Vollständige Version anzeigen : Säbel mit gespaltenem Knauf?
Hallo,
ich habe eine Frage zum orientalischen Säbel* des 16./17. Jh. Bei einem Besuch der Türckischen Cammer in Dresden am letzten WE ist mir aufgefallen, daß einige der ausgestellten Säbel aus dem orientalischen Raum einen gespaltenen Knauf haben. Kennt jemanden einen praktischen Grund dafür oder ist das Mode gewesen? Kennt jemand das Phänomen aus anderen Himmelsrichtungen (Rußland z.B.? Einige der Säbel sahen Schaschkas sehr ähnlich, andere wieder überhaupt nicht)?
Vielen Dank für Antworten,
Jörg
* ich nenn es einfach mal orientalisch da bei den meisten Stücken es selten 100% klar zu sein scheint, ob sie aus z.B. Konstantinopel oder noch weiter herstammen. Oder doch "nur" in Siebenbürgen gefertigt wurden und demzufolge "orientalisierend" sind.
Bärserker
25-10-2010, 23:09
Kennt jemand das Phänomen aus anderen Himmelsrichtungen (Rußland z.B.? Einige der Säbel sahen Schaschkas sehr ähnlich, andere wieder überhaupt nicht)?
Was genau meinst du damit?
Die Shaska ist aus dem Säbel raus entstanden (und eigentlich ein langes Hiebmesser) hat ihn aber nicht abgelöst, ist halt eine andere Waffengattung.
itto_ryu
25-10-2010, 23:14
Hast du vielleicht ein Beispielbild?
Delbaobao
26-10-2010, 00:23
Du meinst wahrscheinlich den Jatagan (auch Yataghan). Die Waffe war stark verbreitet, im osmanischen Reich. Diese gibt es mit gerader oder nach vorne gebogener Klinge, ähnlich dem Khukri.
Die Kampfweise mit dem gebogenen Jatagan war den Gegner mit Hieben auszuschalten, anstatt mit Stichen. Die Bewegung war eher hackend, mit einem sofortigen Rückzug der Klinge. Dadurch schnitt die gebogene Klinge weiter. Um den Rückzug zu gewährleisten, sind die Griffenden so geformt (ähnlich einem Knochengelenk). So kann die Hand nicht ausrutschen. Ebenso konnte man mit so einem Knauf auch zuschlagen.
Ich kenne sie nur vom Balkan aus Serbien. Dort sind die Enden charakteristisch etwas größer. Tolle Waffe!
Viele Grüße
Del
Dieses Jatagan oder auch Yataghanist ist eine geniale und schöne Waffe wie ich finde. Zumindest das was ich bisher gesehen habe gefällt!
Der Yataghan ist in der Tat eine schöne Waffe...nach der aber nicht gefragt war.
@Threadersteller:
Poste bitte mal ein Bild, ich kann mir unter Deiner Beschreibung gerade nichts vorstellen.
Danke für Eure Antworten soweit. Mein "orientalischer Säbel" hat sich nach Recherche als Jagatan herausgestellt. Die gibt es in Dresden mit einer Klingenlänge von 30-100cm. Ein Bild des Knaufs findet man hier (http://blog.b92.net/user_stuff/upload/20/jatagan-a2.8020.jpg)
Die Erklärung mit dem Rückzugs des Schnitts scheint einleuchtend.
Danke,
Jörg
Wenn ich das Bild so betrachte, dann werde ich das dumme Gefühl nicht los dass es ist kein gespaltener Knauf, sondern ein Knochen, der zu einem Griff verarbeitet wurde. Man kann sogar erkennen was für ein Knochen…
Und FALLS das ein Knochen sein sollte dann ist es höchstwahrscheinlich doch nur eine Mode.
Soweit ich mich richtig erinnern kann, hat auch Schaschka unter mehreren Modeerscheinungen gelitten. Das bezieht sich jetzt eher auf den Griff. Dieser wurde auch gern von den russischen Offizieren geschmückt und verschönert, was im Einsatz sich nicht immer als praktisch erwiesen hat.
Was jetzt gerade diesen Griff betrifft…
16/17 Jh…
Kann es sein dass das gute Stück am Griff restauriert, bzw. erneuert wurde?
Ich sehe deutliche Metallverfärbungen im Bereich des Gelbmetalls (Messing oder sonst noch was – ist mir unbekannt) zwischen dem Griff und der Klinge. Teilweise auch am Knochengriff, da wo er sich mit dem Gelbmetall berührt.
Die Nieten kommen mir aber nicht so alt vor. Ich sehe da absolut keinen Ansatz von Rost oder anderer Metalloxidation, was gerade bei älteren Sachen im Bereich zwischen der Niete und Griffmaterial sehr oft bzw. fast immer vorkommt.
Ist jetzt aber nur meine eigene Meinung. Um was genaueres zu sagen muss man die Klinge wirklich gesehen haben.
Dieses Jatagan oder auch Yataghanist ist eine geniale und schöne Waffe wie ich finde. Zumindest das was ich bisher gesehen habe gefällt!
Jap und erst Recht wenn man mal einen in der Hand hatte, meine neuen Lieblinge:cool:
itto_ryu
29-10-2010, 17:53
Wenn ich das Bild so betrachte, dann werde ich das dumme Gefühl nicht los dass es ist kein gespaltener Knauf, sondern ein Knochen, der zu einem Griff verarbeitet wurde. Man kann sogar erkennen was für ein Knochen…
Das Gefühl hatte ich auch, sieht nach Knochengelenk aus.
Der Knochen scheint aber genau die passende Form gehabt zu haben. Der Gespaltene Griff scheint öfters vorzukommen
http://www.cimec.ro/p/Clasate/IST_6934500_119-1.jpg
http://www.cimec.ro/p/Clasate/IST_6914500_480-3.jpg
http://media.roportal.ro/upload/Image/iatagan_turcesc.JPG
http://www.migl.ro/colectii/arme/iatagan-necruce.gif
Auch die Schwerter die ich in der Hand hatte hatten denselben Griff.
In Rumänien wurden die sehr häufig verwendet. Im alten Rathaus in Kronstadt finden sich übrigens ein Satz türkischen Rüstzeugs und Waffen aus dem 16. Jahrhundert, inklusive Yatagan.
Unglaublich schöne (Kunst)handwerkliche Arbeit.
DavidBr.
29-10-2010, 18:51
War der Knauf in der Form vielleicht zum zuschlagen gedacht? Nicht unbedingt um Verletzungen zu erzielen, aber um den Gegner in enger Mensur zu irritieren?
Delbaobao
29-10-2010, 20:44
Die Griffe waren in der Tat aus Knochen, Horn, Elfenbein oder Holz. Man konnte mit dem harten Knauf gut zuschlagen, sowohl mit dem unteren Teil, als auch mit der Faust. Der Jatagan ist eine sehr leichte Waffe.
Zusätzlich benutzte man oft auch einen Dolch, Pulverpistole, ein Beil oder ein Stück Hirschgeweih in der anderen Hand.
Der Jatagan war ein idealer Köpfer. Damals bekamen türkische Söldner Geld für mitgebrachte Köpfe. Aus dem Grund namen die serbischen & montenegrinischen Krieger die Köpfe ihrer Mitkämpfer oft mit. Denke mal in den Nachbargegenden war es ähnlich.
Der Griff muss den Rückzug gewährleisten, da im Nahkampf die Waffe nicht stechend, sondern hackend/schneidend benutzt wurde und u.a. sehr blutverschmiert war.
Auf dem Bild sieht man u.a. auch Kämpfer mit Jataganen
Viele Grüße,
Delon
Ich halte das für ein pure Mode.
Bärserker
29-10-2010, 21:11
Jetzt mal was ganz irres, könnte der gespaltene Griff nicht auch als eine Art Pistolenauflage gedient haben?
Wenn nicht dann denke ich eher Mode mit praktischem (abrutschicherer) verbunden.
Hamurra-e
30-10-2010, 20:08
Dieser "gespaltene Griff" kommt schon in der Bronzezeit vor!
Ohrendolche und deren Derivate sind auch bei uns bekannt und kommen im Mittelalter, ach was, in fast jeder Zeit und Epoche, in verschiedenen Varianten vor.
Im ganzen Balkangebiet findet man diese Jatagan Arten von Messerlänge bis Schwertgröße. Die Klingen können mehr oder weniger gebogen oder völlig gerade sein.
Bei den Dolchen dient der gespaltene Griff als Daumenauflage für den Stich von oben eine Technik die man auch bei den ebenfalls gespaltenen Dolchen der Tlingid findet, da allerdings aus Metall und eher in hmmm Federform? Ach und auch die Kelten hatten Gespaltene Griffe aber in Antennenform.
Welcher nutzen die Ohren bei den Jataganen hat weiß ich nicht, aber es kann durchaus sein dass sie einfach aus Tradition so seit der Bronzezeit hergestellt werden :D
Übrigens sind bei den Bronzefunden tatsächlich Knochen verwendet worden.
Daemonday
31-10-2010, 07:52
@Bärserker
Jetzt mal was ganz irres, könnte der gespaltene Griff nicht auch als eine Art Pistolenauflage gedient haben?
Klingt für mich bisel nach nem vertical Frontgrip^^
Aber ich denke auch eher das das ding als Daumenauflage beim Stoß diehnt.
Lg
Micha
Bärserker
31-10-2010, 08:04
Die Daumenauflage lass ich mir noch eingehn bei einem Messer/Dolch, aber bei einem Säbel macht das keinen Sinn nicht.
Daemonday
31-10-2010, 08:54
Naja man kann doch auch einen mit nem Säbel abstechen oder? K ist etz net die hauptverwendung eines Säbels, und ob man dafür ne Daumenauflage braucht ist auch fraglich, aber auch net unwahrscheinlich.
Aber ernsthaft musste ich als erstes bei dem Knauf an einen Ergonomischen Griff bei Seniorengehstöcken denken.
Lg
Micha
DavidBr.
01-11-2010, 09:34
Naja man kann doch auch einen mit nem Säbel abstechen oder? K ist etz net die hauptverwendung eines Säbels, und ob man dafür ne Daumenauflage braucht ist auch fraglich, aber auch net unwahrscheinlich.
Aber ernsthaft musste ich als erstes bei dem Knauf an einen Ergonomischen Griff bei Seniorengehstöcken denken.
Lg
Micha
Zur besseren Kraftübertragung beim Stich bzw. Fixierung in der Hand? Das dürfte ja dann heute mit den Pistolengriffen im Sportfechten vergleichbar sein. An die aktiven/ehemaligen Sportfechter hier: Wenn das Käse ist - I owe you a drink ;)
Moin,
ich finde aber, dass es dann nur noch eine reine Stichwaffe (eben Sportfechten) wäre....Florett & Degen. Säbel als Hieb u. Stichwaffe hat den dann eben wieder nicht...auch beim Sportfechten.
Grüße
DavidBr.
01-11-2010, 09:45
Ist dann eben die Frage, ob Waffen mit so einem Knauf nur zum Stich verwendet wurden oder auch zum Hieb, wenn man den Knauf so benutzt wie Daemonday das angedeutet hat.
Warum sollte ein ergonomischer Knauf nicht auch beim Hauen nützlich sein. Ich finde, das Kraftübertragung und allgemeines Handling mit einem guten Griff immer besser vonstatten gehen, bei Werkzeugen und bei Waffen.
Delbaobao
03-11-2010, 16:17
Als Daumenauflage wurde das Griffende eher nicht benutzt. Wie ich bereits sagte, war der Hauptsinn eben der Rückzug beim Schneiden, Hacken oder auch beim Herausziehen nach dem stechen.
Der Jatagan wurde samt Scheide in einen gewobenen Hüftstoff (pojas, tkanica) gesteckt, neben anderen Waffen, wie Pistolen oder Messern.
Zu der Zeit trug man für gewöhnlich keine oder wenig Rüstung und oft wurde die Waffe direkt aus der Scheide zum Angriff/Gegenschlag gezogen. Somit muss auch hier wieder ein guter Griff da sein.
Die Pistolenauflage war auch unüblich, da die Schießpulverpistolen nicht sehr weit schießen konnten und eher im Nahkampf benutzt wurden. Möglich wäre eine Gewehrstütze, aber eben auch nur bei geraderen Jataganen, die man auch in den Boden stecken konnte.
Hier ein Bild, auf dem man einige Griffarten sieht.
Viele Grüße
Del
Hallo Delbaobao,
Du hast geschrieben, daß die Waffe im Hüftstoff getragen wurde. Meine Frage: Klingenkrümmung nach oben oder unten? In der Rüstkammer in Dresden sah man auf Gemälden (leider hab ich mir weder Maler noch Titel gemerkt), daß die Krümmung nach oben zeigte. Andererseits waren Gehänge und Scheide ausgestellt, wo die Krümmung zum Boden zeigte.
Delbaobao
04-11-2010, 15:59
Hallo Jörg,
also meine persönliche Erfahrung ist, dass die Schneide nach unten zeigen sollte.
Ich kann mit meiner rechten Hand besser die Klinge ziehen, wenn sie an meiner linken Hüftseite anliegt und nach unten zeigt.
Sonst müsste man seine Hand verbiegen oder die Klinge erst drehen, nach dem Zug.
Auf diesem Bild sieht man sowohl bei den Serben (vorne), als auch bei den Türken (hinten), dass die Klinge/Krümmung auch nach unten zeigt.
In dem Video sieht man bei 0:24 die Tragweise beim Marsch und Ruhezustand.
YouTube - Bitka na ?egru - insert iz filma 2(Battle of Cegar - insert the movie 2) (http://www.youtube.com/watch?v=7OYbzvvTZ60&feature=related)
Viele Grüße
Del
Lederfuß
28-03-2011, 15:09
Salü Leute!
Hab gerade einen Aufsatz über die Entwicklung der Waffen auf dem Balkan gefunden und weil`s so schön zu diesem älteren Thema über das Yagatan passt, mal hinten dran gehängt. KA ob der schon mal gepostet wurde, finde den auf jeden Fall sehr informativ:
Waffen die den Balkan schmiedeten (http://middleages.at/index.php?option=com_content&view=article&id=97%3Awaffen-die-den-balkan-schmiedeten&catid=50%3Awissenschaftliches&Itemid=134)
Gruß Fuß
gespaltener Knauf. die Uhr fanggeräte für Aale waren auch gespalten. Ich könnte mir vorstellen schlangen hätte man auch mit fangen können.
Fangmethoden 1.1 :: Aalfreunde - Wir bringen Licht ins Dunkle :: Aal angeln und Aalschutz (http://www.aalfreunde.de/index.php?module=Seiten&func=display&pageid=29)
das dritte bild. In der steinzeit gab es Waffen dies an einen stock zwei angebundene auseinander stehende Hörner hatten gefangen wurde wohl nach dem Hammerprinzip oder auf dem Boden reinstanzen. Und das Beutetier so unbeweglich zu machen.
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