Meister (Halbgott?) [Archiv] - Kampfkunst-Board

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Vollständige Version anzeigen : Meister (Halbgott?)



Tiger5
04-02-2002, 10:39
Hi Leute,

welchen stellenwert hat Euer Meister bei Euch. Folg Ihr ihm uneingeschränkt oder geht ihr auf auch auf Konfrontationskurs wenn Ihr merkt das er Unrecht hat? Ich weiss das es ein heikles Thema ist, aber es wäre schön zu erfahren wir Ihr mit diesem Thema umgeht.


Gruss...

tigercrane
04-02-2002, 12:11
hi tiger5

im traditionellen kung fu ist das wort des meisters gesetz. wie stark man sie daran hält ist jeden selber überlassen.

ein loyaler schüler sollte sich zumndest gegen aussen stets nach dem meister richten. gegen innen kann es gut kleinere meinungsverschiedenheiten geben. darüber mit seinem meister zu diskutieren ist deshalb öfters angebracht bzw sollte normal sein.

was heisst, wenn er unrecht hat? vielfach sieht der schüler nicht den hintergrund oder versteht ihn nicht richtig. logischerweise ist auch ein meister immer noch ein mensch welcher fehler machen kann, wie jeder von uns.

viele grüsse

Klaus
04-02-2002, 13:23
Das Problem ist, daß es kaum so viele "Meister" alten Zuschnitts gibt, wie es Leute gibt die sich mit sowas als "Titel" schmücken.
Es gibt Meister und Meister. Ein alter Meister war jemand, der aus ganzer Lebenserfahrung gesprochen und gelebt hat, einer der nicht einfach sein Geld verdient, sondern in dem Moment auch wirklich seinem Schüler helfen will, beim Leben und beim Überleben. Ich meine damit zum Beispiel einen Meister, der seinen besten Schüler in den Knast steckt, weil er sich mit Soldaten "messen" will die zufällig vorbei kommen, und erst wieder rauslässt als die weg waren. Also jemanden der manchmal auch mit Vernunft dabei ist und nicht mit dem Arm.
Was man alles heute als "Meister" vorgesetzt bekommt, ist oft wirklich Meister im Sinne einer abgeschlossenen Berufsausbildung, ein "IHK-Meister". Manche davon können mit verbundenen Augen ein Motorenproblem am Klang erkennen, andere nicht mal die Türgriffe anschrauben ohne Fehler zu machen. Diese Art Meister sind einfach nur im guten und im weniger guten "Fachleute", die ihr Geld mit ihrer Qualifikation verdienen, keine Leute die immer alles richtig machen. Die Ehrerbietung die den "alten Meistern" von herausragender Allgemein- und Spezialbildung zugekommen ist und zugestanden hat, ist bei den anderen völlig fehl am Platze. Wer darauf aus ist, benutzt eine "Tradition" als Deckmäntelchen, die völlig andere Grundlagen hatte und für diesen Personenkreis definitiv kaum gedacht war. Ich folge immer noch mancher alten Tradition, nur für diese Pseudomeister habe ich eine Empfindung, die man am besten mit "Hau ab" umschreiben kann.

WuDao
04-02-2002, 16:08
Hallo,

@ Tiger5

>>> welchen stellenwert hat Euer Meister bei Euch. Folg Ihr ihm uneingeschränkt oder geht ihr auf auch auf Konfrontationskurs wenn Ihr merkt das er Unrecht hat? <<<

Mein Meister hat immer noch einen sehr hohen Stellenwert für mich. Uneingeschränkt folgen ? Wieso ? Ich habe heute aufgrund seines Wunsches und seines Lehrauftrages an mich einen eigenen Weg, den ich befolgen muss.
Sicher gab / gibt es Situationen, in denen ich anderer Meinung war / bin, aber ich würde dies niemals nach aussen tragen, sondern immer ein Gespräch unter vier Augen suchen.
Vielleicht habe ich einfach nur nicht verstanden, was er meint bzw. umgekehrt.
Konfrontation ? Unrecht ?
Wer entscheidet schon darüber, wenn zwei Menschen einen langen anstrengenden Weg gemeinsam gegangen sind ?



@ Tigercrane

>>> im traditionellen kung fu ist das wort des meisters gesetz. wie stark man sie daran hält ist jeden selber überlassen. <<<

Wenn das Wort des Meisters "Gesetz" ist, dann muss ich es befolgen. Wenn ich Spielraum im befolgen habe, dann kann es kein "Gesetz" sein.

>>> ein loyaler schüler sollte sich zumndest gegen aussen stets nach dem meister richten. gegen innen kann es gut kleinere meinungsverschiedenheiten geben. darüber mit seinem meister zu diskutieren ist deshalb öfters angebracht bzw sollte normal sein. <<<

Ok, sehe ich ähnlich (s.o.).


@ Klaus

>>> Das Problem ist, daß es kaum so viele "Meister" alten Zuschnitts gibt, wie es Leute gibt die sich mit sowas als "Titel" schmücken. Es gibt Meister und Meister. Ein alter Meister war jemand, der aus ganzer Lebenserfahrung gesprochen und gelebt hat, einer der nicht einfach sein Geld verdient, sondern in dem Moment auch wirklich seinem Schüler helfen will, beim Leben und beim Überleben. <<<

Danke, du sprichst mir aus dem Herzen.

>>> Ich folge immer noch mancher alten Tradition, nur für diese Pseudomeister habe ich eine Empfindung, die man am besten mit "Hau ab" umschreiben kann. <<<

Jau, das ist was. Das gefällt mir.
Leider hast du recht, wo findet man heute noch einen richtigen Meister ?
Trainer, Übungsleiter usw. findet man zur Genüge, aber einen Meister, das ist schon eine echte Seltenheit.


@ alle

Ein Meister ist auch nur ein Mensch mit seinen Stärken und Schwächen. Wenn ich ihn auf ein Podest hochhebe und ihn zum "Halbgott" machen will, dann ist es eine Sache.
In der Regel habe ich aber dabei nichts gelernt.
Wenn es mir jedoch gelingt, ihn wegen seiner "Stärken" und trotz seiner "Schwächen" als meinen "Wegweiser" / "Wegbegleiter" innerhalb der Kamüfkünste zu respektieren, dann kann ich, falls ich den ehrlichen Wunsch habe, sehr viel von ihm lernen. Und das in jeglicher Hinsicht.

tigercrane
05-02-2002, 07:41
hi wudao

sorry habe mich nicht klar genug ausgedrückt. wenn jemand den weg des traditionellen kung fu gehen will, so ist das wort des meisters gesetz. so war es früher und ist es auch heute.

viele schüler wollen heutzutage diesen weg zwar gehen, halten sich jedoch nur oberflächlich daran. sie benutzen eine maske, um ihr wirkliches ich zu verbergen.

mit dem satz „wie stark sich jemand daran....usw“ meinte ich, dass es ja auch vielen meistern egal ist, ob der schüler so handelt oder nicht. es freut sie aber, wenn der schüler es begreift.

viele grüsse

Tiger5
05-02-2002, 09:25
Hi Leute,

ich danke euch den Feedback. Ich wollte einfach mal Eure Meinung (Einstellung) zu diesem Thema wissen.

Das der Meister ein sehr hohen Stellenwert besitz ist für mich auch ohne zweifel. Im Tradionellen Sinn ist der Meister ein Vater.
Und auch im tradionellen Sinne hat der Meister seine Schüler erst nach einer Prüfung der charakterlichen Eigenschaften bei sich aufgenommen und sein Wissen an diesen weitergegeben.
Mit "Unrecht" meinte ich einfach: Nutz der Meister seine Position aus? Ist er Uneingennützig und fördert seine Schüler oder verfolgt er seine eigenen Interessen. Da hat sicherlich jeder seine Eigenen erfahrungen gemacht.
Vielleicht sollte ich mal fragen wie der Ideale Meister Euer Meinung nach sein sollte???


Gruss....

tigercrane
05-02-2002, 14:12
hi tiger5

der ideale meister? ich denke, dass diese frage jeder für sich selber beantworten sollte.

ich für meinen teil, habe diesen meister gefunden. viele andere finden meinen meister nicht so toll. ist völlig normal. die ansprüche jedes menschen sind verschieden. auch bei den kriterien gegenüber eines meisters.

viele grüsse

WuDao
05-02-2002, 15:54
Hi,

@TigerCrane

>>> sorry habe mich nicht klar genug ausgedrückt. wenn jemand den weg des traditionellen kung fu gehen will, so ist das wort des meisters gesetz. so war es früher und ist es auch heute. <<<

Das sehen wir so. Aber frag da mal ein paar andere, die meinen, dass Kung Fu heute zur "Selbstergötzung" sei.

>>> viele schüler wollen heutzutage diesen weg zwar gehen, halten sich jedoch nur oberflächlich daran. sie benutzen eine maske, um ihr wirkliches ich zu verbergen. <<<

Ich glaube nicht, dass viele Schüler diesen Weg gehen wollen. Sie wollen eher "in drei Tagen Bruce Lee sein" oder auf jedem Turnier einen Pokal holen, usw. ...

>>> mit dem satz „wie stark sich jemand daran....usw“ meinte ich, dass es ja auch vielen meistern egal ist, ob der schüler so handelt oder nicht. <<<

Leider Gottes haben wir sehr oft mit diesem Phänomen zu tun. Dabei geht es um Geld, Prestige usw. ...


@ Tiger5

>>> Im Tradionellen Sinn ist der Meister ein Vater. <<<

Genau, und genau so versuche ich mit meinen Schülern umzugehen und mein Meister ist so mit seinen Schülern umgegangen.

>>> Und auch im tradionellen Sinne hat der Meister seine Schüler erst nach einer Prüfung der charakterlichen Eigenschaften bei sich aufgenommen und sein Wissen an diesen weitergegeben. <<<

Yes sir, dito.

>>> Mit "Unrecht" meinte ich einfach: Nutz der Meister seine Position aus? Ist er Uneingennützig und fördert seine Schüler oder verfolgt er seine eigenen Interessen. Da hat sicherlich jeder seine Eigenen erfahrungen gemacht. <<<

Ja, die Erfahrungen wurden auch gemacht, aber bestimmt nicht nur vom Schüler sondern sehr oft auch vom Meister.


In diesem Sinne

tigercrane
06-02-2002, 08:18
hi wudao

ja es stimmt, sehr viele menschen sehen das kung fu heute wirklich als selbstergötzung an. gerade in deutschland ist dies sehr offensichtlich, obwohl es auch bei uns in der kleinen schweiz solche personen und verbände gibt.

ich dachte eher an diejenigen schüler, welche den traditionellen weg wählen. das mit dem „in drei tagen bruce lee sein“ ist aber schon das ziel von vielen leuten. naja solche illusionisten wird es immer wieder geben. auch solche, die an jedem turnier abräumen wollen.

sehr viele dinge heute sind auf reinem geld aufgebaut. wäre es so wie in alten zeiten, so würden sich diese leute schnell einmal in nichts auflösen..aber diese zeit ist ja vorbei...denken alle. allerdings sollte man nicht ausser acht lassen, dass wir in einer „kampf“kunst-welt leben. manchmal denke ich, dass die alten sitten wieder aufkommen werden, wenn sich vieles nicht zum positiven wendet. aber das ist nur eine persönliche ansicht.

viele grüsse

gambit
18-02-2002, 15:47
Meister ist nur ein Mensch, wenn er Mist baut dann sollte man mit ihm drüber reden. Begründet er sein Verhalten das er ein Meister ist so ist es an der Zeit einen neuen Meister zu suchen.

uksplinter
18-02-2002, 18:54
Viele Leute haben ein Bedürfnis nach einer starken Vaterfigur und/oder der Unterordnung unter eine führende Autorität. So haben auch Adolf Hitler und das Dritte Reich funktioniert.
Als Kampfkunstlehrer kann man oftmals ganz unpolitisch betrachtet eine ähnliche Rolle einnehmen. Da diese Leute bestimmt nicht an mangelndem Selbstbewusstsein leiden, ist das Kampfkunsttraining eine geeignete Plattform ihr grosses Ego auszuleben.

Das muß nichts Schlimmes sein, aber deshalb habe ich mit den meisten Lehrern bisher irgendwann Streit bekommen. Niemand ist allwissend und hat die Weisheit gepachtet. Gegen die multiplen Schnitt- und Stichtechniken eines ausgebildeten Messerkämpfers geraten auch die KungFu- und Karateexperten ganz schön ins Schwitzen. Und der Messerkämpfer wiederum gegen eine feuerbereite Maschinenpistole. Und so weiter !

Alles ist relativ, und deshalb ist dieser Sifu-Nimbus eher lächerlich !
:D

WuDao
18-02-2002, 22:21
Hallo **********,

in deinem Fachgebiet bist du wirklich ok (hab mir mal deine Seiten angeschaut) und deine Ausführungen zum Thema "Messerkampf" entsprechen einer sehr realistischen Einschätzung.

Was aber das Verhältnis eines Schülers (Todai) zu seinem Meister (Sifu) angeht, so solltest du dich besser geschlossen halten, denn hiervon scheinst du keinen blassen Schimmer zu haben.

>>> Alles ist relativ, und deshalb ist dieser Sifu-Nimbus eher lächerlich ! <<<

Selbstverständlich ist alles relativ, aber in einem vernünftigen "Schüler-Meister-Verhältnis" ist nichts lächerlich, ausser demjenigen der es dazu macht.

Hast du es dazu schon gemacht ???????
Sieht nach deinen Äußerungen fast so aus.

uksplinter
19-02-2002, 05:23
WuDao :
Ich mache das auch schon 20 Jahre und bin mit Senseis und Sifus ganz gut vertraut . Mit 42 sieht man viele Dinge anders als mit 22, und das ist auch völlig normal.
Ein akzeptables Lehrer-Schülerverhältnis macht aus dem Lehrer keinen Halbgott in Weiss mit schwarzem Gürtel oder in schwarzem Hemd mit roten Streifen an der Hose (WT). Im WT war das so schlimm, dass ich deswegen gegangen bin.
Wir kochen alle nur mit Wasser, und die von Konfuzius oder irgendwelchen Budo-Philosophen gepredigte Bescheidenheit gilt in der Praxis nur zu selten für den "Meister". Wir sind eben alle nur Menschen !

P.S.: Natürlich habe auch ich einige Lehrer gehabt, die meine Wertschätzung als Budoka genossen haben. Aber dieser Typ ist heute eher selten geworden. Kommerz, Ellenbogen, Willkür und Intrigen sind eher an der Tagesordnung ! Schön finde ich das nicht.

schwoini
07-05-2002, 12:27
Frueher war mein meister fuer mich echt eine art halbgott! (da war ich aber auch erst 14...) jedoch hab ich dann bald begriffen (nachdem er sich manchmal doch so 'menschlich' verhielt), dass er nichts weiter ist als ein guter freund und trainer, auch wenn mir das damals fast mein ganzes weltbild zerstoert hat...

Le Lôi
07-05-2002, 12:50
was mir aufgefallen ist, dass vielfach höhere grade oder landesvertreter solch eine verherrlichung der meister ihres stiles betreiben. nicht in erster linie um diesen meistern den respekt zu zollen, nein viel mehr um auf ihren eigen respekt gegenüber ihren schüler zu pochen. denn so verklickern sie ihren schülern, dass dies wichtig sei um in diesem stil weiter zu kommen und das tradition habe. doch eigentlich wollen sie nur selbst von ihren schülern vergöttert werden.

auch wenn ihr euch für einen meister entschieden habt, selbst zu denken und zu urteilen ist nicht respektlos. respektlos ist nur wenn man anstandslos handelt. ein guter meister hat auch ein ohr für kritik.


@ wudao

ich glaube ********** hat schon recht wegen dem alter. wenn man älter wird siehts halt anders aus.

gruss
Le Lôi

Dao
07-05-2002, 16:42
Hi,
schöne und kontroverse Diskussion.
Geführt werden und führen lassen kann ich mich nur wenn mein Respekt dem Lehrer und Meister gegenüber voll und ganz da ist.
Respekt stellt sich nicht nach einer Meisterdiskussion ein, sondern entsteht für mich aus der Ausstrahlung des Lehrers.
Habe letzte Woche mit Zhu Taincai trainiert und es stellt sich für mich nicht die Frage, "ist das ein Meister". Ich spürte im Training das ist kein Meister, nein ich habe es mit einem Großmeister zu tun. Diese Dichte im Training, diese Bescheidenheit von Zhu, keine Widersprüche, kurze Anleitungen-viel Trainingszeit, und in der Demonstration eine Power. Einfach genial.
Der Mann lies sich von einem 1,90 m Schrank hebeln, da würden mir alle Bänder, Sehnen und die Gelenke aus den Fugen geraten, da hat er lächelnd noch um mehr Hebel gebeten. Und er beendete jeden Hebel mit einem Konterhebel.
Nicht ein Meister der Laberstammtische sondern ein Meister im Tun. Daran werden wir sie erkennen.
Das ganze Seminar war geprägt von Harmonie und Lerneifer.
Den Großmeister Zhu Tiancai kann ich nur jeden KK`ler ans Herz legen. Einer der vier Chen-Stil Vertretern aus Chenjiaogou.

peter j.

hanzaisha
08-05-2002, 09:46
ich bin ja jetzt noch nicht so lange beim kampfsport, hatte aber von anfang an sehr großen respekt vor meinem meister, ich denke, dass sollte auch so sein.
wieviel er wirklich für mich bedeutet habe ich erfahren, als er vor einigen wochen einen autounfall hatte und man über eine woche nicht erfuhr wie`s ihm geht.
nicht nur, dass er im training und auch privat "anwesend" ist (mit privat meine ich in gedanken), er hat einen großen stellenwert im herzen, das "durfte" ich dabei erfahren.
aber er ist jetzt auch auf dem besten weg der genesung, alles halb so wild:D

gruß

nils

Bokuto
08-05-2002, 11:28
Ich respektiere meinen Meister und achte ihn sehr hoch! Aber auch er ist "nur" ein Mensch, auch er ist niemals frei von Fehlern und ich kann in verschiedenen Dingen unterschiedlicher Ansicht sein. Und das mache ich ihm auch deutlich. Sachlich - aber bestimmt - gehe ich dann auch auf Konfrontation. Das heisst nicht, dass ich ihn deswegen weniger schätze, aber ich ÜBERschätze ihn nicht und ich hinterfrage. Das ist meine Erziehung und darauf bin ich Stolz.

Gruß
Dirk