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Vollständige Version anzeigen : Überblick und Kontrolle in Gefahrensituationen



cyenayb
11-02-2012, 17:46
Was mich an den Jason-Bourne-Filmen am meisten fasziniert hat war nicht seine Kampftechnik, sondern die Fähigkeit, in diversen Situationen (in Bahnhöfen, der Spion in Goa etc.) mögliche Gefahren und verdächtige Personen sehr früh zu identifizieren und entsprechend zu handeln.
Besonders interessant fand ich vor allem die Bahnhofsszenen im zweiten Teil, wo er die ganze Zeit es schafft den Überblick zu behalten.
Für die Leute hier, die den Film nicht geguckt haben, die Fähigkeiten die Bourne in den Filmen aufweist, ein paar Beispiele:

bemerken, dass sich eine bestimmte Person in einer großen Menschenmenge sehr kontrolliert und zielstrebig bewegt
in einer Menschenmenge bemerken, wenn er oder jemand anders verfolgt wird, und eine taktisch sinnvolle Lösung finden
sich während einer Flucht/Beschattung taktisch klug verhalten (Evakuierungsplan als Orientierungshilfe von der Wand reißen, Weg relativ weit im Voraus planen)
verborgene Waffen erkennen

Dieses Taktiktraining, wie immer man es nennen mag, finde ich sehr spannend. Wie professionelles Nahkampftraining prinzipiell aussieht kann ich mir ja vorstellen, aber sowas? Was wisst ihr darüber? Mich interessieren würde:

Wie heißt sowas genau? / in welche Bereiche lässt es sich aufteilen?
Wer lernt sowas wo? Können das nur 5-Millionen-teure-Spezial-Auftragskiller oder gehört das zu der normalen Personenschutzausbildung?
Lassen sich diese Fähigkeiten auch im zivilen Bereich erlernen und sinnvoll einsetzen?

Zu meiner Motivation: Ich würde gerne lernen, mich selbst und andere effektiv zu schützen (wobei ich natürlich nicht davon ausgehe, von einer Gruppe Auftragskillern verfolgt zu werden - nicht völlig hilflos zu sein wäre aber natürlich trotzdem nett. ;) ). Allerdings habe ich das Gefühl, dass eine reine Nahkampfausbildung nicht alles ist - ich hätte Angst, in unübersichtlichen Situationen schnell den Überblick zu verlieren.
Jetzt bin ich aber erst mal gespannt, was ihr zu meinen oben gestellten Fragen zu sagen habt.

Viele Grüße,
cyenayb

Sven K.
11-02-2012, 19:08
Das gehört in den Bereich der Wahrnehmungsschulung. Letztens kam
irgendeine "doofe" Doku über den MI6. Dort durchlief ein "Moderator" eine
Ausbildung zum "Spion". Da wurden ihm auch solche Aufgaben gestellt.
Beschatter erkennen, Attentäter lokalisieren und eben Wahrnehmungstest.
Er sitzt in der Kneipe, im Gespräch und soll sich Leute und deren Kleidung
merken. Dann sollte er sich noch in einer fremden Stadt "bewegen" ohne
Erkannt zu werden, Strecken zurücklegen ohne jemanden nach dem Weg zu
fragen usw.

Bourne schafft das nur weil es im Drehbuch steht. Da gehen Jahre an Training
voraus. ;)

Brodala
11-02-2012, 19:23
Ein gewissen Maß solchen Trainings empfehle ich allen meinen Schülern. Dazu kann ich dir die Audio CD von Blauer Tactical empfehlen - Stichwort "the mental edge", oder eben meine Kurse, Seminare (was auch sonst... ;) )

Letztlich geht es in diesem Kapitel des Selbstschutzes um die Analyse des predators, was dieser will, vor allem, was er nicht will und wie er versucht zu erreichen, was er will. Die Dynamiken derart Gesinnter müssen nicht an der Oberfläche liegen (Verhalten), lassen sich mit Übung aber wesentlich leichter identifizieren (vorrausgesetzt, der potentielle Delinquent macht Fehler - was er fast immer tut), wenn man weiß, wonach man suchen muss. Dazu gibt es natürlich eine Matrix, aber wie immer: alles kann funktionieren, nichts muss funktionieren - wir reden ja hier von Menschen.

Ein interessantes Thema, aber ich glaube das kommt noch schlechter an als "bevahioristisch basierter Selbstschutz" :)

MüderJoe
11-02-2012, 22:02
In "Gewalt, Schnitzer und gebrochene Kiefer" von Marc Macyoung gibt es das eine oder andere Kapitel das sich um Aufmerksamkeitstechniken und dementsprechende Übungen dreht.

Allerdings ist die deutsche Ausgabe nicht zu empfehlen, die Übersetzung ist grottenschlecht und die Aufmachung ein besserer Witz.

Pyriander
12-02-2012, 09:35
...wenn man weiß, wonach man suchen muss. Dazu gibt es natürlich eine Matrix, aber wie immer: alles kann funktionieren, nichts muss funktionieren - wir reden ja hier von Menschen.

Ein interessantes Thema, aber ich glaube das kommt noch schlechter an als "bevahioristisch basierter Selbstschutz" :)

Steter Tropfen höhlt den Stein; bei vielen kommt das nicht schlecht, sondern sehr gut an.

BTW. Wie ist es eigentlich mit Veröffentlichungen aus der ungefähren Ecke Blauer, gibt es da was an Schriftgut? Muss ja nicht von TB direkt sein..

Brodala
12-02-2012, 17:20
BTW. Wie ist es eigentlich mit Veröffentlichungen aus der ungefähren Ecke Blauer, gibt es da was an Schriftgut? Muss ja nicht von TB direkt sein..
:) "Aus der ungefähren Ecke" schließt ja mittlerweile eine ganze Menge ein.

Über das predator mindset kann man über Blauer Tactical Systems Inc | Welcome (http://www.blauerspear.com) zumindest unser BYOB Manual käuflich erwerben. Ich seh zu, dass ich die Tage (wahrscheinlich viele Tage) mal etwas vertiefend zu dem Thema in meiner Theorie-Sektion auf der HP schreibe.

Bisher ist da ja nur die Erkennen-Einführung: Brodala-Gruppe: Theorie (http://www.tobiasbrodala.com/Brodala_Gruppe/Theorie2.html)

Osmose Joe
12-02-2012, 17:30
Ich denke, Erfahrung ist die beste Schule. Nach fünfzehn Jahren als Ordner in Diskotheken und auf anderen Veranstaltungen fällt es mir schwer, mich zu entspannen, wenn ich mal privat irgendwo bin. Man beobachtet doch immer: Wie reden die Leute miteinander, agressives Auftreten, was haben sie in den Händen, wo gibt's Stress usw. das kann einem keiner beibringen. Und was Jason Bourne alles sieht, wenn er über den Bahnhof läuft, das sieht nur Jason Bourne, weil er's im Drehbuch gelesen hat. Der Rest gehört ins Reich der Legenden und Hollywood-Drehbücher...

Mr.Fister
12-02-2012, 17:54
Was mich an den Jason-Bourne-Filmen am meisten fasziniert hat war nicht seine Kampftechnik, sondern die Fähigkeit, in diversen Situationen (in Bahnhöfen, der Spion in Goa etc.) mögliche Gefahren und verdächtige Personen sehr früh zu identifizieren und entsprechend zu handeln.
ich kann dir jetzt leider nicht sagen, wie man jason bourne wird, aber das, was du da beschreibst, fällt im bereich des zivilen selbstschutzes am ehesten unter die stichworte awareness & avoidance.

wenn du ein wenig rumgooglest wirst du einiges an lehrreichem zeug finden, beispielsweise sowas:

Cultivating Awareness BFE Labs (http://bfelabs.com/2011/07/14/cultivating-awareness/#more-990)

A Primer on Situational Awareness (http://www.tacticalintelligence.net/blog/a-primer-on-situational-awareness.htm)

http://marcuswynne.posterous.com/situational-awareness-training-with-update-fr


mit ein wenig glück wirst du so auch was finden, wo drills oder spiele beschrieben werden, wie man sowas gezielt trainieren kann (siehe z.b. unter link 1 - games)

Trinculo
12-02-2012, 18:03
Gibt's eigentlich "Paranoia for Dummies" :)?


A Primer on Situational Awareness (http://www.tacticalintelligence.net/blog/a-primer-on-situational-awareness.htm)Besonders zu empfehlen. Stratfor sind nämlich besonders wachsam, besonders was Kundendaten und Hacker anbelangt :D

Aber am besten gefällt mir die Anzeige für den Free Urban Survival Mini-Course ... groß aufsprechen, aber noch nicht einmal "thief" richtig buchstabieren können :p

Der Text ist aber ganz o.k. :)

Deno
18-02-2012, 11:57
Besser als bzw. mind. genau so gut wie J. Borne in Sachen "Überblick und Kontrolle in Gefahrensituationen" finde ich persönlich J. Reese in Person of Interest (http://www.imdb.com/title/tt1839578/)..
-das Einzige was mich ein wenig stört an der Serie ist diese "McGyver-Mentalität", aus jeder Situation raus zu kommen :rolleyes::cool:
Ansonsten, meinerseits, aber durchaus zu empfehlen :)
Und für Michael Emerson ein maßgeschneiderter Charakter, wenn man ihn aus Lost kennt..

concrete jungle
22-03-2012, 10:24
Kam gestern auf DMAX (stets eine gute wissenschaftliche Quelle ;-)) eine Sendung ,,one man army" wo so special forces Typen gegeneinander antreten, eine coole Übung:
einen Tisch mit allerhand Krimskrams bedeckt, Tuch drüber, Prüfer zieht das Tuch weg, man muss sich eine Minute alles genau einprägen, Tuch kommt wieder drüber. Dann an eine Tafel und die gemerkten Dinge aufschreiben, wieder in einer Minute Zeit. Der Prüfer ballert dazu in die Luft, um den Probanden abzulenken.

Sah gut aus, der eine Special Forces Macker meinte, er kenne das aus seiner Scharfschützenausbildung. Vielleicht eine Übung für den Spotter?

Vielleicht eine Richtung, in der man so Übungen auftut.

Alex R.
22-03-2012, 11:24
Ich denke, Erfahrung ist die beste Schule. Nach fünfzehn Jahren als Ordner in Diskotheken und auf anderen Veranstaltungen fällt es mir schwer, mich zu entspannen, wenn ich mal privat irgendwo bin. Man beobachtet doch immer: Wie reden die Leute miteinander, agressives Auftreten, was haben sie in den Händen, wo gibt's Stress usw. das kann einem keiner beibringen. Und was Jason Bourne alles sieht, wenn er über den Bahnhof läuft, das sieht nur Jason Bourne, weil er's im Drehbuch gelesen hat. Der Rest gehört ins Reich der Legenden und Hollywood-Drehbücher...

Jo, sehe ich genauso und kenne ich genauso.

Jason Bourne ist in erster Linie Fiktion. Trotzdem gibt es Parallelen zur Realität. Mit genügend Übung (= Erfahrung) erkennt man Muster. Diese kann man nutzen. Fremde bewegen sich anders als Örtliche. Personen mit einem Ziel bewegen sich anders als z.B. Touristen, die einfach umher schlendern. Details sind entscheidend. Eine verschlossene Jacke bei 30 Grad im Schatten? Muss nix heißen, kann aber. Wichtig sind auch Gestik und Mimik. Man kann anhand der Mimik durchaus erkennen, ob derjenige, der mir da entgegen kommt, was von mir will oder nicht. Und auch, was er von mir will.

Um das zu erlernen braucht es vor allem Zeit und Aufmerksamkeit. Und ob man privat immer so aufmerksam sein will, steht auf einem anderen Blatt.
Es sollte zu einer guten P-Schutz-Ausbildung gehören, denn da wird es schnell wichtig.

defensiv
22-03-2012, 11:27
Google mal "Jeff Cooper" und "Color Codes".

gfrast
03-04-2012, 00:05
-

Seminarius
01-05-2012, 15:02
Jason Bourne sit ein mandchurian candidate, solche menschen gibt es wirklich.
Googlet mal nach Mk-Ultra, Operation Artichoke...

baston
08-05-2012, 14:35
Viele Menschen, die solche Dinge können, haben dazu eine Veranlagung. Ist mehr Fluch denn Segen. Ich habe, was Zahlen (und Zählen) angeht, Savantfähigkeiten, für die ich nie etwas tun musste. Ist eine ziemlich nutzlose Begabung, wenn man nicht gerade in einer entsprechenden Branche arbeitet. Trainieren kann man es sicherlich. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einem Marine in den USA, der Spotter in einem Scharfschützengespann gewesen ist. Der hat so einiges erzählt, was er da an Aufmerksamkeitstraining machen musste.

silberkatze
13-01-2013, 02:55
Ich denke, Erfahrung ist die beste Schule. Nach fünfzehn Jahren als Ordner in Diskotheken und auf anderen Veranstaltungen fällt es mir schwer, mich zu entspannen, wenn ich mal privat irgendwo bin. Man beobachtet doch immer: Wie reden die Leute miteinander, agressives Auftreten, was haben sie in den Händen, wo gibt's Stress usw. das kann einem keiner beibringen. ..r...

Würde ich so nicht sagen - aus dem NLP könnte ich einiges raus holen, was da nützlich wäre. Davon hatte ich zwar noch keine Ahnung - zumindest nicht bewusst - als ich noch als Türsteher gearbeitet habe, aber kombiniert mit meinen Erfahrungen von damals und Sachen aus NLP könnte ich schon ein "Programm" zusammenstellen womit man das auch anderen beibringen könnte.
(ein bisschen Talent muss man natürlich für alles selber mitbringen).

Schnueffler
13-01-2013, 03:29
Ich kann ihn verstehen!
Als Rettungsschwimmer liegst du auch nie vollkommen entspannt am Pool.

brandenburger
14-04-2013, 20:18
Selbstschutzes um die Analyse des predators, was dieser will, vor allem, was er nicht will und wie er versucht zu erreichen, was er will.

aber wie immer: alles kann funktionieren, nichts muss funktionieren



wirklich sehr gut. :halbyeaha