Vollständige Version anzeigen : Denken und Emotionen während eines Kampfes
Luftschäger
31-12-2011, 19:47
Hallo Community
Neulich habe ich mir beim Betrachten der (mehr oder minder) berühmten Kampfszene aus "Sherlock Holmes" die Frage gestellt, was man den als Profi so denkt und fühlt während eines Kampfes.
Ich persönlich, der ich die kopflose Flucht einer realen Konfrontation vorziehen würde, hatte immer eine Heidenangst vor einem Kampf. Im Kampf selber verschwand diese und ich handelte instinktiv (jedenfalls bis zum ersten Kopftreffer). Ich bin also ein relativ schlechtes Beispiel.
Mein Trainer hatte mir immer eingebläut ich solle "aufhören zu denken und anfangen zu kämpfen". Nun denke ich aber auch, dass wütende Kämpfer schlechte Gegner sind, weil zu berechenbar.
Nun ist die Frage: Was denkt ihr während des Kampfes, und was fühlt ihr dabei?
mfg
Björn Friedrich
31-12-2011, 20:04
Der perfekte Zustand ist ein Zustand des Nicht-Denkens.
Keine Emotionen, keine Gedanken, einfach eine große Stille, wie du sie bei der Meditation erlebst.
Bei guten Kämpfern sieht man das auch am Gesicht, keine Emotion, keine Wut, nur Leere.
Deshalb finde ich es immer so lustig, wieviele Clips es gibt, bei denen die Leute böse Gesichter ziehen und auf Killer machen.:-)
Kein Zeichen von Reife und Professionalität. Wenn man sich ein Klitschko, einen Fedor oder Anderson Silva in ihren besten Zeiten anschaut, wird man genau diese Abgeklärtheit feststellen.
Tschüß
Björn Friedrich
Was denkt ihr während des Kampfes, und was fühlt ihr dabei?
Vor dem Kampf: Ruhig bleiben, "Kampftemperatur" beibehalten, ruhig bleiben...
Während dem Kampf: Scheisse, den hab ich unterschätzt, nee, jetzt hab ich ihn, oh Mann was macht er denn jetzt??? Okay, Schwein gehabt, weiter Druck machen, Scheisse das war ne Finte... :ups::D
So in etwa, natürlich nie bewusst. Ich denke einfach zu viel...
Der perfekte Zustand ist ein Zustand des Nicht-Denkens. (...)
Wenn man sich ein Klitschko, einen Fedor oder Anderson Silva in ihren besten Zeiten anschaut, wird man genau diese Abgeklärtheit feststellen.
:halbyeaha
In einer ständigen dauerschleife wiederholt sich bruce lees eigenzitat:
" ...open your miiinnddd...be formeless...etc."
und dazu läuft requiem for a dream.
aber wenn ich ernst bin, genau das was björn beschrieben hat. Man denkt nicht mehr, man registiert , reagiert und agiert. ich kämpfe.
lg
Der Gedanke wenn man an/in die Kampffläche läuft: Endlich ein neuer Gegner!
Während dem Kampf so ziemlich der Zustand der hier beschrieben wurde:
Man hört und sieht nix außer den Gegner und redet Gedanklich eig. seine Bewegungen mit oder es herrscht eine erfüllende Leere.
Nach dem Kampf (egal wie er ausging): Damn, schon vorbei :(
Ich versuche meinen Atem so lange wie möglich zu hören. Beginnen die Gedanken, dann zähle ich meinen Atem....
bin bisher super damit gefahren
punktpunktpunkt
01-01-2012, 21:48
Edit:
Jeder hat irgendwelche Gefühle.
Bei guten Kämpfern sieht man das auch am Gesicht, keine Emotion, keine Wut, nur Leere.
Tschüß
Björn Friedrich
Sehr gut beschrieben.:yeaha:
Für mich sieht es immer aus, als wenn man einen Schalter umlegt auf " Kampfmodus ".
Raging Bull
02-01-2012, 02:12
There is nothing more intimidating than a fighter who loves what he does...
Ich fühle mich wohl beim Kämpfen. Ich denke nicht, ich habe keine Emotionen. Ich existiere einfach. Es gibt keine Furcht in dem Sinne. Früher habe ich gedacht, versucht Ringintelligenz bewusst herbeizuführen. Heute existiere ich nur und agiere -eigentlich genauso wie Du- instiktiv.
Deswegen das ständige Wiederholen im Training - damit man etwas instiktiv, ohne darüber nachdenken zu müssen, ausführen kann.
Für mich derselbe Zustand, wie Läufer ihn beschreiben. Inklusive Runners High
habt ihr irgendwie gelernt nichts zu denken oder war das von anfang an so?
wenn ja, wie habt ihr es gelernt?
ist euer Handeln im Kampf rein instinktiv?
Wie soll man dann über seinen Gameplan nachdenken wenn man ihn aus gewissen Gründen ändern muss?
Rein intuitiv ne andere Taktik, also ohne Überlegung ist doch kaum machbar.
Also ich denke schon öfter nach während ich kämpfe oder Sparring betreibe und sei es nur so was wie "scheiße, escapen!" (bei ner submissions) oder sowas wie "super treffer" (nach einer Erfolgreichen Kombination)
30Shadow11
02-01-2012, 06:05
Der perfekte Zustand ist ein Zustand des Nicht-Denkens.
Keine Emotionen, keine Gedanken, einfach eine große Stille, wie du sie bei der Meditation erlebst.
Bei guten Kämpfern sieht man das auch am Gesicht, keine Emotion, keine Wut, nur Leere.
Deshalb finde ich es immer so lustig, wieviele Clips es gibt, bei denen die Leute böse Gesichter ziehen und auf Killer machen.:-)
Kein Zeichen von Reife und Professionalität. Wenn man sich ein Klitschko, einen Fedor oder Anderson Silva in ihren besten Zeiten anschaut, wird man genau diese Abgeklärtheit feststellen.
Tschüß
Björn Friedrich
Damit ist die Frage eigentlich beantwortet und der Thread könnte geschlossen werden! :-)
Björn Friedrich
02-01-2012, 11:00
Nur um Missverständnissen vorzubeugen, das ist nicht einfach so einen Zustand zu erreichen, da gehört genauso viel Arbeit dazu, wie den Körper zu trainieren.
Tschüß
Björn Friedrich
jkdberlin
02-01-2012, 11:17
Rein neuro-biologisch geht es nicht, länger als ein paar Sekunden bis zu einer Minute "gar nichts" zu denken. Auf den Atem zu achten finde ich auch eine gute Idee,...ich höre beim Kämpfen immer Musik in meinen Gedanken :)
gegen einen wütenden kämpfer zu gewinnen ist einfacher als gegen einen besonnenen.
die "wilde Stier taktik" funktioniert gegen einen Kampfsportler meistens nicht.
mußte selbst mal die erfahrung machen, dass einer wie ein wildgewordener Stier auf mich zugerannt kam...den kampf habe ich ohne einen einzigen schlag für mich entschieden: Die Wurftechnik Sasae-Tsuri-Komi-Ashi bei JudoOnline.de (http://www.judoonline.de/wuerfe_sasae-tsuri-komi-ashi.htm) ..aus mangelder fallschule ist er mit der fresse auf der straße gelandet...
also lieber besonnen angreifen..bzw. besonnen den angriff des gegners abwarten..
aus gründen meiner persönlichen moralischen einstellung würde ich den kontrahenten immer angreifen lassen und kontern.(in er SV..nicht im wettkampf)
Also: Konzentrieren...dem gegner in die augen schauen...jede bewegung des gegners beachten und im richtigen moment reagieren...das geht nicht mit wut.
punktpunktpunkt
02-01-2012, 14:47
Ohne Emotionen würde es imho schwer fallen Entscheidungen zu treffen, weil bei gleichwertigen Optionen letztendlich Gefühle entscheiden und nicht die pure Logik. Bin ich zu 100% objektiv bleibe ich an den kleinsten Dingen kleben, weil ich mich z.B nicht entscheiden kann ob ich nun das blaue oder das rote T-shirt anziehen möchte. Das nennt man glaube ich umgangssprachlich Spock-Syndrom und ist wohl der Grund warum man darüber nachdenkt künstliche Intelligenzen mit Gefühlen auszustatten (oder ausstatten zu müssen).
Edit:
Außerdem, hätten unsere emotionslosen Verwandten uns gegenüber einen Vorteil gehabt, hätte sich die Menschen (gemutmaßt) nicht in unsere Richtung entwickelt. Also einen Sinn werden die Gefühle gehabt haben. Ich denke, dass das was ansonsten beschrieben wurde vielleicht eine direktere Empfindung darstellt, bzw. das Vertrauen in diese, aber nicht deren allgemeine Abwesenheit. Meine, dass der logische Verstand weniger Verwirrung stiftet und es an den Kern der Sache geht, ohne Theatralik.
Wenn man denkt, verkrampft man. Verkrampfen ist im Kampf nicht gut.
Vor dem Kampf denke ich viel, lauter Reize, Beleidigungen sprechen sich auch nicht von allein aus... aber irgendwann klickt ein Schalter um und der Atem und die Bewegungen werden schwer und lahm, dann geht der Kampf los und das alles ist weg. Man sieht sich nur noch handeln, leichte Schmerzen dringen nicht durch, Emotionen werden einfach weggespült und durch einfache überschlagsrechnungen ersetzt.
Entscheidungen richten sich einfach gegen die Dinge, die für den Kampfausgang die größte Rolle spielen.
Noch was: Gefühle beim Kämpfen automatisch zu verbergen ist Sinnvoll.
Wenn Gefühle da sind, kann man dadurch gelenkt werden. Es gibt Kämpfe die werden auf Kopfebene entschieden und für den Verlierer sieht es dann einfach aus, als hätte er einen schlechten Tag gehabt, sobald man Gefühle hat fährt man eine klare Linie entlang dieser Gefühle, erfahrenere Kämpfer können das ausnutzen.
Shinobi2011
02-01-2012, 17:05
gegen einen wütenden kämpfer zu gewinnen ist einfacher als gegen einen besonnenen.[...]
Ich denke, das du recht hast. Allerdings ergibt sich für mich jetzt daraus die Frage, ob man den Gegner, bevor man in den"Kampfmodus" geht, geziehlt provozieren, sprich aus der Bahn werfen sollte. Natürlich erst wenn der andere schon angegriffen hat.
Ich sehe das so,
wer noch richtig nachdenken kann,
dem geht es in dem Moment einfach zu gut, relativ betrachtet
oder
er schaut in einen leeren Werkzeugkasten und hat dementsprechend gerade nichts auf das er sich konzentrieren kann/soll/muss
Die bereits erwähnte
"erfüllende Leere "
beschreibt es meiner Meinung nach am besten
lucyinthesky
02-01-2012, 19:26
"erfüllende Leere "
:halbyeaha
Luftschäger
02-01-2012, 19:55
Okay, das waren schon eine Menge Antworten. Dazu ist mir noch einiges eingefallen:
Die Frage ist, wie es sich mit Schmerz verhält. Sobald ich in einem Kampf (hart) getroffen werde und meine Ohren klingeln, verliere ich die Konzentration. Der nachfolgende Kampf entgeleitet meiner Kontrolle; der "Kampfmodus" verabschiedet sich. Die Angst vor Schmerz dominiert wieder und ich gerate in die Defensive.
Wie ist das bei euch ? Hat Schmerz keinen Einfluss auf das Denken bzw. nicht-Denken während des Kampfes? Gibt es Angst?
Da ich mir ein Buch über den "Affenstil im Kung fu" geleistet habe, weiss ich grade, dass in genanntem Stil Gesichtsausdrücke gezielt eingesetzt werden um den Gegner zu verwirren. (Sofern ich das richtig verstanden habe) Die Augen sollen den "Ausdruck des Affen" annehmen, was dem Gegner Angst machen soll oder so.
Also könnte man nicht versuchen mithilfe schräger Grimassen den Feind abzulenken und dadurch einen Kopftreffer zu landen? (Ich bin während des Kampfes jedenfalls immer zu beschäftigt für solche Spässe.)
Hat das schon mal jemand versucht?
Literaturangabe: chinesisches Kung fu: der Affen-Stil Xi Yuntai, Li Gaozhong
mfg
... mithilfe schräger Grimassen den Feind abzulenken...
Hat das schon mal jemand versucht?
UDWnMXzgeZo
bei min 2 sehe ich was, das man als Grimasse bezeichnen könnte :D
punktpunktpunkt
02-01-2012, 20:53
Da ich mir ein Buch über den "Affenstil im Kung fu" geleistet habe, weiss ich grade, dass in genanntem Stil Gesichtsausdrücke gezielt eingesetzt werden um den Gegner zu verwirren. (Sofern ich das richtig verstanden habe) Die Augen sollen den "Ausdruck des Affen" annehmen, was dem Gegner Angst machen soll oder so.
Also könnte man nicht versuchen mithilfe schräger Grimassen den Feind abzulenken und dadurch einen Kopftreffer zu landen? (Ich bin während des Kampfes jedenfalls immer zu beschäftigt für solche Spässe.)
Hat das schon mal jemand versucht?
Das kann funktionieren, aber dafür musst du schon was drauf haben. Die erfahrenen Leute blicken da unbeeindruckt durch und revanchieren sich halt.
RJPesST-skg
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