Problemlösung [Archiv] - Kampfkunst-Board

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jkdberlin
09-12-2003, 09:14
Okay, mal ein philosophischer Threat von mir ;).

JKD ist für mich eine bestimmte Art und Weise des Lösens von Problemen. Problem = mein Gegner. Ich versuche direkt, ohne Umwege, am besten bei seiner ersten Bewegung, das Problem zu lösen (den Gegner zu entsorgen), ihn abzufangen oder zu stoppen und ihn dann so weit zu bekommen, dass ich sicher nach Hause komme. Soweit so gut...

Aber wie sieht es mit der Umsetzung im restlichen Leben aus? Kann man nicht auch so seine nicht-Kampfkunst-spezifischen Probleme so lösen?
Welcher "Problemlösungs-Typ" seit ihr?
Geht ihr Probleme direkt an, löst sie sofort und schnell, am besten bevor sie zu einem grossen Problem werden?
Oder vesucht ihr, sie lieber auszusitzen? Zu ignorieren und hofft, sie verschwinden von alleine?
Tut ihr erst so, als ob ihr sie nicht bemerkt und versucht sie dann, langsam aber stetig aufzurollen?

Wie sieht es mit der JKD-Problemlösung im Leben aus?

Grüsse

martin.schloeter
09-12-2003, 09:29
Hmmm, interessantes Thema.

Allgemein stehe ich diesem "KK-Prinzipien und das Leben als solches" etwas zwiespältig gegenüber. Teilweise werden da vergleichsweise schlichte Dinge hochstilisiert, "philosophische Substanz" in Trivialitäten oder Zwangsläufigkeiten reininterpretiert. Na ja, andererseits kann's durchaus nützlich sein, die Brücken zu bauen. However.
Zur Frage:
Ja, mein Vorsatz ist es ähnlich wie beim Intercepten und Finishen die Dinge gradlinig, direkt und schnell zu erledigen.
Die Realität zeigt mir aber oft, dass der Weg zur Hölle mit guten Vorsätzen gepflastert ist, dass mein innerer Schweinehund und die "Mühle der Betriebsamkeit" mich von diesem Vorsatz abbringen.

Wenn wir schon mal dabei sind KK-Prinzipien zu transponieren:
Die WT-Prinzipien des "Kleben" und der "Flexibilität" sind im Alltag ganz nützlich.
Bei starken, sturen "Gegnern" - z.B. andere Partei in Geschäftsverhandlungen - ist es oft recht nützlich, einfach mal für einen Augenblick seine eigene Position nur zu halten, auf die Lücke zu warten die sich beim "Gegner" auftut und auch bei Überdruck etwas nachzugeben, damit die Energie des Gegners in's Leere läuft. ;)

Gruss
Martin

andreas222
09-12-2003, 09:32
Hallo zusammen,


denke aehnlich.. versuche immer ein Problem direkt zu loesen.. aussitzen ist nicht mein Ding... bin eher der Maulwurf-Typ.... wuehlen bis zur Loesung..

Gruesse
Andreas

knudolf
09-12-2003, 12:40
Ich bin ganz eindeutig der "ignorieren und hoffen, sie verschwinden von alleine -Typ" und werde erst aktiv, wenn das Problem zu einem unlösbaren Problem-Komplex angewachsen ist. :(

Bob Dubljanin
09-12-2003, 13:24
...give me the strength to change what I have to change - the humility to accept what is beyond my circle of influence and

the wisdom to realise when to do either one...

just my 0,2 cents.


Grüsse,

Bob Dubljanin
www.soai.de

JetLag
09-12-2003, 13:28
Ich bin ganz eindeutig der "ignorieren und hoffen, sie verschwinden von alleine -Typ"
Merkt man dir aber nicht an, knudolf ;)


JKD ist für mich eine bestimmte Art und Weise des Lösens von Problemen. Problem = mein Gegner. Ich versuche direkt, ohne Umwege, am besten bei seiner ersten Bewegung, das Problem zu lösen (den Gegner zu entsorgen), ihn abzufangen oder zu stoppen und ihn dann so weit zu bekommen, dass ich sicher nach Hause komme. Soweit so gut...

In dem Sinne würde ich auch agieren. Ich will ja nicht ewig mit der Sache beschäftigt sein.

Als wichtig finde ich, dass das Problem kontrollierbar sein muss (dann muss man's auch nicht gleich angehen) und es kann nicht schaden, wenn man weiß, dass es auf ein zukommen könnte. Entsprechend ist man vorbereitet und hat bereits Lösungen parat, weil man sich vorher über Ursache-Wirkung Klarheit verschafft hat.

Mit ein bisschen Phantasie und Vorstellungsvermögen im Voraus funktioniert das sogar bei Problemen, die an sich unvorhersehbar sind (sind nicht Resultat eigener Aktion und daher ohne Bezug) und man eigentlich nur reagieren kann.


Gruß Jet

soares
09-12-2003, 13:43
probleme und konflikte im täglichen leben direkt und offen anzugehen kostet mich oft überwindung. aber ich merke dass es letztlich für mein befinden besser ist.

knudolf
09-12-2003, 16:24
Merkt man dir aber nicht an, knudolf ;)
meinste wohl erotisch äh...ironisch oder wie?
-stimmt jedenfalls wirklich -ich schiebe alles vor mir her..zu mir würde eigentlich eher eine Kampfsportart passen, die auf der Ignorierung des Angreifers beruht..

Thorre
09-12-2003, 18:32
Auch in der Philosophie ist es von größter Bedeutung, Schlüsse nur aus solchen Sätzen abzuleiten, die zumindest als relativ sicher gelten können. Zwar können philosophische Sätze niemals so „sicher“ sein wie ein mathematischer Beweis, aber dennoch sollten sie einigen Crash-Tests standhalten. Nutzt man hingegen logisch unhaltbare Grundsätze als Ausgangspunkt philosophischer Schlußfolgerungen, werden diese falsch oder zumindest beliebig sein.

Der philosophische Ansatz „Gegner=Problem“ ist meiner Meinung nach ein Fehler, denn nicht von der Person des Gegners, sondern von seinem Verhalten droht im Falle eines Angriffs Gefahr. Es geht vielmehr darum einen Angriff abzuwehren, als einen Gegner zu eliminieren. Ein Außergefecht-Setzen des Gegners kann niemals das primäre Ziel sein. Wenn mein Gegner beispielsweise einen Stein wirft, einen Pfeil oder Schuß abfeuert kann ich ihn mit einer Waffe zwar vielleicht im quasi gleichen Augenblick töten, habe aber nichts erreicht, wenn mich das Geschoß trotzdem trifft.

Nicht der Gegner ist also das Problem, höchstens der Angriff. Allerdings ist auch in diesem Zusammenhang der Begriff „Problem“ nicht gut gewählt. Wir verwenden das Wort „Problem“ nicht auf alle beliebigen Ereignisse oder Situationen in denen wir handeln müssen, sondern vorrangig auf solche, die eine gewisse Schwierigkeit darstellen.

Ein Angriff muß jedoch keineswegs immer eine Schwierigkeit darstellen. Ich kenne x Fälle, in denen Angriffe von Verteidigern ohne Schwierigkeiten abgewehrt wurden. Wenn ich mit dem Motorrad an eine Kreuzung gelange, an der die Ampel für mich auf Rot steht, muß ich reagieren, sonst baue ich vielleicht einen Unfall. Der Fakt, daß ich reagieren muß, heißt aber nicht, daß diese Handlung ein Problem wäre. Es ist also ungenau zu behaupten, Angriffe könne man a priori als Probleme definieren.

Es wäre für das Ableiten weiterer Schlüsse vielleicht sinnvoller, einen gegnerischen Angriff als ÜBUNG zu bezeichnen: Übungen können leicht oder schwierig sein, man kann bewußt oder unbewußt üben (selbst das unbewußte Treppensteigen ist eine Übung im Treppensteigen), Übungen können sehr gefährlich sein (z.B. kann ich mir auch beim Üben mit dem Skateboard den Hals brechen) etc.

Ich habe das so ausführlich beschrieben, weil ich glaube, daß eine Philosophie, die einen Menschen (auch wenn es der Gegner ist) zu einem Problem degradiert sowohl persönlich als auch gesellschaftlich gesehen in einer Sackgasse enden muß.

jkdberlin
09-12-2003, 18:45
Danke.

By the way meiner Meinung nach verwechselst du hier Ursache mit Wirkung. Wenn ich den einzelnen Angriff meines Gegners als Problem sehe, dann bin ich nur noch mit einer Problemlösung nach der anderen beschäftigt, da ich nach der hoffentlich erfolgreichen Abwehr des ersten Problems schon das nächste auf mich zukommen sehe, denn was sollte meinen Gegner davon abhalten, weiter anzugreifen?
Daher bleibt für mich der Gegner das eigentlich Problem, definiert durch seine Handlung, den Angriff...

Auch die Verwendung des "wir" verwundert mich etwas, aber was soll's...;)

Grüsse

SIT-MMA
10-12-2003, 01:56
Ich denke nicht Problemorientiert, sondern Lösungsorientiert!
Je länger du über deine Probleme nachdenkst umso mehr steigerst du dich hinein und umso schlimmer wird das ganze! Ich nutze die Energie lieber um eine Lösung zu finden und nicht in Selbstmitleid zu schwelgen und mir das abertausend mal auszumalen wie das wäre wenn die Probleme noch schlimmer sind! Mit der Zeit bekommt man sonst ein Magengeschwür!
Du kannst dich übers Finanzamt und über Rechnungen, Strafzettel, zahlungsunwillige Schüler etc. aufregen ohne Ende, ändern tut sich deswegen nicht einmal das geringste an der Tatsache das es ist wie es ist!
Seit ich das ein bisschen lockerer sehe, gehts mir richtig gut!
Noch n Tip: positiv Denken!!!!! Extremly wichtig!!
Problem registrieren - Lösung finden!

Grüsse ;)

Thorre
10-12-2003, 09:03
Hallo Frank,

das ist ein bedenkenswerter Einwurf. Wie ich schon sagte, führt strenggedacht auch eine Definition „Angriff = Problem“ am Ziel vorbei. Es ist immer eine Kombination der eigenen Fähigkeit / Unfähigkeit und der Art des Angriffs, die darüber entscheidet, ob ein Problem vorliegt oder nicht.

Auch ein Betrunkener, der sich kaum noch auf seinen Beinen halten kann, ist in der Lage mit der Faust nach Dir zu schlagen. Das gleiche gilt für ein 10jähriges Kind. Diese Angriffe sind aber keine Probleme im allgemeinen Sinne der Verwendung dieses Begriffs.

Ich habe „wir“ geschrieben, weil es darum geht, wie eine Sprachgemeinschaft bestimmte Begriffe benutzt. Zwar kannst Du theoretisch eigene Phantasie-Bedeutungen definieren, aber wenn Du diese dann in Deiner Philosophie benutzt, sind alle Schlüsse für andere Menschen belanglos.

Genau aus diesem Grunde übt man sich in der Philosophie auch so eifrig in der genauen Sprache. Wenn eine Definition wie z.B. „Angriff = Problem“ in mehreren Fällen (Beispiel Betrunkener oder Kind) den Sachverhalt nicht genau trifft, dann muß man nach einer besseren suchen oder x Ausnahmeregeln definieren. Das ist unökonomisch.

Tatsächlich wurde mir von einem Aikido-Meister erklärt, daß die Taktik des Meisters in der Selbstverteidigung darin bestünde, aufeinanderfolgende Angriffe solange abzuwehren, bis der Angreifer die Sinnlosigkeit der Aktion einsieht und aufgibt. Dabei spricht auch nichts dagegen, sie so hart abzuwehren, daß der Angreifer dazu auch physisch gar nicht mehr in der Lage ist.

Trotzdem bleibt der Geist des Meisters nüchtern. Er sieht das Verhalten eines Menschen, das ihn zwingt zu handeln. Er handelt also, und das wars. Das hat nichts persönliches. Ich glaube, darin besteht der entscheidende Unterschied: Einen Angriff nicht persönlich zu nehmen, sondern so zu behandeln, als wäre es eine Übung.

Beste Grüße
Thorre

jkdberlin
10-12-2003, 09:09
Hi Thorre

Nun, letztendlich stellt nach meiner Definition auch der Betrunkene oder das 10-jährige Kind erstmal ein Problem dar, nur steht die Frage der Grösse des Problems oder der angemessenen Reaktion offen. (Es gibt keine Notwehr gegen ein 10-jähriges Kind, hier kann auch das Ausweichen und Wegrennen eine angemessene Reaktion auf das Problem Betrunkener sein und zur Lösung führen.)

Zu dem Aikido-Meister folgendes: habe auch schon viel davon gelesen und auf Video oder in Demos oder in Steven Seagall Filmen gesehen. Nur in der Realität oder bei einem Angriff eines Angreifers ausserhalb des Clans hat mich noch keiner davon überzeugen können.

Grüsse

SIT-MMA
10-12-2003, 13:33
Hi Thorre

Nun, letztendlich stellt nach meiner Definition auch der Betrunkene oder das 10-jährige Kind erstmal ein Problem dar, nur steht die Frage der Grösse des Problems oder der angemessenen Reaktion offen. (Es gibt keine Notwehr gegen ein 10-jähriges Kind, hier kann auch das Ausweichen und Wegrennen eine angemessene Reaktion auf das Problem Betrunkener sein und zur Lösung führen.)

Zu dem Aikido-Meister folgendes: habe auch schon viel davon gelesen und auf Video oder in Demos oder in Steven Seagall Filmen gesehen. Nur in der Realität oder bei einem Angriff eines Angreifers ausserhalb des Clans hat mich noch keiner davon überzeugen können.

Grüsse


Da glaube ich allerdings auch nicht dran, dass jemand so lange Abwehren kann bis der Angreifer die Lust verliert! Dazu müßte der Angreifer schon wirklich grottenschlecht sein oder der Verteidiger ist ein Übermensch! ;)
Ich glaub das der Angreifer eher noch heftiger Angreifen würde, sollten seine Aktionen zuvor nichts gebracht haben! Er war ja schon so entschlossen mich dann einmal anzugreifen, warum sollte er denn das nicht weiterhin versuchen?
Also entweder wegrennen oder Handeln (wenns nicht mehr mit reden geht) :D

Grüsse

Grüsse

JetLag
10-12-2003, 13:48
Ich glaub das der Angreifer eher noch heftiger Angreifen würde, sollten seine Aktionen zuvor nichts gebracht haben! Er war ja schon so entschlossen mich dann einmal anzugreifen, warum sollte er denn das nicht weiterhin versuchen?

Nö. Dann muss es schon 'n ziemlich dummer Angreifer sein, wenn er nicht merkt, dass ich ihm die Chance gebe, unverletzt aus der Angelegenheit zu kommen.
So, wie es in den Wald ruft, schallt es zurück - war das nicht so? Solange man den Gegner auf ruhige Art und Weise kontrollieren kann, wird er wohl nicht ausrasten. (Ich gebe ihm zumindest keinen Grund dazu.)


Gruß Jet

Thorre
10-12-2003, 15:05
Hallo Frank,

ich weiß jetzt nicht genau, für welche der beiden Definitionen Du Dich entschieden hast, deshalb versuche ich mal, beide zu widerlegen.

Gegner = Problem

Wenn Problem und Gegner identisch sind, bedeutet das strenggenommen, daß man das Problem nur lösen kann, indem man den Gegner ausschaltet. Jede andere Verfahrensweise würde an einer grundsätzlichen Problemlösung vorbeigehen, denn solange der Gegner noch existiert, bleibt das Problem bestehen, denn beide sind ja identisch.

Würdest Du also, so wie Du selbst beschrieben hast, vor dem Betrunkenen (oder Kind) weglaufen, wäre dies keine eigentliche Lösung des Problems, denn der Gegner existiert noch immer. Du hättest Deiner eigenen Definition nach das Problem nicht gelöst, sondern wärst ihm lediglich ausgewichen.

Wie Du siehst, zwingt Dich die Identifikation Gegner = Problem philosophisch-logisch gesprochen zu Maßnahmen, die in der Realität unnötig sind, außer Du willst eine Philosophie aufbauen, die behauptet Probleme zu lösen (z.B. Weglaufen), indem man ihnen ausweicht.

Das bedeutet, solange der Gegner exisitiert, existiert auch das Problem. Bei der hypothetischen Kreation einer JKD-Philosophie wäre das ein relativ unbefriedigender Gedanke. Natürlich ist Deine Testdefinition nur eine Gedankenspielerei, aber die Logik gestattet uns trotzdem zu überprüfen, wie stabil so eine Ideenkonstruktion ist.

Angriff = Problem

Gelänge es ein einziges Beispiel vorzubringen, bei dem zwar ein Angriff vorläge, der aber kein Problem darstellen würde, dann wäre die generelle Definition „Angriff = Problem“ hinfällig.

Die Verwendung des Begriffs „Problem“ impliziert eine gewisse Art von Schwierigkeit, Herausforderung, Aufgabe etc. – etwas, das uns zwingt, unsere Kapazitäten und Ressourcen einzusetzen, um eine Lösung der Situation in unserem Sinne zu bewirken.

Nun gibt es Angriffe, deren Bedrohlichkeit so lächerlich gering ist (wieder das Beispiel des 10jährigen), daß wir keine Schwierigkeiten haben, auszuweichen oder zu neutralisieren. Wenn ein 10jähriger Junge mit der Faust nach Dir schlagen würde, Frank, was würdest Du danach wohl eher sagen: „Es war ein Problem, aber ich habe es gelöst.“ oder „Es war kein Problem.“

Falls Du letzteres sagen würdest, dann hätten wir unser gesuchtes Beispiel, das Deine Definition außer Gefecht setzt.

Falls Du Dich aber für die erste Variante entscheiden würdest, dann müßte man konsequenter Weise in JEDER Situation, die uns auf die eine oder andere Weise zum reagierenden Handeln auffordert ein Problem sehen. Das Gespräch am Frühstückstisch – ein Problem, das „Hallo!“ des Nachbarn – ein Problem, die Ampel auf Rot – ein Problem etc.

Wie Du siehst, würde eine solche Definition, den Begriff „Problem“ zu etwas nahezu Bedeutungslosen machen.

Das alles gilt übrigens für die Versuchsdefinition „Angriff = Übung“ nicht. Tatsächlich kann man jede Handlung, auch die Reaktion auf Angriffe sehr gut als Übung verstehen, denn egal, wie wir uns dabei verhalten, gleich wie schwer uns diese Reaktion fällt, immer ist es ein Training von Verhaltensweisen, das uns in ähnlichen Situationen beeinflußen wird...

Beste Grüße
Thorre

jkdberlin
10-12-2003, 15:17
Wie gesagt, wenn ich "Problem = Gegner" sehe, dann ist das Ausweichen und sicher nach Hause kommen auch eine Lösung für mich, da dann Problem nicht mehr für mich vorhanden ist. Er ist nicht mehr mein Gegner, denn mein Gegner qualifiziert sich durch einen Angriff auf mich. Ist der Gegner weg, bin ich weg oder ist der Angriff weg, und ist sichergestellt, dass keine weiteren Angriffe mehr folgen (u.a. auch durch "nicht am Ort sein"), ist mein Problem gelöst. Du siehst, ich komme mit meiner Definition und der Logik klar.

Grüsse

martin.schloeter
10-12-2003, 15:20
Hallo Thorre,

mit kommt deine Argumentation nicht wirklich schlüssig vor.
Einerseits versucht du eine Beweisführung auf Basis formal strenger Aussagenlogik, eigentlich schon Prädikatenlogik.
Andererseits belegst du dann die als absolut deklarierte Begrifflichkeit "Angriff" mit Attributen wie "...Bedrohlichkeit so lächerlich gering...", um damit den Negativbeweis für die These Angriff = Problem zu bauen.

So funktioniert das nicht. Ein Angriff - so wie wir in in der realen Welt behandeln, ist nichts absolut. Da gibt es stets eine qualitative Komponenten, die letztlich mitentscheidend für unsere Reaktionsmöglichkeit sind.
Wobei auch der Angriff eines 10jährigen durchaus so geartet sein kann, dass man zumindest in irgendeiner Form reagieren muss.
Weiss nicht wie es im JKD ist, aber die meisten KKs haben irgendwelche Komponenten der "sanften Mittel", damit eben dem Praktizierenden völlig unabhängig von dem Grundprinzip der Reaktion die Antwort dosieren, dem Problem anpassen zu können.
Gruss
Martin

doc faust
10-12-2003, 15:59
Welcher "Problemlösungs-Typ" seit ihr?
Geht ihr Probleme direkt an, löst sie sofort und schnell, am besten bevor sie zu einem grossen Problem werden?
Oder vesucht ihr, sie lieber auszusitzen? Zu ignorieren und hofft, sie verschwinden von alleine?
Tut ihr erst so, als ob ihr sie nicht bemerkt und versucht sie dann, langsam aber stetig aufzurollen?
Grüsse

oft verdräng ich die probleme zuerst, bzw schieb sie auf die lange bank (zb seminararbeiten...), dann aber hab ich irgendwann mal die schnauze voll, nehm den kopf runter, fahr die hörner aus und beschleunige immer mehr, bis ich durch die wand durch bin - oder sie nicht mehr steht.

vorteil: funktioniert erstaunlich effizient, nachteil: leider kriegen oftmals die umstehenden auch was ab (beim beschleunigen bin ich oft etwas selbstzentriert...)

vielleicht gefallen mir deshalb "harte" und "direkte" sv-systeme: nachgeben, deeskalieren, aber wenn das nicht mehr geht, dann ratzfatz los. interessante frage, obs da eine korrelation gibt...

Thorre
11-12-2003, 09:33
Hi Martin,

eigentlich ist die Sache doch recht einfach. Die von Frank vorgestellte philosophische Grundannahme soll andeuten, bzw. erfragen, daß / ob es in der Art wie wir kämpfen eine Parallele zur Art, wie wir Probleme lösen gibt.

Davon abgesehen, daß die Probleme des Alltags im Grunde einer intellektuellen Lösung bedürfen, während die Probleme des Kämpfens keine intellektuellen Probleme sind, ist der Vergleich Angriff = Problem in meinen Augen eben zu weit her geholt.

Eine solche Grundannahme kann, so denke ich, nur zu falschen Schlüssen schlüssen führen. Das Ganze ist ja sowieso nur eine geistige Spielerei und deshalb kann man locker bleiben. Weder Frank noch ich sehen darin, glaub ich, einen ernsthaften Disput.

Allerdings ist mir eingefallen, was in der Sache vielleicht doch noch wichtig wäre anzumerken: Die Skepsis einiger Leute gegenüber (asiatischen) KK-Philosophien beruht eben manchmal auf der irrigen Annahme, derartige Philosophien wären so entstanden, wie Frank demonstriert hat.

Der philosophische Grundsatz „Der Weg ist das Ziel“ ist beispielsweise nicht entstanden, weil ein KK´ler sich hingesetzt hat und plötzlich eine Eingebung erfuhr, a la „Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen“. Philosophie ist sehr harte geistige Arbeit. Der philosophische Disput ist eine Art geistiges Sparring, das erfordert, alle intellektuellen und psychischen Kräfte zu bündeln.

Beste Grüße
Thorre

martin.schloeter
11-12-2003, 17:21
Hi Thorre,

Hi Martin,
[...]

Davon abgesehen, daß die Probleme des Alltags im Grunde einer intellektuellen Lösung bedürfen, während die Probleme des Kämpfens keine intellektuellen Probleme sind, ist der Vergleich Angriff = Problem in meinen Augen eben zu weit her geholt.
[...]
Thorre
Mit ging es darum, dass ich in deiner Art der Beweisführung einen Bruch sehe. Gerade formaler Beweise in der Erkenntnistheorie und Modell basieren auf einen fein ausdefinierten Modell, dass mit strenger formaler Sprache behandelt wird.
In diesem Sinne halte ich das von die gewählte Modell für falsch, man kann "Problem" nicht als binär als absolute Größe behandlen, das führt zu schwarz/weiss denken. Mag formal korrekte Ergebnisse bringen, die aber nicht mit der Realität kongruieren. (Wobei "Realität" erkenntnistheoretisch eh schon wieder so ein Ding für sich ist, aber das führt hier zu weit.)
Jedes wissenschaftliche Modell - aus geisteswissenschaftliche - muss sich irgendwo der Frage der Praktikabilät, des Bezugs zu den Messwerten stellen.
Und da - zu unserem Beispiel zurückkommend - gibt es halt große und kleine Probleme.
Aber du hast schon recht. So wichtig ist das nicht. Das ist eh die Meta-Ebene dessen was Frank in seinem ursprünglichen Post andiskutieren wollte.
Gruss
Martin

SIT-MMA
22-12-2003, 22:25
Wenn du das Geschehen so gut unter Kontrolle bringst, meinen Glückwunsch, hast bis jetzt Glück gehabt!

Ich glaub trotzdem nicht dran, doch gegen einen 12 Jährigen evtl. schon ;), nicht aber gegen diverse Schläger. Nie und nimmer!!

Grüsse

martin.schloeter
23-12-2003, 00:22
@SIT-MMA
Hi,
wenn du es auf die Ebene der ausschließlichen Anwendung von KK-Prinzipien in echten SV-Situationen mit potentiell lebensgefährlichen/gesundheitsgefährdenen Bedrohungen ziehen willst hast du sicher recht. Da ist abgesehen vom 10 oder 12jährigen die Wahlfreiheit der Antwort erstmal begrenzt, weil das Risiko zu hoch ist.
Ich bin aber ganz allgemein von der Anwendung solcher Prinzipien ausgegangen und z.B. in einem Sparringskampf kann ich mir durchaus aussuchen wie ich reagiere, die meisten Leute sind da nicht halb so gefährlich wie sie aussehen oder selber glauben. ;)
Ciao
Martin

Zambo
23-12-2003, 06:55
Ich denke man kann KK-Taktiken sehr gut auch im alltäglichen Leben bei "nichtkörperlichen" Angriffen umsetzen. Ist der Angriff bedrohlich, z.B.: der Chef bleibt nicht mehr sachlich, sondern wird persönlich und beleidigend, dann kommt eine direkte Verteidigung. Je nach Art des Angriffs kann die Verteidigung hart (KO oder Verletzungen) oder nur kontrollierend sein (nur Schmerzen), um zu zeigen wo die Toleranzgrenze ist.
Wenn man weiss, dass man bei einer direkten Konfrontation in einer schlechteren Lage ist, kann es sinnvoll sein auszuweichen. Wenn es ein einmaliger Angriff war, vergisst man die Sache (und den Wut) vielleicht schnell wieder. Sollte sich der Angriff aber wiederholen, kann es klug sein den Angriff zu ignorieren. Dies bestätigt den Gegner in seiner Stärke, und er wird in der Regel nach einiger Zeit leichtsinnig. Eines Tages macht er einen grossen Fehler, und genau dies ist der richtige Moment, in dem der "Schwache" sein As aus dem Ärmel zieht. Bumm, schachmatt und blöd geglotzt. :D
Probleme lösen muss nicht immer mit einem direkten Gegenangriff gemacht werden. Wie oben erklärt, kann es auch Situationen geben, wo es sinnvoll ist zu ignorieren, Schwäche zu signieren, Demut zu zeigen, usw., aber nur als Finte, um den Gegner, der sich in einer besseren Lage befindet, in eine Falle zu locken.
Ein Freund von mir hat es gerade erlebt. Um sich Vorteile zu schaffen, hat er seinen unsozialen Arbeitgeber monatelang glauben lassen, er sei ein Dummchen. So haben sich mehrere Widrigkeiten des Arbeitgebers angesammelt, bis zu einem Tag, wo er einen groben Fehler gemacht hat.
So gab es vor kurzem eine Gerichtsverhandlung und der "Ex-Chef" darf jetzt kräftig löhnen. Einfach herrlich, der Genuss danach. Freue mich für meinen Freund so richtig mit. :teufling: :p

Gruss,
Zambo

SIT-MMA
23-12-2003, 12:19
Hallo Martin,

dieses Post galt eigentlich gar nicht dir sondern Jet Lag, irgendwie bin ich total durcheinander geraten, das Post bezieht sich auf ein Post der ersten Seite. Sorry :rolleyes:

Grüsse :muetze: