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Vollständige Version anzeigen : Interview mit CXW



scarabe
26-05-2011, 18:40
Dantien, bzw. Bewegung aus der Mitte, Qi, Jing und Shen...

DISCUSSIONS WITH CHEN XIAOWANG Tai Chi Chuan Pedagogic Center (http://taijiyang.wordpress.com/2007/11/09/discussions-with-chen-xiaowang/)

Klaus
27-05-2011, 10:12
Steinigt ihn, er hat Qi mit Jing in Verbindung gebracht, und dann auch noch mit explosiver Kraft. ;)

wudangdao
27-05-2011, 10:27
Steinigt ihn, er hat Qi mit Jing in Verbindung gebracht, und dann auch noch mit explosiver Kraft. ;)

Sollte man das nicht tun? o.O

scarabe
27-05-2011, 11:53
hmmm, es besteht natürlich schon der Verdacht, daß er weiß, wovon er spricht... die Horizonte sind ja unterschiedlich weitreichend...

rudongshe
27-05-2011, 12:21
Das gefällt mir. Drei Prinzipien.

Verstehe ich ihn richtig: Doppelgewichtung etsteht durch Stagnation im Sinne fehlender Bewegung, da qi nicht mehr fließt. Dann müste man ja in allen Stehübungen stagnieren? Es sei denn man bewegt nach den zwei Prinzipien, nur eben unmerklich.
Deswegen die Seidenweberübungen wichtig? Um diese Bewegung "konzentriert" zu bewegen um sie frühmöglich in die stehende Säule oder in "Posturestanding" einzubauen?

Und Peng-Jin ist die neutralisierende Kraft? Vor dem Hinterund der verbundenen Kraft des dantians nach außen?

Da fällt mir Toichi Kohei ein. Beständig Ki vom Einen Punkt fließen lassen.

nagual
27-05-2011, 12:48
Man darf solche Sachen nicht in formelhafter Weise "verstehen" (weil dies eine prinzipiell falsche Art des Verstehens ist) und weiter verarbeiten (weil dann nur Murks raus kommen kann, bzw. es Zufall ist, wenn kein Murks raus kommt).

Man darf nicht platitüdisch in einer Art denken, bspw. weil bei fehlender Bewegung das Qi stagniert (sagt ja der Großmeister), müssten also Stehübungen stagnierendes Qi als Ergebnis haben, und weil stagnierendes Qi ja bekanntermaßen schlecht ist, müssten also Stehübungen schlecht sein.

Der falsche Output solcher Überlegungen darf uns nicht nur dazu bringen nach Fehlern in der Logik unserer Schlussfolgerungen zu suchen, sondern falsch ist i.d.R. schon die Art der Begriffsbildung sowie generell unsere Neigung, das Verständnis der Sache durch Kombinatorik von Begriffen und Konzepten zu erlangen zu versuchen.

Begriffs- und Konzeptkombinatorik ist im Grunde in 99% aller Fälle vollkommen fehl am Platz, ebenso wie die Neigung sich irgendwelche Regeln (die man vom Großmeister gehört hat) merken zu müssen, um dann zum richtigen Zeitpunkt "dran zu denken" damit man das dann "richtig umsetzt".

Ich will diesen falschen Ansatz hier niemandem unterstellen, ich stelle jedoch fest, dass diese Art zu denken, zu üben und Unterricht zu empfangen, eine Sache ist, die anscheunend viele in ihrer Schulzeit erworben haben, weil das offenbar unsere westliche Kultur ist, eben in dieser Art Wissen zu nutzen und auch sich durch die Schule durchzumogeln. Leider hat das mit der chinesischen Mentalität und der angemessenen Verständnis der chinesischen KK nichts zu tun.

scarabe
27-05-2011, 13:06
Es ist witzig- diese Texte und all die Theorie und Ansichten zu lesen treibt mir manchmal wirklich die Schweißperlen auf die Stirn, wie früher bei irgendwelchen komplizierten Mathematikaufgaben. (wobei die Grundrechenarten, die man täglich braucht, schon in der ersten KLasse klar und verständlich schienen)

Komischerweise, wenn ich stehe, Seidenfaden mache oder meine Form laufe und die Energie anfängt, sich bemerkbar zu machen, funktioniert alles reibungslos und man fühlt einfach, wenn es gut und richtig ist oder wenn mal etwas blockiert oder sonstwie falsch läuft oder wo es noch nicht genug ist.
Ich fühle auch, ob beim Fajin was "von innen dazukommt" oder nicht.

Der Versuch, durch komplizierte Beschreibungen obiger technischer Art wissenschaftlich zu erklären, was da gerade in meinem Körper passiert, erscheint mir in diesem Moment sinnlos:
Erstens geschieht das alles natürlich und schnell und wartet nicht, bis ich es kompliziert erklärt habe und zweitens: was nutzt mir die schönste Theorie, dadurch passiert es in meinem Körper auch nicht schneller.
Im Gegenteil, wenn ich mir daran aufhänge, besteht die Gefahr, durch die Erwartungshaltung zu blockieren oder andere Entwicklungen zu unterbinden.

PS: Die doppelte Gewichtung ist in dem Moment wichtig, wo ich mich ausbalancieren oder einem Gegner standhalten muß- wenn ich in der Säule in Ruhe stehe, gehts erstmal um andere Dinge. (Was nicht ausschließt, daß ich so vernetzt bin, daß ich trotzdem blitzartg verlagern und reagieren könnte)
Und, wie sagte Zhu Tiancai mal sinngemäß: Es kann schon doppelte Gewichtung werden, wenn jemand trotz ausgeglichenem Stand blockiert durch geistige Verkrampfung auf das, was er als nächste anwenden muß... also quasi geistige Stagnation...

Ich finde generell Chen Xiaowangs einfach und verständlich formulierten Text eine nette Erklärung- aber viel mehr muß auch nicht sein, weil Verstand und innerkörperliche Entwicklung nicht unbedingt gekoppelt sind- ein Kind kann sein Wachstum ja auch nicht beschleunigen, indem es haargenau analysiert, was dabei unter welchen Voraussetzungen im Körper passiert.
Umgekehrt, wenn im Körper das passiert, was CXW da beschreibt, spürt man es und weiß automatisch "ach ja, das hat er also gemeint..." oder umgekehrt: "das ist aber eine nette Beschreibung für das Rumoren in meinem Bauch..." (o.ä.)
und was nutzt einem alle Theorie, solange der Körper etwas sowieso noch nicht umsetzt?
Es verführt nur zu irreführenden Diskussionen.

nagual
27-05-2011, 13:14
Ich will versuchen, beispielhaft die angemessene Alternative zu erläutern, die IMO für "die chinesische Mentalität" angemessen ist; hier am Beispiel des stagnierenden Qi.

Zunächst frage ich mich, was stagnierendes Qi überhaupt ist. Ohne ein TCM-Experte zu sein (der bspw. dann Ahnung vom Unterschied zwischen stagnierendem Milz-Qi und stagnierendem Leber-Qi hätte), kann ich bspw. stagnierendes Qi als gefühlte Erfahrung feststellen, wenn ich bspw. stundenlang vom PC auf einem Stuhl gesessen habe und meine Beine kurz vorm Einschlafen sind.
Wenn ich dann aufstehe und einen Spaziergang mache (ich meine hier keine ultrabewusste Gehmeditation o.ä.!!!), stelle ich fest, dass mein Qi wieder in Bewegung gerät und die Stagnation aufgelöst ist.

Jetzt kann ich mir Übungen wie Stehende Säule und Seidenübungen anschauen und stelle fest, dass es Sinn der Übungen ist, sie so auszuführen, dass es nicht zu stagnierendem Qi wie beim Sitzen vorm PC kommt. Wenn das doch passiert, mache ich was falsch, d.h. ich habe z.B. eine schlechte Haltungskorrektur oder die richtige Aufmerksamkeit fehlt, etc..
Das kann bei Stehübungen wie bei bewegten Übungen wie Seidenübungen passieren.

Ob eine Übung viel oder wenig Bewegung enthält, ist also nur sehr eingeschränkt mit dem Problem der Stagnation gekoppelt.

Das ist aber eine Sache, die man nur dadurch versteht, wenn man die Begriffe und Konzepte zunächst mit gefühlten Erfahrungen verbindet, und erst dann Schlussfolgerungen zieht.
Man darf sich nicht einfach Begriffe merken, und nach Belieben mit irgendwelchen Erfahrungen kombinieren, die damit evtl. gar nicht gemeint sind, oder irgendwelche Arten sich zu bewegen als richtig betrachten, nur weil sie scheinbar zum "richtigen" Begriff passt.

Wenn man weiß, wie das funktioniert, dann sind auch Texte wie das Interview mit CXW extrem einfach zu verstehen; es ist größtenteils geradezu trivial simples Zeug, was der Mann da erklärt.

scarabe
27-05-2011, 13:36
Ich habe auch nicht CXWs Text gemeint, der bei genauerem Lesen allerdings doch ein bißchen mehr Tiefgang bietet, als offenkundig erkennbar- und klar, die Menschen sind unterschiedlich. Ich lerne meine Theorie auch brav, wende meine Zeit aber lieber für bewegtes/körperliches Training auf. MAcht mir persönlich mehr Spaß.

Einfacher egsagt. Wenn ich irgendwo stagnierendes Qi spüre oder morgens unbeweglich bin, mache ich eine Runde Seidenfaden. Wutsch, fließt alles wieder, der ganze Körper löst sich, die Atmung wird frei und tief- und dann kann ich mit ZZ oder Form oder Frühstück weitermachen. Oder eine Runde meditieren. Oder spazierengehen.

Es stört mich zwar nicht, zu wissen, was da geschehen ist, aber letztendlich ich es auch nicht so wichtig- ich fühle eine beginnende Blockade oder mangelnde Durchlässigkeit und ich mache entsprechende Übungen, die diese auflösen. Wenn es genug ist, spüre ich das und höre wieder auf.

Bevor ich erlebt habe, wie die Seidenfadenübungen den ganzen Körper in Schwung bringen, habe ich auch nach Theorie von Gymnastik bis zur Säule alles mögliche gemacht, um durchlässiger zu werden- die für mich passende Antwort kam aber nicht in Form einer Theorie oder eines Textes, sondern unerwartet in Form von heftig fließender Energie nach intensiven Seidenfadenübungen mit meinem Meister.
(Wie heißes Wasser haben sich bei mir nur die ersten Qi-Phänomene angefühlt, inzwischen ist es eher so, als werde man innerlich "aufgeblasen".)
Funktioniert zwar auch, wenn ich Form laufe oder Säule mache, dauert aber länger. Mit normaler Bewegung/Sport funktioniert es nur partiell.

(Ähnlich, wie ich nach CXW-Seminaren immer mehr Power im Dantien habe, die dann bei allerlei Anlässen- Fajin oder blöde Anmache auf der Straße- bereitwillig hochschießt und zu fragen scheint, ob sie sich konzentriert und zielgerichtet entladen darf.... was aber leider bisher nicht dauerhaft erhalten geblieben ist. Verstehs wer will, Erklärungen haben bisher nur einen Teil des Phänomens verdeutlichen können)

Klaus
27-05-2011, 14:38
Man sollte dabei beachten dass der Text übersetzt wurde. Wenn er ihn im Chinesischen formuliert hat, hat der Übersetzer wieder einige "Freiheiten", seine Überzeugungen einzuarbeiten, obwohl CXW es vielleicht etwas anders ausgedrückt oder gemeint hat.

scarabe
27-05-2011, 14:46
wichtiges Argument!

PS:
nö, Nagual hat recht, da sind wirklich zahlreiche typische CXW-Englisch-Sätze drin.

nagual
27-05-2011, 17:08
Man sollte dabei beachten dass der Text übersetzt wurde. Wenn er ihn im Chinesischen formuliert hat, hat der Übersetzer wieder einige "Freiheiten", seine Überzeugungen einzuarbeiten, obwohl CXW es vielleicht etwas anders ausgedrückt oder gemeint hat.

Ich persönlich bin ziemlich sicher, dass das Interview auf Englisch geführt wurde, und sehr wörtlich wiedergegeben wurde.

Immerhin spricht CXW ziemlich gut Englisch, und es kommen ab und zu diese typischen kurzen Sätze wie z.B.:

CXW: The basic idea behind peng jing is energy flow, no stagnation. If energy is broken there is no peng jing. If there’s too much energy, also no peng jing.
Das ist typisches "Chinesen-Englisch", so würde niemand ins Englische übersetzen, d.h. kein Englisch/Amerikanisch-Muttersprachler.

bluemonkey
27-05-2011, 17:52
er hat auch mal gesagt:

"Chi are the nerves"

:p

ich denke man sollte seine Aussagen immer im konkreten Kontext, insbesondere auch bezgl. der Zuhörer sehen und nicht als allgemeine feststehenden Wahrheiten mitnotieren.