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Vollständige Version anzeigen : Europäisches Gegenstück zum Hagakure - 2



Ping72
22-04-2012, 01:05
http://www.kampfkunst-board.info/forum/f36/europ-isches-gegenst-ck-hagakure-53594/
Eine interessante Frage, die sicher weiter erörtert werden kann. Da der alte Bereich geschlossen wurde "wärme" ich das einfach nochmal auf.

Ein europäisches eins zu eins Ritter-Gegenstück zum Hagakure kenne ich nicht. Es wird wohl so sein das man sich hier nicht nur eines Buches bedienen muss.
Spontan denke ich das Marc Aurels "Selbstbetrachtungen" und auch Knigges "Über den Umgang mit Menschen" hier ein allgemeiner "europäischer" Einstieg in diese Thematik sein kann.

Asura
22-04-2012, 07:58
Wie Trinculo in dem anderen Thread bereits andeutete, wirst Du dazu wohl eher etwas in der "klassischen" mittelalterlichen Literatur finden.

Artusromane, Heldenepen etc.

Sojobo
22-04-2012, 08:15
[...]
Beschrieben sind sie üblicherweise in der höfischen Dichtung (z.B. Hartmann von Aue, Wolfram von Eschenbach, Gottfried von Straßburg, Heinrich von Beldeke) und im Minnesang. Natürlich entsprechen die Beschreibungen der Literatur weitgehend dem Ideal und nicht der Wirklichkeit. Aber das wird beim Hagakure nicht anders sein

Genau das wäre auch meine Antwort. Die europäischen ritterlichen Tugenden wurden in der höfischen Dichtung und im Minnesang festgehalten. Es gab nicht so etwas wie den Ritterkodex, der als Liste irgendwo festgehalten wurde. Genau so wenig gab es den Bushido. Das waren in beiden Kulturen lebendige Wertvorstellungen der feudalen Kriegerstände.

Geht man beim Hagakure von Yamamoto Tsunetomo als Autor aus, in der Spätzeit der "Samurai", lässt sich dem vielleicht der Theuerdank von Maximilian I. gegenüberstellen, auch wenn die Intention etwas anders aussieht. Da zu dieser Zeit viele Rittertugenden jedoch längst antiquarisch waren, ist der Theuerdank vielleicht doch eher mit Inazo Nitobes Bushido vergleichbar.

Ansonsten gibt es gerade im Spätmnittelalter eine Vielzahl an Turnierbüchern und Hofordnungen, die, rückbesinnend an alte Zeiten, sehr klar ritterliche Tugenden widerspiegeln. Allen voran stell ich mal die Heilbronner Turnierordnung (1485). Sie stellt den Abschluss der Turnierordnungen der Turniere der vier lande dar und ist eine der letzten Quellen, die die Werte der ritterlich-höfischen Kultur in Abgrenzung zum Bürgertum aufzeigt.

Da das aber kein so schöner Name ist, bleib ich beim Parzival (Wolfram von Eschenbach). Wunderschöner, idealtypischer Heldenroman, der einfach alles hat! :)

Asura
22-04-2012, 08:56
Solltest Du dir nun wirklich mittelhochdeutsche Texte durchlesen wollen (gibt es eigentlich alle mit Übersetzung), könntest Du zum Einstieg auf ein klassisches Dreiergespann zurückgreifen.

Konrad von Würzburg:

Heinrich von Kempten - in Ansätzen Fürsten-/Rittertugenden
Der Welt Lohn - Was Man(n) von der Welt zu erwarten hat
Das Herzmaere - Minnethematik

Die Texte sind nicht sonderlich umfangreich und werden Dir die einzelnen Tugenden etc. auch nicht auf einem Präsentierteller bieten. Ebenso sind die von mir genannten Inhalte nur grob benannt und mir ist bewusst, dass die Texte sehr viel mehr zu bieten haben.
Bevor man sich jedoch an einen Parzival, Lanzelet o.ä. wagt, sollte man sich zur Eingewöhnung erstmal etwas leichter Verdauliches zu Gemüte führen.

Gibt es für wenig Geld von einem beliebten Verlag, welcher für seine kleinen, gelben Büchlein bekannt ist (in diesem Fall allerdings orange).

ToeDai
22-04-2012, 17:55
Genau das wäre auch meine Antwort. Die europäischen ritterlichen Tugenden wurden in der höfischen Dichtung und im Minnesang festgehalten. Es gab nicht so etwas wie den Ritterkodex, der als Liste irgendwo festgehalten wurde. Genau so wenig gab es den Bushido. Das waren in beiden Kulturen lebendige Wertvorstellungen der feudalen Kriegerstände.

Geht man beim Hagakure von Yamamoto Tsunetomo als Autor aus, in der Spätzeit der "Samurai", lässt sich dem vielleicht der Theuerdank von Maximilian I. gegenüberstellen, auch wenn die Intention etwas anders aussieht. Da zu dieser Zeit viele Rittertugenden jedoch längst antiquarisch waren, ist der Theuerdank vielleicht doch eher mit Inazo Nitobes Bushido vergleichbar.

Ansonsten gibt es gerade im Spätmnittelalter eine Vielzahl an Turnierbüchern und Hofordnungen, die, rückbesinnend an alte Zeiten, sehr klar ritterliche Tugenden widerspiegeln. Allen voran stell ich mal die Heilbronner Turnierordnung (1485). Sie stellt den Abschluss der Turnierordnungen der Turniere der vier lande dar und ist eine der letzten Quellen, die die Werte der ritterlich-höfischen Kultur in Abgrenzung zum Bürgertum aufzeigt.

Da das aber kein so schöner Name ist, bleib ich beim Parzival (Wolfram von Eschenbach). Wunderschöner, idealtypischer Heldenroman, der einfach alles hat! :)

wobei parzival aber auch nur ein ideal ausdrücken soll, das es so nicht gegeben hat. besonders in der romantik wurde alles, was mit natur, ritter etc zu tun hatte, idealisiert und verklärt, vgl. Ludwig II von Bayern, Neuschwanstein etc.