Vollständige Version anzeigen : Traditionelles Tai Chi
Hi Leute.
Ich behaupte mal, dass Tradition im Tai Chi kein Dogma seinen darf! Wenn z.B. der Chen Stil seit Hunderten von Jahren das gleiche macht, kann etwas nicht stimmen! Wo ist Innovation, wo ist Individualität, wo ist Forschung, wo ist Verbesserung, wo ist Anpassung und vor allen Dingen, wo ist der Beweis von zeitgemäßer Funktion in der Wirklichkeit?
Hongmen
So lange kein Raumschiff landet mit Aliens die 3 Arme und 4 Beine haben, wird alles was damals auf dem Schlachtfeld funktioniert hat auch heutzutage funktionieren...ein Schlag ist ein Schlag ;)
Die Frage ist nur WIE Mann/Frau es trainiert....aber das Thema hatten wir doch glaube ich erst gefühlte 10000 Mal :)
Gruß,
Gong Fu
rudongshe
22-01-2012, 07:19
Das betrifft doch dann eher einzelne Anwendungsideen bzw. vielleicht könnte (!) "man" noch ein Bild synthetisieren, das heutige gängige Angriffe behandelt.
Den Kern jedoch bbleit in meinen Augen unverändert.
So lange kein Raumschiff landet mit Aliens die 3 Arme und 4 Beine haben, wird alles was damals auf dem Schlachtfeld funktioniert hat auch heutzutage funktionieren...ein Schlag ist ein Schlag ;)
Die Frage ist nur WIE Mann/Frau es trainiert....aber das Thema hatten wir doch glaube ich erst gefühlte 10000 Mal :)
Gruß,
Gong Fu
Sehe ich genauso.
Liebe Grüße,
Shin
Gibt doch auch Änderungen die nicht Jahrhunderte alt sind, wie die Seidenübungen, oder die 19er Form.
Mal als Beispiel. In der NBA ist ein klarer Fortschritt von den 60ern zu heute zu erkennen, das Spiel hat sich enorm entwickelt. Allerdings ist so seit etwa Ende der 90er die Spielanlage die gleiche, da passiert nicht mehr viel. Nur die Athletik verbessert sich noch, die einzelnen Spieler werden kompletter. Kann man sicher evolutionstheoretisch erklären, dass nach einer Folge der Entwicklung immer Stagnation eintritt. Was nichts schlimmes ist, die spielen heute einfach durch die Bank stark.
Genau das gleiche gibt es auch in anderen Sportarten, und Künsten. Wenn es keine technische Entwicklung der Spielgeräte und der Hilfsmittel gibt, dann kommt man irgendwann zu einem Plateau. Und es kommt auch zu Abschwüngen.
Meiner Meinung nach hat Taijiquan dieses Plateau schon seit langer, langer Zeit überschritten, und ist quasi im freien Fall. "Schnelle Erfolge", Hauruck, irgendwelche Wünsche des Publikums oder der "Kunden" catern. Mir soll bitte niemand erzählen dass er besser ist als die Top 10 vor 100 Jahren, auch wenn man vielleicht nicht weiss wer diese 10 besten wirklich waren. Oder besser als ein Ma Yueliang vor 30. Es gibt ein komplettes Skillset das viele Leute gar nicht haben, nicht mal annähernd, aber wenn man das hat kommt nur noch Tagesform oder Talent. Der eine ist halt etwas reaktionssicherer als der andere, fitter, stärker, was auch immer. Aber nichts bahnbrechend neues wie der Schritt vom Straddle zum Flop, oder die Trickwürfe im heutigen Handball gegen Holzschuh-Feldhandball früher.
Ich beziehe mich eher allgemeiner auf Traditionelle Kampfkünste aus China,sehe das aber ähnlich wie Klaus. Aus meiner Sicht befinden sich manche Traditionelle Künste im freien Fall und manche werden so langsam wieder belebt. Als Beispiel für eine wiederbelebte Kunst würde ich zb. Weng Chun sehen, wo man mit der Zeit als Praktizierender feststellt das sich da überall was verändert, auch beim Großmeister und das was sich verändert zeigt mir eher das diese Sachen schon da waren, wir sie nur erst wieder begreifen mußten.
Liebe Grüße,
Shin
Natürlich hat sich das Kämpfen nicht großartig geändert.
Aber wenn Praktizierende alter Stile anfangen sich auszuruhen, und sich nicht mehr im Sparring überprüfen. Dann wird er trotzdem nicht Kämpfen können.
Das ist nicht wirklich die Schuld des Stils. Aber wenn eine ganze Schule als kollektiv aufhört am eigentlich kämpfen zu arbeiten, gehen auch einzelne Aspekte verloren, die in dem Stil vorhanden waren.
Nach aussen hin sieht es dann aus, dass der Stil unbrauchbar wäre. Womöglich wird er dann auch weitesgehend unbrauchbar gelehrt.
Es liegt an dem Ausübenden, was er aus der Kampfkunst macht, die ihm mitgegeben wird.
Odysseus22
23-01-2012, 22:30
Als Beispiel für eine wiederbelebte Kunst würde ich zb. Weng Chun sehen, wo man mit der Zeit als Praktizierender feststellt das sich da überall was verändert, auch beim Großmeister und das was sich verändert zeigt mir eher das diese Sachen schon da waren, wir sie nur erst wieder begreifen mußten.
Wie darf man sich den Großmeister einer Kunst vorstellen, die erst wiederbelebt werden muss?
Hi!
Eine Veränderung bzw. auch Anpassung gibt es. Es gibt immer mehr "Lehrer" etc. die eine aus meiner Sicht, wenn sie verstanden wird, effektiven Kampfkunsteinfach nur irgendeinen Mist machen (Buisiness Tai Chi, Manager Tai Chi usw.). Alles was zählt, ist für einige ihr Marketing in Sachen Asien Therapie. Lerne Tai Chi und werde ausgeglichen ........
Ansonsten denke ich, dass
Tai Chi ist viel zu komplex um es in einem Leben zu komplett zu erlernen. Irgendwann kommt man an einen Punkt, da stagniert man einfach und kommt nicht weiter. Und ich denke einfach, dass man genau diesen Punkt erreichen muss um dann für sich seblst zu forschen. Einer geht vielleicht mehr in die Meditation, der nächste mehr in den "Wettkampf" (Push Hands) und ein anderer lieber in den Bereich der Selbstverteidigung. Chen und Yang unterscheiden sich ja auch voneinander!? Es entstehen für mich permanent Veränderungen innerhalb des Systems aber die Angriffe bleiben die gleichen. Die potentielle Gewaltbereitschaft bei Angreifern ist eine andere Sache.
Bin da ebenfalls konform mit Klaus.
Heute möchten die wenigsten schwitzen, nachdenken und vor allem mit sich selbst beschäftigen. Dabei bleiben die eigentliche Kunst in den KK und Qigong tatsächlich auf der Strecke. Solange nur aus dem Kopf und nicht aus dem Bauch heraus "geplant" werden würde, wären sicherlich einige Dinge durchaus gelebter.
2Jahre, dann bin ich TJQ Kursleiter, weitere 3 dann Lehrer.
Dann mach ich noch Qigong. Heraus kommt oft "a-a"
Das durchzieht alle KK und nicht nur die "inneren".
Aber das schöne an der Sache ist ja, dass sich alles sowieso bereinigt.
Vollkorn84
24-01-2012, 10:06
systemtheorie wa? ;)
selbstrefentielle systeme bereinigen sich selbst,das stimmt.
ohnehin offene systeme haben diese probleme nicht.
das mal dazu,auch wenn ich (chen)taiji super interessant finde ,ich es mir aber nicht leisten kann.
Ir-khaim
24-01-2012, 11:14
Was herauskommt, wenn man traditionelle Kampfkünste in Zeiten verändert, in denen mit ihnen nicht mehr gekämpft wird, sieht man am Karate, Wing Chun, Judo...
"Friedenszeiten" sind für die Anwendbarkeit von Kampfkünsten tödlich und nur einige wenige schaffen es, dass "alte Wissen" zu bewahren.
Es lebe die Hybris der Theoretiker :rolleyes:
Soweit meine Theorie ;)
ich würde persönlich würde es interessant finden, wenn mal einer wissenschaftlich untersuchen würde, wie sehr man mit den traditionellen trainingsmethoden (hmm... siedenübungen z.b. ... also ich meine isometrische belastung) z.b. seine kraft steigern kann (auch auf lange sicht) im vergleich zu "modernen" methoden.
rudongshe
24-01-2012, 17:52
Tai Chi ist viel zu komplex um es in einem Leben zu komplett zu erlernen.
Mh. Die überlebenslange Komplexitätvon Tai Chi halte ich für einen Mythos. Man kann schon recht überschaubar verstehen wie man üben muss. Das finde ich die Grundlage.
Nur dass sich manche Fähigkeiten eben erst langsam entwickeln und - da gebe ich Klaus durchaus recht - früher höheres Niveau erreichten wegen des investierten Trainings.
Was meint denn Hongman?
Kamenraida
25-01-2012, 11:11
Ich kann dieses ewige Lamento vom Niedergang des Taichi nicht verstehen.
Was ist mit Leuten wie Chen Ziqiang, Yingjun, aber auch einem John Ding aus dem Yang-Stil? Ausgewiesene Kampfkünstler, zu denen langjährige Schüler harter KK kommen, um sich einen einschenken zu lassen.
Mangelnde Innovation? Teile ich auch nicht. Wer Taichi lernt, entscheidet sich doch bewusst für etwas traditionelles. Neuere, gute Schöpfungen gibt es doch jede Menge - auch bei den IMA, zum Beispiel TTT oder NGLQ.
Aber auch innerhalb des TCC tut sich einiges. JS hat zum Beispiel jüngst eine Kurzstockform entwickelt (und damit eine Form, die die einzige heute irgendwie realistische Waffe trainiert).
Sparring? Stimmt, das kommt zu kurz. Aber wer hindert euch, in MMA-Schulen zu gehen und mitzumachen, und gegebenenfalls Elemente an euren Schulen einzuführen? (machen ja auch einige - die Snakies hier z.B.).
Hi Leute.
Ich behaupte mal, dass Tradition im Tai Chi kein Dogma seinen darf! Wenn z.B. der Chen Stil seit Hunderten von Jahren das gleiche macht, kann etwas nicht stimmen! Wo ist Innovation, wo ist Individualität, wo ist Forschung, wo ist Verbesserung, wo ist Anpassung und vor allen Dingen, wo ist der Beweis von zeitgemäßer Funktion in der Wirklichkeit?
Hongmen
Hallo Hongmen.
Mir geht es wie rudongshe, dass mir nicht ganz klar ist, was deine Idee ist, die du uns nun vermitteln willst. Du setzt eine Behauptung, dass Tradition im Taiji hinderlich sei, korrekt?
Bitte unterlege doch mal dein Statement mit Argumenten, was denn genau an "Tradition" falsch sei?
Wenn ich meinen Blick in Richtung der alten Koryu (alte Schwert-Strömungen in Japan) wende, bspw. dem Katori-Shinto-Ryu, so wurde Tradition, eine gewisse Originalität (wie sie nur für einen Zeitraum von ca. 550 Jahren fassbar ist) und Funktionalität beibehalten! Die ist ein Argument, was GEGEN deine These spricht. Durchaus gibt es weitere Beispiele.
Ich sehe da keinen Widerspruch. Vorallem, so scheint es mir, widersprichst Du dir selbst (dazu später).
Bitte beachte, dass ich dich nicht persönlich/menschlich angreifen möchte - mir liegt keine Intention eines Angriffs zugrunde - ich möchte lediglich über Inhalte reden.
Deine Forderung ist "Innovation" in Verbindung mit "Individualität" mit "Forschung, Verbesserung, Anpassung" etc. .
Unsere moderne Gesellschaft ist geprägt von diesen Werten, daher ist es kein Wunder dass du diese Sichtweise einnimmst. Doch fraglich ist auch, was genau "Fortschritt" und "zeitgemäße Funktion" bedeutet? Was verstehst du darunter?
Was hat sich deiner Meinung nach an der physischen Konstellation des Menschen im Laufe der Zeit verändert, dass wir eine "zeitgemäße Anpassung" bräuchten? Welche Individualität erwartest du von einem System?
Der oben erwähnte Widerspruch bezieht sich eben darauf, dass ein System/Stil doch eben so konzipiert wurde, um es übertragbar, also lehrbar und unterrichbar zu machen - damit fällt schonmal eine sogenannte "Individualität" weg - diese muss vom Individuum selbst erfahren und erforscht werden. Es liegt an der Person, nicht am Stil oder dem Zeitgeist. Außerdem ist fraglich, welcher Anpassung es bedarf. Wir sind auch in der gegenwärtigen Zeit an keinem Ultimatum angekommen, sondern sind (wie die Menschen vor hunderten von Jahren) IMMERNOCH in einem Prozess der nicht aufhören wird. Daher unterstütze ich Klaus Argumentation, nur dass es in meinen Augen keine Stagnation gibt ('zu jeder Bewegung gibt es eine Gegebewegung'). Nimmst Du etwa mit deiner These an, dass die damalige martialisch ausgerichtete Gesellschaft aus einer in friedenszeiten lebenden Gesellschaft in ihrer physischen Umsetzung verbesserungswürdig wäre?
vg,
T. Stoeppler
25-01-2012, 11:42
ich würde persönlich würde es interessant finden, wenn mal einer wissenschaftlich untersuchen würde, wie sehr man mit den traditionellen trainingsmethoden (hmm... siedenübungen z.b. ... also ich meine isometrische belastung) z.b. seine kraft steigern kann (auch auf lange sicht) im vergleich zu "modernen" methoden.
Das wäre wirklich interessant, aber in der Praxis aufgrund der recht langen Beobachtungszeiträume schwer durchführbar. Ideen für eine Studie hätte ich auf Anhieb, wenn sich genügend Probanden finden würden.
Und von wegen Taijiquan bräuchte länger als ein Menschenleben, um erlernt zu werden... Also damit wäre jede Diskussion ja vorbei, denn es hätte ja noch nie ein Mensch richtig gelernt ;)
Ich halte nur diese blödsinnige Abgrenzerei (Internal vs External, Das ist kein "echtes" Taiji, meine Lineage ist wirklich authentisch, mein Sifu ist sooooo gut etc) für das einzige echte Problem.
Ansonsten teile ich Kamenraida´s Sicht - so finster ist es gar nicht. Cross Training steht wirklich jedem "Offenen" offen.
Gruss, Thomas
Ich kann dieses ewige Lamento vom Niedergang des Taichi nicht verstehen.
Was ist mit Leuten wie Chen Ziqiang, Yingjun, aber auch einem John Ding aus dem Yang-Stil? Ausgewiesene Kampfkünstler, zu denen langjährige Schüler harter KK kommen, um sich einen einschenken zu lassen.
Mangelnde Innovation? Teile ich auch nicht. Wer Taichi lernt, entscheidet sich doch bewusst für etwas traditionelles. Neuere, gute Schöpfungen gibt es doch jede Menge - auch bei den IMA, zum Beispiel TTT oder NGLQ.
Aber auch innerhalb des TCC tut sich einiges. JS hat zum Beispiel jüngst eine Kurzstockform entwickelt (und damit eine Form, die die einzige heute irgendwie realistische Waffe trainiert).
Sparring? Stimmt, das kommt zu kurz. Aber wer hindert euch, in MMA-Schulen zu gehen und mitzumachen, und gegebenenfalls Elemente an euren Schulen einzuführen? (machen ja auch einige - die Snakies hier z.B.).
:halbyeaha
(wofür steht das Kürzel NGLQ?)
Wenn ich einen Ma Yueliang, Ma Jiangbao, Chen Xiao Wang usw. als Maßstab nehme, und mir dann die "modernen" Leute in Deutschland und anderswo und insgesamt den Schnitt ansehe, dann möchte ich da schon klar von einem Rückschritt sprechen. Die Leute die ich kenne die gut sind, sind nicht "modern", sondern Handwerker die ihre Übungen machen die es seit ziemlich langer Zeit gibt. Paar Deutsche ohne grossen Namen sind auch dabei.
Yangshuo
25-01-2012, 12:21
.
Simplicius
25-01-2012, 12:36
:halbyeaha
(wofür steht das Kürzel NGLQ?)
Inneres Donnergottboxen
Shenming
25-01-2012, 15:49
Ich denke, dass wiedermal der Mittelweg der Schlüssel ist. Tradition ist in soweit wichtig, und da muss ich Thomas wiedersprechen, dass sie ganz klar abgrenzt, was Taijiquan ist und was eben nicht. Sonst kann ja jeder Karatemeister daherkommen, seine Kata langsam laufen und sagen, dass das Tai Chi ist. Das Problem dabei ist nur, dass es dafür keine, wirklich von allen anerkannte, Richtlinie gibt. In unserem Stil legen wir viel Wert auf die klassischen Schriften, die für uns das Grundgerüst sind und die definitiv eingehalten werden müssen. Und das ist eben das, was Yangshuo als internal bezeichnet, was ich ebenfalls als entscheidend empfinde.
Von diesem "Grundgerüst" kommen wir dann zur Weiterentwicklung und da sollte, denke ich, nicht halt gemacht werden. Es ist meines Erachtens Irrsinn den Stil bzw. gerade die Form so zu lassen wie sie sind, wenn man auf einem sehr hohen Level entdeckt hat, dass man durch einige Veränderungen seine Schüler z.B. schneller zum Ziel bringen könnte. Dies setzt natürlich ein entsprechend erlangtes Niveau vorraus, damit nicht jeder Hans und Franz meint am Stil rumfuschen zukönnen, weil er ja die Ahnung habe. Auch neue Formen mit Taijiquan-Prinzipien sind gut, wie Kamenraida schon sagt (wir haben übrigens auch eine Kurzstockform ;) ).
Ich kann Kamenraida nur unterstützen, denn ich bin nicht der Meinung, dass das Taijiquan vor die Hunde geht. Einzig und allein die Anzahl an dubiosen Leuten, die ihr Rumgeeiere als Tai Chi verkaufen nimmt in den letzten Jahren drastisch zu, sei es "Wellness"-, "äußerliches", "Akrobatik"- oder "strukturloses Nudel" - Tai Chi. Da gehen die elementaren, guten Stile und Leute leider häufig gegen unter. Zumal der Zulauf zu den Scharlatanen von Unwissenden häufig höher ist, weil es entweder schöner aussieht oder esoterische Neigungen wesentlich besser bedient als die traditionellen Stile für die man sehr viel Zeit investieren muss.
Und da ist auch der Grund verwurzelt den Klaus nennt, nämlich das z.B. in Deutschland wesentlich weniger gute Leute oder fast gar keine Meister zu finden sind, wie etwa in China. Das liegt meiner Meinung nach einfach an unserer Arbeitsumgebung. Wer kann heute in unserem Land denn schon 6-8 Stunden am Tag üben, wie es viele alte Meister taten, ohne von Hartz IV zu leben? Selbst wenn man nur vom Taijiquan lebt scheint mir das sehr schwierig zu sein, zumal das eh nicht sehr einfach ist, da (wo wir wieder am Anfang sind) traditionelle Stile nicht so gefragt sind. Nach unserer unscheibar aussehenden Form schreit z.B. kein Hahn :). Im "alten" (teilweise auch noch im neuen) China / Malaysia / Taiwan war das denke ich noch einfacher, wenn ich gar an Wee Kee-Jin denke, der vier Jahre lang bei Huang Sheng Shyan leben konnte ohne einen Cent an ihn zu zahlen. Wo wir bei einem weiteren Problem sind: Wenn man hierzulande Unterricht nimmt kostet er auch noch einiges!
Das ganze Thema ist sicherlich nicht ganz einfach.
Viele Grüße
Shenming
T. Stoeppler
25-01-2012, 17:15
Tradition ist in soweit wichtig, und da muss ich Thomas wiedersprechen, dass sie ganz klar abgrenzt, was Taijiquan ist und was eben nicht.
Du widersprichst mir nicht. Ich finde Traditionen und Stile als Abgrenzung von anderen Übungen völlig in Ordnung. Ich habe etwas gegen Scheuklappen, und die Albernheiten, zu denen das Tragen dieser führt.
Gruss, Thomas
Shenming
25-01-2012, 20:54
Du widersprichst mir nicht. Ich finde Traditionen und Stile als Abgrenzung von anderen Übungen völlig in Ordnung. Ich habe etwas gegen Scheuklappen, und die Albernheiten, zu denen das Tragen dieser führt.
Gruss, Thomas
Achso, okay. Dann habe ich dich falsch verstanden. Dem kann ich nur zustimmen!
Hallo Hongmen.
Mir geht es wie rudongshe, dass mir nicht ganz klar ist, was deine Idee ist, die du uns nun vermitteln willst. Du setzt eine Behauptung, dass Tradition im Taiji hinderlich sei, korrekt?
Bitte unterlege doch mal dein Statement mit Argumenten, was denn genau an "Tradition" falsch sei?
Wenn ich meinen Blick in Richtung der alten Koryu (alte Schwert-Strömungen in Japan) wende, bspw. dem Katori-Shinto-Ryu, so wurde Tradition, eine gewisse Originalität (wie sie nur für einen Zeitraum von ca. 550 Jahren fassbar ist) und Funktionalität beibehalten! Die ist ein Argument, was GEGEN deine These spricht. Durchaus gibt es weitere Beispiele.
Ich sehe da keinen Widerspruch. Vorallem, so scheint es mir, widersprichst Du dir selbst (dazu später).
Bitte beachte, dass ich dich nicht persönlich/menschlich angreifen möchte - mir liegt keine Intention eines Angriffs zugrunde - ich möchte lediglich über Inhalte reden.
Deine Forderung ist "Innovation" in Verbindung mit "Individualität" mit "Forschung, Verbesserung, Anpassung" etc. .
Unsere moderne Gesellschaft ist geprägt von diesen Werten, daher ist es kein Wunder dass du diese Sichtweise einnimmst. Doch fraglich ist auch, was genau "Fortschritt" und "zeitgemäße Funktion" bedeutet? Was verstehst du darunter?
Was hat sich deiner Meinung nach an der physischen Konstellation des Menschen im Laufe der Zeit verändert, dass wir eine "zeitgemäße Anpassung" bräuchten? Welche Individualität erwartest du von einem System?
Der oben erwähnte Widerspruch bezieht sich eben darauf, dass ein System/Stil doch eben so konzipiert wurde, um es übertragbar, also lehrbar und unterrichbar zu machen - damit fällt schonmal eine sogenannte "Individualität" weg - diese muss vom Individuum selbst erfahren und erforscht werden. Es liegt an der Person, nicht am Stil oder dem Zeitgeist. Außerdem ist fraglich, welcher Anpassung es bedarf. Wir sind auch in der gegenwärtigen Zeit an keinem Ultimatum angekommen, sondern sind (wie die Menschen vor hunderten von Jahren) IMMERNOCH in einem Prozess der nicht aufhören wird. Daher unterstütze ich Klaus Argumentation, nur dass es in meinen Augen keine Stagnation gibt ('zu jeder Bewegung gibt es eine Gegebewegung'). Nimmst Du etwa mit deiner These an, dass die damalige martialisch ausgerichtete Gesellschaft aus einer in friedenszeiten lebenden Gesellschaft in ihrer physischen Umsetzung verbesserungswürdig wäre?
vg,
Ich frage mich, was war vor der Tradition? Es gab ja immer nur Einen der einen Stil kreiert hat. Hat der sich an irgendeine Tradition gehalten oder aus seiner Erfahrung geschöpft?
Und wenn man auf Tradition schwört, muss man Anmerken, Tai Chi entwickelt sich ja von seiner Tradition weg! Es wird kaum noch als Kampfkunst betrieben. Ergo, die meisten Tai Chi`ler betreiben kein traditionelles Tai Chi!
Also, will man Tai Chi Traditionell, dann muss man Tai Chi auch als effektive KK betreiben. Ansonsten ist es ja "nur" ein durchaus innovativer Zweig eines traditionellen Stils.
Gruß
Hongmen
Gruß
Hongmen
Ich frage mich, was war vor der Tradition? Es gab ja immer nur Einen der einen Stil kreiert hat. Hat der sich an irgendeine Tradition gehalten oder aus seiner Erfahrung geschöpft?
Und wenn man auf Tradition schwört, muss man Anmerken, Tai Chi entwickelt sich ja von seiner Tradition weg! Es wird kaum noch als Kampfkunst betrieben. Ergo, die meisten Tai Chi`ler betreiben kein traditionelles Tai Chi!
Also, will man Tai Chi Traditionell, dann muss man Tai Chi auch als effektive KK betreiben. Ansonsten ist es ja "nur" ein durchaus innovativer Zweig eines traditionellen Stils.
Gruß
Hongmen
Hongmen, danke für die Antwort.
Leider hat sie mich noch ein wenig mehr verwirrt deine Stellungnahme einzuordnen. In den Grundzügen stimme ich zu; Taiji Quan war im ursprung eine Kampfkunst und sollte als solche fortgeführt werden. Am Anfang des Threads sagst du, dass das heutige Taiji sich von der "Tradition" loslösen sollte und forderst mehr Innovation und Individualismus (habe ich dich da richtig verstanden?). In deiner Antwort aber sagst du, dass Taiji als effektive KK betrieben werden soll und das nur möglich ist, wenn man es traditionell versteht. Viele, die dies nicht tun, stellen für dich einen innovativen Zweig des traditionellen Stils dar. Mir ist nun nicht schlüssig, was genau dein Kritikpunkt ist. Vielleicht habe ich da auch was falsch verstanden.
Zudem sind neue Strömungen und Interpretationen durchaus üblich und ziehen sich in der gesamten Menschheitsgeschichte hindurch. "Kultureller Austausch" und seine dazugehörenden Problematiken (Symbiosen und Wegfall gewisser Aspekte aufgrund multipler Faktoren wie Übersetzungsfehler und historischen Ereignissen) bestand schon immer.
Außerdem würde ich gerne wissen, auf welche Argumente du dich stützt, vielleicht verstehe ich dann deine Perspektive besser.
Was für mich noch undeutlich ist, ist dein Verständnis des Traditionsbegriffs. Fraglich ist, ob dieser überhaupt kulturunspezifisch betrachtet werden darf.
Um einen Anfang in der Grundlagendiskussion zu machen, möchte ich den Traditionsbegriff ausführen und eine Definition nennen, in der Hoffnung, dass uns das in der Diskussion weiterbringt:
"Tradition, das Insgesamt von den Vorfahren Überlieferten (das heute noch gilt bzw. gelten soll). Eine jede generation baut mehr oder weniger auf dem sachlich-technischen Wissen, den Verhaltens- und Sprachgewohnheiten, den Deutungen und Wertvorstellungen usw. früherer Generationen auf; dies macht die Geschichtlichkeit menschlichen Daseins aus und ist Ausdruck der Bindung an die Geschichte der je eigenen Gruppe (Stamm, Volk, Staat usw.). Grundlegender Mechanismus der Tradition im Sinne von Weitergabe ist die Sozialisation (einschließlich aller auch instrumentellen, etwa beruflichen Lernprozesse). Gesellschaften können danach unterschieden werden, wie umfangreich sie aus Tradition leben bzw. wie stark neue Generationen sich aus dem Überlieferten lösen und neue Lösungen und Deutungen finden. Von ihrem Anfang an steht die moderne Gesellschaft im Ruf, relativ wenig aufgrund von Tradition zu leben, während ältere Sozialformen (z.B. Feudalismus, schriftlose Kulturen) als traditionsbestimmt gelten."
(aus: Wienold, Hans. 2007. Beitrag von Fuchs-Heinrich, Werner. Lexikon zur Soziologie. 4. Auflage. VS-Verlag Wiesbaden.)
Yangshuo
25-01-2012, 22:47
.
Es gibt auch sowas wie "best practices" in der Industrie usw. die sich praktisch nie wieder ändern. Es ist nicht alles "Tradition" was länger auf bestimmte Weise getan wird. Und in der Industrie oder in grossen Betrieben kann man auch beobachten was passiert, wenn einzelne Schlaumeier diese Praktiken ignorieren und was "ganz Neues" einführen. Fail³, aber der Schlaumeier war es dann nie schuld.
Und in der Industrie oder in grossen Betrieben kann man auch beobachten was passiert, wenn einzelne Schlaumeier diese Praktiken ignorieren und was "ganz Neues" einführen. Fail³, aber der Schlaumeier war es dann nie schuld.
sowas läuft dann unter Begriffen wie KVP oder Kaizen :D:D
Richard22
26-01-2012, 23:29
Naja, historisch gesehen schreibt Qi Jiguang im 16. Jhd. ja schon alles, was wie heute erleben - KK verändert sich nunmal nicht. Dazu müßte sich erst das Genom des Menschen weiter verändern. Wir sind aber seit gut 30 000 Jahren recht stabil.
Wir haben seit 2010 den unglaublichen Vorteil wirkliche Quellen aus dem Chinaraum zu haben - es ist schon kraß mit wie vielen Mythen da aufgeräumt wird.
Ich denke in 10 Jahren oder so wird sich ein ganz anderes Bild der China-KK abzeichnen - sie ist der unseren aus dem 13-15. Jhd. extrem ähnlich.
Innovationen, Hong, wie sollen die aussehen?
Taiji befindet sich zur Zeit auf seiner historischen Talsohle - schlimmer kann es nicht werden.
Also wird es in den kommenden Jahrzehnte langsam bergauf gehen.
Fechtergruß
Shenming
27-01-2012, 08:51
Naja, historisch gesehen schreibt Qi Jiguang im 16. Jhd. ja schon alles, was wie heute erleben - KK verändert sich nunmal nicht. Dazu müßte sich erst das Genom des Menschen weiter verändern. Wir sind aber seit gut 30 000 Jahren recht stabil.[...]
Ich kann dir als studierter Biologe sagen, dass unser Genom in den letzten 30000 Jahren mehr durchgemacht hat als du denkst ;)!
Viele Grüße
Shenming
[...]
Wir haben seit 2010 den unglaublichen Vorteil wirkliche Quellen aus dem Chinaraum zu haben - es ist schon kraß mit wie vielen Mythen da aufgeräumt wird.
Ich denke in 10 Jahren oder so wird sich ein ganz anderes Bild der China-KK abzeichnen - sie ist der unseren aus dem 13-15. Jhd. extrem ähnlich.
[...]
Hallo Richard.
Wie kommt es, dass Du für diesen "Umschwung" speziell das Jahr 2010 in betracht ziehst?
Infwiefern die asiatischen (in diesem Fall chinesischen) KK denen unserer Zeit ähneln/ähnelten wäre mal genauer zu hinterfragen bzw. zu untersuchen. Fände ich mal spannend, ob und inwiefern der philosophische und gesellschaftliche Backround sich in der praktischen Kampfausführung (/Übungs- und Trainingspraxis) unterscheidet. Ich kenne mich da mit den europäischen 'Stilen' nicht aus.
Mit Mythen kann man nicht "aufräumen" indem man die Existenz oder das Fehlen von Schriftstücken einer bestimmten Zeit bemüht. Auch damals gab es Neid, Missgunst, Profilierungssucht, Konkurrenzdenken, Rufmord, etc. Sicher ist nur was man selbst kann oder erlebt hat.
Richard22
31-01-2012, 14:06
Shenming - ich hätte das präzisieren müssen - hast Du drei Arme?
Mit Mythen kann man aufräumen, wenn man Zeugnisse aus der Zeit hat, in der noch gekämpft wurde. Was uns aus dem 19. an Hörensagen betreff der Asia-KK zugetragen wurde ist einfach Hörensagen - fern der Realität.
Wir haben sein 2010 Zugang zu einer ganzen Reihe von Meilensteinen der China-KK.
Der philosophische und gesellschaftliche Hintergrund ist stark ähnlich, wenn man Berufsfechter vor sich hat, die sich im Ernst schlagen müssen.
Dazu kommt, daß das menschliche Bewußtsein nunmal gewissen Schranken unterworfen ist - die Lösungen, damit umzugehen, erweisen sich in Ost und West als sehr ähnlich - nur sind unsere Quellen gut 300 Jahre älter.
Fechtergruß
1) Wir haben seit 2010 Zugang zu einer ganzen Reihe von Meilensteinen der China-KK.
2) Der philosophische und gesellschaftliche Hintergrund ist stark ähnlich, wenn man Berufsfechter vor sich hat, die sich im Ernst schlagen müssen.
3) Dazu kommt, daß das menschliche Bewußtsein nunmal gewissen Schranken unterworfen ist - die Lösungen, damit umzugehen, erweisen sich in Ost und West als sehr ähnlich - nur sind unsere Quellen gut 300 Jahre älter.
Fechtergruß
Richard,
1) Ein reger (kultureller) Austausch und gründliche Arbeit von Sinologen bestand doch seit geraumer Zeit, schon lange vor 2010?! Versteh mich bitte nicht falsch, ich versuche keineswegs dein Statement zu entkräften. Ich frage mich nur, ob und was du weißt, was ich nicht weiß :)
2) Klar, wenn es um's Kämpfen geht, muss gekämpft werden und nichts anderes. Da Europa aber eine andere gesellschaftliche Sozialstruktur und einen anderen religiösen Hintergrund (damit einhergehende spirituelle/evtl esoterische oder okkulte Strömungen oder Praktiken) aufwies, meinte ich weniger die eigentliche Kampfsituation, als vielmehr das "drum herum" (um es kurz zu sagen) - also bspw. den Umgang mit Tradition, (Klan)-Loyalität, Austausch oder Geheimhaltung des eigenen Systems, Zuschreibung der Kampfesfähigkeit auf eine göttliche Inspiration etc.
Wie gesagt, da kenne ich mich nicht aus, eigentlich eine Schande, seine eigene Heimat so wenig ergründet zu haben! :D
3) Da ist mir nicht ganz klar auf was Du inhaltlich eingehst - insbesondere die von Dir angesprochenen Quellen. Die Unterschiede zwischen "Ost" und "West" sind in ihren Details aber extrem groß.
Du hast bessere Quellen als Hörensagen für Begegnungen, Training und Fertigkeiten im 17. Jahrhundert ? Interessant. Wenn 1970 mehrere Leute einen Boxkampf von Ali schriftlich beschrieben hätten, wäre das als Grundlage um die Fertigkeiten von Ali zu beurteilen völlig ungeeignet, auch wenn die nicht mal absichtlich gelogen hätten. Lediglich Trainingsmethoden die schriftlich festgehalten worden wären, würden etwas über die jeweilige Zeit aussagen.
Mir reicht schon das was ich selbst kennengelernt habe, ob man "damals" noch schlechter war ist für mich uninteressant. Die Geschichten von Schlange und Igel werte ich als Folklore und keinen ernsthaften Mythos, da brauche ich nicht "aufräumen".
Ein Mythos wäre für mich, dass man nach X Jahren intensiven bzw. auch extensiven Trainings an der Basis gewisse Fertigkeiten entwickelt, die einen geradezu artistischen Umgang mit den Notfallmechanismen des Körpers erlauben - wenn das nicht stimmen würde. Tut es aber. Andere Mythen vom Kampf gegen 100 bis an die Zähne bewaffnete Piraten etc. pp. interessieren mich nicht, da höre ich gar nicht hin.
Ist es nicht manchmal auch nur ein schönes Gefühl an einen Mythos zu glauben, ganz egal ob er war ist oder nicht? :)
Ganz der Einstellung, dass die Wahrheit zwar wahr, aber das Erfundene mehr Kraft gibt.
Ich denke, sogenannte "Heldentaten"(/Mythen) waren damals wie heute ein motivierendes Instrument für Soldaten und Krieger im Kampf (was wiederrum zum Teil ein Spiegel der damaligen Gesellschaft und den verbundenen Werten sein kann).
Wenn man nicht dran glauben mag, ist das auch ok. Aber wenn man dran glaubt, so kann dies doch einiges an mentaler Stärker mit sich bringen!
Ich glaube nur an die (emotionale) Wahrheit, und kann jedem nur ganz dringend raten das ebenfalls so zu handhaben. Kennt man sie nicht, "weiss" man sie auch nicht. Man kann sich nicht schlimmer das Leben kaputt machen als a) an was zu glauben von dem man selbst weiss dass es nicht stimmt, und b) sich selbst zu hassen / malträtieren / negativen Gefühlen bedenken. Sich der Wahrheit auszusetzen ist auch eine Gepflogenheit zumindest mancher daoistischer Gemeinschaft. Wenn sie so ist, ist sie halt so. Man lernt mit sowas umzugehen, was einem zumindest unsinnige Auswege erspart.
Off-Topic:
Ich glaube nur an die (emotionale) Wahrheit, und kann jedem nur ganz dringend raten das ebenfalls so zu handhaben. Kennt man sie nicht, "weiss" man sie auch nicht. Man kann sich nicht schlimmer das Leben kaputt machen als a) an was zu glauben von dem man selbst weiss dass es nicht stimmt, und b) sich selbst zu hassen / malträtieren / negativen Gefühlen bedenken. Sich der Wahrheit auszusetzen ist auch eine Gepflogenheit zumindest mancher daoistischer Gemeinschaft. Wenn sie so ist, ist sie halt so. Man lernt mit sowas umzugehen, was einem zumindest unsinnige Auswege erspart.
Klaus, prinzipiell sehe ich das genau so. Doch ich kenne genügend Leute, die mit der Realität nicht klar kommen und das auch bewusst so kommunizieren...was wäre dein Rat für solche Menschen?
Off-Topic, but: Kleine Schritte. GANZ kleine. Und sich in Ruhe lassen wenn nicht gleich alles geht. Keine Brechstange, keine Wutanfälle, keine Niederträchtigkeiten an sich selbst. Selbstliebe. Klingt leicht, ist es nicht, nur der Anfang. Viel rumsitzen, am besten im Garten o.ä., und erlauben dass was nötig ist von innen kommt. Ich weiss vorher auch nie was jeweils am wichtigsten ist, oder die "Lösung". Man muss die Knoten nicht wissen, damit sie von innen gelöst werden, da ist zum Glück was in einem was die kennt. Man muss aufhören zu ziehen, das ist das Geheimnis.
Richard22
01-02-2012, 12:29
Ihr seit offenbar nicht gewohnt mit Quellen zu arbeiten, was Schade ist.
Zu Klaus: Willst Du noch mehr "kämpfende Handballer"? Lese doch mal erst mal ein paar Quellen, bevor Du deine religiöse Sicht der Dinge formulierst.
Fechtergruß
taiwandeutscher
01-02-2012, 12:32
Kannst Du Chinesisch lesen? Vielleicht auch 文言文?
Oder bist Du einer jener Sek.-Lit.-Fanatiker?
Richard22
01-02-2012, 12:34
Wie ich tippte, es gibt den Vorzug von Übersetzungen.
Fechtergruß
taiwandeutscher
01-02-2012, 12:36
Ach, daher stammen Deine so tollen Interpretationen der Interpretationen der...
@ Klaus: Ich danke Dir deine Erfahrung mit mir geteilt zu haben!
@ Richard: Die Unterstellung, dass "wir" es nicht gewohnt sind mit Quellen zu arbeiten, ist erstaunlich.... .
Mehrere Male fragte ich in diesem Thread nach gestützten Argumenten und wollte deine Quellen wissen, die Du anscheinend für sehr bedeutungsvoll hälst.
Es ging mir darum vielleicht Neues zu entdecken und zu lernen. Wir sind doch in diesem Forum, um eben DAS zu machen, oder etwa nicht?
Dazu gehört auch eine geregelte (objektive!) Diskussion mit respektvollem Umgang, sowie Argumente und Quellen (denn das ist auch im Sinne wissenschaftlichen Arbeitens, dass Quellen hinterfragt werden - wenn wir schon mal beim Thema sind).
Leider nanntest Du mir keine fundierten Argumente (was auch schade ist).
Meine Fragerei soll keineswegs Respektlosigkeit, Misstrauen oder ein Angriff auf Deine Person (o. ä.) sein. Ich erhoffte mir nur einen sachlichen Austausch.
T. Stoeppler
01-02-2012, 19:28
Ich finde es immer wieder spannend, wie gut sich manche "Traditionalisten" doch mit den Klassikern und Quellen auskennen und damit arbeiten.
Jemanden wie z.B. unseren Taiwandeutschen kann man sicher nicht vorwerfen, sich mit den historischen chinesischen Quellen NICHT auszukennen...
Es gibt auch genügend Menschen, die "blind" glauben, was man ihnen vorsetzt. Aber die alle pauschal über einen Kamm zu scheren ist hier einfach fehl am Platze.
Gruss, Thomas
rudongshe
01-02-2012, 21:19
Grundsätzlich ein Problem.
Ich finde Texte/Quellen sind auch Lehrer oder können es sein. Aber Texte interpretiert man immer nur mit der Erfahrung (auch durch den leibhaftigen Lehrer).
Wahrheit kann drinstecken, aber man versteht sie nicht immer.
Ich habe das Buch von Rainer Landmann gelesen und fand es sehr hilfreich für das Verständnis. Einmal war es nicht nur Yang-Tradition, ich hab Dinge ausprobiert und für mich verstanden. Aber immer auf der Grundlage des mir möglichen.
Textgüte und Trainingsstand arbeiten zusammen. Da ich kein Sinologe bin, muss ich mich auf Übersetzungen "verlassen" oder ich kann mir Texte schenken. Was ich schade fände.
Auch Texte müssen Überprüfbar sein. Was habe ich davon, wenn in einem "alten" Text die Methode XY beschrieben wird, ich sie aber nicht umsetzen kann? Und mit Worten kann man sowieso die Welt neu erschaffen.
Was man Beweisen kann zählt!
Zurück zum Thema! Der Mainstream praktiziert kein traditionelles Tai Chi mehr. Das müsste eigentlich jedem, der sich mit Tai Chi befasst, klar sein. Wie also, kehrt man die Wahrheit wieder um? Oder wie weit lässt man es zu, mit den Tai Chi Prinzipien zu Experimentieren und darf das dann auch noch traditionelles Tai Chi nennen?
Gruß
Hongmen
Hongmen, danke dass Du zum Ursprung des Threads lenkst :)
Jetzt ist es mir etwas klarer was Du meinst.
Zum Begriff des traditionellen hatte ich ja extra eine Definition gepostet. Ich weiß nicht, in wie weit wir diese weiter verfolgen wollen. Meinetwegen können wir uns auch davon weg bewegen und eine eigene Begriffsdefinition aufstellen. Wäre halt die Frage, ab wann für dich etwas zur Tradition gehört und ab wann es sich davon weg bewegt bzw. explizit nicht mehr zugehörig ist?
Dann gäbe es da noch das "Experimentieren". Ich denke, die Art und Weise wie experimentiert wird findet ihre Ursache in der Intention der Ausübenden. Je nach dem welche Werte bzw. Prioritäten sie sich setzen, entspricht das dann auch der Übung und demnach auch der "endgültigen" Form. Dies kann natürlich unzählige Formen haben.
Oliver 101
02-02-2012, 11:49
Ach, daher stammen Deine so tollen Interpretationen der Interpretationen der...
:megalach:
Kamenraida
02-02-2012, 12:43
Grundsätzlich ein Problem.
Ich finde Texte/Quellen sind auch Lehrer oder können es sein. Aber Texte interpretiert man immer nur mit der Erfahrung (auch durch den leibhaftigen Lehrer).
Wahrheit kann drinstecken, aber man versteht sie nicht immer.
Ich habe das Buch von Rainer Landmann gelesen und fand es sehr hilfreich für das Verständnis. Einmal war es nicht nur Yang-Tradition, ich hab Dinge ausprobiert und für mich verstanden. Aber immer auf der Grundlage des mir möglichen.
Textgüte und Trainingsstand arbeiten zusammen. Da ich kein Sinologe bin, muss ich mich auf Übersetzungen "verlassen" oder ich kann mir Texte schenken. Was ich schade fände.
Gut gesagt. Danke.
Zu Hong und zur Frage der Tradition. Das "Gesundheits-Taichi", das du und viele hier immer so bashen, gibt es, zumindest hier im Westen, etwa seit den 70er Jahren. Jedenfalls verbreitet es sich seitdem. Das sind gut 40 Jahre - das reicht meiner Meinung nach, um es ebenfalls eine Tradition zu nennen.
Darum finde ich, dass man mit dem Label "traditionell" nicht mehr weiterkommt.
Im übrigen gibt es ja ein paar Organisationen im Yang-Stil, die groß auf ihre Türen schreiben, dass sie "traditionelles" oder "authentisches" Taichi machen.... behaupten kann das also sowieso erst einmal jeder.
Oliver 101
02-02-2012, 13:16
@ Richard: Die Unterstellung, dass "wir" es nicht gewohnt sind mit Quellen zu arbeiten, ist erstaunlich.... .
Mehrere Male fragte ich in diesem Thread nach gestützten Argumenten und wollte deine Quellen wissen, die Du anscheinend für sehr bedeutungsvoll hälst.
Es ging mir darum vielleicht Neues zu entdecken und zu lernen. Wir sind doch in diesem Forum, um eben DAS zu machen, oder etwa nicht?
Dazu gehört auch eine geregelte (objektive!) Diskussion mit respektvollem Umgang, sowie Argumente und Quellen (denn das ist auch im Sinne wissenschaftlichen Arbeitens, dass Quellen hinterfragt werden - wenn wir schon mal beim Thema sind).
Leider nanntest Du mir keine fundierten Argumente (was auch schade ist).
Meine Fragerei soll keineswegs Respektlosigkeit, Misstrauen oder ein Angriff auf Deine Person (o. ä.) sein. Ich erhoffte mir nur einen sachlichen Austausch.
Wo kämen wir denn da hin, wenn wir hier solche Maßstäbe an die Diskussionen anlegen würden?
Ich glaube du vergisst, dass wir uns hier in einem Internetforum befinden. ;)
Wo kämen wir denn da hin, wenn wir hier solche Maßstäbe an die Diskussionen anlegen würden?
Ich glaube du vergisst, dass wir uns hier in einem Internetforum befinden. ;)
Ah! Ganz vergessen! Danke - oder vielmehr......was fällt Dir ein meine Gedächtnislücken öffentlich anzusprechen?!!!:p
Richard22
02-02-2012, 16:47
Gott der Gerechte.
Soll ich jetzt die Quellen von Chen, Yang, Qi Jiguang, Cheng Zong You, das Bubishi usw. hier alle vorstellen?
Alle diese Texte sind überprüfbar, Hong.
Was haben Taiwandeutsche mit klassichem Chinesisch zu tun? Nach dieser Logik dürfte ich als Engländer auch nicht mit Johannes Liechtenauer und Hans Talhoffer arbeiten - das schrammt schon knapp am Rassismus vorbei - - -
Das ist eine reine Konsumentenhaltung, die hier vorgelebt wird. Ihr müßt schon selber lesen und auslegen.
Thomas Stoeppler ist der einzige in diesem Taiji-Forum, von dem ich tatsächlich weiß, das er mit Quellen arbeitet.
Die meisten Leute im Taiji, die ich traf, wissen nicht einmal, das es Quellen gibt. Kein Witz.
"Gesundheits-Taiji", also Gesundheits-KK, gab es schon im 16. Jhd, Qi Jiguang kommentiert das und hält es für eine üble Erscheinung. Was in D-Land verkauft wird (für zum Teil nicht beträchtliche Summen) ist keine Überlieferung, sondern meistens noch nicht einmal Hörensagen - Dichtung ist der freundlichste Ausdruck, der mit dazu einfällt.
Das "neue" am Taiji ist ja nicht der Bewegungs-Kanon, das ist klassisches Gong Fu (weshalb ja Chen Wangting als alter Soldat seine "neue" KK auf Ji Qiguangs Bewegungen gründet). Neu ist die Kopplung von Innere Alchemie und Gong Fu als ein taktisches Konzept.
Die einzige echte Überlieferung/Tradition im Taiji ist der Chen-Clan. Das muß man nicht mögen, ist aber Tatsache. Ob die Chen's dem noch gerecht werden, das ist eine andere Frage.
Was Hong Experimentieren mit den "Taiji-Prinzipien" nennt (das Wort Taiji kommt nachweislich von den Konfuzianern, wir tippen aber eigentlich ausschließlich vom philosopisch-mystischen Daoismus) ist ganz klar ein völlig normaler Lernschritt. Jeder Lehrende muß diesen Weg einmal gehen. Macht man es nicht, hat man außer Nachbeten keine Inhalte zu Verfügung.
Fechtergruß
Gott der Gerechte.
Soll ich jetzt die Quellen von Chen, Yang, Qi Jiguang, Cheng Zong You, das Bubishi usw. hier alle vorstellen?
Nein, nur die für die Diskussion/Argumente relevanten. Sofern ich mich erinnere war der Ausgangspunkt über den "Streit der Quellen" der, dass Du auf Quellen hier zu Lande hingewiesen hast, die 300 Jahre älter (als was auch immer) sind. Daher rührte meine Nachfrage, welche Quellen Du meinst und welchen Argumenten Du damit nachgehst.
Deine Aussage war, dass Qi Jiguang bereits alles beschreibt, was wir heute erleben, richtig? Und dann sagtest Du, dass das menschliche Bewusstsein gewissen Schranken unterworfen ist und die Lösung damit umzugehen in West und Ost gleich sei, nur "unsere Quellen" rund 300 Jahre älter seien.
Eben darauf bezog sich auch meine Frage.
Was haben Taiwandeutsche mit klassichem Chinesisch zu tun? Nach dieser Logik dürfte ich als Engländer auch nicht mit Johannes Liechtenauer und Hans Talhoffer arbeiten - das schrammt schon knapp am Rassismus vorbei - - -
Von Rassismus war hier nie die rede und sollte es auch nicht! Ich denke da liegt ein Irrtum vor.
Das ist eine reine Konsumentenhaltung, die hier vorgelebt wird. Ihr müßt schon selber lesen und auslegen.-
Inhaltliche Nachfragen stellen für mich keine 'Konsumentenhaltung' dar. Zudem ist die Frage nach Konsum ein sehr ergiebiges und diskutables Thema. Weiterhin den Hinweis zu geben, selbst zu lesen und auszulegen scheint mir für ein Forum nicht hilfreich.
Thomas Stoeppler ist der einzige in diesem Taiji-Forum, von dem ich tatsächlich weiß, das er mit Quellen arbeitet.
Deswegen bitte keine Beurteilung über "uns".
Die meisten Leute im Taiji, die ich traf, wissen nicht einmal, das es Quellen gibt. Kein Witz.
Demnach gleich eine auf uns projizierte Quantifizierung zu machen halte ich ebenso für unangebracht.
"Gesundheits-Taiji", also Gesundheits-KK, gab es schon im 16. Jhd, Qi Jiguang kommentiert das und hält es für eine üble Erscheinung. Was in D-Land verkauft wird (für zum Teil nicht beträchtliche Summen) ist keine Überlieferung, sondern meistens noch nicht einmal Hörensagen - Dichtung ist der freundlichste Ausdruck, der mit dazu einfällt.
Ich denke auch zur damaligen Zeit gab es KK-ler mit weniger verurteilenden Ansichten gegenüber Gesundheitspraktiken in der KK.
Das "neue" am Taiji ist ja nicht der Bewegungs-Kanon, das ist klassisches Gong Fu (weshalb ja Chen Wangting als alter Soldat seine "neue" KK auf Ji Qiguangs Bewegungen gründet). Neu ist die Kopplung von Innere Alchemie und Gong Fu als ein taktisches Konzept.
Diese 'Erfindung' ist auch schon eine Weile her... .
Die einzige echte Überlieferung/Tradition im Taiji ist der Chen-Clan. Das muß man nicht mögen, ist aber Tatsache. Ob die Chen's dem noch gerecht werden, das ist eine andere Frage.
Bist Du sicher? (Hier wäre z.B. ein Hinweis auf eine fundierte Quelle ganz nützlich)
T. Stoeppler
02-02-2012, 19:53
Hallo Richard,
Thomas Stoeppler ist der einzige in diesem Taiji-Forum, von dem ich tatsächlich weiß, das er mit Quellen arbeitet.
Das liegt einfach daran, dass wir uns persönlich kennen, während Du die Forenuser hier wahrscheinlich nicht persönlich kennst. Ich kenne ein paar davon und daher weiss ich auch, dass denen die Klassiker durchaus gut bekannt sind.
Was haben Taiwandeutsche mit klassichem Chinesisch zu tun?
Ich meinte den User "Taiwandeutscher" - der kennt sich ziemlich gut mit den Quellen aus.
Die meisten Leute im Taiji, die ich traf, wissen nicht einmal, das es Quellen gibt. Kein Witz.
Das trifft sicher auf viele zu, aber ich hatte da scheinbar mehr Glück. Hier gibt es einige User, manche ziemlich inaktiv, die eine ganze Menge "Reverse Engineering" betrieben haben, mithilfe der Quellen.
"Gesundheits-Taiji", also Gesundheits-KK, gab es schon im 16. Jhd, Qi Jiguang kommentiert das und hält es für eine üble Erscheinung.
Kannst Du die Quellenstelle dafür zitieren? Welches "Gesundheits-Taiji" war da gemeint? Also ganz sicher nicht das Taijiquan der Chens.
Gruss, Thomas
Hundertzehn
02-02-2012, 20:54
Naja, historisch gesehen schreibt Qi Jiguang im 16. Jhd. ja schon alles, was wie heute erleben - KK verändert sich nunmal nicht. Dazu müßte sich erst das Genom des Menschen weiter verändern. Wir sind aber seit gut 30 000 Jahren recht stabil.
Wir haben seit 2010 den unglaublichen Vorteil wirkliche Quellen aus dem Chinaraum zu haben - es ist schon kraß mit wie vielen Mythen da aufgeräumt wird.
Ich kenn ja nur die üblichen "Klassiker", also die Texte von (jaja, angeblich, ich weiß) Chan San Feng, Wang Tsung Yueh etc. (und die auch nur in Übersetzung, weil ich kein chinesisch kann) - was ist denn da seit 2010 an Quellen dazugekommen, die deiner Meinung nach für den Taijiquan-Übenden interessant sind? Und wo kriegt man die (in deutscher, englischer oder zur Not auch französischer Übersetzung) her?
Das liegt einfach daran, dass wir uns persönlich kennen, während Du die Forenuser hier wahrscheinlich nicht persönlich kennst. Ich kenne ein paar davon und daher weiss ich auch, dass denen die Klassiker durchaus gut bekannt sind.
Ich beschäftige mich tatsächlich ausgiebig mit Quellen, aber mag mich bei allzu abstrusen Interpretationen gar nicht dazu äussern. Rich ist da ein Spezialist. Da bin ich ganz beim Taiwandeutschen.
Jochen Wolfgramm
02-02-2012, 22:05
Ich beschäftige mich tatsächlich ausgiebig mit Quellen, aber mag mich bei allzu abstrusen Interpretationen gar nicht dazu äussern. Rich ist da ein Spezialist. Da bin ich ganz beim Taiwandeutschen.
Alter Rassist. :rotfltota
taiwandeutscher
03-02-2012, 00:02
Alter Rassist. :rotfltota
Lol, gut auch, dass es Dich gibt, Jochen!:thx:
Und den Frieden aus der Schweiz!:thx:
Richard22
03-02-2012, 15:44
Quellen in unseren Breiten: I33, GNM 3227a, Hans Talhoffers gesamtes Werk, 44A8, Salator Fabris ist auch sehr interessant, wenn auch recht spät, wir haben gut 60 Handschriften und, wenn ich mit korrekt erinnere, 5 gedruckte Werke.
Cheng Zong You ist historische ganz gut fassbar, seine beiden Bücher sind im Inet käuflich und extrem lesenswert. Cheng Zi Yi und You Da-You sind ebenfalls lesenswert.
San Feng ist wahrscheinlich eine literarische Erfindung des Yang-Clans.
Die Chen-Werke sollte ja allen hier bekannt sein.
Qi Jiguang - gibt es in verschiedenen Werken.
Thomas, im der Übersetzung des Bubishi in der Ausgabe von Roland Habersetzer findet sich auch ein Kapitel von Qi Jiguang, in dem er sich zur KK allgemein äußert, da er den Faustkampf als Grundlage für das Waffenüben (also Militär-KK) sieht.
Wenn Taiwandeutscher ein Nutzer ist, und nicht eine Abstammung, dann nehme ich selbstverständlich meinen Vorwurf des Rassusmus zurück.
Fechtergruß
Quellen in unseren Breiten: I33, GNM 3227a, Hans Talhoffers gesamtes Werk, 44A8, Salator Fabris ist auch sehr interessant, wenn auch recht spät, wir haben gut 60 Handschriften und, wenn ich mit korrekt erinnere, 5 gedruckte Werke.
Na, das ist doch mal was konkretes. wie gesagt, da ich mich in diesem bereich nicht auskenne, hatte ich nachgefragt. danke dir, damit lässt sich für mich bei gelegeneheit weiter arbeiten.
(Den Talhoffer (und die "Chronik alter kampfkuenste") hab ich zumindest schon mal gelesen - einer weniger ;) )
Thomas, im der Übersetzung des Bubishi in der Ausgabe von Roland Habersetzer findet sich auch ein Kapitel von Qi Jiguang, in dem er sich zur KK allgemein äußert, da er den Faustkampf als Grundlage für das Waffenüben (also Militär-KK) sieht.
das war jetzt zwar an thomas gerichtet, dennoch schalt ich mich einfach mal dazwischen.
das bubishi (auch von roland habersatzer) habe ich gelesen und steht auch in meiner bibliothek. habe es, da es ja nun mal zur sprache kam, gleich zur hand genommen. ich kann mich an kein solches kapitel erinnern und auch bei der durchschau ist mir nichts dergleichen unter gekommen - außer auf seite 21 unten (und seite 33, aber in diesem kontext unwichtig). aber auch da wird nichts in dieser richtung gesagt. erinnerst du dich vllt noch an die stelle die du meinst?
außerdem wird in dem buch vielfach darauf hingewisen, wie wertvoll die "damaligen kämpfer" das wissen um gesundheit und heilung fanden. demnach scheint die vereinbarkeit von gesundheitsaspekten und kampfkunst mir auch in dieser 'quelle' kein widerspruch zu sein.
zum buch von roland habersatzer allgemein:
das ist, wie der user taiwandeutscher schon schrieb, eine sek.-lit. und an einigen stellen eine sek.-lit. der sek.-lit.
habersatzer betont auch an einigen stellen wie unsicher manche aussagen auch sind (Lob an Habersatzer!). Daher sollte sowas mit vorsicht genossen, und erst recht mit doppelter vorsicht und bedacht weitergetragen werden.
Alte Schriften sollten kein Dogma für sein eigenes Wohl und Übel sein. Siehe die Bibel!
Man kann aus alten Schriften lernen, ohne Zweifel. Aber man muss sie mit dem "hier und jetzt" in Einklang bringen können.
Hongmen
Alte Schriften sollten kein Dogma für sein eigenes Wohl und Übel sein. Siehe die Bibel!
Man kann aus alten Schriften lernen, ohne Zweifel. Aber man muss sie mit dem "hier und jetzt" in Einklang bringen können.
Hongmen
Du meinst damit, den historisch-kulturellen Kontext beachten und kritisch zu hinterfragen?
Wenn dem so ist: Das ist doch die normale Vorgehensweise?!
Ich bin zwar kein Bibelexperte, aber um bei deinem Beispiel der Bibel zu bleiben, wäre auch erwähnenswert, dass es diverse Exegesen gibt/gab.
- der Zeitgeist spielt(/e) eine Rolle (je nach Epoche wurde diese anders interpretiert), ebenso wäre der banale Unterschied zwischen philosophischem/historischen/institutionellen Christentum zu beachten. Weiterhin muss analysiert werden, wovon die Persönlichkeiten selbst beeinflusst waren, die zu ihrer Zeit "einflussreich" waren.
Diese Punkte zu beachten sind in meinen Augen Grundvorraussetzung, wenn man über solche Dinge spricht.
Richard22
04-02-2012, 17:55
Roland Habersatzer halte ich für vollkommen unwichtig (seine Arbeitsweise ist nicht sehr stichhaltig, denke ich), in der letzten Auflage des Buches (Bubishi) ist ein Kapitel des Qi Jiguang enthalten, übersetzt von einem Okinawaner, der sich mit klassischen Chinesisch beschäftigt (wenn ich mich recht erinnere Habersatzers Lehrer).
Das ist sehr interessant, neben den Bilddarstellungen zur waffenlosen KK von Qi Jiguang.
Doppelt interessant deswegen, weil Cheng Wangting ja auf der Grundlage des Werkes von Qi Jiguang sein Taiji entwickelte, von dem alle andere Richtungen heute abstammen.
Schon das Bubishi ist heute kaum bis gar nicht verstanden - obschon es offenbar die Wurzel der heutigen Karatestile ist.
Qi Jiguang wird offenbar ebenfalls nicht interpretiert, was ich schade finde.
Nag, Talhoffer ist High Tech KK, ihn zu lesen, also eines seiner fünf unterschiedlichen Werke, erscheint mir etwas oberflächlich. Wir fechten zuweilen nach seinen Stücken (mein Schwerpunkt ist Liechtenauer und I33), ein Stück einzuüben dauert zumeist einen Monat oder länger.
Hong, alte Schriften sind Dogmen - wozu sind sie sonst da? Sie auszulegen, das wiederum ist eine ganz andere Baustelle.
Gerade mit den historischen Quellen zur KK in unseren Breiten kratzen wir gerade erst an der Oberfläche - da werden noch 10 Jahre oder mehr in das Land gehen müssen.
Schön wäre, wenn man die Asia KKs genauso aufrollen würde, wie wir das Historische Fechten des Westens bearbeiten.
Es ist ja schon interessant, welche Quellen wir zur Asia-KK haben und welche Querverbindungen es gibt. Unter diesen Geschichtspunkt schmilzt dann vieles dahin, was heute als Stil gilt, oder als Besonderheit desselben.
Alleine der Kommentar Qi Jiguangs und Cheng Zong You zu dem Mißverständnis zu hart und weich, nördlich südlich, innerer und äußerer Stil im Gong Fu ist schon aufschlußreich.
Fechtergruß
Roland Habersatzer halte ich für vollkommen unwichtig (seine Arbeitsweise ist nicht sehr stichhaltig, denke ich), in der letzten Auflage des Buches (Bubishi) ist ein Kapitel des Qi Jiguang enthalten, übersetzt von einem Okinawaner, der sich mit klassischen Chinesisch beschäftigt (wenn ich mich recht erinnere Habersatzers Lehrer).
Das ist sehr interessant, neben den Bilddarstellungen zur waffenlosen KK von Qi Jiguang.
Na toll, Du hast warhscheinlich die 3. Auflage von 2009, richtig? Ich habe die von 2006, blöder Mist :narf:
Kein Wunder, dass ich mich nicht daran erinnern konnte dort sowas nicht gelesen zu haben... schade.
...wäre die Quelle von Anfang an transparent dargestellt gewesen, hätten wir uns einige Missverständnisse ersparen können... .
Nag, Talhoffer ist High Tech KK, ihn zu lesen, also eines seiner fünf unterschiedlichen Werke, erscheint mir etwas oberflächlich. Wir fechten zuweilen nach seinen Stücken (mein Schwerpunkt ist Liechtenauer und I33), ein Stück einzuüben dauert zumeist einen Monat oder länger.
Wie gesagt, hab's nur gelesen und bekenne mich frei dazu KEIN Experte in dieser Materie zu sein und würde es mir da auch nicht anmaßen mit reden zu wollen.
Schön wäre, wenn man die Asia KKs genauso aufrollen würde, wie wir das Historische Fechten des Westens bearbeiten.
(Du meinst wohl in Deutschland?!)
Stimmt - ist eine Frage der hiesigen Mentalität und Willenskraft... . Vermute aber, dass der Großteil, bis auf einen ausgewählten Personenkreis, gar nicht zu dieser "Arbeit" bereit ist.
Es ist ja schon interessant, welche Quellen wir zur Asia-KK haben und welche Querverbindungen es gibt. Unter diesen Geschichtspunkt schmilzt dann vieles dahin, was heute als Stil gilt, oder als Besonderheit desselben.
:D wohl wahr...
Genau. Und weil man verbissen historische Schriften "interpretiert", kann man 150% sicher sein dass man alles richtig macht, genau so wie Talhoffer es gewollt hätte. Fehlinterpretationen völlig ausgeschlossen.
Genau. Und weil man verbissen historische Schriften "interpretiert", kann man 150% sicher sein dass man alles richtig macht.
Fehlinterpretationen völlig ausgeschlossen.
Die Klassiker zu lesen schadet nicht, nützt allerdings praktisch gesehen auch nichts. Man muss dazu (die Übersetzung, die notgedrungen bereits eine Interpretation beinhaltet) interpretieren. Verstehen und richtiges Dazulernen kommt dabei nicht heraus, weil man nur das einem Bekannte in die Texte hinein interpretieren kann. Außerdem, wer sagt denn, dass ein bestimmter Text einen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, auf dessen Basis man also das Gesamtbild erkennen könnte und dann die Detailschlussfolgerungen daraus ziehen könnte?
Aus welchem Anlass die sogenannten Klassiker geschrieben wurden, weiß das jemand? Einträge ins Poesiealbum, ins Gästebuch? wer weiß...
Ich kann nur sagen, ich habe 11 Jahre in einer traditionellen Schule über die Methode von Vertiefungsstufen gelernt.
Daraus ergibt sich aber nicht, dass ich durch Worte allein etwas nützliches an 'Vonanderemüberzeugte` davon weitergeben könnte. Die Lehr/Lernmethode ist gar nicht dafür geeignet.
Shenming
05-02-2012, 09:17
Aber nun zum Hauptthema, Tradition: Ich habe Arnis gelernt, genauso wie andere in meiner Familie vor mir Arnis gelernt haben. Mein ersten Fotos neben Großmeister Ernesto Presas waren als ich drei Jahre alt war. Ich habe mit sechs Jahren mit dem Training angefangen. Ich habe sowohl mit meiner Familie, den Nachbarkindern als auch meinen Schulkameraden trainiert. Ich trainiere auch heute noch mit Filipinos & Deutschen Arnis. Ich denke, dass damit in das allgemeingültige Bedeutung von "Tradition" eintrifft. Weil ich Kampfkunst erlerne musste ich ebenhalt auch unter anderem Baybayin, die präkoloniale Schrift Luzons, erlernen und mich mit Mythologie, Geschichte und Gesellschaft auseinandersetzen.
Wer eine Kampfkunst erlernt, ist dazu bestrebt & verpflichtet das Erbe und den Werdegang seiner Vorgänger für die Nachwelt zu bewahren. Unabhängig davon welchen PR-Quark ein Li Xiaolong verzapft hat. Um Rizal zu zitieren: Wer nicht in der Lage ist, auf seine Ursprünge zurück zu blicken, ist auch nicht in der Lage, von der Stelle zu treten (Ang hindi marunong lumingon sa pinangalingan ay hindi makakarating sa paroroonan). Dies ist eine Wahrheit die unverrückbar & unmissverständlich ist. Dies macht einen Großteil der Kampfkunst aus, sei es bei der Wahl der Uniformen, den moralischen Prinzipien, den Übungen usw. Nicht nur ist man dazu verpflichtet die Techniken zu können, sondern muss sich auch für den Werdegang der Kultur interessieren & diesen erlernen. Für Asiaten dient diese Präservierung zum Einen als Andenken an die Zeit vor der Verwestlichung, aber gleichzeitig auch als Beweis für Stolz an die Kulturleistung und für viele auch als Ererbietung an die Vorfahren. Ein Prinzip das Xiào (孝) oder "kindliche Pietät" genannt wird. In diesem Sinne ehrt ein Kampfkünstler seine Ahnen, in dem er oder sie das Erbe der Vorgänger bewahrt & dient gleichzeitig den Kindern, die der Schatz der Gesellschaft darstellen. Kampfkunst ist insofern ein verbindlicher sozialer Vertrag.
Vor diesem Hintergrund machen auch traditionelle Trainingsmethoden Sinn, wobei allerdings geklärt werden sollte was traditionelle Methoden sind. Was im Westen & für den Westen auch oft gemacht wird sind Shows, gefüttert durch schlecht übersetzte Werke, schlecht recherchierende Journalisten, eine Copy-und-Paste Mentalität & geldgeile Schattenkrieger/-rentner aus Japan mit lila Haaren. Koppelt man dies mit diversen koreanischen Kungfu Meistern die einen zum Instantschwarzgurt hochgraduieren wenn man genug Geld zahlt zieht man einen sehr großen Pool an Leute an. Im Endeffekt hat keiner einen Plan was sie da machen sollen, die Lehrer sind nicht fertig, oder nicht vernünftig ausgebildete Personen & dadurch begibt sich das Ganze automatisch auf dem absteigenden Ast.
Wow, sehr schön geschrieben. Dein Text hat mich sehr beeindruckt und ich kann dir da nur mit bestem Gewissen zustimmen. Indem man die Tradition und den Werdegang, die Kultur und die gesellschaftlichen Hintergründe einer Kampfkunst vernachlässigt so vernachlässigt man auch die Kunst selbst. Ich bin der selben Meinung wie du, dass man ab dem Zeitpunkt eine Verpflichtung eingeht diese Aspekte der Kampfkunst hochzuhalten und auch irgendwann weiterzugeben sobald man sie erlernt.
Viele Grüße
Shenming
Jochen Wolfgramm
05-02-2012, 10:13
Ja, es ist schon eine Erleichterung so einen Post, wie den von Gaoli lesen zu dürfen. Danke dafür ...
T. Stoeppler
05-02-2012, 15:31
Politik ist hier fehl am Platze. Ich werde die Beiträge noch ein wenig stehen lassen, damit alle Betreffenden sie lesen können, sie dann aber löschen. Weitere politische Beiträge werden sofort kommentarlos gelöscht.
Back on topic - und danke auch für den themenbezogenen Beitrag von Gaoli.
Gruss, Thomas
taiwandeutscher
06-02-2012, 00:13
.
Richard22
06-02-2012, 13:36
Wow, Gaoli, das ist mal ein Beitrag mit Substanz, wie ich ihn gerne lese.
Gerade weil die Asia-Kultur so stark vom Hörensagen abhängt sind Quellen zum Thema KK unglaublich wichtig. Bei uns im Westen war das teilweise genauso, die Erscheinung des Historismus im 19. Jhd hat bei uns Unglaubliches an Desinformation hinterlassen. Wir müssen mit der historischen KK im Westen wirklich bei null anfangen und haben dies nun gut 10 Jahre getan. Langsam zeichnet sich ein Bild ab - bis wir dies wirkliche fechterisches und wissenschaftlich unterbauen können werden sicher noch 10 Jahre vergehen.
Interessant, Gaoli, das Qi Jiguang mit dem Mian-Zhang und der Affenfaust Stile nennt, die sehr nahe am kurzen Gong Fu nach der Art des Wing Tsun stehen. Auch im Wing Tsun pflegt man die Geschichte der Abstammung vom Weißen Kranich Stil und dem südliche Shaolin-Kloster (wie auch im Karate).
Der Einfluß des Konfuzianismus im Asiaraum ist stark, selbst die KP in China sattelt Kong Zi auf - in der KK, die viel mehr auf Gegensätzen aufbaut, als auf den gesellschaftlichen Normen des Kong Zi, findet man ein gewaltiges Fundament des philosophisch-mystischen Taoismus.
Für mich sehr interessant sind auf die 32 Bewegungen des Qi Jiguang, die er, als Praktiker, für umfasssend hält. Den größten Teil davon findet man noch heute im Taiji in den Formen. Diese aufzurollen ist zur Zeit mein Anliegen.
Zum Kontext:
Was hier gerne übersehen wird ist das Werke wie das Buch des Qi Jiguang oder die beiden Bücher von Cheng Zong You für die Ausbildung des Militärs geschreiben wurden - also fern jeder schöngeistigen Theorie sind.
Taiji entstammt der militärischen KK - also haben wir hier einmalige Gelegenheiten sozusagen den Blick auf die Entstehung des Taiji zu werfen - ohne fast 300 Jahre Clangeschichte, die eher verhüllt und verbirgt als offen zu legen und zu bewahren.
Wäre es anders wäre nicht ein solcher Niedergang der China-KK zu beobachten.
Fechtergruß
PS: Zur Politik, Thomas ist hier Moderator und hat klare Ansagen gemacht - ich bin kein Freund der KP und halte einfach meine Finger dazu still. Ohne Moderation bricht nunmal gerne das Chaos aus.
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