Vollständige Version anzeigen : Trainingsinhalte im Kenjutsu
Ich hätte gerne mal gewusst, wie ein Kenjutsu Training aufgebaut ist.
Wie genau kämpft man beim Kenjutsu?
Oder besteht das Training ausschliesslich aus Partnerübungen?
Man kann sich ja schlecht mit einem Bokken wirklich schlagen. :D
Gibt es Sparring in irgendeiner Form?
Telcontar
15-01-2004, 16:55
man "schlägt" sich schon richtig mit dem Bokken, jedoch gibt es keinen "freien" Kampf in der Richtung, erst ab einem viel späteren Kyu, sonst würde das ganze auf unkontrolliertes draufhauen ausarten. Es werden Katas bzw. versch. Angriffe und die dazugehörigen Verteidigungen in Partnerübung geübt, jedoch wird immer nur angedeutet. Mit dem Katana werden Grundsetzlich nur einzel Katas geübt, das wäre im Partnerkampf viel zu gefährlich (ausser vielleicht für showkämfpfe mit stumpfen schwertern, aber dann ist es kein Kenjutsu im eigentlichen Sinne mehr)
... sondern Schaukampf-Kendo ;-)
Sicher sind Dir jedoch die Unterschiede zwischen Kenjutsu und Kendo bekannt (falls nicht, beauftrage eine Suchmaschine Deiner Wahl mit beiden Begriffen, dieses Abstraktion wird allenortes intensiv erläutert), was jedoch viel wichtiger ist, die Zielsetzung beider Strömungen im Auge zu behalten. Im Kendo ist es sportliches Ziel, möglichst viele Punkte durch Treffer zu erreichen, was ein "Sparring" in kompletter Schutzausrüstung natürlich als Grundvoraussetzung für das Training unabdingbar macht.
Ziel des Kenjutsu hingegen ist das SCHNEIDEN. Anders als z.B. beim Arnis/Escrima/Kali, wo - je nach verwendeter Waffe - in den meisten Fällen bei den ersten Treffern in der angewandten Praxis "nur" Verletzungen entstehen würden, wäre bei einem korrekt durchgeführten "praktischen" Treffer mit scharfer Katana im Kenjutsu in der Regel wohl eher eine Amputation oder der Tod die Folge. Mit dieser Zielsetzung im Blick dürfte einleuchten, warum es - anders als im Kendo oder Vollkontakt-Kali - kein "Sparring" im eigentlichen Sinne durchgeführt werden kann, weil es ohne Zerstörung der Waffe bzw. des Gegners praxisnah gar nicht möglich wäre.
Nebenbei: Der Terminus "scharfe Katana" ist irreführend, da eine "stumpfe Katana" eher ein Iaito wäre - letzteres ist allerdings ungeschmiedet und wird eher im Iaido (auch hier gehe ich mal davon aus, dass Du weißt, was sich hinter dem Begriff verbirgt, ansonsten fragen) verwendet.
Partnertraining gibt es im Kenjutsu natürlich trotzdem. Dieses wird aus Gründen der Verletzungsgefahr für Mensch und auch Schwert (!) allerdings nahezu ausschließlich mit Bokken durchgeführt. Wie Telcontar zutreffend ausführt, ist die Katana ggf. für Einzel-Kata eine Wahlmöglichkeit, die meisten bevorzugen jedoch auch hier eher das Iaito, weil die Verletzungsgefahr wirklich immens ist. Ein sehr gut trainierter Partner aus meinem Dojo hat sich allein schon aufgrund der scharfen Spitze bei einem versehentlich fehlerhaften Chiburi und Noto (Reiningen und Einstecken) des ungeschliffenen (!) Schwertes beinahe das Handgelenk durchstochen.
Um schlußendlich konkret auf Deine Fragen zurückzukommen:
Das Training besteht sowohl aus einzelnen Übungen als auch aus Einheiten mit (normalerweise) einem und (seltener) mehreren Partnern. Nach einer kurzen Zeremonie folgt bei uns im Dojo eine kurze Aufwärm- und Dehnphase. Zu den Einzelübungen zählt immer und immer wieder das Ziehen und Einstecken des Schwertes, allerdings hat dies im Kenjutsu weitaus weniger Bedeutung als im Iaido, das beinahe ausschließlich hieraus besteht, sowie die Haltungsüberprüfung (Hände und Körper) und schließlich die Anwendung von Kamae und Formen. Hier wird es etwas unübersichtlich, da sich die Kamae und Formen von Ryu zu Ryu seit über 500 Jahren teilweise komplett unterschieden haben. Es ist also gut möglich, dass Du in zwei verschiedenen Kenjutsu-Dojos vollkommen unterschiedliche Bezeichungen und Ausführungen von Kamae und Katas kennenlernst, die elementaren Basics sind jedoch ähnlich, von daher gehe ich hier nicht näher darauf ein.
Zu den Kamae zählen überwiegend einzelne Meid-, Schneid- und Abwehrbewegungen (oben, unten, links, rechts, Mitte, über Schulter, über Kopf, Verstecken des Schwertes, usw.etc.pp.), in den Formen oder Katas werden diese zu Bewegungseinheiten verknüpft, die sich einzeln (z.B. Katas im Sitzen) aber auch mit Partner üben lassen. In letzterem Falle ist einer meist der Angreifer (Tori) und der andere der Verteidiger (Uke). Teilweise werden die beiden von einer dritten Person auf korrekte Durchführung überwacht.
Die Partnerübungen beschränken sich allerdings nicht ausschliesslich auf Katas. Gerne werden auch einzelne Kamae mit Partner repetetiv durchexerziert, z.B. Meidbewegung/Block und Konterangriff, dem dann nunmehr der Partner ausweicht usw. Bei korrekter Durchführung und erfahreneren Partnern erhöht sich hier schließlich auch nach und nach das Tempo und es kann im Gegensatz zu den Katas auch schon einmal härter durchgezogen werden. Da so ein Bokken allerdings ebenfalls nicht unkaputtbar ist und die Partner keine Vollkontaktausrüstung tragen, ist hier dennoch immer eine gewisse Vorsicht im Spiel. Man kann sich also durchaus schon mit einem Bokken schlagen, allerdings eher in Form von Leicht- bzw. Semikonktakt.
Zum "freien Sparring" siehe Telecontars Ausführungen.
Abschließend möchte ich anführen, dass ich das Training im Kenjutsu persönlich als körperlich weitaus weniger erschöpfend empfinde, als z.B. JKD oder Capeira, die ich ebenfalls betreibe. Im Kenjutsu erscheinen mir technische und geistige Aspekte etwas bedeutsamer, dennoch sind die Bewegungsabläufe auch vom sportlichen Aspekt nicht zu unterschätzen. Es ist jedoch merkbar, dass man es hier mehr mit Kampfkunst als Kampfsport zu tun hat (nur meine Meinung).
Herzlichen Dank für eure Antworten.
Ich weiss sowohl was Kendo, als auch Iaido ist, da ich beides betrieben habe. :D
Ich suche nun schon eine Weile eine Kenjutsu Schule in meiner Nähe (Essen) und bin bisher nur auf eine in Köln und eine in Witten gestossen.
Kendo ist eine wundervolle Sportart, aber aufgrund der arg eingeschränkten Trefferzonen für mich nur bedingt als Schwertkampf "gültig".
Deshalb möchte ich mir mal gerne ein Kenjutsu Training anschauen...
Falls also jemand noch eine gute Schule in meiner Nähe kennt... ;)
Telcontar
19-01-2004, 12:41
ich weiß nicht ob dir das jetzt so super weiterhelfen wird, aber in Köln gibt es 3 Kenjutsu dojos...
ich weiß nicht ob dir das jetzt so super weiterhelfen wird, aber in Köln gibt es 3 Kenjutsu dojos...
Von einem war ich schon auf der Homepage.
Das ist zum trainieren sicher zu weit, aber zum anschauen schon mal nicht schlecht.
Haben die anderen beiden auch Homepages...?
kenjutsu.de ist die eine...
unit-igor
19-01-2004, 17:34
klingt doof, aber was ist ein bokken`!? :rolleyes:
sumbrada
19-01-2004, 17:53
Ein Trainingskatana aus Holz.
Siddharta
21-01-2004, 22:13
hi
also ich bin grad auch auf kenjutsu suche und hab hier in köln eine gute gefunden
www.aikido-kreis.de
hier wird der miyamoto musachi stil gelehrt (Jori no Kenkyo Ryo-Ken-Jutsu) also der kampf mit 2 schwertern...
werde demnächst dort vorbeischauen..
weis jemand was darüber oder kann mir tipps geben..???
ciao
sid
Telcontar
30-01-2004, 10:22
ich trainiere in dem Dojo, und ich kann dir sagen, es ist wirklich gut gemacht. Der Meister ist nett, fordernd und kennt sich wirklich mit der Materie aus.
Zum miyamoto musachi stil: Im eigentlichen Training (Dienstag, Freitag und Sonntag) wird nur mit dem Bokken trainiert, einmal im Monat gibt es einen Intensivsamstag wo den ganzen Tag Kyus abgenommen werden, und spezielle Formen des Kenjutsu, unter anderem der miyamoto musashi stil gelehrt werden.
Hier fällt mal wieder auf das Kendo immer gleich mit Sportkendo gleichgesetzt wird. Auch wenn das Sportkendo deutlich populärer ist, so betreibt doch trotzdem nicht jeder Kendo-Verein gleich Sportkendo. Im allgemeinen sollte man nur von gleichem Inhalt ausgehen wenn die Vereine im gleiche Verband untergeordnet sind. Mein Sensei erzählt manchmal von seinen 'Lehrjahren' in Japan, wo auch die 'härteren' Stile i.d.R. einfach nur Kendo genannt werden.
grüße - hans
vBulletin v4.2.5, Copyright ©2000-2025, Jelsoft Enterprises Ltd.