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Vollständige Version anzeigen : Pfeilgifte - Mythos oder nicht?



sbenji
12-02-2012, 10:53
Hi Leute,

ich stoße immer mal wieder darauf, dass 2 sehr bekannte Giftpflanzen früher in Europa als Pfeilgift in gebrauch waren. In wie weit ist die Verwendung von Pfeilgiften in den verschiedenen Epochen belegt? Und in welchen "Lebensbereichen" fanden diese Anwendung?

Trinculo
12-02-2012, 11:05
Versuch's mal hier: Giftpflanzen-Buch oder allgemeine und besondere Naturgeschichte sämmtlicher ... - Friedrich Berge, Victor Adolf Riecke - Google Bücher (http://books.google.de/books?hl=de&lr=&id=xchAAAAAcAAJ&oi=fnd&pg=PA3&dq=pfeilgift+eisenhut&ots=D5rtaKx9Jt&sig=ImDrIZZAox2cNvvNc-jYj9V0fBM#v=onepage&q=pfeilgift&f=false)

openmind
12-02-2012, 13:02
Willst Du jetzt ninjamäßig mit Blasrohr
auf dem Rücken durchs Dorf laufen? :D

ow877mIffZI&feature=related

Quanfa
12-02-2012, 14:13
Meine Lieblingsstelle ist die, wo die Ninjas eine Leiter bilden!

angHell
12-02-2012, 14:17
Boah, ist das schlecht.. openmind du solltest mal mehr Eastern schauen und nicht immer diese Amininjafilme.... :(

Für Anregungen:


http://www.kampfkunst-board.info/forum/f36/lieblingskampfszenen-filmen-tiger-cage-2-donnie-yen-vs-michael-wood-130117/




_

Mahmut Aydin
12-02-2012, 18:12
jetzt speziel in europa wüsste ich da nichts, aber in südamerika haben die ureinwohner pfeile sowohl fürs rohr als auch für den bogen mit einem froschgift versehrt. vom
phyllobates terribilis um genau zu sein, ein frosch hat genug gift im körper um 10 ausgewachsene männer zu töten.

die wurden allerdings nicht gehalten, da sie ihr gift durch ihr natürliches fütter bekommen. also durch verschiedenen insekten und milben.

----------

auch in mittelafrika wurden gifte von tieren verwendet. die schwarze mamba zum beispiel ihr gift wurde auf speere geschmiert.

itto_ryu
13-02-2012, 07:33
*räusper* Das ist American Fighter, das ist schützenswertes Gut fürs UNESCO-Weltkulturerbe bitteschön, ja! ;) Aus Asien kommen auch genug Schrottfilme nebenher :cool:



Zu Pfeilgiften sage ich nur: Steck die Klinge in ein totes Tier :D

gion toji
13-02-2012, 07:46
Tetanus

Loserchief
13-02-2012, 10:20
Zu Pfeilgiften sage ich nur: Steck die Klinge in ein totes Tier :D

+1
Fäulnisbakterien waren das supergift des europäischen mittelalters. Mehr hats auch garnicht gebraucht.
Pfeilspitze in den Misthaufen, eine leiche oder ne Sickergrube und schon is alles gut

domo77
13-02-2012, 11:01
+1
Fäulnisbakterien waren das supergift des europäischen mittelalters. Mehr hats auch garnicht gebraucht.
Pfeilspitze in den Misthaufen, eine leiche oder ne Sickergrube und schon is alles gut
ist aber für die jagt eher ungeeignet...
da eher diese lustigen Gesellen (http://de.wikipedia.org/wiki/Pfeilgiftfr%C3%B6sche). kommen leider in Europa nicht vor.
sicher gibt es aber auch in europa giftige pflanzen und tiere..evtl. pilze..ob die auf nem pfeil aufgetragen werden weiß ich nicht...
glaub eher nicht..wenn das gängige praxis gewesen wäre, hätte man davon schon gehört

Trinculo
13-02-2012, 13:27
..wenn das gängige praxis gewesen wäre, hätte man davon schon gehört

Man hat davon gehört, dazu mein Literaturtip am Anfang des Threads.

domo77
13-02-2012, 13:37
Man hat davon gehört, dazu mein Literaturtip am Anfang des Threads.

oh..den hatte ich nicht gesehen...hatte aber sicher nen anderen stellenwert als in südamerika oder australien.....

Loserchief
13-02-2012, 13:47
ist aber für die jagt eher ungeeignet...

ja ich bin jetzt eher vom schlachtfeld weniger von der jagd ausgeganen. Da waren "dreckige" pfeile ziemlich häufig weil man so dem feind mehr schaden konnte

Trinculo
13-02-2012, 14:22
oh..den hatte ich nicht gesehen...hatte aber sicher nen anderen stellenwert als in südamerika oder australien.....

Na ja, in Europa haben wir inzwischen Fortschritte gemacht und Feuerwaffen erfunden, daher hat sich das Wissen um Pfeilgifte nicht so bis in die Gegenwart gehalten.

domo77
13-02-2012, 14:23
Na ja, in Europa haben wir inzwischen Fortschritte gemacht und Feuerwaffen erfunden, daher hat sich das Wissen um Pfeilgifte nicht so bis in die Gegenwart gehalten.klingt logisch...könnte was dran sein..

yiquanberlin
13-02-2012, 18:18
Ein klassisches Pfeilmaterial in Europa war das Eibenholz (Taxus)…alle Teile der Eibe sind giftig, außer der roten Frucht. Der Kern der Frucht ist wiederum auch giftig.
Oft wurden wohl noch die Nadeln der Eibe in einen Sud eingekocht und die Pfeilspitzen darin getränkt…

bugei
13-02-2012, 22:15
Ein klassisches Pfeilmaterial in Europa war das Eibenholz (Taxus)…

Bist Du sicher, daß Du nicht Pfeil und Bogen verwechselt hast? Pfeile aus Eibe? Da hätte ich jetzt noch nix von gehört (was erstmal nichts bedeuten mag).

bugei

sbenji
13-02-2012, 22:17
Mit was ich einen Pfeil tunen könnte weis ich;)
Mich intressiert mehr das Historische:)

captainplanet
13-02-2012, 23:24
Pfeilgifte waren in Europa zur Jagd nie ein großes Thema. Im Buschland Afrikas gab es kaum Holz, aus dem man Bögen bauen konnte die Großwild rein physisch töten können. Im Regenwald Südamerikas hätten sie zwar das Holz gehabt, dafür war die Luftfeuchtigkeit so hoch daß das Holz niemals einen Trocknungsgrad erreicht hat der für den Bau starker, effizienter Bögen nötig war. Unter solchen Umständen macht es Sinn, Pfeile mit Gift zu beschmieren. Aber in Europa gab es diese Probleme nicht. Eiben und Ulmen wohin das Auge blickt und ein gemäßigtes Klima erlaubten es, Bögen zu bauen die auch große Tiere auf große Entfernungen ganz ohne Gift töten konnten.

Lg Georg

angHell
14-02-2012, 05:22
:kaffeetri


alles sehr interessant. :)

domo77
14-02-2012, 07:48
Ein klassisches Pfeilmaterial in Europa war das Eibenholz (Taxus)…alle Teile der Eibe sind giftig, außer der roten Frucht. Der Kern der Frucht ist wiederum auch giftig.
Oft wurden wohl noch die Nadeln der Eibe in einen Sud eingekocht und die Pfeilspitzen darin getränkt…

welche wirkung soll das haben?

kanken
14-02-2012, 09:22
Es enthält u.a. Taxol, das ein Mitosehemmer ist, da es den Abbau der Mikrotubuli hemmt.

Es kommt in der Medizin u.a. in der Krebstherapie und bei beschichteten Stents vor.

Als Gift bewirkt es Nervenschäden, Magen-Darm-Schädigungen, Herzschäden und Leberschäden. Symptome sind ein schneller Herzschlag, Übelkeit/Erbrechen, weite Pupillen und ein niedriger Blutdruck.

Schon eine Tee aus einer Handvoll Eibennadeln reicht um zu ziemlich üblen Schäden zu führen und es gibt immer wieder Kids die meinen man könne alles aus der Natur rauchen kochen und konsumieren um einen "Kick" zu erhalten. Aber für so etwas gibt es ja auch den Darwinaward.

Grüße

Kanken

T. Stoeppler
14-02-2012, 09:52
Eisenhut macht ganz vorzügliche Pfeilgifte.

Gruss, Thomas

bugei
14-02-2012, 12:18
@Kanken,

die Giftwirkung der Eibe ist schon so, wie von Dir beschrieben. Allerdings hätte ich so meine Zweifel, ob die Giftwirkung eines Pfeiles aus Eibenholz im Vergleich zur Verletzung durch den Einschlag des Projektiles irgendwie ins Gewicht fällt.

Wenn wir von Pfeilgiften im militärischen Einsatz hier in Europa reden, dann wird es sich wohl mehr oder weniger darauf beschränken, daß der geneigte englische oder walisische Bogenschütze seine Pfeile vor Gebrauch in die Erde gesteckt hat und damit beim "Empfänger" eine Blutvergiftung oder Tetanus ausgelöst hat. Dabei kann man noch trefflich streiten, ob man die Pfeile zwecks der infektiösen Wirkung vor Benutzung in den Boden gesteckt hat oder einfach deswegen, um sie schneller bei der Hand zu haben. Wer mal Pfeile aus einer Pfeiltasche ziehen mußte, wird mir wahrscheinlich Recht geben, daß es aus dem Erdreich schneller geht.
Ob man andere Gifte, wie aus Eisenhut etc. verwendet hat, ist mir nicht geläufig, wird auch in der mir vorliegenden Literatur für den europäischen Raum nicht erwähnt.
Evtl könnte man ja nochmal bei den Kollegen von Fletchers Corner (http://www.fletchers-corner.de) nachfragen


bugei

sbenji
14-02-2012, 12:21
Gerade ein Buch vom Toxikologen Lewin geliefert (eine Neuaulage) bekomen.und schon etwas darin gestöbert
Louis Lewin ? Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Louis_Lewin)

Laut Lewin kannten Griechen und Römer folgende europähische Völker die Gifte auf Distanzwaffen auftrugen auftrugen: Kelten, Gailier, Belgier, Dazier, Dalmatiner.

Später erwähnt er noch Pfeilgift bei den Germanen.
"Giftgenetzte" Schwerter bei den Angelsachsen (dies aus dem Beowulf Epos)

Auch interresant: eine Empfehlung aus dem 17jhd. Für den Nahkampf, eine (Pulver-)Kugel, aus versch Giften zu mischen.
Ziel: Reizung der Schleimhäute des Gegners. Und die Rezepturbesitzt zumindestens Potential auch selbst Tötlich zu wirken wirken.

Auch sollen Kugeln vergiftet worden sein, was Lewin zumindestens in der Wirkung aus versch Gründen anzweifelt.

@bugei

Das der Eibenschaft eine nennenswerte Giftwirkung entfaltet, bezweifle ich ebenso, wenn dann war das Gift (eingedickter Eibensud) aufgetragen.

kanken
14-02-2012, 12:59
Ich hab' auch nicht behauptet, dass es als Pfeilgift wirkt!
Das einzige was ich erklärt hab', war die Wirkung der giftigen Substanz in der Eibe. Ich schrieb ja selber "Tee" und nicht Pfeilgift...

bugei
14-02-2012, 13:34
Ich hab' auch nicht behauptet, dass es als Pfeilgift wirkt!
Das einzige was ich erklärt hab', war die Wirkung der giftigen Substanz in der Eibe. Ich schrieb ja selber "Tee" und nicht Pfeilgift...
Wollte ich Dir auch nicht unterstellen, sorry, falls das falsch rüberkam


Laut Lewin kannten Griechen und Römer folgende europähische Völker die Gifte auf Distanzwaffen auftrugen auftrugen: Kelten, Gailier, Belgier, Dazier, Dalmatiner.
Meinst Du mit Gailier die Gallier? (ja, die mit Obelix und so ;) )
Imho kann man nämlich Kelten, Gallier und Belgier kollektiv unter Kelten zusammenfassen..


Auch interresant: eine Empfehlung aus dem 17jhd. Für den Nahkampf, eine (Pulver-)Kugel, aus versch Giften zu mischen.
Ziel: Reizung der Schleimhäute des Gegners. Und die Rezepturbesitzt zumindestens Potential auch selbst Tötlich zu wirken wirken.
Will ich prinzipiell nicht in Abrede stellen, daß es sowas gegeben haben mag, würde ich aber für ein zweischneidiges Schwert halten: Die Schadenswirkung für den Benutzer dürfte genausogroß oder evtl. gar noch größer gewesen sein wie für den Gegner, nehme ich an.


Das der Eibenschaft eine nennenswerte Giftwirkung entfaltet, bezweifle ich ebenso, wenn dann war das Gift (eingedickter Eibensud) aufgetragen.
Vermutlich...

Imho sollten wir uns erstmal klar werden, von welcher Zeit wir hier reden. Das könnte die Debatte vereinfachen

bugei

T. Stoeppler
14-02-2012, 13:41
Auch interresant: eine Empfehlung aus dem 17jhd. Für den Nahkampf, eine (Pulver-)Kugel, aus versch Giften zu mischen.
Ziel: Reizung der Schleimhäute des Gegners. Und die Rezepturbesitzt zumindestens Potential auch selbst Tötlich zu wirken wirken.

Das ist aus Fiore dei Liberi´s Fechtbuch. Damit wird eine Stangenwaffe präpariert und es ist wirklich ein fieses Zeug.

Gruss, Thomas

sbenji
14-02-2012, 14:12
Da dort vom Rauch solcher Kugeln die rede ist...erkenne ich plötzlich die taktische Bedeutung von Rückenwind:ups:

Und Kalk wurd tw. von beiden Seiten so Massiv eingesetzt, dass keiner mehr etwas sehen konnte.:D (1284 im Konflikt zwischen Genua und Pisa.)

Auch nett:
Sturmfäßer im 30jährigen Krieg.Im Kern Pulver darum "Hagel" und ungelöschter Kalk.

bugei
14-02-2012, 17:47
Da dort vom Rauch solcher Kugeln die rede ist...erkenne ich plötzlich die taktische Bedeutung von Rückenwind:ups:
Da sprichst Du ein wahres Wort sehr gelassen aus...


Und Kalk wurd tw. von beiden Seiten so Massiv eingesetzt, dass keiner mehr etwas sehen konnte.:D (1284 im Konflikt zwischen Genua und Pisa.)

Auch nett:
Sturmfäßer im 30jährigen Krieg.Im Kern Pulver darum "Hagel" und ungelöschter Kalk.
Ungelöschter Kalk ist was Mieses, speziell in den Augen.
Allerdings dürfte er beim besten Willen nicht mehr in die Kategorie "Pfeilgift" gehören :D

bugei

Trinculo
14-02-2012, 19:15
Imho kann man nämlich Kelten, Gallier und Belgier kollektiv unter Kelten zusammenfassen..Also die Belgier bestimmt nicht, die Belger wahrscheinlich größtenteils ;)

captainplanet
14-02-2012, 19:23
Wie schon erwähnt, war Eibe als Bogenholz gebräuchlich, nicht als Pfeilholz. Da verwendete man gerne wolligen Schneeball, Hasel, Hartriegel und Kiefernspaltholz, gelegentlich auch Weide, Pfaffenhütchen und was sonst noch gerade Triebe bildet. Aber ein Eibenpfeil wurde meines Wissens nie gefunden. Würde auch wenig Sinn machen.

Pfaffenhütchen ist zwar ziemlich giftig, aber ich kann mir nicht vorstellen daß bei einem Treffer eine nennenswerte Menge Gift in die Wunde gelangt. Außer dem Eisenhut ist wohl keine europäische Pflanze giftig genug, um direkt auf Pfeile aufgetragen eine tödliche Wirkung zu erzielen. (Vielleicht aber, wenn man Gifte aus Pflanzen extrahiert und aufkonzentriert bevor man die Pfeile damit vergiftet.)

sbenji
14-02-2012, 19:41
(Vielleicht aber, wenn man Gifte aus Pflanzen extrahiert und aufkonzentriert bevor man die Pfeile damit vergiftet.)

Ich vermut, dass die Produktion ähnlich dieser verlief.
(Afrika nicht €uropähisch)
3rn0BfwVRtY
Die Pflanze ist übrigens Kardiotoxisch. Das Gift geht also aufs Herz.

bugei
14-02-2012, 19:50
Also die Belgier bestimmt nicht, die Belger wahrscheinlich größtenteils ;)

Hast recht, da war ein "i" zuviel :ups:

bugei

HDT.
14-02-2012, 20:17
Michael Wink schreibt in "Alkaloids: Biochemistry, Ecology and Medicinal Applications", daß die "Kelten" zur Herstellung von Pfeil- und Speergiften Extrakte aus den Nadeln und der Rinde der Eibe verwendeten. Quelle dafür ist mir nicht klar. Vielleicht aus Bisset, N. G., 1989, Arrow and dart poisons, J. Ethnopharmacol. 25:1.

Bei Plinius dem Älteren findet sich zum Thema noch das hier (http://www.perseus.tufts.edu/hopper/text?doc=Perseus:text:1999.02.0137:book=21:chapter =105).

sbenji
16-02-2012, 18:33
Zu den Giften. Verwendet wurden diese zur Jagd und selbstverständlich auch gegen Menschen.
zwei hocheffektive und verwendete waren:
versch Eisenhutarten und Weißer Germer
Bei Eisenhut sah die Herstellung wohl so aus, dass die Wurzel Gesammelt wurde und ein paar Tage in feuchter Umgebung gelagert. Die Wurzel wurde dann ggf mit etwas Wasse ausgepresst und die Waffe damit bestrichen. Das Aconitin war auch sonst ein geschätztes Mittel zur Scheidung sowie um kleinere Korrekturen in der Erbfolge vorzunehmen usw.
Entsprungen ist das Kraut wie sollte es anders sein: Dem Geifer des Cerberus.
Beim Weißen Germer wurde die ganze Pflanze ausgepresst und dann in der Sonne eingedickt. Die Gifte wurden zB in Rinderhörnern aufbewahrt.
Und auch andere Pflanzen wurden Verwendet (Oleander, Nachtschattengewächse, was da war)

Keltische, germanische und slawische Stämme verwendeten Pfeilgift also die Barbaren.

Gegenmaßnahmen zu der Zeit: es wurde einerseits versucht durch schlucken vermeintlicher Gegengifte dem Gift entgegen zu wirken oder (erfolgversprechender) Das Fleisch um die Wunde herauszuschneiden.

Dies machten auch die Jäger bei ihrer Beute.

Spuren der Verwendung gehen durch viele Epochen. Man hat auch ab und an Neues ausprobiert, so zB Menstruationsblut im Mittelalter oder eingedampfte Kröte (beides weniger erfolgreich.)

bugei
16-02-2012, 21:37
Gab also anscheinend in Europa wirklich Pfeilgifte, zumindest bis zum FrüMi,
ob zu Jagd- oder Kriegszwecken ist ja erstmal sekundär.
Hätte ich so nicht gedacht, hab bis jetzt immer das Schadenspotential metallener Pfeilspitzen für groß genug gehalten, aber vllt bin ich da ein wenig zu sehr auf den englischen Warbow fixiert gewesen.

bugei

sbenji
16-02-2012, 23:32
Einem geschickten Giftmischer und Waffenpräperierer sollte es tatsächlich möglich gewesen sein nur mit einem Kratzer zu töten.
Dies funktioniert, wenn eine ausreichende Menge des Giftes in der Wunde von der Pfeilspitze abgewischt wird.
Dafür kam von der Stärke nur Eisenhut in Frage.
Die kunst hierbei:

Eine geeignete Giftkonsistenz
Eine gute Giftqualität
Und das Gift muss geschickt auf der Waffe plaziert sein.

möglich und ist offenbar sogar geschehen.

Selbst wenn der Pfeil-Präperator nicht so geschickt ist, gibt es genügend Motivation den Pfeil zu vergiften:
eine Beschleunigung des Ablebens
eine Verletzung tötlich zu machen
dies zumindestens langfristig
oder halt nur das getroffene Gliedmaß oder den Körperbereich durch Schäden vom Gift "oder" Schmerz auszuschalten
oder zumindestens zu schwächen.


Der Gebrauch lies zwar nach, hielt aber zumindestens bis ins 16.Jhd an.

bugei
16-02-2012, 23:41
Einem geschickten Giftmischer und Waffenpräperierer sollte es tatsächlich möglich gewesen sein nur mit einem Kratzer zu töten.


Irgendwo* habe ich mal gelesen, daß die Buschmänner im südlichen Afrika angespitzte Federkiele als Pfeilspitzen verwenden und daß durch das von ihnen verwendete Gift tatsächlich ein Kratzer tötlich ist, sodaß sie keine stärker penetrierenden Pfeilspitzen benötigen

*Fragt mich bloß nicht, wo...

bugei

bugei
01-03-2012, 09:09
Bevor der Thread hier danz im Nirvana verschwindet:
Ich hatte vergangenen Herbst das zweifelhafte Vergnügen, blauen Eisenhut aus diversen Blumenbeeten meiner Liebsten zu "entsorgen".
Trotz Gummihandschuhen und Spaten hatte ich kurz nach der Aktion ein brennendes Gefühl an den Händen, leichtes Herzrasen und mir war schummerig im Kopf.
Hat sich alles nach ein, zwei Stündchen wieder gegeben, aber schön geht echt anders

bugei

Warjag
13-05-2012, 22:53
Pfeilgifte sind vor allem auch für die Frage des psychologischen Kriegsführung von wesentlicher Bedeutung. Wenn man weiß, dass die Pfeile die da auf einen abgeschossen werden giftig sind, so ist das psychologisch sehr wirksam, unabhängig von der tatsächlichen Wirksamkeit der Gifte selbst.

MFMMA
14-05-2012, 07:26
Ein Berufsschullehrer (Holtztechnik) hat uns mal ne Story von einem Schüler erzählt der sich ein Eibenholzschränkchen gebaut hat und das ohne Maske anzuziehen. Beim abschleifen, weil er das Ding beizen wollte hat er wohl den Staub eingeatmet und ist am Abend dann im Krankenhaus auf der Toxikologischen gelandet.
Fensterrahmen wurden ne Zeitlang auch aus Eibenholz gebaut, weil viele Schädlinge da auch nen Bogen drum rum machen, unabhängig davon dass es auch ein tolles Holz ist.
Laut Vorgaben aus dem Tabellenbuch für Holztechnik ist es auch nicht dazu geeignet Produkte herzustellen die mit Lebensmittel in Berührung kommen.
Hoffe das ganze ist nicht zu sehr off topic.

Warjag
14-05-2012, 09:43
Die Geschichte halte ich aufgrund des geringen Taxin Gehaltes im Holzstaub eines getrockneten Eibenbrettes für wenig glaubwürdig. Allgemein wird die Giftikgeit von Eiben falsch eingeschätzt. Man hat im Mittelalter massenweise Bögen aus Eibe gebaut, ohne dass dies irgendwo irgendwie zu Vergiftungen geführt hätte. Ein Bekannter von mir baut auch Bögen aus Eibe und hatte auch noch nie Probleme.

Im Endeffekt wirken in der Eibe verschiedene Giftstoffe: Das Alkaloid Taxin, das Glykosid Taxicatin, und eine gewisse Menge anderer Begleitalkaloide.

Das meiste Gift ist im Winter in den Nadeln enthalten, hier kann der Taxin Anteil bis zu 2 % betragen. Das bedeutet, dass ungefähr 50 Gramm Nadeln für einen Erwachsenen Menschen tödlich sind.

Taxin wird am besten vom Verdauungstrakt aufgenommen. Über die Haut gar nicht und über Wunden/Blut nur schlecht. Es wirkt primär auf das Herz und verursacht zunächst Bauchschmerzen, dann Erbrechen, schmerzhaften Durchfall, dann Versagen des Blutkreislaufes und starke Krämpfe, schließlich Tod.

Der Tod kann dabei durch Stillstand der Herzaktivität oder Stillstand der Atmung kommen. Bei schweren Vergiftungen (bspw nach 100 Gramm Nadeln) tritt der Tod nach ungefähr 1 Stunde ein. Bei gegen Taxin empfindlichen Menschen und einer sehr großen Menge Gift trat der Tod schon nach ungefähr einer halben Stunde ein.

Nun muß man sicher mal vor Augen führen, dass Nadeln recht leicht sind und das 100 Gramm Nadeln eine große Menge sind.

Das Taxin ist zudem nicht so stabil und unempfindlich. Wenn man irgendeine Art von Auszug oder Aufguss der Nadeln herstellt, geht dabei auch Taxin verloren. Ein Giftkonzentrat aus Eibe herzustellen ist daher gar nicht so leicht. Das ganze dann auch noch wirksam über eine längere Zeit zu lagern bzw auf Pfeilspitzen angebracht zum Einsatz zu bringen halte ich für unmöglich.

Anbei: als Kind habe ich massenweise Eibenbeeren gegessen. Man muss nur gründlich die Samen rauspulen, dann sind die Beeren essbar. Im Laufe mehrerer Jahre hatte ich dabei zweimal starke Bauchschmerzen und Durchfall (da habe ich wohl einen Samen übersehen).


Da hier bisher nur über Pflanzen gesprochen wurde, möchte ich noch auf die in Europa lebenden Vipernarten hinweisen, und aus Schlangen gewonnenes Gift als Pfeilgift als eine weitere Möglichkeit. Meiner Meinung nach mussten zudem Pfeilgifte nicht zwingend tödlich sein, es gehörte auch ein gehöriges Maß psychologische Kriegsführung dazu.

Es ist daher meiner Ansicht nach auch denkbar, dass bestimmte "Gifte" in Wahrheit nicht wirklich giftig waren, aber aus Aberglauben und magischem Denken heraus verwendet wurden. Man machte Waffen "giftig" indem man sie verfluchte, bestimmte Rezepturen auftrug, um damit dem Gegner auf (im Endeffekt magische Weise) zu schaden. Solche Besprechungen von Waffen und das Auftragen von unappetitlichen aber nicht wirklich giftigen Tinkturen (wenn man von der Wundinfektion mit Dreck absieht) ist für viele Fälle wo von Pfeilgiften gesprochen wird sehr wahrscheinich.

MFMMA
14-05-2012, 11:23
Dass die Beeren selbst nicht giftig sind wusste ich ich auch schon, aber ich kann mir nicht Vorstellen dass uns unser Berufsschullehrer Blödsinn erzählt hat. Und Vergleich mal nicht nen Bogen mit Schrank bauen. Kann mir schon denken wenn man den ganzen Tag im Holzstaub steht dass die Nummer schief gehen kann, wobei ich mich eines besseren belehren lasse.

OK. ALso ich neige mein Haupt in Demut... Hab mit nem Bekannten der die Ausbildung zu Ende gemacht hat gsmst und der meinte dass Eibe durchaus zu allergischen Reaktionen führen kann, dass aber eine Vergiftung durch den Eibenholzstaub sehr wahrscheinlich "nur" zu Magenkrämpfen, Durchfall, Herzrasen, Nasenbluten usw. führt. eine tödliche Vergiftung aber unwahrscheinlich ist, so lange man das Zeug nicht futtert, wobei die Aufnahme über die Schleimhäute definitiv Problematisch (wenn auch nicht lethal) ist. Und Besteck oder Schneidebretter werden definitiv aus oben genannten Gründen nicht aus Eibenholz gemacht.

Also Sorry für die Falsche Info.

bugei
14-05-2012, 12:11
Also ich weiß von diversen "Holzwürmern" aus meiner Bekanntschaft (sowohl Bogenbauer als auch Messermacher und Tischler), daß Schleifstaub vom Eibenholz (btw, auch von Robinie und diversen tropischen Hölzern) durchaus Probleme machen soll. Trockene Kehle, Durchfall, z.T. Atemnot und Kopfschmerzen etc. Ob das nun am Staub selbst liegt oder an der Aufnahme der geringen, im Staub enthaltenen Menge an Toxinen über die Schleimhäute, ist wohl ne andere Geschichte. Ich wäre trotzdem lieber ein bißchen übervorsichtig.
Das Herstellen von (Pfeil)giften aus der guten alten Taxus Baccata halte ich auch für recht unwahrscheinlich, das hat Warjag schon sehr gut rübergebracht. Ich habe aber irgendwo mal gelesen, daß teilweise aus den jungen Triebspitzen der Eibe Drogen für kultische Zwecke gewonnen wurden sein sollen. Blöderweise kann ich mich nicht mehr wirklich besinnen, wo ich die Info her hab und muß das ganze erstmal unter die Kategorie "gefährliches Halbwissen" einordnen


bugei