daoistische / buddhistische Methoden

[scientist]

hallo,
eine frage, die mir vor einigen wochen in den sinn gekommen ist:
welche gemeinsamkeiten,aber auch welche unterschiede gibt es zwischen daoistischen "meditations"praktiken wie "stehende säule" und den buddhistischen methoden, insbesondere des Zen-buddhismus. würde mich über lesenswerte antworten freuen...
gruß aus münchen

[Alexander2110]

Ich sehe einige markante Unterschiede in der Ausführung der Praktiken, nicht so sehr jedoch in deren Zielsetzung.

Daoistische Techniken wie „Stehende Säule“ fokussieren sehr stark auf die energetisch - körperlichen Aspekte der Übung, also Qi, Atmung, Kraft im Unterbauch, allgemeine Kräftigung + Verbesserung der Gesundheit z.B. durch Massage der inneren Organe, energetische Vibration etc.

Meditationspraktiken des Chan – Buddhismus sind wesentlicher abstrakter. Beim Za – Zen lernt der Anfänger zwar auch, dass es wichtig ist, tief zu atmen und aufrecht zu sitzen. Allerdings wird Za – Zen weniger als Körper – Energie Übung begriffen, sondern als eine Praxis des Nicht – Seins / Nicht – Denkens. Der Chan – Buddhist geht davon aus, dass er durch Meditation seine Haftung an der unerleuchteten Sicht der Welt löst.

Letztlich mag die Zielsetzung von Daoismus und Chan jedoch nahezu identisch sein. Historisch gesehen haben sich beide Richtungen sehr stark gegenseitig beeinflußt. Das führte sogar soweit, dass einige Zeitgenossen behaupteten, Laotse sei als Buddha wiedergeboren worden...

[scientist]

nun lese und höre ich aber immer wieder bei zen lehrern die wichtigkeit des tandem (chin. tan tien), was ja auch auf gewisse energetische aspekte des zen schließen läßt...

[Alexander2110]

Das ist richtig. Energetische Aspekte spielen in philosophischen Grundüberzeugungen des Chan durchaus eine Rolle. Allerdings beschränken sich die Belehrungen der Chan – Meister, was das Qi betrifft, meist auf die Bedeutung des Bauchatmens. Komplexe Darstellungen zum Qi Fluß oder gar eine Theorie des Qi findet man im Chan eher selten.

Die daoistische Philosophie sowie die daraus entwickelten Praktiken beschäftigen sich dagegen hauptsächlich mit der Frage des Qi. Im Daoismus wird der sitzenden, nicht-denkenden Meditation beispielsweise weit weniger Wichtigkeit beigemessen, als im Chan.

Chan konzentriert sich auf die Lösung des zentralen menschlichen Problems in buddhistischer Tradition, d.h. es geht primär um die Auflösung von geistig-psychischen Fiktionen. Der Daoismus hingegen scheint eher einem körperlich – energetischen Ansatz zu folgen, denn hier dreht sich alles um eine Harmonisierung des Qi.

[Zaphod]

Im Daoismus wird der sitzenden, nicht-denkenden Meditation beispielsweise weit weniger Wichtigkeit beigemessen, als im Chan.


Mein Lehrer bezeichnet Chi Gung und Tai Chi als Grundlage für Meditation, durch diese Übungen wird die für die Meditation notwendige Gesundheit erreicht und auch erhalten. Nicht jede buddhistische Tradition legt wert auf Gesundheitspflege.
Mein Lehrer hält Meditation für einen sehr wichtigen Bestandteil der daoistischen Energie Übungen. Er sagt auch, daß Tai Chi und Chi Gung von Meistern der daoistischen Meditation entwickelt wurden. Deswegen findet man auch Meditationsaspekte in Chi Gung Übungen, wie z.B. bei der stehenden Säule.



Chan konzentriert sich auf die Lösung des zentralen menschlichen Problems in buddhistischer Tradition, d.h. es geht primär um die Auflösung von geistig-psychischen Fiktionen.


Genau dies kann man auch durch daoistische Meditation erreichen.

Grüße,
Zaphod