PDA

Vollständige Version anzeigen : Sankt Martin oder was lehrt uns die Geschichte!



Michael Kann
12-11-2003, 11:31
Gestern war es wieder soweit, der "heilige" St. Martin zog wieder einmal Stadt um Stadt die Kinder an ... doch was verbirgt sich hinter diesem "Ritual"? Um was gehts?

Dieser Heilige, der das Reich der Franken und die von ihnen besiedelten Gebiete geprägt hat, war in der lateinischen Kirche der erste, der den Grad der Heiligkeit nicht durch seinen heldenhaften Tod als Märtyrer, sondern durch sein heroisches Leben erreichte.

Martinus der dritte Bischof von Tours starb am 08.11.397. Martin, personales Bindeglied zwischen Rom und dem Frankenreich, verkörperte modellhaft für Jahrhunderte das neue spätantike Priester- und Bischofsideal: Ein asketischer Mönch, gebildet und tatkräftig zugleich, für den Kult und Kultur der gleichen Quelle entsprangen, der lebte, was er predigte, der sich vor Christus beugte, um ihn herrschen zu lassen.

„Mein Herr, es ist ein harter Kampf, den wir in Deinem Dienste in diesem Dasein führen. Nun aber habe ich genug gestritten. Wenn Du aber gebietest, weiterhin für Deine Sache im Felde zu stehen, so soll die nachlassende Kraft des Alters kein Hindernis sein. Ich werde die Mission, die Du mir anvertraust, getreu erfüllen. Solange Du befiehlst, werde ich streiten. Und so willkommen dem Veteranen nach erfüllter Dienstzeit die Entlassung ist, so bleibt mein Geist doch Sieger über die Jahre, unnachgiebig gegenüber dem Alter."

Dies sind die überlieferten letzten Worte des heiligen Martin. Sie klingen wie ein Rapport. Sie lassen die innere Einstellung eines ehemaligen Soldaten erkennen: Disziplin und Pflichterfüllung kennzeichnen diesen Mann, der sich nicht blind einem Gott unterworfen, sondern sich Gottes Sache zu eigen gemacht hat.

Gesprochen wurden diese Worte im Jahr 397, also vor über 1.600 Jahren. Der diese Worte gesprochen hat, hieß Martinus und war Bischof von Tours. Er war schon zu Lebzeiten eine Legende.

Von Geburt ein Römer, stammte er aus einer Familie mit militärischer Tradition. Schon sein Name war Programm: „Martinus" leitet sich ab vom Kriegsgott Mars. Man könnte den Namen übersetzen als „dem (Kriegsgott) Mars gehörend" oder „Kriegerischer". Durch Martin von Tours wurde dieser martialische Name von den Christen übernommen. Er hatte einen neuen Sinn erhalten: „Martin" war nicht mehr länger ein disziplinierter Kämpfer unter dem römischen Kriegsgott, sondern ein Soldat Gottes, einer, der sich mit Eifer und Disziplin in die Pflicht der Kirche nehmen ließ.

In Frankreich wird er als der "13. Apostel" verehrt, dies wegen seines missionarischen Eifers bei der Verkündigung der Frohen Botschaft Christi in Gallien.

Nun zur Legende ... Zur Zeit des heiligen Martin galt ein kaiserliches Edikt, wonach die Söhne von Berufssoldaten zum Kriegsdienst gezogen wurden. Dadurch wurde auch Martin, gegen seinen Willen, mit 15 Jahren zum Militärdienst eingezogen. Noch war Martin nicht getauft; aber in allem verhielt er sich nicht, wie sich sonst Soldaten verhielten: Er war gütig zu seinen Kameraden, wunderbar war seine Nächstenliebe. Seine Geduld und Bescheidenheit überstiegen die der anderen bei weitem. Seine Kameraden verehrten ihn und hielten ihn schon damals mehr für einen Mönch als einen Soldaten. Denn, obwohl noch nicht getauft, zeigte er ein Verhalten wie ein Christ: Er stand den Kranken bei, unterstützte die Armen, nährte Hungernde, kleidete Nackte. Von seinem Sold behielt er nur das für sich, was er für das tägliche Leben benötigte.

Eines Tages, als Martin nichts außer Waffen und dem einfachen Soldatenmantel bei sich trug, begegnete er mitten im Winter, der von so außergewöhnlicher Härte war, dass viele erfroren, am Stadttor von Amiens einem nackten Armen. Dieser flehte die Vorbeigehenden um Erbarmen an. Doch alle liefen an dem Elenden vorüber. Da erkannte Martin, von Gott erfüllt, dass der Arme, dem die anderen keine Barmherzigkeit schenkten, für ihn da sei.

Aber was sollte er tun? Außer seinem Soldatenmantel hatte er ja nichts. Also nahm er sein Schwert und teilte den Mantel mitten entzwei. Den einen Teil gab er dem Armen, in den anderen Teil hüllte er sich wieder selbst. Etliche der Umstehenden begannen zu lachen, denn Martin sah mit dem halben Mantel kümmerlich aus. Viele jedoch, die mehr Einsicht hatten, bedauerten sehr, dass sie nicht selbst geholfen hatten, zumal sie viel wohlhabender als Martin waren und den Armen hätten bekleiden können, ohne sich selbst eine Blöße zu geben.

In der folgenden Nacht, als Martin in tiefem Schlafe lag, sah er Christus mit seinem halben Soldatenmantel bekleidet, den er dem Armen gegeben hatte. Ihm wurde befohlen, er solle sehr aufmerksam den Herrn und das Kleidungsstück, das er verschenkt habe, ansehen.

Dann hörte Martin Jesus mit lauter Stimme zu der umstehenden Engelschar sprechen: „Martin, der noch Katechumene (= Taufbewerber) ist, hat mich mit diesem Mantel bekleidet".

Jesus Christus dachte dabei tatsächlich an seine eigenen Worte, die er einst gesprochen hatte: „Was immer ihr einem Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan" (Mt 25, 40).

So bekannte Jesus Christus, dass er in dem Armen von Martin bekleidet worden ist. Um den Wert eines so guten Werkes zu bestätigen, zeigte er sich in eben diesem Mantel. Dieses Traumgesicht verführte Martin aber keineswegs zu menschlicher Ruhmsucht. Er erkannte in seiner Tat vielmehr die Güte Gottes.

Tja .... und wie war das mit der "Martins-Gans"?
In jener Zeit (etwa 371/372) berief man Martin auf den Bischofsstuhl von Tours. Martin aber wollte sich seinem Kloster nicht entreißen lassen. Da warf sich ein Bürger mit dem Namen Rusticus Martin zu Füßen und gab vor, seine Frau sei krank und Martin müsse mitkommen, denn nur er könne ihr das Leben erhalten. Damit wollte Rusticus erreichen, daß der Heilige mitkomme.

Die Bürger von Tours hatten sich schon entlang des Weges aufgestellt und wie unter Bewachung geleiteten sie Martin in die Stadt. Wunderbarerweise hatte sich nicht nur eine unglaubliche Menge aus der Stadt, sondern auch aus den Nachbarstädten zur Bischofswahl eingefunden. Alle hatten nur einen Wunsch, eine Stimme und eine Meinung: Martin sei der Würdigste für das Bischofsamt, mit einem solchen Bischof sei die Kirche wirklich glücklich zu schätzen.

Allerdings widersprachen dem gewissenlos eine kleine Zahl der Leute und etliche unter den Bischöfen, die zur Einsetzung des Bischofs herbeigerufen worden waren. Sie behaupteten, Martin sei ein verachtenswerter Mensch: Einer von so kümmerlichem Aussehen, mit schmutzigem Kleid und ungepflegten Haaren sei unwürdig, Bischof zu werden.

Das Volk aber war klügeren Sinnes und hielt diese Meinung für lächerliche Torheit. Jene wollten einen berühmten Mann verachten, verkündeten doch dabei sein Lob. Die Wahlversammlung konnte nichts anderes tun, als was das überwiegende Volk mit Gottes Willen forderte.

Martin, so wird erzählt, hatte sich während der Diskussionen entfernt und suchte sich vor der Menge zu verbergen, um der Bischofsernennung zu entgehen. Da er keinen geeigneter Ort fand, suchte er schließlich in einem Gänsestall Zuflucht. Äußerst klug, gell! Als die Menge ihn suchte, fand sie ihn in diesem Gänsestall, weil die Gänse durch lautes Geschrei auf den heiligen Mann aufmerksam machten. So kam Martin zu seinem Bischofsamt und die Gänse zum Dank in den Ofen. Es lebe das Schlachtfest!

Franz
12-11-2003, 11:49
Prima Mike ,dass du das mal wieder in Erinnerung gerufen hast!

JuMiBa
12-11-2003, 13:53
Prima Mike ,dass du das mal wieder in Erinnerung gerufen hast!

Also ich kannte die Geschichte vorher noch nicht... ist aber wirklich sehr interessant ! Danke, Mike... ;)

Allerdings glaube ich nicht, daß der halbe Mantel den nackten Mann vor dem Kältetod bewahrt haben dürfte.

Gruß Micha

Franz
12-11-2003, 15:46
Hatten wir im Religionsunterricht und im Kindergarten,dann gab es spezielle Messen und Laternenumzüge bei uns und jedesmal wurde die Geschichte vorgelesen :)