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Vollständige Version anzeigen : Die Arbeit mit Fechtbüchern



Amun-Ra
03-03-2011, 08:16
Da hier laufend Fäden auf Grund von persönlichem Zank entgleisen aber dennoch (berechtigte) Kritik an der Quelle des Fechtbuches laut wurde würd ich gerne ein konstruktiveres Thema eröffnen wo wir uns möglichst mit Fachwissen und nicht mit Beleidigungen dem Thema nähern.

Das ist ein interessantes Thema wie ich finde.
Zum einen wurden diese Bücher ja zum Großteil von Menschen geschaffen die nachweislich wirklich gute Kämpfer waren, also würde man annehmen dass das was sie da schreiben aus Erfahrung herrührt.
Aber wir können aus der Einzelbetrachtung dieser Werke noch keinen Rückschluss darüber ziehen in welchem Kontext sie zu betrachten sind.
Wo man Holmganghamburg recht geben muss ist das man historische Quellen stets kritisch betrachten muss.

Ich habe mich längst nicht mit allen Fechtbüchern befasst und auch nicht eingehend genug damit. Aber mein subjektiver Eindruck war immer das die Fechtbücher eher Fancytechniken mit Entwaffnung und Klinge greifen etc. behinhalten.
Von den Basics hab ich da nicht so viel gesehen. Ist aber wiegesagt meine subjektive Meinung.

Da ich selbst aus der Archäologie komme, interessiert mich, gibt es Originalfunde von Waffen aus der damaligen Zeit aus denen man noch die Schärfe rekonstruiren kann?
Denn die Schriftquellen können einem viel erzählen. Scharfe bzw. stumpfe Schwerter lügen nicht.

Desweiteren wären Skelletuntersuchungen von mit Waffen getöteten interessant um nachzuweisen wie Scharf die Waffen waren mit denen sie getötet wurden.
Dann könnte man immerhin schonmal Schlüsse auf die Wahrscheinlichkeit des Klingengreifens ziehen.
Allgemein frage ich mich ob und was für Quellen die historischen Fechter ausser den Fechtbüchern verwenden?


Ich finde das dies ein interessantes Thema ist welches man kritisch behandeln kann ohne das beleidigt wird.
Ich würde mich freuen wenn die Moderation nicht direkt zumacht oder zumindest nur den persönlichen Müll rauslöscht.

Die historischen Kampfkünste sind ja größtenteils Hobbymäßig ausgeführte Tätigkeiten in die viel Herzlblut und Liebe gesteckt wird, aber wieviel Profis stecken da mit drin?
Habt ihr Historiker, Epigraphen, Germanisten, Archäologen und Archäometallurgen etc. die Sachverhalte erläutern und aufklären können welche dem begeisterten Amateur schlicht und einfach nicht möglich sind?

Mich würde darüberhinaus noch interessieren wie wird mit dem Fechtbuch gearbeitet, wie wurden die Quellen überhaupt gesichtet, analysiert und interpretiert?

Auf eine gute Diskussion die ohne Zank geführt wird.

T. Stoeppler
03-03-2011, 08:59
Zum einen wurden diese Bücher ja zum Großteil von Menschen geschaffen die nachweislich wirklich gute Kämpfer waren, also würde man annehmen dass das was sie da schreiben aus Erfahrung herrührt.


Davon ist in vielen Fällen auszugehen, aber nicht immer.



Aber wir können aus der Einzelbetrachtung dieser Werke noch keinen Rückschluss darüber ziehen in welchem Kontext sie zu betrachten sind.

Meistens reicht dafür die Quellenlage im Einzelfall kaum aus, man muss schon wesentlich mehr Material sichten.



Wo man Holmganghamburg recht geben muss ist das man historische Quellen stets kritisch betrachten muss.

Soso, was für eine Erkenntnis. Mit Kritik fangen wir an.



Aber mein subjektiver Eindruck war immer das die Fechtbücher eher Fancytechniken mit Entwaffnung und Klinge greifen etc. behinhalten.
Von den Basics hab ich da nicht so viel gesehen. Ist aber wiegesagt meine subjektive Meinung.

Das kommt auf die Quelle an. Es gibt Techniken, welche explizit als, wenn Du so willst, "Fancy" beschrieben sind. Und es gibt welche, die explizit "ernst" sind. Tatsächlich sind die frühesten Quellen eher am "Ernst" dran, später gibt es eben mehr zum Spielen. Klinge Greifen kommt immer wieder vor, aber ich glaube, kein historischer Fechter hat den Nerv das zum 100. Mal zu diskutieren.




Da ich selbst aus der Archäologie komme, interessiert mich, gibt es Originalfunde von Waffen aus der damaligen Zeit aus denen man noch die Schärfe rekonstruiren kann?

Tonnenweise. In verschiedenen Museen und Rüstkammern kann man die sehen und in die Hand nehmen. Manche sind trotz Korrosion noch schön scharf und spitz.



Desweiteren wären Skelletuntersuchungen von mit Waffen getöteten interessant um nachzuweisen wie Scharf die Waffen waren mit denen sie getötet wurden.

Da gibts auch mehrere Untersuchungen, einige davon sind online zu finden.
Hier ist ein Link:
ArchiMeD - Forensisch-anthropologische und traumatologische Untersuchungen an den menschlichen Skeletten aus der spätmittelalterlichen Schlacht von Dornach (1499 n. Chr.) - Cooper, Christine (http://ubm.opus.hbz-nrw.de/volltexte/2011/2419/)



Dann könnte man immerhin schonmal Schlüsse auf die Wahrscheinlichkeit des Klingengreifens ziehen.
S.o.



Allgemein frage ich mich ob und was für Quellen die historischen Fechter ausser den Fechtbüchern verwenden?
Alle die man kriegen kann. Abbildungen und Texte aus den jeweiligen Zeitperioden, manche lesen sich auch scholastische Grundlagen an (z.B. in meinem Falle Aristoteles) um bestimmte Passagen besser nachvollziehen zu können.

Neben den historischen Quellen schaut man natürlich immer in andere Systeme rein, um ein bischen Input zu bekommen. Die meisten HFler haben voher ein oder mehrere Systeme viele Jahre lang trainiert und tun es noch.



Die historischen Kampfkünste sind ja größtenteils Hobbymäßig ausgeführte Tätigkeiten in die viel Herzlblut und Liebe gesteckt wird, aber wieviel Profis stecken da mit drin?
Habt ihr Historiker, Epigraphen, Germanisten, Archäologen und Archäometallurgen etc. die Sachverhalte erläutern und aufklären können welche dem begeisterten Amateur schlicht und einfach nicht möglich sind?

Glücklicherweise eine ganze Menge.



Mich würde darüberhinaus noch interessieren wie wird mit dem Fechtbuch gearbeitet, wie wurden die Quellen überhaupt gesichtet, analysiert und interpretiert?


Also da gibts verschiedene Herangehensweisen. Meistens ist es so:
-Quelle finden (schwer genug)
-Quelle Transkribieren
-Quelle einordnen und mit bereits bekannten vergleichen (Textkritik!)
-Quelle manchmal übersetzten.
-Sich entsprechendes Werkzeug für den Kontext besorgen, je authentischer je besser.
-Durchspielen. Immer wieder.
-Im Austausch mit möglichst vielen Leuten die Methoden schrittweise validieren oder verwerfen.
-Wenn man meint, das meiste einigermassen ´raus zu haben, wird systematisch trainiert, funktionalisiert, Übungen abgeleitet, bestimmte Trainingshardware geschaffen usw.
-Validieren und Verwerfen geht über Jahre, Jahrzehnte immer wieder. Manchmal schmeisst man seinen ganzen Kram (oder zumindest signifikante Teile davon) angesichts neuer Erkenntnisse über den Haufen.

Gruss, Thomas

gast
03-03-2011, 09:15
Die Schärfe einer Schneide die benötigt wird um z.B. einen Arm durchzuschneiden- oder hacken wird meistens völlig überschätzt. Nix mit rasiermesserscharf - Das klingt zwar gut ist aber überhaupt nicht notwendig.

Alte Kampfkunst
03-03-2011, 09:29
Amun-Ra, kannst du bitte kurz was zu deinem archäologischen Hintergrund schreiben? Würde mir die Beantwortung deiner Fragen erheblich erleichtern.

Danke!

Stefan

Amun-Ra
03-03-2011, 09:32
Amun-Ra, kannst du bitte kurz was zu deinem archäologischen Hintergrund schreiben? Würde mir die Beantwortung deiner Fragen erheblich erleichtern.

Danke!

Stefan

Ich studiere in Bonn Archäologie mit Schwerpunkt auf Vor und Frühgeschichte.

Jörg B.
03-03-2011, 09:34
Ich habe mich längst nicht mit allen Fechtbüchern befasst und auch nicht eingehend genug damit. Aber mein subjektiver Eindruck war immer das die Fechtbücher eher Fancytechniken mit Entwaffnung und Klinge greifen etc. behinhalten.
Von den Basics hab ich da nicht so viel gesehen. Ist aber wiegesagt meine subjektive Meinung.

Ad 1 hast Du Dir wahrscheinlich (bitte korrigieren) die üblichen Verdächtigen angeschaut, sprich wahrscheinlich den allfälligen 1467er Talhoffer.

Dieses Buch im Speziellen wurde während der Zeit, in der Eberhart im Bart, Herzog zu Urach und Württemberg sich von Hänschen T. hat trainieren lassen, angefertigt, als 'ausbildungsbegleitende Gedächtnisstütze'. Heutzutage hätte er wohl während des Trainings die Videokamera laufen lassen.

Der Codex Königsegg ist ähnlich zu werten, Leutold v. Königsegg hat Talhoffer zur Vorbereitung auf einen gerichtlichen Zweikampf engagiert, und der Cod. stellt nach Meinung der Leute, die sich damit intensiver befasst haben, eine Mischung zwischen Trainingsaufnahmen und einer Schilderung des eigentlichen Kampfes dar.

Die 1443er und 1459er Codices sind eine Mischung von Talhoffers persönlichem vademecum und Werbematerial.

All diesen Quellen ist gemein, das man hieraus nur sehr eingeschränkt Dinge lernen kann, jedenfalls nicht ohne ein gewisses Vorwissen.

Die textbasierten Bücher, wie Ringeck, v.Danzig etc. geben da deutlich mehr her. Auch diese richten sich an Leute, die schon 'anders zu fechten verstehen', sind aber deutlich ausführlicher und für jeden, der kein totaler Bewegungslegastheniker ist, relativ problemlos nachvollziehbar.

Spätere Quellen wie Meyer oder die Vielfalt der ital. Quellen aus der Renaissance enthalten jede Menge Basics.




Da ich selbst aus der Archäologie komme, interessiert mich, gibt es Originalfunde von Waffen aus der damaligen Zeit aus denen man noch die Schärfe rekonstruiren kann?
Denn die Schriftquellen können einem viel erzählen. Scharfe bzw. stumpfe Schwerter lügen nicht.

Ehm, Du bist Archäologe? Warst Du schon mal in einem Museum bzw. einer Waffensammlung? Natürlich gibt es noch mehr als genug Waffen, deren Schärfe rekonstruierbar ist.



Desweiteren wären Skelletuntersuchungen von mit Waffen getöteten interessant um nachzuweisen wie Scharf die Waffen waren mit denen sie getötet wurden.

Schau Dich mal nach 'Blood Red Roses' um; das Buch beschäftigt sich mit Untersuchungen der Skelette aus der Schlacht von Towton 1461.
Bedenke, das sich tödliche Verletzungen, die keinen Knochen treffen, keine Spuren am Skelett hinterlassen.



Dann könnte man immerhin schonmal Schlüsse auf die Wahrscheinlichkeit des Klingengreifens ziehen.


Entschuldige bitte, abe warum zum Teufel hängst Du Dich so an dem verdammten Klingengreifen auf? Das funktioniert. Mit scharfen Waffen und auch schnell. Been there, done that.
Mit der richtigen Technik ist es überhaupt kein Problem, ein Schwert an der Klinge zu greifen. Außerdem sind die Techniken, bei denen in die Klinge gegriffen wird, absolut in der Minderzahl im Vergleich zu konventionellen Aktionen.



Allgemein frage ich mich ob und was für Quellen die historischen Fechter ausser den Fechtbüchern verwenden?

Einiges. Angefangen von Aristoteles, Texte zu verschiedenen Gerichtsordnungen, Polizei- und Gerichtsakten, Chroniken diverser Kriege, Belagerungen und Duelle, ergänzendes Material zu Dingen wie mittelalterliche Weltvorstellung, Zahlenmystik, zur religiös-spirituellen Weltsicht der Zeit, Elemente-/ Säftelehre, zum Art und Weise zeitgenössischer Informationsvermittlung...etc.



Die historischen Kampfkünste sind ja größtenteils Hobbymäßig ausgeführte Tätigkeiten in die viel Herzlblut und Liebe gesteckt wird, aber wieviel Profis stecken da mit drin?
Habt ihr Historiker, Epigraphen, Germanisten, Archäologen und Archäometallurgen etc. die Sachverhalte erläutern und aufklären können welche dem begeisterten Amateur schlicht und einfach nicht möglich sind?

Grundsätzlich: um Fechten zu lernen brauche ich einen Fechtlehrer und keinen Historiker.

Die Kollegen, die sich intensiv mit Transkriptionen befassen, stehen so gut wie alle in permanentem Kontakt mit Mediävisten und Germanisten, fast alle der schon etwas länger existierenden Gruppen haben kontakte zu diversen Museen bzw. Waffensammlungen und den dortigen Kuratoren und Mitabeitern.

Außerdem sind einige hist. Fechter vom Fach.



Mich würde darüberhinaus noch interessieren wie wird mit dem Fechtbuch gearbeitet, wie wurden die Quellen überhaupt gesichtet, analysiert und interpretiert?


Transkription, Analyse/Interpretation, Umsetzung/Erprobung, Verfeinerung der Interpretation anhand der in der Umsetzung und durch Erfahrungsaustausch gewonnenen Erkenntnisse.

T. Stoeppler
03-03-2011, 09:35
In Bonn gibts rein zufällig auch historisches Fechten, beim Jörg und bei mir und da wär es doch ideal, das einfach in Person zu besprechen und kennenzulernen.

Gruss, Thomas

Jörg B.
03-03-2011, 09:38
Die Schärfe einer Schneide die benötigt wird um z.B. einen Arm durchzuschneiden- oder hacken wird meistens völlig überschätzt. Nix mit rasiermesserscharf - Das klingt zwar gut ist aber überhaupt nicht notwendig.

EBEN! Was ist scharf? Ein Rasiermesser/Skalpell? Ein Küchenmesser? Eine Axt? Ein Stechbeitel?

Jedes ist auf seine Art und für seinen Einsatzzweck scharf. Das ist bei Schwertern auch nicht anders.

Irgendwie scheinen viele Leute tatsächlich zu glauben, das bei einem Griff in eine Schwertklinge sofort die Finger purzeln.

Jörg B.
03-03-2011, 09:38
In Bonn gibts rein zufällig auch historisches Fechten, beim Jörg und bei mir und da wär es doch ideal, das einfach in Person zu besprechen und kennenzulernen.

Gruss, Thomas

Ich wollt es grad schreiben, Thomas ;)

T. Stoeppler
03-03-2011, 09:43
Ich dachts mir schon ;)

gast
03-03-2011, 09:44
Irgendwie scheinen viele Leute tatsächlich zu glauben, das bei einem Griff in eine Schwertklinge sofort die Finger purzeln.

Dafür darf man sich bei den Japanern und bei Galileo und Co bedanken.

jpk@kkb
03-03-2011, 10:12
Wo man Holmganghamburg recht geben muss ist das man historische Quellen stets kritisch betrachten muss.
Nun, dazu hat es diese Jungs nich gebraucht. :rolleyes: Quellenkritische Betrachtung gehört zum Prozess des "steinchen-umdrehens" wie itto es bezeichnet.

Es gibt 3 Phasen im Umgang mit einer historischen Waffe:
1. Sicherung der Quellen mündlich oder schriftlich (Finden, Übertragen, Prüfen)
2. Auslegung (Interpretieren, Nachahmen, Überprüfen, Verstehen)
3. Anwendung (Lernen, Üben, Spielen, Kämpfen)

In jeder dieser Phasen springen die "Arbeiter" an dieser Fechtkunst vom Zug ab. Andere springen erst spät auf den Zug auf. Ganz eifrige Steinumdreher durchlaufen den Zug immer wieder, damit es wirklich perfekt wird.

Springt jemand früh ab oder auf, ergibt sich eine Unvollständigkeit, die toleriert oder vorgeworfen werden kann.

D.h arbeitet man überhaupt nicht mit den Quellen oder einem Lehrmeister derselben, so wird man nur über ein Teil des möglichen Wissens verfügen. Verwendet man keine Anwendung, so wird es nie eine KK werden.

Insgesamt gibt es nur sehr sehr wenige Leute, die komplett diese drei Phasen durchlaufen und noch weniger Leute, die das mehrfach getan haben. Das ist auch nicht verwerflich, die Zeit ist begrenzt und jeder hat seine Vorlieben.

Ich persönlich habe da keine Berührungsängste und bin einem physikalischen Austausch auch gar nicht abgeneigt. Macht doch Spaß. Würde auch gerne mal ein paar von den Jungs trainieren, sozusagen als Sondertrainer für das nächste Turnier ein paar Fancy-Tricks vermitteln. Ich find das gut, wenn man bereit ist, sich auch mal weh zu tun. Und bis auf wenige Ausnahmen, die im Krankenhaus endeten, konnte ich auch immer am nächsten Tag ins Büro.

itto_ryu
03-03-2011, 11:07
Ich versuche mal Amun-Ras Eingangsfragen mittels dem Weg zu beantworten, den ich durchlaufe:

Am Anfang stand die Verliebtheit in eine bestimmte Waffe (in meinem Fall das Highland bzw. Scottish Broad-/Backsword). Deren spezielle Form, ihre Attribute lassen schon Rückschlüsse auf deren Handhabung zu. D.h. gebe es nicht eine einzige Quelle dazu, würde ich diese Waffe dennoch benutzen und dasmit üben. Nun ist es aber so, dass ich diverse Quellen zur Verfügung habe, schriftliche, als auch bildliche. Diese kann ich einzeln betrachten und auseinanderklabütern (die Steinchen drehen) und vergleichend zueinander auch für einen Gesamteindruck zusammenfügen, sofern möglich.

Ergo schnappe ich mir alle verfügbaren Bausteinchen, d.h. dazu gehören z.B. nciht nur Fechtbücher zum direkten Gebrauch, sondern auch alle Nebeninformationen, d.h. die Machart der Waffe, ihre Terminologie, ihr kultureller Zusammenhang, militärhistorische Informationen usw. Denn der Zeitraum, in dem "meine Waffe" im Gebrauch war, ist relativ lang und die Umstände in denen sie zum Einsatz kam, war recht unterschiedlich. So ist es als Beispiel interessant mehr über den Franzosen-und-Indianer-Krieg herauszufinden und Hinweise zu hinterfragen, nach denen Highland Regiments zwar mit dem Broadsword standardmäßig bewaffnet waren, aber wohl gerne Bajonett, Dirk oder bei den leichten Kontingenten den Tomahawk als Nahkampfwaffe einführten. Da stellt man sich sogleich Fragen: Warum, weil sie zu doff waren zum Fechten? Weil die Ausbildung an der Waffe shclecht war? Weil sich das Broadsword in den Nahkämpfen vor Ort als unpraktisch erwies? etc. etc. etc. All diese Fragen muss man sich stellen und von gälischen Legenden über historische Fechtbücher bis hin zu militärhistorischen Informationen sind alles Aspekte die im Zusammenhang mit der Waffe und den Menschen, die sie benutzten, stehen. Will man möglichst viel von der historischen Wahrheit erfahren, so ist dies alles wichtig. Das ist der historisch-wissenschaftliche Teil, so nenne ich es mal.

Der praktische Teil baut darauf auf, erste Anlaufstelle sind die vorhandenen Fechtbücher, die im Zusammenhang mit dem Broadsword leider sehr gepresst auf eine bestimmte Epoche sind und die Highland- oder Schottland-Wurzeln derer sind teilweise nur seicht vorhanden. Ist jedoch egal, denn nachweislich ist das Highland Broadsword nach diesen Systemen zumindest innerhalb der Hochland-Regimenter benutzt worden und das in Konflikten weltweit gegen verschiedenste Gegner und verschiedene Waffen. Natürlich darf man sich nichts vormachen, das Duell Broadsword versus Talwar hat den Kampf um Indien nicht entschieden, aber den Aspekt in diesem Krieg gab es, ergo ist der Einsatz dort interessant.

Ganz individuell gesprochen interessiert mich schlussendlich nicht nur die Historie, sondern auch die Praxis, ganz persönlich will ICH für MICH lernen diese Waffe möglichst effektiv zu gebrauchen. Die Basis sind die historischen Fakten, aber ich nehme mir die Freiheit ganz individuell mein Repertoire an Techniken soweit möglich durch Fremdes zu erweitern. Zum einen sehe ich das als kämpferische Horizonterweiterung, zum anderen auch im historische Zusammenhang als interessant, denn das Highland Broadsword konnte in seiner Einsatzzeit und -gebieten auf verschiedene Waffen treffen. In erster Linie interessieren mich natürlich Tehcniken aus anderen europ. Systemen, erstmal Säbel, Cutlass, Smallsword, Rapier usw., aber auch ältere Sachen sind interessant, als Gegner, als auch als Techniktopf. Ebenso auch außereuropäische Systeme. Wenn es mir gelingt in einem Freigefecht mit dem Broadsword eine saubere FMA-Redonda zu benutzen, werde ich mich deshalb nicht verfluchen, ich werde mich aber auch hüten dies in meinem System als eigene Technik zu verkaufen. Das Ganze sehe ich als individual-technische Entwicklung an, aber die Basis - und so und nciht anders will und werde ich das auch Mittrainierenden vermitteln - sind die historischen Quellen. Ich werde aber keinen, der im Freigefecht sein Broadsword mit einer China-Technik benutzt an den Pranger stellen, solange er sich dem Umstand dieser indviduell gebrauchten Technik klar ist. Das messen mit anderen Kampfstilen und Waffen sehe ich als Horizonterweiterung, Technikinspiration und auch historische Kontexterfahrung an, wenn ich mit dem Broadsword gegen eine xyz-Waffe antreten muss, wie dies durchaus einem Fechter der Highland Regiments passieren konnte in einem Kolonialkrieg.

Individuell sehe ich also auch die historischen Quellen kritisch, es kommt immer darauf an, wer wann was geschrieben hat und nicht jeder, der vor Jahrhunderten ein Fechtbuch verfasst hat, muss unbedingt super gewesen sein in seinem Metier. Ich kann davo ausgehen, aber ich muss kritisch bleiben in der Betrachtung. So würde ich persönlich zigmal lieber einen Shillelagh so gebrauchen, wie man es im FMA macht, als die Sachen anzuwenden, die Donald Walker in seinem Buch von 1840 zeigt. D.h. aber keineswegs, dass man sein Buch komplett oder sämtliche Anwendungen des hist. Spazierstocks wegwerfen kann, ganz im Gegenteil, die meisten zeigen 1a-Sahneschnitten-Kram, der im Freikampf bestens funktioniert, auch gegen erfahrene Stockleute aus anderen Stilen. Aber Holzauge sei wachsam, Kritik muss immer sein.

In Sachen Broadsword bin ich da also egoistisch, letztendlich interessiert mich nur, was mich interessiert und was letztendlich für mich als Kämpferindividuum funktioniert. Und ohne dass jetzt die Leute die Steine jetzt anstatt umzudrehen nach mir werfen, gebe ich zu, wenn ich mal eine Technik bei den Vollkontakt- oder SCA-Schwertkämpfern sehe, die für mich umsetzbar ist, werde ich sie auch benutzen. :D

Alte Kampfkunst
03-03-2011, 11:11
Ich studiere in Bonn Archäologie mit Schwerpunkt auf Vor und Frühgeschichte.

Prima! Das erleichtert mir die Antwort erheblich. Ich musste erst mal Nachfragen, da es auch hinter dem Begriff der Archäologie viele verschiedene Ansätze verbergen, die sich zum Teil doch extrem unterscheiden und sich voneinander distanzieren. Genau wie es bei dem Begriff der Historischen Fechtkunst der Fall ist.

Bei den Archäologen gibt es da die Akademiker, die Leute, die beim Garten-Umgraben was gefunden haben, mehr oder weniger professionelle Raubgräber und bestimmt auch Fälscher. Im Prinzip machen alle das gleiche. :ups: Oder etwa doch nicht? ;)

Wenn ich deine Fragen hier bzw. Suggestionen Anderer in anderen Threads mal auf die Archäologie übertrage sieht das ungefähr so aus:

Kennen Archäologen die Geschichte der Region, in der sie graben?
Kennen Archäologen die Kultur der Menschen, denen sie Fundstücke zuordnen?
Wie sieht's aus mit Materialkunde (z.B. Metallurgie)?
Kennen sie naturwissenschaftliche Datierungsverfahren?
Etc.
pp.
...

Wenn man das, was den Historischen Fechtern suggestiv und auch explizit in diesem Forum unterstellt wird, auf Archäologen überträgt, müssen die Antworten hier 'nö' lauten.

Und für Brachial-Archäologen wird das auch stimmen. Nur kann man halt nicht alle in einen Topf schmeissen, die sich selber den Namen 'Archäologe' geben.
Übrigens - Gedankensprung: könnte es sein, dass studierte Archäologen arrogant auf Hobby- oder gar Raubgräber wirken?

Eine Zeit lang war es übrigens sehr populär, Trial-and-Error-Schwertschwingen als experimentelle Archäologie zu bezeichnen. Da kann man auch mit einer TimberSports-Axt Bäume fällen und daraus auf bronzezeitliche Rodungsarbeiten schließen. Oder Omas Wetterhahn vom Dach hohlen, auf Opas Grill einschmelzen und in eine Form gießen, die man nach einer Zeichnung eines keltischen Schwertes in einem Rollenspielheftchen gefertigt hat. Endlich hat man die keltische Herstellungsweise von Bronzeschwertern verstanden! Und nun auf zu weiteren Experimenten mit unserem Idealtypus aller Bronzeschwerter!!! :ups:

Sorry, es ist mit mir durchgegangen.

Historische Fechter analysieren Quellen. Sie arbeiten kritisch mit diesen Quellen. Sie benutzt möglichst realistische Schwerter (bzw. stumpfe Simulatoren). Sie gehen in Sammlungen und Museen und nehmen historische Originalwaffen in die Hand (und 'erfahren' sie in dem Rahmen, den der Besitzer zulässt). Sie greifen in realistisch scharfe Waffen und probieren aus, ob man sich bei dem, was in den Quellen steht, schneidet und wie man es gegebenenfalls verhindern kann. Sie machen Schnitttests.

Bei dem ein oder anderen Aspekt kann man inzwischen auf die Erkenntnisse anderer zurückgreifen, die es gemacht haben. Nur ignorieren darf man sie - als historischer Fechter - nicht.

Und schließlich versuchen Sie auch noch, die gewonnen Erkenntnisse erfolgreich gegen Gegner zum Einsatz zu bringen, die sich wehren. Durch zielgerichtetes Training erhöhen sie ihre Erfolgsaussichten - genau wie andere Kampfkünstler.

Historische Fechter streben danach, effiziente Kampfsysteme zu rekonstruieren und zu beherrschen, die Einklang mit allen verfügbaren, kritisch betrachteten Quellen stehen.

Nur wenn diese beide Seiten berücksichtigt werden, kann man m.E. von historischer Fechtkunst reden.

Natürlich gibt es auch Leute, die Spaß an anderen Aspekten der Handhabung von "Schwertern" haben und ihre Prioritäten und Ziele entsprechend anders setzen. Manche wollen gut dabei aussehen, andere sich ordentlich balgen, oder die ultimativ tödliche Effizienz erreichen oder ...

Was auch immer die anderen Aktivitäten mit Blankwaffen auch sind und wie auch immer man sie nennen mag, das Adjektiv 'historisch' hat in der Bezeichnung jedenfalls nichts verloren.

Ebenso hat nicht jeder, der eine Schaufel oder einen Pinsel in die Hand nimmt, hat die gleiche Motivation wie ein Archäologe. Interessanterweise machen weder Bauarbeiter noch Maler, weder Landwirte noch Künstler den Archäologen deswegen Vorwürfe.

Und vor diesem Hintergrund gibt es aber sicher auch mehr als einen sogenannten Historischen Fechter, der seine Selbstwahrnehmung und -darstellung nochmal kritisch überdenken sollte. Dann ließen sich in Zukunft wohl allerhand Missverständnisse und daraus resultierende Reibereien und Diskussionen vermeiden. Doch wie bei den Archäologen fürchte ich auch bei den Historischen Fechtern, dass es nicht nur Unwissenheit ist, die zur falschen Bezeichnung führt.

Gruß

Stefan

Alte Kampfkunst
03-03-2011, 11:32
Ich habe mich längst nicht mit allen Fechtbüchern befasst und auch nicht eingehend genug damit. Aber mein subjektiver Eindruck war immer das die Fechtbücher eher Fancytechniken mit Entwaffnung und Klinge greifen etc. behinhalten.
Von den Basics hab ich da nicht so viel gesehen. Ist aber wiegesagt meine subjektive Meinung.

Hi!

ich denke, dass wird zumindest zum Teil daran liegen, dass die Fancy-sachen nicht nur stärker auffallen sondern auch besser im Gedächtnis bleiben. Außerdem erfordert die Darstellung von Spezialtechniken im Vergleich zu den Standard-Techniken überproportional viel Aufwand - in Relation zu der Häufigkeit, mit der sie zum Einsatz kommen.

Vielleicht kannst du dich aber ja auch noch an die Fechtbücher erinnern, die diesen Eindruck bei dir erweckt haben. Würde mich interessieren. Vielleicht gibt's da ja noch das ein oder andere coole Manöver zu lernen.

Gruß

Stefan

itto_ryu
03-03-2011, 11:38
Ich habe mich längst nicht mit allen Fechtbüchern befasst und auch nicht eingehend genug damit. Aber mein subjektiver Eindruck war immer das die Fechtbücher eher Fancytechniken mit Entwaffnung und Klinge greifen etc. behinhalten.
Von den Basics hab ich da nicht so viel gesehen. Ist aber wiegesagt meine subjektive Meinung.

Also die militärischen Fechtbücher zu Broadsword und Säbel sind sehr basic, die fancy-Techniken sind nur das Sahnehäubchen, da wird eher im Drill auf die Grundlagen geachtet. Ein Umstand, der beim Erlernen dieser Fechterei, als auch dem Unterrichten anderer äußerst hilfreich ist. So bauen diese Quellen erstmal auf mit Haltung der Waffe, Guards, Cuts, Fußarbeit, alles was ein Bier braucht. Dann geht es (meist) durch verschiedene komplexe oder auch weniger komplexe Drills und schlussendlich kommen fancy Sachen wie Entwaffnungen, Würfe etc. sofern Inhalt der Quelle.

jpk@kkb
03-03-2011, 12:01
Was ist denn eigentlich eine "Fancy-Technik"?

gast
03-03-2011, 12:58
Was ist denn eigentlich eine "Fancy-Technik"?

Meiner Meinung nach alles was in die Richtung "Trick" und "nicht alltägliche Technik" geht - Hebel, Einsetzen des Knaufs, Entwaffnungen...

Amun-Ra
03-03-2011, 14:26
Danke vorerst für die Antworten ich will später genauer drauf eingehen.

Jörg B.
03-03-2011, 15:27
Meiner Meinung nach alles was in die Richtung "Trick" und "nicht alltägliche Technik" geht - Hebel, Einsetzen des Knaufs, Entwaffnungen...

Das sind keine Fancy-Techniken, sondern grundlegende Nahkampfaktionen. Muss man natürlich üben, damit das auch unter Druck klappt ;)

itto_ryu
03-03-2011, 15:33
Fancy muss nicht unbedingt kompliziert oder gar akrobatisch sein, aber es sind schon die eher komplexeren Aktionen wie irgendwelche 5-Schritte-Entwaffnungshebel oder wie im Grappling 25-Schritte-Flying-Armbars aus der Half-Guard des Gegners ;), während mit den Basics eher die Grundlagen gemeint sind, Fußarbeit, Cuts, Guards, einfache Praden und Konter etc.

Schön jedoch ist in meinen Augen, dass viele der "fancy" Sachen im freikampf doch häufiger funktionieren, als diverse "fancy"-Sachen anderer Kampfkünste (soll kein Gepöbel sein, ist nur meiner Erfahrung nach gesprochen).

gast
03-03-2011, 17:09
Das sind keine Fancy-Techniken, sondern grundlegende Nahkampfaktionen. Muss man natürlich üben, damit das auch unter Druck klappt ;)

Ich hab garnicht gewusst, dass es eine allgemein gültige Definition für "fancy" in den Kampfkünsten gibt.

Grundlegende Aktionen sind für mich Grundschläge (die je nach System 4-8 Hiebe und Stiche und die paar Paraden). Für dich vielleicht ein größeres Reportoire... Ist mir auch recht.

EDIT: Siehe Itto.

Jörg B.
03-03-2011, 17:23
Jemandem, der mich aus der Bindung überrennen will, den Knauf ins Gesicht zu stoßen, ist für mich ganz und gar nicht fancy; dazu würde ich einige der etwas abgedrehteren Stücke aus dem Lecküchner zählen.

itto_ryu
03-03-2011, 17:31
Jemandem, der mich aus der Bindung überrennen will, den Knauf ins Gesicht zu stoßen, ist für mich ganz und gar nicht fancy; dazu würde ich einige der etwas abgedrehteren Stücke aus dem Lecküchner zählen.
Ich vermute, so war es auch nicht gemeint, ich denke "fancy" tituliert eher eine Aktion in der man seinen Gegner komplex aushebelt, seine Waffe entreisst und ihm dann den Knauf ins Gesicht rammt.

Oder vergleichend zwei Beispiele aus der Fremde zur Definition:

Basic: YouTube - Modern Arnis - Basic Stick Cut, Check, Counter Flow Drill (http://www.youtube.com/watch?v=FLmoZhvqj04&NR=1)
Fancy: YouTube - Modern Arnis - Stick vs Stick Defense (Demo -1) (http://www.youtube.com/watch?v=b91jNa8K4KA&feature=related)

Wobei die eigentliche Mutmaßung bgl. fancy und basic ja schon beantwortet wurde.

gast
03-03-2011, 17:55
Jörg ich glaube du willst wiedersprechen oder?

Nicht Fancy:
Die ersten paar Techniken hier:
YouTube - Longsword some techniques III (http://www.youtube.com/watch?v=jtisxi1dxdY&feature=related)

Fancy:
Der Move:
YouTube - The Ubiquitous Wallerstein longsword FINISHING MOVE! (http://www.youtube.com/watch?v=m4Z2hHWKYrA)

Jetzt besser?

Jörg B.
03-03-2011, 20:23
Der 'finishing move' ist ein non-letaler Ausgang bzw. eine Kontrolle nach einer hängenden Parade, wie Du sie in diesem Clip (http://www.youtube.com/watch?v=38sVdx7nzhQ)in besserer Ausführung siehst (0:47 - 0:57)

Kein 'Urschleim', aber auch beileibe nichts Kompliziertes, sondern etwas, das ich von einem Schüler nach einem Jahr regelmäßigen Training erwarte; daher (für mich) nicht fancy. ;)

Fancy ist das, was zwischen 1:27 und 1:37 gezeigt wird ;)

gast
03-03-2011, 20:48
Der 'finishing move' ist ein non-letaler Ausgang bzw. eine Kontrolle nach einer hängenden Parade, wie Du sie in diesem Clip (http://www.youtube.com/watch?v=38sVdx7nzhQ)in besserer Ausführung siehst (0:47 - 0:57)

Kein 'Urschleim', aber auch beileibe nichts Kompliziertes, sondern etwas, das ich von einem Schüler nach einem Jahr regelmäßigen Training erwarte; daher (für mich) nicht fancy. ;)


Hast du auch ein Vid wie jemand das gegen einen unkooperativen Gegner im Sparring anbringt?

jpk@kkb
03-03-2011, 21:34
Hast du auch ein Vid wie jemand das gegen einen unkooperativen Gegner im Sparring anbringt?
Ich sollte langsam mal anfangen, Sparrings aufzunehmen, um Beweismaterial zu sammeln. :D

Jörg B.
03-03-2011, 21:39
Hast du auch ein Vid wie jemand das gegen einen unkooperativen Gegner im Sparring anbringt?

Sorry, ich trainiere lieber mit meinen Schülern um sie besser zu machen, als voyeuristische Tendenzen Außenstehender zu befriedigen.

Hans M.
03-03-2011, 21:57
Sorry, ich trainiere lieber mit meinen Schülern um sie besser zu machen, als voyeuristische Tendenzen Außenstehender zu befriedigen.

das ist aber auch keine produktive meldung die dazu geeignet ist den thread weiterhin sachlich zu halten oder?

imo ist die technik keine große sache, mal ein anständiger zornhau würde mich viel mehr beeindrucken.

jpk@kkb
03-03-2011, 21:58
Jörg, sowas kann man auch gut für die eigenen Schüler verwenden. Ich habe so einen kräftigen Kerl, der oft sagt: "Nie im Leben funktioniert das". Mit ein zwei Sparrings kann man ihn dann vom Gegenteil überzeugen, aber es wäre nicht schlecht, das aufgezeichnet zu haben. Eher für den internen Gebrauch, da ich denke, dass Sparringvideos immer unzureichend sind, aber es hat Vorteile. Auch für die Video-Analyse der eigenen Fehler. Und dem Vergleich mit der Quelle. Ich muss mir mal eine Kamera mit Zeitlupenfunktion besorgen, die nicht so teuer ist.

gast
03-03-2011, 23:29
Sorry, ich trainiere lieber mit meinen Schülern um sie besser zu machen, als voyeuristische Tendenzen Außenstehender zu befriedigen.

Wenn man nicht mehr weiter weiss fängt man mit sowas an. Entschuldige bitte dass ich Interesse gezeigt habe ich verkneife es mir eh schon wieder.

Ich kann dir jederzeit zeigen dass die Techniken die ich kann funktionieren. Ich kann dir aber auch gerne einen coolen Kniestoß zeigen, bei dem ich mich zuerst auf dem Oberschenkel meines Gegners abstosse. Der funktioniert aber komischerweise nur wenn ich mit meinem Kumpel "kämpfe".

Naja...

T. Stoeppler
04-03-2011, 07:55
Ich kann dir jederzeit zeigen dass die Techniken die ich kann funktionieren. Ich kann dir aber auch gerne einen coolen Kniestoß zeigen, bei dem ich mich zuerst auf dem Oberschenkel meines Gegners abstosse. Der funktioniert aber komischerweise nur wenn ich mit meinem Kumpel "kämpfe".


Das ist auch nicht weiter verwunderlich - überall gibt es high und low percentages.

Die "Techniken", die ich im Langen Schwert im Freifechten benutze, sind natürlich überwiegend auf die Grundlegendsten reduziert, aber je nach Situation kann ich auch die Exoten bringen.

Im trad. Muay Thai gibts ja nun auch viele Dinge, die man auf Wettkämpfen nie sieht, die aber trotzdem dazu gehören. Das ist in allen KK so, IMHO ists ein bischen albern, gerade das den hist KK zu unterstellen.

Gruss, Thomas

itto_ryu
04-03-2011, 08:21
Ich nehme fast jedes Sparring und jede Trainingseinheit auf, nicht um mich an meiner eigenen Grandiosität zu berauschen oder der Welt mein Glied zu entblößen, sondern für mich selbst analysieren zu können, Fehler zu betrachten und auszufeilen etc. In der Nachbetrachtung sind manche Dinge, die sich im Kampf "kacke" anfühlten in Wahrheit gar nicht so mies gewesen und manche Sachen die im Kampf den "Boah geil"-Effekt hatten, schauen von außen betrachtet gar nicht mehr so schlimm aus. Ergo ist für mich die Videoanalyse nicht nur meiner selbst, sondern auch anderer Kämpfer ein adäquates Trainingsmittel und der Umstand, dass im Profi-Kampfsport genau dies gemacht wird, belegt für mich nur die sinnvolle Richtigkeit der Sache. Bei uns ist das Video aber auch Mittel zum Zweck, denn da wir auf die Unterstützung unseres Lehrers im Online-Programm angewiesen sind, brauchen wir sowohl seine Videoanleitungen, als auch seine Analysen unserer Videoclips. Ergo ist alles, was man auf meinem Kanal sieht weder repräsentativ noch "fancy" ;), sondern nur ein Querschnitt unserer Sparringsrunden und Übungseinheiten. Und ohne voyeuristisch-narzistisch zu sein, habe ich daher auch keine Schmerzen das jederzeit zu veröffentlichen:
YouTube - tuerkefechi's Channel (http://www.youtube.com/user/tuerkefechi#p/u/0/jx_G7LZbr-4)

Jörg B.
04-03-2011, 08:37
Wenn man nicht mehr weiter weiss fängt man mit sowas an. Entschuldige bitte dass ich Interesse gezeigt habe ich verkneife es mir eh schon wieder.

Das war überhaupt nicht gegen Dich gerichtet, ich muss mich schon überwinden, entweder für meine Schüler oder für Freunde drüben in den Staaten kurze Clips zu machen (die niemals den Weg auf eine öffentliche Videoplattform finden werden).

Bei mir ist jeder jederzeit herzlich willkommen, vorbeikommen, mitmachen, eigenes Bild machen. Das hat Aussagekraft, nur eigene Erfahrungen zählen.

Ein Videoclip 'beweist' gar nichts, ganz abgesehen davon, das ich niemand etwas beweisen muss, besonders niemand aus der Anonymität des Internets.

Und um zu beurteilen, ob das was ich mache gut oder Bullshit ist, müsste der/die Beurteilende selbst Ahnung von der Materie haben, sonst ist die Beurteilung wertlos.
'No one can judge a craft but a craftsman!'

Und mit den Leuten, die mich über ein 'gefällt mir/gefällt mir nicht' hinaus kritisieren können, stehe ich ohnehin in persönlichem Kontakt.

Deswegen wird es von mir keine Clips auf der tube geben, Punkt.

Amun-Ra
04-03-2011, 08:37
Ohne jeden einzelnen Beitrag zu kommentieren.
Mir gefällt eure Herangehensweise, da merkt man das Ahnung und Herzblut dahintersteckt und ein wahrscheinlich auch ein recht großes Netzwerk exisitert was den Austausch betrifft.:halbyeaha

Eine Frage hätte ich da noch. Wie ist man zum ersten mal auf diese Fechtbücher gestoßen? Sind sie seit je her bekannt und allgemeines Kulturgut an das sich bloß niemand herangewagt hat oder schlummerten die Bücher Jahrelang in Archiven und wurden erst neuerdings wiederentdeckt?

Und wenn zweiteres zutrifft, wie wurden sie wiederentdeckt? Bei gezielter Suche oder aus Zufall?

Jörg B.
04-03-2011, 08:38
Das ist auch nicht weiter verwunderlich - überall gibt es high und low percentages.

Die "Techniken", die ich im Langen Schwert im Freifechten benutze, sind natürlich überwiegend auf die Grundlegendsten reduziert, aber je nach Situation kann ich auch die Exoten bringen.

Im trad. Muay Thai gibts ja nun auch viele Dinge, die man auf Wettkämpfen nie sieht, die aber trotzdem dazu gehören. Das ist in allen KK so, IMHO ists ein bischen albern, gerade das den hist KK zu unterstellen.

Gruss, Thomas

Genau so ist es!

itto_ryu
04-03-2011, 08:44
Bei mir ist jeder jederzeit herzlich willkommen, vorbeikommen, mitmachen, eigenes Bild machen. Das hat Aussagekraft, nur eigene Erfahrungen zählen.

Ein Videoclip 'beweist' gar nichts, ganz abgesehen davon, das ich niemand etwas beweisen muss, besonders niemand aus der Anonymität des Internets.

Und um zu beurteilen, ob das was ich mache gut oder Bullshit ist, müsste der/die Beurteilende selbst Ahnung von der Materie haben, sonst ist die Beurteilung wertlos.
'No one can judge a craft but a craftsman!'
Völlig richtig, deswegen mag ich auch Ansagen wie "zeig doch mal ein Sparring von dir, ob du das besser machst" nicht wirklich, da dies in der Diskussion um einen Videoclip ein Totschlagargument ohne Sinn ist.



Und mit den Leuten, die mich über ein 'gefällt mir/gefällt mir nicht' hinaus kritisieren können
Das sehe ich manchmal ein wenig als Problem bei diversen Plattformen, auch dem KKB an, das Clips eingestellt werden und die einzigen Kommentare sind "toll" oder "Müll" und mehr kommt dann nicht. Warum man etwas anders machen würde etc., die Mühe sollte man sich in einer negativen Beurteilung schon geben. Ansonsten kann man auch einfach denken "wasfürnschrott" und seine Meinung für sich behalten.

jpk@kkb
04-03-2011, 09:13
Ich kann dir jederzeit zeigen dass die Techniken die ich kann funktionieren. Ich kann dir aber auch gerne einen coolen Kniestoß zeigen, bei dem ich mich zuerst auf dem Oberschenkel meines Gegners abstosse. Der funktioniert aber komischerweise nur wenn ich mit meinem Kumpel "kämpfe".
Lustig, bei mir ist es exakt umgekehrt. Wenn ich mit meinen Mitfechtern aus meiner direkten Gruppe fechte, klappen die Fancy-Sachen leider nur sehr sehr selten. Da ich Trottel ihnen meist auch den Bruch dazu beibringe. Denn eines sollte klar sein - je komplexer die Technik, desto leichter ist sie zu brechen. :D


Eine Frage hätte ich da noch. Wie ist man zum ersten mal auf diese Fechtbücher gestoßen? Sind sie seit je her bekannt und allgemeines Kulturgut an das sich bloß niemand herangewagt hat oder schlummerten die Bücher Jahrelang in Archiven und wurden erst neuerdings wiederentdeckt?

Und wenn zweiteres zutrifft, wie wurden sie wiederentdeckt? Bei gezielter Suche oder aus Zufall?
Dauernd, sie wurden andauernd in jedem Jahrhundert mehrfach "wiederentdeckt". Letzte Wiederentdeckung vor der jetztigen, die in den 1960er ihren Anfang nahm, war 1935-1944. Der 2. Weltkrieg sorgte vermutlich für die längste Pause in diesem Gebiet.

gast
04-03-2011, 09:31
Lustig, bei mir ist es exakt umgekehrt. Wenn ich mit meinen Mitfechtern aus meiner direkten Gruppe fechte, klappen die Fancy-Sachen leider nur sehr sehr selten. Da ich Trottel ihnen meist auch den Bruch dazu beibringe. Denn eines sollte klar sein - je komplexer die Technik, desto leichter ist sie zu brechen. :D


Deshalb das "kämpfe" - damit meinte ich dass ich eine Demo mache und der andere sich nicht wehrt bzw sogar unterstützt... ;)

@ Jörg: Ok, so verstehe ich das schon mehr. Mit der Argumentation kann ich mehr anfangen. Es ist ja nicht so, dass fancy Techniken keinen Platz in der KK haben - Ich sehe nur sehr oft in den verschiedensten KK die tollsten Moves, aber im Sparring wird dann sehr schnell aufs Wesentliche reduziert. Deshalb hatte ich das Interesse ob es wirklich genutzt wird. Eskrima ist da ein schönes Beispiel: 100 verschiedene tolle Disarms und Blocks und wenn ein Wettkampf ist prügeln sich alle in möglichst rascher Abfolge gegenseitig auf den Schädel... :D

@ Itto: Wenn ich wieder zu Hause bin schaue ich mir deine Vids an - Danke! :)

Alte Kampfkunst
04-03-2011, 10:10
Eine Frage hätte ich da noch. Wie ist man zum ersten mal auf diese Fechtbücher gestoßen? Sind sie seit je her bekannt und allgemeines Kulturgut an das sich bloß niemand herangewagt hat oder schlummerten die Bücher Jahrelang in Archiven und wurden erst neuerdings wiederentdeckt?

Und wenn zweiteres zutrifft, wie wurden sie wiederentdeckt? Bei gezielter Suche oder aus Zufall?

Also, ich habe sie [Edit: für mich (ich bin nicht derjeniger, der der Welt die Fechtbücher gebracht hat;)) ] wiederentdeckt. In den frühen 90ern habe ich den 'Was-Heute-Funktioniert-Hat-Auch-Damals-Funktioniert'-Ansatz verfolgt. Ich bin mir recht bald einiger Schwachpunkte in dieser Logik bewusst geworden. Denn, wenn's heute mal nicht funktioniert startet man anschließend erneut durch. Aber im realen Kampf mit echten Waffen? Auch ist die Funktion eines Waffensimulators gegen einen 'Gegner', der wie ich geeignete Schutzkleidung trägt, eine andere, als die einer echten Waffe gegen einen echten Gegner, der mit voller Tötungsabsicht Hiebe und stiche mit seinem Schwert (kein Simulator) gegen mich führt. Funktionieren ist nunmal nicht gleich Funktionieren.

Letztendlich wollte ich auch wissen, wie man damals tatsächlich gekämpft hat. Vielleicht gibt's ja irgendwo ein Buch, wo's drinsteht. Nachteil der frühen 90er war: kein Internet. Keine Bibliothekskataloge online, schon gar keine Digitalisate, Vorteil der frühen 90er: es gab bis auf zwei, drei Dissertationen keine moderne Sekundärliteratur. Eigentlich war alles, was es sonst noch gab, mindestens knappe 100 Jahre alt. Aber es gab den ein oder anderen Reprint. In meinem Fall Samuel Jacksons "Three elizabethan fencing manuals." von 1972. Literaturrecherche über erwähnte die Sekundärliteratur führte zu weiteren Quellen usw. Ab dem 16. Jahrhundert wurden auch Fechtbücher gedruckt, daher sind die Chancen gar nicht so schlecht, das die nächste UB was entsprechendes zu bieten hat. Ein Beispiel (http://131.220.74.13:8080/webOPACClientsingleHit.do?methodToCall=showHit&curPos=7&identifier=-1_FT_308161556).

Hatte man eine Quelle erstmal ausgemacht war der Rest recht einfach: Microfilm bestellen, Rechnung bezahlen, Mikrofilm abbelichten und schon hatte man eine schlechte s/w-Kopie mit der man arbeiten konnte.

Heute gibt es Faksimilé-Ausgaben und Digitalisate, die online stehen.
Wer möchte, kann also direkt mit der Erarbeitung der Inhalte beginnen. Wer den Aufwand scheut bzw. wem diese Herangehensweise nicht liegt, kann inzwischen zu Leuten gehen, die das schon gemacht haben und selber sich ein Bild von deren Verständnis der historischen Quellen und den daraus resultierenden Rekonstruktionen alter europäischer Kampfsysteme machen. Und wenn gefällt was man sieht, lässt man es sich beibringen und wenn nicht, dann eben nicht.

Die Tatsache, dass es Sekundärliteratur gibt, die sich darauf bezieht, zeigt ja, dass es auch Leute gab, die um die Existenz der alten Fechtbücher wussten.
Und irgendwann waren sie ja auch nicht alt sonder state-of-the-art. Dazu kommt, dass Fechten bis zum ersten und auch bis zum zweiten Weltkrieg eine andere gesellschaftliche Stellung hatte, als das heute der Fall ist. Bis dahin dürfte das Wissen um die Existenz der Fechtbücher deutlich weiter verbreitet gewesen sein, als im ausgehenden 20. Jh.

Gruß

Stefan

jpk@kkb
04-03-2011, 10:11
Deshalb das "kämpfe" - damit meinte ich dass ich eine Demo mache und der andere sich nicht wehrt bzw sogar unterstützt... ;)

Dann ist die Technik bzw. das dahinter liegende Prinzip und deren Umsetzung Müll. Was trotz regelmäßigen Übens nicht in einer Kampfsituation wie von alleine flutscht ist
a) völlig falsch verstanden
b) Bullshido
c) ein Kopffehler (Gier, Dickköpfigkeit)

gast
04-03-2011, 10:26
Ja genau. Nur trotzdem sieht man solches Zeug in fast allen KKs in irgendeiner Form, vor allem gern auf Demos. Weil es halt cool aussieht.

Deshalb übe ich so was auch nicht weil ich mich nicht als Tänzer sehe... :D

Klaus
04-03-2011, 12:51
Fancy: YouTube - Modern Arnis - Stick vs Stick Defense (Demo -1) (http://www.youtube.com/watch?v=b91jNa8K4KA&feature=related)


Da sehe ich weniger "fancy" als "geht nicht".

jpk@kkb
04-03-2011, 13:10
Da sehe ich weniger "fancy" als "geht nicht".
So wie das ausgeführt wurde, geht das nicht. Stimmt. Liegt aber IMHO eher an der schlampigen Ausführung.;)