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Vollständige Version anzeigen : Ringen Liechtenauer bzw. am Schwert



rudongshe
14-03-2011, 04:49
Guten Morgen,

ich will dieses Thema abspalten aus dem "innere Prinzipien", der ja eh längst zu '5 Wörter' mutierte ;)

Nach Thorstens und Richards Anmerkungen habe ich einmal begonnen, auf YT zu "forschen" - ich weiß natürlich wie repräsentativ das ist :o

Jedenfalls hatte ich den Eindruck, das einige waffenlose Ring-Sachen eher aus dem Schwertringen abgeleitet zu sein scheinen?

Sie arbeiten sich mehr über den Arm vor (oder bedenken die Armkontrolle) und greifen weniger direkt am nahen Körper.

Diese Sache finde ich auch sehr interessant :rolleyes:

T. Stoeppler
14-03-2011, 10:12
Es ist umgekehrt. Die Ringtechniken stellen den Anfang der Ausbildung, also es wird generell mit Waffenlos angefangen, zumindest bei Liechtenauer. Das Schwert kommt später und die "Ringen am Schwert" sind Möglichkeiten, wenns mal sehr eng wird. Später wurde mit dem Schwert wirklich angefangen, aber da hat sich der Fokus der Kampfkunst auch etwas verschoben.

Es gibt Armringen und Leibringen - also Kontrolle über die Arme und über den Körper.

Das kommt drauf an, wie sich der Gegner verhält. Mit dem Schwert ist das Ringen keine Zielsetzung, da sind es eher Kontertechniken gegen jemanden, der versucht, in die Ringdistanz zu kommen.

Gruss, Thomas

Yalcinator
14-03-2011, 11:39
Dazu wird es in Kürze ein schönes Seminar geben auf dem sich bestimmt viele Fragen beantworten lassen :)

Richard22
14-03-2011, 13:34
Ringen am Schwert ist klasse, aber mit vorsicht zu genießen.

Ich sah schon viele Hfechter, die beim Durchlaufen zum Ringen am Schwert munter die eine Hand vom Gehliz lösten, obschon es noch ein Band gab und der Gegner mit beiden Händen das Gehilz griff.

Das ist dann zwei Arme gegen einen Arm, und das Ende des Durchlaufens.

Thomas hat es schon klasse getippt, Ringen am Schwert ist nicht das Ziel des Fechtens mit dem langen Schwerte oder B&S, aber mithin möglich. Also sollte man wissen, was man tut.

Wer keine Erfahrung im Historischen Ringen hat wird sich, erfahrungsgemäß, mit den Ringen am Schwert eher schwer tun.

Ich denke, Ringen am Schwert ist ein fließender Übergang in das Harnischfechten, in dem fast alle Stücke auf Ringen am Schwert hinauslaufen.

Fechtergruß

Jörg B.
15-03-2011, 08:19
Ganz kurz, da wenig Zeit:

Ringen am Schwert/ Durchlaufen wird in den Quellen fast ausschliesslich als 'Anti-Grappling' beschrieben, also als Konter gegen einen Gegner, der einlaufen will.

Um mal Stefan Dieke zu zitieren "Fechten ist ein Ring-Vermeidungs-System". ;)

rudongshe
15-03-2011, 19:42
Hallo, danke für die Antworten.

Vielleicht habe ich mich schlecht ausgedrückt und falsch gedacht zugleich ;)
Und natürlich spielt da allgemeines Halbwissen eine Rolle - aber ich bin ja auch hier um dazuzulernen.

Ich dachte, das "Ringen am Arm" wäre das Liechtenauer Ringern, weil Richard ungefähr meinte, Liechtenauer wäre kein griechisch römisches Ringen. Und das hatte ich spontan wiederum mit dem "Leibringen" gleichgesetzt.

:)

Richard22
15-03-2011, 20:29
Ringen wird heute leider eher falsch verstanden.

Ringen wird heute noch in der Politik gerne in seiner alten Bedeutung benutzt: Als Wort für den Kampf.

Ringen ist Nahkampf im Stand, aus der Trittentferung bis auf Körperschluß. Es mag zu Würfen kommen. Ziel ist aber das physische Zerstören des Gegners. Nicht ein Sieg nach Punkten und schon gar nicht der Bodenkampf.

Reiner Faustkampf ist im Ringen eher selten, weil kaum wirksam. Deswegen tragen die Faustkämpfer in antiken Zeiten harte Bandagen oder den Cestus, um das Ringen durch die gesteigerte Schlagstärke zu unterbinden.

Heute dominiert im Ringen der Bodenkampf, was in antiken Zeite wohl nicht so war, im MA auch nicht Das ganze Bodenkämpfen im heutigen Ringen ist, denke ich, nur durch Gewichtsklassen möglich, die es früher selbstverständlich auch nicht gab.

Ringen am Schwert sind Stücke des Ringen mit dem Schwert in zumeist einer Hand. Also ein Notbehelf, wie Jörg es ja schon formuliert hat. Das Hauptziel im Fechten ist die gesteigerte Schadenwirkung durch die Waffe einzusetzen.

Wer eine Klinge mit gut 100cm Stahl in der Hand hat tut gut darin diese zu benutzen, und nicht mit dem Gegner auf kürzeste Entfernung zu kämpfen.

Auf der anderen Seite ist das Kämpfen im Harnisch fast immer Ringkampf, weil die Klingenwaffen gegen den Harnisch nicht so viel ausrichten können wie gegen den ungeschützen Körper.

Es gibt eine ganze Kategorie von Ringen, Armringen, Leibringen, Hüftringen usw. Diese bieziehen sich zumeist auf den Kontakt im Ringen.

Fechtergruß

rudongshe
15-03-2011, 22:54
Reiner Faustkampf ist im Ringen eher selten, weil kaum wirksam. Deswegen tragen die Faustkämpfer in antiken Zeiten harte Bandagen oder den Cestus, um das Ringen durch die gesteigerte Schlagstärke zu unterbinden.


Du meinst, damit mehr geboxt und weniger gehebelt und geworfen wurde?

Aber danke bis dorthin :)

T. Stoeppler
16-03-2011, 10:05
Ergänzend zu Richard:

Man gewöhnt sich die Boxtechnik im Gefecht recht schnell ab, weil fast jeder bewaffnet ist und irgendeine Art von Rüstung trägt.

Einen Arm zu brechen oder jemanden auf den Kopf zu werfen, das geht fix, macht sofort kampfunfähig bzw erleichtert den Kollegen die Arbeit.

Also enthält historisches Ringen relativ wenige Schlagtechniken. Ein paar gibts schon, die dienen aber eigentlich auch nur dazu, ins Ringen überzuleiten.

Gruss, Thomas

Richard22
16-03-2011, 11:08
Hallo Ru,

mit dem Cestus können Fauststöße und -Schläge locker tödlich sein. Stelle Dir vor, Du trägst an beiden Fäusten einen anatomisch geformten Becher aus Bronze, 300-600 Gramm schwer. Damit haust du jemanden auf den Schädel, die Schläfen oder den Nacken. Knochen werden brechen, Blut wird fließen. Deswegen ist der konstruktiv viel leichtere Schlagring in Deutschland verboten, weil er sehr wirksam ist.

Die antiken Römer schätzen von den griechischen Körperkünsten nur den Faustkampf. Den Rest empfanden sie als schwächlich und vor allem unkämpferisch.

Wenn Du ringen willst, dann muß du also am Cestus vorbei, was Dein Leben leicht beenden kann. Also mußt, mußt Du faustkämpfen.

Pankratiasten trugen keinen Cestus. Diese sollte unbewaffnet im Nahkampf ringen.

Im Kontrast: Heute tragen die Berufsfaustkämpfer dicke Poster an den Fäusten, um ihnen die Angst von Angreifen zu nehmen, also überhaupt erst einen Faustkampf möglich zu machen. Auch üben diese Berufsfaustkämpfer mehr Ausdauer als Technik im Sinne einer KK.

In den ersten Jahrzehnten des 20. Jhds waren die Polster der Berufsfaustkämpfer dünner, was das Faustkämpfen technischer und anspruchsvoller machte.

Und was machen die Berufsfaustkämpfer, wenn sie nach einigen Sekunden des Faustkampfes die Kontrolle verlieren? Sie klammer, also ringen.

Daran kann man leicht sehen, daß reiner Faustkampf ein antikes Unterhaltungsideal ist, mehr nicht.

Wie Thomas tippt, im Ringen geht es um das physische Zerstören des Gegners. Die "verbotenen Ringen" (Stücke, die nicht "das Haus" verlassen sollten) werden selbst in den Fechtbüchern eher zurückhaltend gezeigt und beinhalten fast immer Schläge auf den Hals, oft mit der Elle. Aber, erst einmal muß man dahin gelangen.

Ringen hat sehr viele Ähnlichkeiten mit dem Taiji, daß ja ein Nahkampfsystem für waffenlosen Kampf im Stand ist. Genauso ist das Ringen, waffenlos, aufgebaut.

Die "Peitsche" z. B. ist eine grausame Nahkampftechnik, die ähnlich dem Vierten Ringen von Lignitzer ist. Sie soll dem Gegner das Ableben ermöglichen.

Wer übt das im Taiji?

Fechtergruß

Jörg B.
16-03-2011, 12:20
Wieder nur auf die Schnelle:

Die sogen. 'Mortstücke' waren vorbereitende Techniken, die eine danach folgende ringerische Aktion einfacher bzw. erst möglich machen sollten.
Darin waren u.a. auch Schläge und Tritte enthalten.

Hier eine kurze Auflistung, ohne Anspruch auf Vollständigkeit:


Stampftritt vors (belastete) Knie
Kniestoß in den Unterleib
Frontkick mit dem Spann in den Unterleib
Faustschlag/-stoß zum Hals, auch mit beiden Händen
Fausschlag zur Schläfe
Fauststoß zum Herz
Fauststoß zum Bauchnabel (mit gleichzeitigem Greifen des Gürtels und nachfolgendem Hüftwurf)
Kinn und Hinterkopf packen und herumreissen
Daumen in beide Augen, restliche Finger hinter den Unterkiefer und Kopf nach hinten biegen oder herumreissen
Finger der gegnerischen Hand packen und auseinanderreissen
Handballenstoß unters Kinn, einfach oder doppelt (zum Sprengen einer Umklammerung)


Danach folgt wie gesagt i.d.R. eine Ringtechnik

itto_ryu
16-03-2011, 14:21
Hallo Ru,

mit dem Cestus können Fauststöße und -Schläge locker tödlich sein. Stelle Dir vor, Du trägst an beiden Fäusten einen anatomisch geformten Becher aus Bronze, 300-600 Gramm schwer. Damit haust du jemanden auf den Schädel, die Schläfen oder den Nacken. Knochen werden brechen, Blut wird fließen. Deswegen ist der konstruktiv viel leichtere Schlagring in Deutschland verboten, weil er sehr wirksam ist.

Die antiken Römer schätzen von den griechischen Körperkünsten nur den Faustkampf. Den Rest empfanden sie als schwächlich und vor allem unkämpferisch.

Wenn Du ringen willst, dann muß du also am Cestus vorbei, was Dein Leben leicht beenden kann. Also mußt, mußt Du faustkämpfen.

Pankratiasten trugen keinen Cestus. Diese sollte unbewaffnet im Nahkampf ringen.

Im Kontrast: Heute tragen die Berufsfaustkämpfer dicke Poster an den Fäusten, um ihnen die Angst von Angreifen zu nehmen, also überhaupt erst einen Faustkampf möglich zu machen. Auch üben diese Berufsfaustkämpfer mehr Ausdauer als Technik im Sinne einer KK.

In den ersten Jahrzehnten des 20. Jhds waren die Polster der Berufsfaustkämpfer dünner, was das Faustkämpfen technischer und anspruchsvoller machte.

Und was machen die Berufsfaustkämpfer, wenn sie nach einigen Sekunden des Faustkampfes die Kontrolle verlieren? Sie klammer, also ringen.

Daran kann man leicht sehen, daß reiner Faustkampf ein antikes Unterhaltungsideal ist, mehr nicht.

Jedoch nicht zu vergessen die alten Pugilisten/Prizefighter des 18./19. Jhds.: Bloße Fäuste, Ellenbogen, Knie, Kopfstöße, Würfe, Haare greifen, alles drin. Geht man noch etwas früher, war nahezu alles erlaubt, wie Tiefschläge und auch der Bodenkampf. Aber auch da ging es um das Zerstören des Gegners, jedoch zur sportlichen Unterhaltung, Zielsetzung also eine andere, als im mittelalterlichen Ringen zur SV oder in der Schlacht (wenn möglich/notwendig). Wobei ich überzeugt daovn bin, dass so ein Prizefighter auch in der Freizeit evt. Angreifer mit Faust, Fuß und Wurf übel zurückten konnte.

Richard22
16-03-2011, 15:46
Man kann meines Erachtens Ringen nicht getrennt von allem Schadenswirkungen des Nahkampfs sehen.

Ich bringe meinen Ringer bei ständig zu wechseln, wenn der Gegner versucht sich auf eine Art der Bedrohung einzustellen.

Z. B. Ringen im Stand, Arm- und Leibringen, Knieriegel - der Gegner führt Meidbewegung aus, Antwort Ellbogen, Handflächen und Fäuste, nach Reichweite Tritte.

Versuchte der Gegner dies zu meiden, dann wieder Arm und Leibringen oder einfach Zulaufen mit Stößen oder lange Tritte, je nach Reichweite.

Ich will im Unterricht ständigen Wechsel der Bedrohung in Anpassung an den Gegner, Ellen, Füste, Ellbogen, Schulter, Knie und Tritte. Das Konzept hierfür ist wichtig. Historische Ringstücke beginnen oft nach dem Zulaufen, also der eigentlichen Frage des Eingangs.

Arbeiten durch alle Distanzen ist wichtig, ohne Festlegung auf eine.

Wie soll man sonst lernen sich mit körperlichen Angriffen auseinander zu setzen?

Fechtergruß

PS: Die Frage, Itto, ist diese: Der Cestus kann Ringen verhindern. Kann dies ein Preisfaustkämpfer auch? Das ist eine systemische Frage, auf historischer Basis. Reine Fäuste pflegen üblicherweise niemanden am Ringen zu hindern. Tritte in/ am Knie können dies aber. Nur übt das fast keiner. Lieber wird sich auf den Boden geworfen, anstatt einfach das Zertreten von Knien zu üben.

itto_ryu
16-03-2011, 17:58
PS: Die Frage, Itto, ist diese: Der Cestus kann Ringen verhindern. Kann dies ein Preisfaustkämpfer auch? Das ist eine systemische Frage, auf historischer Basis. Reine Fäuste pflegen üblicherweise niemanden am Ringen zu hindern. Tritte in/ am Knie können dies aber. Nur übt das fast keiner. Lieber wird sich auf den Boden geworfen, anstatt einfach das Zertreten von Knien zu üben.

Klar, die Schadenswirkung von Schlagverstärkern wie die Cestus können nur entsprechende Schlagverstärker erzielen, was im Pugilism der Prizefighter eben nicht benutzt wurde allem Anschein nach. Der Hauptunterschied ist eben die Zielsetzung Sport und die Zielsetzung Straßenkampf/SV. Die Pugilisten unter den Broughton-Regeln hatten noch viele Techniken, die in der SV nützlich sind, doch ihre Kampfweise an sich war vermutlich eher "sportlich" ausgerichtet, wenn auch brutal (die Verhältnismäßigkeit an Brutalität im Sport ist auch immer Sichtweise der Gesellschaft). Sport bringt Einschränkungen und so war durch Einführung der Broughton-Regeln wichtige Aspekte einer Realsituation (z.B. einen am Boden liegenden gegner anzugreifen oder Tiefschläge) schon entschärft und Pugilism somit (harter) Sport. Doch Pugilism davor war keineswegs von diesen Einschränkungen durchwoben, ich denke technisch waren die Kämpfe gerade in der Ära von James Figg und davor nicht so weit weg vom Ringen, aber es ist ja relativ verbürgt, dass die Pugilisten wohl einen größeren Wert auf Faustarbeit legten, gutes Boxen war ihre Hauptwaffe wie heute im modernen MMA. Mag dem Umstand des Sports geschuldet sein, auf einem Kampfplatz mit einem Gegner kann man Distanzspiele machen und die Fäuste in zermürbenden Attacken fliegen lassen. Zwar gibt es Beispiele von guter SV auch in moderner Zeit durch gute Faustarbeit, aber prinzipiell gebe ich dir Recht.

Aber: Ein Pugilist des 18. Jhds. hat durchaus die Möglichkeiten besessen neben seine Faustschlägen durch Tritte gegen das Knie u.ä den Kampf zu beeinflussen, Kopfstöße, Ellenbogen, aber auch das Ringen, alles im Repertoire des Pugilisten drin. Von daher korrekt: Reine Fäuste sind kein garant jemandem am Ringen zu hindern, die Pugilisten hatten aber zum Glück noch mehr Techniken auf Lager, auch wenn die Fäuste wohl ihre Lieblinge waren. Nur zur Erinnerung die Broughton_Regeln, man muss bedenken, dass alles was in diese wenigen Punkten nicht geregelt war, ergo auch erlaubt war und genutzt wurde:
- Der Kampf dauerte, bis einer der Gegner zu Boden ging (Kampfpause). Wenn sich dieser nicht innerhalb von 30 Sekunden wieder seinem Gegner stellte, galt er als besiegt.
- Ein am Boden liegender oder besiegter Kämpfer durfte nicht mehr geschlagen oder sonstwie angefasst werden.
- Nur Boxer und Sekundanten befanden sich im Ring.
- Ringen nur oberhalb der Gürtellinie
- Schläge unter die Gürtellinie wurden verboten.
- Regelungen zur Aufteilung der Kampfbörse

Und da wird einem auch klar, was alles vor den Broughton-Regeln in Kämpfen genutzt wurde.

rudongshe
17-03-2011, 11:08
Die "Peitsche" z. B. ist eine grausame Nahkampftechnik, die ähnlich dem Vierten Ringen von Lignitzer ist. Sie soll dem Gegner das Ableben ermöglichen.

Wer übt das im Taiji?

Fechtergruß

Hallo Richard,

interessante Ausführungen, danke dafür.

Naja, tödlich übe ich die Peitsche natürlich nicht.
Aber im Sparring setze ich sie unter bestimmten Ausführungen ein.

Der Ochshuf unters Kinn, hacken oder greifen in den Halsbereich.
Im Ipstil haben wir eine Tuishouroutine, um Arme auseinanderzufischen.
Das klappt auch oft gut im Sparring.

T. Stoeppler
17-03-2011, 11:16
Ich glaube, Richard meint eher das "Den Gegner auf den Kopf werfen, so dass der hin ist"

Gruss, Thomas

Richard22
17-03-2011, 12:43
Hallo Ru,

dies ist wahrscheinlich mein üblicher Fehler zu viele Themen anzuschneiden. Jörg sollte mich zur Ordnung rufen, auf meiner Webseite macht das Jens gnadenlos.

Die Peitsche ist im Innen- wie Außenkreis anzuwenden. Wie die meisten Bewegungen im Taiji gibt es über 10 Anwendunen für jede Bewegung, je nachdem welche der 13 Kräfte man in den Vordergrund stellen möchte.

Im Yang Stil wird zumeist nur die Innenkreisausgabe besprochen, mit dem Genickhebel. Die Außenkreisanwendung eröffnet sich nur aus den Schieben Händen und ist schwieriger, aber erstaunlich wirksam.

Bedenke: Die Peitsche, einarmig, ist eine komplexe Bewegung, nicht nur ein Griff oder und Oberbrückenschlag mit Genickhebel. Es sind zwei gegenläufige Bewegungen (Lie), welche die Gegners Kraft trennen, zerstreuen und dann gegen ihn richten.

Das Ende der Peitsche ist dem Vierten Ringen von Lignitzer sehr ähnlich, wie ich schon tippte. Lignitzers Vorgehen beruht auf einem anderen Eingang ins Ringen.

Wir können das hier aber nicht sehr brauchbar ausführen, weil die Bewegungen für reines Getippt viel zu komplex sind. Außerdem ist es OT.

Fechtergruß

rudongshe
17-03-2011, 16:31
Hallo

So OT ist das nicht, da Taijiquan meine Erfahrungsfolie ist und es mir hilft, wenn Du darauf anspielst (imho z.t. erfrischend exakt)
und meine Ansichten eventuell Dir helfen, meine Beiträge besser einzuschätzen.

Ich bezog mich auf die Handhaltung und ihre freie Anwendung im Sparring.
Wie Du sagtest sind in den Bildern verschiedene Anwendung und ich weiß, dass ich nicht alle kenne.

Ich habe für mich festgestellt, dass das "Üben von Anwendungen" oft in einen (Ver)krampf geräht, wenn der "Übungsgegner" einen ungünstigen Übungs-Angriff startet und man die Awnedungsidee dennoch durchziehen will, eventuell sogar, um nicht als "Versager" da zu stehen. Während der Körper instiktiv etwas anderes anwenden würde.
Aber das Ergebnis ist dann nicht das, was meiner Idee des Taijiquan entspricht.

Meine bislang bessere Erfahrung ist, auf spontane Angriffe reflexartig zu reagieren und hinterher festzustellen, welches "Bild" der Körper variiert hat. Auch ohne dass ich es erkenne sondern mein Lehrer.

Wobei bei hier tatsächlich die sogenannte schnelle Form sehr schnell greift, während die langsame Form (die glaube ich von Yang cheng Fu nicht erfunden wurde, höchstens anders erklärt wurde) die innere Kraft dafür grundlegt.

Es ist natürlich so, dass bei dieser reaktiven Methode einige Anwendungen nicht entdeckt werden - wegen des fehlenden Inputs in das "Formprogramm" oder die Bestätigung erfolgreich wiederholbarer Anwendungen

Aber Training ist Zeit geteilt durch Energie (oder umgekehrt :rolleyes:).
Da ich kein Meister des Systems werden will, bin ich mit der Methode ganz zufrieden und je spontaner die Angriffe waren umso besser die Anwendung auch außerhalb des Trainings.

Wie gesagt finde ich die Interpretation der acht Energien etwas weniger Interessant, weil sie für mich nur "erfahrener und gefühlter Ausdruck der grundlegenden inneren Energie" sein können und ohne diese Grundlage nur intellektuelle Spekulation bleiben.
Für mich spielt das Einfleischen der grundlegenden Körperbewegung in das meiste was ich tue mittlerweile die größte Rolle.
Vielleicht soll ich dazu sagen, das ich früher vieeeeel zu analytisch an die Sache herangegangen bin.

Richard22
18-03-2011, 14:31
Auf die Gefahr hin von Jörg wegen zuviel OT einen auf die Mütze zu bekommen möchte ich folgendes antworten:

Du mußt generell zwischen Üben und Kampfanwendungen unterscheiden, Ru.

Alle Bewegungen des Taiji müssen natürlich sein, also der 13. Kraft Huo entsprechen. Kopf-Taiji ist kein Taiji, sonder vergeudete Zeit.

Übungen müssen langsam aufgebaut werden und extrem präzise geübt werden, sonst findet kein Lernerfolg statt. Dafür sind beständige Korrekturen durch einen Lehrer nötigt.

Heute fordern Chen Anhänger 99% Form und Standübungen, 1% Partnerübungen. Das mag seinen Grund darin haben, daß auch Chen Taiji heute gezwingener Maßen Wohlfühltaiji ist. Wer will schon lernen sich richtig weh zu tun? Ich setze auch gut 30% Partnerüben, 40& Standübungen und 30% Formen. Ich haben aber auch andere Übungsziele als die meisten Taiji-Übenden, die ich bisher traf. Das ist also nicht besser oder schlechter, ich haben einfach ein anderes Übungsziel.

Die "schnelle Form", das sind alles moderne Konzepte. Alle Taiji Formen gehen, wie getippt, auf Chen Wangting zurück. Dieser erschuf ursprünglich sieben Formen. Diese Formen gründeten sich auf das Werk des Qi Jiguang, ein Ming-General. Dies ist historisch belegt und nachprüfbar, Taiji ist also unserem westlichen HF durch eine Quellenlage sehr ähnlich.

Im Taiji gibt es den Spruch, erst einmal in das Verlieren zu investieren.

Um wirklich Fühlen zu können muß man sich weitgehend absichtslos bewegen lernen, also genau das tun, was Liechtenauer 1389 fordert.

Nur dann kann man wirklich "Kraft hören", Ting Jin erlernen. Hören kann man nur in der Stille, vor allem als Anfänger. Deswegen sind am Anfang die Standübungen so wichtig. Wenn man sich durch seine eigenen Handlungen beständig selber anschreit, dann ist, bildlich getippt, Hören nicht möglich.

Dong Jin, "Kraft verstehen", ist nur möglich, wenn man anfängt die 13 Grundkräfte und 5 Bewegungsrichtungen durch Partnerübungen zu verstehen, erst ein kleines Stück, dann immer mehr und mehr.

Liechtenauer benutzt hierfür die Fünf Haue, dessen Hauptstücke, Zornhau, Krumphau, Twerhau, Schielhau und Scheitelhau. Die 12 Hauptstücke, die danach folgen, haben einen anderen Charakter als die ersten fünf Hauptstücke, welche die Namen der Fünf Haue tragen.

Gutes Üben ist zwar auch Zeit geteilt durch Aufwand, aber es sollte immer an erster Stelle der Übungserfolg, also ein Wachsen des Verständnisses des Konzepts stehen. Man braucht etwas zwei Jahre Partnerübungen, bis sich das erste Fühlen einstellt.

Man kann im Taiji nichts beschleunigen und keine Abkürzungen nehmen. Auch nicht in Liechtenauers Lehre.

Mir sind Meister erst einmal einerlei. Für mich zählt die Anwendung, die immer nur aus einem Verständis der Konzepte gespeißt sein kann. Daran messe ich jeden KK'ler, nicht an seinen schulinternen Titeln.

Fechtergruß

rudongshe
19-03-2011, 01:02
Hallo Richard,

ich glaube tatsächlich, würde ich darauf noch antworten, würde es wirklich zu OT.
Aber ich bin mir sehr sicher, ein Austausch unter anderen Bedingungen wäre sehr interessant.:)

Rudongshe

Richard22
20-03-2011, 15:33
Lasses wir es in diesem Strang dabei bewenden, Ru. Bisher haben wir ja keinen Verweis erhalten, und wir wollen unser Glück nicht überstrapazieren.

Ich finde es aber immer wieder interessant zu sehen, in wie vielen KKs letztlich doch das Taiji die Gemüter bewegt.

Bis das HF so weit in die Gehirne der KK'ler vorgedrungen ist wie das Taiji werden noch viele Jahre vergehen, denke ich.

Fechtergruß

rudongshe
21-03-2011, 04:59
Hallo R,

ich denke in beiden Fällen muss sich einfach erst eine breite Basis bilden von Leuten finden.

Richard22
21-03-2011, 13:53
Auf alle Fälle.

Wobei Taiji aber als die KK oder die Bewegungskultur gilt, die auf dieser Welt am meisten geübt wird. Ich glaube, wir brauchen einfach mehr KK'ler im Taiji.

Im HF haben wir zunehmend mehr KK'ler und einige sehr gute alte Haudegen, die ebenfalls einen KK-Hintergrund haben.

Fechtergruß

DavidBr.
21-03-2011, 21:23
Auf alle Fälle.

Wobei Taiji aber als die KK oder die Bewegungskultur gilt, die auf dieser Welt am meisten geübt wird. Ich glaube, wir brauchen einfach mehr KK'ler im Taiji.

Im HF haben wir zunehmend mehr KK'ler und einige sehr gute alte Haudegen, die ebenfalls einen KK-Hintergrund haben.

Fechtergruß

Dumme (?) Frage von mir dazu: Wie weit bringen die ihren Hintergrund mit ein bzw. wie schwer tun die sich damit, ihre alten Bewegungsmuster zu lösen? Weil spätestens wenn im freien Partnertraining mal ein bischen Druck aufgebaut wird, wird man sehr schnell in alte Muster zurückfallen, weil man die sich eben jahrelang automatisiert hat.
Klar, dann ist eben nicht mehr viel mit Rekonstruktion, muss ja auch nix schlechtes sein.

jpk@kkb
21-03-2011, 22:58
David, das ist völlig in Ordnung, so lange man die eigenen KK Vita nicht als Rekonstruktion verkauft. Jeder von uns hat evtl. Haltungsschäden oder Bewegungsmuster von seinem täglichen Leben und einer evtl. trainierten Sportart oder KK. So lange diese nicht der Anwendung der vermittelten Prinzipien im Weg stehen ist das auch kein Problem. Allerdings gibt es leider eine Menge Bewegungsmuster, die frei von Prinzipien als KK, KS oder SV gelehrt werden und somit völlig abwegig sind (ich will hier keine Namen nennen, da kann sich jeder was beliebiges reindenken). Durch diese Leute läuft jeder KK wie Papier. Diese Bewegungsmuster müssen entfernt werden, aber darum ist es auch nicht schade.

itto_ryu
22-03-2011, 12:34
Je nachdem was es ist und wie es verwertet wird, kann es ggf. aber auch helfen. Es muss nicht zwingend ein Desaster geben.

Richard22
22-03-2011, 13:59
Hallo David,

die HF-Quellen sind recht abgefahren, um Neudeutsch zu tippen. Ohne eine solide eigene Basis, einerlei ob KS oder KK, ist es kaum möglich an den Quellen zu arbeiten.

Natürlich sollte man beständig bestrebt sein diese Basis zu verbreitern. Alle HF'ler, die ich kenne und die unterrichten, tun dies.

Jeder, der sich an den Quellen versucht hat, ist sich bewußt, wie schwer diese Arbeit ist.

Automatisiert, was meinst Du damit?

Sklavisch unbewußt, oder zielfürhend an den Augenblick angepaßt? Beides kann ja selbsttätig geschehen.

Druck und Üben, daß geht für Anfänger nicht gut zusammen. Erst wenn man eine Basis im HF hat sollte man sich an Kampfübungen versuchen, denke ich.

Fechtergruß

DavidBr.
22-03-2011, 18:58
Hallo Richard,

mit automatisiert meine ich dass ein einmal eingeübtes Reaktionsmuster auf ein bestimmtes Stichwort/Körpersignal hin abgerufen wird. Ich denke das geht ein bischen in beide Richtungen. Mir fällt grade nur kein gutes Beispiel ein :o

rudongshe
23-03-2011, 04:36
Vermute da gibt es drei Stufen.
Das am meisten geübte wird abgerufen, z.B. irgendeine Abwehr und man verharrt
Das am meiste geübte wird abgerufen aber man kann sich schnell anpassen
Mehrere Dinge stehen zur Verfügung nach längerem üben.

Richard22
24-03-2011, 14:28
Schön formuliert.

Der Grundgedanke der prinzipiengeleiteten KK ist, daß man vermöge des Prinzips mit möglichst wenig Entscheidungsschritten und möglichst wenigen Techniken zu einer Antwort auf jede sich stellenden Frage kommt.

Fechtergruß

DavidBr.
24-03-2011, 21:25
Vermute da gibt es drei Stufen.
Das am meisten geübte wird abgerufen, z.B. irgendeine Abwehr und man verharrt
Das am meiste geübte wird abgerufen aber man kann sich schnell anpassen
Mehrere Dinge stehen zur Verfügung nach längerem üben.

Genau so meinte ich das. Und ich denke mal die ersten beiden Versionen, die Du beschreibst, sind am häufigsten. Vor allem je länger man eine KK/KS trainiert bevor man wechselt bzw. wenn Parallelen in Bewegungsabläufen da sind, ist Variante 1 am häufigsten.

rudongshe
25-03-2011, 05:39
Ward off/ peng kommt ja in der Form zu erbrechen vor.
Bei unerwarteten Attacken hatte ich aber irgendwann die Scheerenhände, einfangen und einklemmen.

Aber das war noch nicht so fest, das ich es nicht noch einfleischen müsste.

Richard22
25-03-2011, 19:12
Immer noch auf die Gefahr des OT.

Peng ist ein Prinzip. Es ist in allen Bewegungen des Taiji (und allen anderen KKs) vorhanden.

Einfangen sollte eher unter Lu oder Cai fallen.

Einklemmen Lie oder Zhe.

Das hängt alles von der entsprechenden Lage ab. Es ist schwer zu erlernen, aber sehr gut anzuwenden.

Ohne Peng würdest Du bei unterwarteten Angriffen aber keinen Kontakt oder einen zu späten Kontakt bekommen.

Fechtergruß

rudongshe
26-03-2011, 11:50
Höchstens Nebentopic ;)

Ward off als Abwehrbewegung/Position
Peng als dahinter liegende Körperbewegung/mechanik und Grundenergie
Letztere steckt bei mir in allem, wenn auch unterschiedlich stark.
Auch in den Scherenhänden, wenn auch weniger.

Gruß

Richard22
27-03-2011, 16:35
Es gibt im Taiji keine Positionen, Ru.

Das ist aber bei der Lehre Liechtenauers genau so.

Fechtergruß

rudongshe
27-03-2011, 16:55
Hallo Richard,

ich denke, hier sind eventuell wieder Wörter Quell von Misverständnis.

Dann sagen wir eine grundlegende Bewegung innerhalb einer bestimmten Körperorganisation? Als Kern jeden Bildes.
Sagen wir so, diese übe ich. Was ich dann anwende, habe ich noch nicht selber gesehen - nur gespürt.

Und beim Ward off eben eine Hand "oben" (was auch wieder nicht alles wiedergibt).

Worte die Bewegung beschreiben :rolleyes:

DavidBr.
30-03-2011, 21:14
Worte und Beschreibungen sind ein Hilfsmittel, eine Richtlinie und nicht mehr. Stichwort "Neumen" in der Gotik bzw. die Singsprache Canntaireachd für den Dudelsack Piobaireachd ? Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Piobaireachd)

Also sollte man das nicht alles wörtlich nehmen ;)