Vollständige Version anzeigen : Was ist traditionelles Karate
Da ich gerade in einem anderen Thread etwas OT produziere wollte ich die Frage einfach in den Raum werfen:
Was versteht man unter traditionellem Karate?
Das Karate Do oder geht es doch zurück bis die Leere Hand aus dem Land der Tang?
Und wurde Karate ursprünglich als SV-System erschaffen?
Das Karate Do oder geht es doch zurück bis die Leere Hand aus dem Land der Tang?
Keines dieser Beiden hat es jemals in einer abschließenden Form gegeben.
Meiner Erfahrung nach bezeichnen die meisten "Traditionalisten" ihr Karate als "traditionell", wenn sie sich auf eine Ausführung besinnen, die es in ihren Augen zu einer "früheren" oder "besseren" Zeit gegeben hat. Darunter fallen dann diejenigen, die tatsächlich einer authentischen Ryûha entstammen. Und die übrigen 95%, die einfach zu viele Bücher - oder zu wenige, je nachdem - gelesen haben und ein völlig verqueres Bild eines Karate vor ihrem geistigen Auge mit sich herumschleppen, das es so ebenfalls nie gegeben hat.
Unser Training z.B. würde ich in dem Sinne als "traditionell" bezeichnen, dass ich mich auf pragmatische Kampfkunst mit Effizienz als höchstem Zielkriterium zu spezialisieren versuche. Die Sportentwicklung wird dabei eher von der Seite beobachtet. Wenn ich aber zu einem Erz-JKA'ler gehe und behaupte, ich würde "Traditionelles Karate" machen, würde der mich wahrscheinlich auslachen. Wie? Kein Kihon? Was? Vollkontakt? Oh my.
Traditionell ist immer das, was man sich drunter vorstellen mag. Und da es in der Vergangenheit so ziemlich alles schonmal irgendwo gegeben hat, kann man auch so ziemlich alles als tradiert nachweisen, wenn man sich nur ein wenig mit wachen Augen umschaut ... ein Etikett, nichts weiter.
lG
L.
Keines dieser Beiden hat es jemals in einer abschließenden Form gegeben.
L.
Diesen Satz verstehe ich nicht ganz?
Btw traditionell bedeutet für mich in etwa ursprünglich liege ich da zufällig etwas daneben?
Das Witzige ist das Kara füher nicht das Schriftzeichen für "leer" hatte sondern für "chinesisch" hatte, und Karatedo demzufolge eigentlich nicht "Weg der leeren Hände" sondern "Weg der chinesischen Hände" bedeutet hatte.
Okinawa hatte auch mehr Kontakte zu China als zu Japan, bevor es besetzt wurde. Wenn man zum Ursprung geht, so ist Karate eigentlich Shaolin Quan. Die Japaner hatten sich eher auf Griff- und Wurftechniken spezialisiert.
Traditionelles Kara Te Do bezieht sich auf die japanische Adaption des Okinawa Te.
Bedeutend war zum Beispiel Funakoshi, aber auch viele andere deren Namen ich mir nie merken kann.
Das was sie geschaffen haben ist heute traditionelles Karate, in verschiedenen Ausprägungen.
Zum Traditionellen Karate gehören bestimmte Riten (Begrüßung, Sitzen, ... ), Kleidung (Gi), japanische Höfflichkeitsformen, etc. pp
Das Witzige ist das Kara füher nicht das Schriftzeichen für "leer" hatte sondern für "chinesisch" hatte, und Karatedo demzufolge eigentlich nicht "Weg der leeren Hände" sondern "Weg der chinesischen Hände" bedeutet hatte.
Okinawa hatte auch mehr Kontakte zu China als zu Japan, bevor es besetzt wurde. Wenn man zum Ursprung geht, so ist Karate eigentlich Shaolin Quan. Die Japaner hatten sich eher auf Griff und Wurftechniken spezialisiert.
Habe ich doch bereits im Eingangspost geschrieben, dass es aus China kommt, zumindest teilweise ^^
Oder um es anders zu formulieren: Traditionell kann ein Karate-Stil dann genannt werden, wenn er Übungsformen, Regeln und Verfahren zu einem gewissen Zeitpunkt in der Geschichte eingefroren hat und "Neuerungen" bzw Änderungen nicht mitmacht, oder nur nach Anpassungen ans eigene Verständnis integriert. Nicht Bestandteil dieser Definition ist der tatsächliche Zeitpunkt dieses Schnittes.
sorry, kenne mich mit den Dynastien oder Volksgruppen nicht aus
"Tang" hat mir nichts gesagt
Oder um es anders zu formulieren: Traditionell kann ein Karate-Stil dann genannt werden, wenn er Übungsformen, Regeln und Verfahren zu einem gewissen Zeitpunkt in der Geschichte eingefroren hat und "Neuerungen" bzw Änderungen nicht mitmacht, oder nur nach Anpassungen ans eigene Verständnis integriert. Nicht Bestandteil dieser Definition ist der tatsächliche Zeitpunkt dieses Schnittes.
Langsam bekomme ich Zweifel an meiner Bildung.
Was bedeutet: Anpassung ans eigene Verständnis
Woher kommt diese Defintion:
Quellen wären Hilfreich
@Klar macht nix muss man auch nicht unbedingt wissen
Oder um es anders zu formulieren: Traditionell kann ein Karate-Stil dann genannt werden, wenn er Übungsformen, Regeln und Verfahren zu einem gewissen Zeitpunkt in der Geschichte eingefroren hat und "Neuerungen" bzw Änderungen nicht mitmacht, oder nur nach Anpassungen ans eigene Verständnis integriert. Nicht Bestandteil dieser Definition ist der tatsächliche Zeitpunkt dieses Schnittes.
kann man so stehen lassen
Traditionell bedeutet immer konservativ. Eine Orientierung an Werten aus der Vergangenheit, die zwar heute noch Gültigkeit haben können, aber nicht durch heutige Probleme und heutiges Verständnis entstanden sind.
Auffällig beim traditionellen Karate sind die tiefen Stände, der Fokus der Hand- und Fußtechniken auf "durchschlagende Kraftentfaltung" und die ganzen Höflichkeitsformen und Japanismen. Moderne Systeme sind lockerer und schneller, und im Umgang miteinander auch lockerer.
Zählt Kyokushin zu den traditionellen Stilen ? (Nach euren Definitionen meiner Meinung nach nicht)
Gut dann habe ich etwas missverstanden,habe bis jetzt mit traditionellem Karate das Urpsrüngliche verbunden und nicht jenes welches aus dem Zen Buddhismus entstanden ist.
Für mich ist traditionelles Karate Okinawa Te welches im 14/15 Jahrhundert entwickelt wurde.
Das was du unter Tradition versteht ist also das spirituelle aus dem Zen Buddhismus oder ?
Du bist einfach klüger als ich. Ich habe bis jetzt nicht zwischen einzelnen Epochen differenziert und kenne mich auch ehrlich gesagt damit nicht aus. Mein Karate-Geschichts-Verständnis beginnt mit Funakoshi, alles davor ist neblig.
Kyokushin ist für mich eine Mischung aus KampfSPORT und Kampfkunst.
Langsam bekomme ich Zweifel an meiner Bildung.
Was bedeutet: Anpassung ans eigene Verständnis
Woher kommt diese Defintion:
Quellen wären Hilfreich
Urheber der Definition: Inumeg, 07.06.2012, im Internet
"Anpassung ans eigene Verständnis": Jeder hochrangige Vertreter eines Stils hat ein Verständnis seines Stil. Quasi seine eigene Definition und kann sagen, was seinen Stil von anderen abgrenzt. Als Anpassung an sein Verständnis kann man ggf folgendes fiktives Beispiel verwenden:
Im Stil wurden bisher keine Wettkämpfe abgehalten, aber jetzt kommt (von wo auch immer) der Wunsch, sich doch mal messen zu wollen. Dann kann der, der das sagen hat, hingehen und sich mal in der Wettkampflandschaft umsehen und folgendes sagen: "Ja, ein Vergleich innerhalb unseres Stils wäre wohl angebracht. Aber da wir unser Karate immer nur zur SV einsetzen wollen und dann auch nur, um den Kampf schnellstmöglich zu beenden, werden wir im Ippon-System kämpfen (anstatt Pointfighting) und die Techniken sollen erkennbar unserem Stil entsprechen (anstatt dem Einheitsrumgehopse beim DKV)"
weiteres fiktives Beispiel Einführung des Kyu-Systems. Die Schüler wollen gerne den Fortschritt ihres Könnens dokumentiert sehen und verweisen darauf, dass andere Stil bunte Gürtel vergibt, bevor der Schwarzgurt kommt. Chef sag: Ok, aber wir machen nur 3 Kyu-Grade, weil das eh die Abschnitte in meinem Lehr-Curriculum sind.
Mein Karate-Geschichts-Verständnis beginnt mit Funakoshi, alles davor ist neblig.
Funkakoshi hat doch Karate zum Nationalsport gemacht, also versportlicht.
Ich denke er hat Shotakon gegründet oder?
(Sollte eventuel mal wieder ein Buch darüber lesen)
Kurisuchan
07-06-2012, 14:16
tradition bedeut weitergabe, es bedeutet nicht stillstand. jeder stil hat sich weiterentwickelt und mag trotzdem im kern tratitionell sein. kihon mag da als beispiel im sportlichen "shotokan" dienen, das gab es bei funakoshi nicht. mag aber jetzt dort traditionell sein.
ich finde zum beispiel kobudo sehr wichtig und habe glück das es traditionell in meinem "stil" unterrichtet wird. in vielen schulen gibt es das nicht und da meine ich eine falsche entwicklung zu sehen, dies ist aber nur meine meinung.
Hallo,
das ist gar keine so triviale Frage.
In erster Linie kommt es darauf an was jeder einzelne unter Tradition versteht.
Dann ist Karate nie irgendwie eine festgelegte Sache gewesen. Karate ist eine Art Kofferbegriff vergleichbar mit Ballsportarten. Jeder versteht unter Karate etwas anderes.
Hat Karate etwas mit Shaolin zu tun? Ich denke eher nicht. Karate ist eine Mischung aus der einheimischen okinawanischen Kampfkunst und ostasiatischen Einflüssen. Das Königreich Ryukyu betrieb zu Zeiten des Königs Shoshin einen regen Handel mit sämtlichen Ostasiatischen Ländern, u.a. China, Japan, Vietnam, Thailand, Korea usw.. Da wurde sicherlich auch das ein oder andere aufgeschnappt.
Jeder Meister hatte eine unbestimmte Anzahl an Lehrern und lernte und später lehrte dann die vorher erlernten Fähigkeiten. Karatestile begannen sich erst zu gründen, mit dem Bestreben als eigenständige Kampfkunst in Japan anerkannt zu werden. Miyagi formulierte sein Goju Ryu, Mabuni sein Shito Ryu, Funakoshi das Shotokan usw..
War Karate von vornherein als SV System ausgelegt? Jein. Als die Kampfkünste irgendwann man entstanden, da war das eigene Überleben das Ziel. Irgendwann entstand das Millitärwesen und das Ganze entwickelte sich parallel mit häufigen Überschneidungen.
Als Beispiel dafür war der chinesische General Qi Jiguang ein großer Bewunderer der Meister der Volkskampfkunst. Also integrierte er entsprechende Methoden in seinen mil. Apparat. Seine Ausführungen zu den 32 Gesten die er für seine Soldaten zur Ausbildung heranzog, landeten dann im alten Bubishi einer millitärischen Abhandlung. Im neuen Bubishi einem Dokument für Volkskampfkünstler landeten dann ebenfalls einige dieser 32 Gesten.
In meinen Augen ist Tradition und eine ständige Veränderung hinsichtlich der Trainingsmethoden nicht ausgeschlossen. Ich bin mir sicher, die alten Meister würden sicherlich die modernsten wissenschaftlichen Erkenntnisse und Trainingsgeräte nutzen um ihre Ziele zu verfolgen.
Gruß Holger
Natürlich wurde Karate zur Selbstverteidigung "entwickelt". Nur das - und ALLEIN das - war der Grund.
Die Philosophischen Aspekte, insbesondere Funakoshis "20 Regeln", beruhen auf dem Gedanken, diese Techniken keinen "Unwürdigen" weiterzugeben, der sie für falsche Zwecke verwenden würde.
Im Prinzip das Gleiche wie bei heutigen, modernen SV-Systemen. Hier wird ja auch meistens geprüft, ob die Leute vorbestraft sind etc.
Zum Thema Traditionelle Kampfkunst..
Traditionell ist Alles. Wenn du aber mit traditionellem Karate das "erste" Karate meinst, bzw. den Anfang des Karate, dann würde ich Okinawa bzw. Goju Ryu empfehlen.
Diesen Satz verstehe ich nicht ganz?
Sorry, da ist was mit dem Zitieren schief gelaufen ...
Ich hab's oben in meinem Post korrigiert.
Ansonsten scheint mir, verwechseln hier einige Leute "traditionell" mit "historisch". Traditionell kann so ziemlich alles sein, sofern es aus einer Überlieferung hervorgegangen(!) ist. Historisch kann etwas nur sein, wenn es so ist, wie es tatsächlich einmal war, also dem ursprünglich Überlieferten äquivalent ist. Tradition ist sehr fehleranfällig und fleixbel, Historie im Kern erstmal nicht.
Natürlich wurde Karate zur Selbstverteidigung "entwickelt". Nur das - und ALLEIN das - war der Grund.
Du denkst allen Erstes, im Okinawa des 14., 15., 16. [...] 19. und 20. Jahrhunderts gab es eine einheitliche Vorstellung von "Selbstverteidigung" im Sinne unserer heutigen Gesetze und unseres modernen Rechtsempfindens? Nene, so einfach ist das nicht. Zunächst einmal war Karate primär Aristokratenkunst. Die hatten andere Leute, die sich für sie die Hände schmutzig machten. Zum anderen ist ein Prinzip der Selbstverteidigung, wie es die Moralapostel der Neuzeit gerne tun, in keinster Form belegbar. Das ist eine Erfindung der Generation Funakoshi. Wie, wann und zu welchem Zweck sich das Karate tatsächlich entwickelte, kann heute nicht mehr rekonstruiert werden. Es ist aber naiv zu glauben, dass es eine Kunst für rechtschaffene Bürger war, die sich damit gegen pöhse Räuber und nur dagegen verteidigen sollten.
lG
L.
cross-over
07-06-2012, 14:28
Auffällig beim traditionellen Karate sind die tiefen Stände,
Das ist nicht richtig. Die tiefen Stände gehen auf Funakoshi, Yoshitaka zurück den Sohn von Funakoshi Gichin.
Schau mal in diese Bücher: http://www.amazon.com/Karate-Do-Kyohan-The-Master-Text/dp/0870111906/ref=sr_1_1?s=books&ie=UTF8&qid=1339075567&sr=1-1, Amazon.com: To-te Jitsu (9780920129227): Gichin Funakoshi: Books (http://www.amazon.com/To-te-Jitsu-Gichin-Funakoshi/dp/0920129226/ref=sr_1_7?s=books&ie=UTF8&qid=1339075567&sr=1-7), Karate Jutsu: The Original Teachings of Gichin Funakoshi: Amazon.de: Gichin Funakoshi, Tsutomu Oshima: Englische Bücher (http://www.amazon.de/Karate-Jutsu-Original-Teachings-Funakoshi/dp/4770026811)
Das ist nicht richtig. Die tiefen Stände gehen auf Funakoshi, Yoshitaka zurück den Sohn von Funakoshi Gichin.
Auch nicht ganz akkurat. Sehr tiefe Stände gibt es auch in zahlreichen Quanfa-Stilen. Das ist ja der Punkt: Jeder noch so luftige Hirnfurz kann für Tradition erklärt werden, indem man einfach den Zeitpunkt in der Historie variiert, auf den man sich bezieht. Und ggf. den Ort.
lG
L.
cross-over
07-06-2012, 14:30
Funkakoshi hat doch Karate zum Nationalsport gemacht, also versportlicht.
Ich denke er hat Shotakon gegründet oder?
(Sollte eventuel mal wieder ein Buch darüber lesen)
Das hat er ganz bestimmt nicht. Ein Sportkarate war für Funakoshi unvorstellbar. Die Ehre gebührt hauptsächlich Nakayama und Nishiyama
Gute Bücher lesen hilft - schlechte Bücher lesen schadet nur :cool:
cross-over
07-06-2012, 14:35
Auch nicht ganz akkurat. Sehr tiefe Stände gibt es auch in zahlreichen Quanfa-Stilen. Das ist ja der Punkt: Jeder noch so luftige Hirnfurz kann für Tradition erklärt werden, indem man einfach den Zeitpunkt in der Historie variiert, auf den man sich bezieht. Und ggf. den Ort.
lG
L.
Ja, da muß ich Dir recht geben. Ich habe mich aber auf die KK bezogen die in Okinawa praktiziert wird. Da ist mir kein Stil bekannt der so tief steht wie das JKA Shotokan.
Wobei man sagen muß, dass Meister wie Nishiyama von den tiefen Ständen weg waren.
Du denkst allen Erstes, im Okinawa des 14., 15., 16. [...] 19. und 20. Jahrhunderts gab es eine einheitliche Vorstellung von "Selbstverteidigung" im Sinne unserer heutigen Gesetze und unseres modernen Rechtsempfindens? Nene, so einfach ist das nicht. Zunächst einmal war Karate primär Aristokratenkunst. Die hatten andere Leute, die sich für sie die Hände schmutzig machten. Zum anderen ist von Selbstverteidigung, wie es die Moralapostel der Neuzeit gerne tun, in keinster Form belegbar. Das ist eine Erfindung der Generation Funakoshi. Wie, wann und zu welchem Zweck sich das Karate tatsächlich entwickelte, kann heute nicht mehr rekonstruiert werden. Es ist aber naiv zu glauben, dass es eine Kunst für rechtschaffene Bürger war, die sich damit gegen pöhse Räuber und nur dagegen verteidigen sollten.
lG
L.
Ich meinte damit, dass die philosophischen Aspekte integriert wurden, um ungeeignete Schüler auszusondern und keine "Raufbolde" im Karate auszubilden. Und natürlich haben die jeweiligen Meister auch immer ihren Stil mit ihren philosophischen Ansichten geprägt. So ist das ja immer. Das heißt aber nicht, dass man das automatisch so übernehmen sollte heute, nur weil irgendein Meister mal der Meinung war: "Du sollst Siegen, ohne zu kämpfen". Dies liegt im Blickwinkel jedes Einzelnen. Karate ist und bleibt in erster Linie die Lehre vom unbewaffneten Kampf. Ob ich die Fähigkeiten, die ich dadurch erlerne nun zur Selbstverteidigung einsetze oder auf die Straße gehe und Leute zusammenschlage, liegt ebenso im Ermessen jedes Einzelnen letztendlich. Daher spreche ich aus Prinzip nie von einem "Selbstverteidigungssystem", weil es immer auf den Menschen ankommt, wie er mit den Fähigkeiten die er sich aneignet umgeht. Im Vordergrund steht die Entwicklung der eigenen Fähigkeiten, in einem Kampf zu bestehen. Das ist die grundlegende Essenz einer jeden Kampfkunst.
Womit begründest du deine Behauptung, Karate sei als "Aristokratenkunst" entwickelt worden? Karate ist meines Wissens (und auch des Wissens vieler Experten) auf Okinawa entwickelt worden, von Bauern, zum Schutze gegen bewaffnete Übergriffe der Samurai des Shimatsu Clans.
Du denkst allen Erstes, im Okinawa des 14., 15., 16. [...] 19. und 20. Jahrhunderts gab es eine einheitliche Vorstellung von "Selbstverteidigung" im Sinne unserer heutigen Gesetze und unseres modernen Rechtsempfindens? Nene, so einfach ist das nicht. Zunächst einmal war Karate primär Aristokratenkunst. Die hatten andere Leute, die sich für sie die Hände schmutzig machten. Zum anderen ist ein Prinzip der Selbstverteidigung, wie es die Moralapostel der Neuzeit gerne tun, in keinster Form belegbar. Das ist eine Erfindung der Generation Funakoshi. Wie, wann und zu welchem Zweck sich das Karate tatsächlich entwickelte, kann heute nicht mehr rekonstruiert werden. Es ist aber naiv zu glauben, dass es eine Kunst für rechtschaffene Bürger war, die sich damit gegen pöhse Räuber und nur dagegen verteidigen sollten.
Die mir bekannten Quellen sagen aber aus, dass Ryukyu kempo Okinawa te oder wie sie es damal auch immer nannten als SV System gegen Samurai entwickelt wurde könntest du bitte deine Quelle posten.
Luce Bree
07-06-2012, 14:38
Oder um es anders zu formulieren: Traditionell kann ein Karate-Stil dann genannt werden, wenn er Übungsformen, Regeln und Verfahren zu einem gewissen Zeitpunkt in der Geschichte eingefroren hat und "Neuerungen" bzw Änderungen nicht mitmacht, oder nur nach Anpassungen ans eigene Verständnis integriert. Nicht Bestandteil dieser Definition ist der tatsächliche Zeitpunkt dieses Schnittes.
Dem kann ich leider so nicht vollständig zustimmen.
Eine Tradition wird durch die Weitergabe von Wissen und Gebräuchen über mindestens drei Generationen begründet, wobei die Generationsdauer nicht allgemeingültig festgelegt werden kann. In der Grundschule würde die Generationsdauer 4 Jahre betragen, beim Karate sicherlich irgendwo um die 20-30 Jahre. Veränderungen wie die Anpassung an technische oder gesellschaftliche Rahmenbedingungen sind dabei möglich und für den Erhalt der Tradition auch notwendig.
Entscheidend im Verständnis des Traditionsbegriffs aus sozialhistorischer Sicht ist jedoch, dass Traditionen auch dann gewahrt werden, wenn es innerhalb einer Überlieferung im Laufe der Zeit zu Veränderungen kommt – gewisse Anpassungen sind sogar zum Erhalt notwendig.
Damit wird klar, dass sich traditionelles Karate zwar an den Wurzeln dieser Kampfkunst ausrichtet, aber auch gleichzeitig gewisse "Modernisierungen" im Verlauf der Überlieferungen zulässt.
Andere Zeitgenossen sagen auch: "Alles was nicht Sport-Karate ist, ist traditionelles Karate"...
Ist mir aber zu einfach gedacht...
cross-over
07-06-2012, 14:39
Womit begründest du deine Behauptung, Karate sei als "Aristokratenkunst" entwickelt worden? Karate ist meines Wissens (und auch des Wissens vieler Experten) auf Okinawa entwickelt worden, von Bauern, zum Schutze gegen bewaffnete Übergriffe der Samurai des Shimatsu Clans.
Der einfache Bauer hatte bestimmt nicht die Zeit sich mit einer KK zu beschäftigen. Das ist eine Legende. Schau mal welcher Tätigkeit die Lehrer Funakoshis nachgingen und die Lehrer der Lehrer
Im Vordergrund steht die Entwicklung der eigenen Fähigkeiten, in einem Kampf zu bestehen. Das ist die grundlegende Essenz einer jeden Kampfkunst.
Da stimme ich zu. :)
Womit begründest du deine Behauptung, Karate sei als "Aristokratenkunst" entwickelt worden?
Das ist keine Behauptung sondern historisch belegtes Faktum.
Nachzulesen etwa bei Wittwer oder Cook (möge man über ihn denken, was man will).
Karate ist meines Wissens (und auch des Wissens vieler Experten) auf Okinawa entwickelt worden, von Bauern, zum Schutze gegen bewaffnete Übergriffe der Samurai des Shimatsu Clans.
Das ist eine der übelsten Spinnereien in der Geschichte des Karate, die einfach nicht aussterben will und trotzdem sie immer neu wiedergekäut wird dennoch nicht richtiger wird.
lG
L.
Hallo Tarlo,
also ich hätte als Bauer damals echt andere Sorgen, als mich nach 16h auf dem Feld noch mit Kampfkunst zu beschäftigen.
Und gegen welche Samurai sollte sich denn ein Bauer wehren? Es gab auf Okinawa nicht so viele davon und die die da waren hatten mit Verwaltungsaufgaben zu tun.
Schau Dir mal die Ränge der alten Meister an. Das waren alles hochgestellte Persönlichkeiten.
Zur Kampfkunst gehört auch die Bildung in denen man chinesische Klassiker wie die Kunst des Krieges usw. studiert. Als analphabetischer Bauer fällt das schwer denke ich.
Gruß Holger
Der einfache Bauer hatte bestimmt nicht die Zeit sich mit einer KK zu beschäftigen. Das ist eine Legende. Schau mal welcher Tätigkeit die Lehrer Funakoshis nachgingen und die Lehrer der Lehrer
Funkakoshi 1868 – April 26, 1957 seine Lehrer lebten also um 17-1800 irgendwas
Wir reden hier von 14-15 Jahrhundert..
Kurisuchan
07-06-2012, 14:44
@tarlo: das ist nicht korekt. die einzige bauernwaffe die mir bekannt ist und den weg ins kobudo fand, waren die kama. korrigiert mich wenn ich falsch liege.
ich glaube diese geschichte das die bauern das unterrichtet haben kommt wahrscheilich durch das kobudo was ja im karate integriert war/ist. obwohl selbst dies waffen ja auch nichtvon okinawanischen bauern entwickelt worden. wieder korrigieren wenn ich falsch liege.
Da gabs noch keine Satsuma Samurai, die kamen erst 1609.
Gruß Holger
Kurisuchan
07-06-2012, 14:46
ps:soweit ich noch weiß war die bauernkaste sogar höher angesehen als die händlerkaste.
ich glaube diese geschichte das die bauern das unterrichtet haben kommt wahrscheilich durch das kobudo was ja im karate integriert war/ist. obwohl selbst dies waffen ja auch nichtvon okinawanischen bauern entwickelt worden. wieder korrigieren wenn ich falsch liege.
Meines Wissens kamen diese Waffen originär ebenfalls auch China. Passt halt so schön zum Mythos, dass die armen Bauern die letzten Werkzeuge die sie hatten zu Waffen umbauen mussten. Gleich nach der Geschichte, dass es pro Dorf während des Waffenverbotes nur ein einziges Messer gab, das streng bewacht an einen Brunnen im Dorfzentrum festgebunden war. Das hat Klasse! Das hat Stil. Da sind unsere Urban Legends nichts gegen ... ;)
lG
L.
Hallo,
Bauern und Händler waren in der Heimin Klasse und die war ganz unten.
Da glaub ich nicht, dass der eine Stand angesehener war als der andere.
Gruß Holger
Indariel
07-06-2012, 14:50
Zählt Kyokushin zu den traditionellen Stilen ? (Nach euren Definitionen meiner, Meinung nach nicht)
MMn ist der Begriff der des "traditionellen" Karate, als Sammelbegriff für eine spezifische Strömung innerhalb des Karate, sehr ungeschickt gewählt, auch wenn es sich inzwischen eingebürgert hat.
Tradition bedeutet ja nur das spezifische Handlungsmuster, z.B. Gepflogenheiten, Konventionen, Bräuche oder Sitten, seit einem Punkt x tradiert werden.
Jedoch bezeichnet "traditionelles Karate" meist einen sehr ähnlichen, systematsichen Überbau, der sich auf einen relativ spezifischen Zeitraum beruft. Diese Berufung auf eine gewisen Zeitraum/Überbau erhebt die stilspezifische Traditionen mMn jedoch nicht über andere, abweichende stilexterne Traditionen, etwa die des Kykoushins, die immer noch unter den Begriff des Karates fallen.
Von dem her ist mMn der Anspruch des "traditionellem Karate" auf eine Beanspruchung des "Traditionellen" nichtig und Kyokushin ganz klar "traditionelles Karate", da eben gewisse stilspezifische Merkmale immer weiter gegeben werde.
Kurisuchan
07-06-2012, 14:55
@luaith: wie gesagt nur die kama müssten okinawanisch sein. :-)
ps: dieser bauernmythos kann auch dadurch enstanden sein, das adlige in schlechten zeiten vielleicht mal auf dem feld gearbeitet haben, dann hauts ja wieder hin für die die das glauben wollen.
Hallo,
diese schlechten Zeiten brachen für die hochrangigen Beamten allerdings erst mit der Abschaffung des Königreichs während der Meiji Restauration an. Vorher hat sicherlich kein bauer diese adligen Privilegien genießen dürfen.
Funakoshi hatte wohl Glück das er mit Asatos Sohn befreundet war ansonsten hätte er nicht bei im lernen können, da Asato aus einer der obersten Schichten stammte und Funakoshi aus einer der unteren Beamtenschichten.
Gruß Holger
Kurisuchan
07-06-2012, 15:08
@ky0han:das mit asatos sohn ist mir neu, danke für diese info.
SKA-Student
07-06-2012, 15:31
... Gleich nach der Geschichte, dass es pro Dorf während des Waffenverbotes nur ein einziges Messer gab, das streng bewacht an einen Brunnen im Dorfzentrum festgebunden war. Das hat Klasse! Das hat Stil. Da sind unsere Urban Legends nichts gegen ... ;)
:hammer:
"Traditionell"... ist auf jeden Fall das mit am häufigsten missbrauchte Wort im Karate-Jargon.
Armes Wort, muss immer für so vieles herhalten. :o
Für / mit / gegen alles, sei es Kata, Kihon, Kumite, Kontakt, K...kein weiteres Wort mit "K" fällt mir jetzt noch ein.
Sensei-T
07-06-2012, 17:11
hiho,
die Geschichten mit den chinesischen Mönchen, die auf Reisen waren und keine Waffen tragen durften und aus der Gymnastik ein Kampfsystem entwickelten, dürften dann auch wohl eher ein Mysterium als eine "wahre" Geschichte sein - nicht wahr?
Hallo,
ganz allgemein ausgedrückt ist "traditionelles Karate" ein Werbegag, der völlig undifferenziert überall Verwendung findet. Für diejenigen, die einige meiner Auslassungen zu diesem Thema lesen möchten, sie finden sich u. a. hier:
Einloggen (http://www.karate-news.de/smfalt/index.php?topic=1532.msg10615#msg10615)
Grüße,
Henning Wittwer
PS: buddhistische Mönche, okinawanische Bauern usw. haben nichts mit der faktischen Ausbildung von "Karate" zu tun
Doc Norris
08-06-2012, 13:08
tratidionelles karate ist aus meiner sicht.:
karate in dem bewusst auf alle unnötigen "wettkampftechniken" verzichtet wird.
z.B alle high kicks... oder die ganzen spektakulären techniken mit drehung & sprung etc.pp.
im endeffekt bleibt zwar nicht viel übrig, doch das was übrig bleibt, ist einfach & direkt.
also ganz im sinne eines SV systems. :)
Und ich dachte immer, Reduktion auf immer weniger Techniken wäre gerade das Merkmal der Versportlichung ...
Ich würde eher sagen, das technische Kurrikulum ist nicht reduziert, sondern schlichtweg ein anderes.
So wie Mathematik für Physiker vs. Mathematik für Mathematiker.
lG
L.
Doc Norris
08-06-2012, 13:18
Ich würde eher sagen, das technische Kurrikulum ist nicht reduziert, sondern schlichtweg ein anderes.
So wie Mathematik für Physiker vs. Mathematik für Mathematiker.
ja da haste recht, hört sich auch besser an... :)
...
So wie Mathematik für Physiker vs. Mathematik für Mathematiker.
lG
L.
Das ist ein erschreckend gutes Beispiel :) Die Mathematiker tun auch gerne so als ob die Physiker minderbemittelt wären. Während Physiker darauf hinweisen das der größte Teil der Mathematik von Physikern entwickelt wurde :)
FireFlea
09-06-2012, 05:24
Hallo,
Bauern und Händler waren in der Heimin Klasse und die war ganz unten.
Da glaub ich nicht, dass der eine Stand angesehener war als der andere.
Gruß Holger
Im 4 Stände System ( shi nō kō shō ) der Tokugawa Zeit waren die Bauern über den Händlern (Samurai, Bauern, Handwerker, Händler).
Okay,
aber das Ständesystem der Tokugawa stimmt nicht mit dem Ständesystem des Königreiches Ryukyu übereinstimmt.
Dieses System wurde von König Sho Shin eingeführt. Das ist auf einem Monument von 1509 so festgehalten worden. Die Satsuma kamen erst 1609 und hätten ein System einführen können. Aber die waren nicht so gut auf die Tokugawa zu sprechen, da man ein paar Jahre zuvor in der Schlacht von Sekigahara gegen sie verloren hat. Das Tokugawa Shogunat entstand erst nach der Schlacht von Sekigahara und diese fand 1600 statt, also hundert Jahre nachdem König Sho Shin ein System auf Ryukyu einführte.
Das Schwertadel, Landwirtschaft, Handwerk, Handel System kann auch nicht passen, da es auf Ryukyu keinen Schwertadel gab. Da gab es nur den Erbadel (gibt es das Wort eigentlich?).
Auf Ryukyu wurde es so eingeteilt, dass zuerst der König und seine Familie kam, dann seine weite Verwandschaft. Dann irgendwelche Landfürsten, danach die Beamten in verschiedenen Stufen und ganz unten das gemeine Volk (Bauern, Fischer, Händler usw.) Das System ist sehr komplex und nicht so einfach wie das der Tokugawa.
Gruß Holger
Da gab es nur den Erbadel (gibt es das Wort eigentlich?).
"Hofadel"?
lG
L.
Dann soll es Hofadel sein... :)
Gruß Holger
War eher eine vorsichtig vorschlagende Frage. Das ist zumindest der Begriff, den ich in der Literatur bisher immer im Bezug auf Okinawa gelesen habe. Aber ob ein Chronist damit zufrieden wäre - keine Ahnung! ;)
lG
L.
Ja die Geschichte hab ich ein bisschen verka**t, aber who cares.
Ich hoffe man kann nun in diesem Thread schön lesen wasunter traditionellem Karate verstanden wird.
Handkerchief
09-06-2012, 22:34
Das ist ein erschreckend gutes Beispiel :) Die Mathematiker tun auch gerne so als ob die Physiker minderbemittelt wären.
Naja...also manches was man in der Physik so zu sehen bekommt ist aber auch stark grenzwertig...
Während Physiker darauf hinweisen das der größte Teil der Mathematik von Physikern entwickelt wurde :)
Mund...voll...:rolleyes:
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