Anmelden

Vollständige Version anzeigen : Streit der Philosophien im Karate



Trunkenbold
13-10-2010, 14:40
Angeregt durch die letzte doch heftige Debatte, in der es um scheinbar vorhandene Unterschiede in den Philosophien ging. Stellt sich mir die Frage inwiefern dies nun wirklich zutrifft. Meiner Meinung nach können die Philosophien im Kernpunkt der Menschlichkeit nicht soweit auseinander stehen wie manchmal behauptet wird.

Beispiel und Frage:

Der Begriff Charakter und der damit verbundene Weg zur Charakterfestigung ist für mich recht klar dargelegt. Nun soll damit in der konfuzianistischen Weltanschauung etwas anderes gemeint sein, ja unsere Definition im Zusammenhang lustig sein.
Persönlich bin ich mit den fernöstlichen Weltanschauungen nur rudimentär vertraut, aber ich dachte bisher auch Konfuzius strebe in seiner Lehre eben gerade diese Charakterbildung an.

In wieweit unterscheiden sich diese grundlegenden Auffassungen im Karate?

Nick_Nick
13-10-2010, 15:00
Angeregt durch die letzte doch heftige Debatte, in der es um scheinbar vorhandene Unterschiede in den Philosophien ging. Stellt sich mir die Frage inwiefern dies nun wirklich zutrifft. Meiner Meinung nach können die Philosophien im Kernpunkt der Menschlichkeit nicht soweit auseinander stehen wie manchmal behauptet wird.

Beispiel und Frage:

Der Begriff Charakter und der damit verbundene Weg zur Charakterfestigung ist für mich recht klar dargelegt. Nun soll damit in der konfuzianistischen Weltanschauung etwas anderes gemeint sein, ja unsere Definition im Zusammenhang lustig sein.
Persönlich bin ich mit den fernöstlichen Weltanschauungen nur rudimentär vertraut, aber ich dachte bisher auch Konfuzius strebe in seiner Lehre eben gerade diese Charakterbildung an.

In wieweit unterscheiden sich diese grundlegenden Auffassungen im Karate?

+1

und ehe der Admin vor lauter Fracksausen ;) gleich wieder dicht macht, zwei Fragen hinterher an die Kenner:

Was sind Jinkaku" und "Seishin?

Und hinsichtlich der Vervollkommnung des Charakters im Konfuzianismus, hier mal ein Zitat von Kano:

" ...I shall now speak about the moral phase of Judo. It is not my intention to speak of the moral discipline given to students in the exercise room, such as the observance of the regular rules of etiquette, courage, perseverance, kindness, respect for others, impartiality, and fair play so much emphasized in athletic sports throughout the world. The training in Judo has a special moral import in Japan because Judo, together with other martial exercises, was practiced by our Samurai, who had a high code of honor, the spirit of which has been bequeathed to us through the teaching of the art. In this connection I wish to explain to you how the principle of maximum efficiency helps us in promoting moral conduct. A man is sometimes very excitable and prone to anger for trivial reasons. …"

Was wird hier von "Langnasen" anders interpretiert als von Kano gemeint. Oder ist das eindeutig für Ostler und Westler?

Schafsmann
13-10-2010, 15:24
mir ist glaub ich noch immer nicht vollkommen klar was mit charakter genau gemeint ist. ich hatte es bereits erwähnt aber ich verstehe darunter einfach die sammlung von stärken und schwächen meiner selbst. charakterbildung würde für mich dann bedeuten, dass am ende nicht unbedingt leute stehen die sich vortrefflich verhalten und (im bereich kk nicht unwichtig) friedlich dastehen. wenn ich einen streitsüchtigen charakter habe würde eine charakterbildung nach meinen vorstellungen auch diese streitsucht zutage legen.

charakter ist für mich erstmal etwas wertfreies, man kann demnach also keinen guten oder schlechten haben... sondern eher einen ausgeprägten oder wenig entwickelten... auch hat das für mich noch nichts mit moral oder etikette zu tun... das wären dann eher sachen die mir helfen meinen charakter wie er ist in die gemeinschaft einzufügen...

da meine sicht wohl stark auf individualität beruht, könnte ich mir vorstellen dass asiaten das vielleicht anders sehen. soweit ich weiß ist der fokus auf individualisierung ja eher ein westliches steckenpferd...

Vegeto
13-10-2010, 15:26
und ehe der Admin vor lauter Fracksausen

Fracksausen so so. Das Thema scheint euch ja unter den Fingern zu brennen. Also auf in die zweite Runde. Haltet euch aber an die Hinweise im alten Thread.


@Topic

Die Menschheit hat einiges an gegensätzlichen Philosophien hervorgebracht. Auf das Karate hatte auch der Budo und damit auch der Zen-Buddhismus Einfluss. Ohne das zu verstehen, kann man bestimmte Leitsätze einfach nur anders interpretieren.

Im Westen geht man normal davon aus das Menschen ein "Ich" haben, dieses "Ich" lässt sich durch Charakterschulung verbessern. In allen Formen des Buddhismus, auch im Zen, sieht man das "Ich" als Illusion. Und alle Probleme enden wenn man dieses "Ich", das Ego, auflöst.

Beispiel Angst:

Eine Charakterschulung ist, seine Ängste zu verstehen, zu konfrontieren und zu kontrollieren. Im Zen wäre so das eine "Rechte Handlung".Ebenfalls gut. D.h man spürt die negative Emotion und handelt trotzdem. Diese Art der Charakterschulung gibt es überall auf der Welt. Auch im Islam, als großer Jihad. Im Zen und im Budo geht man noch weiter. Durch meditative Praxis versucht man das Ego aufzulösen und damit auch alle Schwächen und alles Leiden. Denn wenn kein "Ich" mehr da ist, dann kann auch vor nichts mehr Angst haben. Das war auch eines der Ziele der Samurai.

Das heißt wenn man darüber spricht seinen Charakter zu vervollkommnen muss man erstmal klären was man genau darunter versteht. Sonst redet man immer aneinander vorbei.

Perfektion des Charakters =
a) Auflösung des Egos, alles ist Eines
b) Verbessern des Egos, aber sich selbst noch als getrenntes Individum sehen

Da gibt es natürlich bei Karate Meistern unterschiedliche Auffassungen. Yahara zum Beispiel sagt für ihn gibt es keine Philosophie im Karate. Andere möchten den Bushido leben. Wieder andere, viele aus dem Westen, können das überhaupt nicht mit ihrem Weltbild vereinen.

Schafsmann
13-10-2010, 15:37
wie kommt es denn zu dieser ich-auflösung?
was ja im ersten diskussionsversuch gesagt wurde ist, dass erstmal ein vollständiges ich vorhanden sein muss um es überhaupt eines tages mal auflösen zu können. das heisst für mich ich muss mir meiner selbst erstmal wirklich bewusst werden (wo sind meine grenzen, was unterscheidet mich von den anderen). das ist für mich ein prozess der individualisierung...

Für mich gehts eigentlich am ende immer um bewusstwerdung (mein charakter ist so und so)... und nicht um das erreichen von vorgegebenen idealen (ein guter charakter sollte so und so sein)...

Vegeto
13-10-2010, 16:04
wie kommt es denn zu dieser ich-auflösung?
Einsicht. Ist schwer sowas einfach zu glauben, das muss man erfahren haben. In Meditation kannst du verschiedenste Zustände erreichen, in denen es keinen Unterschied zwischen dir und allem um dich herum gibt. Kein Gefühl mehr für Raum und Zeit.
Wichtig ist noch zu verstehen das sich das "Kleine-Ich" - das Ego auflöst - Das heißt nicht das du ganz weg bist. Denn nichts was existiert ist aus dem Nichts entstanden und kann zu Nichts werden. Die Wolke stirbt nicht, sondern wird zu Regen. Der Regen wird nicht geboren, sondern ist die Verwandlung und Fortsetzung der Wolke (Frei nach Thich Nhat Hanh).
Die Leerheit bedeutet nicht das das nichts ist. Das wäre Nihilismus. Sondern die Leerheit bedeutet das alles aufeinander bezogen und miteinander verbunden ist.

Genki Sudo ist ein bekannter Kampfsportler der mit diesem Weltbild lebt:

http://www.vertigo-go.com/blogpics/genki


dass erstmal ein vollständiges ich vorhanden sein muss um es überhaupt eines tages mal auflösen zu können.
Das hört sich eher wie Schritte in die falsche Richtung an


Für mich gehts eigentlich am ende immer um bewusstwerdung (mein charakter ist so und so)... und nicht um das erreichen von vorgegebenen idealen (ein guter charakter sollte so und so sein)...

Zu erkennen "Ich habe die Eigenschaft" ist natürlich immer die Voraussetzung daran was zu ändern.

Was den Begriff der "Rechten Handlung" im Kampfsport angeht und Charakterbildung allgemein dem kann ich die neueren Werke von Geoff Thompson empfehlen. Z.B Warrior.

Um den Bogen zum Karate zurückzuspannen. Dieses Verständnis ist auch maßgeblich wenn man z.B die Nijukun interpretiert.


Wahres Karate ist wie heißes Wasser, das abkühlt, wenn man es nicht beständig wärmt.
Das versteht hoffentlich jeder.


Lerne deinen Geist zu kontrollieren und befreie ihn dann.
Hier wirds schon interessanter.

Dakan
13-10-2010, 17:21
Beispiel und Frage:

Der Begriff Charakter und der damit verbundene Weg zur Charakterfestigung ist für mich recht klar dargelegt. Nun soll damit in der konfuzianistischen Weltanschauung etwas anderes gemeint sein, ja unsere Definition im Zusammenhang lustig sein.
Persönlich bin ich mit den fernöstlichen Weltanschauungen nur rudimentär vertraut, aber ich dachte bisher auch Konfuzius strebe in seiner Lehre eben gerade diese Charakterbildung an.

In wieweit unterscheiden sich diese grundlegenden Auffassungen im Karate?
Okay ich drücke es mal einfach aus: Bei uns im Westen ist Charakterschulung darauf ausgerichtet sich von anderen abzugrenzen. Im Konfuzianismus geht es allerdings eher um die Eingliederung und Unterordnung in der Gesellschaft. Quasi damit man gemeinsam etwas schaffen kann.

@Nick_Nick: Ich lese da nichts über Charakter. Meiner Ansicht nach spricht Kano da über yamato damashii (japanischer Geist) und das ist wieder was anderes ;)


Auf das Karate hatte auch der Budo und damit auch der Zen-Buddhismus Einfluss.
Was aber nicht heißt, dass die Ideale des Zen jetzt im Karate vermittelt werden würden oder müssten.
Es stinkt nach Zen (http://www.taekkyon.de/Direktdownload/Es_stinkt_nach_Zen.pdf)

Trunkenbold
14-10-2010, 07:30
Fracksausen so so. Das Thema scheint euch ja unter den Fingern zu brennen. Also auf in die zweite Runde. Haltet euch aber an die Hinweise im alten Thread.


@Topic

Die Menschheit hat einiges an gegensätzlichen Philosophien hervorgebracht. Auf das Karate hatte auch der Budo und damit auch der Zen-Buddhismus Einfluss. Ohne das zu verstehen, kann man bestimmte Leitsätze einfach nur anders interpretieren.

Im Westen geht man normal davon aus das Menschen ein "Ich" haben, dieses "Ich" lässt sich durch Charakterschulung verbessern. In allen Formen des Buddhismus, auch im Zen, sieht man das "Ich" als Illusion. Und alle Probleme enden wenn man dieses "Ich", das Ego, auflöst.

Beispiel Angst:

Eine Charakterschulung ist, seine Ängste zu verstehen, zu konfrontieren und zu kontrollieren. Im Zen wäre so das eine "Rechte Handlung".Ebenfalls gut. D.h man spürt die negative Emotion und handelt trotzdem. Diese Art der Charakterschulung gibt es überall auf der Welt. Auch im Islam, als großer Jihad. Im Zen und im Budo geht man noch weiter. Durch meditative Praxis versucht man das Ego aufzulösen und damit auch alle Schwächen und alles Leiden. Denn wenn kein "Ich" mehr da ist, dann kann auch vor nichts mehr Angst haben. Das war auch eines der Ziele der Samurai.

Das heißt wenn man darüber spricht seinen Charakter zu vervollkommnen muss man erstmal klären was man genau darunter versteht. Sonst redet man immer aneinander vorbei.

Perfektion des Charakters =
a) Auflösung des Egos, alles ist Eines
b) Verbessern des Egos, aber sich selbst noch als getrenntes Individum sehen

Da gibt es natürlich bei Karate Meistern unterschiedliche Auffassungen. Yahara zum Beispiel sagt für ihn gibt es keine Philosophie im Karate. Andere möchten den Bushido leben. Wieder andere, viele aus dem Westen, können das überhaupt nicht mit ihrem Weltbild vereinen.

Wenn das „ich“ eine Illusion darstellen soll, erstaunt mich aber der Wille gerade dieses durch die Lehre zu schulen. Ist nicht das „Ich“ im Buddhismus gefangen in einem Kreislauf der Reinkarnation, dessen Ziel durch Charakterschulung das Aufgehen ins Nirwana darstellt.

Letztendlich dreht sich alles um das persönliche „ich“, unabhängig von der Vorstellungen über eine spätere Existenz. Ob man sich da mit Gebeten oder Ängsten auseinander setzt, man schult am Ende den Charakter.

Trunkenbold
14-10-2010, 07:59
Okay ich drücke es mal einfach aus: Bei uns im Westen ist Charakterschulung darauf ausgerichtet sich von anderen abzugrenzen. Im Konfuzianismus geht es allerdings eher um die Eingliederung und Unterordnung in der Gesellschaft. Quasi damit man gemeinsam etwas schaffen kann.


Auch einfach ausgedrückt entgeht mir da der Witz.

Näher betrachtet ging es Konfuzius um gerade den Streitpunkt der Charakterbildung (mach dich mal schlau). Man kann auch viel hineininterpretieren, und es gibt sicherlich auch unterschiede, aber gleiche Ziele finde ich in vielen Philosophien.
Unterschiedliche Auffassungen hingegen findet man im Wesen des Weges zur Charakterbildung.

Eines steht für mich außer Zweifel, die Herabwürdigung eines Gegenübers ist weder das Ziel der westlichen noch der fernöstlichen Philosophie. Auch wenn ich gut verstehen kann, dass man in einer Diskussion einmal den Hammer auspackt.

Am Ende habe ich aber noch eine andere Frage: „Was macht der Konfuzianismus im Karate?“

kanken
14-10-2010, 08:07
Am Ende habe ich aber noch eine andere Frage: „Was macht der Konfuzianismus im Karate?“

Ganz einfach, er war eine der "Pflichtübungen" am Hof des okinawanischen Königs. Da "Te" von den Adeligen dort geübt wurde, mußten sie sich auch mit den chin. Klassikern beschäftigen. Der Konfuzianismus und dessen Gesellschaftsideal wurden als Vorbildhaft und erstrebenswert angesehen.

Abgesehen davon geht es, nicht nur im Karate, darum einen Zustand zu entwicklen (besser: entwickeln zu lassen), in dem kein "Ich, Du, Kampf etc" existiert. "Es" kämpft, oder "Es" läuft mich die Kata". In vielen KK-Traditionen ist dieser Zustand ein Ziel, egal ob Einflüsse aus Zen, Shamanismus, Daoismus oder der indischen Götterwelt, sogar beim Capoiera gibt es das.

Grüße

Kanken

Vegeto
14-10-2010, 08:23
Ist nicht das „Ich“ im Buddhismus gefangen in einem Kreislauf der Reinkarnation, dessen Ziel durch Charakterschulung das Aufgehen ins Nirwana darstellt.

Nirwana bzw Nibbana (in Pali, der Sprache der buddhistischen Urtexte) bedeutet Erlöschen und ist ein Bewusstseinszustand der schon zu Lebzeiten eintreten kann. Bedeutet zu erkennen das alles von einander abhängig ist, in sich leer ist, und damit vergänglich und mit Leid verbunden. Damit folgt das Erlöschen aller Konzepte eines "Ich" in Form von "Ich will" "Ich besitze" "Ich leide" "Ich lebe" "Ich sterbe". Was bleibt ist die Existenz auf einer Bewusstseinsebene die sich mit unserer Sprache nur annähern lässt.

Reinkarnation im buddhistischen Kontext heißt nicht das dasselbe Bewusstsein durch Wiedergeburt in einem anderen Lebewesen weiterexistiert. Stattdessen bedeutet Reinkarnation, dass durch dein Karma weitere Existenzen bedingt werden. So wie eine Kerze ein andere anzünden kann. Die neue Kerze ist zwar die Wiedergeburt der alten Kerze, aber sie sind nicht dasselbe. Da es keine "Ich" gibt kann auch kein "Ich" wiedergeboren werden. Da aber alles Eins ist kann dieses sich in einem anderen Lebewesen manifestieren.


Was aber nicht heißt, dass die Ideale des Zen jetzt im Karate vermittelt werden würden oder müssten.
Richtig, es gibt den Einfluss des Zen auf das Karate. Man kann Karate aber auch ohne Zen praktizieren

Trunkenbold
14-10-2010, 08:29
Ganz einfach, er war eine der "Pflichtübungen" am Hof des okinawanischen Königs. Da "Te" von den Adeligen dort geübt wurde, mußten sie sich auch mit den chin. Klassikern beschäftigen. Der Konfuzianismus und dessen Gesellschaftsideal wurden als Vorbildhaft und erstrebenswert angesehen.

Abgesehen davon geht es, nicht nur im Karate, darum einen Zustand zu entwicklen (besser: entwickeln zu lassen), in dem kein "Ich, Du, Kampf etc" existiert. "Es" kämpft, oder "Es" läuft mich die Kata". In vielen KK-Traditionen ist dieser Zustand ein Ziel, egal ob Einflüsse aus Zen, Shamanismus, Daoismus oder der indischen Götterwelt, sogar beim Capoiera gibt es das.

Grüße

Kanken

Pflichtübungen dienen der Charakterbildung, auch hier wieder ganz klar die Ausbildung des „Ich“ im Vordergrund.

Du bist Mediziner und lässt deine Erfahrungen ins Karate einfließen, ich bin sagen wir mal Bauer, auch dieses fließt ins Karate ein. So gesehen ist Karate ein Teil des ganz normalen Lebens. Bedeutet dies im Umkehrschluss Kühe melken wäre Karate?

Sicherlich kann man es so sehen, und zum Teil sehe ich es auch so.


So jetzt zum „ich“ im Kampf. Hier kann ich dir nicht folgen, da ich immer da sein werde. Natürlich gebe ich zu in Extremsituationen einen Teil von mir los zu lassen, vor dem ich Angst habe. Ein Teil der keinen Schmerz und keine Aufgabe kennt, und auch völlig frei agiert.
Unter uns gesagt, hat dieser Aspekt meiner selbst mir einige Male den ***** gerettet. Dieses „Es“ wenn man so will, agiert ohne ein Bewusstes denken rein instinktiv.

Willst du darauf hinaus?

Trunkenbold
14-10-2010, 08:37
Nirwana bzw Nibbana (in Pali, der Sprache der buddhistischen Urtexte) bedeutet Erlöschen und ist ein Bewusstseinszustand der schon zu Lebzeiten eintreten kann. Bedeutet zu erkennen das alles von einander abhängig ist, in sich leer ist, und damit vergänglich und mit Leid verbunden. Damit folgt das Erlöschen aller Konzepte eines "Ich" in Form von "Ich will" "Ich besitze" "Ich leide" "Ich lebe" "Ich sterbe". Was bleibt ist die Existenz auf einer Bewusstseinsebene die sich mit unserer Sprache nur annähern lässt.

Reinkarnation im buddhistischen Kontext heißt nicht das dasselbe Bewusstsein durch Wiedergeburt in einem anderen Lebewesen weiterexistiert. Stattdessen bedeutet Reinkarnation, dass durch dein Karma weitere Existenzen bedingt werden. So wie eine Kerze ein andere anzünden kann. Die neue Kerze ist zwar die Wiedergeburt der alten Kerze, aber sie sind nicht dasselbe. Da es keine "Ich" gibt kann auch kein "Ich" wiedergeboren werden. Da aber alles Eins ist kann dieses sich in einem anderen Lebewesen manifestieren.


Richtig, es gibt den Einfluss des Zen auf das Karate. Man kann Karate aber auch ohne Zen praktizieren

Drehen wir doch einmal die Frage um: „Was kann man falsch machen um im Reinkarnationskreislauf zurück zu fallen?“

Entscheidend für eine positive Weiterentwicklung hin zum Nirwana ist eine positive Charakterbildung. Wie sieht es mit Vermessenheit aus, wenn annimmt schon zu Lebzeiten das Nirwana erreichen zu können. Und hat nicht einmal ein fernöstlicher Philosoph gesagt, dass das Ende des Kreislaufes der irdischen Erkenntnis eben nicht das Erkennen des Zusammenhanges ist, sondern die Sicht danach die so einfach auf die Welt blickt wie ein neugeborenes Baby (sinngemäß nicht wörtlich).

Vegeto
14-10-2010, 11:21
Jede Handlung und sogar schon jeder Gedanke hat irgendeine Konsequenz - schlechte Gedanken und Taten führen dazu, dass eine von dir bedingte Reinkarnation wieder leiden muss. Schlechtes Karma.


Wie sieht es mit Vermessenheit aus, wenn annimmt schon zu Lebzeiten das Nirwana erreichen zu können.
Die Lehre des Buddhismus geht vom Buddha aus, dem "Erwachten". Er hat ja auch gelebt und gelehrt nach seinem Nirvana. Jemand der Nirvana zu Lebzeiten erreicht nennt man Arahat und der Zustand nach seinem Tod genaugenommen Pari-Nirvana.

Anzunehmen alles im Leben erreichen zu können, kann man als Vermessen bezeichnen. Oder auch einfach als Selbstbewusst. Umgekehrt kann man sagen jemand der davon ausgeht nicht alles erreichen zu können hat Minderwertigkeitskomplexe.


ass das Ende des Kreislaufes der irdischen Erkenntnis eben nicht das Erkennen des Zusammenhanges ist, sondern die Sicht danach die so einfach auf die Welt blickt wie ein neugeborenes Baby
Ja der Geist wie ein Kind. Suzuki war das, oder? Kinder sind eben nicht so vorbelastet mit Gedankenmustern die bei Erwachsenen zwangsläufig zu gewissen Vorurteilen und trainierten Verhaltensweisen führen.

Wenn der Thread weiterhin im Karate Forum fortgeführt werden soll, müssen die kommenden Beiträge einen klaren Bezug zum Karate haben. Sonst ist es besser in das Philosophie Unterforum zu verschieben.

FireFlea
14-10-2010, 11:36
Sehr vernünftig finde ich die Ansicht von Sogen Sakiyama Roshi. Er ist Zen Mönch und weiterhin direkter Schüler von Goju Ryu Begründer Chojun Miyagi. Er unterrichte(te) außerdem Shoshin Nagamine und Morio Higaonna im Zen.

"Zen and karate are not the same, but can complement each other".

(zu finden in Karate Masters von Fraguas).

Trunkenbold
15-10-2010, 07:38
Jede Handlung und sogar schon jeder Gedanke hat irgendeine Konsequenz - schlechte Gedanken und Taten führen dazu, dass eine von dir bedingte Reinkarnation wieder leiden muss. Schlechtes Karma.


Die Lehre des Buddhismus geht vom Buddha aus, dem "Erwachten". Er hat ja auch gelebt und gelehrt nach seinem Nirvana. Jemand der Nirvana zu Lebzeiten erreicht nennt man Arahat und der Zustand nach seinem Tod genaugenommen Pari-Nirvana.

Anzunehmen alles im Leben erreichen zu können, kann man als Vermessen bezeichnen. Oder auch einfach als Selbstbewusst. Umgekehrt kann man sagen jemand der davon ausgeht nicht alles erreichen zu können hat Minderwertigkeitskomplexe.


Ja der Geist wie ein Kind. Suzuki war das, oder? Kinder sind eben nicht so vorbelastet mit Gedankenmustern die bei Erwachsenen zwangsläufig zu gewissen Vorurteilen und trainierten Verhaltensweisen führen.

Wenn der Thread weiterhin im Karate Forum fortgeführt werden soll, müssen die kommenden Beiträge einen klaren Bezug zum Karate haben. Sonst ist es besser in das Philosophie Unterforum zu verschieben.

Sprich wir sind nicht weit entfernt von unserem christlichen Bewertungssystem. Der Unterschied ist dass der Buddhist diesem entkommen möchte, während der Christ sich nach einer Endbewertung diesem übergibt.
Zwei völlig konträre Ansätze mit dem gleichen kindlichen Glaube an ein ultimatives Bewertungssystem, ganz wie wir es von klein auf lernen.

Der Glaube an die eigene Vollkommenheit ist meiner Meinung nach über das normale Selbstvertrauen hinaus krankhaft.

Zum Thema Karate hat kanken ja die geistige Haltung im Karate angesprochen. Ein wie ich finde elementares Thema, was im Karate zwar immer als Aushängeschild hochgehoben wird, aber keiner darüber sinnvoll redet.

Brainmaniac
15-10-2010, 09:30
Ich beschäftige mich auch schon (als Agnostiker) eine Weile mit diesen Themen, vielleicht nicht so tief wie ander hier im Forum, aber ich bin selber auch immer auf der "Suche" nach dem "Sinn" ;-)

In meinen Augen haben alle Religionen den Sinn, ein friedliches Leben in der entsprechenden Gemeinschaft mit seinen Wertesystemen zu ermöglichen. Um die Menschen dazu zu bewegen, sich diesen Regeln zu unterwerfen werden "Bewertungen" geschaffen, dem der Mensch nicht ausweichen kann. Er kann vielleicht der irdischen Judikative entkommen, aber Gott, Allah, seinem Karma kann ein Mensch nicht entkommen...

Ein fundamentaler Grundsatz hierbei ist z.B. das anderes Leben geschützt werden muß. Wäre das nicht der Fall, hätten die Menschen sich wahrscheinlich schon längst ausgerottet.

Wenn wir jetzt davon ausgehen, das ein gut ausgebildeter Kampfkünstler eine potentiell tödliche Waffe darstellt, so ist es doch sinnvoll, diesem neben den technischen Fähigkeiten auch ein Geistesschulung angedeihen zu lassen damit dieser Mensch auch verantwortungsbewusst mit diesen Fähigkeiten umgeht. Und nichts anderes kann ich in der Philosophie in den Kampfkünsten erkennen. Sowohl das Dojokun als auch das Shoto-Niju-Kun geben dem Karateka Regeln an die Hand mit welcher die Reibunkspunkte mit anderen Menschen minimiert werden sollen. Erst in zweiter Linie sind sie Anleitungen zum kämpfen.

SkiTe
15-10-2010, 10:05
...Wenn wir jetzt davon ausgehen, das ein gut ausgebildeter Kampfkünstler eine potentiell tödliche Waffe darstellt, so ist es doch sinnvoll, diesem neben den technischen Fähigkeiten auch ein Geistesschulung angedeihen zu lassen damit dieser Mensch auch verantwortungsbewusst mit diesen Fähigkeiten umgeht. ...

Ich schließe mich dem an. Um den konkreten Bezug (http://ijka-americas.com/en/library/Bujutsu_Or_Budo_English.pdf) zu Karate zu bringen (und auch einen Meister, wie in dem anderen Thread moniert):


As I stated before Bujutsu is the art of fighting or killing. On the other hand, Budo is the art of
living or life (In Aikido it is also called “love”). It is the way that develops and improves the practitioner’s character (Dojo Kun) and help building principles in their minds. Budo enables you to live honestly and righteously or at least with principles....A highly skilled karate practitioner without Budo discipline is like an Olympian winner who would do whatever to win including cheating, taking drugs and bending rules. This shows clearly that mere physical superiority does not automatically guarantee to bring about the non physical qualities such as sportsmanship, etiquettes, fairness, respect to the competitors, judges and spectators, etc.

By practicing karate in Budo way, you can go beyond the physical skills. It teaches you how to be a better person free from ego, wanton desire for money and power, and hatred. How do you do Budo way? Is it difficult? The answer is yes and no. It is only a mind set so it is not difficult to start and train. But it is extremely difficult to reach the goal (perfection of character). This is why Budo is often compared to a religious experience
or concept.

Gruß

Schafsmann
15-10-2010, 11:33
Wenn wir jetzt davon ausgehen, das ein gut ausgebildeter Kampfkünstler eine potentiell tödliche Waffe darstellt, so ist es doch sinnvoll, diesem neben den technischen Fähigkeiten auch ein Geistesschulung angedeihen zu lassen damit dieser Mensch auch verantwortungsbewusst mit diesen Fähigkeiten umgeht.



wenn ich das richtig verstanden habe:

- wird in der kampfkunst jemand zur tödlichen waffe geschmiedet
- bekommt er regeln mit, damit er mit dem wissen kein quatsch macht

dann sind doch diese regeln mittlerweile aber hinfällig, da ja keiner mehr (oder kaum einer) durch kampfkunst zur tödlichen killermaschine wird...



In meinen Augen haben alle Religionen den Sinn, ein friedliches Leben in der entsprechenden Gemeinschaft mit seinen Wertesystemen zu ermöglichen.

in meinen augen trifft das auf den sinn aller spirituellen lehren und erkenntnisse zu. der sinn aller religionen ist meiner meinung nach schon immer gewesen macht über andere menschen auszuüben...

Brainmaniac
15-10-2010, 12:18
wenn ich das richtig verstanden habe:

- wird in der kampfkunst jemand zur tödlichen waffe geschmiedet
- bekommt er regeln mit, damit er mit dem wissen kein quatsch macht

dann sind doch diese regeln mittlerweile aber hinfällig, da ja keiner mehr (oder kaum einer) durch kampfkunst zur tödlichen killermaschine wird...


Nun, ich glaube es gibt genug Techniken/Bewegungsabläufe die auch im heutigen Karate gelehrt werden, die eine verherende Wirkung am Widersacher hinterlassen können. Nukite zu Hals/Augen etc. Nicht umsonst sind in den (Wett)kämpfen nur ein Teil der Techniken "erlaubt".

Und durch die Konditionierung im Training, nichts anderes ist das berüchtigte Bahnenlaufen oder das JKA typische "noch einmal", kann es durchaus passieren, dass der Karateka ohne nachzudenken auf eine Situation instinktiv reagiert.

Auch hab ich es schon oft genug selber gesehen, dass Situationen aufgrund von Kampfsportlern und ihrer vermeintlich eigenen "Überlegenheit" erst zu dem wurden in dem diese ihrer Überlegenheit unter beweis stellen mussten. Oft wäre gar nichts passiert, wenn diese Menschen sich selber nicht so wichtig genommen hätten.

Edit: Mir fällt gerade auf, da wären wir ja auch wieder bei der Ich-Auflösung...



in meinen augen trifft das auf den sinn aller spirituellen lehren und erkenntnisse zu. der sinn aller religionen ist meiner meinung nach schon immer gewesen macht über andere menschen auszuüben...

Für mich persönlich ist der religiöse Glaube eine Hilfe/Krücke für Menschen um mit ihren eigenen Situationen besser fertig zu werden. Manchmal beneide ich die Menschen die Glauben. Die Macht über andere Menschen zu erzielen ist hier in der Kirche zu suchen, nicht in der Religion.

Aber um nochmal einen anderen Vergleich zu ziehen. Auch im Umfeld der (mittelalterlichen) europäischen Kampfkünsten wurden gewisse Tugenden gelehrt obwohl diese ja erheblich im christlichen Umfeld stattfanden. Ich denke einfach, dass der Grundgedanke der Selbe, der Weg auf dem dieser transportiert wird unterschiedlich ist.