PDA

Vollständige Version anzeigen : Der Wert der Übungen



openmind
20-03-2012, 11:48
Eine ganz interessante Fragestellung habe ich eben in einem anderen Unterforum gelesen:


Hallo zusammen,

gibt es Dinge im Training, die Ihr früher für Blödsinn gehalten habt und deren Wert Ihr erst später erkannt habt?

Also zum Beispiel Übungen oder Techniken etc., von denen Ihr dachtet, sie wären nutzlos oder unsinnig, die sich aber später als sinnvoll heraus gestellt haben?

Kann sich auch auf Anweisungen Eurer Trainer oder Ähnliches beziehen.

Mir geht es um Beispiele dafür, dass man erst später als Fortgeschrittener gewisse Dinge des Trainings richtig versteht. Das bezieht sich eigentlich auf alle Kampfarten, aber da ich Beispiele aus den KMA wohl am besten nachvollziehen kann, frage ich mal hier im Subforum :)

LG,
Vagabund

Mich interessiert dabei allerdings mehr, ob Euch eure Trainer unter diesem Gesichtspunkt auch schon mal gesagt haben, dass Ihr die Übungen einfach erstmal machen sollt - das Verständnis dafür würde sich dann später einstellen. Und ob Ihr dann später auch tatsächlich das Verständnis dafür entwickelt und einen Wert erkannt habt oder ob es möglicherweise ins Gegenteil umgeschlagen ist und Ihr es im Nachhinein als wertlos für die Praxis erachtet habt?

Eskrima-Düsseldorf
20-03-2012, 12:13
Das ist sogar ziemlich oft so, dass man Übungen erst mal machen muss um da Verständnis für zu entwickeln.... ist jetzt nicht auf Wing Chun bezogen, da habe ich keine Ahnung von aber einen Stockschlag z. B. kann ich stundenlang erklären ohne das mein Schüler dadurch besser schlägt aber wenn ich ihn "erstmal" eine Stunde an den Reifen stelle und Ihn ein X schlagen lasse, kann er nach zwei/drei Wochen viel mehr mit meinen Erklärungen anfangen.

openmind
20-03-2012, 12:29
...aber wenn ich ihn "erstmal" eine Stunde an den Reifen stelle und Ihn ein X schlagen lasse, kann er nach zwei/drei Wochen viel mehr mit meinen Erklärungen anfangen.

Kann man daraus ableiten, dass man einen Schüler dann auch schon früh versuchen lassen sollte, etwas im Drill Erlerntes im freien Sparring mit Trainingspartnern anzubringen?

Papatom
20-03-2012, 12:34
Moin,
hat mein Trainer. Er hat es aber deshalb gesagt, weil er einen Unterricht leiten muß. Er hat ansosnten IMMER Zeit, die Dinge nachher auch zu erklären,wieso, weshalb, warum.
Er ist dabei auch offen für Ideen gewesen, wenn sie vernünftig waren. Es ging eher um den Unterrichtsfluss.

Ansonsten kenn ich das auch aus meinem Vaterdasein. Je nach Alter der Kleinen muss man eben unterschiedlich erziehen. Bei den ganz kleinen halt einfach "Nein". Bei den mittleren schon eine kleinere Erklärung und bei nem Teenager sollte man individuell schauen.

Das wäre beim Sport ja auch so. Je nach Können (Wissen um den Stil) kann man eben immer tiefgreifender diskutieren, was wohl Sinn macht/ machen könnte....

Wenn ich den Erfolg in meinem System nach dem vom Trainer genannten Üben ohne zu Hinterfragen nicht merke und es selbstkritisch nicht an meinem vielleicht falschen Trainingverhalten liegt, brauche ich vielleicht einen Stil, der mir besser liegt...

Grüße

DeepPurple
20-03-2012, 12:40
Kann man daraus ableiten, dass man einen Schüler dann auch schon früh versuchen lassen sollte, etwas im Drill Erlerntes im freien Sparring mit Trainingspartnern anzubringen?

"Früh" ist mir zu unscharf. Wenn es einigermaßen sitzt, würd ich sagen. Und das ist individuell zu betrachten.

Eskrima-Düsseldorf
20-03-2012, 12:55
"Früh" ist mir zu unscharf. Wenn es einigermaßen sitzt, würd ich sagen. Und das ist individuell zu betrachten.

Sobald der Schüler bereit ist Sparring zu machen - und das ist halt bei jedem unterschiedlich - soll er natürlich versuchen vorher erlerntes einzusetzen... wofür wäre es denn dann sonst erlernt worden?

Man sollte dies allerdings aber nicht zu technisch sehen, wenn ich mit unseren Drills z. B. Timing, Schlaghärte und Genauigkeit trainiere will ich genau das im Sparring sehen und nicht etwa Technik A, B oder C...

openmind
20-03-2012, 15:27
Sobald der Schüler bereit ist Sparring zu machen - und das ist halt bei jedem unterschiedlich - soll er natürlich versuchen vorher erlerntes einzusetzen... wofür wäre es denn dann sonst erlernt worden?

Man sollte dies allerdings aber nicht zu technisch sehen, wenn ich mit unseren Drills z. B. Timing, Schlaghärte und Genauigkeit trainiere will ich genau das im Sparring sehen und nicht etwa Technik A, B oder C...

Gibt es bei euch Techniken, die im Drill trainiert werden,
die aber im Sparring nie auftauchen?

Eskrima-Düsseldorf
20-03-2012, 15:39
Gibt es bei euch Techniken, die im Drill trainiert werden,
die aber im Sparring nie auftauchen?

Jein, es gibt durchaus Techniken die nicht jeder im Sparring umsetzen kann/will weil sie seinem Naturell widersprechen oder (noch) bestimmte Attribute fehlen etc.

Aber meiner Meinung nach ist ein anderer Punkt viel wichtiger:

Bei einigen Drills wäre es grundfalsch die Bewegungen als "Techniken" zu sehen. So wird z. B. der Hubud im Ju Jutsu als Technik zur Abwehr einer Ohrfeige unterrichtet habe ich gehört :its_raini

In den meisten Drills werden - wie oben schon gesagt - Attribute wie Schlaghärte, Timing, Reaktion etc. trainiert.... das wäre so als ob man sich bei Boxern fragt warum man im Ring keine Techniken aus dem Seilspringen oder der Boxbirne sieht...

In einem bei uns sehr wichtigen Drill ist ja nicht einmal definiert wie viele Techniken "es gibt". Es wird ein Rahmen gesetzt innerhalb dessen man frei reagiert. Da die Techniken zu zählen und hinterher zu überprüfen wie viele davon im Sparring eingesetzt wurden, würde überhaupt keinen Sinn machen.

b33f
20-03-2012, 15:54
In den meisten Drills werden - wie oben schon gesagt - Attribute wie Schlaghärte, Timing, Reaktion etc. trainiert.... das wäre so als ob man sich bei Boxern fragt warum man im Ring keine Techniken aus dem Seilspringen oder der Boxbirne sieht...


100% agree! Für jeden Kampfsport bzw. jede Kampfkunst gibt es grundlegende Attribute die man sowieso immer brauchen kann. Das gleiche gilt z.B. für funktionelles Krafttraining ala Kraft-Dreikampf. Wer 250 kg auf der Bank drückt und dann noch die für die Kampfkunst spezifische Technik entwickelt, kann mit Sicherheit mit seinen Schlägen auch locker Knochen brechen.

Habe bisher noch keinen Training bzw. Inhalt meines Trainers für Blödsinn gehalten und selbst wenn ich mal den Sinn nicht gleich verstanden hatte, so hatte meist das Training selbst (die Durchführung) die Fragen beseitigt. Im Ausnahmefall musste ich mir etwas deutlicher erklären bzw. zeigen lassen.

Es ist oft so das Bewegungen und Drills erstmal "gemacht" werden müssen, um ein Gefühl dafür zu bekommen. Dann fühlt sich das ganze auch besser an und wird zum Automatismus wie das Fahrrad- oder Autofahren.

hw75
20-03-2012, 23:58
Eine ganz interessante Fragestellung habe ich eben in einem anderen Unterforum gelesen:



Mich interessiert dabei allerdings mehr, ob Euch eure Trainer unter diesem Gesichtspunkt auch schon mal gesagt haben, dass Ihr die Übungen einfach erstmal machen sollt - das Verständnis dafür würde sich dann später einstellen. Und ob Ihr dann später auch tatsächlich das Verständnis dafür entwickelt und einen Wert erkannt habt oder ob es möglicherweise ins Gegenteil umgeschlagen ist und Ihr es im Nachhinein als wertlos für die Praxis erachtet habt?

wie soll man denn was trainieren, wenn man gar nicht verstanden hat wie's geht bzw wozu das ist? wischen/polieren oder wie? :)

DeepPurple
21-03-2012, 06:02
wie soll man denn was trainieren, wenn man gar nicht verstanden hat wie's geht bzw wozu das ist? wischen/polieren oder wie? :)

Doch, das geht. Hab ich schon oft gesehen. Man macht einfach was der Trainer sagt.

openmind
21-03-2012, 08:52
wie soll man denn was trainieren, wenn man gar nicht verstanden hat wie's geht bzw wozu das ist? wischen/polieren oder wie? :)

Wie Deep Purple schon sagte:
Der Trainer zeigt Dir einfach irgendwelche Bewegungsabfolgen, die Du alleine
oder mit einem Trainingspartner nachtanzen sollst. Ganz einfach.

Papatom
21-03-2012, 09:00
wie soll man denn was trainieren, wenn man gar nicht verstanden hat wie's geht bzw wozu das ist? wischen/polieren oder wie? :)

Wassoll man denn alles verstehen? Der Lehrer zeigt einem nen Wurf und den mancht man nach?

Oder möchtest Du lieber sofort alles über Winkle, Schwerpunkt, Hebel etc. erklärt bekommen, ohne dass Du überhaupt mal gefühlt hast, wie der Wurf so ist?

Geht natürlich auch, aber das erstere ist für mich persönlich besser.

Gruß

Yum Cha
21-03-2012, 09:44
Mich interessiert dabei allerdings mehr, ob Euch eure Trainer unter diesem Gesichtspunkt auch schon mal gesagt haben, dass Ihr die Übungen einfach erstmal machen sollt - das Verständnis dafür würde sich dann später einstellen.


Ja, das ist mir schon passiert.
Ich habe mich dann erstmal an die Vorgaben gehalten im Vertrauen darauf, daß mein Lehrer besser abschätzen kann was in dieser Hinsicht gut für mich ist.

Heute bin ich selber Lehrer und manchmal gibt es Schùler, die tausend Fragen haben und alles zerreden bevor sie es nur einmal versucht haben. Dann muß man sich manchmal durchsetzen und sagen "mach einfach".
Verstehen geht eben nur durch erfahren, und das muß jeder selber.




Und ob Ihr dann später auch tatsächlich das Verständnis dafür entwickelt und einen Wert erkannt habt oder ob es möglicherweise ins Gegenteil umgeschlagen ist und Ihr es im Nachhinein als wertlos für die Praxis erachtet habt?

Beides ist mir schon passiert.
Als mein Sifu mir damals den Bong erklärte und der dann ganz anders war als ich es zuvor gelernt hatte, konnte ich mich zunächst nicht von der alten Vortsellung lösen.
Rational verstand ich sehr wohl was mein Sifu von mir wollte, aber der "Bauch" wolte nicht. Infolge dessen war mir der neue Ansatz unangenehmen und ich konnte erst mal nichts damit anfangen. Erst viel später erkannte ich, daß mein Sifu recht hatte....

Andersherum gab es auch schon Situationen wo ich das Gefühl hatte, daß mein alter Ausbilder (nicht mein Sifu!) Übungen zeigte, die totaler Mist waren.
Aus heutiger Sicht hat sich mein Gefühl zu 100% bestätigt.

Gruß,

Yum Cha

StefanB. aka Stefsen
21-03-2012, 13:00
Ich denke, der Wert einer Übung sollte klar und nachvollziehbar sein, sodass eine nachträgliche Aufwertung ausgeschlossen ist.

Gerade bei stark abstrahierten Übungen ist es essentiell über die Funktionen und ihren Wert genaustens bescheid zu wissen, da hier auch die gedankliche Komponente großen Einfluss darauf hat, ob die Übung wirklich fruchtet, oder nicht.

Z.B. die Formen (irgendwie die Arme in der Luft bewegen) habe ohne das entsprechende Bewusstsein für ihren Wert garkeine Daseinsberechtigung, weil sich das gewünschte Ergebnis nicht einstellt.

M.M.n. geschieht oftmal eher das Gegenteil, zumindest beobachte ich das bei mnir selbst, das mir der Wert einer Übung zwar klar ist, mir aber Gedanken zu konkreteren Übungen mache, woduch die ein oder andere Übung an Wert verlieren kann.

MaFyA
21-03-2012, 13:14
wenn ich eine übung gezeigt bekomme und mir der inhalt sich nicht von selbst erschliesst frage ich ganz klar nach was gerade dabei speziell trainiert wird und bekomme auch eine klare antwort darauf.. es kommt auch vor das für manche übungen die power im arm fehlt.. die kommt aber irgendwann mit der zeit und dann erschliesst sich meist der inhalt von einigen übungen ganz von selbst.. denn einige sachen funzen erst mal natürlich nicht wie beim lehrer :D is ja kla..

hw75
21-03-2012, 15:37
Wassoll man denn alles verstehen? Der Lehrer zeigt einem nen Wurf und den mancht man nach?

beim Wurf ist ja auch alles klar, hier gings ja um Übungen, deren Sinn sich (auf welche Art auch immer) zunächst nicht erschließt.

also mir fällt mal nix ein, was ich irgendwann mal geübt hätte, und nicht wußte wo der Sinn drin liegt :) würde ich auch nie machen, Zeitverschwendung...

BlackFist
21-03-2012, 16:08
Oft ist es auch so, dass einem trotz Verständnis der Übung, das Vertrauen zu funktionieren dazu fehlt, dann hakt man diese Übung erstmal als schlecht ab.
Kann dann in irgendeiner Situation durchaus erkennbar und funktional wiederkehren.

Vollkorn84
21-03-2012, 20:30
Zb?
btw mir erschliessen sich manche übungen auch nicht.
Ich trau mich dann manchmal nicht zu fragen weil alle zusammen trainieren und er im begriff ist zu sparren, andren schülern im begriff ist ne andre übung zu zeigen oä. nich weil er genervt wäre oder sie mir nich beantworten würde oder so,sondern weil ich die andren auch nich warten lassen will.
so verschleppen sich fragen und entweder ich stell sie später vergess es oder nehms mir wieder vor usw und wir haben auch nach dem training selten zeit zum reden da, meistens ich, kurz angebunden bin.so kommts auch vor,das ich bewegungen ausführe und das schon sehr lange oder weiß welche anwendung die bew theoretisch hat,ich sie aber noch nie im kampf beobachten konnte und nich fragen kann warum die bew selten zu sehen ist.....

wc-klaus
21-03-2012, 22:16
Mich interessiert dabei allerdings mehr, ob Euch eure Trainer unter diesem Gesichtspunkt auch schon mal gesagt haben, dass Ihr die Übungen einfach erstmal machen sollt - das Verständnis dafür würde sich dann später einstellen.

Im Ving Tsun ging es mir mit der ersten Form so. Der Trainer führte sie vor, erläuterte Details zur Ausführung und zur Bedeutung der Form. Es sollte also insgesamt um den Ellenbogen gehen, nahm ich am ersten Tag mit. Bis ich wirklich "gefühlt" habe, dass da was mit meinem Ellenbogn passiert, gingen ein paar Wochen (Monate?) ins Land.


Mittlerweile sind die Aufgaben, die die erste Form erfüllt, bedeutend zahlreicher geworden. :D