Reise Nach Ravenna - Italienischer Stockkampf [Archiv] - Kampfkunst-Board

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roberto
25-02-2004, 21:13
Als ich Christian von Praun vom Flughafen Bologna-Forlí abholte regnete es. Im Hotel angekommen machten wir es uns bei einem guten und sehr günstigen Essen in einer nahgelegenen Trattoria bequem und hofften auf Wetterbesserung. Abends trafen wir dann auf Maestro Merendoni und besprachen u. a. den Ablauf des ersten Trainingstages.

Am nächsten morgen ging es dann um 11:00Uhr los. Das Thema war der Umgang mit dem bastone da passeggio, dem Spazierstock. Der Spazierstock gliedert sich in zwei Bereiche auf, Stiche und Hiebe. Auch entspricht die traditionelle Übungsform nicht unbedingt der Bewegungsform im Kampf. Einige Bewegungen wurden aus traditionellen Gründen weitergegeben und werden im realen Kampf weniger zum Einsatz kommen. Das System ist sehr zentralisiert und verfügt über sehr kurze Bewegungssequenzen.
Ein weiterer schwerpunkt dieser Kampfmethode ist der Kampf gegen mehreren Gegnern. Die hierbei verwendeten Techniken heissen scacciamenti und man verwendet sie wenn man mit dem Rücken zu einer Wand steht oder sich im offenen Raum befindet. ZumTeil können diese Techniken auch dazu eingesetzt werden den Gegner - vor allem wenn er über eine kürzere Waffe verfügt als man selbst - vor sich herzutreiben.

Nachmittags widmete sich Maestro Merendoni dem manganello, dem italienischen Kurzstock. Das System zeichnet sich durch seine Einfachheit aus. Es besteht anfänglich aus nur sehr wenigen Bewegungsabläufen und einer einfachen Schrittarbeit. In Italien der Jahre 1850 - 1950 waren die Meister der bürgerlichen Systeme entweder auf den Stock ODER das Messer spezialisiert. Man beherrschte zwar beide Schulen, konzentrierte sich jedoch verstärkt auf einen der beiden Bereiche. Deshalb wäre es falsch anzunehmen, der manganello und der bastone da passeggio seien nur eine Art Notlösung gewesen, wenn grad kein Messer zur Hand war.

Der zweite Tag war dem coltellacio(Langmesser)/ der storta (Krummesser) gewidmet. Bei dieser Methode kommen die Prinzipien des Spazierstockes UND des Kurzstockes zum Tragen. Desweiteren verändert ein Handschutz das Verhalten der Waffe bei Bindungen und Paraden. Weiterhin unterscheiden sich beide Waffen (Langmesser und Krummesser) durch die Form der Klinge. Während beim Langmesser der Stich die tragende Rolle hat, kommen beim Krummesser vermehrt Schnitte zum Einsatz.

Abschleissend zeigte uns Maestro Merendoni noch die Handhabung des bastone a due mani (zweihändiger 90cm Stock), erklärte die Prinzipien des italienischen waffenlosen Kampfes a calci e schiaffi und vertiefte einige Konzepte des Messerkampfes der bürgerlichen Schichten Italiens, wie den kampf aus tiefen Stellungen, questioni und die Techniken der Santa Lucia (für den Kampf gegen mehreren Gegnern)

Am letzten Tag rekapitulierten Christian und ich alles erlernte nochmal am Strand und genossen die gute Luft und den andauernden Regen. Abends besuchten wir ein letztes mal Maestro Merendoni und machten uns früh am Tag darauf auf die Heimreise zum Flughafen Bologna-Forlí.

Roberto Laura
Neckarsulm, 25.02.2004

Eskrima-Düsseldorf
26-02-2004, 11:22
Hi Roberto,

es war eine sehr interessante Reise, schade finde ich nur, daß ich jetzt neue Vorurteile brauche (das italienische Wetter ist scheiße, Ravioli schmecken doch und meine Kamera wurde nicht geklaut). Ich hoffe Du bist gut durchs Bayernland nach Hause gekommen?

Grüße

Christian

P.S.: Wir können den Beitrag ja dann ins Europa-Forum verschieben sobald es fertig ist :cool:

jkdberlin
26-02-2004, 11:35
Ach, Cesenatico...verdammt lang her ;)

Eskrima-Düsseldorf
05-03-2004, 09:22
Hier ist ein Versuch, die Spazierstockmethode zu beschreiben:

click mich und dann auf "Artikel" (http://www.scherma-di-daga.de/)

Grüße

Christian

El Loco
06-03-2004, 12:58
Hi,

sounds interesting! Mehr davon...