shin101
19-05-2011, 11:53
Ich denke der Affenkönig ist vielen bekannt. Manche kennen ihn auch als Sun Wu Kung manche auch als Son Goku. Wobei hier nicht vom Sayajin die rede ist.
Da die Geschichte sehr lang ist habe ich nicht die ganze gepostet. Hier findet man die gesamte Geschichte: http://www.zeno.org/Märchen/M/Asien/Richard+Wilhelm%3A+Chinesische+Volksmärchen/100.+Der+Affe+Sun+Wu+Kung
http://elpollodetrescabezas.files.wordpress.com/2009/06/sun_wu_kong_by_anggasatriohadi.jpg
Quelle: http://elpollodetrescabezas.files.wordpress.com/2009/06/sun_wu_kong_by_anggasatriohadi.jpg
Der Affe Sun Wu Kung
Im fernen Osten, mitten im großen Meer, ist eine Insel, die heißt: der Berg der Blumen und Früchte. Auf diesem Berge stand ein hoher Fels. Der hatte seit Anbeginn der Welt alle geheimen Samenkräfte von Himmel und Erde, Sonne und Mond in sich aufgenommen; dadurch erhielt er übernatürliche [351] Zeugungskraft. Eines Tages barst er und gebar ein steinernes Ei. Es war rund wie eine Kugel. Aus diesem Ei ward durch Zauberkraft ein steinerner Affe ausgebrütet. Er neigte sich nach allen Seiten. Dann lernte er allmählich gehen und springen. Aus seinen Augen brachen zwei Strahlen goldenen Scheines hervor, die schössen hinauf bis zu dem höchsten Himmelsschloß, also daß der Herr des Himmels darob erschrak. Er sandte die beiden Götter Tausendmeilenauge und Feinohr aus, um zu sehen, was es gäbe. Die beiden Götter berichteten: »Die Strahlen kommen aus dem Auge des steinernen Affen, der von dem Zauberstein geboren ist; es ist kein Grund zur Unruhe vorhanden.«
Allmählich wuchs der Affe heran, lief und sprang umher, trank aus den Quellen der Täler und aß von den Blumen und Früchten, und die Zeit verstrich in ungebundenem Spiel.
Eines Tages im Sommer, als er mit den andern Affen der Insel Kühlung suchte, kamen sie in ein Tal zu baden. Sie erblickten einen Wasserfall, der von hohen Felsen herabstürzte. Die Affen sprachen untereinander: »Wer durch das Wasser hineindringen kann, ohne daß es ihm etwas Schadet, der soll unser König sein.« Der steinerne Affe machte einen Freudensprung und sprach: »Ich geh hinein.« Dann schloß er die Augen, bückte sich und sprang in den brausenden Gischt. Als er die Augen wieder öffnete, da sah er eine eiserne Brücke, die durch den Wasserfall wie durch einen Vorhang von der Außenwelt abgeschlossen war. Die Brücke führte zu einem Höhlenschloß, das war wohnlich und rein. Am Eingang stand eine Steintafel; darauf war geschrieben: »Das ist der Höhlenhimmel hinter dem Wasservorhang auf dem seligen Berg der Blumen und Früchte.« Hocherfreut sprang der steinerne Affe wieder durch das Wasser hinaus und erzählte den andern Affen, was er gefunden. Die hörten die Nachricht mit großer Freude und baten den steinernen Affen, sie mitzunehmen. [352] So sprang die ganze Herde durch das Wasser auf die eiserne Brücke; dann drangen sie ins Höhlenschloß ein, wo Töpfe und Herde, Tassen und Schüsseln in reicher Zahl sich fanden. Alles aber war aus Stein. Die andern ehrten nun den steinernen Affen als ihren König, und er ward genannt: der schöne Affenkönig. Er ordnete die Meerkatzen, Paviane und die übrigen Affen zu Beamten und Räten, Dienern und Helfern, und sie führten ein seliges Leben auf dem Berge, schliefen nachts in ihrem Höhlenschloß, hielten sich fern von Vögeln und Tieren, und der König genoß der ungebundenen Seligkeit. Darüber vergingen wohl an die dreihundert Jahre.
Eines Tages, als der Affenkönig mit seinen Affen bei fröhlichem Mahle saß, begann er plötzlich zu weinen. Erschrocken fragten die Affen, was ihn inmitten all dieser Seligkeit auf einmal so traurig mache. Der König sprach: »Wohl sind wir frei von der Menschen Gesetz und Recht, wohl wagen Vögel und Tiere nicht, uns etwas anzuhaben; doch werden wir allmählich alt und schwach, und eines Tages kommt die Stunde, da der Tod, der Alte, uns davonschleppt. Im Nu sind wir dahin und können nicht länger auf der Erde weilen.« Als die Affen diese Worte hörten, verhüllten sie ihre Gesichter und schluchzten. Da trat ein alter Affe aus der Reihe hervor, dessen Arme so in Verbindung standen, daß er den einen um den andern verlängern konnte. Der sprach mit lauter Stimme: »Daß Ihr, o König, auf diese Gedanken kommt, das zeigt, daß das Suchen nach Wahrheit in Euch erwacht ist. Unter allen lebenden Wesen gibt es nur drei Arten, die der Macht des Todes entnommen sind: die Buddhas, die seligen Geister und die Götter. Wer eine dieser drei Stufen erreicht, der entgeht dem Rad der Wiedergeburt und lebt solange wie der Himmel.« Der Affenkönig sprach: »Wo wohnen denn diese drei?« Der alte Affe erwiderte: »Sie wohnen in Höhlen und heiligen Bergen in der großen Welt der Menschen.« Der König war erfreut, als er das hörte, und erklärte [353] seinen Affen, daß er hingehen wolle, um Götter und heilige Geister zu suchen und von ihnen den Weg der Unsterblichkeit zu lernen. Die Affen schleppten Pfirsiche und andere Früchte und süßen Wein herbei, das Abschiedsmahl zu feiern, und sie betranken sich noch einmal miteinander nach Herzenslust.
Am andern Morgen stand der schöne Affenkönig in aller Frühe auf, machte sich ein Floß zurecht aus alten Kiefern und nahm einen Bambusstab zur Ruderstange. Ganz allein bestieg er das Floß und ruderte durch das große Meer. Wind und Wellen waren günstig, und er kam nach Asien. Dort stieg er ans Land. Da traf er am Ufer einen Mann, der Fische fing. Er ging auf ihn zu, schlug ihn zu Boden, riß ihm die Kleider ab und zog sie selber an. Dann wanderte er umher und besuchte alle berühmten Orte, ging in die Märkte, die dichtbevölkerten Städte, lernte Anstandsregeln, lernte sprechen und benahm sich wie ein gebildeter Mensch. Doch war er im Herzen darauf gerichtet, die Lehre der Buddhas, der Seligen und der heiligen Götter zu erfragen. Aber die Leute in diesem Land waren nur auf Ehre und Reichtum aus. Keinem einzigen war es um das Leben zu tun. So trieb er sich denn umher, und unvermerkt vergingen neun Jahre. Da kam er an den Strand des Westmeeres, und es fiel ihm ein: Jenseit des Meeres, da gibt es wohl sicher Götter und Heilige. So machte er sich denn wieder ein Floß zurecht, trieb über das Westmeer und kam in das Land des Westens. Dort ließ er das Floß schwimmen und stieg ans Ufer. Viele Tage hatte er mit Suchen zugebracht, als er plötzlich einen hohen Berg mit stillen, tiefen Tälern erblickte. Der Affenkönig stieg hinan, da hörte er im Walde einen Menschen singen, und der Gesang klang wie ein Lied von seligen Geistern. Eilig drang er in den Wald ein, um zu sehen, wer es wäre. Er traf einen Holzhacker bei der Arbeit. Der Affenkönig verneigte sich vor ihm und sprach: »Ehrwürdiger, göttlicher Meister, ich falle anbetend vor Euch [354] nieder.« Der Holzhacker sprach: »Ich bin ein einfacher Arbeiter; was nennst du mich göttlicher Meister?« – »Wenn du kein seliger Gott bist,« antwortete der Affenkönig, »woher hast du denn dann dieses göttliche Lied?« – Der Holzhacker sagte lachend: »Du kennst dich aus in der Musik. Ich habe wirklich ein Lied gesungen, das mich ein Heiliger gelehrt.« – »Wenn du mit einem Heiligen befreundet bist,« sagte der Affenkönig, »so wohnt er sicher nicht weit von hier. Ich flehe dich an, mir den Weg zu seiner Wohnung zu zeigen!« – Der Holzhacker sprach: »Es ist nicht weit! Es ist nicht weit! Dieser Berg heißt der Berg des Herzens. Eine Höhle ist darin, da wohnt ein Heiliger, er heißt der Erkennende. Unzählige seiner Schüler haben die Seligkeit erlangt. Dreißig, vierzig Schüler sind noch immer um ihn versammelt. Du darfst nur diesem Weg nach Süden folgen, so kannst du seine Wohnung nicht verfehlen.« Der Affenkönig bedankte sich bei dem Holzhacker, und richtig kam er zu der Höhle, die jener ihm beschrieben. Das Tor war verschlossen, und er wagte nicht zu klopfen. So sprang er denn auf eine Kiefer und brach sich Kiefernzapfen ab, deren Samen er aß. Nicht lange, da kam ein Jünger des Heiligen, machte das Tor auf und sprach: »Was ist denn das für ein Vieh, das da solchen Lärm verführt?« Der Affenkönig sprang vom Baum, verbeugte sich und sagte: »Ich komme, um die Wahrheit zu lernen. Ich wage nicht zu lärmen.« Da mußte der Jünger lachen und sagte: »Unser Meister saß gerade in Andacht versunken; da hieß er mich den Wahrheitssucher, der draußen stehe, hereinführen, und nun steht wirklich einer da. Nun, du kannst mit mir kommen!« Der Affenkönig zog seine Kleider zurecht, rückte den Hut gerade und trat ein. Ein langer Gang führte an prächtigen Gebäuden und stillen verborgenen Hütten vorüber bis an den Ort, wo der Meister auf einem Sitz von weißem Marmelstein aufrecht saß. Rechts und links von ihm standen dienend die Jünger. Der Affenkönig warf sich zur [355] Erde und begrüßte ihn demütig. Auf die Fragen des Meisters erzählte er, wie er sich hergefunden habe. Und als er ihn fragte, wie er heiße, erwiderte er: »Ich habe keinen Namen. Ich bin ein Affe aus einem Steine geboren.« Da sprach der Meister: »So will ich dir einen Namen geben. Ich nenne dich Sun Wu Kung.« Hocherfreut bedankte sich der Affenkönig, und er hieß von nun ab Sun Wu Kung. Der Meister befahl den älteren Jüngern, den Sun Wu Kung zu belehren im Kehren und Putzen, im Aus- und Eingehen, im guten Benehmen, im Hacken des Feldes und Gießen des Gartens. Nach einiger Zeit lernte er schreiben, Weihrauch verbrennen und die Sutren lesen. Darüber vergingen sechs, sieben Jahre.
Eines Tages stieg der Meister zu seinem Lehrsitz empor und begann über die große Wahrheit zu reden. Sun Wu Kung verstand den geheimen Sinn und begann vor Freude zu zappeln und zu tanzen. Der Meister schalt ihn: »Sun Wu Kung, du hast noch immer nicht deine Wildheit abgelegt. Was fällt dir ein, dich so ungebührlich zu betragen!« Sun Wu Kung erwiderte sich verneigend: »Ich hörte Euch aufmerksam zu, da ging in meinem Herzen mir der Sinn der Rede auf, und unwillkürlich tanzte ich vor Freuden; ich ließ nicht wildem Wesen den Lauf.« Der Meister sprach: »Wenn du wirklich erwacht bist, so will ich dir die große Wahrheit verkündigen. Diese Wahrheit aber hat dreihundertsechzig Wege, auf denen man zu ihr gelangen kann. Welchen Weg soll ich dich lehren?« – Sun Wu Kung sprach: »Welchen Ihr wollt, o Meister.« – Der Meister sprach: »Soll ich dich in der Magie unterweisen?« – Sun Wu Kung fragte: »Was lernt man da?« – Der Meister sprach: »Man lernt, die Geister zu beschwören, das Orakel zu befragen und Glück und Unglück vorherzuwissen.« – »Kann man dadurch das ewige Leben erlangen?« fragte Sun Wu Kung. – »Nein«, war die Antwort. – »Dann lern ich's nicht.« – »Soll ich dich in der Wissenschaft unterrichten?« – »Was ist die Wissenschaft?« [356] – »Es sind die neun Schulen der drei Religionen. Man lernt die heiligen Schriften lesen, Zaubersprüche sagen, mit den Göttern verkehren und die Heiligen herbeirufen.« – »Kann man dadurch das ewige Leben erlangen?« – »Nein«. – »Dann lern ich sie nicht«. – »Der Weg der Stille ist sehr gut.« – »Was ist damit gemeint?« – »Man lernt, ohne Nahrung zu leben, in stiller Reinheit tatenlos zu weilen und in Betrachtung versunken zu sitzen.« – »Kann man dadurch das ewige Leben erlangen?« – »Nein«. – »Dann lern ich ihn nicht.« – »Der Weg der Tat ist auch recht gut.« – »Was ist damit gemeint?« – »Man lernt, die Kräfte des Lebens ins Gleichgewicht zu setzen, den Körper zu üben, das Lebenselixier zu bereiten, den Nabel zu reiben und den Atem zu beherrschen.« – »Kann man dadurch das ewige Leben erlangen?« – »Auch noch nicht.« – »Dann lern ich ihn nicht! Dann lern ich ihn nicht!« – Da stellte sich der Meister böse, sprang von seinem Pult herab, nahm den Stock und schalt: »Dieser Affe! das will er nicht lernen, jenes will er nicht lernen! Auf was wartest du denn dann noch?« Damit schlug er ihn mit dem Stocke dreimal auf den Kopf, zog sich ins innere Zimmer zurück und machte die Haupttür hinter sich zu.
Die Schüler waren in großer Aufregung und bestürmten den Sun Wu Kung mit Vorwürfen. Der aber bekümmerte sich nicht darum, sondern lächelte stille vor sich hin; denn er hatte das Rätsel, das der Meister ihm aufgegeben hatte, verstanden. Er dachte in seinem Herzen: »Daß er mich dreimal auf den Kopf geschlagen, das heißt, daß ich zur dritten Nachtwache bereit sein soll. Daß er sich ins innere Gemach zurückgezogen hat und die Haupttür hinter sich verschlossen, das heißt, daß ich zur Hintertür hereinkommen soll und er mir im geheimen die große Wahrheit eröffnen will.« So wartete er denn bis zum Abend und legte sich zum Scheine mit den andern Schülern gemeinsam zur Ruhe. Als aber die dritte Nachtwache gekommen [357] war, da stand er leise auf und schlich sich zur Hintertür. Richtig fand er sie nur angelehnt. Er schlüpfte hinein und trat vor das Bett des Meisters. Der Meister schlief mit dem Gesicht nach der Wand. Er wagte ihn nicht zu wecken, sondern kniete vor dem Bette nieder. Nach einer Weile drehte sich der Meister um und summte ein Verschen vor sich hin:
»Schwer, schwer, schwer
Ist der Wahrheit Lehr'!
Find't man nicht den rechten Mann,
Red't man sich nur lahm daran.«
Da antwortete Sun Wu Kung: »Ich warte hier ehrfürchtig.«
Der Meister warf die Kleidung über, richtete sich im Bett auf und fuhr ihn an: »Verdammter Affe! Warum schläfst du denn nicht? Was willst du denn hier?« –
Sun Wu Kung erwiderte: »Ihr habt mir doch gestern angedeutet, daß ich um die dritte Nachtwache zur Hintertür hereinkommen soll, um in der Wahrheit unterrichtet zu werden. Darum habe ich es gewagt, zu kommen. Wenn Ihr mir nun die große Gnade erweisen wollt, mich zu belehren, so will ich Euch ewig dankbar sein.«
Der Meister dachte bei sich selbst: »Dieser Affenkopf hat wirklich Geist, daß er mich so gut verstanden hat.« Dann sagte er: »Sun Wu Kung, dir ist's vergönnt. Ich will offen mit dir reden. Komm ganz nahe heran, dann will ich dich den Weg zum ewigen Leben lehren.«
Damit sagte er ihm einen göttlichen Zauberspruch zur Sammlung der Lebenskraft ins Ohr und erklärte Wort für Wort den geheimen Sinn. Begierig hörte Sun Wu Kung zu und konnte ihn in kurzem auswendig. Dann bedankte er sich, ging wieder nach vorn und legte sich schlafen. Von da ab übte er sich im richtigen Atmen, wahrte Samen, Seele und Geist und zähmte seines Herzens Natur. Unter dieser Arbeit vergingen abermals drei Jahre. Da war das Werk vollbracht.
[358] Eines Tages sprach der Meister zu ihm: »Noch drohen dir drei große Gefahren, die jeder bestehen muß, der etwas Außerordentliches erreicht, da ihn der Dämonen und Geister Neid verfolgt. Und nur, wer diese drei Gefahren bestanden hat, der lebt solange wie der Himmel.«
Liebe Grüße,
Shin
Da die Geschichte sehr lang ist habe ich nicht die ganze gepostet. Hier findet man die gesamte Geschichte: http://www.zeno.org/Märchen/M/Asien/Richard+Wilhelm%3A+Chinesische+Volksmärchen/100.+Der+Affe+Sun+Wu+Kung
http://elpollodetrescabezas.files.wordpress.com/2009/06/sun_wu_kong_by_anggasatriohadi.jpg
Quelle: http://elpollodetrescabezas.files.wordpress.com/2009/06/sun_wu_kong_by_anggasatriohadi.jpg
Der Affe Sun Wu Kung
Im fernen Osten, mitten im großen Meer, ist eine Insel, die heißt: der Berg der Blumen und Früchte. Auf diesem Berge stand ein hoher Fels. Der hatte seit Anbeginn der Welt alle geheimen Samenkräfte von Himmel und Erde, Sonne und Mond in sich aufgenommen; dadurch erhielt er übernatürliche [351] Zeugungskraft. Eines Tages barst er und gebar ein steinernes Ei. Es war rund wie eine Kugel. Aus diesem Ei ward durch Zauberkraft ein steinerner Affe ausgebrütet. Er neigte sich nach allen Seiten. Dann lernte er allmählich gehen und springen. Aus seinen Augen brachen zwei Strahlen goldenen Scheines hervor, die schössen hinauf bis zu dem höchsten Himmelsschloß, also daß der Herr des Himmels darob erschrak. Er sandte die beiden Götter Tausendmeilenauge und Feinohr aus, um zu sehen, was es gäbe. Die beiden Götter berichteten: »Die Strahlen kommen aus dem Auge des steinernen Affen, der von dem Zauberstein geboren ist; es ist kein Grund zur Unruhe vorhanden.«
Allmählich wuchs der Affe heran, lief und sprang umher, trank aus den Quellen der Täler und aß von den Blumen und Früchten, und die Zeit verstrich in ungebundenem Spiel.
Eines Tages im Sommer, als er mit den andern Affen der Insel Kühlung suchte, kamen sie in ein Tal zu baden. Sie erblickten einen Wasserfall, der von hohen Felsen herabstürzte. Die Affen sprachen untereinander: »Wer durch das Wasser hineindringen kann, ohne daß es ihm etwas Schadet, der soll unser König sein.« Der steinerne Affe machte einen Freudensprung und sprach: »Ich geh hinein.« Dann schloß er die Augen, bückte sich und sprang in den brausenden Gischt. Als er die Augen wieder öffnete, da sah er eine eiserne Brücke, die durch den Wasserfall wie durch einen Vorhang von der Außenwelt abgeschlossen war. Die Brücke führte zu einem Höhlenschloß, das war wohnlich und rein. Am Eingang stand eine Steintafel; darauf war geschrieben: »Das ist der Höhlenhimmel hinter dem Wasservorhang auf dem seligen Berg der Blumen und Früchte.« Hocherfreut sprang der steinerne Affe wieder durch das Wasser hinaus und erzählte den andern Affen, was er gefunden. Die hörten die Nachricht mit großer Freude und baten den steinernen Affen, sie mitzunehmen. [352] So sprang die ganze Herde durch das Wasser auf die eiserne Brücke; dann drangen sie ins Höhlenschloß ein, wo Töpfe und Herde, Tassen und Schüsseln in reicher Zahl sich fanden. Alles aber war aus Stein. Die andern ehrten nun den steinernen Affen als ihren König, und er ward genannt: der schöne Affenkönig. Er ordnete die Meerkatzen, Paviane und die übrigen Affen zu Beamten und Räten, Dienern und Helfern, und sie führten ein seliges Leben auf dem Berge, schliefen nachts in ihrem Höhlenschloß, hielten sich fern von Vögeln und Tieren, und der König genoß der ungebundenen Seligkeit. Darüber vergingen wohl an die dreihundert Jahre.
Eines Tages, als der Affenkönig mit seinen Affen bei fröhlichem Mahle saß, begann er plötzlich zu weinen. Erschrocken fragten die Affen, was ihn inmitten all dieser Seligkeit auf einmal so traurig mache. Der König sprach: »Wohl sind wir frei von der Menschen Gesetz und Recht, wohl wagen Vögel und Tiere nicht, uns etwas anzuhaben; doch werden wir allmählich alt und schwach, und eines Tages kommt die Stunde, da der Tod, der Alte, uns davonschleppt. Im Nu sind wir dahin und können nicht länger auf der Erde weilen.« Als die Affen diese Worte hörten, verhüllten sie ihre Gesichter und schluchzten. Da trat ein alter Affe aus der Reihe hervor, dessen Arme so in Verbindung standen, daß er den einen um den andern verlängern konnte. Der sprach mit lauter Stimme: »Daß Ihr, o König, auf diese Gedanken kommt, das zeigt, daß das Suchen nach Wahrheit in Euch erwacht ist. Unter allen lebenden Wesen gibt es nur drei Arten, die der Macht des Todes entnommen sind: die Buddhas, die seligen Geister und die Götter. Wer eine dieser drei Stufen erreicht, der entgeht dem Rad der Wiedergeburt und lebt solange wie der Himmel.« Der Affenkönig sprach: »Wo wohnen denn diese drei?« Der alte Affe erwiderte: »Sie wohnen in Höhlen und heiligen Bergen in der großen Welt der Menschen.« Der König war erfreut, als er das hörte, und erklärte [353] seinen Affen, daß er hingehen wolle, um Götter und heilige Geister zu suchen und von ihnen den Weg der Unsterblichkeit zu lernen. Die Affen schleppten Pfirsiche und andere Früchte und süßen Wein herbei, das Abschiedsmahl zu feiern, und sie betranken sich noch einmal miteinander nach Herzenslust.
Am andern Morgen stand der schöne Affenkönig in aller Frühe auf, machte sich ein Floß zurecht aus alten Kiefern und nahm einen Bambusstab zur Ruderstange. Ganz allein bestieg er das Floß und ruderte durch das große Meer. Wind und Wellen waren günstig, und er kam nach Asien. Dort stieg er ans Land. Da traf er am Ufer einen Mann, der Fische fing. Er ging auf ihn zu, schlug ihn zu Boden, riß ihm die Kleider ab und zog sie selber an. Dann wanderte er umher und besuchte alle berühmten Orte, ging in die Märkte, die dichtbevölkerten Städte, lernte Anstandsregeln, lernte sprechen und benahm sich wie ein gebildeter Mensch. Doch war er im Herzen darauf gerichtet, die Lehre der Buddhas, der Seligen und der heiligen Götter zu erfragen. Aber die Leute in diesem Land waren nur auf Ehre und Reichtum aus. Keinem einzigen war es um das Leben zu tun. So trieb er sich denn umher, und unvermerkt vergingen neun Jahre. Da kam er an den Strand des Westmeeres, und es fiel ihm ein: Jenseit des Meeres, da gibt es wohl sicher Götter und Heilige. So machte er sich denn wieder ein Floß zurecht, trieb über das Westmeer und kam in das Land des Westens. Dort ließ er das Floß schwimmen und stieg ans Ufer. Viele Tage hatte er mit Suchen zugebracht, als er plötzlich einen hohen Berg mit stillen, tiefen Tälern erblickte. Der Affenkönig stieg hinan, da hörte er im Walde einen Menschen singen, und der Gesang klang wie ein Lied von seligen Geistern. Eilig drang er in den Wald ein, um zu sehen, wer es wäre. Er traf einen Holzhacker bei der Arbeit. Der Affenkönig verneigte sich vor ihm und sprach: »Ehrwürdiger, göttlicher Meister, ich falle anbetend vor Euch [354] nieder.« Der Holzhacker sprach: »Ich bin ein einfacher Arbeiter; was nennst du mich göttlicher Meister?« – »Wenn du kein seliger Gott bist,« antwortete der Affenkönig, »woher hast du denn dann dieses göttliche Lied?« – Der Holzhacker sagte lachend: »Du kennst dich aus in der Musik. Ich habe wirklich ein Lied gesungen, das mich ein Heiliger gelehrt.« – »Wenn du mit einem Heiligen befreundet bist,« sagte der Affenkönig, »so wohnt er sicher nicht weit von hier. Ich flehe dich an, mir den Weg zu seiner Wohnung zu zeigen!« – Der Holzhacker sprach: »Es ist nicht weit! Es ist nicht weit! Dieser Berg heißt der Berg des Herzens. Eine Höhle ist darin, da wohnt ein Heiliger, er heißt der Erkennende. Unzählige seiner Schüler haben die Seligkeit erlangt. Dreißig, vierzig Schüler sind noch immer um ihn versammelt. Du darfst nur diesem Weg nach Süden folgen, so kannst du seine Wohnung nicht verfehlen.« Der Affenkönig bedankte sich bei dem Holzhacker, und richtig kam er zu der Höhle, die jener ihm beschrieben. Das Tor war verschlossen, und er wagte nicht zu klopfen. So sprang er denn auf eine Kiefer und brach sich Kiefernzapfen ab, deren Samen er aß. Nicht lange, da kam ein Jünger des Heiligen, machte das Tor auf und sprach: »Was ist denn das für ein Vieh, das da solchen Lärm verführt?« Der Affenkönig sprang vom Baum, verbeugte sich und sagte: »Ich komme, um die Wahrheit zu lernen. Ich wage nicht zu lärmen.« Da mußte der Jünger lachen und sagte: »Unser Meister saß gerade in Andacht versunken; da hieß er mich den Wahrheitssucher, der draußen stehe, hereinführen, und nun steht wirklich einer da. Nun, du kannst mit mir kommen!« Der Affenkönig zog seine Kleider zurecht, rückte den Hut gerade und trat ein. Ein langer Gang führte an prächtigen Gebäuden und stillen verborgenen Hütten vorüber bis an den Ort, wo der Meister auf einem Sitz von weißem Marmelstein aufrecht saß. Rechts und links von ihm standen dienend die Jünger. Der Affenkönig warf sich zur [355] Erde und begrüßte ihn demütig. Auf die Fragen des Meisters erzählte er, wie er sich hergefunden habe. Und als er ihn fragte, wie er heiße, erwiderte er: »Ich habe keinen Namen. Ich bin ein Affe aus einem Steine geboren.« Da sprach der Meister: »So will ich dir einen Namen geben. Ich nenne dich Sun Wu Kung.« Hocherfreut bedankte sich der Affenkönig, und er hieß von nun ab Sun Wu Kung. Der Meister befahl den älteren Jüngern, den Sun Wu Kung zu belehren im Kehren und Putzen, im Aus- und Eingehen, im guten Benehmen, im Hacken des Feldes und Gießen des Gartens. Nach einiger Zeit lernte er schreiben, Weihrauch verbrennen und die Sutren lesen. Darüber vergingen sechs, sieben Jahre.
Eines Tages stieg der Meister zu seinem Lehrsitz empor und begann über die große Wahrheit zu reden. Sun Wu Kung verstand den geheimen Sinn und begann vor Freude zu zappeln und zu tanzen. Der Meister schalt ihn: »Sun Wu Kung, du hast noch immer nicht deine Wildheit abgelegt. Was fällt dir ein, dich so ungebührlich zu betragen!« Sun Wu Kung erwiderte sich verneigend: »Ich hörte Euch aufmerksam zu, da ging in meinem Herzen mir der Sinn der Rede auf, und unwillkürlich tanzte ich vor Freuden; ich ließ nicht wildem Wesen den Lauf.« Der Meister sprach: »Wenn du wirklich erwacht bist, so will ich dir die große Wahrheit verkündigen. Diese Wahrheit aber hat dreihundertsechzig Wege, auf denen man zu ihr gelangen kann. Welchen Weg soll ich dich lehren?« – Sun Wu Kung sprach: »Welchen Ihr wollt, o Meister.« – Der Meister sprach: »Soll ich dich in der Magie unterweisen?« – Sun Wu Kung fragte: »Was lernt man da?« – Der Meister sprach: »Man lernt, die Geister zu beschwören, das Orakel zu befragen und Glück und Unglück vorherzuwissen.« – »Kann man dadurch das ewige Leben erlangen?« fragte Sun Wu Kung. – »Nein«, war die Antwort. – »Dann lern ich's nicht.« – »Soll ich dich in der Wissenschaft unterrichten?« – »Was ist die Wissenschaft?« [356] – »Es sind die neun Schulen der drei Religionen. Man lernt die heiligen Schriften lesen, Zaubersprüche sagen, mit den Göttern verkehren und die Heiligen herbeirufen.« – »Kann man dadurch das ewige Leben erlangen?« – »Nein«. – »Dann lern ich sie nicht«. – »Der Weg der Stille ist sehr gut.« – »Was ist damit gemeint?« – »Man lernt, ohne Nahrung zu leben, in stiller Reinheit tatenlos zu weilen und in Betrachtung versunken zu sitzen.« – »Kann man dadurch das ewige Leben erlangen?« – »Nein«. – »Dann lern ich ihn nicht.« – »Der Weg der Tat ist auch recht gut.« – »Was ist damit gemeint?« – »Man lernt, die Kräfte des Lebens ins Gleichgewicht zu setzen, den Körper zu üben, das Lebenselixier zu bereiten, den Nabel zu reiben und den Atem zu beherrschen.« – »Kann man dadurch das ewige Leben erlangen?« – »Auch noch nicht.« – »Dann lern ich ihn nicht! Dann lern ich ihn nicht!« – Da stellte sich der Meister böse, sprang von seinem Pult herab, nahm den Stock und schalt: »Dieser Affe! das will er nicht lernen, jenes will er nicht lernen! Auf was wartest du denn dann noch?« Damit schlug er ihn mit dem Stocke dreimal auf den Kopf, zog sich ins innere Zimmer zurück und machte die Haupttür hinter sich zu.
Die Schüler waren in großer Aufregung und bestürmten den Sun Wu Kung mit Vorwürfen. Der aber bekümmerte sich nicht darum, sondern lächelte stille vor sich hin; denn er hatte das Rätsel, das der Meister ihm aufgegeben hatte, verstanden. Er dachte in seinem Herzen: »Daß er mich dreimal auf den Kopf geschlagen, das heißt, daß ich zur dritten Nachtwache bereit sein soll. Daß er sich ins innere Gemach zurückgezogen hat und die Haupttür hinter sich verschlossen, das heißt, daß ich zur Hintertür hereinkommen soll und er mir im geheimen die große Wahrheit eröffnen will.« So wartete er denn bis zum Abend und legte sich zum Scheine mit den andern Schülern gemeinsam zur Ruhe. Als aber die dritte Nachtwache gekommen [357] war, da stand er leise auf und schlich sich zur Hintertür. Richtig fand er sie nur angelehnt. Er schlüpfte hinein und trat vor das Bett des Meisters. Der Meister schlief mit dem Gesicht nach der Wand. Er wagte ihn nicht zu wecken, sondern kniete vor dem Bette nieder. Nach einer Weile drehte sich der Meister um und summte ein Verschen vor sich hin:
»Schwer, schwer, schwer
Ist der Wahrheit Lehr'!
Find't man nicht den rechten Mann,
Red't man sich nur lahm daran.«
Da antwortete Sun Wu Kung: »Ich warte hier ehrfürchtig.«
Der Meister warf die Kleidung über, richtete sich im Bett auf und fuhr ihn an: »Verdammter Affe! Warum schläfst du denn nicht? Was willst du denn hier?« –
Sun Wu Kung erwiderte: »Ihr habt mir doch gestern angedeutet, daß ich um die dritte Nachtwache zur Hintertür hereinkommen soll, um in der Wahrheit unterrichtet zu werden. Darum habe ich es gewagt, zu kommen. Wenn Ihr mir nun die große Gnade erweisen wollt, mich zu belehren, so will ich Euch ewig dankbar sein.«
Der Meister dachte bei sich selbst: »Dieser Affenkopf hat wirklich Geist, daß er mich so gut verstanden hat.« Dann sagte er: »Sun Wu Kung, dir ist's vergönnt. Ich will offen mit dir reden. Komm ganz nahe heran, dann will ich dich den Weg zum ewigen Leben lehren.«
Damit sagte er ihm einen göttlichen Zauberspruch zur Sammlung der Lebenskraft ins Ohr und erklärte Wort für Wort den geheimen Sinn. Begierig hörte Sun Wu Kung zu und konnte ihn in kurzem auswendig. Dann bedankte er sich, ging wieder nach vorn und legte sich schlafen. Von da ab übte er sich im richtigen Atmen, wahrte Samen, Seele und Geist und zähmte seines Herzens Natur. Unter dieser Arbeit vergingen abermals drei Jahre. Da war das Werk vollbracht.
[358] Eines Tages sprach der Meister zu ihm: »Noch drohen dir drei große Gefahren, die jeder bestehen muß, der etwas Außerordentliches erreicht, da ihn der Dämonen und Geister Neid verfolgt. Und nur, wer diese drei Gefahren bestanden hat, der lebt solange wie der Himmel.«
Liebe Grüße,
Shin