Vollständige Version anzeigen : TaiJi Stil : Eine Definition bitte
Wir haben die traditionellen Familien Stile:
Chen
Yang
Sun
Wu Yuxiang (alter Wu)
Wu (Quanyou (neuer Wu)
Und viele, viele neue.
Was macht einen Stil aus, dass man ihn einen eigenen Stil nennen darf?
Jeder Mensch führt die Bewegungen anders aus - auch wenn es die gleiche Form darstellen soll.
wudangdao
09-05-2011, 09:55
Wir haben die traditionellen Familien Stile:
Chen
Yang
Sun
Wu Yuxiang (alter Wu)
Wu (Quanyou (neuer Wu)
Und viele, viele neue.
Was macht einen Stil aus, dass man ihn einen eigenen Stil nennen darf?
Jeder Mensch führt die Bewegungen anders aus - auch wenn es die gleiche Form darstellen soll.
Traditionell, nicht traditionell.. Einen eigenen Stil benennen dürfen, nicht dürfen.. etwas weniger schwarz und weiß und dafür mehr Farbe in unser Leben! Wer mag es denn nicht schön bunt? :)
P. S. Es gibt natürlich nicht nur Familienstile.
Grüße
wudangdao
GilesTCC
09-05-2011, 10:04
Die Grenzen sind fliessend. Genau wie in der Musik, der bildenden Kunst, der Religion usw. usw. Zum Teil zumindest ist die Entscheidung, einen neuen Stil zu benennen, eher politisch oder ideologisch oder auch kommerziell geprägt. Jedoch nicht immer. Manchmal findet eine unaufhaltsame Evolution statt und es ist irgendwann unvermeidlich zu sagen, 'das ist jetzt ein neuer Stil'. Manchmal macht jemand einen klaren Schnitt oder Bruch, und ruft (mit Berechtigung oder nicht) einen neuen Stil ins Leben.
Das Kontinuum bleibt. Man kann es so oder so aufteilen. Verschiedene Kulturen und Sprachen teilen sogar die Farben des Spektrums unterschiedlich auf...
Viele Grüße,
Giles
Was macht einen Stil aus, dass man ihn einen eigenen Stil nennen darf?
Jeder Mensch führt die Bewegungen anders aus - auch wenn es die gleiche Form darstellen soll.
Hallo Lucutus! :)
Ich habe da mal eine Zusatzfrage:
Gibt es eigentlich auch einen Taijiquan-Stil (oder mehrere), dessen Ursprung nicht das "Reich der Mitte" ist?
LG
Jörg
Traditionell, nicht traditionell.. Einen eigenen Stil benennen dürfen, nicht dürfen.. etwas weniger schwarz und weiß und dafür mehr Farbe in unser Leben! Wer mag es denn nicht schön bunt? :)
P. S. Es gibt natürlich nicht nur Familienstile.
Grüße
wudangdao
Je bunter umso schöner :)
Und ganz richtig, es gibt nicht nur Familienstile und genau das ist mein Thema. Eine Definition für den Stil kann ich nicht finden.
Am Ende ist es nur Marketing und wie es so schön heißt alles Ausdrucksformen der selben Sache.
Danke für die Kommentare
Jan
Hallo Lucutus! :)
Ich habe da mal eine Zusatzfrage:
Gibt es eigentlich auch einen Taijiquan-Stil (oder mehrere), dessen Ursprung nicht das "Reich der Mitte" ist?
LG
Jörg
Moin Jörg,
Frage wäre dann, was ist Taijiquan? Wenn Du bei der Definition drin hast, dass es aus China sein muss, war es das. :ups:
Bis dann
Jan
Moin Jörg,
Frage wäre dann, was ist Taijiquan? Wenn Du bei der Definition drin hast, dass es aus China sein muss, war es das. :ups:
Bis dann
Jan
Hi Jan,
Taijiquan ist eine innere Kampfkunst, deren Wurzeln das Wu Shu Chinas sind. Durch diese Definition ist nicht bestimmt, wo die Äste und Zweige und Blätter des Baumes sprießen.
Trotzdem ist mir kein Taijiquan-Stil des Westens bekannt. Kannst du mich eines besseren belehren?
LG
Jörg
Nicht chinesische Stile
Lei Gong Nei Quan: Torstens Inneres Boxen (http://inneres-boxen.de/)
Tan Tien Tschüan: TAN TIEN TSCHÜAN - Inneres Boxen (http://www.tantientschuean.de/)
Shayuquan: Shayuquan index (http://shayuquan.de/)
Kamenraida
10-05-2011, 12:11
Ich denke mal, die "großen" Stile gehen einfach auf die Familien- bzw. Clanstrukturen in China zurück.
Gerade beim Yangstil - der spätestens mit YCF, eigentlich aber schon früher - den Rahmen der Familie verlassen hat, macht die Bezeichnung "Yang-Stil" ja auch wirklich kaum noch Sinn, weil sich völlig unterschiedliche Sachen im einzelnen darunter finden.
Heute sind es ja eher einzelne Lehrer, die vielleicht so prägend sind, dass sie eben so etwas wie einen eigenen Stil kreieren - ist dann eine Frage der Persönlichkeit, ob sie dem Kind ihren eigenen Namen geben.
Nicht-chinesische Stile? Ich hätte auch an TTT gedacht, wobei Shayuquan und Leigong ja Derivate sind.
Und der Grolle-Stil in Hamburg.
Und der Ip Family Style ist zum Beispiel in Amerika erfunden worden ;-)
Hanspeter
10-05-2011, 12:48
Nicht chinesische Stile
Lei Gong Nei Quan: Torstens Inneres Boxen (http://inneres-boxen.de/)
Tan Tien Tschüan: TAN TIEN TSCHÜAN - Inneres Boxen (http://www.tantientschuean.de/)
Shayuquan: Shayuquan index (http://shayuquan.de/)
Warum haben die dann chinesische Namen?
Hanspeter
10-05-2011, 12:53
Ich denke mal, die "großen" Stile gehen einfach auf die Familien- bzw. Clanstrukturen in China zurück.
Gerade beim Yangstil - der spätestens mit YCF, eigentlich aber schon früher - den Rahmen der Familie verlassen hat, macht die Bezeichnung "Yang-Stil" ja auch wirklich kaum noch Sinn, weil sich völlig unterschiedliche Sachen im einzelnen darunter finden.
Heute sind es ja eher einzelne Lehrer, die vielleicht so prägend sind, dass sie eben so etwas wie einen eigenen Stil kreieren - ist dann eine Frage der Persönlichkeit, ob sie dem Kind ihren eigenen Namen geben.
Nicht-chinesische Stile? Ich hätte auch an TTT gedacht, wobei Shayuquan und Leigong ja Derivate sind.
Und der Grolle-Stil in Hamburg.
Und der Ip Family Style ist zum Beispiel in Amerika erfunden worden ;-)
Nun, auch der Chen-Stil hat die Familie längst verlassen - oder ist das ganze Dorf eine einzige Familie? Und die Dörfer drumherum? Machen die nicht auch Chen-Stil-Taijiquan?
Grolle ist noch im Rahmen des Yang-Stils, würde ich sagen, sehr Cheng man-ching, das Ganze. Und Bob Boyd beruft sich ja vehement auf Ip Tai Tak, der ihm als Einzigem die letzten Geheimnisse verraten haben soll - ist also auch Yang-Stil.
Da müsste man dann klären, was Stil und was Unterarten sind.
Eine Definition sollte weniger auf der Herkunft, dafür mehr auf Prinzipien beruhen:
- Begegne der Härte des Gegners mit Weichheit
- Deine Kraft wird von Innen heraus generiert (chin. Kampfkünste: aus dem Dantian)
- Greife an während Du defensiv bist und sei defensiv während Du angreifst
- Beschütze Dich selbst, während Du angreifst
- Besiege den Gegner anstatt besiegt zu werden
- Locke den Gegner ins Leere und leite Kraft und Angriff zurück
- Weiche Attacken aus und entwickle Kraft schnell
Diese Prinzipien gelten aber nicht generell nur für Taijiquan. In Kombination mit der Herkunft lässt sich aber schon eine relativ eindeutige Definition ableiten.
Kamenraida
10-05-2011, 14:08
Nun, auch der Chen-Stil hat die Familie längst verlassen - oder ist das ganze Dorf eine einzige Familie? Und die Dörfer drumherum? Machen die nicht auch Chen-Stil-Taijiquan?
.
Einerseits hast du natürlich recht. Andererseits: Viele oder vermutlich sogar die Mehrheit der Chen-Stylisten (gerade hier in Deutschland) dürfte direkten oder indirekten Kontakt zu einem lebenden Familienvertreter haben.
Das lässt sich vom Yang-Stil nun wahrlich nicht sagen. Das fallen mir nur die ganz wenigen ein, die sich auf Yang Zhenduo oder auf Yang Ma-Lee (Die Tochter von YSC) berufen. Eine verschwindende Minderheit.
Insgesamt ist die "globale" Verbreitung und auch die Verästelung des Yangstils einfach viel fortgeschrittener als beim Chen, schon allein aus historischen Gründen (das Wirken CMC im Westen, etc.). Diesen Prozess erleben wir im Chen gerade erst.
@ Heping: Eine prinzipiengestützte Diskussion, finde ich, bringt uns in dieser Frage überhaupt nicht weiter. Das, was du schreibst, würden vermutlich ALLE TC-Stile und auch die meisten sonstigen Stile für sich reklamieren.
Wenn man über "Stile" spricht, denke ich, muss man das erst einmal einfach in der historischen Entstehung, in der Selbstdefinition und vielleicht noch im äußeren Erscheinungsbild der Formen betrachten.
Ein gutes Beispiel ist Matsunkuen - die nennen sich zwar nicht so, sind aber eindeutig dem Yangstil zuzuordnen. Ein Blick auf die Form genügt dazu. Auch historisch von der Entstehung ließe es sich eindeutig belegen.
Das alles ist wertfrei und letztlich ja nur spannend für Leute, die sich halt für die Geschichte und die Weiterentwicklung der Stile interessieren.
@ Heping: Eine prinzipiengestützte Diskussion, finde ich, bringt uns in dieser Frage überhaupt nicht weiter. Das, was du schreibst, würden vermutlich ALLE TC-Stile und auch die meisten sonstigen Stile für sich reklamieren.
.
Stimmt, ich habe mich zu sehr vom Thread-Titel leiten lassen (manchmal lohnt sich das Lesen des ganzen Threads tatsächlich, ist aber während der Arbeit zeitraubend ;) ), aber in Kombination mit Herkunft und Geschichte doch zu gebrauchen.
GilesTCC
10-05-2011, 15:37
Da taucht jetzt auch die Frage auf, ob man einen Stil durch den (sehr) groben Rahmen einer bestimmte Form definiert. In dem Sinne: die Form hat xx Bilder und nach "Böser Onkel schaut grimmig drein" kommt "Das rosa Nashorn tanzt auf dem Tisch". Die eigentlich Ausführung/Übergänge/Anwendungsideen usw. können dabei sehr unterschiedlich sein! Oder mehr durch die Körpermechanik oder das Gesamtpaket an Übungen?
Ein gutes Beispiel ist Matsunkuen - die nennen sich zwar nicht so, sind aber eindeutig dem Yangstil zuzuordnen. Ein Blick auf die Form genügt dazu. Siehe meine Bemerkung oben. Der MTK-Stil hat sich ganz ungeniert für seine Formen bei dem Yang-Stil bedient :). Allerdings ist die Kurzform symmetrisch aufgebaut und kommt (prinzipiell) bei keinem anderen Stil vor. Der schnelle Form ebenfalls. Und der Langform unterscheidet sich in seinen Übergängen und Ausführung so sehr von der "normalen" Yang-Stil daß, laut der Meinung von etlichen Yang-Stilern, er "vollkommen anders" ist und grundsätzlich neu gelernt werden muß.
Auch historisch von der Entstehung ließe es sich eindeutig belegen. Aha, das klingt spannend. Der "Diebstahl" ;) der Langform beiseite, könntest du da ein bißchen mehr erzählen?
Das alles ist wertfrei und letztlich ja nur spannend für Leute, die sich halt für die Geschichte und die Weiterentwicklung der Stile interessieren.
Richtig :)
Schöne Grüße,
Giles
PS. Bin ein großer Fan von (manchen Vertretern von) Yang-Stil. Wie auch von (manchen Vertretern) von anderen Stilen.
Kamenraida
11-05-2011, 12:51
Ich habe mich, was die Zuordnung von Matsunkuen zum Yangstil angeht, auf zwei Dinge gestützt:
Eure eigenen Aussagen, und etwa den Hinweis auf die Nähe von Ma zu Cheng Man Ching.
Sowie auf eigene Anschauung bei mehreren Seminaren mit Fernando C. Das passte alles nahtlos in den Yangstil, den ich kenne. Die Tatsache, dass die Formen abweichen, finde ich eher nebensächlich. Im Gegenteil: Wie ich hier auch schon einmal schrieb, würde ich das, was ich bei MTK gesehen habe als Yang im Kranich-Stil einordnen. Dass Meister Ma daneben auch andere KK-Quellen in sein System einfließen lie, mag sein - kann ich nicht beurteilen.
Der Punkt, um den es mir ging, war folgender: Wenn man die Unterschiede in den Formen (wie auch in ihrer Ausführung) als Abgrenzung nähme, müsste man die Bezeichnung "Yang-Stil" inzwischen insgesamt in Frage stellen. Zwischen manchen Varianten der CMC-Formen und beispielsweise dem familiennahen Yang nach YSC sind zum Teil gewaltige Unterschiede vorhanden. Auch die inneren Konzepte weichen ziemlich voneinander ab (sofern man es nicht sehr allgemein hält, dann ist es halt sowieso alles TCC).
In diesem Sinne ist doch die einzige Klammer nur: Yang-Stil ist das, was sich selbst historisch in irgendeiner Form auf die Yang-Familie zurückführt und darum auch so nennt.
In diesem Sinne ist doch die einzige Klammer nur: Yang-Stil ist das, was sich selbst historisch in irgendeiner Form auf die Yang-Familie zurückführt und darum auch so nennt.
Ich gehe davon aus, dass ein "Stil" bestimmte Eigenschaften besitzt, welche ihn beschreiben. Nach dem Verständnis der Chen-Stilisten besitzen sie "den ganzen Kuchen", während andere Stile das Taijiquan verkürzt haben oder die Prinzipien nicht mehr originalgetreu lehren.
Im Yang-Stil wurden die schnellen Bewegungen aus der Form herausgenommen. Seidenübungen als Grundlage für die energetisch korrekte Ausführung der Form und als Grundlage der Energiearbeit der Kampfkunst sind mir im Yang-Stil nicht bekannt.
Sollten wir uns nicht besser damit beschäftigen, was bestimmte Stile ausmacht, um dann darauf schließen zu können, was verschiedene Stile unterscheidet?!
bluemonkey
11-05-2011, 13:34
Nach dem Verständnis der Chen-Stilisten besitzen sie "den ganzen Kuchen"
Wie, die haben den ganzen Kuchen und die Schüler sollen "bitter essen" ?:ups:
:motz:
GilesTCC
11-05-2011, 14:52
Ich habe mich, was die Zuordnung von Matsunkuen zum Yangstil angeht, auf zwei Dinge gestützt:
Eure eigenen Aussagen, und etwa den Hinweis auf die Nähe von Ma zu Cheng Man Ching.
Sowie auf eigene Anschauung bei mehreren Seminaren mit Fernando C. Das passte alles nahtlos in den Yangstil, den ich kenne. Die Tatsache, dass die Formen abweichen, finde ich eher nebensächlich. Im Gegenteil: Wie ich hier auch schon einmal schrieb, würde ich das, was ich bei MTK gesehen habe als Yang im Kranich-Stil einordnen. Dass Meister Ma daneben auch andere KK-Quellen in sein System einfließen lie, mag sein - kann ich nicht beurteilen.
Gute Bemerkungen :)
In manchen Hinsichten fühlen sich etliche Mitglieder der MTK-Schule (wenn ich mich anmaßen darf, auch für anderen zu sprechen) durchaus als "Krypto-Yangstilisten" :D. Vieles am Yang-Stil ist potentiell (!) großartig. Andererseits wurzelte Fernandos Entscheidung in den 80er, doch seine Sache irgendwann "Ma-Tsun-Kuen-Stil" zu nennen, auf Begegnungen mit gewissen offiziellen Vertretern des Yang-Stils zu der Zeit, die ihn in verschiedenen Hinsichten nicht übermäßig begeisterten.
Außerdem hatte sein Lehrer, Ma Tsun Kuen, laut Überlieferung sein Tai Chi nicht bei einem Vertreter eines Familienstils, sondern aus ganz anderer Quelle. (Ja, ich weiß, es gibt keine Urkunden und keine YouTube-Vids, um es belegen...). Die Benutzung der Form des Yang-Stils kam viel später, als MTK anfing, in Argentinien zu unterrichten. Als Karosserie, so zu sagen, aber der Motor und der Brennstoff (und viele Basisübungen) kamen woanders her. Es gibt wie gesagt keine Linie, die auf die Yang-Familie (direkt) zurückgeht. Das, was laut Erzählungen bei Ma Tsun Kuen und m.E. auch bei Fernando so richtig funzt, kam nicht von der anerkannten Yang-Linie.
Manche Figuren und vor allem Techniken im MTK-Stil ähneln mehr dem Wu-Stil, zum Beispiel.
Aber vielleicht machen wir doch durchaus Yang-Stil...? Ich könnte auch gut damit leben. :)
Der Punkt, um den es mir ging, war folgender: Wenn man die Unterschiede in den Formen (wie auch in ihrer Ausführung) als Abgrenzung nähme, müsste man die Bezeichnung "Yang-Stil" inzwischen insgesamt in Frage stellen. Zwischen manchen Varianten der CMC-Formen und beispielsweise dem familiennahen Yang nach YSC sind zum Teil gewaltige Unterschiede vorhanden. Auch die inneren Konzepte weichen ziemlich voneinander ab (sofern man es nicht sehr allgemein hält, dann ist es halt sowieso alles TCC).
Könnte man durchaus in Frage stellen. Wie schon bemerkt, die "Grenzen" sind sowieso oft willkürlich.
Inzwischen wird das Tai Chi, das von Huang Sheng-Shyan abstammt (Yang Chen Fu --> Cheng Man Ching --> HSS) auch oft "Huang-Stil" genannt. Was ich durchaus berechtigt finde, wenn man den grossen Anteil von "Weisser Kranich-Stil" dabei sieht/fühlt. (Keine Bewertung, und außerdem finde ich diesen Stil persönlich recht gut!).
Und für mich ist das Thema einerseits schon interessant, aber schliesslich auch ziemlich unwichtig. Der Inhalt zählt, und das kann man eh nur vor Ort fühlen und testen. Weder Name noch Linie sind von großer Bedeutung.
Schöne Grüße,
Giles
rudongshe
11-05-2011, 16:09
Und Bob Boyd beruft sich ja vehement auf Ip Tai Tak, der ihm als Einzigem die letzten Geheimnisse verraten haben soll - ist also auch Yang-Stil.
Also tatsächlich ist Ip Familienstil nicht in Amerika oder von Bob Boyd erfunden worden.
Er behauptet auch nicht, er sei der einzige, dem diese Art des Yangstils bekannt ist. Er sagt, er hätte ihn vorher nie gelernt.
Ob andere Disciples von Yang oder Ip das auch gelernt haben, weiß er nicht, da sie es nicht lehren.
Der Ip Familienstil hat seine Namensgebung erst später erfahren.
Hanspeter
11-05-2011, 16:11
Nach dem Verständnis der Chen-Stilisten besitzen sie "den ganzen Kuchen"
Tja, dann...
Im Yang-Stil wurden die schnellen Bewegungen aus der Form herausgenommen. Seidenübungen als Grundlage für die energetisch korrekte Ausführung der Form und als Grundlage der Energiearbeit der Kampfkunst sind mir im Yang-Stil nicht bekannt.
Seidenübungen sind nicht das einzige, was man als Grundlage für eine energetisch korrekte Ausführung der Form nehmen kann.
Zudem gibt es auch schnelle Formen im Yang-Stil, und man kann ja sogar die lange Form schnell üben ...
Seidenübungen sind nicht das einzige, was man als Grundlage für eine energetisch korrekte Ausführung der Form nehmen kann.
Welche Alternativen kennst du?
Zudem gibt es auch schnelle Formen im Yang-Stil, und man kann ja sogar die lange Form schnell üben ...
Alles, was man im Taijiquan langsam ausführt, sollte man (potenziell) auch schnell ausführen können. Das geht aber m.E. am Taiji-Prinzip vorbei, was nicht die Trennung der Dualitäten, sondern ihre Verbindung/ ihren Wechsel bedeutet. Darum werden nach meinem Verständnis auch in der Taijiquan-Form langsame und schnelle Bewegungen kombiniert.
rudongshe
11-05-2011, 18:49
Welche Alternativen kennst du?
Alles, was man im Taijiquan langsam ausführt, sollte man (potenziell) auch schnell ausführen können. Das geht aber m.E. am Taiji-Prinzip vorbei, was nicht die Trennung der Dualitäten, sondern ihre Verbindung/ ihren Wechsel bedeutet. Darum werden nach meinem Verständnis auch in der Taijiquan-Form langsame und schnelle Bewegungen kombiniert.
Die Yangs haben eine wichtige Pushhandsübung und die longboxing kann man variabel in den Geschwindigkeiten laufen.
Wenn man über "Stile" spricht, denke ich, muss man das erst einmal einfach in der historischen Entstehung, in der Selbstdefinition und vielleicht noch im äußeren Erscheinungsbild der Formen betrachten.
Ein gutes Beispiel ist Matsunkuen - die nennen sich zwar nicht so, sind aber eindeutig dem Yangstil zuzuordnen. Ein Blick auf die Form genügt dazu. Auch historisch von der Entstehung ließe es sich eindeutig belegen.
Das alles ist wertfrei und letztlich ja nur spannend für Leute, die sich halt für die Geschichte und die Weiterentwicklung der Stile interessieren.
Historisch belegt ist, dass die Chen-Familie zu erst da war. Dann kamen andere Familien hinzu. Die Yang-Familie hat für eine große Verbreitung gesorgt.
Mir geht es hier um die Frage, wie ihr es seht, wann von einem "Stil" gesprochen werden kann. Als DEFINITION.
Wenn jemand eine Variation praktiziert, ist es dann ein Stil? Nur weil diese Person z.B. ein körperliches Leiden hat und deshalb Bewegungen anders ausführt? Oder wenn es dann ganz viele nachmachen? Oder war da etwas mit Kampfkunst, d.h. hat es mit neuen Techniken zu tun?
Danke für Euren Gedankenaustausch und dass es (bisher) ideologisch sauber diskutiert wird.;)
Hundertzehn
11-05-2011, 23:10
Gute Bemerkungen :)
Inzwischen wird das Tai Chi, das von Huang Sheng-Shyan abstammt (Yang Chen Fu --> Cheng Man Ching --> HSS) auch oft "Huang-Stil" genannt.
Wobei bei der Benennung die Anführungszeichen immer mitschwingen und man eigentlich "Yang-Stil nach Huang Sheng Shyan" meint, selbst wenn man "Huang-Stil" sagt - so zumindest in meiner Wahrnehmung.
rudongshe
12-05-2011, 05:10
Mir geht es hier um die Frage, wie ihr es seht, wann von einem "Stil" gesprochen werden kann. Als DEFINITION.
Ein Stil für mich in diesem engen Sinne ist ein Arbeiten mit klaren, anwendbaren Hauptprinzipien, von denen der Rest sich ergibt und entwickelt. Es gibt eine Interpretation der Prinzipien, man lernt/kultirviert diese Prinzipien, versucht sich in ihnen zu bewegen und zu bleiben, daraus den Rest zu erarbeiten.
Ip hatte von den 13 Prizipien seines Meisters drei körperliche Prinzipien in den Vordergrund gestellt. Man könnte auch zwei oder 5 nehmen, weil sie zusammenhängen. Ip favoriserte die drei schwersten.
Diese körperlichen Prinzipien sind der Dreh- und Angelpunkt. Wenn sie beherrscht und kultiviert werden, beginnt auch ein Erleben/Verständnis für die anderen mehr geistigen der 13 Prinzipien - weil erst die körperliche Grundlage reift.
In der Hierarchie kommen dann die 8 Energien, sie entwickeln sich aus den Prinzipien und dann folgt die Anwendungen im Rahmen und aus den Prinzipien.
Das heißt verletze ich ein Prinzip, kämpfe ich, eventuell auch erfolgreich, aber
es ist dann nicht mehr Ip's Taichi.
Mit fortschreitender Entwicklung und Verständnis ändern sich aber auch die Erfahrungen der drei Ausgangsprinzipen und dann ändert sich wieder das Verständnis des ganzen. Alles ist ja ein System mit Rückkopllung - der Kern sind allerdings die körperlichen Prinzipien.
Im Grund genommen üben wir immer Ips 3 (5) Prinzipien, ob in der Form, in den vorberitenden Übungen, ob im Phushhands.
Diese Prinzipien sind halbwegs klar und fassbar. Alles andere ergibt sich.
Rudi
rudongshe
12-05-2011, 05:18
Andererseits wurzelte Fernandos Entscheidung in den 80er, doch seine Sache irgendwann "Ma-Tsun-Kuen-Stil" zu nennen, auf Begegnungen mit gewissen offiziellen Vertretern des Yang-Stils zu der Zeit, die ihn in verschiedenen Hinsichten nicht übermäßig begeisterten.
Das klingt spannend. In welchem Rahmen war das?
Von YSC habe ich gehört, als er in Hong Kong ankam wurd er in den ersten Jahren öfter zu Wzeikämpfen herausgefordert, als er dort begann Taichi zu unterrichten.
Und auch Ip Tai Tak musste sich in seiner Generation als Disciple "unter Beweis" stellen.
Naja, Hörensagengeschichten :o
GilesTCC
12-05-2011, 08:15
Das klingt spannend. In welchem Rahmen war das?
Nun, ich will die Grenzen der Diskretion nicht weiter strapazieren... ;)
Und natürlich gab und gibt es auch in jüngerer Zeit gute Vertreter des mehr oder weniger "offiziellen" Yang-Stils. Z.B. halte ich Yang Zhen-He (der zwar kein "richtiger Yang" ist aber schon ein offizieller Stil-Vertreter...) für einen richtig guten Tai Chi-Mann.
Wobei ich mich sicherlich nicht zum allgemeinurteilenden Instanz aufschwingen will, oder darf !! :engel_3:
Schöne Grüße,
Giles
GilesTCC
12-05-2011, 08:26
Wobei bei der Benennung die Anführungszeichen immer mitschwingen und man eigentlich "Yang-Stil nach Huang Sheng Shyan" meint, selbst wenn man "Huang-Stil" sagt - so zumindest in meiner Wahrnehmung.
Ja. Vielleicht. Noch.
Es gibt genug klare Unterschiede in der Formausführung, in den Basisübungen (z.B. 5 Loosenings) und vor allem in der grundsätzlichen Körpermechanik (Einfluß von Weisser Kranich), um den Begriff "Huang-Stil" zu rechtfertigen.
Natürlich gibt es immer noch Gemeinsamkeiten zwischen dem Tai Chi, was Huang machte, und dem "normalen" Yang-Stil. Gemeinsamkeiten gibt es auch oft genug zwischen allen Tai Chi-Stilen. Vorausgesetzt, daß es weder zu steif und 'hau-rück', noch zu labberig ist. ;)
An dieser Stelle würde ich gerne auf meine Posting #3 im Thread verweisen...
Schöne Grüße,
Giles
rudongshe
12-05-2011, 08:30
Nun, ich will die Grenzen der Diskretion nicht weiter strapazieren... ;)
Also ein teaser?:)
GilesTCC
12-05-2011, 09:20
Also ein teaser?:)
Wenn du meinst, ich flunkere - nein.
Der Thread geht unter anderem darum, warum und wie "neue Stile" entstehen, und ich habe es in diesem Zusammenhang erzählt, als ein Beispiel von einem relevanten Faktor.
Allerdings wäre es wahrscheinlich besser gewesen, ich hätte nichts in dieser Richtung gesagt. Live and learn...
Schöne Grüße,
Giles
Kamenraida
12-05-2011, 11:14
Mir geht es hier um die Frage, wie ihr es seht, wann von einem "Stil" gesprochen werden kann. Als DEFINITION.
Ich glaube, du suchst nach etwas, was man nur sehr allgemein beantworten kann, und eben nicht aus der Systematik eine Stils heraus.
Damit man etwas einen "Stil" nennen kann, braucht es im Idealfall:
-einen Begründer und eine möglichst nachvollziehbare Lineage
- ein Set an Formen und Übungen, die im besten Falle wiedererkennbar sind
- eine gewisse Verbreitung in Form von Schülern und Schulen
-das Selbstbild, eben einen eigenen Sil darzustellen
-Die Abgrenzung zu anderen Stilen
Wir haben hier im Forum doch sozusagen life miterlebt, wie aus einer Linie des Yang Stils der Ip Style wurde. Die haben das ja auch erklärt, meine ich, mich zu erinnern. Hätte man bestimmt auch Bob Boyd Style nennen können, denn wie hier gerade erst von jemandem bemerkt wurde, gibt es offenbar niemand anderen, der das in der Form lehrt. Und andere Schüler von ITT lehren es definitiv anders. (siehe: Abgrenzung und Selbstbild)
Das ist ins Unreine geschrieben, es gibt bestimmt noch mehr und andere Aspekte. Ich befürchte nur, dass man letztlich bei folgendem landet: Ein Stil ist, was sich Stil nennt (mal abgesehen von offensichtliche "Plagiaten")
Als Beispiel noch mal das mit dem Matsunkuen (auch wenn meine Kenntnis nicht tief ist): Für mich war das ganz klar eine Variante des Yang-Stils, nennt sich aber aufgrund einer Entscheidung von Fernando C. anders.
Was ich, z.B. bei CC Chen gesehen habe, war meilenweit von dem entfernt, was ich im Yang gelernt hatte, nannte sich aber eben Yangstil.
Nochmals: Es ist nicht wertend gemeint. Nur: Stil-Beschreibungen tragen immer einen großen Anteil an "politics" in sich, weil sie sich entweder von einem bestehenden Stil abgrenzen wollen, oder von dessen Ruf gerade profitieren wollen.
zuletzt: Natürlich spielt die Zeit hier eine große Rolle: Wenn sich Stile über Jahrzehnte oder Jahrhunderte halten (wie die "großen" Stile im TCC) entsteht halt eine gewisse Selbstverständlichkeit.
rudongshe
12-05-2011, 11:23
Wir haben hier im Forum doch sozusagen life miterlebt, wie aus einer Linie des Yang Stils der Ip Style wurde. Die haben das ja auch erklärt, meine ich, mich zu erinnern. Hätte man bestimmt auch Bob Boyd Style nennen können, denn wie hier gerade erst von jemandem bemerkt wurde, gibt es offenbar niemand anderen, der das in der Form lehrt. Und andere Schüler von ITT lehren es definitiv anders. (siehe: Abgrenzung und Selbstbild)
Das ist ins Unreine geschrieben, es gibt bestimmt noch mehr und andere Aspekte. Ich befürchte nur, dass man letztlich bei folgendem landet: Ein Stil ist, was sich Stil nennt (mal abgesehen von offensichtliche "Plagiaten")
? Hätte man nicht Bob Boyd Stil nennen können, da Bob das leht, was Ip ihm gezeigt hat.
Es wird nicht gelehrt von anderen, das lässt aber nicht den Rückschluss zu, dass es vorher niemand anders gelehrt bekommen hat.
Ich weiß nicht welche anderen Schüler Du meinst. Das was jemand lehrt, entscheidet er ja selber und sagt nichts darüber aus, was jemand oder ein anderer weiß.
Ich denke mal, dass ein Tai Chi Stil einfach eine Interpretation der verschiedenen Prinzipien und deren Umsetzung ist. Es basieren quasi alle Bewegungen auf diesen Leitsätzen, nur, dass die spezifische Ausführung immer bisschen anders ist. (z.B. 6 Harmonien, "Brustbein senken, Steiß kippen", Wechsel von weich und hart,...)
Ich denke mal eher dass sich die ersten Kombattanten die sich Übungen überlegt haben einen **** um "Brinsibien" geschert haben. Die hatten einen Grundstock an Übungen die im Umkreis der Offiziere und am Hof kursiert haben, und haben im Ringkampftraining sich dann nach und nach überlegt wie das formal erklärbar ist. Und zwar mit einfachen Prinzipien wie "wenn Du Dich aus der Root lehnst wirst Du Opfer", und nicht mit "bei frühem Mond wenn der Hohlrücken sich oberhalb des kleinen Zehs befindet, dann wirst Du triumphieren wenn Du Dich hinsetzt!". Wobei die ganz sicher den echten Einfluss von "Qi" gemerkt haben, am Körpergefühl. Daher kommen dann Begriffe wie "rising qi" und ähnliche.
P.S.: Solange man nicht erlebt und merkt wie das mit dem "Qi" und Jin und was es da so alles gibt funktioniert, und lernt damit umzugehen, wird man immer auf einem Mini-Niveau von ein bischen Schubsen wursteln. Der gemeinsame Nenner der inneren Stile ist Peng Jin, wie man damit umgeht und was man präferiert, das definiert einen "Stil".
Braucht denn nicht auch Peng eine gewisse Körperstruktur, um sich zu entfalten?
Mit Körperstruktur meine ich Veränderungen am Körper selbst (z.B. in den Musekeln, Sehnen, verschiedenen Gefäßen) und eben dieses willentliche Ausrichten.
Ja, braucht es. Nein, nicht willentlich, ganz im Gegenteil. Auf hohem Niveau, sprich dann wenn man es wirklich gebraucht, läuft das instinktiv und von alleine ab. Der Körper richtet sich so aus wie er es braucht, und setzt die Peng-Mechanismen so ein wie er möchte. Das heisst, wenn man jemanden vor sich hauen will, aber gleichzeitig von hinten ein Balken in den Rücken gekloppt wird, dann richtet sich der Körper so aus dass er den Impuls von hinten nehmen oder entschärfen kann, und verwendet seine Kraft von alleine im Rücken um sich zu schützen. Alles andere ist Bullsh!t. Es gibt aber durchaus die Präferenzen, was man quasi gelernt hat. Mehr draufhauen, mehr "weich" arbeiten, ein Gemisch, und so weiter. Das ist nicht automatisch gleich, von daher kann man auch von Stil sprechen. Ich kann zum Beispiel das mit dem wie Qualm keinen Widerstand entgegensetzen so dass man nichts fühlt kaum. Ich kenne aber Leute, die sind einfach "nicht da", die kann ich auch ganz schwer mal stellen, meistens finde ich die nicht. Ich war damals aber um einiges stärker in der Fajin-Grösse.
Also heißt das massenhaft Training, um den Instinkt herbeizulocken.. ob er dann beißt oder nicht, ist 'ne andere Frage :p
So ungefähr. In sich versunkenes Training auf der einen Seite, Partnertraining mit "Hören" und sich instinktiv machen lassen auf der anderen. Das kommt nicht über Nacht, oder anders ausgedrückt, es kommt über Nacht plötzlich, aber meistens nicht nach der ersten. ;)
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