Vollständige Version anzeigen : Wo die Selbstverteidigung anfängt..
mellow D
06-07-2012, 12:00
Hallo Gemeinde,
ich habe eine Frage, da ich zur Zeit darüber nachdenke welchem Sport ich zukünftig nachgehen möchte.
Vielleicht ist es dem ein oder anderen ein Begriff aber ich denke gerade an den Fall Tibor Sturm (einfach mal google bedienen).
Tibor Sturm ist ein deutscher mit ausländischem Aussehen der von mehreren rechtsorientierten "deutschen" angegriffen wurde und sich um sein Leben zu retten mit irgendeinem Holzknüppel der in der Nähe lag verteidigt und den Angreifern schwere Schäden zugefügt hat.
Tibor Sturm wurde daraufhin verurteilt und lebst seither mit Morddrohungen aus der rechten Ecke..
wie also weiß ich, angenommen ich würde zum Beispiel Arnis erlernen, wann ich mich verteidigen darf und wann nicht? Wird sowas auch gelehrt?
Und: in einer Extremsituation, ist es dann nicht sogar eventuell von Nachteil sich mit Waffen verteidigen zu können wenn man vor den urteilenden Augen der Justizbehörde dafür verurteilt wird?
Antworten wären für mich sehr interessant..
ich hoffe die Fragestellung ist deutlich genug
danke für das Topic.
Ein Skandal, dass er verurteilt wurde.
Wenn man sich gegen 6(!!!) angreifer wehren muss, gibt es meines erachtens keine überzogene Notwehr.
ist er denn in Revision gegangen?
Kann oder möchte nicht glauben, dass sowas wirklich in deutschen Gerichten passiert...und man nix machen kann..
edit: ich hoffe/ denke dass es hier um einen einzelfall geht und dort kein system hintersteht. Wenn man angegriffen wird, verteidigt man sich...im notfall mit allen mitteln...würde mir da im vorfeld keine gedanken drum machen
mellow D
06-07-2012, 12:13
Wie es im einzelnen war konnte ich leider nicht in Erfahrung bringen,
er war der Teamleiter in dem Call Center in dem meine Freundin vor einem halben Jahr gearbeitet hat.
Alles was ich weiß ist, dass er seine Kinder in Amerika untergebracht hat und ständig anonym unterwegs ist. Auch häufig den Wohnort wechselt.
Habe mal kurz den ersten gefundenen Artikel kopiert:
Der Albtraum des Tibor Sturm
Von Jan Jetter 20. November 2008 um 15:03 Uhr
Durch einen Artikel wurde ich kürzlich aufmerksam auf das Schicksal von Tibor Sturm. Tibor ist vielen von Euch wahrscheinlich als Mitglied des Musik-Projektes “Brothers Keepers” bekannt, die sich schon seit Jahren gegen Rassismus engagieren.
Ende 2005 wird Tibor von sechs Nazis brutal und feige angegriffen und dabei schwer verletzt. Er wehrt sich, kämpft um sein Leben und verletzt dabei einen der Angreifer unabsichtlich schwer am Kopf.
Gegen die rassistischen Angreifer wurde bis heute keine Anklage erhoben, während Tibor seit Mitte Juni für 7 Monate wegen angeblich “überzogener Notwehr” in der JVA Ingostadt sitzt. Tibor sagt dazu treffend: “Gerechtigkeit und Recht, das ist nicht dasselbe.”
Die Situation muss wirklich albtraumhaft gewesen sein: In der Nähe von Erlangen wird Tibor von den sechs Nazis nahe einem Waldstück angegriffen und gejagt. Als er stehen bleibt bekommt er umgehend unter rassistischen Beschimpfungen die ersten Schläge und Fußtritte ab, geht zu Boden, wird weiter von den sechs Nazis getreten und dabei schwer verletzt. In höchster Panik greift er um sich und erwischt eine Holzlatte, mit der er am Boden liegend um sich schlägt. Dabei wird ein Nazi so schwer am Kopf verletzt, dass er ins Koma fällt.
Für die eintreffende Polizei waren die Verhältnisse offensichtlich: Tibor ist als Opfer von sechs Nazi-Tätern angegriffen worden und hat – selbst schwer verletzt – in Notwehr gehandelt. Die Justiz sah dies offensichtlich anders und verurteilte Tibor wegen “überzogener Notwehr” zu sieben Monaten Haft (!), die Nazi-Täter wurden dagegen komplett laufen gelassen (nähere Infos: hier gucken). Das Opfer wurde also zu 100 % zum Täter gemacht!
Tibor hat sich in den letzten Tagen vor seinem Haftantritt von dem Filmemacher Otu Tetteh begleiten lassen. Entstanden ist dabei eine zwölfminütige Dokumentation, in der sich Tibor Sturm bewusst subjektiv an das Geschehen erinnert. Eindrucksvoll zeigt der Film die Ohnmächtigkeit, die der fränkische Hip-Hopper in dieser Zeit empfindet.
“Natürlich fühlte ich mich ungerecht behandelt, im Stich gelassen vom Gesetz”, sagt Tibor Sturm, dennoch möchte er sich nicht als Opfer fühlen. Aus diesem Grund wird er nicht aufhören, gegen Diskriminierung vorzugehen: “Nach meiner Freilassung werde ich verstärkt mit Jugendlichen arbeiten, besonders im Raum Erlangen, wo es meines Erachtens ein offensichtliches Problem mit Rechtextremismus gibt. Ich werde außerdem weiter Musik machen, denn das ist mein Ventil. Ich möchte, dass der Film Menschen zum Nachdenken bringt und dazu anregt, ähnliche unfassbare Geschichten im Dunst der rechten Szene öffentlich zu machen.”
Der Film kann angesehen werden unter www.alptraum.be.
Zudem freut sich Tibor über Post. Wer möchte, kann ihm gerne unterstützende Worte schreiben: Tibor Sturm, JVA Ingolstadt, Sebastianstr. 21, 85049 Ingolstadt
Trinculo
06-07-2012, 12:21
Die Eingangsfrage ist völlig überflüssig. Wenn dir sechs Typen ans Leder wollen, dann nimmst du, was du fassen kannst, und teilst aus. Glaubst du im Ernst, du lässt in einem solchen Moment Gerichtsurteile Revue passieren, um Rechtsfolgen abzuwägen?
Tibor hat richtig gehandelt, besser in der JVA als Krüppel oder tot.
Im Übrigen hat er sich vor Gericht wohl auch nicht allzu klug verhalten:
Ich habe den Richter bis aufs Blut gereizt …
… du hast den Prozess nicht ernst genommen und teilweise auf Fragen des Richters nicht geantwortet …
… und insofern ist das Urteil zu einem großen Teil auch meine Schuld. Ich habe also mein Vertrauen in die deutsche Justiz nicht verloren, ich möchte aber auch nichts mehr mit ihr zu tun haben. Wenn es wieder darum gehen sollte, um mein Leben zu kämpfen, dann werde ich kämpfen, Justiz hin oder her. Fürs nächste Mal weiß ich aber, an wen ich mich wenden und wie ich mich verhalten muss. Das alles also auf die Justiz zu schieben, wäre zu einfach.
http://www.publikative.org/2009/03/30/tibor-sturm-ich-lasse-mich-nicht-in-die-opferrolle-pressen/
wenn ich mich recht erinnere, waren wir hier oder auf einem anderen board im gespräch mit tibor.
er wollte sich aus verfahrenstaktischen gründen nicht äussern. hat sich seitdem auch nicht mehr geäussert. deswegen, und weil keine gerichtsakten vorliegen, ist nichts genaues über die bewegründe des gerichts, die zu dieser verurteilung führten, bekannt.
Die Eingangsfrage ist völlig überflüssig. Wenn dir sechs Typen ans Leder wollen, dann nimmst du, was du fassen kannst, und teilst aus. Glaubst du im Ernst, du lässt in einem solchen Moment Gerichtsurteile Revue passieren, um Rechtsfolgen abzuwägen?
Tibor hat richtig gehandelt, besser in der JVA als Krüppel oder tot.
Im Übrigen hat er sich vor Gericht wohl auch nicht allzu klug verhalten:
Publikative.org Blog Archive Tibor Sturm: “Ich lasse mich nicht in die Opferrolle pressen” (http://www.publikative.org/2009/03/30/tibor-sturm-ich-lasse-mich-nicht-in-die-opferrolle-pressen/)
das klingt so, als hätte er es auf eine verurteilung angelegt um sich in den medien feiern zu lassen...
wenn es so war: selbst schuld. wenn nicht: wie gesagt ein skandal.
wenn er nicht in berufung gegangen ist, ist er auch selbst schuld.
er sagt ja offensichtlich selbst, dass er teilweise selbst schuld ist...vielleicht wollte er so werbung für sich machen, was offenslichtlich gelungen ist, da wir ja darüber reden...
Ich glaube, dass ein richter normalerweise bei der verteidigung gegen 6(sechs!!!!) angreifer keine unverhältnismäßigkeit sehen kann, wenn er nicht gerade blind oder bescheuert ist. wenn natürlich der angeklagte (in diesem fall tibor)sich nicht verteidigt, bleibt keine andere wahl als eine verurteilung.
viel schlimmer finde ich allerdings, dass die Nazis nicht bestraft werden.
mellow D
06-07-2012, 13:53
ich weiß es nicht aber ich denke nicht, dass sein Verhalten darauf abzielte gefeiert zu werden. Ich denke das war eher der Trotz, das Unverständnis darüber wie man überhaupt angeklagt werden kann .. naja, irgendwo nachvollziehbar, wenn auch nicht sonderlich schlau.
Trinculo
06-07-2012, 14:00
ich weiß es nicht aber ich denke nicht, dass sein Verhalten darauf abzielte gefeiert zu werden. Ich denke das war eher der Trotz, das Unverständnis darüber wie man überhaupt angeklagt werden kann .. naja, irgendwo nachvollziehbar, wenn auch nicht sonderlich schlau.
Kommt mir auch so vor.
auf jedenfall würde ich mir beim aussuchen des sportes nicht von so einem drastischen fall die entscheidung beeinflussen lassen.
also, such dir einen kampfsport, ein sv-system oder sonst etwas aus, weil es dir spaß bringt, du darin sportlich aufgehst und es dir sinnvoll und richtig erscheint und wo du mit der gruppe gut klar komst, den trainer magst und es dir finanziell und zeitlich leisten kannst.
in der JVA ist wesentlich besser als tot oder intensivstation!
wenn auch nicht sonderlich schlau.
denke entweder:
total berechnend und unheimlich clever, wenn er den rummel um sich richtig zu nutzen weiß, kann er damit seine ziele im kampf gegen den rassismus verfolgen oder schlicht einfach geld verdienen (ist doch mal ein buch fällig, oder)
oder er ist total bescheuert und er läßt das alles sinnlos verpuffen..
für diese vermutung spricht auch, dass er soweit ich das hier blicke nur in erster instanz geblieben ist und wirklich eingefahren ist.
ob ich ihn nun als held feiern kann weiß ich noch nicht...einerseits ist jeder schritt gegen rechts gut..andererseits ist die ganze story recht unglaubwürdig...
Was mich mal interessieren würde ist die Urteilsbegründung gibt es die irgendwo.
Ich habe nichts im Netz gefunden normalerweise, sind doch solche Fälle sehr publiziert.
Die Geschichte von Tibor ist hart, steht hier aber nicht zur Diskussion. SV ist das Verhindern eines rechtswidrigen Angriffes. Was da nachher bei rauskommt ist immer ungewiss. Die Richter sind auch "nur" Menschen und machen (leider zu oft) Fehlurteile. Ein gültige Richtlinie zu geben ist nicht möglich.
Die Geschichte von Tibor ist hart, steht hier aber nicht zur Diskussion. SV ist das Verhindern eines rechtswidrigen Angriffes. Was da nachher bei rauskommt ist immer ungewiss. Die Richter sind auch "nur" Menschen und machen (leider zu oft) Fehlurteile. Ein gültige Richtlinie zu geben ist nicht möglich.
aber dafür kann man ja in die nächste instanz gehen. wer das nicht macht, sondern lieber einfährt, obwohl die situation nicht eindeutig ist hat selber schuld.
hier sehe ich das so:
6 angreifer sind einem verteidiger im normalfall überlegen (ausnahme: Chuck norris und steaven seagal)
wenn mir dann eine eisenstange in die hand kommt haue ich logischweise mit aller kraft drauf, um die zahl der angreifer zu reduzieren. daran sehe ich nix überzogenes...welche wahl habe ich?
aber dafür kann man ja in die nächste instanz gehen. wer das nicht macht, sondern lieber einfährt, obwohl die situation nicht eindeutig ist hat selber schuld.
hier sehe ich das so:
6 angreifer sind einem verteidiger im normalfall überlegen (ausnahme: Chuck norris und steaven seagal)
wenn mir dann eine eisenstange in die hand kommt haue ich logischweise mit aller kraft drauf, um die zahl der angreifer zu reduzieren. daran sehe ich nix überzogenes...welche wahl habe ich?
Keine. Nur geht es hier NICHT um diesen einen Fall sonder um eine grundsätzliche Frage. ;)
HatkeineAhnung
06-07-2012, 15:30
aber dafür kann man ja in die nächste instanz gehen. wer das nicht macht, sondern lieber einfährt, obwohl die situation nicht eindeutig ist hat selber schuld.
hier sehe ich das so:
6 angreifer sind einem verteidiger im normalfall überlegen (ausnahme: Chuck norris und steaven seagal)
wenn mir dann eine eisenstange in die hand kommt haue ich logischweise mit aller kraft drauf, um die zahl der angreifer zu reduzieren. daran sehe ich nix überzogenes...welche wahl habe ich?
Das Problem ist wie immer finde ich, das wir viel zu wenige Informationen und Ahnung von der Justiz haben um hier irgendetwas über das Urteil sagen zu können! Ob es ein Fehlurteil war kann ich nicht einschätzten! Könnt ihr es?
Topic: Klar? Wer von 6 Nazis angegriffen wird, wird sich mit allen Verteidigen was er hat! Egal was danach kommt
Also zu dem Fall kann und will ich mich nicht groß äußern da ich die Hintergründe nicht kenne. Nur so viel, ich bin von dem ausgehend was ich gelesen habe der Ansicht, dass er sich in diesem Fall so Verteidigen durfte wie er es getan hat.
Wer aber dem Richter in seiner eigenen Verhandlung blöd kommt..., naja entweder war das persönlich sehr dumm oder marketingtechnisch sehr klug.
Zur Notwehr bzw. Notwehrexzess, kann ich eigentlich nur das sagen was ich den Schülern bei uns auch mit auf den Weg gebe.
Immer mit äußerster Konsequenz vorgehen und erst aufhören wenn die Gefahr gebannt und/oder eine Flucht möglich ist!
Lieber zu brutal agieren, als den Angreifer nur zu "ärgern" und so eine noch schlimmere Eskalation herbei zu führen. Im Zweifelsfall muss dann ein Gericht entscheiden, aber ich bin lieber im Gefängnis als ein Krüppel oder Tot.
Außerdem sollte ich zusehen, dass ich alles getan habe, um evtl. Zeugen zu zeigen das ich nicht der Aggressor bin, sondern mich nur gewehrt habe.
Des Weiteren ist es in so einem Fall immer gut ein vorbildlicher Bürger, ohne einschlägige Vorstrafen zu sein.
Aber im Grundsatz gilt: "Auf hoher See und vor Gericht ist man in Gottes Hand." Allerdings kann ich im Gegensatz zur hohen See bei Gericht Widerspruch einlegen. ;)
Ich habe mich mal mit einem Richter der selber KK betreibt, auf nem Lehrgang etwas über Notwehr unterhalten. Der meinte das viele seiner Kollegen bei sehr schweren Verletzungen des Antagonisten, auch bei relativ klarer Ausgangslage dem sich Verteidigenden eine relativ "leichte" Strafe aufbürden, um nicht den berühmten Feifahrtschein auszustellen.
Dies gilt besonders wenn der Angreifende, der Situation nicht aus dem Weg gegangen ist, obwohl man dazu ja nur in wenigen Situationen verpflichtet ist (Das Recht braucht dem Unrecht nicht zu weichen.)
Was aber an dieser Aussage nun dran ist kann ich aber nicht sagen, ich gebe sie nur Sinngemäß wieder.
Und: in einer Extremsituation, ist es dann nicht sogar eventuell von Nachteil sich mit Waffen verteidigen zu können wenn man vor den urteilenden Augen der Justizbehörde dafür verurteilt wird?
Das gute alte, "Kampfsportler werden härter bestraft".
Ich hab mich dazu mal mit ein paar befreundeten Anwälten und Polizisten unterhalten, unter anderem auch Polizeiausbildern.
Deren einhelliger Tenor, ja es kann einem negativ ausgelegt werden wenn man trainierter Kampfsportler ist. Das gilt vor allem für den Anwalt der Gegenseite bei evtl. Schmerzensgeldklagen.
Man ist aber nicht verpflichtet seine Erfahrung in KS/KK anzugeben und in der Regel wird das auch nicht überprüft. Wie auch, die können ja schlecht jeden Verband/Verein anfragen ob man da Mitglied ist.
Also im Ernstfall schön die Schnauze halten und nur bei direkter Nachfrage Auskunft geben (besser nicht Lügen) oder die Auskunft verweigern.
Das ist zumindest das was ich dazu gehört habe, würde mich aber Interessieren ob es dazu noch andere Kenntnisstände gibt.
shenmen2
06-07-2012, 18:33
viel schlimmer finde ich allerdings, dass die Nazis nicht bestraft werden.
Körperverletzung ist ein Antragsdelikt, das nur verfolgt wird, wenn das Opfer Anzeige erstattet. Wurde denn überhaupt Anzeige erstattet ?
Körperverletzung ist ein Antragsdelikt, das nur verfolgt wird, wenn das Opfer Anzeige erstattet. Wurde denn überhaupt Anzeige erstattet ?
1. Körperverletzung ist kein reines Antragsdelikt, sondern auch Offizialdelikt. Es kann auch ohne Strafantrag verfolgt werden bei besonderem öffentlichen Interesse.
2. Wird die Körperverletzung mit einem anderen Beteiligten zusammen begangen, liegt eine gefährliche Körperverletzung vor, §224 Abs. 1 Nr. 4 StGB. Nur das Grunddelikt Körperverletzung (und die fahrlässige Körperverletzung) ist meines Wissens nach auch Antragsdelikt. Die Qualifikationen (Gefährliche Körperverletzung, Schwere Körperverletzung, Körperverletzung mit Todesfolge) sind alle Offizialdelikte.
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