Vollständige Version anzeigen : Taijiquan, Qi Gong und Krankenkassen
Hier noch mal ein Auszug aus den am 27. August 2010 aktualisierten Leitfaden Prävention der GKV in Deutschland. Dieser bezieht sich auf die Bezuschussung bzw. Förderung von Taijiquan und/oder Qi Gong Kursen durch Krankenkassen im Bereich Entspannung. Dabei werden die Anbieterqualifikation mit einem Grundberuf im Sozial- oder Gesundheitsbereich (bei mir beispielsweise Diplom Sozialarbeiter) und Inhalte der fachspezifischen Ausbildung beschrieben - insbesondere auch den Ausbildungsumfang und die Art der Ausbildung für Taijiquan und Qi Gong:
"Die Ausbildung muss bei Yoga mindestens 500 Unterrichtseinheiten á 45 Minuten und bei Qigong oder Tai Chi mindestens 300 Unterrichtseinheiten á 45 Minuten im Präsensunterricht umfassen. Die nachzuweisende Mindestdauer in einer der genannten fernöstlichen Maßnahmen beträgt mindestens zwei Jahre. S. 56
Es freut mich, dass der Leitfaden hier ganz eindeutig reinen Präsensunterricht fordert und damit beispielsweise eine Mischung aus Fernlehrgängen mit DVDs kombiniert mit etwas Präsensunterricht für eine solche Anerkennung ausgeschlossen werden wie auch E-Learning. Ob bestehende Zertifikate ohne diesen hohen Anteil an Präsensunterricht auch im Nachhinein aberkannt werden können, entzieht sich allerdings meiner Kenntnis.
Ganz allgemein sehe ich hier auch eine Wertschätzung der soliden Ausbildungen und klare Abgrenzung gegenüber Verfahren wir Progressive Muskelentspannung und Autogenem Training. Dort sind nämlich nur jeweils 32 Unterrichtseinheiten á 45 Minuten Ausbildung erforderlich - allerdings dies auch im Präsensunterricht.
Hundertzehn
13-12-2011, 12:17
Zwei Zeitstunden in der Woche über zwei Jahre mag als Qualifikation für "ein bisschen Entspannung" reichen, ja. Aber sonst?
wudangdao
13-12-2011, 13:17
[...]Anbieterqualifikation mit einem Grundberuf im Sozial- oder Gesundheitsbereich (bei mir beispielsweise Diplom Sozialarbeiter)[...]
Meiner Ansicht nach immer noch ein absolut unsinniges Konstrukt deutscher Bürokratie. Eine Qualifikation im Sozial- oder Gesundheitsbereich sagt weder etwas über das Können noch über die Unterrichtsqualität des Trainers aus... Ohne dir persönlich in irgendeiner Weise da zu nahe treten zu wollen, so sind die Berufe in diesem Bereich viel zu weit gefächert. Bei einem Physiotherapeuten, der Gesundheits- und Wohlfühl-Taijiquan anbietet, kann ich zumindest noch einen indirekten Link erkennen, aber ansonsten...
Insgesamt sollte viel mehr nach dem Können des Auszuübenden gegangen werden...
Und warum muss man Yoga eigentlich fast doppelt solange lernen wie Taijiquan? -.-
Grüße
wudangdao
Und warum muss man Yoga eigentlich fast doppelt solange lernen wie Taijiquan? -.-
Grüße
wudangdao
Weil Yogaverbände anscheinend geschickter mit den KK verhandelt haben !
Gruss
Eine Qualifikation im Sozial- oder Gesundheitsbereich sagt weder etwas über das Können noch über die Unterrichtsqualität des Trainers aus.
Insgesamt sollte viel mehr nach dem Können des Auszuübenden gegangen werden...
Zu 1: Stimmt, besonders die Gesundheitsecke ist nicht automatisch qualifiziert.
Zu 2, aber auch 1: Ich rede jetzt nicht von Dir, denn Du bist durch ne harte Schule gegangen,hast ne Sprache gelernt und bist ja Akademiker. Also kognitiv in der Lage, Fähigkeiten wie Geduld und Empathie zu entwickeln. Außerdem dürftest Du auch ein bißchen was über Kommunikation gelernt haben.
Aber mal ehrlich. Ich kenne einige Leute die selber exzelente Praktiker sind, aber miserable, wenn nicht sogar schlechte Lehrer.
Die KK´s sponsorn Entspannungsangebote um diese den Versicherten schmackhaft zu machen auf das diese dann Prävention selber bezahlen.
Aber für wie viel % von diesem Klientel ist denn großes eigenes Können wichtig? Ist denen nicht viel mehr damit geholfen das es ein soziales Ereignis gibt in dem es nur mal um sie geht. Respektive sie sich ein wenig gelöster fühlen als vorher. Ob man das Taiji nennen muß....
Klingt komisch. Aber ich denke der Markt wird sich schon allein von den Stümpern befreien. Ärgerlich nur das die dann "anderer Leute" Geld schon abgegriffen haben.
Ahoi
wudangdao
14-12-2011, 22:13
Hey Lindo,
danke für deine offenen Worte. Ich teile die Meinung mit dir, würde sogar noch weiter gehen und sagen, dass solange die "weniger qualifizierten" Trainer ihre Schüler (die ggf. auch einfach etwas anderes suchen als kampforientiertes Taijiquan) glücklich machen und ihnen - ohne ihnen körperlich zu schaden - zu einem besseren Leben, vlt. sogar zu mehr sozialem Halt verhelfen können, ihnen wirklich etwas Gutes tun. Angebot und Nachfrage werden sich da auch weiter in Balance halten :)
Zu deinem anderen Punkt mit Empathie und Lehrfähigkeiten.. sehe ich ebenso wie du.
Grüße
wudangdao
Genau. Und ich hab die Erfahrung gemacht das die guten Leute sowieso noch mal zwischen Teilnehmern und Schülern unterscheiden.
Und mir fällt auch immer der Trainer vonder brasilianischen Fußballmannschaft ein. Der war selber auch schlecht am Ball....
Ahoi
Eure Bemerkungen sind teilweise angebracht und berechtigt.
Mir ging es in dem Thread jedoch um was ganz anderes: Es gibt immer noch Fernlehrgänge mit DVDs und kurzen Präsensphasen als Ausbildung. Mit meinem Hinweis wollte ich nur darauf hinweisen, dass ich froh bin, dass der Leitfaden Prävention der gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland für Taijiquan und Qi Gong Ausbildungen in jedem Fall reinen Präsensunterricht und den entsprechenden Stundenumfang von mindestens 300 UE fordert.
Wir bilden seit 2001 Kursleiter aus (damals Yang-Stil - heute Chen-Stil). Dass die Auszubildenden nach 300 UE noch nicht ausgereift sind, ist jedem klar.
Ich will jetzt hier aus bekannten Gründen keinen Namen nennen: Aber viele von euch wissen, dass das Verkaufen von Zertifikaten und speziell dazu passende Konzepte dem Ruf des Taijiquan in Deutschland eher geschadet als genützt haben. Mir ging es vor allem darum.
Außerdem haben wir ja schon an anderer Stelle diskutiert, dass die Stundenzahl allein auch noch nichts sagt, weil das keine Aussage über die Qualität macht. Im Einzelunterricht bei unserem aktuellen Lehrer habe ich schon soviel gelernt wie bei früheren Lehrern nicht in drei Monaten fortlaufendem Unterricht. Diese Diskussion und auch der Anspruch "Kampfkunst" sind wieder ganz andere Themen. Ich meine solche Entwicklungen wie E-Learning oder von mir aus Taijiquan-Ausbildungs-App fürs Handy und diesen ganzen Kram. Dass so etwas die Krankenkassen ablehnen, finde ich erfreulich.
Es muss auch normale Übungsleiter geben, man kann nicht immer und ständig die Überflieger verlangen die selbst über das allergrösste Repertoir und alle Kräfte dieser Welt verfügen. Wofür braucht das die Mutti die mal ein paar Stündchen Seniorengymnastik machen will ?
Richard22
16-12-2011, 11:00
Ich schließe mich Klaus an.
Taiji kann als Gesundheitssystem verwendet werden, so wie Joggen oder Nordic Walking.
Fechtergruß
Ich sehe das so:
Wer Yoga, Taiji oder was anderes unterrichtet, MUSS es selber richtig machen, da er es sonst den Schülern auch nicht richtig, dh. gesundheitsfördernd nahebringen kann. Was Fehlhaltungen im Extremfall an Schaden anrichten können, ist bekannt, werden die Übungen richtig gemacht, haben sie auch in Bezug aufs Meridiansystem regulierende Wirkung.
Wie aber soll jemand, der mit westlicher medizinischer oder sozialer Erziehung aufgewachsen ist, automatisch Verständnis für TCM oder ayurvedische Tradition mitbringen? Im Bestfall sind diese Leute der asiatischen Lehre gegenüber offen, viele jedoch bringen eine Grundreserviertheit mit, die eher kontraproduktiv ist.
Anders gesagt: Jemand, für den meridiane und Chakren Humbug sind, der sollte nicht unbedingt ein System unterrichten das ganz oder teilweise darauf aufbaut.
Nun unterrichte ich selbst z.B. seit gut 25 Jahren in unterschiedlichen Bereichen. (Die Nachhilfe am Gymnasium damals nicht mitgerechnet)
Auch wenn ich im Taiji im Forum die Kampfkunstlinie manchmal etwas provokativ vertrete, habe ich doch seit vielen Jahren eine breite Erfahrung im Umgang mit den unterschiedlichesten Schülern.
Beim Reiten z.B.- nicht nur Turniertraining, auch therapeutisch- auch mit Angst-Schülern, Hektikern und anderen Problemfällen, die es zu beruhigen galt, bevor sie die Pferde verrückt machten.
Oder in der Entspannungstherapie, da ging es um Loslassen und Heilung zulassen,
im Qi Gong geht es außerdem um Gesundheitsvorsorge in allerlei Bereichen bei oft älteren, motorisch eingeschränkten oder kranken Menschen
und im Taiji fühlen sich (zu meinem Leidwesen trotzdem) auch vorwiegend Gesundheitsinteressierte wohl, auch "ältere Semester".
Natürlich hat man bei den diversen Ausbildungen auch einiges über didaktische oder psychologische Anleitung des Unterrichts gelernt. Ebenso, wie in den selbst besuchten Kursen.
Den Rest bringen die jahrelange Erfahrung und eine psychotherapeutische Grundausbildung.
Bei den Kassen habe ich mich nie beworben: erstens, weil die berufliche Grundlage fehlt (medizinisch/sozial), zweitens, weil ich keine Lust habe, mit einem Arzt o.ä. zusammenzuarbeiten und mit den Kassen zu diskutieren.
Ich behaupte aber, für guten Yoga- und Taiji-Unterricht kommt es nicht auf einen medizinischen oder sozialen Beruf an, sondern vor allem auf Können im zu unterrichtenden Fachbereich, gepaart mit der Fähigkeit, zu unterrichten: Hingabe, Einfühlungsvermögen, Artikulation, ggf. Durchsetzungskraft und die Fähigkeit, Menschen zu motivieren. Ok, Geduld ist auch ratsam!
Oder wird aus z.B. einem medizinischen Bademeister automatisch ein guter Lehrer?
(hier empfehle ich auch den jüngeren Kollegen aus der Kampfkunst, die überwiegend fitten, jüngeren Menschen ihre Kunst vermitteln dürfen, sich mal ein paar Wochen vor einen Kurs zu stellen, der von vorwiegend weniger fitten, gesundheitlich oder motorisch beeinträchtigten, älteren Menschen besucht wird- und diesen dann korrekte Bewegungsabläufe des Taiji oder auch nur Qi Gong beizubringen. Da werden Geduld und Durchhaltevermögen auf eine ganz andere probe gestellt!)
Daß jemand nach 300 Taijistunden oder 500 Yogastunden kein Meister seines Fachs ist, dürfte auf der Hand liegen, ebenso, wie die Kassen selbst gar nicht beurteilen können, wer denn nun seinen Job auch fachlich beherrscht und wer sich nur gut vermarktet. Trotzdem, es ist schon eine Erleichterung, daß jetzt zumindest die Idee, in fast reinem Selbststudium eine entsprechende Qualifikation erwerben zu können, als untra´gbar entlarvt wurde. DVDs sind etwas Wunderbares zur Trainingsunterstützung, aber einen qualifizierten Lehrer/Meister können sie nicht ersetzen! Insbesondere nicht in den so wichtige ersten Jahren!
Erstaunlich, daß ausgerechnet im so wichtigen Gesundheitsbereich so geringe Qualifikationen gefordert werden, während in anderen Bereichen die Meßlatte wesentlich höher hängt:
so darf z.B. ein Muttersprachler nur dann seine Sprache unterrichten, wenn er/sie auch einen entsprechenden deutschen Abschluß, ein Sprachstudium o.ä. vorweisen kann.... was in der Regel deutlich mehr Zeit in Anspruch genommen hat!
In wieweit es sinnvoll ist, aus einer Kampfkunst wie Taiji einen reinen Gesundheitskurs zu machen, ist die andere Frage- auf FB schrieb dazu heute ein bekannter Schulleiter:
"Ich finde es hochpeinlich und bezeichnend, dass sich Taijiquan als einzige Kampfkunst bei den einen Praktizierenden fast schon für den innewohnenden Kampfaspekt entschuldigt und bei den anderweitig erfahrenen Kampfkünstlern dafür rechtfertigt, dass man es ja auch in der Praxis benutzen könnte und es nicht nur Wellnessgymnastik ist. Die alten Meister würden sich über diese Entwicklung seit den 50er Jahren im Grabe umdrehen! Jede Kampfkunst muss so trainieren, dass man sie auch benutzen kann, sonst ist sie nicht authentisch"
"Ich finde es hochpeinlich und bezeichnend, dass sich Taijiquan als einzige Kampfkunst bei den einen Praktizierenden fast schon für den innewohnenden Kampfaspekt entschuldigt und bei den anderweitig erfahrenen Kampfkünstlern dafür rechtfertigt, dass man es ja auch in der Praxis benutzen könnte und es nicht nur Wellnessgymnastik ist. Die alten Meister würden sich über diese Entwicklung seit den 50er Jahren im Grabe umdrehen! Jede Kampfkunst muss so trainieren, dass man sie auch benutzen kann, sonst ist sie nicht authentisch"
Dazu fällt mir am Rande eine Anekdote ein: Ich unterhielt mich mich einer Bekannten aus dem Familienkreis, die schon ein Weilchen VHS-Taichi machte. Sie erwähnte, dass es bei ihnen manchmal Pushhands gäbe, aber sie das nicht gutheiße, der viele Kontakt sei doch kein Taichi mehr! ...
Ob wurde gefragt, warum man Yoga länger lernen müsse als Taichi - ich denke, beim Yoga kann man mehr kaputt machen, durch inadäquate Übungen und Ausführungen, als beim Taichi. In den USA sind die Krankenhäuser voll mit "Opfern" der Yoga-Modewelle. Da ist es ansich vernünftig, eine umfangreichere Ausbildung zu verlangen, erstrecht von Seiten derer die letztlich die Therapie bezahlen müssen.
Allerdings geht mir der Zertifizierungswahn in Deutschland auch gegen den Strich. Das ist zu weiten Teilen reine Geldmacherei (als Yogalehrer kann man vorallem damit Geld verdienen, neue Lehrer auszubilden, alles andere ist kaum lukrativ). Und es ist nunmal so, dass die wirklich guten Leute seltenst eine formale Ausbildung genossen haben, sondern einfach lange selbst engagiert geübt und geforscht haben. Dagegen ist die Massenabfertigung und Dienstleistung "Lehrerausbildung" nur selten ein Garant für vernünftigen Unterricht, häufig bloße Formalvoraussetzung um offiziell unterrichten zu dürfen, die man eben so runterreißt, denn wirklich durchfallen kann man da kaum, die Anbieter wollen ja keine Kunden verprellen. Es gibt aber Namen, die für Qualität stehen, Anusara-Yoga zB. Aber das Ganze an Quantität festzumachen, ist letztlich ein sehr schwaches Kriterium.
Am Rande darf ich erwähnen, dass traditionelle Ausbildungsmethoden früher oft aus einem jahrelangen 1 zu 1 Lehrverhältnis zwischen Lehrer und Schüler bestanden haben. Die Trainingsmethoden waren sehr hart und nur wenige hielten das durch.
Heute hat sich hier einiges geändert - und gerade im Westen sind die Anfänger des Taijiquan meist schon über 40 oder oft 50 Jahre alt.
Diese Menschen können ein Gongfu auf höherem Niveau nur noch schwer erreichen. Oft sind sie schon stark eingeschränkt und anfangs wenig belastbar.
Beispielsweise im Chen-Stil gibt es immer noch traditionelle Trainingsformen, die dem Übenden einiges an Durchhaltevermögen abverlangen. So mache ich seit Jahren die Erfahrung, dass Ausbildungsinteressierte mit falschen Vorstellungen kommen, diesem Training gar nicht gewachsen sind und die Ausbildung vorzeitig abbrechen. Oft sind sie auch durch frühere Sportunfälle geschädigt und stoßen im Taijiquan an ihre Grenzen. Wir hatten beispielsweise Teilnehmer, die Extremsport betrieben haben wie Teilnahme bei Iron Man, durch Verletzungen dem Taijiquan aber leider nicht mehr gewachsen waren. Wenn man da dann jeden einfach so durchwinken würde, wäre das traditonelle Übungssystem zerstört und die Qualität am Boden. Hier sind wir der Traditonslinie verpflichtet. Also geht es nur mit einem gewißen Anspruch. Die Wohlfühlinteressierten fühlen sich da schon bald gar nicht mehr wohl, weil beispielsweise in den tiefen Mabu-Ständen hart gearbeitet wird. Und jeder erfahrene Praktiker weiß, wie hart es sein kann in diesen Positionen loszulassen. :)
Im weiteren Verlauf ist es allerdings so, dass die erfolgreichen Auszubildenden in ihrer Funkton als Kursleiter oder Lehrer bei ihrem eigenen normalen Unterricht wieder überwiegend auf Menschen treffen werden, die eher mit geringerem Anspruch ihre Probleme wie Stress und Rückenschmerzen in den Griff kriegen wollen. Vielen davon ist Taijiquan schon zu kompliziert und sie wollen lieber nur Qigong praktizieren. Scarabe hat das ähnlich beschrieben. Und ich mache diese Erfahrungen auch.
Und letztendlich ist es dann im Taijiquan erschwerend so, dass ein guter Techniker und Praktiker noch lange kein guter Pädagoge ist. Es selbst zu können und es wiederum anderen zu vermitteln, sind zwei Paar Schuhe. Deshalb sind excellente Praktiker, die brillant erklären und unterrichten können, selten zu finden. Und hier schließt sich der Kreis wieder mit der alten Erfahrung: Der erste Schritt im Taijiquan ist einen sehr guten Lehrer zu finden. Und dann muss dieser Lehrer den Schüler annehmen und bereit sein, ihm sein Wissen ehrlich zu vermitteln. Und an diesem zentralen Punkt glaube ich, dass sich in den Jahrhunderten und auch durch den Übergang in den Westen gar nicht viel geändert hat.
Richard22
19-12-2011, 17:07
Ich glaube, hier gehen Leute von dem Gedanken aus, daß die Krankenkassen Interesse an gesunden Mitgliedern haben. Ich denke, das ist ein Irrglaube. Gesunde benötigen keine Krankenkassen - der Name deutet das schon an, der Staat subvensioniert nur die Kranken, nicht die Gesunden.
Was die Krankenkassen bezahlen, daß hängt von den Kassen selber ab, und Modeerscheinungen. Letztlich bestimmten die Pharmakonzere, was die Kassen zahlen und was nicht, weil die Pharmakonzeren die gesamte Forschung steuern und so gut wie alle wichtigen Studien bezahlen (um ihren Produkte ausreichend bewerben zu können).
Patienten gibt es in der westliche Medizin fast nicht, nur teilweise ausgefallene Organe, die man einzeln reparieren muß. Am besten mit patentpflichtigen Chemikalien!
KRK WT hat mal versucht von den Krankenkassen anerkannt zu werden. Und dabei war KRK WT damals recht knackig, nicht zu vergleichen mit dem Rentnerwettrennen im Taiji. Schwitzen war normal. KRK WT wurde abgelehnt.
Taiji und Kampfkunst - das sind getrennte Welten, wie wir ja schon in vielen Strängen feststellen konnten.
Man muß sich nur kurz fragen, wer fechtet, im Taiji, ersthaft mit Blankwaffen?
Niemand.
Wer prügelt sich waffenlos im Taiji?
Niemand.
In Deutschland war die Verkaufsstrategie der Chinamänner die Entspannung, das rächt sich eben jetzt.
Im Karate körperliche Fittness.
Beim KRK WT früher das Prädikat: Auf die Fresse!
So kommen die Stile eben nicht so leicht von ihren selber erzeugten Verkaufsgetue fort.
Fechtergruß
Eine unangepaßte Verkaufsstrategie macht aus einer Kampfkunst kein Gesundheitsturnen, das machen höchstens die Praktizierenden!
Und doch, es wird gefochten und es wird auch gerauft. Nur nicht überall, aber immer öfter. Gerhard Milbrat, Mario Pestel, das Ctnd sind nur einige davon, es werden glücklicherweise langsam mehr.
http://www.dan-gong.de/gallery/index.html
Was nun die tiefen Mabu-Stände betrifft:
auch in China gibt es uralte Meister, die excellentes Taiji zeigen, ohne daß sie noch tiefe Stände einnehmen könnten. Wichtig sind die Korrektheit der Bewegungen in all ihren äußeren und inneren Aspekten. Um diese unterrichten zu können, muß man sie selbst beherrschen und verstehen.Ob jemand dann mit der Zeit die Muskulatur und Struktur entwickelt, seinen Formen auch tief korrekt laufen zu können, hängt von Alter und Trainingsaufwand, sowie körperlicher Konstitution ab. Einen Anfänger, dessen Körper sich noch gar nicht entwickelt hat, gleich in tiefen Ständen zu trainieren, wäre korrektem Taiji und den inneren Prozessen (die ja mindestens genauso gesund und für Kraftübertragung wichtig sind, wie die rein äußerlich sichtbare Bewegung) abträglich
Leider haben vor allem Anfänger, die aus dem Kampfsport kommen, keinerlei Vorstellung davon, was diese inneren Prozesse sein könnten und auch oft nicht die Geduld, entsprechend ausdauernd und geduldig zu trainieren.
Oft halten sie das Ganze auch für Humbug und suchen schnellen Erfolg, indem sie einige Formen schnell und wushu-mäßig durchlernen und diese dann schwungvoll und voller Fehler zu präsentieren.
Der Öffentlichkeit, die von korrektem Taiji wenig Ahnung hat, gefällt sowas "Spektakuläres" natürlich oft besser, als das vermeintlich langweilie, aber korrekte und innerlich aktive Taiji von denen, die es besser können und wissen.
Aber, gefallen hin oder her: Wer so etwas als besonders gesund verkauft, verarscht nicht nur die Leute, sondern macht oft auch sich selbst was vor- genauso könnte man Formen aus anderem Wushu oder Katas langsamer laufen und als gesund verkaufen, weil sich die Leute dabei ja schließlich bewegen und nicht auf dem Sofs hocken bleiben...
neeneneneneee...
In Bezug auf die Körpermechanik sehe ich das in jedem Fall so, dass nur eine möglichst korrekte an der menschlichen Anatomie exakt ausgerichtete Ausführung der Bewegungen des Taijiquan auf Dauer gesundheitsfördernd ist. Und die ausgereiftesten Formen kommen eben nicht aus dem Gesundheits-Taiji sondern aus den traditionellen Kampfkunst-Formen. Allein schon deshalb gilt es das traditionelle Taijiquan zu bewahren.
Ich weiß, dass vielen auf Anhieb nicht einleuchten will, dass die Kampfkunst Taijiquan gesünder sein soll als reines Gesundheits-Taiji. Aber trotzdem ist das so.
Oft halten sie das Ganze auch für Humbug und suchen schnellen Erfolg, indem sie einige Formen schnell und wushu-mäßig durchlernen und diese dann schwungvoll und voller Fehler zu präsentieren.
Der Öffentlichkeit, die von korrektem Taiji wenig Ahnung hat, gefällt sowas "Spektakuläres" natürlich oft besser, als das vermeintlich langweilie, aber korrekte und innerlich aktive Taiji von denen, die es besser können und wissen. Aber, gefallen hin oder her: Wer so etwas als besonders gesund verkauft, verarscht nicht nur die Leute, sondern macht oft auch sich selbst was vor- genauso könnte man Formen aus anderem Wushu oder Katas langsamer laufen und als gesund verkaufen, weil sich die Leute dabei ja schließlich bewegen und nicht auf dem Sofs hocken bleiben...
Moin Scarabe,
das finde ich interessant. Sicher hast Du in gewisser Weise für viele damit Recht, aber ganz so verallgemeinern fürde ich das für die "Wushu-mäßigen" nicht Tai Chiler nicht....:(
Es ist eigentlich völlig falsch, auch in "unserem" Bereich, Formen mal eben so auf Show schnell durchzulaufen....ohne sich Gedanken über Bedeutungen und Strukturen zu machen.
Aber was ich interessanter finde, ich lese aus Deinem Post heraus, das es anscheinend im Tai Chi Deiner Meinung nach spezielle Formen gibt, die den inneren Prozessen zuträglicher sind, als wenn ich eine "Wushu" Form mit Tai Chi Anspruch laufen würde? habe ich das so richtig verstanden?
Vielen Dank & Grüße
Simplicius
20-12-2011, 10:30
In Bezug auf die Körpermechanik sehe ich das in jedem Fall so, dass nur eine möglichst korrekte an der menschlichen Anatomie exakt ausgerichtete Ausführung der Bewegungen des Taijiquan auf Dauer gesundheitsfördernd ist.
Anstrengendes Bewegen in tiefen Ständen dient mehr der Entspannung als sanftes Bewegen in hohen Ständen?
Ronny Wolf
20-12-2011, 10:32
Ich glaube, hier gehen Leute von dem Gedanken aus, daß die Krankenkassen Interesse an gesunden Mitgliedern haben. Ich denke, das ist ein Irrglaube. Gesunde benötigen keine Krankenkassen - der Name deutet das schon an, der Staat subvensioniert nur die Kranken, nicht die Gesunden.
Natürlich wollen die Krankenkassen gesunde Mitglieder, denn zahlende Mitglieder, die nichts oder nur wenig kosten, sind gute Mitglieder.
Ronny Wolf
20-12-2011, 10:36
Anstrengendes Bewegen in tiefen Ständen dient mehr der Entspannung als sanftes Bewegen in hohen Ständen?
Es ist ein gängiger Irrglaube, dass Taiji gleichzusetzen ist mit sanfter Bewegung. Nur wer feste Wurzeln hat, kann oben entspannt sein, wobei Entspannung nicht mit Schlaffheit zu verwechseln ist.
Richard22
20-12-2011, 13:05
Ronny, du glaubst noch an das Gute im Krankenkassenvorstand.
Wieso, denkst Du, haben die Bezüge wie Spitzenbänker? Wieso wurde die Vorbeugung, beginnend in den 1970'ern, aus dem Krankenkassensystem entfernt? Warum werden Patienten heute wie Fleischstücke behandelt?
Schau mal nach, was der Bund bezuschußt - kranke Mitglieder, oder Gesunde?
Fechtergruß
Simplicius
20-12-2011, 14:03
Wieso wurde die Vorbeugung, beginnend in den 1970'ern, aus dem Krankenkassensystem entfernt? Warum werden Patienten heute wie Fleischstücke behandelt?
Schau mal nach, was der Bund bezuschußt - kranke Mitglieder, oder Gesunde?
Verstehe, Taiji wird bezahlt, weil das chronisch Kranke anlockt, für die man Zuschuss vom Bund bekommt. :p
Aber was ich interessanter finde, ich lese aus Deinem Post heraus, das es anscheinend im Tai Chi Deiner Meinung nach spezielle Formen gibt, die den inneren Prozessen zuträglicher sind, als wenn ich eine "Wushu" Form mit Tai Chi Anspruch laufen würde? habe ich das so richtig verstanden?
Vielen Dank & Grüße
Selbstverständlich.
Beginnt doch schon bei den Regeln für die Struktur in den Taiji-Stilen und den teils ganz anderen Endpositionen in den Wushu-Formen. Von Seidenweberenergie, Zusammenschlüssen etc noch gar nicht gesprochen.
Richard22
21-12-2011, 08:18
Hallo Simp,
was, glaubst Du, kommt über die Krankenkasse als Kundschaft? KK-Schüler oder Wohlfühler?
Warum, glaubst Du, hast sich sogar die EWTO in das Zeug gelegt, um eine Anerkennung von der Krankenkasse zu bekommen? Im KRK WT kümmert man sich weit mehr um Gesundheit, als im Taiji. Es geht um Geld. Da ist es erst einmal einerlei, wer der zahlende Kunde ist.
Scarabe,
die Regeln für Struktur sind in allen China KKs gleich. Man muß natürlich zwischen KK und Wettkampf-Wushu unterscheiden, letztere hat natürlich wenig bis keine Struktur nötig.
Seidenweben - also Qigong - ist auch kein Einstellungsmerkmal des Taiji, Qigong ist wohl schon in der Bronzezeit betrieben worden. Tatsache ist, das Qigong sehr alt ist, Taiji jung.
Fechtergruß
Trinculo
21-12-2011, 09:20
Wieso wurde die Vorbeugung, beginnend in den 1970'ern, aus dem Krankenkassensystem entfernt?
Hat sie irgendetwas gebracht?
Kamenraida
21-12-2011, 11:46
die Regeln für Struktur sind in allen China KKs gleich.
Ich würde sagen, die Regeln für die Struktur, bzw. die Struktur (wenn man die Regeln kapiert hat) sind einer der größten Unterschiede zwischen Taichi und den allermeisten anderen KK, egal ob aus China oder sonstwo.
Aber so unterschiedlicher Meinung kann man sein, obwohl man dasselbe trainiert ;-)
Simplicius
21-12-2011, 12:09
Ich würde sagen, die Regeln für die Struktur, bzw. die Struktur (wenn man die Regeln kapiert hat) sind einer der größten Unterschiede zwischen Taichi und den allermeisten anderen KK, egal ob aus China oder sonstwo.
Wie kann das sein, sind Taijiler anders gebaut als andere Kampfkünstler, oder macht es eine von den beiden Gruppen (Taichiler vs. andere KK) suboptimal?
Hallo Simp,
was, glaubst Du, kommt über die Krankenkasse als Kundschaft? KK-Schüler oder Wohlfühler?
Und was glaubst Du, warum finanzieren die Krankenkassen derartige Prävention (http://www.krankenkassen.de/gesetzliche-krankenkassen/leistungen-gesetzliche-krankenkassen/praevention-vorsorge-krankenkassen/)sprogramme?
Um Geld zu machen oder Kampfkünste zu fördern?
Snakesqueezer
21-12-2011, 15:55
@ Mathieu
Schätze mal der Thread zielt besonders auf einen Herrn Dr. aus HH ab, der teuer DVDs zum lernen verkauft und dann mit der "Präsenzphase" eine Kassenanerkennung verspricht, dabei einen "Verband" betreibt, dessen name dem "echt" anerkanntem sehr ähnlich ist? Wenn dem System der Boden entzogen wird, wunderbar!
Ansonsten habe ich mitbekommen, dass es Kräfte an VHSen und in Kassen gibt, die generell Chinesen ungeprüft mehr Kompetenz zuschreiben als anderen Lehrern...
Und ich weiss, dass es zB YogalehrerInnen gibt, die -wenn z.B. in einer ländlichen Gegend aktiv- auch mit ein paar Wochenendlehrgängen und einem Grundberuf, der mit Büro aber gar nicht mal mit Menschen zu tun hat, auch eine zumindest lokal begrenzte Kassenanerkennung bekommen können.
Alles nich so easy im System, aber mal ganz ruhig, der §20 SGB V wird bestimmt in irgendeiner Reform so verbogen, das Gesundheitsprävention bald gar nicht mehr gesetzlich geregelt wird.
Kleiner Exkurs: Ich war einst in einer Rückenschulleiterausbildung für Prävention, da war ein Dipl.-Sportlehrer, der kaum deutsch konnte und sein Berufsleben lang Volleyball-Damen trainiert hat... Mit dem Herrn durfte ich im Team die Praxisprüfung machen, 2/3 der Vorbereitungszeit mußte ich ihm erklären, was unsere Prüfungsaufgabe war... Den Rest denkt Euch mal. :D (Ja, wir haben dennoch beide bestanden...).
Snakesqueezer
21-12-2011, 16:09
Und was glaubst Du, warum finanzieren die Krankenkassen derartige Prävention (http://www.krankenkassen.de/gesetzliche-krankenkassen/leistungen-gesetzliche-krankenkassen/praevention-vorsorge-krankenkassen/)sprogramme?
Um Geld zu machen oder Kampfkünste zu fördern?
§20 SGB V verpflichtet die Kassen Geld für Prävention auszugeben. Wie die das ausgestaltet haben mag das Problem sein, jedoch werden Verfahren nur anerkannt, wenn deren Wirksamkeit wissenschaftlich belegt ist. Darum z.B. ist Reiki nicht dabei.
Martin N.
21-12-2011, 16:30
Ein Notiz am Rande:
In meinem Unterricht sind SchülerInnen unterscheidlicher Nationalitäten. Wenn sie mitbekommen, dass in Dland versicherte SchülerInnen Geld von der gesetzl. Krankenkasse erstattet bekommen, ist die Reaktion häufig sehr wertschätzend gegenüber dieser Möglichkeit.
Natürlich ist die Umsetzung des Gesetzes in mehreren Punkten zu hinterfragen.
Gut finde ich, dass es diese Möglichkeit grundsätzlich gibt. Wer über einen Krankenkassenkurs hinaus Tai Chi Chuan oder Qigong lernen möchte, sucht sich dann wohl eher eine/n LehrerIn unabhängig von der Möglichkeit der Bezuschussung.
Scarabe,
die Regeln für Struktur sind in allen China KKs gleich. Man muß natürlich zwischen KK und Wettkampf-Wushu unterscheiden, letztere hat natürlich wenig bis keine Struktur nötig.
Seidenweben - also Qigong - ist auch kein Einstellungsmerkmal des Taiji, Qigong ist wohl schon in der Bronzezeit betrieben worden. Tatsache ist, das Qigong sehr alt ist, Taiji jung.
Fechtergruß
Ich empfehle Dir hierzu Bruce Frantzis`dicken Schmöker über innere Kampfkünste.
Hier beleuchtet er sehr deutlich Struktur und sonstige Merkmale innerer KK im Gegensatz zu Äußerer.
Spiralen, Wirbelsäulenverbindungen, Energiefluß, Harmonien etc.
Und natürlich noch viel mehr, wodurch ein sehr gutes, auch etwas tiefer gehendes Verständnis für die innerern Kampfkünste im Vergleich mit den Äußeren (Frantzis hat auch mehrere schwarze Gürtel in Karate, Aikido, Judo und noch irgendwas) entsteht.
Das erspart mir auch, dir hier jetzt seitenweise darzulegen, wieso es zwar für den Laien oberflächlich betrachtet so aussieht, als wäre es dasselbe, warum es aber keineswegs so ist.
Das Buch kann ich auch allen anderen wärmstens empfehlen, neben Taiji geht es auch um Bagua, Xingi (Hsingi) u.v.m.
Snakesqueezer
22-12-2011, 20:22
Gut finde ich, dass es diese Möglichkeit grundsätzlich gibt. Wer über einen Krankenkassenkurs hinaus Tai Chi Chuan oder Qigong lernen möchte, sucht sich dann wohl eher eine/n LehrerIn unabhängig von der Möglichkeit der Bezuschussung.
So isses, Martin... Denke mal was halt oft Frust bei Lehrern ist, dass der verlangte "Grundberuf" einen aussperrt vom System, daher keimt der Unmut immer wieder auf. Verständlich.
Und zurück zum Thread-Thema... Fernunterricht für Taijiquan ist auf jeden Fall mit Vorsicht zu genießen, wenn der sich nicht nur auf Theorie-Prüfungs-Inhalte beschränkt. Ich halte mich für recht bewegungserfahren und dass ich Neues einigermaßen gut umsetzen kann, aber erst mal pur von DVD lernen um dann viel später korrigiert zu werden - Bah. Ich oute mich mal als Dipl.-Päd., Lerntheorie war mein Diplom-Thema und ich sag mal, so nicht. Auch wenn es ein "Dr." vermittelt. Da geht es um eine Geldmaschine.
rudongshe
23-12-2011, 01:23
?
Wir reden hier von Krankenkassenkursen, oder?
Das sind meist sehr verspannte Menschen, oft mit Hohlkreuz und verlagertem Körperschwerpunkt nach hinten.
Diese Leute haben 10 Stunden Taichichuan. Diese Leute wollen, wenn sie nicht vorher nicht irgendwas selber gemacht haben, nur entspannt werden - Wellness.
Und wenn sie etwas gemacht haben, wollen sie oft nicht belehrt werden.
Jetzt überlegt bitte, was man in den zehn Stunden Leuten beibringen oder antun kann?
Eine Stunde Taichi gegen 167 Stunden gewohntes Wochenverhalten.
Die, die weiter machen wollen, die suchen sich eine Schule.
Für die anderen (die das dann auch nicht üben) versuche ich ein paar Punkte für den Alltag mitzgeben: Ein bisschen Haltung an der Kasse, etwas Balance um nicht zu stürzen, Rückwärtsgehen oder verbundenes Bewegen.
Für die meisten Teilnehmer ist es schon ein Kulturschock, wenn ich klarmache, es handelt sich nicht um eine Entspannungstechnik. Entspannung als Mittel ja, nicht als Ziel.
Kampfkunst kann dann etwas von Nervenkitzel haben. Wenn man nen Boxer dann im Kurs hat, kanns evtl. auch peinlich werden.
Also ich denke Kirche im Dorf lassen. Es geht bei den finanzierten Kursen darum, dass die Leute Methoden kennen lernen um sie dann privat weiter zu verfolgen.
Yoga, Pilates, Autogenes Training ... man weiß nie wie Leute reagieren.
Richard22
23-12-2011, 11:54
Hallo Scarabe,
der Unterschied zwischen Inneren und Äußeren KK liegt historisch in der gesuchten Reichweite, also kurz oder lang. Die Einteilung, die Du benutzt, kommt dem Verkaufstreiben entgegen - wird aber selbst von Chinamännern nicht so gesehen.
Im Shaolin gab es z. B. kurze und lange Methode. Heute wird Shaolin in Äußeres Gong Fu eingestuft - völlig unhaltbar.
Chen kommt ursprünglich aus der Kanonenfaust - diese war und ist auf lange Reichweite eingestellt. Nach Deiner Sichtweise ist Chen Taiji damit Äußeres Gong Fu.
Du sprichst ja auch von tiefen Ständen - wieder ein Merkmal für die lange Reichweite, also äußeres Gong Fu.
Bei der kurzen Methode muß man hoch stehen - wie z. B. im Shaolin-Derivat Ing Un.
Die Taiji'ler, die die Karateleute, machen im Grunde genau das gleiche, Turnübungen aus Gesundheits oder Fitnessgründen. Taiji und Karate verwenden sogar die gleichen Konzepte (Ki-Kiai-Haragi/ Qi-Zentrumsbewegungen). Nur ist Karate eben heute athletischer, Taiji eher für Rentner.
Eine KK ist auf die Anwendung ausgelegt. Das findet man historisch auch schon im China des 16. Jhds., Qi Jiguang unterscheidet zwischen Junshi Wushu, also militärischer Kriegskunst, und Minjian Wushu, volkstümlicher Kriegskunst. Die militärische, wie Taiji früher, ist auf Anwendung ausgelegt und zeichnet sich zumeist durch viele Waffenlehren aus. Die volkstümliche ist auf Selbstverteidigung und Gesundheit ausgelegt. Das ist Taiji heute, nur ohne Selbstverteidigung.
Krankenkassen leben davon Elend zu verwalten. Man schaue sich nur all die ganzen unnützen und sogar gefährlichen Untersuchungen an, die heute gemacht werden. Die Gleichung ist einfach: Gesunde benötigen keine Krankenkassen.
Die Deutschen geben in Europa am meisten Geld für Krankenkassen aus, habe aber mit die krankste Bevölkerung - offensichtlich läuft etwas schief.
Taiji für Omas - die sollten besser Schwimmen gehen, das ist viel besser.
Fechtergruß
Ich empfehle Dir hierzu Bruce Frantzis`dicken Schmöker über innere Kampfkünste.
Bruce Franzis schreibt zwar sehr viel über sich selbst und listet seitenweise Werbebotschaften für Baqua auf, aber Fakten würde ich von ihm nicht beziehen wollen. Gestern hab ich das Buch erst wieder aufgeschlagen. Erster Blick: Iron Shirt Qi Gong baue um den Körper also eine Lufthülle auf, die zuverlässig vor Schlägen schütze. Deshalb brauche man spezielle Schlagtechniken, um dieses Luftpolster zu durchdringen.
Ja, klar. Buch zu.
Seine Einlassungen zu Karate, Judo, etc. zeigen, daß er diese KK bei grottenschlechten und inkompetenten Trainern geübt hat. Seine Einlassungen zu inneren vs. äußeren KK sind schlicht falsch, seine anatomischen Aussagen unhaltbar.
Als Lehrer für Bagua Chuan oder Neijgong mag er sehr gut sein, weiß ich ja nicht. Als Vermittler korrekter Fakten - Neee, ganz sicher nicht.
Was mich bzgl. Innerer und Äußerer KK weitaus mehr überzeugt hat, ist Filipiaks Dissertation "Die chinesische Kampfkunst". Er diskutiert die Geschichte und die Verwandlung dieser Unterscheidung über die Jahrhunderte sehr ausführlich anhand von Quellen.
Trinculo
23-12-2011, 15:28
Die Deutschen geben in Europa am meisten Geld für Krankenkassen aus, habe aber mit die krankste Bevölkerung"Mit die krankste Bevölkerung" ... woran gemessen?
Bruce Franzis schreibt zwar sehr viel über sich selbst und listet seitenweise Werbebotschaften für Baqua auf, aber Fakten würde ich von ihm nicht beziehen wollen. Gestern hab ich das Buch erst wieder aufgeschlagen. Erster Blick: Iron Shirt Qi Gong baue um den Körper also eine Lufthülle auf, die zuverlässig vor Schlägen schütze. Deshalb brauche man spezielle Schlagtechniken, um dieses Luftpolster zu durchdringen.
Ja, klar. Buch zu.
Danke, wieder ein Buch, das ich mir nicht einmal aus Neugier kaufe :)
Kamenraida
23-12-2011, 16:56
"Mit die krankste Bevölkerung" ... woran gemessen?
Falsche Logik. Gesellschaften mit guter Gesundheitsversorgung sind grundsätzlich am "krankesten". Berühmtes Beispiel: Zu einem Stichtag in den 80ern gab es in Deutschland ca 50.000 Dialysepatienten. In Marokko drei. Denkt mal scharf nach, warum.
Mir gefällt Rudongshes Post. Easy. Seht, wo die Leute stehen. Wenn ihnen Wellness-Taichi gut tut, ist doch super.
@Rich: Meiner Meinung nach verwechselst du Technik/Methode und Funktion. Natürlich war Taichi Kriegskunst, Überlebenskunst, leibwächter-Tool, Karawanenbewachungsmethode etc - sprich eine volltaugliche KK.
Aber das hat imho nichts mit der "Methode" des TCC zu tun. Die ist nun einmal eine völlig andere als bsp im Shaolin. Eine einzige Übungsstunde bei kompetenten Lehrern beider Stilrichtungen sollte das genügend zeigen. Dass es am Ende - also in der realen Anwendung - dann wieder ähnlich aussieht, hat ganz andere Gründe (weniger wie Shaolin, eher wie ing ung, teilweise auch Eskrima)
Trinculo
23-12-2011, 17:24
Falsche Logik. Gesellschaften mit guter Gesundheitsversorgung sind grundsätzlich am "krankesten". Berühmtes Beispiel: Zu einem Stichtag in den 80ern gab es in Deutschland ca 50.000 Dialysepatienten. In Marokko drei. Denkt mal scharf nach, warum.
Und Gesellschaften mit einem hohen Risiko des Arbeitsplatzverlustes sind besonders "gesund" :)
Simplicius
23-12-2011, 17:35
Und Gesellschaften mit einem hohen Risiko des Arbeitsplatzverlustes sind besonders "gesund" :)
Es wäre interessant zu wissen, ob ein umfangreiches soziales Gesundheitswesen nicht den ein oder anderen dazu verführt, seine Gesundheit dem Arzt zu überlassen, während weniger Abgesicherte eventuell von sich aus mehr für die Vorsorge tun, z.B. mit Taijiquan oder Qigong.
Richard, geh mal selbst nach Innen oder laß dich von einem erfahrenen Meister "mit" nehmen, wenn du selbst nicht rein/runter kommst. Dann befaß dich mal mit Deinem Dan Tien, mit Spiralen und allem, was Du sonst noch so erlebst. Am beten stehst Du jeden Tag eine halbe Stunde, dann gehts schneller vorwärts.
Mit der Zeit wirst Du dann schon merken, daß Innere KK noch ganz anderes bedeutet, als kurze oder lange Reichweite. O Mann!
Kriterien, die auch rein äußerlich gut nachvollziehbar sind, findet Ihr bei BF ab Seite 119- unabhängig davon, daß auch er einiges schreibt, was ... na ja.
Aber er schreibt auch Vieles, was einfach stimmt und hat mehr Ahnung, als die Meisten hier.
Und nein, auch im Shaolin wir selbstverständlich intern gearbeitet- aber nicht mit Langnasen auf Urlaub! Dennoch sind die Kriterien eines äußeren Stils anders, als die eines Inneren- was speziell im Shaolin deutlich wird, vergleicht man zB "Kung Fu"-Formen mit Rou Quan....
Trinculo
23-12-2011, 20:38
Aber er schreibt auch Vieles, was einfach stimmt
Es ist auch schwer, zu 100% Blödsinn zu schreiben.
Am beten stehst Du jeden Tag eine halbe Stunde, dann gehts schneller vorwärts.
Mit der Zeit wirst Du dann schon merken, daß Innere KK noch ganz anderes bedeutet, als kurze oder lange Reichweite. O Mann!
Ne halbe Stunde beten hilft?
Yangshuo
23-12-2011, 20:50
.
Richard22
25-12-2011, 00:22
Gott der Gerechte.
Scara, Spiralen, Zinnoberfelder - die gibt es auch im Karate, wie ich tippte. Kurz und lang - das ist, für das System, ein so gewaltiger Unterschied, das er Dir offenbar nicht verständlich ist. An kurz und lang hängt das Konzept, die Taktik und vor allem die Energiefreisetzung. Das sind wirklich Unterschiede, die über Gelaber hinausgehen.
Das Problem, das wir haben, kann man wie folgt beschreiben:
-Du glaubst Leuten, die davon Leben KK zu verkaufen und sie aber nicht anwenden. Shaolin gibt es nicht mehr. Es ist vollkommen tot. Das nördliche Kloster wurde 1928 beim Gefechten eingeäschert, nebst der ganzen Kunstwerke. Aufgebaut wurde in den 70-80'ern ein kleines Touristenzentrum. Shaolin lebt nur noch in seinen historischen Nachfolgern weiter - also kannst Du keinen Lehrer finden, der Dich in Shaolin unterrichten kann. Wie getippt, Shaolin war umfassen, es hatte lange und kurze Systeme.
Taiji ist ein langes System.
-Ich beziehen mich auf nachprüfbare historische Quellen.
Ich bin jetzt 45. Ich habe schon mit 18 Jahren Nächte meditiert und stundenlange Standübungen gemacht - was ist daran besonders?
Wichtiger ist zu verstehen, wozu der Qi-Fluß im Taiji mal gedacht war - es ging nicht um sich wohlfühlen. Dazu reichte im 17. Jhd eine warme Mahlzeit am Tag.
Freunde Dich doch mal mit dem Gedanken an, daß das Taiji aus einer anderen Lebenswirklichkeit als Du sie kennst kommt.
Aus einer Welt ohne zweite Chance, ohne Netz und doppelten Boden.
Fechtergruß
PS: Anstatt Bücher von Schwachköpfen und Hochstaplern zu lesen, lese Klassiker und vor allem nachprüfbare historische Quellen.
Simplicius
25-12-2011, 00:32
Taiji ist ein langes System.
-Ich beziehen mich auf nachprüfbare historische Quellen.
welche denn?
Wichtiger ist zu verstehen, wozu der Qi-Fluß im Taiji mal gedacht war - es ging nicht um sich wohlfühlen. Dazu reichte im 17. Jhd eine warme Mahlzeit am Tag.
Freunde Dich doch mal mit dem Gedanken an, daß das Taiji aus einer anderen Lebenswirklichkeit als Du sie kennst kommt.
Aus einer Welt ohne zweite Chance, ohne Netz und doppelten Boden.
Hey Richard!
Schöner Aspekt! Das ist in meinen Augen DAS Problem vieler Kampfkünste. In dem Moment, wo sich die Umwelt verändert, verändert sich dadurch auch die Motivation, die KK auszuüben. Verändert sich die Motivation, verändert sich auch das System. Daher ist es auch so schwer, Taijiquan und viele andere KK kampfkunst-orientiert "künstlich?" am Leben zu halten.
Täten die Menschen heute im Alltag von vielen Seiten Angriffe auf Leben und Tod fürchten, nähmen sie das Training auch ernster bzw. täten etwas trainieren, was sie bei ihrem Vorhaben auch hilfreich ist.
Die Menschen, welche in weniger friedlichen Umgebungen leben dürfen, bedienen sich heute anderer Dinge, um ihr Leben zu schützen. Die Entwicklung ging diesbezüglich halt weiter.
Letztendlich bin ich jedoch sehr glücklich, dass meine Umwelt eine so friedliche ist und ich meine KK mit einer angenehmen "Leichtigkeit" trainieren darf.
Viele Grüße
Nicole
Trinculo
25-12-2011, 10:51
Wichtiger ist zu verstehen, wozu der Qi-Fluß im Taiji mal gedacht war - es ging nicht um sich wohlfühlen. Dazu reichte im 17. Jhd eine warme Mahlzeit am Tag.
Freunde Dich doch mal mit dem Gedanken an, daß das Taiji aus einer anderen Lebenswirklichkeit als Du sie kennst kommt.
"Qi-Fluß" und Co. waren einfach das einzige "wissenschaftliche" Erklärungsmodell, dass man dort und damals zur Verfügung hatte. Man hatte auch Sodbrennen und Muskelkater mit "Qi-Fluss" erklärt - womit auch sonst.
Richard22
25-12-2011, 17:09
Hallo Sui/Nicole,
KK ist heute leider wichtiger den je. In der KK lerne ich Umgang mit Gewalt, um gewaltfrei werden zu können. Ich erlerne Verantwortung für mich und meine Mitmenschen. Ich erlerne praktische Fähigkeiten, mit der ich Situatuonen, die rasch eskalieren können, erkenne und kontroliere.
Das sind alles Dinge die früher so wichtig wie heute waren.
Was die Umwelt angeht, bist Du leider im Irrtum. Es wird ständig Krieg geführt, heute eher mehr als im 17. Jhd, weil man heute Dritte Welt Staaten viel leichter durch das Töten von Frauen und Kindern in die Knie zwingen kann.
Das war früher nicht so einfach, ohne wenigstens selber gefährdet zu sein.
Wenn Menschen aus dem 17. Jhd. sehen würden, was wir so heute auf dem Schlachtfeld und danach anstellen, heute, sie würden uns nicht für Menschen halten, sondern eine Rasse von Dämonen oder dergleichen.
Gewalt ist auch in D-Land ein tägliches Probelm. Das beginnt mit sexuellen Übergriffen am Arbeitsplatz, Mobbing und endet mit Tritte an den Kopf von Liegenden oder Messerfechten.
Es gibt deswegen sehr, sehr viele Menschen, die:
"nähmen sie das Training auch ernster bzw. täten etwas trainieren, was sie bei ihrem Vorhaben auch hilfreich ist."
Nur eben nicht im Taiji. Taiji ist als eierlegende Wollmilchsau von den Chinamännern so oft durch das Dorf getrieben worden, das wenig von dem übrig ist, was es mal war.
Hallo Trin,
Qi-Fluß ist eine gute Erklärung, genauso gut wie unsere heutige Medizin, die nur auf Versuchen, also Ausprobieren, beruht. Streng genommen ist unsere Medizin keine Wissenschaft, sondern ein Handwerk, wie Metzgerei.
Niemand kann das Gehirn und unseren Körper in seiner Funktionsweise umfassend beschreiben.
KK aus dem 17. Jhd., wie Cheng Zong You oder Qi Jiguang im 16. Jhd. ist erschreckend logisch. Genauso Johannes Liechtenauers aus dem 14. Jhd. Da ist nichts dem Zufall überlassen, das sind voll durchdachte Systeme, die heute keiner ganz beherrscht.
Mir geht es im Taiji zuerst um das Konzept.
Fechtergruß
Trinculo
25-12-2011, 17:45
Hallo Trin,
Qi-Fluß ist eine gute Erklärung, genauso gut wie unsere heutige Medizin, die nur auf Versuchen, also Ausprobieren, beruht. Streng genommen ist unsere Medizin keine Wissenschaft, sondern ein Handwerk, wie Metzgerei.
Da sind die Bilder etwas durcheinandergerutscht. Die westliche Medizin bedient sich Erklärungsmodellen aus der Chemie/Physik, die chinesische Heilkunde konnte da nur auf 5 Elemente, Qi und Co. zurückgreifen. In beiden Fällen gehen die Erklärungsmodelle weit über die Heilkunde hinaus.
Die westliche Medizin beruht keineswegs nur auf Ausprobieren, kommt aber ohne dieses nicht aus. Mit der Theorie alleine kommt man nicht beliebig weit, vor allem da wir inzwischen wieder einen Punkt erreicht haben, wo einem die Unterschiede zwischen Patienten deutlich klar werden ... die Gemeinsamkeiten haben wir wohl ziemlich ausgeschöpft :)
Hallo Sui/Nicole,
KK ist heute leider wichtiger den je. In der KK lerne ich Umgang mit Gewalt, um gewaltfrei werden zu können. Ich erlerne Verantwortung für mich und meine Mitmenschen. Ich erlerne praktische Fähigkeiten, mit der ich Situatuonen, die rasch eskalieren können, erkenne und kontroliere.
Das sind alles Dinge die früher so wichtig wie heute waren.
...
Moin Richard,
auch ich habe es immer genau so gesehen, dass ich durch die KK lerne, gewaltfreier, ja friedvoller zu werden.
Und es hat bei mir auch ein sehr großes Stück weit funktioniert und tut es immer noch.
Allerdings sehe ich mittlerweile noch zusätzliche Aspekte. Außer dem selbstverständlichen Aspekt, dass Kampfkunst nicht der einzige Weg ist, Aggressionen in einem umzuleiten und abzubauen, habe ich in den letzten Jahren nämlich folgendes festgestellt:
Es gibt Menschen, die dadurch, dass sie überhaupt kein Augenmerk auf Gewalt, Eskalation, Krieg usw legen, auch nicht mit Gewalt konfrontiert werden.
Die können durch ne Gruppe von Schlägern gehen, ohne auch nur wahrgenommen zu werden.
Wenn aber jemand, der sich täglich mit Kampfkunst, Aggressionen usw beschäftigt (auch wenn es dazu dient, friedvoll zu werden), durch genau die gleiche Gruppe läuft, ist die Wahrscheinlichkeit um ein sehr vieles höher, mit genau diesen Menschen in eine Auseinandersetzung zu geraten. Zumindest wird er von ihnen "gescannt" und es wird abgewogen, welche Chancen bestehen: Opfer, Gegner oder gar Überlegener.
Denn jemand, der sich täglich mit "kämpfen" beschäftigt und auseinandersetzt, hat seine Aufmerksamkeit so was von stark auf diesem Aspekt, dass er dies immer und überall ausstrahlt. Egal wo er ist. Erst recht, wenn er mit einer entsprechenden Gruppe in Kontakt gerät.
Erst geannter Menschentyp läuft einfach friedvoll durch die Gruppe (weder Aggressionen noch Angst verspürend) und ihm geschieht nichts, er wird nicht mal beachtet.
Dies beruht auf persönlichen Erfahrungen von mir. Nicht, ich bin es, der da so friedvoll durch latschen kann, wohl aber eine mir sehr nahe stehende Person. Es ist toll zu sehen, wie diese Person alles im Ansatz durch friedvolles Sein erstickt. Und deshalb geht für mich mittlerweile der Weg immer mehr vom Beschäftigen mit dem Kämpfen hin zu einem friedvollen Sein. Auch wenn der Weg noch lange ist :D
Ich fange also für mich an zu begreifen, dass der Weg "durch Kampfkunst friedvoll werden", oder wie auch immer man es nennen mag, lediglich eine Krücke für uns Zeitgenossen ist, die zeit ihres Lebens mehr Aggressionen als der Durchschnitt der Menschen in sich verspürten und eben einen Weg suchen, dies zu ändern.
Wirklich ändern kann ich es (mich) aber erst dann, wenn ich begriffen habe, dass so lange ich meine Aufmerksamkeit tagtäglich weiterhin auf "kämpfen" lege, ich auch tagtäglich meine Kämpfe auszutragen habe. Im Innen wie im Außen.
Erst wenn ich die Aufmerksamkeit immer mehr auf das Friedvolle lege, kann ich wirklich friedvoll werden.
Ein langer Weg für mich ;) Aber ich gehe ihn und er ist schön :)
Wenn´s zu offtopic war, sorry.
Wünsche noch einen harmonischen Tag :)
Pilger
Edit: Und hier schlägt "mein" Tai Chi in eine andere Richtung um: Es geht aus oben genannten Gründen immer mehr weg von Kampfkunst immer mehr zu Selbstkultivierung.
DAS ist für mich Entwicklung. Ich benutze das gleiche Werkzeug (Tai Chi (Chuan)). Aber immer mehr für einen anderen Zweck :)
Genau so wie man ein Messer zum Verletzen oder eben nur zum Zerkleinern von Nahrung nutzen kann.
wieder on topic, grad noch mal die Kurve gekriegt: :D
Und wenn es Menschen gibt, die eine Tai Chi Form von vornherein nur als Werkzeug zum besser fühlen nutzen wollen, völlig ohne jeden kämpferischen Aspekt und dem Drumrum der dazu gehören würde und dies von den Kassen bezuschusst wird, ist das doch toll :)
einherjer
26-12-2011, 10:31
habe die ehre, da stimme ich dir zu. mein einer meiner kendolehrer hat auch so eine erfahrung gemacht. frohes fest noch. ciao:)
habe die ehre, da stimme ich dir zu. mein einer meiner kendolehrer hat auch so eine erfahrung gemacht. frohes fest noch. ciao:)
Willkommen hier :)
Und ja, auch ein frohes Fest noch, falls du dich auf meinen obigen Post beziehst :)
Falls nicht, na klar trotzdem ein frohes Fest :)
Viele Grüße
Pilger
Leute, mal eine Frage:
Wer glaubt, Taiji wäre bei uns bekannt und verbreitet, hätte es nicht auch diese enorme gesundheitliche Verwendbarkeit?
Wäre es tatsächlich so bekannt/populär geworden in China, wäre es zu uns nach Europa gebracht worden und hätte es sich überhaupt etablieren können, ohne den Gesundheitsaspekt?
Ich grolle ja gerne den reinen "Gesundheitsfreaks", weil sie den KK-Aspekt verschweigen, aber manchmal denke ich, ohne die Gesundheitsfraktion hätten wir Taiji hier vielleicht gar nicht..... (?)
Was meint Ihr?
Richard22
30-12-2011, 11:42
Hallo Pilger,
Gewalt ziehen nur aggressive und vor allem dumme Menschen an. Im alten China setzte man auf das Vorbeugen.
Gewaltlos werden bedeutet auch dies in der Körpersprache auszustrahlen. Ich beschäftige mir jeden Tag fast ausschließlich mit KK. Niemand nimmt mich auf der Straße als Gegner wahr.
Scara,
auch in China ist Taiji eine vergessene Kunst, sinngemßes Zitat von Jan: Füher beherrschten nur eine Handvolle Chinesen Taiji, heute ist es genauso, auch wenn es Millionen üben.
Taiji wurde nach Europa und USA gebracht, weil die KP die Menschen mit klassicher Bildung verfolgte und tötete. Sie mußten also fliehen. Unter normalen Umständen hätte diese Chinesen nicht im Traum dran gedacht ihre Kunst an die weißen Teufel zu unterrichten. Das änderte sich aber durch den Hunger - - - so auch bei Yip Man.
Dennoch haben die Chinesen der erste Generation, die im Westen unterrichtet, nicht ihre Perlen vor die Säue geworfen . . . Leichtgläubige Büro-Westler gab und gibt es in hellen Scharen.
Es ist doch bezeichnend, daß die westlischen Boxer und Ringer sich damals nicht um Taiji geschert haben. Die Weingürtelfraktion dagegen war von der "authentischen Kampfkunst" aus China begeistert.
Fechtergruß
Hallo Pilger,
Gewalt ziehen nur aggressive und vor allem dumme Menschen an. Im alten China setzte man auf das Vorbeugen.
Gewaltlos werden bedeutet auch dies in der Körpersprache auszustrahlen. Ich beschäftige mir jeden Tag fast ausschließlich mit KK. Niemand nimmt mich auf der Straße als Gegner wahr.
Fechtergruß
Hi Rich,
na dann machst du ja diesbezüglich alles richtig :) Oder jeder hat einfach "S c h i s s" vor dir und traut sich nicht, dich anzumachen ;)
Guten Rutsch
Pilger
Richard22
30-12-2011, 11:51
Ich geben den Leuten einfach nicht die Gelegenheit mich als Gegner zu sehen.
Taktisch - Stellung und Winkel.
Sozial - Anreden und auf Augenhöhe stellen, ohne Bedrohlich zu sein.
Mental - Da ich keine Angst oder Gewalt in meinen Gedanken habe ist meine Körpersprache auch frei davon.
Werde ich sauer, dann verändert sich das Bild zugegebner Maßen, aber dann gelten ja auch andere Gesetzmässigkeiten.
Zuerst einmal gilt es immer einfach ein niedriges Profil zu fahren, körperlich, geistig und seelisch.
Fechtergruß
Scarabe:
aber manchmal denke ich, ohne die Gesundheitsfraktion hätten wir Taiji hier vielleicht gar nicht..... (?)
Davon gehe ich in jedem Fall auch aus. Durch den Wert, den Taijiquan im chinesischen Gesundheitssystem nach der Entwicklung und Verbreitung der Peking-Form eingenommen hat, wurde auch die alte Kampfkunst Taijiquan erhalten.
Beim Qigong wiederum sehen wir bis heute, wie in China um diese von den Kommunisten teilweise als mystisch empfundene Praxisform gekämpft wird.
Soweit ich informiert bin, hat Mao Tse Tung selbst seine schützende Hand über Taijiquan gehalten, indem er diese Kunst offiziell als gut und gesund für die Menschen deklariert hat. Das war die Rettung - auch für die alte Kampfkunst.
So hat die Vereinfachung der Kampfkunst hin zur schlichten Gesundheitsform mit hohem Verbreitungsgrad die Bekanntheit des Taijiquan enorm gesteigert. Dass Taijiquan einen deutlichen Nutzen im chinesischen Gesundheitssystem für viele Menschen gebracht hat, war das Ergebnis dieser Politik. Durch den positiven Gesundheitseffekt hat Taijiquan in der Gesellschaft auch einen höheren Stellenwert eingenommen als die "reinen" Kampfkünste.
Dass Taijiquan in China überwiegend von Senioren praktiziert wird, unterstützt das Ansehen ebenfalls, weil im Ursprungsland durch die konfuzianistischen Werte nach wie vor alte Menschen ein hohes Ansehen genießen.
Die Krankenkassen des deutschen Gesundheitssystems wiederum haben Ende der 80er, Anfang der 90er Jahre den Wert des Taijiquan vor allem unter den Aspekten "innere Ruhe" und "Ausgeglichenheit" als Mittel zur Bekämpfung der stressbedingten Zivilisationskrankheiten erkannt. Und hier hat Taijiquan bis heute als präventive Maßnahme einen festen Platz eingenommen.
Die tiefere Bedeutung von Taijiquan für den Bewegungsapparat des Menschen als Ergänzung physiotherapeutischer und auch osteopathischer Maßnahmen dürfte in Deutschland wohl erst in den letzten 15 Jahren mit der Etablierung des alten Wissens um die inneren Bewegungsprinzipien vor allem aus dem profunden Schatz der Chen-Familientradition erkannt worden sein. Und die ersten Deutschen, die dieses Wissen hierher gebracht haben, waren nach meinem Kenntnisstand Dietmar Stubenbaum und Jan Silverstorff.
Das Chen-Taiji ? Vermutlich, wobei das einige hier sicher besser wissen. Ich würde aber nicht ausschliessen dass der eine oder andere Taijiler schon seit den 70ern aktiv ist. Aber wer der erste war ist relativ unwichtig, wichtig ist wer heute qualitativ gut unterrichtet. Und unter qualitativ gut verstehe ich auch, ANGEMESSEN für den Einzelnen zu unterrichten, und nicht zu versuchen den Musiklehrer der sich ein bischen in die Materie einfinden will zu einem Sardaukar-Kampfklon ummodeln zu wollen. Die Bewegungen und Methoden müssen allerdings auch für die Gesundheit stimmen, nur barfuss irgendwie "sanft" rumhuschen hilft eventuell gar nicht mal wirklich dem Bewegungsapparat im ursprünglich beabsichtigten Sinn.
Richard22
02-01-2012, 17:54
Mao hat zuerst Taiji verboten und die Leute, die es übten und lehrten, verfolgt.
Seine Frau hat aber durchaus Taiji geübt.
Später hat Mao Taiji wieder zugelassen, weil er dachte so billig an eine Gesundheitsprävention zu kommen.
Man kann also sehen, das der Gesundheits-Quatsch im Taiji durchaus mit der KP zusammenhängt . . .
Fechtergruß
Ich geben den Leuten einfach nicht die Gelegenheit mich als Gegner zu sehen.
Taktisch - Stellung und Winkel.
Sozial - Anreden und auf Augenhöhe stellen, ohne Bedrohlich zu sein.
Mental - Da ich keine Angst oder Gewalt in meinen Gedanken habe ist meine Körpersprache auch frei davon.
Also, ich muss mich nie prügeln und werde nicht dumm angemacht - aber ich hab ständig Angst und ans Kämpfen denke ich bei jedem, der mir näher als 20 Meter kommt. Vllt. haben wir beide einfach nur Glück? :D
...aber ich hab ständig Angst und ans Kämpfen denke ich bei jedem, der mir näher als 20 Meter kommt...
Moinmoin,
sag mal, fehlt da der Ironie-Button oder meinst du das vielleicht im Ansatz sogar ernst??
Dann hättest du mein vollstes Mitgefühl. Denn dauernd mit Angst durch die Gegend laufen und immerzu ans Kämpfen denken, oh jeee, das muss schrecklich sein.
Aber ich gehe mal davon aus, dass deine Aussage doch eher ironisch gemeint ist :)
Grüße
Pilger
Nö, das ist leider so. Ich bin viel mit öffentlichen Verkehrsmitteln und zu Fuß unterwegs und bin da instinktiv auf Alarmstufe 1. Ist ein Bisschen anstrengend, aber immerhin ist es nur Stufe 1, nicht 10 ;)
Jedenfalls will ich auf eins hinaus: Man kann von etwas, das nicht passiert nicht ableiten, dass irgendetwas zwingend dazu geführt hat. Es ist unter Kampfsportlern sehr verbreitet, dass sie auf ihr Training zurückführen, dass sie keinen Ärger bekommen. Es ist aber nicht beweisbar, dass es ohne Training nicht genauso laufen würde. Man muss schon ein Bisschen auf dem Teppich bleiben, was die eigenen metaphysischen Superheldenkräfte angeht...
Lisa: "Hier gibt es keine Tiger...und hier liegt ein Stein...nach deiner Logik müsste dieser Stein Tiger vertreiben!"
Homer: "Lisa, ich möchte dir den Stein abkaufen!!"
Trinculo
03-01-2012, 14:46
http://www.kampfkunst-board.info/forum/f52/gewalt-losigkeit-bezogen-ima-139827/index2.html#post2710137
:beer:
Ist eigentlich irgendwer von euch bei der Krankenkasse durchgekommen obwohl er den falschen Primärberuf hat?
Ahoi
Lindo
Snakesqueezer
13-01-2012, 18:44
Ich persönlich nicht, aber wie weiter oben bereits beschrieben (Yoga-Lehrerin) kann das in ländlichen Gegenden Einzelabsprachen geben.
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