bedürfnisse" in den Mittelpunkt. Für mich haben die schon ziemlich viel mit Würde, Achtung, Moral etc zu tun.

Würde ja, Achtung auch, aber nicht Achtung des Gesetzes. Eher Achtung des Lebens.
Moral? Da würden ja wieder Richtig und Falsch folgen und damit "im Recht" sein?
Und dann kann man den anderen als Person verurteilen, weil er sich nicht an Gesetze/Moralvorstellungen hält und nicht nur seine Tat bedauern.


Auch in der Bibel wurde interessanterweise der Mensch aus dem Paradies vertrieben, als er vom Baum der Erkenntnis von Gut und Böse gegessen hatte. Gott merkte das daran, dieser seine Nacktheit verbergen wollte (Moral).

Helmut Gensler
19-09-2010, 18:15
....weil er sich nicht an Gesetze/Moralvorstellungen hält .....
Das ist oft der Knackpunkt. Wenn wortwörtlich ich den alten Aussagen (Gesetzen) von Ayatolla Khomeni folgen würde, so hätte ich in meinem sozialen Umfeld ziemliche Probleme. Als "Talib" müsste ich dann zur Waffe greifen und strafen. Aber ich könnte mich im "Lichte der Wahrheit und des Rechts" sonnen..
Moral im erweiterten Sinne Kants verstehe ich so, dass alle Menschen das Recht auf Würde und ihre Bedürfnisse haben, solange sie nicht zu sehr mit anderen kollidieren. Genau dann ist eine möglichst gewaltfreie Kommunikation unumgänglich, unter welchen philosophischen oder ethischen Grundlagen auch immer man sie angeht.

Sven K.
19-09-2010, 18:32
Interessanter Stoff. Hab mich eine Weile damit beschäftigt...
Könnte übrigens ziemlich "strassentauglich" sein ;)

Inwiefern ?

Muy fa
19-09-2010, 18:49
Inwiefern ?

Bezüglich Konfliktsentschärfung. Wobei ich mir im Klaren bin, dass es auch Leute gibt, die schlichtweg nicht kommunikationsfähig sind. In dem Sinn wäre die Sprache der Faust eben der letzte Ausweg.
Aber alles was davor ist, dafür würde sich GFK durchaus eignen.

Sven K.
20-09-2010, 16:32
Bezüglich Konfliktsentschärfung. Wobei ich mir im Klaren bin, dass es auch Leute gibt, die schlichtweg nicht kommunikationsfähig sind. In dem Sinn wäre die Sprache der Faust eben der letzte Ausweg.
Aber alles was davor ist, dafür würde sich GFK durchaus eignen.

Sehe ich etwas differenzierter. Die meisten "Situationen" auf der Straße sind
für die GFK nicht geeignet. Einerseits durch den nicht vorhandenen Willen des
Aggressors, andererseits glaube ich kaum, das Du mit der Giraffen-Sprache
irgendwas beim Gegenüber auslöst. Meistens hast Du auch gar nicht die Zeit,
um zu "analysieren".
Für nen Streit um einen Parkplatz oder wenn dir/du jemand mit einem
Einkaufswagen in die Hacken fährt, mag es ja noch funktionieren.
Für Stressfälle denke ich aber nicht.
Du wirst kaum die Möglichkeit haben, die Anliegen eines Aggressors
aufzuspüren und zu berücksichtigen, um somit eine positive
Bearbeitung des Konfliktes zu ermöglichen.
Die Strategie der "Erde" mag noch funktionieren. Für "Luft" und "Wasser" sehe ich eher schwarz.
Wobei Rosenberg ja auch eher im übertragenen Sinne Begrifflichkeiten wie "Verteidigung", "Angriff"
usw. verwendet.

Um Missverständnisse zu vermeiden. Ich gehe von einer SV- bzw. Stresssituation
aus. Für Alltagssituationen gebe ich dir natürlich recht. ;)

bluemonkey
20-09-2010, 18:27
Einerseits durch den nicht vorhandenen Willen des
Aggressors,

Der nichtvorhandene Wille wozu?

Es geht ja nicht darum einen Gewalttäter bei der Tat umzukrempeln. Dann kann Gewalt zum Schutz angewendet werden.
Aber wieviele Dinge passieren aufgrund von gekränkter Eitelkeit, Verteidigung von Ehre, um wahrgenommen zu werden, aus Langeweile, aufgrund von Feindbildern, aus Angst....?
Was ist hinterher? Gewaltäter nur bestrafen? Täter/Opfer-Ausgleich?

Combat Base Hamburg
21-09-2010, 23:10
Sehe ich etwas differenzierter. Die meisten "Situationen" auf der Straße sind
für die GFK nicht geeignet. Einerseits durch den nicht vorhandenen Willen des
Aggressors, andererseits glaube ich kaum, das Du mit der Giraffen-Sprache
irgendwas beim Gegenüber auslöst. Meistens hast Du auch gar nicht die Zeit,
um zu "analysieren".
Für nen Streit um einen Parkplatz oder wenn dir/du jemand mit einem
Einkaufswagen in die Hacken fährt, mag es ja noch funktionieren.
Für Stressfälle denke ich aber nicht.
Du wirst kaum die Möglichkeit haben, die Anliegen eines Aggressors
aufzuspüren und zu berücksichtigen, um somit eine positive
Bearbeitung des Konfliktes zu ermöglichen.
Die Strategie der "Erde" mag noch funktionieren. Für "Luft" und "Wasser" sehe ich eher schwarz.
Wobei Rosenberg ja auch eher im übertragenen Sinne Begrifflichkeiten wie "Verteidigung", "Angriff"
usw. verwendet.

Um Missverständnisse zu vermeiden. Ich gehe von einer SV- bzw. Stresssituation
aus. Für Alltagssituationen gebe ich dir natürlich recht. ;)

Hi Sven,

ich kann aus eigener und vielfältiger Praxis-Erfahrung sagen, dass die GFK mehr als gut für die SV bzw. deren Vorstufen geeignet ist. Das nennt sich dann strassengiraffisch.

GFK ist weit mehr als die 4 Schritte (Beobachtung-Gefühl-Bedürfniss-Bitte(Strategie)! ;)

Vll. schreibe ich später dazu noch mehr.

Gruß aus HH,
MO

Helmut Gensler
22-09-2010, 16:14
es klappt wirklich denn bei den letzten Konfliktsituationen in der Stadt konnte ich sprachlich gut rauskommen, auch ohne eine direkte Schulung nach Rosenberg mitgemacht zu haben.

bluemonkey
22-09-2010, 16:20
Vll. schreibe ich später dazu noch mehr.


Bitte mach das.:)
Gibt es spezielle Bücher/CDs, die sich mit Straßengiraffisch beschäftigen?


es klappt wirklich denn bei den letzten Konfliktsituationen in der Stadt konnte ich sprachlich gut rauskommen, auch ohne eine direkte Schulung nach Rosenberg mitgemacht zu haben.

Ähnlich der GFK-Methode oder nach einer eigenen?
Magst Du mal berichten, wie das ablief?

Helmut Gensler
22-09-2010, 16:36
o.k. eine Story ganz kurz und schon sehr lange her:
ein ungefähr gleichaltriger Mittzwanziger kam auf mich zu, mittelmäßig dicht und fing an" ich verhau dich jetzt". Antwort: "Zum verhauen hab ich jetzt wenig Lust, hock dich erst mal zu mir her und trink ein Bier mit. klopfen können wir uns später noch"...und gleich ein Glas rübergeschoben. Ich weiter: "Irgendwie geh es dir nicht gut, erzähl mal.".... Dämme brachen, 45 Min sprudelte es und ich hörte wirklich zu (können nicht alle, leider) ... danach verabschiedeten wir uns mit Handschlag.

Combat Base Hamburg
22-09-2010, 18:40
o.k. eine Story ganz kurz und schon sehr lange her:
ein ungefähr gleichaltriger Mittzwanziger kam auf mich zu, mittelmäßig dicht und fing an" ich verhau dich jetzt". Antwort: "Zum verhauen hab ich jetzt wenig Lust, hock dich erst mal zu mir her und trink ein Bier mit. klopfen können wir uns später noch"...und gleich ein Glas rübergeschoben. Ich weiter: "Irgendwie geh es dir nicht gut, erzähl mal.".... Dämme brachen, 45 Min sprudelte es und ich hörte wirklich zu (können nicht alle, leider) ... danach verabschiedeten wir uns mit Handschlag.

:yeaha:

==> Respekt, Wertschätzung, Verbindung und Empathie

Diese Bedürfnisse hast Du ihm damals vermutlich erfüllt.

Klasse! Mit dem Unvermögen vieler zuzuhören gebe ich Dir ungern recht... :(

Alleine dadurch, dass wenn man zu dem anderen wirklich ernsthaft eine Brücke bauen möchte, kann man den meisten Agressionen die Kraft nehmen bzw. sie in andere (konstruktive) Richtungen lenken. Und die GFK funktioniert da wirklich gut!

Ein Bsp. von mir:

Situation: 2 Typen rauchen in der Bahn

Früher:

ich: "Macht die Kippen aus!"
die: "WAS?"
ich: " Macht die Kippen aus, sonst erledige ich das!"

Wenn die Typen dann nicht die Kippen ausmachten, schnappte ich sie mir und zerbröselte sie in einer Hand.

Dann gab´s entweder Eskalation oder eingeschüchterte Raucher...

Heute:

ich: "Na Männer, beim Schmöcken kann man sich super entspannen, oder?
die: "RICHTIG!"
ich: "Richtig!"
die: lach
ich: "Männers, ich respektiere eurer Bedürfnis nach Entspannung! Wirklich! Nur wenn ich den Rauch in der Nase habe, hab ich ein Problem mich zu entspannen. Könnte ihr das verstehen?
die: klar.
ich: wäre es okay für euch, wenn ihr die Zigaretten ausmachen würdet?
die: nagut
ich: das wäre klasse! Aber nur wenn das okay für Euch ist!?
die: logo!

So oder so ähnlich habe ich das einige Male erlebt und es klappte fast immer! Entscheidend dabei ist, dass man den anderen nicht "angreift", sondern abholt. Abholt von seiner Position. Eine Brücke baut und dem ggü. damit auch Respekt zollt und ihm das Gesicht lässt.

Soweit erstmal...

Hier ein Script (http://www.gewaltfrei.de/gk802/modell.php) für all jene die mal in die GFK reinschnuppern möchten.

Giraffengruß aus Hamburg,
MO

Helmut Gensler
22-09-2010, 20:19
Mit dem Unvermögen vieler zuzuhören gebe ich Dir ungern recht...

Wenn ich so verschiedene Bemerkungen in Beiträgen lese, so drängt sich der Eindruck massiv auf, dass es hier Leute gibt, die beim "aufmerksam und vorurteilsfrei Lesen" schon ihre massiven Probleme haben.
Wie sollen die richtig zuhören können?

Combat Base Hamburg
22-09-2010, 20:49
Wenn ich so verschiedene Bemerkungen in Beiträgen lese, so drängt sich der Eindruck massiv auf, dass es hier Leute gibt, die beim "aufmerksam und vorurteilsfrei Lesen" schon ihre massiven Probleme haben.
Wie sollen die richtig zuhören können?

Ja, ich wünsche mir es auch, dass hier an der einen oder anderen Stelle mehr zueinander gefunden würde.

netwolff
23-09-2010, 09:39
Ja, ich wünsche mir es auch, dass hier an der einen oder anderen Stelle mehr zueinander gefunden würde.

Wie du inzwischen weißt, interessiere ich mich für das Thema GFK. Mir selber wird von Bekannten ein hohes Maß an Empathie, Zuhören-können etc. nachgesagt. Aus beruflichen Gründen verbinde ich das (leider?) immer mit Analyse und Lösungssuche.
Ich habe die letzten Tage einfach mal versucht bei meiner Frau z.B. die einfachen ersten Schritte, Beobachten und Zuhören ohne zu interpretieren umzusetzen und zu versuchen tatsächlich die Bedürfnisse zu erkennen...das ist sauschwer...auch wenn ich mich selber als "talentiert" darin betrachte.

Gut, hier im Forum ists eh irgendwie anders, das ist ja sowieso per Definition keine Kommunikation, sondern nur Interaktion :D

bluemonkey
23-09-2010, 11:02
Aus beruflichen Gründen verbinde ich das (leider?) immer mit Analyse und Lösungssuche.D

Ja, gerade das ist sauschwer, den anderen lediglich Empathie zu geben und seine eigene Lösung finden zu lassen.
Ich hab mal ein Basisseminar mitgemacht. Da wurde mir bewusst, wie sehr ich dauernd Lösungen anbiete, oder eigene Erfahrungen berichten will.
Die Trainerin hat mich dauern gestoppt. Das war anfangs extrem anstrengend, aber mit der Zeit wird das eher entspannend, wenn man sich von dem Zwang, eine Lösung bieten zu müssen befreit und sich mit der aktuellen Situation und der konkreten Person verbindet.

Lösungen statt Empathie soll ja angeblich eine "typisch männliche" Eigenschaft sein:

Frau: "Meine Lieblingsbluse ist kaputt (will Empathie)"
Mann: "Das macht nix, morgen kaufen wir eine neue (bietet Lösung)"
Frau: "Du verstehst mich nicht"
Mann: :confused:

Aber Frauen machen das auch:D

netwolff
23-09-2010, 12:00
Ja, gerade das ist sauschwer, den anderen lediglich Empathie zu geben und seine eigene Lösung finden zu lassen.
Ich hab mal ein Basisseminar mitgemacht. Da wurde mir bewusst, wie sehr ich dauernd Lösungen anbiete, oder eigene Erfahrungen berichten will.
Die Trainerin hat mich dauern gestoppt. Das war anfangs extrem anstrengend, aber mit der Zeit wird das eher entspannend, wenn man sich von dem Zwang, eine Lösung bieten zu müssen befreit und sich mit der aktuellen Situation und der konkreten Person verbindet.

Lösungen statt Empathie soll ja angeblich eine "typisch männliche" Eigenschaft sein:

Frau: "Meine Lieblingsbluse ist kaputt (will Empathie)"
Mann: "Das macht nix, morgen kaufen wir eine neue (bietet Lösung)"
Frau: "Du verstehst mich nicht"
Mann: :confused:

Aber Frauen machen das auch:D

Es wird im beruflichen Umfeld von mir erwartet, dafür werde ich gekauft, zu analysieren und Lösungen zu finden.
Ich bin ja gerade dabei, mich mehr in den Bereich "Mensch" zu entwickeln :)
Prozesse, Ziele, KPI, Projekte kann ich schon :D