Rechtliche Tips für eV [Archiv] - Kampfkunst-Board

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Splatter
17-11-2010, 14:48
Hallo Leute,

Ich habe da mal ein paar Fragen bezüglich der Organisation und Absicherung eines Vereins. Ich konnte das jetzt spontan nicht unbedingt einem Forum zuordnen, bitte da hinverschieben, wenn die Mods das woanders für geeigneter halten, danke ;)

Ich bin seit einigen Jahren in einem Sportverein, der eine Karate-Abteilung hat. Unlängst bei einer Vereinssitzung berichtete der Abteilungsleiter des Kiddi-Fußballs von einem Lehrgang, bei dem einige wichtige rechtliche Punkte diskutiert wurden, die - leider fußballspezifisch - uns im Verein teilweise unbekannt waren. Als Beispiel: 15 Minuten nach Trainingsende besteht i. d. R. kein Versicherungsschutz mehr über den Verein, was auch für Wegeunfälle gilt. Endet also das offizielle Training und machen einige noch etwas weiter, erlischt deren Versicherungsschutz in der Vereinsstätte nach 15 Minuten. Unsere Konsequenz daraus ist die Erweiterung der Trainingszeit, dass die, die nach dem "offiziell geleiteten Training" noch weitermachen wollen, Versicherungsschutz haben.

Dererlei Regelungen und Einschränkungen sind bei uns in der Karate-Abteilung leider nicht bekannt bzw. nur lückenhaft. Deswegen hätte ich hier gerne Tips, insbesondere in Bezug auf Versicherungsschutz, von anderen Leuten, die einschlägige Erfahrungen (bzw. auch Lehrgänge?) im Bereich des Vereinssports haben. Was sind "dumme" Fehler, die wir ausschließen müssen und auch easy können?
Wenn Partnerübungen gemacht werden, müssen Trainer auf das Tragen von Schutzausrüstung hinweisen (Zahnschutz etc)?
Wie ist der Versicherungsschutz bei Schnupperkursen, dabei handelt es sich ja (noch) nicht um Mitglieder des Vereins?
Gibt es kampfsportspezifische Rechts-Lehrgänge o. ä.?
Lauter sonne Fragen, was fällt euch zum Thema noch ein?

Weiterhin interessiert mich, ob jemand weiß, wie man sich auch Veröffentlichungen mit Bildern von Mitgliedern in den einschlägigen Medien absichern kann. Geht dies über eine einmalige und generelle Freigabe für Bildrechte zur Nutzung für unseren Verein, oder muss man für jede Veröffentlichung etc. die Freigabe der Abgebildeten besorgen? Welche Einschränkungen usw. sind euch da bekannt?

Ich bin mir sicher, es ergibt sich noch ne Menge an Fragen im Verlauf, hoffe auf brauchbaren Input!

Vielen Dank!

Splätti

Ju-Jutsu-Ka
17-11-2010, 14:55
klassischer Fehler in Ausschreibungen für Turniere/Lehrgänge/Training:

"Der Ausrichter schliesst jegliche Haftung aus"

Dieser Haftungsausschluss ist insgesamt nichtig (und schliesst somit auch nicht die leichte Fahrlässigkeit aus). In D kann die Haftung für grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz nicht ausgeschlossen werden kann. Es kann aber die leichte Fahrlässigkeit bei Veranstaltungen ausgeschlossen werden.

Daher sollte die Klausel in etwa heissen:

"Der Veranstalter/Ausrichter beschränkt seine Haftung auf grobe Fahrlässig und Vorsatz."
oder
"Der Veranstalter schliesst eine Haftunmg wegen leichter Fahrlässigkeit aus."



Was "grob" bzw. "leicht" ist, entscheidet der Richter....

Sphere
17-11-2010, 15:21
Vorweg eins, wenn zu einer rechtlichen Frage ernsthafte Bedenken in einem Verein bestehen, ist es regelmäßig günstiger einen Rechtsanwalt vorher zu fragen, als wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist.

Typischer dummer Fehler:
Die Übernahme von Lichtbildern oder Texten auf die Vereinshomepage, die man nicht komplett selber gefertigt hat oder für die nicht ausdrücklich die Nutzung eingeräumt bekommen hat. Auch wenn man nur "ein paar Zeilen" aus der Zeitung für die Vereinshomepage übernimmt kann man damit sehr tief ins Fettnäpfchen treten.

@Ju-Jutsu-Ka:

Dein verbesserter Haftungsausschluss ist meiner Meinung nach genauso unwirksam wie der andere. Denn der Ausschluss leichter Fahrlässigkeit für Körperschäden ist grundsätzlich nicht möglich.

Ju-Jutsu-Ka
17-11-2010, 15:29
...

@Ju-Jutsu-Ka:

Dein verbesserter Haftungsausschluss ist meiner Meinung nach genauso unwirksam wie der andere. Denn der Ausschluss leichter Fahrlässigkeit für Körperschäden ist grundsätzlich nicht möglich.

Interessant, so hatten wir es auf einem Vereins-Fortbildung des LSB gehört.

Ich dachte den Körperverlerletzungsauschluss gibt es nur nicht bei AGB-Haftungsauschluss gegenüber Verbrauchern?
Ich bin aber kein Jurist, wäre Super wenn Du eine Quelle hättest. (Meine BGB-Vorlesungen in BWL sind einfach zu lange her)

Ju-Jutsu-Ka
17-11-2010, 15:32
Vorweg eins, wenn zu einer rechtlichen Frage ernsthafte Bedenken in einem Verein bestehen, ist es regelmäßig günstiger einen Rechtsanwalt vorher zu fragen, als wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist.

+1



Typischer dummer Fehler:
Die Übernahme von Lichtbildern oder Texten auf die Vereinshomepage, die man nicht komplett selber gefertigt hat oder für die nicht ausdrücklich die Nutzung eingeräumt bekommen hat. Auch wenn man nur "ein paar Zeilen" aus der Zeitung für die Vereinshomepage übernimmt kann man damit sehr tief ins Fettnäpfchen treten.


Sehr guter und wichtiger Hinweis.

Beispiel aus der Praxis:
Gescannter Kartenausschnitt von Falk auf der Homepage kostete einen Arzt mal € 500,- (Gut das der gewerbliche Webdesigner nicht insolvent war und das Geld dann daher kam.)

In dem Zusammenhang: Auch ans korrekte Impressum auf der Homepage denken.

Sphere
17-11-2010, 16:02
Interessant, so hatten wir es auf einem Vereins-Fortbildung des LSB gehört.

Ich dachte den Körperverlerletzungsauschluss gibt es nur nicht bei AGB-Haftungsauschluss gegenüber Verbrauchern?
Ich bin aber kein Jurist, wäre Super wenn Du eine Quelle hättest. (Meine BGB-Vorlesungen in BWL sind einfach zu lange her)

Ich unterstelle mal, dass es sich bei solchen Haftungsausschlüssen regelmäßig um allgemeinen Geschäftsbedingungen handeln wird. Die Unwirksamkeit eines Ausschlusses der Haftung für fahrlässig aber nicht grob fahrlässig herbeigeführte Körperschäden ergibt sich aus § 309 Nr. 7 lit. a BGB. Richtig ist, dass § 309 BGB nicht für allgemeine Geschäftsbedingungen gilt, die gegenüber einem Unternehmer (=~ nicht-Verbraucher) verwendet werden. Das schließt aber nicht aus, dass über die Regelung des § 307 Abs. 1 BGB eine Klausel für unwirksam erklärt wird, die auch nach - dem im Einzelfall nicht anwendbarem - § 309 BGB unwirksam wäre. (Quelle: § 310 Abs. 1 BGB)

Praktisch gesehen, ist der Veranstalter des Lehrgangs/Tuniers/etc der Verwender einer allgemeinen Geschäftsbestimmung. Die Teilnehmer von Lehrgängen und Tunieren werden regelmäßig nicht an diesen teilnehmen, weil sie damit gewerblichen oder selbstständig beruflichen Zielen nachgehen. Sie wären mithin Verbraucher nach § 13 BGB. Somit wäre der Haftungsausschluss ihnen gegenüber unwirksam.

Insoweit kann man natürlich sagen, dass grundsätzlich alles vereinbart werden kann und die Unwirksamkeit des Haftungsausschlusses die Ausnahme ist. Aus einer praktischen Sicht heraus, wird aber bei Veranstaltungen der Haftungsausschluss in der Mehrzahl der Fälle unwirksam sein, deshalb habe ich von der "grundsätzlichen Unwirksamkeit" gesprochen.

Hast schon recht, dass das bei streng formaler Betrachtung nicht ganz korrekt ist.

Shugyo
17-11-2010, 16:07
Hallo,

nicht nur fremde Fotos zu verwenden ist heikel, auch bei abgebildeten Vereinsmitgliedern muss jedes Mal das Einverständnis des Abgebildeten eingeholt werden. Bei Kindern müssen die Eltern ihr Einverständnis für eine Veröffentlichung geben. Kann sonst teuer werden.

Grüße

Ju-Jutsu-Ka
17-11-2010, 16:08
Hmm, da die Ausschreibungen über Inhalt,Ort & Zeit indsividualisiert sind, sehe ich doch deutliche Unterschiede zu AGBs.
(Geschäftswelt: Ein Angebot darf Regelungen umfassen, die in AGBs verboten wären)

- AGB-Gesetze betreffen doch eigentlich auch Verbraucher zu Untenehmen in schuldrechtlichen Verträgen
- da wir uns im Bereich e.V. befinden: Gemeinnützigkeit


Aber ob die AGB-Regelunbg angesprochen wird oder nicht, können wir gerne drüber diskutieren, entscheiden tut das im Zweifel im ein Gericht.

Sven K.
17-11-2010, 16:29
Hallo,

nicht nur fremde Fotos zu verwenden ist heikel, auch bei abgebildeten Vereinsmitgliedern muss jedes Mal das Einverständnis des Abgebildeten eingeholt werden. Bei Kindern müssen die Eltern ihr Einverständnis für eine Veröffentlichung geben. Kann sonst teuer werden.

Grüße

Ich habe da rechtlich nicht so die Ahnung. Sofern es sich aber um
"Gruppen"- bzw. "Trainings"-Bilder handelt und dort mehr als 1 Person zu
sehen sind, dürfte nach § 23 KunstUrhG (http://dejure.org/gesetze/KunstUrhG/23.html) keinerlei Problem vorliegen. Insbesondere
wenn keine Person besonders hervorgehoben ist.

Es gibt aber z.B. Urteile der ZK 24 des LG Hamburg. Danach sind bei Bildern
unter 4 Personen, die Einwilligung von Nöten.

Letzten Endes entscheidet aber immer der Richter. ;)

Sphere
17-11-2010, 16:29
Aber ob die AGB-Regelunbg angesprochen wird oder nicht, können wir gerne drüber diskutieren, entscheiden tut das im Zweifel im ein Gericht.

Und das bringt uns dann wieder zum schon vorher geäußertem "Wenn man sich nicht entscheiden kann, fragt man lieber einen Rechtsanwalt". Denn wenn der sich irrt, kann man immerhin auf seine Berufshaftlpflichtversicherung hoffen. :)

Splatter
18-11-2010, 08:42
Danke für die Antworten bisher!


Ich habe da rechtlich nicht so die Ahnung. Sofern es sich aber um
"Gruppen"- bzw. "Trainings"-Bilder handelt und dort mehr als 1 Person zu
sehen sind, dürfte nach § 23 KunstUrhG (http://dejure.org/gesetze/KunstUrhG/23.html) keinerlei Problem vorliegen. Insbesondere
wenn keine Person besonders hervorgehoben ist.

Es gibt aber z.B. Urteile der ZK 24 des LG Hamburg. Danach sind bei Bildern
unter 4 Personen, die Einwilligung von Nöten.

Letzten Endes entscheidet aber immer der Richter. ;)

Im Link wird gesagt, dass man kein Recht auf Verbreitung von Bildern hätte, wenn "berechtigtes Interesse" des Abgebildeten verletzt würde. Was könnte denn da mutmaßlich drunter fallen?

Sphere
18-11-2010, 11:27
Danke für die Antworten bisher!



Im Link wird gesagt, dass man kein Recht auf Verbreitung von Bildern hätte, wenn "berechtigtes Interesse" des Abgebildeten verletzt würde. Was könnte denn da mutmaßlich drunter fallen?

Da fällt sehr viel verschiedenes drunter. Geläufige Beispiele wären zum Beispiel, dass einer der Abgebildeten ein Interesse daran hat, dass eine Fotografie nicht veröffentlicht wird, weil er berufliche Nachteile fürchtet. ("Es tut mir leid, aber Ihr Kickboxenhobby ist nicht vereinbar mit dem Bild, dass wir uns als seriöse Investmentbank von unseren Mitarbeitern vorstellen.") Ein anderes Beispiel ist es, besonders bei Frauen und Kindern, wenn Ihnen Personen zum Beispiel aus einer vorigen Beziehung nachstellen und die nicht durch einfaches Googeln rauskriegen, wo man wann Sport macht. (Das Problem stellt sich auch häufig bei Einschulungsfotos in Lokalzeitungen.)

Edit/Nachtrag: Ähnliche Probleme können sich im Prinzip auch ergeben, wenn man die Namen von Personen auf der Vereinshomepage aufführt, wenn man zum Beispiel darüber berichtet, dass der Vermögensberater Bernd Bausparkasse seinen ersten Vollkontaktkampf gewonnen hat, oder der Minderjährige Max Muhaitai jetzt den braunen Gürtel hat.

Grundsätzlich handelt es sich halt um eine Abwägung zwischem dem Interesse des Veröffentlichers und des Abgebildeten. Dabei hat grundsätzlich der Abgebildete erstmal das Recht zu bestimmen inwieweit Bilder von ihm veröffentlicht werden können. Es ist, leider, eine recht komplexe Rechtslage mit vielfältigen Fragen, die sich nur im konkreten Einzelfall beantworten lassen.

Und ohne die Absicht hier eine juristische Diskussion loszutreten, würde ich mich nicht darauf verlassen, dass ein Lehrgangsfotos und Turnierfotos stets durch die Ausnahme des von § 23 Abs. 1 Nr. 2 KUG gedeckt sind.

Splatter
18-11-2010, 12:55
Vielen Dank für die Erläuterung! Dann wäre es zumindest ratsam, auf der Beitrittserklärung und auch bei Lehrgangsausschreibungen einen Passus einzubringen, der darauf hinweist, dass Fotos während Training/LG/Turnieren gemacht werden. Weiterhin sollte bei jeder Veranstaltung alle Anwesenden des Vereins nochmal mündlich darauf hingewiesen werden, dass die Bilder u. U. veröffentlicht werden und wer dies nicht möchte, sollte runter vom Bild ;) Dann sollte es zumindest ausreichend kommuniziert sein, um Pannen zu vermeiden.