hist. eur. kampfkünste [Archiv] - Kampfkunst-Board

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Vollständige Version anzeigen : hist. eur. kampfkünste



Speedy
10-11-2003, 13:01
hi leute!

irgendwie begegnet mir immer öfter der begriff "europäische kampfkünste" wie z.b. heute auf http://www.magisterium.de/

bin auch nicht sicher ob das der neueste trend ist um den schnellen euro zu machen oder ob mir das vermehrte auftauchen des themas nur so vorkommt - ist mir auch egal - denn eigentlich interessieren mich allgemeine informationen (welche ich aber im web nicht finde) diesbezüglich wie z.b.

* welche waffen gibt es da?
* werden auch stumpfe waffen unterichtet?
* gibt es waffenlose techniken?
* eigene erfahrungen?
* ähnlichkeiten/unterschiede zu den phil. KK (z.B. bei der ETF gesehen das dort von den phil. stilen auf die europ. zugegangen wird - deshalb auch die frage)?
* gute links zu diesem thema
usw. :)

thx, speedy

Kazuko
10-11-2003, 13:09
Es gab die sogenannte Selbstverteidigung der Landsknechte allerdings ist mir nicht bekannt das es noch jmd. gibt der sie unterrichten kann.

Außerdem habe ich vermehrt von Kampftechniken englischer Mönche gehört wobei das unbestätige Berichte sind.

Kazuko

Engelsfeuerchen
10-11-2003, 13:42
Ein Freund von mir unterrichtet historischen Schwertkampf. Grundlage sind historische Fechtbücher, nach denen trainiert wird.
Ich habe auch schon gesehen, dass es durchaus Kapitel über waffenlosen Kampf gibt.
Ich hatte bisher nicht den Eindruck, dass es sich dabei um Geldmacherei handelt. Dieser Freund sagte mir mal, was das Training bei ihm kostet und es war für Wing Chun verhältnisse einfach lächerlich wenig - genauen Betrag weiß ich aber nicht mehr.
Es kommt auch hinzu, dass sich das Klientel wohl fast zu 100% aus der aktiven Mittelalterszene rekrutiert, was es mit sich bringt, dass der Schwerkampf eher als Brauchtumserhaltung das spaß macht angesehen wird.

Alles Liebe,

ein Engelsfeuerchen

Alephthau
10-11-2003, 18:17
Hi,

Es gibt noch die sogenannten "schlagenden Verbindungen" die , auch wenn oft als rechtsradikal verschrien, teilweise auf eine recht lange Geschichte zurückblicken können was die Fechtkunst angeht.

roberto
10-11-2003, 19:23
@speedy

Hallo,

anbei ein Hinweis: www.scherma-di-daga.de

Diese Seite behandelt die italienische Kunst des kampfes mit Messer, Stöcken, Äxten und der leeren Hand (wobei der Schwerpunkt auf den Waffen gerichtet ist). Wir nehmen Unterricht bei Maestro Antonio Merendoni. Dieser wiederum lernt seit 23 Jahren bei sizilianischen und calabresischen Meistern.

Zur Zeit habe wir "nur" den Messerkampf gelernt. unsere nächsten Reisen werden sich dem kampf mit dem Spazierstock widmen. Diese Techniken leiten sich z. B. direkt vom akademischen fechten ab.

Ciao

Roberto

Jibaku
10-11-2003, 20:17
Hi,

Es gibt noch die sogenannten "schlagenden Verbindungen" die , auch wenn oft als rechtsradikal verschrien, teilweise auf eine recht lange Geschichte zurückblicken können was die Fechtkunst angeht.Die heute bei Verbindungen gebräuchlichen Waffen "Glocke" und (Korb)"Schläger" sind zum einen jüngeren Datums und zum anderen keine eigentlichen "Kampfkunstwaffen".
In der Bestrebung daß die Verbindungsmitglieder sich nicht lediglich in Ehrenstreitgkeiten "beweisen" sollten sondern unabhängig von auslösenden Ereignissen eine bestimmte Anzahl von Pflichtmensuren geschlagen werden sollten wurden diese Waffen als reine "Mensurwaffen" entwickelt(Ca. zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts).
Sie sind weniger gefährlich als der damals übliche Duellsäbel.
Allerdings hatten sie keinen "Ehrenreinigenden" Charakter weswegen sie bis zum zweiten Weltkrieg immer parallel zum Säbel trainiert wurden.
Die in Verbindungen tätigen Fechtmeister müsen allerdings immer noch alle Sportfechtwaffen, Glocke und Korb wie auch Duell und Penaliesäbel (Ein stumpfer Säbel der mit nacktem Oberkörper vor allem bei österreichischen Schülerverbindungen immer noch gefochten wird) beherrschen.

Korb und Glocke sind also reine "Duellwaffen" mit eingeschränkter Wirkung und auch der Duellsäbel ist, wenn auch vom Kavalleriesäbel beeinflusst und in zumindest allen deutschen Armeen eingeführte Offizierswaffe (Auch hier eher eine Kavaliers- denn eine Kriegswaffe), eher eine auf den Duellkampf optimierte Waffe, die gerade nicht ihrer hohen Wirksamkeit wegen sonderen gerade aus der Erkenntnis geringerer Verletzungen durch Hieb gegenüber Stichwaffen eingeführt wurden.

Diese Waffen stehen sicher in einer Kriegstradition, waren aber dermaßen reglementiert, daß sie eher Sportgeräte als Kampfkunstwaffen sind.

Pat22
11-11-2003, 11:04
Hí,

Habe auch schon mal probiert dieses Thema anzuschneiden.
Hier der Link (http://www.kampfkunst-board.info/forum/showthread.php?t=11888) zum Thread in dem du auch ein paar Internet-Links finden wirst.

MfG ;)

Pat

Mars
11-11-2003, 12:22
Noch ein guter Link, wenn es Euch interessiert: www.freifechter.org

Gruß

Speedy
11-11-2003, 13:27
jaauuu dachte das sich mehr leute melden ;)

die seite von roberto kannte ich schon, aber die von mars ist mir neu und scheint auch einiges an infos zu bieten.

danke!

speedy

Holzkeule
11-11-2003, 21:43
Yo ich hab auch noch nen LinK : www.ehcg.net

Chris
11-11-2003, 22:23
Hier ein Link über historisches Schwertfechten: www.aemma.org

Schwertfechten nach der italenischen Schule www.novascrimia.com

Greets Chris

Jörg B.
24-11-2003, 12:35
Hallo Speedy, Hallo Rest!


irgendwie begegnet mir immer öfter der begriff "europäische kampfkünste" wie z.b. heute auf http://www.magisterium.de/

bin auch nicht sicher ob das der neueste trend ist um den schnellen euro zu machen oder ob mir das vermehrte auftauchen des themas nur so vorkommt - ist mir auch egal -

Ich will nicht verhehlen, daß es auch in diesem Bereich ein paar Gruppierungen bzw. Personen gibt, die hiermit Geld verdienen wollen, aber mit denen mag kaum einer spielen. ;) ALLE Leute aus dem Bereich, die ich kenne, betreiben Kunst um der Kunst willen, an Seminaren verdient sich keiner eine goldene Nase, im Gegenteil.

Historische Europäische Kampfkünste (es gibt auch *moderne* europäische KK, wie Boxen, Fechten, olymp. Ringen) haben aus Sicht des Übenden ein Riesen-Problem: Es gibt keine ununterbrochene Tradierungskette und damit auch keine Lehrer/Meister, die die Kunst von Ihrem Lehrer/Meister erlernt haben.

Man muß also wohl oder übel teilweise sein eigener Lehrer sein.

Jeder, der sich ernsthaft und ehrlich mit der Materie befasst, verwendet recht häufig den Begriff 'Rekonstruktion'. Will sagen, man muß nicht nur KK'ler, sondern auch Historiker und Bücherwurm sein, wenn man sich mit dem Studium historischer europ. KK befasst.
Durch das Studium der uns überlieferten Handschriften und Bücher versuchen wir, diese Künste wiederzubeleben, wohl wissend, daß wir eine 100% genaue Rekonstruktion wahrscheinlich niemals hinbekommen werden.

Graduierungen/Titel gibt es so gut wie keine, höchstens gruppenintern, und damit auch wenig 'Standesdünkel'; jemand, der z.B. ein Seminar zum Thema 'Fechten mit dem langen Schwert' gibt, reiht sich ohne mit der Wimper zu Zucken in die Anfängergruppe z.B. eines Ringkampf-Seminares ein, der größte Teil der weltweiten 'Szene' kommt sehr, sehr gut miteinander aus, Ausnahmen bilden da eigentlich nur die oben genannten Leute. ;)


denn eigentlich interessieren mich allgemeine informationen (welche ich aber im web nicht finde) diesbezüglich wie z.b.

* welche waffen gibt es da?

Sehr viele verschiedene, angefangen vom kurzen Messer/Dolch, Einhandschwert mit großem und kleinen Schild, langes Schwert (auch 'Andertalbhänder' oder 'Bastardschwert' genannt), langes Messer, diverse Stangenwaffen (z.B. Stange, Halmbarte, Mordaxt, Speer), den Dussack (hölzerne Übungswaffe für das einh. Schwert, die erste 'Sportwaffe'), bis hin zu so lustigen Dingen wie Dreschflegeln und Sicheln.

Und das ist nur die Aufzählung fürs Mittelalter und frühe Renaissance. :D


* werden auch stumpfe waffen unterichtet?

Wenn Du damit stumpfe Hiebwaffen meinst, ja, klar. Die 'halbe Stange' (2,40 -2,70m lang) ist die Übungswaffe für alle Arten von Stangenwaffen, und auch für sich selbst ein fürchterlich effektives Instrument.


* gibt es waffenlose techniken?

Klar! Reichlich sogar. ALLE europäischen KK des MA und der Renaissance waren umfassende Systeme. Die deutschen KK dieser Zeit waren so aufgebaut, daß die Basis aller Techniken für fast alle Waffen sehr ähnlich, wenn nicht identisch war, so z.B. die Techniken von langem Schwert und langem Messer. Ringen wurde sowohl an sich als auch in Verbindung mit allen Waffen eingesetzt und galt als die Grundlage aller Fechtkunst.

Technisch gesehen ähnelte das Ringen eher einer recht robusten Form von Ju-Jutsu, ohne allzuviel Bodenkampf. Atemi-Techniken wurden benutzt, um den Gegner 'kooperativ' zu machen, dann wurden Gelenkhebel und -brüche und Würfe angewandt, um den Gegner zu Boden zu bringen, falls nötig wurde er dort mit Festlegetechniken kontrolliert und mit einem Dolchstoß endgültig kampfunfähig gemacht.

***EDIT Handtechniken wurden meist mit der offenen Hand ausgeführt, Fauststöße wurden nur gegen wenige Ziele (Hals oder Solarplexus/Herzgrube) angewendet.
Tritte wurden max. bis Höhe Unterbauch ausgeführt, häufiger waren Tritte mit der Fußsohle seitlich gegen das Knie, bzw. Schnapptritte mit dem Spann in die 'family jewels' ;)***/EDIT

Neben dem *ernsten* Ringen gab es aber auch das sogen. *gesellige* Ringen, bei dem alle umittelbar letalen oder besonders gefährlichen Techniken (die sogen. 'Mordstücke') verboten waren. Diese Form des Ringens ist dann vom heutigen Judo nicht mehr allzu verschieden.


* eigene erfahrungen?

Ich beschäftige mich jetzt seit 1991 mit dem Thema, lerne jeden Tag etwas neues und habe sehr sehr viel Spaß dabei. :D


* ähnlichkeiten/unterschiede zu den phil. KK (z.B. bei der ETF gesehen das dort von den phil. stilen auf die europ. zugegangen wird - deshalb auch die frage)?

Dazu kann ich Dir nix sagen, weil ich keine phil. KK betreibe.


* gute links zu diesem thema usw. :)

Da hast Du schon einiges bekommen, aber ein bißchen Eigenwerbung sei gestattet ;)

http://www.schwertkampf-ochs.de

http://www.hemac.org

Speedy
24-11-2003, 13:33
@ Jörg B.

dank für diese ausführliche erklärung :)

Jörg B.
24-11-2003, 13:50
@ Jörg B.

dank für diese ausführliche erklärung :)

Da nich für :D, ich bin immer froh, wenn sich jemand für die Sache interessiert.

Gruß,
Jörg