Vollständige Version anzeigen : Der kleinste, gemeinsame Nenner
StefanB. aka Stefsen
14-07-2011, 14:33
Nach dem ewigen Gezicke und Gekeife wollte ich mal den hoffnungsvollen Versuch starten, den "kleinsten gemeinsamen Nenner" unsere KKs aufzuzeigen und auf dieser Basis eine berfiedigende und informative Disussion führen.
Wo fange ich an. Wir sind alle (nur) Menschen. Das ist schonmal so ein gemeinsamer Nenner. Verfügen über 2 Arme, 2 Beine, haben ein ähnliches Maß an Kraft und in weiten Teilen die gleichen motorischen Grundvorraussetzungen.
Wir sehen uns mit ähnlichen Problemen konfrontiert. Mit Angriffen, mit Verteidigungen(sowohl den eigenen, als auch denen der/des Gegner(s)), auf Basis des Training wird den gleichen Überlegungen Rechnung getragen, was den Umgang mit Angr. und Vert. anbelangt, die Art des Trainings, des Verhaltens, usw.
Darüber hinaus, sind in allen Wing Chun Bereichen die gleichen Waffen etabliert. Faust, LS, DM. Auch hier überschneiden sich anat. Grundvorraussetzungen, die Problemstellungen, sowie die (notwendigen) Konsequenzen.
Beim "Menschsein" ist eine weitere Gemeinsamkeit quasi mit eingekauft. Wir sind nicht perfekt, fehlerhaft. Dabei sollte der eigene Anspruch genau dieser tatsache Rechnung tragen, mit der Konsequenz, nicht alle Probleme 100% lösen zu können und ggf. auf Teilaspekte eines Problems zu konzentrieren.
Das sind zunächst mal m.M.n. gaanz allgemeine Grundvorraussetzungen, auf deren Basis ich gerne mit euch diskutieren würde a) Wie in eurer KK damit umgegangen wird, b)wo, warum evtl. eine "Spezialisierung" stattgefunden hat und in welchen Bereichen eine Ergänzung/Erweiterung für den ein oder anderen sinnvoll wäre.
Ich würde gerne von eine Makroebene (also der Gesamtheit eines Systems) hin zu einer Mikroebene, in der es um perönliche Erfahrungen und Entwicklungen geht, kommen.
Hoffe auf rege Beteiligung, Folks! ;)
Hallo StefanB. aka Stefsen,
ich hoffe, der Tread wird nicht über die Diskussion von Gegensätzlichen (davon haben wir genug) zugeschwemmt.
Als gemeinsamen Nenner würde ich den Anspruch benennen, eine hohe Funktionalität anzustreben. Das Wie, lasse ich erst mal raus. Aber dieser Anspruch scheint mir übergreifend vorhanden zu sein: Funktionalität, Effektivität und Effizienz.
Als Basis verwenden die IngUng Derivate dazu Formen, Partnerübungen und - je nach Interpretation - eine Art des Chi-Sao-Trainings.
Alle Derivate verweisen auf einen gemeinsamen Ursprung - nicht unbedingt in Yip Man, aber zumindest in einer der Generationen davor. Ausgehend von diesem Ursprung gibt es teils gemeinsame Entwicklungen, teils differente. Was aus nächstliegendem gemeinsamen Ursprung noch als Gemeinsames erhalten ist, ist (leider) unklar, auch wenn man IngUng durchaus erkennt, gleichgültig in welcher Ausführung es dargeboten wird.
Gruß, WT-Herb
marius24
14-07-2011, 17:57
Wir vergleichen Äpfel mit Birnen.
Die Ideologie, bestimmt unser Handeln, bestimmt unser Wing Chun, Wing Tsun oder VT und diese ist doch extrem verschieden in den unterschiedlichen Stilen.
Wir könnten kleinste gemeinsame Nenner finden und aufzählen, doch was würde das bringen ? Auf globaler Stufe würde das mehr bringen.
Kämpfen.
Mar
Misanthropist
14-07-2011, 18:14
@marius
ich frage mich eher was Dein post in diesem Thread bringen soll. Ich finde es toll, mal die Gemeinsamkeiten zu betonen anstatt der Unterschiede. Und dann kommst du und sagst das ist wie mit den Äpfeln und Birnen. Du willst damit sicher aussagen, dass DEIN wing chun ganz anders (als einizges richtig soll das meistens heissen) ist als die anderen.
Daher kommt doch in der Regel die Motivation für solche Aussagen, man will irgendwie betonen, dass man als einziger das wahre System kennt / lernt / unterrichtet und, dass alle anderen keine Ahnung haben. Das kann man natürlich schlecht aufrecht erhalten, wenn man mehr und mehr Gemeinsamkeiten eingesteht.
Eine große Gemeinsamkeit fast aller (fast aller muss genügen, es gibt bei einer solchen Anzahl immer ein paar, die schon aus Prinzip alles anders machen wollen) dingsbums Stile ist, dass Einzeltechniken eine untergeordnete Rolle spielen, dass man sich anpassen soll, wie Wasser (be water my friend) und, dass man nicht freiwillig auf den Boden geht.
cbJKD Wilfried
14-07-2011, 18:26
Das "be water my friend"-Zitat hatte ja nun mal GAR NICHTS mit wing chun zu tun, eher im Gegenteil mit Bruce´s Idee sich (irgendwann) von einem "Stildenken" frei zu machen und den Kampf als "Ganzes" zu sehen.
Stammt aus der Longstreet Folge wo Bruce dem blinden Anwalt erzählt, das er gerade eben "keine Methode" unterrichtet.
;)
Gruß Wilfried
StefanB. aka Stefsen
14-07-2011, 18:47
Hallo StefanB. aka Stefsen,
ich hoffe, der Tread wird nicht über die Diskussion von Gegensätzlichen (davon haben wir genug) zugeschwemmt.
Als gemeinsamen Nenner würde ich den Anspruch benennen, eine hohe Funktionalität anzustreben. Das Wie, lasse ich erst mal raus. Aber dieser Anspruch scheint mir übergreifend vorhanden zu sein: Funktionalität, Effektivität und Effizienz.
Als Basis verwenden die IngUng Derivate dazu Formen, Partnerübungen und - je nach Interpretation - eine Art des Chi-Sao-Trainings.
Alle Derivate verweisen auf einen gemeinsamen Ursprung - nicht unbedingt in Yip Man, aber zumindest in einer der Generationen davor. Ausgehend von diesem Ursprung gibt es teils gemeinsame Entwicklungen, teils differente. Was aus nächstliegendem gemeinsamen Ursprung noch als Gemeinsames erhalten ist, ist (leider) unklar, auch wenn man IngUng durchaus erkennt, gleichgültig in welcher Ausführung es dargeboten wird.
Gruß, WT-Herb
Hoffe ich auch!
Meinst du mit Funktionalität allgemein die des Systems oder eher den Anspruch an Funktionalität den wir (oder die Meisten von uns) an das System stellen?
Ansosnsten stimme ich dem Rest deines Posts zu. Wir benutzen alle Formen zur Erarbeitung des Systems, Partnerübungen, Chi-Sao, Goh-Sao, und wie sie alle heissen.
Worum es mir geht (ich bin nämlich nicht annähernd so idealistisch, wie es hier den Anschein hat:D) ist folgendes:
Es wäre imho unheimlich förderlich, nachdem eine gemeinsame Basis da ist, mal Erfahrungen auszutauschen, die jeder nachvollziehen, ausprobieren und evtl. übernehmen kann. Ganz pragmatisch eigentlich.
Z.B. war ich sehr, sehr angetan von diesem Pad-Work Video:
egIfayF05Gg
Zwar kein Wing Chun, aber ums Angreifen und Verteidigen geht es ja trotzdem.
Macht ihr soetwas auch? Wie? Ist es auf Wing Chun abgestimmt?
@ marius24
Dann töten wir die Ideologien!:cool::p
@Misanthropist
Mit dem prinzipienorientierten lernen sehe ich ähnlich, aber nicht 100%.
Ein schönes Beispiel ist der Vergleich zwischen waffenlosen Ving Tsun und dem Langstock. Beides "unterliegt" exakt den gleichen Verhaltensweisen, es ist quasi die gleiche Art zu kämpfen, nur eben mit verschiedenen Waffen. Nichts desto trotz ist die Technik (eine saubere, gute Technik) Grundvorraussetzung für das Gelingen dieser Kampfweisen.
(Wo wir dann wieder beim Thema: Funktionalität wären)
Dementsprechen kann man imho nicht sagen Prinzipien>Techniken, sonder Prinzipien=Techniken.:)
Spieltheoretiker
14-07-2011, 18:56
Das "be water my friend"-Zitat hatte ja nun mal GAR NICHTS mit wing chun zu tun, eher im Gegenteil mit Bruce´s Idee sich (irgendwann) von einem "Stildenken" frei zu machen und den Kampf als "Ganzes" zu sehen.
Stammt aus der Longstreet Folge wo Bruce dem blinden Anwalt erzählt, das er gerade eben "keine Methode" unterrichtet.
;)
Gruß Wilfried
das Prinzip des Wassers ist tief im Daoismus verwurzelt und im WT streben wir ja auch eine Art Formlosigkeit an und sammeln keine Techniken. Im WT sind wir eher Prinzipien orientiert. Und irgendwann werden sogar diese vergessen und werden natürlich. :) Die Prinzipien sind halt auch nur "Hinweise" bzw. Anleitungen.
Das Wasser ist halt auch ein gutes Bildnis für das Yin und Yang Prinzip. Und Bruce Lee ist ja nicht so weit entfernt von Wing Chun. ^^
"Be like water my friend" ist bestimmt einer der häufigsten Sätze, die ich im WT so gehört habe.
edit: ich bin ein Riesen Bruce Lee Fan in und seit meiner Kindheit gewesen. Meine Meinung zu Jeet Kune Do und Wing Chun und Bruce Lee würde aber vielen JKDler wahrscheinlich nicht gefallen und behalte sie lieber für mich, bevor wir uns in diesem interessanten thread darüber streiten. Aber zu behaupten die Ideen von Bruce Lee und seinem Jeet Kune Do hätte nichts mit Wing Chun zu tun halte ich für gewagt und nicht richtig auch wenn man technisch kaum noch Gemeinsamkeiten finden mag.
marius24
14-07-2011, 19:17
@marius
ich frage mich eher was Dein post in diesem Thread bringen soll. Ich finde es toll, mal die Gemeinsamkeiten zu betonen anstatt der Unterschiede. Und dann kommst du und sagst das ist wie mit den Äpfeln und Birnen. Du willst damit sicher aussagen, dass DEIN wing chun ganz anders (als einizges richtig soll das meistens heissen) ist als die anderen.
Daher kommt doch in der Regel die Motivation für solche Aussagen, man will irgendwie betonen, dass man als einziger das wahre System kennt / lernt / unterrichtet und, dass alle anderen keine Ahnung haben. Das kann man natürlich schlecht aufrecht erhalten, wenn man mehr und mehr Gemeinsamkeiten eingesteht.
Eine große Gemeinsamkeit fast aller (fast aller muss genügen, es gibt bei einer solchen Anzahl immer ein paar, die schon aus Prinzip alles anders machen wollen) dingsbums Stile ist, dass Einzeltechniken eine untergeordnete Rolle spielen, dass man sich anpassen soll, wie Wasser (be water my friend) und, dass man nicht freiwillig auf den Boden geht.
Ich bewege mich seit ich 11 bin in der Wing Chun Szene, ich bin jetzt bald 32, das ist eine lange Zeit. In dieser Zeit habe ich viele Schulen besucht, mit Leuten gesprochen und einfach Freude am Wing Chun gehabt. Das ist bis heute unverändert geblieben.
Umverrecken Gemeinsamkeiten finden zu wollen, macht für mich nun mal keinen Sinn.
Bei so vielen verschiedenen Interpretationen des Wing Chun wirst du nun mal keine Gemeinsamkeiten finden, du müsstest es präzisieren und eingrenzen.
Dann müssen wir hier definieren wer dabei ist und wer nicht aber mit welchem Recht? Wieso darf ein Wing Chun-Stil der vom Silat geprägt ist nicht dabei sein ? Das ist genau das was der Threadersteller nicht will.
Wir wollen ja den KGN.
Willst du den Iras als KGN ? Gerade von dem Wissen wir, dass er vieles bedeuten kann und die Idee dahinter oft eine andere ist, ist es dann noch ein KGN?
In meinen Augen eine müssige Diskussion, damit man aber Spass hat, bleibe ich dem Thread als Autor fern.
mar
Mar
cbJKD Wilfried
14-07-2011, 19:49
Spieltheoretiker:
darum gehts nicht (JKD/Wing Chun). "be water my friend" ist ein FILMZITAT von Bruce Lee und kein Prinzip des Wing Chuns oder einer anderen Kampfkunst.
Wenn Du "das" sehr oft im WT gehört hast, dann haben Deine WT Lehrer halt gerne ihren Unterricht mit Bruce Lee Serienzitaten gewürzt.
Falls es tatsächlich WingTsun war, gibt es ja unzählige Beispiele dafür den Bruce lee Hype einerseits genutzt zu haben um Interesse zu wecken/erhalten
("Was machst Du? Wing Chun! Gesundheit! Nein, das ist das was Bruce Lee gemacht hat den kennste doch? Ah...Bruce Lee ja das ist cool....")
und auf der anderen Seite trotzdem zu sagen, das Bruce ja (obwohl er so gut war) nicht das ganze System gelernt hat...es wird also potentiell suggeriert man könnte sogar "besser" werden als Bruce Lee, da man ja "mehr" lernen könnte als er.
Ich würde "be water" und ähnlichen pseudophilosphischen Blödsinn auf keinen Fall zu den "kleinsten gemeinsamen Nennern" der verschiedenen Wing Chun Familen und deren offsprings nennen!!!
das ist eine ähnliche Aussage wie: "ist der weg frei stoss vor".
Ich glaub das machen sie alle, die sich irgendwie irgendwo gegenseitig mit irgendwas stossen wollen
;)
Spieltheoretiker
14-07-2011, 19:57
Spieltheoretiker:
darum gehts nicht (JKD/Wing Chun). "be water my friend" ist ein FILMZITAT von Bruce Lee und kein Prinzip des Wing Chuns oder einer anderen Kampfkunst.
woher weißt du das es kein Prinzip des Wing chun ist? Die ursprüngliche Geschichte die Bruce Lee hier in einem TV Interview erzählt stammt aus dem Zen oder Taoismus. :) Bin mir gerade nicht mehr sicher, ich glaube aber es ist eine Zen story. Man könnte auch das "my friend" weglassen. Aber als Bruce Lee Spruch ist es am bekanntesten und hat einen humorvollen Unterton, weils halt jeder kennt und so klischeebeladen ist. ‪Bruce Lee_Be Water My Friend‬‏ - YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=USlnfTGlhXc&feature=related)
im Taoismus gibts das Prinzip aber natürlich auch (die Zen story mit der Teetasse dazu habe ich gerade nicht gefunden) ->
Sei wie das Wasser, es schenkt
zehntausend Dinge im Leben,
müht sich dabei nicht
und ist nahe dem Tao.
Des Wassers Güte ist es,
allen Wesen zu nützen ohne Streit.
Beim Denken zeigt sich die Güte
in der Tiefe der Gedanken.
Beim Reden zeigt sich die Güte
in der Wahrheit.
Beim Wirken zeigt sich die Güte
im Können.
Weil das Wasser nichts will,
sondern sich gehen lässt,
erreicht es sein Ziel.
Wasser ist stärker als Fels.
Härte wird durch Gewaltlosigkeit besiegt.
Lao Tse
edit: wie gesagt die Teetasse leeren bzw. Wasser kann alle Formen annehmen (die story die Bruce Lee hier erzählt) sind Geschichten im Zen und dort tief verankert und gut bekannt. Nur weil Wahrheiten in der Regel einfach sind müssen sie ja nicht nur oberflächliche Klischees oder esoterischer Blödsinn bleiben. :)
Hallo StefanB. aka Stefsen,
Du siehst schon an den ersten Antworten, wie wichtig einigen die Abgrenzung ist. Es wird völlig ausgeblendet, daß wir beispielsweise einen gemeinsamen Ursprung haben oder daß die Verzweigung derart gering ist, daß man - welches Derivat auch immer - noch IngUng erkennt. Nun könnte man es analysieren, warum man es als IngUng erkennt und wir werden dann mit dieser Analyse, auch wenn sie stimmen würde, auf Widerstand der jeweiligen Derivate stoßen, die Gemeinsamkeiten prinzipiell verneinen. Da scheint ja die Verwandschaft zwischen MT und Wing Tsun fast größer zu sein, als zwischen Ving Tsun und Wing Tsun oder ähnliche Gegenüberstellungen. Ich finde es fast schon amüsant... eine Art des Verbissenheit (Hunde verbeißen ihr Revier). :)
Meinst du mit Funktionalität allgemein die des Systems oder eher den Anspruch an Funktionalität den wir (oder die Meisten von uns) an das System stellen? Eigentlich ja beides und eigentlich hängt das eine vom anderen ab.
Pratzentraining: Ja, das wird auch praktiziert. Und selbstverständlich ist es auf das System abgestimmt.
Aber zu behaupten Jeet Kune Do hätte nichts mit Wing Chun zu tun halte ich für gewagt und nicht richtig auch wenn man technisch kaum noch Gemeinsamkeiten finden mag.Wer auch immer... kann seine Herkunft, seine Prägung verleugnen? Das Eigene fließt ebenso immer ein, wie das einmal Gelernte. Man erkennt bei BL sehr deutlich seine Quellen, ebenso wie bei anderen Headern. Es ist hoch interessant, was jeweilige Personen aus dem Vermächtnis ihrer Quelle machen. Teilweise hängt dies auch von der Beziehung zwischen Schüler und Lehrer ab. Schüler, die sich recht früh von ihrer Quelle lösen werden weniger „streng“ das System weiterverfolgen, als Schüler, die fast ihr gesamtes Kampfkunst-Leben in der Beziehung zu einem einzigen Lehrer verbracht haben.
@Marius24
Umverrecken Gemeinsamkeiten finden zu wollen, macht für mich nun mal keinen Sinn. Ums Verrecken Gemeinsamkeiten zu verleugnen, ist auch nicht besonders sinnvoll. Nun gut, man kann sich auf den Standpunkt zurückziehen, daß man alleine gut klar kommt und keinen Anderen braucht, auch keine Gemeinsamkeiten beanspruchen will. So behält man die Autonomie über das System und ist keine Rechenschaft schuldig. Gäbe es Gemeinsamkeiten, könne jemand auf die Idee kommen, Dich darauf festzunageln und Fehler ausfindig machen. Ist man autonom, streitet man jegliche Gemeinsamkeit ab, dann passiert das nicht, weil niemand sagen kann: Das wird aber „da“ anders gemacht. Ich halte es zwar für sehr wichtig, das Eigene zu betonen und die eigene Systemüberzeugung real zu leben. Wo aber der eigene Weg in Teilen ein gemeinsamer Weg ist, verliert man den gemeinsamen Nutzen der aus der gemeinsamen Erkenntnis entstehen kann.
Aber das muß jeder selbst wissen, ob er eine bestehende Nähe akzeptiert oder sich lieber auch davon distanziert.
Bei so vielen verschiedenen Interpretationen des Wing Chun wirst du nun mal keine Gemeinsamkeiten finden, du müsstest es präzisieren und eingrenzen. Es käme also auf den Versuch an und ist nicht per sé ausgeschlossen?
Willst du den Iras als KGN ? Gerade von dem Wissen wir, dass er vieles bedeuten kann und die Idee dahinter oft eine andere ist, ist es dann noch ein KGN?Erst in der Offenlegung der Ideen und Bedeutungen werden wir feststellen, ob es Gemeinsamkeiten gibt und welche das sind. Ohne diese Diskussiion bleibt das Gemeinsame und ebenso die Differenzen spekulativ und vielleicht auch nur emotional begründet.
In meinen Augen eine müssige Diskussion, damit man aber Spass hat, bleibe ich dem Thread als Autor fern. Na aber! Vielleicht ist es ja viel spaßiger, wenn Du dabei bleibst. :)
@cbJKD Wilfried
und auf der anderen Seite trotzdem zu sagen, das Bruce ja (obwohl er so gut war) nicht das ganze System gelernt hat...es wird also potentiell suggeriert man könnte sogar "besser" werden als Bruce Lee, da man ja "mehr" lernen könnte als er.Aber selbstverständlich kann man besser werden, als Bruce Lee einmal war. Warum denn nicht? Er ist weder ein Gott, noch hat er selbst sich je als „fertig“ bezeichnet oder angesehen. Es ist durchaus möglich, daß es heute Leute gibt, die besser sind, als er je war, ohne, daß diese Leute als Schauspieler unterwegs sind. Man sollte im Übrigen sein Können nicht auf der Basis seiner Filme beurteilen, da gibt es einerseits auch etwas über sein Können zu sehen, aber viel mehr gibt es Show zu sehen, Kampf als Show, als Movie. (Das soll jetzt sein Können in keiner Weise schmälern, sondern nur klar stellen, daß es keine reale Person gibt, die nicht durch eine andere reale Person eingeholt werden könnte)
Ich würde "be water" und ähnlichen pseudophilosphischen Blödsinn auf keinen Fall zu den "kleinsten gemeinsamen Nennern" der verschiedenen Wing Chun Familen und deren offsprings nennen!!!Naja, das sind halt bildhafte Erklärungen für eine Eigenart des Systems. Das Neue Testament, wie alle Religionen, ist voll mit Gleichnissen und Wasserbildnissen: Alles dient einzig dazu, eine etwas komplexere Sache auf einfache Weise erklärbar zu machen. Es ist insofern kein Blödsinn, sondern eine Hilfe für den Schüler wie auch für den Lehrer, das System zu verstehen. Es ist weder wissenschaftlich, noch pseudowissenschaftlich. Wer ohne diese Hilfen klar kommt, braucht sie nicht zu verwenden.
Gruß, WT-Herb
Spieltheoretiker
14-07-2011, 21:53
edit zwo: dieser post ist die Antwort auf den folgenden post (der stand ursprünglich über diesem). Wollte ihn nicht nochmal darunter posten, weil so wichtig ist es mir dann doch nicht.
@Wilfried
hallo ja da gebe ich dir eigentlich Recht, dass der Satz "Be like water" glaub ich keine formulierte Kuen Kuit ist. Aber sicher wäre ich mir da nicht.
Die 4 HauptPrinzipien des WT kennst du die? und jetzt vergleiche die mit den dynamischen Eigenschaften des Wassers; vielleicht fällt dir was auf... aber vielen Dank für deine ausführliche Antwort. Ich werde sie mir noch mal genauer durchlesen. Lieben Gruß
edit: vielleicht sollten wir das topic "Wasser" in einen anderen thread verlegen. Wird ja leicht ot hier.
edit drölf: das wir alle Wing Chun trainieren ist wohl der ganz große Verdienst von Bruce Lee! daran besteht ja kein Zweifel. Yip Man wollte Wing Chun nicht an den Westen weitergeben. Deswegen ist Bruce Lee für mich auch einer der Väter des Kung Fu bzw. des Wing Chun in Europa!
cbJKD Wilfried
14-07-2011, 21:57
@ spieltheoretiker
Weil "be water" überhaupt kein Prinzip ist. Ich könnte genauso sagen "sei ein Fuchs". Das ist eine Analogie (wie WT-Herb das schon gesagt hat), noch dazu eine sehr vielschichtige die man so und so deuten kann. Schliesslich hat Wasser ne Menge tolle Eigenschaften.
Das könnte von "sei immer in Bewegung" über die Analogie im WT chi sao sich wie "wasser" an hindernissen vorbeizubewegen ohne aufgehalten zu werden bis zu "sei immer erfrischender Natur für Deine Mitmenschen" alles heissen. Von Charakter bis Technik kann das alles und nix bedeuten.
Ein "Prinzip" ist was ganz anderes.
Ein Prinzip im Wing Chun Sinn ist zB. "Sich den Raum schaffen um mit zentralen geraden Fauststössen zu treffen". Um dieses Prinzip zu realisieren entwickeln sich Konzepte.
Das kann wie im WT das Konzept des "rauswendens" sein um in die Position zu kommen das man treffen kann, das kann wie im VT das Konzept sein, sich zuzuwenden und die Arme mit "Gewalt" (überspitzt) durch Hüftkraft und überlegenere Winkelarbeit aus dem Weg zu räumen, oder wie im JFGF das Konzept die Aufmerksamkeit woanders hin, zB. nach "unten" zu lenken durch einen schmerzhaften Shinkick zB, sodass der Gegner aus Versehen und Schreck den Weg gleich selber frei macht.
Für diese Konzepte umzusetzen gibt es dann diverse Übungsmethoden, vom sektionen aufstellen und lernen im WT um diese Ideen einzupflanzen und Fähigkeiten zu entwickeln über diverses andere was in anderen Variationen und Abkömmlingen des Wing Chuns gemacht wird.
Die Unterschiede der Stile ergeben sich meiner Meinung nach zum grössten Teil aus den unterschiedlichen Konzepten die erschaffen werden um dem Prinzip gerecht zu werden und den Trainingsmethoden die diese Konzepte umsetzbar machen sollen. Deswegen können die "kleinsten gemeinsamen Nenner" nur die Prinzipien sein, weil in der "konzeptphase" schon das Interpretieren los geht.
Heissen die Wing Chun Prinzipien nicht Kuen Kuit oder so ähnlich?
Sind die vielleicht der kleinste gemeinsame Nenner der meisten Wing Chuns?
Deswegen denke ich, das
"kleinste gemeinsame Nenner" im Wing Chun halt die Prinzipien sein können, zB. die man durch jegliche Variante vom Wing Chun Training versucht zu erreichen.
Für mich ist der kleinste gemeinsame Nenner denke ich, auf engstem Raum mit sich durch das Training erworbenen "Vorteilen" schlagen zu können (3/4 distance)
@Herb
ich stimme Dir uneingeschränkt zu. Es mag sowohl welche geben die heute viel besser sind als Lee es je wahr und wahrscheinlich gabs die damals schon. Man darf ja nicht vergessen, "wen mit welchem Hintergrund" er lehrte.
Bruce wusste genau, mit wem er sparrte und mit wem nicht.
Auf Grund dessen, das Wing Chun und seine Vorgehensweise KOMPLETT unbekannt waren im Amerika der 50er und 60er, vor allen Dingen bei seinen Schülern, die am Anfang weisse, schwarze und japaner waren zB die sowieso niemand sonst im Gung Fu unterrichtet hätte.
Später konnte er durch sehr hartes Bodybuilding/Fitness/Vollkontaktsparring mithalten mit den "richtigen" Kampfsportlern, aber das ist eine andere Geschichte und geht mir in die JKD und Bruce´s persönliche Evolution.
Was ICH meinte war, das die EWTO Führung geschickt den Eindruck erweckt hätte a. das zu lehren, was "die Basis für Bruce Lee´s ganzes Können war" und b. das noch kompletter als er je die Gelegenheit hatte zu lernen.
LT schreibt ja, bzw. Ip Chun, das Bruce nur was angeblich Eigenes entwickelte, weil er nie der No1 man im Wing Chun hätte werden können und aus Image und Prestigegründen. Ich werte das auch nicht, ich halte das für möglich, das es mit eine Überlegung war, einen schmissigen Namen für seine methode zu finden. Haben die keysi jungs ja auch gemacht ums nach Hollywood zu schaffen, würden sie sagen das Keysi eigentlich zum grössten Teil Kali und Silat ist, wäre das nie was geworden.
Mein Seitenhieb ging in die Richtung das das ein sehr geschickter Marketingschachzug war, um das Leung Ting WingTsun System zu Zeiten des Bruce lee Wahns zu bewerben und ich bin sicher das Du das auch verstanden hast ;)
Wie gesagt, ich werte das nicht,
schliesslich haben auch in Karate Schulen zig Leute angefangen, um Bruce Lee nachzueifern.
Ich halte diese Idee Bruce Lee einerseits als Werbefigur zu nutzen und andererseits direkt an die Eitelkeit der Kunden zu appelieren, durch LTWT Training gleich wenn nicht zumindest besser zu werden als er Idol, zumindest potentiell, und durch das Erlernen der KK Bruce zumindest intellektuell überlegen zu sein, für schlichtweg genial. Damit hat man sie alle, die Bruce Lee Fans, und solche die ihn für einen überwerteten Hollywood Scharlatan hielten/halten, die schlauen Klugscheisser und die Hauer. Zielgruppensplitting vom Feinsten
Gruß
Wilfried
Spieltheoretiker
14-07-2011, 22:30
hallo Wilfried wegen dem Wasserprinzip hab ich über deinem letzten post nochmal kurz was geschrieben. ich glaube du unterschätzt total das Bildnis des Wassers im Daoismus und damit auch im Wing Chun.
Ansonsten um wieder zum Thema zurückzukommen habe ich diesen Artikel über die Gemeinsamkeiten im Wing Chun gefunden:
Meinungen - Wing Chun Artikel (http://www.wingchunkungfu.de/artikel/Meinungen.html)
naja sorry - geht ja doch um mehr Unterschiede; hatte nur den Anfang zum Chisao gelesen * facepalm* dafür könnte folgendes interessant sein -->
zu dem Thema Kuen Kuits dieser Artikel. Auch die links unten beachten. Davon teilen wohl viele Stile einige und auch viele andere Kungfu Stile.
Kuen Kuit - Wing Chun Artikel (http://www.wingchunkungfu.de/artikel/Kuen-Kuit.html)
cbJKD Wilfried
14-07-2011, 22:48
Bist du der Ansicht, das "Daoismus" als religion/weltanschauung irgendwas mit der Kampfkunst Wing Chun zu tun hat?
So a la "chi sao ist der praktizierte Daoismus, eins werden mit dem gegnerischen Flow" "ying/yang sich gegenseitig ergänzen" etc-mässig?
Spieltheoretiker
14-07-2011, 22:51
ja klar du nicht? Lies doch mal die gesammelten kuen kuits durch. Zen ist das andere Tor und Konfuzius sind die gemeinsamen Regeln der Gemeinschaft. Ich kenne kein Wing Chun Stil wo dies nicht der Fall wäre. Außer Phillip Bayer VT das ist praktisch nur noch Zen in meinen Augen, aber sags ihm nicht :D
edit: Das Dao aber nicht als Religion, sondern als Wissenschaft bzw. Philosophie!
cbJKD Wilfried
14-07-2011, 23:00
Grins, du mit deinem "Wasser-PRINZIP" ;)
Ich denke nicht das Wing Chun irgendwas mit Daoismus zu tun hat. Ich kenne diese Geschichten auch, "chi sao ist die Einswerdung mit der Energie des Gegner", es wird sich "yin/yang mässig komplimentiert, zieht er, folgst du, drückt er gibst du nach" etc.
Aber erstens wird das den Wing Chun Interpretationen die ich ausübe so gar nicht gemacht, und zweites denke ich, das Wing Chun ein sehr kompaktes und gut durchdachtes Trainingssystem ist, um sich in relativ kurzer Zeit selbstkorrigierend ein bestimmtes Verhalten anzutrainieren ist. Es hat viele Dinge, die man woanders "extra" trainieren muss, schon "eingebaut" (wie das Karate zB meiner Ansicht nach auch) und ist in seiner Gesamtheit sehr funktional.
Ich persönlich glaube nicht, das Daoismus bei der Konzeptionierung eines Stiles wie wing chun eine grosse Rolle spielte. Das ist natürlich meine eigene Meinung gestützt auf meine bisherigen Erfahrungen. Ich denke wie das genau war, werden wir nie wissen, ABER
es ist auch eigentlich gar nicht relevant. Am Ende des Trainings ist nur eins wichtig:
"It´s not about who is right, it´s about who is left" :D
Spieltheoretiker
14-07-2011, 23:04
"It´s not about who is right, it´s about who is left" :D
:D rofl
die Philosophien sind aber nicht notwendig um Wing Chun auszuüben! Aber sie machen es einen nur leichter. Man kann auch einfach Wing Chun machen und nichts von den Philosophien wissen. Man praktiziert es halt trotzdem ohne dass man es weiß. und darüber zu sprechen macht eh nicht viel Sinn ^^
edit: hier bei Avci WT gerade gefunden dann wären wir aber auch wieder beim Thema der "Natürlichkeit" des Wing Chun -> Zen und WT http://www.kampf-kunst.de/zen.htm
Ach ja noch eine Gemeinsamkeit die symbolische Geschichte der (Zen-)Nonne Ng Mui und der Ursprung des Wing Chun gleicht sich wohl in vielen Stilen. Die Geschichte ist aber für mich nur ein code für genau die oben genannten Philosophien und ihre Prinzipien die sich im Wing Chun spiegeln :) Unseren Stammbaum teilen wir auch zu großen Teilen.
edit drölf: Jetzt darf ich so reden. Ich trainiere ja nicht mehr :D Aber Wing Chun gärt immer weiter auch wenn man nicht mehr trainiert. Bitte mich nicht für einen Esoterik Spinner halten. Ich habe hart trainiert, härter als alle anderen die ich kannte. Meine Lehrer nicht eingeschlossen. Über die will ich darin nicht urteilen
mykatharsis
15-07-2011, 01:32
Gemeinsamer Nenner wird schwierig, da die Differenzen ja schon in den Grundannahmen und der Umsetzung dieser auftreten.
Einen gemeinsamen Nenner definiert man, in dem man ein allgemein gültiges Szenario schafft und dann dieses "erforscht". Siehe MMA. Dort hat man ein Setting mit einem Regelwerk geschaffen innerhalb dessen sich die Leute austoben. Sie probieren aus und über die natürliche Auslese bleibt was funktioniert. Klar gibt es unterschiedliche Kämpfertypen, die sich auch unterschiedlicher Strategien bedienen, aber es halten sich alle an dieselben Wahrheiten und nutzen dieselben Methoden. Genau das haben wir nicht im *ing *un und auch nicht im Bereich Kampfkunst. Deswegen gibt's so viel Spielraum für Scharlatane und Showmaster. Und das wird auch so bleiben, da keiner seine jeweilige Show verraten wird, solange er davon lebt.
Das Thema Bruce Lee hat sich hiermit in diesem Thread erledigt, bitte sucht dafür den neuen auf.
Hier geht es jedenfalls weiter mit dem Ausgangspost des Threaderstellers. Danke.
WingChun77
15-07-2011, 08:22
Hallo!
Darüber hinaus, sind in allen Wing Chun Bereichen die gleichen Waffen etabliert. Faust, LS, DM. Auch hier überschneiden sich anat. Grundvorraussetzungen, die Problemstellungen, sowie die (notwendigen) Konsequenzen.
Auf der einen Seite sehe ich die bestehende Notwendigkeit der Funktionalität (siehe auch WT-Herb) im Rahmen eines (ernsten) Kampfes bzw. der SV. Hier sollten sich grundlegende Prinzipien recht zügig finden lassen und zwar im Sinne von "Was sollte besser vermieden werden?" und "Was hat sich immer wieder bewährt?". Diese Prinzipien sollten schnell vermittelbar, logisch und nachhaltig abrufbar sein sowie natürlichen Bewegungsmustern (Instinkten?) folgend.
Auf der anderen Seite steht IMO der Anwender und seine Individualität. Das Spektrum geht hier vom "Klopper" bis hin zum "Wegschubser" und "Hebler" bzw. vom "Opfer" bis hin zum "Killer".
Inwieweit nun die Prinzipien einer KK mit der Subjektivität eines Anwenders zum Einklang gebracht werden, dies scheint mir die Herausforderung. So gesehen leben wir in einer Zeit, welche den großen Vorteil hat, dass wir uns (fast schon im Sinne einer Metakognitivität) einen Überblick verschaffen können und damit Vergleiche anstellen. Das war noch nie da! Man mache sich dies einmal bewusst...
Mit anderen Worten:
Ich behaupte, dass es einen Nenner gibt (geben muss), bei dem sich alle KK in ihren Prinzipien treffen, wenn es um die Frage der SV geht. Die Vermittlung solcher Prinzipien, Ideen und Strategien in den Formen scheint mir hier eher sekundär, da am Ende die Funktinonalität stehen sollte und nicht der Weg dahin, wenngleich dieser mehr als entscheidend ist.
Um auf die Fragen im einleitenden Text einzugehen:
a) Wie in eurer KK damit umgegangen wird?
Die Funktionalität bzw. Effektivität bzw. die Prävention für den Fall der SV wird meiner Erfahrung nach immer noch unter aller Kanone vermittelt. Während es im Wing Chun sehr starke Unterschiede in der Vermittlung (sinnvoll und sinnlos) gibt, so findet sich das TaiJiQuan nachwievor im Traum des "Chi-Blase" und der 3 Meter wegfliegenden Gegner, wenn sie einem berühren. Im Bagua ist es ähnlich, vor lauter "um den Gegner laufen" verliert sich das Konzept (böse formuliert).
Mit anderen Worten: Funktionierende Konzepte müssen/sollten im Sparring erarbeitet und dann wieder auf die Formen abgeleitet bzw. dort entdecket werden. Ich habe vor Jahren noch über die "pushing hands" im TaiJiQuan gelacht und mich in Chi-Sao-Sektionen "gesonnt". Heute sehe ich dies anders und hatte nette Erfahrungen dazu. Ein geübter TJQLer hat wenig Probleme mit "Chi-Sao-Gewurschtel" (nicht böse gemeint), weil er von Beginn an nur wenige Techniken übt, die aber alle Konzepte schon enthalten und diese immer weiter verfeinert. Achtung: Jetzt gehen wir zur SV! Hier hat der TJQler IMO mit der direkten und aggressiven Vorgehensweise des WClers mehr als zu tun, was mich direkt zu b) führt:
b) Wo, warum evtl. eine "Spezialisierung" stattgefunden hat und in welchen Bereichen eine Ergänzung/Erweiterung für den ein oder anderen sinnvoll wäre.
Eine Ergänzung sollte in einer Reduktion und Simplifizierung auf das "Wesentliche" (im Sinne der SV) erfolgen. So zum Beispiel der Aspekt der Prävention, der direkten Umsetzung der Prinzipien, so vorhanden. Dies heißt nicht, dass die Bereiche Gesundheit und Meditation vernachlässigt werden sollten. Wohl aber darf das Trio nicht aufgebrochen und selektiv vermittelt werden. Ein Anwender wird sich bei ernsthaftem Bemühen seinen Schwerpunkt suchen. Um konkret zu werden:
Das Wing Chun sollte IMO schnörkelloser werden:
Weniger Firlenfanz, mehr direkte Aggressivität. Boztepe sagte einmal sinngemäß: "Das Wing Chun ist für den normalen Menschen gedacht, der sich vielleicht mal verteididigen muss, aber wenig Zeit zum Trainieren hat, weil Familie und Beruf..." Wir haben dann Stunden nur Schritt- und Schlagkombinationen aus allen erdenklichen Situationen gedrillt. Quasi Krav Mage in reinster Form. Hier zeigt sich für mich das Wesen des Wing Chun: Schnell, brachial und effektiv - kein Firlefanz und auch kein Chi-Sao-Bong-Sao-Wendung-Zeugs. So gesehen sind die Waffenformen IMO ein nettes Zubrot für die Cracks und wen es interessiert, aber nicht notwendig um sich auf der Straße zu wehren.
Die Handformen decken den meditativen-gesundheitlichen Aspekt ab, das Chi-Sao baut die Brücke zum Kontakt und nimmt die "Schlagangst" und schon haben wir eine kleine, feine Kampfkunst, die sich zügig erlernt und auch effektiv einsetzbar ist. Das heißt aber auch, dass diese Kampfkunst irgendwann gesättigt ist und nicht mehr reininterpretiert wird als notwendig.
Die ganzen Wing Chun Derivate mit ihren Graduierungen, Uniformen und das ganze Zeugs werden diese Kampfkunst nicht gerecht.
LG
Günther
Misanthropist
15-07-2011, 08:34
Das "be water my friend"-Zitat hatte ja nun mal GAR NICHTS mit wing chun zu tun, eher im Gegenteil mit Bruce´s Idee sich (irgendwann) von einem "Stildenken" frei zu machen und den Kampf als "Ganzes" zu sehen.
Stammt aus der Longstreet Folge wo Bruce dem blinden Anwalt erzählt, das er gerade eben "keine Methode" unterrichtet.
;)
Gruß Wilfried
Ja, der Spruch "be water my friend" kommt von Bruce Lee. Aber die Idee sich wie wasser an den Gegner anzupassen, der "Fluß" im Chi Sau und andere Wasser-Analogien sind deutlich älter als Bruce Lee und ich wage es zu unterstellen, das Bruce Lee's Spruch von diesen alten Mottos und Weisheiten inspiriert war. Mit einer Vermischung von verschiedenen Stilen hat die ursprüngliche Idee aber rein gar nichts zu tun.
Misanthropist
15-07-2011, 08:48
sorry, hatte die mahnung wg. bruce noch nicht gelesen als ich geantwortet hab.
Zum Thema Taoismus, Zen und Konfuzianismus:
Dass die Begründer des Stiles bis zu der roten Dschunke Buddhismus praktizierten und deren buddhistische Weisheiten in den Stil eingeflossen sind ist kaum zu leugnen. Dasselbe gilt für den Taoismus (siehe jedes zweite Kuen Kuit). Eine nette Sammlung von Mottos findet sich übrigens hier: 8pwc.com/index.php/en/articles/8-mottoes
Das ist gespickt mit Taoistischen, Buddhistischen und Konfuzianistischen Weisheiten.
Und den konfuzianistischen Umgang in den Schulen, mit dem der westliche Schüler so ein Problem hat, der ist sicher auch eine Gemeinsamkeit, wenn er auch in der heutigen Zeit bei weitem nicht mehr so extrem praktiziert wird.
"Das beste von drei Philosophien" könnte also ein KGN sein imho.
WingChun77
15-07-2011, 08:51
Hallo!
Ja, der Spruch "be water my friend" kommt von Bruce Lee. Aber die Idee sich wie wasser an den Gegner anzupassen, der "Fluß" im Chi Sau und andere Wasser-Analogien sind deutlich älter als Bruce Lee und ich wage es zu unterstellen, das Bruce Lee's Spruch von diesen alten Mottos und Weisheiten inspiriert war.
Das Tao Te King lässt hier grüßen:
"Auf der ganzen Welt
gibt es nichts Weicheres und Schwächeres als das Wasser.
Und doch in der Art, wie es dem Harten zusetzt,
kommt nichts ihm gleich.
Es kann durch nichts verändert werden.
Daß Schwaches das Starke besiegt
und Weiches das Harte besiegt,
weiß jedermann auf Erden,
aber niemand vermag danach zu handeln."
(Schnelle Quelle:
Legende von der Entstehung des Buches Taoteking auf dem Weg des Laotse in die Emigration ? Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Legende_von_der_Entstehung_des_Buches_Taoteking_au f_dem_Weg_des_Laotse_in_die_Emigration))
LG
Günther
Misanthropist
15-07-2011, 08:52
PS: ich habe die lustige Erfahrung gemacht, dass das Motto Gedicht von allen gleichermassen geliebt wird, denen ich es bisher gezeigt habe, ganz egal aus welcher +ing +ung Richtung sie kamen. Aber viele haben es total unterschiedlich interpretiert.
Dennoch glaube ich, dass es möglich wäre einen kleinsten gemeinsamen Nenner auch dieser Mottos zu finden. Rein theoretisch. Das müsste man aber zuerst mit den jeweiligen "Oberhäuptern" der einzelnen lineages abklären, da kaum einer offiziell definiert hat, welche Mottos er nun als zu seinem Stil zugehörig empfindet und welche nicht.
Außerdem warten viele immer noch insgeheim auf eine uralte Motto Schriftrolle in der dann endlich alles erklärt wird :-)
Misanthropist
15-07-2011, 08:53
@Günther
Ja, also das Daodejing sollte nun wirklich jeder Wing Chun Mensch 'mal lesen, oder noch besser: selbst übersetzen!
Ja, der Spruch "be water my friend" kommt von Bruce Lee. Aber die Idee sich wie wasser an den Gegner anzupassen, der "Fluß" im Chi Sau und andere Wasser-Analogien sind deutlich älter als Bruce Lee und ich wage es zu unterstellen, das Bruce Lee's Spruch von diesen alten Mottos und Weisheiten inspiriert war. Mit einer Vermischung von verschiedenen Stilen hat die ursprüngliche Idee aber rein gar nichts zu tun.
Stimmt. Es kommt wohl vom letzten und wichtigsten (Langstock-)Prinzip LAO, was sowohl den Fluss selbst als auch das Flussbett (d.h. den Fluss leiten) meint.
(Zen-)Nonne Ng Mui
Naja, Chan und Zen ist nicht ganz das gleiche.
@Günther
Ja, also das Daodejing sollte nun wirklich jeder Wing Chun Mensch 'mal lesen, oder noch besser: selbst übersetzen!
Naja, das Studium von Schriften ist ja vor einem Chan-Hintergrund eher kritisch zu betrachten ;) und die meisten Übersetzungen versteht eh kein Mensch. ;) Die hier ist sehr angenehm (wenn auch bewusst sehr frei übertragen), sofern man halbwegs Englisch kann: http://www.beatrice.com/TAO.txt (
http://www.beatrice.com/TAO.txt). Wobei ich einige Texte von Tschuang-Tse / Zhuangzi wesentlich zugänglicher und klarer finde als das Daodejing. Mein Tipp dazu wäre dieses Büchlein (http://www.amazon.de/Dichtung-Weisheit-Insel-B%C3%BCcherei-Tschuang-Tse/dp/3458084991/ref=pd_rhf_p_t_1).
Spieltheoretiker
15-07-2011, 11:09
Naja, Chan und Zen ist nicht ganz das gleiche.
stimmt chan ist freier und japanisches Zen hierarchischer ritualisierter und zeremonieller. Das gilt aber nicht nur für chan sondern praktisch für alle japanischen KK, aber auch für andere Künste wie Bonsai Zucht, Kalligraphie etc. Viele emigrierte, japanische Zen Mönche sehen dies aber auch kritisch. Deshimaru zum Beispiel der nach Europa gegangen ist. Ich schreibe lieber Zen, da die meisten Leute mit dem Begriff Chan weniger anfangen können
hier aber ein bekannter "freier" japanischer Zen Mönch. Das ist Lebenslust pur ^^ http://www.youtube.com/watch?v=pHNyCAJXUXE&feature=related
Trinculo
15-07-2011, 11:11
@Günther
Ja, also das Daodejing sollte nun wirklich jeder Wing Chun Mensch 'mal lesen, oder noch besser: selbst übersetzen!
Sehr realistischer Vorschlag.
StefanB. aka Stefsen
15-07-2011, 12:30
*edit*
Hallo Günther!
Damit kommen wir der Sache schon sehr nahe.
Zitat:"Was sollte besser vermieden werden?" und "Was hat sich immer wieder bewährt?"
Das ist die allgemeinste Basis, auf die eine KK basiert. Die Rahmenbedingungen sind (um weg von der Differenzierung SV-Wettkampf zu kommen) die Notwendigkeiten des Kämpfens allgemein.
Dabei sind die Problemstellungen identisch (gemeinsamer Nenner): Was sollte vermieden werden? Die Frage nach untauglichem Verhalten in punkto Angriff und Verteidigung, oder auch Flucht, denn auch da gibt es sicher qualitative Unterschiede. Ich kann sowohl gut fliehen, als auch schlecht.
Was hat sich immer wieder bewährt?(Oder auch, was ist a priori sinnvoll?) Die Frage nach Mitteln/Verhalten die über Sieg, Niederlage oder Flucht entscheiden. (Im weiteren lasse ich den Fluchtaspekt mal raus, da es der Idee einer KK 100%ig gegenübersteht.)
Daraus lassen sich einfach gewisse Attribute ableiten. Sowohl für die Offensive, als auch die Defensive. Eine, wie auch immer geartete Art der Verteidigung und des Angriffs sind logische Konsequenzen. Basierend auf diesen Annahmen lässt sich der gesamte Komplex der Erarbeitung und Verbesserung dieser Attribute entwickeln. Der Faktor des Individuums kann dabei getrost vernachlässigt werden (auch wenn mir die JKDler jetzt sicher an die Gurgel springen würden:)), sofern es überhaupt zu einer kultivierung einer KK kommen sollte, da sowohl der "Hauer", der "Greifer" und die "Lusche" vor den gleichen Problemen steht.
Es wird sicherlich niemand widersprechen, wenn man sagt, Kraft wäre ein solches Attribut, Deckung, Schnelligkeit, Ausdauer, usw.
Was jetzt wieder passiert ist, was ich eigentlich nicht möchte. Ich will nicht Lehrsätze gegen Lehrsätze halten, sondern von euren Erfahrungen hören, im Bezug aufs Kämpfen, als auch aufs Kämpfenlernen.:)
WingChun77
15-07-2011, 20:02
Guten Abend und HALLO!
Der Faktor des Individuums kann dabei getrost vernachlässigt werden, (...), da sowohl der "Hauer", der "Greifer" und die "Lusche" vor den gleichen Problemen steht.
Hm...gerade hier sehe ich die (im wahrsten Sinne des Wortes) die Herausforderung: Wenn die Mechanismen einer effektiven und funktionalen SV irgendwo und irgendwie auch "instinktiv" erfolgen sollen, dann darf/soll/kann die Individualität des jeweiligen Anwenders eigentlich nicht vernachlässigt werden.
Um in deinem obigen Bild zu bleiben: Die Aufgabe bzw. das Problem ist für alle identisch, aber die Voraussetzungen bzw. Kompetenzen werden stets verschieden sein.
Wenn ein Mensch von Natur aus nicht "aggressiv" re-agieren kann, dann sollten die Funktionen einer effektiven SV sich dennoch an diesen Typus anpassen lassen, so ein gemeinsamer Nenner vorliegt. Dies würde aber bedeuten, dass ein von Natur aus eher "offensiverer" Mensch stets im Vorteil ist, was ich aus meiner Erfahrung bestätigen kann.
So gesehen könnte ein sehr extremer Sprung in die Ecke "es gibt eben Opfer" gehen, der definiert, dass es per se Menschen gibt, die sich in Sachen SV nicht/nie behaupten werden können, weil das "Kämpfen" nicht in ihrer Natur liegt (das war jetzt sehr böse, aber ich hoffe es ist klar, was ich meine).
Aber jetzt lasst uns doch einmal konkret werden:
1) Welches Verhalten hat sich (nicht) bewährt?
2) Welche Techniken haben sich (nicht) bewährt?
Dies wären Fragemöglichkeiten, um eine Art Technik-Verhaltens-Filter zu filtern. Jedoch scheint mir die Frage "Auf WAS reagieren wir eigentlich?" vielleicht noch ergänzenswert. Mit anderen Worten: Wir sollten noch ein Szenario definieren, welches ein Re-agieren überhaupt erst erforderlich macht, um dann die Konzepte/Ideen in einer ersten Sammelrunde zu "mindmappen".
LG
Günther
StefanB. aka Stefsen
16-07-2011, 13:48
Guten Tag!
Zitat:"Wenn die Mechanismen einer effektiven und funktionalen SV irgendwo und irgendwie auch "instinktiv" erfolgen sollen..."
Sollen sie nicht unbedingt! Die Prämisse hast Du jetzt ins Spiel gebracht. Wichtig ist, das das Verhalten (sei es noch so unnatürlich) korrekt abgerufen werden kann.
Beispiel TKD: Eine, ich würde sagen, weitestgehend "unnatürliche" Art zu kämpfen. Dort hat eine Spezialisierung auf reine Beintechniken stattgefunden.
Dennoch ist es in vollem Umfang abrufbar.
(Bitte "SV" weglassen. Der Begriff weitet die Debatte unnötig weit aus. Es wäre imho sinnvoller erstmal nur von "Kampf" zu sprechen und dabei die, für unser Thema, einfachste Form zu meinen.)
Zum Thema Individuum: Ich habe Menschen kennengelernt, die ihre gesamte Perönlichkeit um fast 180° gedreht haben. Nicht bewusst, aber im Laufe der Zeit. Es gibt nicht den Typ Mensch. Es gibt nicht den Typ "aggressiv", den Typ "passiv", etc.
Klar gibt es Menschen, denen es mehr liegt als anderen, aggressiv zu sein, aber "von Natur aus" und "bis in alle Ewigkeit" ist das nicht der Fall.
Ein Teil unserer Persönlichkeit setzt sich aus dem Verhalten und der Denkweise zusammen, durch die wir Bestätigung von Anderen bekommen. Wir suchen regelrächt danach.
Dementsprechend ist ein gut ausbalanciertes Training in einer KK sicher sowohl für den eher Passiven, als auch für den eher Aggressiven Typ sehr förderlich. Der eine bekommt u.a. eine Bestätigung (ein Erfolgserlebnis) für aggressives Verhalten, der andere für eher defensives Verhalten (und umgekehrt).
Zum Konkreten:
Ist halt die Frage, wie allgemein will man es halten?
Zunächst kann man sagen, dass man immer, in jeder Gefahrensituation eine Option ganz sicher hat: Die Flucht! (Oder einfach, der Gefahr aus dem Weg gehen)
Im Bereich des Kämpfens ergibt sich noch eine Möglichkleit: Der Angriff!
Darunter fallen dann die Aspekte des Angreifens und Angriffen zu begegnen, also Angriff und Verteidigung.
Bewährte Angriffskonzepte waren natürlich immer Waffen. 1. maximieren sie das Schadenspotential im Verhältnis zur tatsächlichen Stärke und 2. ermöglichen sie Angriffe aus "unnatürlicher" Distanz.
(Das fing schon an, als unsere Vorfahren anfingen, mit Steinen nach dem Raubtier zu schmeißen, anstatt ihrem Fluchtinstinkt zu folgen.)
Hierbei sind für uns erstmal nur die Wing Chun Waffen interessant.
Der nächste Punkt ist dann der waffenlose Kampf. Dabei geht es darum zu schauen, wie ich aus meinem Körper großes Schadenspotential hohle und wie ich angemessen auf Angriffe reagieren kann.
Fisting 4.0
24-07-2011, 13:04
Hoffe ich auch!
Meinst du mit Funktionalität allgemein die des Systems oder eher den Anspruch an Funktionalität den wir (oder die Meisten von uns) an das System stellen?
Ansosnsten stimme ich dem Rest deines Posts zu. Wir benutzen alle Formen zur Erarbeitung des Systems, Partnerübungen, Chi-Sao, Goh-Sao, und wie sie alle heissen.
Worum es mir geht (ich bin nämlich nicht annähernd so idealistisch, wie es hier den Anschein hat:D) ist folgendes:
Es wäre imho unheimlich förderlich, nachdem eine gemeinsame Basis da ist, mal Erfahrungen auszutauschen, die jeder nachvollziehen, ausprobieren und evtl. übernehmen kann. Ganz pragmatisch eigentlich.
Z.B. war ich sehr, sehr angetan von diesem Pad-Work Video:
egIfayF05Gg
Zwar kein Wing Chun, aber ums Angreifen und Verteidigen geht es ja trotzdem.
Macht ihr soetwas auch? Wie? Ist es auf Wing Chun abgestimmt?
@ marius24
Dann töten wir die Ideologien!:cool::p
@Misanthropist
Mit dem prinzipienorientierten lernen sehe ich ähnlich, aber nicht 100%.
Ein schönes Beispiel ist der Vergleich zwischen waffenlosen Ving Tsun und dem Langstock. Beides "unterliegt" exakt den gleichen Verhaltensweisen, es ist quasi die gleiche Art zu kämpfen, nur eben mit verschiedenen Waffen. Nichts desto trotz ist die Technik (eine saubere, gute Technik) Grundvorraussetzung für das Gelingen dieser Kampfweisen.
(Wo wir dann wieder beim Thema: Funktionalität wären)
Dementsprechen kann man imho nicht sagen Prinzipien>Techniken, sonder Prinzipien=Techniken.:)
Das Pad-Work-Video ist tatsächlich nett anzusehen. Und gerade dieses Konzept des gleichzeitigen Meidens und Mitschlagens ist das wirklich Schöne am Boxen und setzt ein gutes Timing voraus!
In seiner Gleichzeitigkeit dem Wing Tsun nicht unähnlich. Man versucht eine Schutzbewegung mit einem gleichzeitigen Angriff zu verbinden, um so den Angriffsfluss des Gegners frühzeitig zu unterbinden. Nur das Wing Tsun eben dabei auch immer versucht die "Waffen" des Gegners zu immobilisieren, um ein weiteres Nachschlagen zu verhindern, was im sportlichen Boxen illegal wäre, nämlich Festhalten, Clinchen & Schlagen.
Letztendlich sollten die Trainingsweisen und -methoden jedoch die Gleichen sein! Leider muss man zugeben, dass die Trainingsintensität hier im Boxen höher angesetzt ist. Beim Wing Tsun hängt das zumeist davon ab, ob man sich in einer ambitionierten Schule befindet oder nicht. Aber ein ähnliches Pad-Work-Programm, das auf Wing Tsun-Konzepte abgestimmt ist, würde auch jedem Wing Tsun´ler gut tun. Wenn der Feeder die Pads herausstreckt kann z.B. der Wing Tsun´ler Schrittarbeit, Distanz sowie den Keil als Referencepoint üben. Korrekte Distanz- und Schrittarbeit kann stil- und systemunabhängig in der Defensive hervorragend eingesetzt werden, um gegnerische Angriffe zu vermeiden oder deren Wirkung abzuschwächen. So könnte man ein gutes Training aufbauen, um sich gegen die gebräuchlichsten Faustangriffe und Angriffskombinationen zu verteidigen.
Gerade das Pad-Working schult nicht nur Distanzverhalten, sondern auch taktische Intelligenz und vor allem Beweglichkeit! Leider bewegen sich viele Wing Tsun´ler zu wenig oder zu schlecht, da sie es gewohnt sind die ganze Zeit aus einer Chi-Sao-Position heraus zu agieren oder zu reagieren. Leider beginnen aber nicht alle Kämpfe, auch nicht auf der Straße, in einer Chi-Sao- oder Clinch-Distanz. Und gegen einen guten Distanz-Kämpfer muss man es als Wing Tsun´ler auch erstmal schaffen in die eigene Komfortzone zu kommen. Genau deshalb scheitern soviele Wing Tsun´ler im Sparring gegen die Vollkontaktstile. Liegt einfach nur daran, dass die Typen sich zu flekmatisch bewegen und die Basics nicht sitzen!
Hast Du eine konditionsstarken Wing Tsun´ler, der sich gut im Ring bewegen kann, Schrittarbeit offensiv und defensiv nutzt, satte Keile aus der Bewegung heraus abfeuert und ein paar Trapping-Techniken ohne Verkünstelung beherrscht, um die Arme des Gegners "fesseln" zu können, dann würde sich dieser Wing Tsun´ler auch Respekt vom Boxer verdienen! 100 %
Aber egal was man trainiert, man muss immer technisch trainieren, d.h. in einem zunächst kooperativen und anschließend unkooperativen Partnertraining auf die Ideallinie hinarbeiten. Denn Technik macht am Schluss und wie in allen Sportarten den Unterschied aus! Ein Mesut Özil ist nunmal ein besserer Mittelfeldspieler als ein Anderer, auch wenn seine schönen Aktionen nicht immer von Erfolg gekrönt sind, so können sie doch den entscheidenden Unterschied ausmachen.
Stil- und Systeminzucht sollte vermieden ... Kämpfen besteht nicht alleine aus Chi-Sao und ein Boxer kann sich nicht auf einen fairen Kampf berufen oder das nur die Fäuste zum Einsatz kommen. Das Problem ist, das man so agiert wie man hauptsächlich trainiert, d.h. ein Boxer ohne Crosstraining wird von einem guten MMA-Mann am Boden förmlich überrollt, weil er in seinem Training nie mit einem entsprechenden Gegenmittel ausgestattet wurde. Ein Wing Tsun´ler kann der Chi-Sao-King sein, wenn er auf der Distanz ne totale Niete ist, wird er von nem beweglichen Kick-/Thaiboxer ausgeknockt, bevor er an den Gegner überhaupt rankommt. Jemand der es gewohnt ist auf der Matte oder einen Kampffläche schöne ausladende Techniken á la Taekwondo zu zeigen, wird von einem guten Wing Tsun´ler in der SV und auf einem beengten Raum geradewegs zerstört. So könnte man das unendlich weiterführen ... man sollte schauen - wenn SV das Traingsziel ist - dass man alle Distanzen einigermaßen abdeckt ... frei nach einem Bruce Lee-Zitat: "in real fighting, baby you better train EVERY part of your body".
Sport ist Sport, SV ist SV! Nur haben die Sportler oft eine bessere Trainingsstruktur und -intensität, da sie in ihrem Bereich für einen Wettkampf trainieren. Dieses Einstellung zum Training ... ebenso in konditioneller Hinsicht ... müssen sich die SV´ler zu eigen machen, dann klappt´s auch.
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