Vollständige Version anzeigen : BJJ Kopfsache...
thechriss86
13-02-2012, 04:57
Mal ein etwas "tieferes" Thema an die Grappler Veteranen
Klar ist Jiu-Jitsu ein sehr körperlicher Sport. Weiss noch mein erster Bodenkampf war damals anstrengender als ein 100 Meter Sprint.
Was mich seit langem Beschäftigt ist das "Inner Game" vom BJJ. Um es schnell auf den Punkt zu bringen: Was geht im eigenem Kopf beim rollen vor und was geht im Kopf des Partners vor?
Ich persönlich finde es essentiell dass man beim grapplen immer im Kopf hat was der Partner vor hat... Warum richtet er seinen Körper so aus etc.
Und was macht er als nächstes, wie kann ich des kontern etc.
Und so weiter wie kann ich ihn ablenken für nen schnellen half-guard pass, wie bereite ich mein Bridge-and-roll am besten vor (also mental)...
Freu mich auf eure Meinungen dazu ;)
Pushpress
13-02-2012, 05:55
Ich denke immer nur durchhalten,und warte auf eine chance.
ich habe vor kurzem ein wirklich passendes zitat in einem buch von saulo ribero gelesen ( das zitat an sich ist nicht von saulo selbst) :
"If you think, you re late. If you are late, you use strength. If you use strength, you tire. And if you tire , you die. "
dein körper sollte die bewegung fühlen und dann direkt reagieren. denn wenn du nur reagierst , ohne nachzudenken, hast du auch keine zeit emotionen wie wut oder angst oder sonstiges zu entwickeln. durch emotionen wirst du ebenfalls geschwächt.
jkdberlin
13-02-2012, 09:36
In meinem Kopf läuft beim Grappling eigentlich immer eine Stimme, die mich motiviert. Keine Technikansage, sondern eher so "hey, du hängst bei dem im Guard, willst du nicht mal langsam aufstehen und passen?...Side Control, wo bleibt der Angriff...jau, da wären wir, weiter so...jetzt nicht langsamer werden, beweg dich..."
Sowas in der Art ist bei mir immer beim Grappling an.
Shanghai Kid
13-02-2012, 10:46
Das Ziel ist vor allem aktiv zu sein und nicht reaktiv. Dahinzukommen allerdings sehr schwer.
Also eben nicht zu denken: "Was macht er als nächstes und was mch ich dann?", sondern:
"Duch meine Aktion muss er reagieren, ich weiss wie er reagieren kann und wenn er beginnt so zu reagieren, kommt schon meine passende Antwort darauf."
Ich denke das ist die Meisterstufe und zum Beispiel das was, meiner Meinung nach, Marcelo Garcia so stark macht.
Er sag das ja auch selbst... So schaut er sich zum Beispiel nie Fights seiner Gegner bei einem Turnier an, lediglich vielleicht mal den anfang, um zu wissen ob der andere eher Guard pulled, oder den Takedown sucht.
Er meint, dass er immer dem Gegner sein Game vorgeben will, dass dieser reagieren muss, nicht anders herum...
Ich kann gar nicht genau sagen was in meinem Kopf vorgeht (ist auch ein super Satz :D )
Habe den Kopf meistens frei von Gedanken!
Ich will mir auch gar nicht vorstellen, was mein Gegenüber jetzt vorhat oder auf was er sich vorbereitet. Ich will vielmehr versuchen mein eigenes Game zu machen, wenn das nicht funktioniert und vom Anderen gestört wird dann versuche ich mich gegen das von ihm bestmöglich zu wehren.
Das Ganze klappt natürlich manchmal mehr und manchmal weniger gut ;)
EDIT: mist, Shanghai Kid war etwas schneller (und hat es schöner formuliert) ;)
also bei mir läuft eigendlich immer sowas in der Reichtung ab:
wie kann ich meine "Position noch weiter verbessern" "was kann cih tun um den Arm jetzt nicht herzugeben" dabei lande ich dann doch häufiger in der Mount oder in der Sidecontroll und dann gibts ne art Stillstand weil einfach noch Grundlagen im submitten fehlen ... aber das kommt noch.
Wenn wir im Stehen anfangen ist es eher ein: wie bekomme ich ihn runter ohne dabei selbst in der Guard zu landen oder ihn im Rücken zu haben und eben TD Defense fühlen, sehen, reagieren.
Abgesehen davon, dass meine Takedowns grottig sind und wie gesagt submissions fehlen, ist das Programm bei mir ganz gut drinne als Defensive.
Ab und zu kommt dann noch grade wenn man was lockerer macht nen bissel "wenn ich jetzt im KM wäre, würde ich hier noch beissen, headbut oder ellbogen geben können"
Shanghai Kid
13-02-2012, 14:24
Was auch noch ein guter Punkt ist, sind 2 Sachen, die Ryan Hall beim Seminar gesagt hat:
1) Darauf konzentrieren, was ich in der Hand habe, anstatt sich über Misserfolge zu ärgern... Das spart Zeit. Wenn ich mich jedesmal ärgere, wenn etwas schief geht, anstatt gleich die passende nächste Aktion anzudenken, bin ich immer mehr hintendran.
2) Konzept vs Technik. Es gibt ca. 50 Arten den Arm an der Hüfte aus dem Weg zu räumen, wenn man beim passen blockiert wird. Wichtig ist nicht immer zu wissen "Wie greif ich jetzt genau um das zu erreichen", sondern eben zu wissen, der Arm muss weg. In jedem Moment also zu wissen, was sind die Haupterfolgskriterien und nicht, was sind die 50 möglichen Wege diese zu erreichen.
Wenn ich beim Rollen bin, denke ich nicht wirklich nach. Denkst du, vergisst du und übersiehst, meiner Meinung nach, vieles. Ich motiviere mich, ähnlich wie Frank, und schaue immer nach, dass ich ansonsten nichts weiteres im Kopf habe. Denn: wenn der Fokus sich verschiebt, dann gibt es ein Problem. Bist du unkonzentriert, wird es noch tödlicher, als wenn du "nur" abwartest.
Sicherlich kannst du über Taktik nachdenken. Aber: nicht während des Kampfes, sondern: beim Training, danach, davor und sonst wann. Aber eben nicht im Kampf. Das lähmt dich nur und bringt dich zurück. Die Abläufe solltest du beim Training soweit verinnerlichen, und im Kampf einfach intuitiv verknüpfen und anwenden.
Atze6000
13-02-2012, 19:42
Was auch noch ein guter Punkt ist, sind 2 Sachen, die Ryan Hall beim Seminar gesagt hat:
1) Darauf konzentrieren, was ich in der Hand habe, anstatt sich über Misserfolge zu ärgern... Das spart Zeit. Wenn ich mich jedesmal ärgere, wenn etwas schief geht, anstatt gleich die passende nächste Aktion anzudenken, bin ich immer mehr hintendran.
2) Konzept vs Technik. Es gibt ca. 50 Arten den Arm an der Hüfte aus dem Weg zu räumen, wenn man beim passen blockiert wird. Wichtig ist nicht immer zu wissen "Wie greif ich jetzt genau um das zu erreichen", sondern eben zu wissen, der Arm muss weg. In jedem Moment also zu wissen, was sind die Haupterfolgskriterien und nicht, was sind die 50 möglichen Wege diese zu erreichen.
gefällt mir der beitrag!
ich werde gleich nochmal genau drauf achten und späer nochmal posten
Björn Friedrich
13-02-2012, 21:50
Hier einige Artikel die das innere Spiel behandeln:
In diesem hier geht es primär um das physische und taktische Spiel des Jiu Jitsu:
Der Jiu Jitsu Gameplan - Friedrich Jiu Jitsu (http://brazilianjiujitsu.blog.de/2012/01/23/jiu-jitsu-gameplan-12502927/)
und hier mehr um das psychologische und mentale Spiel:
Krampf, Kampf und Flow - Teil 1 - Friedrich Jiu Jitsu (http://brazilianjiujitsu.blog.de/2011/04/26/krampf-kampf-flow-teil-11057268/)
Krampf, Kampf und Flow - Teil 2 - Friedrich Jiu Jitsu (http://brazilianjiujitsu.blog.de/2011/05/01/krampf-kampf-flow-teil-11082823/)
Krampf, Kampf und Flow - Teil 3 - Friedrich Jiu Jitsu (http://brazilianjiujitsu.blog.de/2011/05/01/krampf-kampf-flow-teil-11082823/)
Tschüß
Björn Friedrich
thechriss86
14-02-2012, 00:09
Erstmal danke für die ganzen tollen Antworten. Sind wirklich alles sehr wertvolle Infos:halbyeaha
Björn, donnerwetter echt bombiges Material, jetzt ärger ich mich dass ich den Blogpost nicht schon 2007 gelesen habe. Der Informationsgehalt sollte die Lernkurve jedes Grapplers extrem Abkürzen (wenn man es versteht und auch anwendet)
"If you think, you re late. If you are late, you use strength. If you use strength, you tire. And if you tire , you die. "
Anti, das Zitat kenn ich bereits und es bringt die Sache echt auf den Punkt :halbyeaha
Saulo schreibt auch viel über "Muscle-Memory" was ein essentieller Teil beim Jiu-Jitsu ist.
Jiu-Jitsu University von Saulo Ribeiro ist jedem Grappler wirklich uneingeschränkt zu empfehlen (auch wenn es nicht auf No-Gi spezialisiert ist). Wem Saulo kein Begriff ist: Saulo Ribeiro: Lessons from a Champion - YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=ZeBktuw1ljE)
Das Ziel ist vor allem aktiv zu sein und nicht reaktiv
Shanghaikid: 100% agree :)
Darum geht es, zwinge deinem Partner dein Game auf ansonsten wird er das tun. Wird beim Schach und beim Tennis oder sonstwo nicht anders sein. Entweder gehst du so vor das er reaktiv ist oder du erlaubst dem Gegenüber dich reaktiv zu machen. Aller spätestens wenn er dich in der Backmount hat wird man merken dass das so läuft.
Konzept vs Technik. Es gibt ca. 50 Arten den Arm an der Hüfte aus dem Weg zu räumen, wenn man beim passen blockiert wird. Wichtig ist nicht immer zu wissen "Wie greif ich jetzt genau um das zu erreichen", sondern eben zu wissen, der Arm muss weg. In jedem Moment also zu wissen, was sind die Haupterfolgskriterien und nicht, was sind die 50 möglichen Wege diese zu erreichen.
Ich denke das lässt sich runterbrechen auf sich mehr auf die High-Percentage-Techniques zu konzentrieren als auf die Low-Percentage-Techniques. Wenn ich dich richtig verstanden habe.
Ein tolles Zitat aus dem Buch Jiu-Jitsu University, ich habs leider nicht mehr Wort für Wort im Kopf, aber die Coremessage war wie folgt:
"When your partner has to use muscle-power to attack or defend your techniques your jiu-jitsu is better"
Seh ich als ganz wahres Zitat und diese Denkweise ist immer eine Motivation für mich (70 KG) wenn man mit schwereren rollt. Okay du hast mich getappt aber nur weil du deine Kraft einsetzen musstest um meine Technique zu überwinden.
Ja ich weiss das ich viele Anglizismen benutze und es macht mir Spass:D
Denken sollte man nicht während man macht. Dafür gibt es genügend Zeit vor oder nach dem Tun.
Der Kampf ist wie ein Tanz. Man sollte sich da auch nicht auf die eigenen Füsse schauen und überlegen ob man das Knie jetzt streckt oder nicht.
Mit Gefühl statt mit Gehirn :-),
beste Grüße,
Maluco
Windhund
14-02-2012, 13:33
Meistens habe ich Hunger und denke mir was ich Abends zu essen machen könnte und ehe ich mich versiehe hat er getapped...
Der Hunger hat mich getrieben :)
Meistens habe ich Hunger und denke mir was ich Abends zu essen machen könnte und ehe ich mich versiehe hat er getapped...
Der Hunger hat mich getrieben :)
Warum muss ich dabei ein wenig an das folgende Bild denken? Und sehe deinen Gegner als den Frosch? :-D
http://www.toonpool.com/user/129/files/guten_hunger_731355.jpg
Windhund
14-02-2012, 14:13
Warum muss ich dabei ein wenig an das folgende Bild denken? Und sehe deinen Gegner als den Frosch? :-D
http://www.toonpool.com/user/129/files/guten_hunger_731355.jpg
Ungefähr so sieht es aus, es gab da schon zwischenfälle, wo ich während des Sparring den ein oder anderen gebissen habe :D
Thema finde ich sehr interessant. Im gegenteil zu Muay thai und auch Ringen finde ich, dass ich mich viel stärker konzentriere und mehr denke. Was bei dir im kopf abspielt ist wahrscheinlich das wichtigste element in BJJ.
Mahmut Aydin
21-02-2012, 05:24
also zum thema kopfsache... ich habs nicht speziell beim grappling, sondern grundsätzlich immer wenn mein gegner "unkonventionell" ist... es könnte sein das es eine schmächtige frau ist, ein 2 meter großer 110k mann oder irgendjemand mit einem nicht definierbaren kampfstil..
da fang ich dann irgendwie an über jeden scheiß nachzudenken, alles was passieren kann, ob ich scheiße bauen kann in dem ich jemanden verletze oder wie ich um gottes willen gegen so lange arme ankommen soll...
(aber wenn jemand 1000000x mal besser ist (was keine seltenheit bei uns ist) ist es eigentlich nicht der fall)
auch denke ich oft übers essen nach, da ich oftmals abends vor dem abendessen oder morgens vor dem frühstück trainiere und somit immer hungrig bin :D
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