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Vollständige Version anzeigen : Taiji - Einzeltechniken



Yangshuo
26-07-2012, 20:03
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Simplicius
26-07-2012, 20:54
Hallo

Was ist eure Meinung zu Einzeltechniken (abseites von ph) im Taiji?


YS


Was meinst Du, Anwendungen?
Oder bestimmte Bewegungen immer wieder üben (z.B. viele Fauststöße hintereinander)?

Yangshuo
26-07-2012, 21:19
.

klar
26-07-2012, 21:27
Die Einzeltechniken sind gut, aber man weiß oft nicht wie man sie anwenden soll.

Einfachstes Beispiel:
aufstehen aus der Hüfte, wie vom Barhocker, öffnen des Kua
o.k. man übt die Bewegung, einsetzen, explodieren, auf den Barhocker setzen, vom Barhocker aufstehen
man weiß auch für was das gut ist und kennt die Anwendung
aber wirklich begriffen habe ich es erst als ich bei Parvis Karimi Boxen gelernt hab, und er mich stundenlang vorm Spiegel linke und rechte Gerade hat üben lassen, mit Körperdrehung und -streckung und vor allem aus der Hüfte
im Boxen habe ich erst die Arbeit mit dem Kua richtig begriffen!

Und so ging es mir mit vielen Dingen. Die Anwendungen des Taiji habe ich erst in diversen Vollkontakt-SV-Stilen erkannt.

Man kann durchaus eine Einzeltechnik aus dem Taiji nehmen und explizit trainieren. Ich finde das gut. Das ist zwar nicht der klassische Weg (man lernt erst alle Bewegungen, dann alle Bewegungen in allen Vertiefungsstufen), aber man muss selber entscheiden ob man eine klassische KK um ihrer selbst willen lernen möchte, oder ob man für sich lernt, und zwar das was einem persönlich taugt. Ich finde Taiji gut, und ich finde Einzeltechniken gut -> mit innerem Fokus. Die Tradition ist mir wurscht.

Hongmen
26-07-2012, 21:37
Ich meine Techniken in der Anwendung. Unterrichtet als Einzeltechniken. 'A' schlägt und 'B' verteidigt.

YS

Sowas hier?

A0cK7SXia5c

klar
26-07-2012, 21:44
Nix gegen Detlef, aber Movs nach dem critical point sind uninteressant.
(Ich glaube nicht, dass man sich damit ernsthaft gegen ein paar Schläger durchsetzen kann, sorry.)

Hongmen
26-07-2012, 21:46
Nix gegen Detlef, aber Movs nach dem critical point sind uninteressant. Was ist für Dich der critical point?

klar
26-07-2012, 21:54
Der Erstkontakt. Die direkte Konfrontation, Abwehr, Deckung.
Wenn ich meinen Gegner bereits kontrolliere, dann kann ich (für einen kurzen Moment) alles mit ihm machen. Die entscheidende Phase ist kurz davor, wenn der Schlag kommt. Für nachher gibts genügend Würfe und gemeine Sachen. Aber wenn Klitschko zuhaut brauchst Du entweder eine gute Deckung oder abartige Reflexe, sonst wirds Nacht. Mich interessieren instinktbasierte Verhaltensweisen für genau diesen Augenblick. Und da ist Taiji hervorragend, und deckt sich mit den allerneuesten Erkenntnissen der Super-Trooper-Systeme.

Ansonsten halt einfach mal Sparring machen, dann merkt man ganz schnell wo man steht. Das ist zwar nichtmal ansatzweise richtige SV, aber man lernt trotzdem eine Menge. Das was Detlef zeigt schafft er wahrscheinlich im Sparring nicht, ohne ihm etwas unterstellen zu wollen.

@hongmen: Falls Du selber Detlef bist, so entschuldige bitte meine Offenheit.
Wir können uns gern mal treffen und uns austauschen, ich wohne bei Augsburg.
auf NGAF - Home (http://www.ngaf.de) findest Du meine Daten
bitte nicht böse sein ... :blume:

Hongmen
26-07-2012, 22:12
Der Erstkontakt. Die direkte Konfrontation, Abwehr, Deckung.
Wenn ich meinen Gegner bereits kontrolliere, dann kann ich (für einen kurzen Moment) alles mit ihm machen. Die entscheidende Phase ist kurz davor, wenn der Schlag kommt. Für nachher gibts genügend Würfe und gemeine Sachen. Aber wenn Klitschko zuhaut brauchst Du entweder eine gute Deckung oder abartige Reflexe, sonst wirds Nacht. Mich interessieren instinktbasierte Verhaltensweisen für genau diesen Augenblick. Und da ist Taiji hervorragend, und deckt sich mit den allerneuesten Erkenntnissen der Super-Trooper-Systeme.

Ansonsten halt einfach mal Sparring machen, dann merkt man ganz schnell wo man steht. Das ist zwar nichtmal ansatzweise richtige SV, aber man lernt trotzdem eine Menge. Das was Detlef zeigt schafft er wahrscheinlich im Sparring nicht, ohne ihm etwas unterstellen zu wollen.

Da hast Du in allem völlig recht, inklusive das ich das im Sparring so nicht anwenden könnte, höchstens zufällig.

Dennoch möchte ich einen Moment als Beispiel bringen, wie Tai Chi mit dem critical point umgehen könnte. Ab 0.54 sieht man wie ich die Kraft erstmal kurz ins Leere laufen lasse. Das ist ein wesentlicher Bestandteil funktionierender SV, der einwirkenden Kraft keinen Touchpoint zu liefern.

Primo
26-07-2012, 22:21
Mich interessieren instinktbasierte Verhaltensweisen für genau diesen Augenblick.


http://www.urbancombatives.com/defaultart.htm

evtl. ganz interessant für Dich.



Gruss

klar
26-07-2012, 22:21
@hongmen:
O.K.. Es waren auch weiter hinten im Video ein paar sehr gute Sachen zu sehen. Mir ist bloß das "Kopf-verdrehen" am Anfang etwas zu spät vorgekommen. In diesem, gezeigten Moment könnte man so ziemlich alles anwenden, inkl. dem Gegner in der Nase rumpopeln. :D

Yangshuo
26-07-2012, 22:22
.

klar
26-07-2012, 22:33
http://www.urbancombatives.com/defaultart.htm

evtl. ganz interessant für Dich.



Gruss

Danke! :)

Ich habs mir in die Favoriten gelegt. Muss ich mir mal in Ruhe durchlesen. Danke. :halbyeaha

klar
26-07-2012, 22:46
Danke Hong für das Vid. Ich erlaube mir aber noch ein weiteres anzufügen.
Yang Style Tai Ji Fighting Techniques - YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=EpuVpNfhHUg)


YS

Fast zu perfekt. Entweder war der rote sehr willig, oder der blaue hat länger und intensiver gelernt und trainiert als die meisten Westler dazu bereit wären.
Sehr schöne Technikvorführung, aber halt eine perfekte Vorstellung. Und wenns nicht geklappt hat wurde es rausgeschnitten ...
Ich halte leider nicht sehr viel von solchen sterilen und perfekten Sachen, da da sehr oft gefakt und choreografiert wird. Da finde ich Hongmens Video authentischer. Just my 0,002 Cent.

volition
26-07-2012, 23:02
Hallo

Was ist eure Meinung zu Einzeltechniken (abseites von ph) im Taiji?


YS

Ich bin der Meinung das die Techniken die in den Formen stecken trainiert werden sollten. Allerdings nur in grobem Maße, da zuviel Technik unser Handlungsmuster wiederrum einschränkt und uns gedanklich auswählen lässt wenn es darauf ankommt. Das blockiert.
Ich sehe die Formen eher als ein Werkzeug an, meinem Körper Struktur, Gefühl, Haltung und Dynamik anzutrainieren. Mit diesen Sachen kann ich wunderbar in den vielen Partnerübungen arbeiten und diese ausbauen (z.B.: pushhands oder später auch freies pushhands....).
Meiner Erfahrung nach führt das zum A schlägt B etc..., weil wir uns dabei genau diese Sachen zunutze machen.

Wie sind eure Erfahrungen in dieser Hinsicht?

Klaus
27-07-2012, 11:47
Ich kann mich mit einigen ausgewählten "Drills" für tatsächlich häufige Angriffe anfreunden, auch und insbesondere dann wenn der Angreifer nicht aufhört sondern versucht SINNVOLL weiter zu machen bis er nicht mehr kann (also liegt, oder in richtig doofer Position ist).

Was ich nicht möchte sind "Drills" wo der "Angreifer" es mit Stan-Laurel-"Angriffen" probiert, "Fauuuuststoooooss aus der Hüüüüfte" mit weiter Vorlage wie im Karate-Champion-Videospiel auf dem C64. Und dann gefriert wenn er die Faust in die Luft hält. Sowas braucht nicht nur kein Mensch, es zerstört jegliches echte Gefühl für Angriffe, Wirkung, Timing und was man so braucht. Insofern ist das Yang-Stil-Video ein Musterbeispiel wie man es NICHT macht. Sowas ist ganz grosser Kokolores hoch drei.

16oz-Boxhandschuhe an beim Angreifer, Helm und Weste beim Verteidiger, und dann darf der Angreifer völlig improvisiert Jabs machen. Nicht durchziehen, aber mit normaler Geschwindigkeit zur Brust oder die Stirn hauen. Wenn man vorhat Rammstösse einzubauen muss auch der Angreifer eine ordentliche Weste tragen, am besten mit harter Einlage. Bei Kontakt zum Kopf natürlich einen Helm, mit Plexiglassvisier wenn es mal zu einem Kopfstoss kommt.

Sowas ist natürlich nur interessant für Leute die das auf diesem Niveau üben wollen. Ich habe jedes Verständnis dafür wenn sich die Hausfrau oder der Freizeitspieler das nicht antun will.

Odysseus22
27-07-2012, 11:58
Ich find das Yang-Stil-Video nicht schlecht, natürlich kann man das ausbauen, zB sich auf einige Techniken beschränken und die realistischer üben.

tomdada
27-07-2012, 13:38
Das eine tun, das andere nicht lassen? Wozu Formen lernen, wenn man die darin enthaltenen Techniken nur in der leeren Form belassen will und im Kampftraining nur das einsetzt, was "funktioniert". Funktionieren gedeutet, dass man diese (Re-)Aktion schon beherrscht. Man lernt also nicht dazu, sondern bleibt auf dem Niveau simpler Schulhofrangeleien. Wozu dann das ganze Brimborium? Da brauche ich doch kein Taiji für!

Es fehlt ein Link, ein Zwischending zwischen Form und echtem Kampf auf Leben und Tod, d.h. ein Rahmen, in dem die Anwendung gelernt und geübt werden kann, ohne jedes Mal gleich mit gebrochenen Rippen im Bett zu landen. Und dieser Link besteht darin, Einzeltechniken zu perfektionieren und die Anwendung in kontrolliertem Rahmen zu üben.

Um Techniken mit Leben zu erfüllen, muss man verstehen, wie sie funktionieren sollen. Dazu sind Uebungen wie im gezeigten Yang-Stil-Video ein erster Schritt, aber natürlich noch sehr weit vom wirklichen Kampf entfernt. Drills mit gestellten, choreographierten Situationen helfen, auch Bewegungen, deren Sinn und Zweck man noch nicht verstanden hat, oder bei dessen Ausführung es noch hakt auszuprobieren, bis man sie hoffentlich versteht. Im Sparring kann man das nicht unbedingt, denn wenn man jedes Mal das Gehirn durchgeschüttelt kriegt, wenn man feststellt, dass man noch nicht weiss, wie man eine bestimmte Aktion anwenden kann oder sie einfach noch nicht beherrscht, dann wird man entweder nur noch die Dinge einsetzen, die man schon beherrscht oder schnell lernen kann, oder man wird wegen dauernden Durchschüttelns einen Hirnschaden davontragen (nicht ganz ernst gemeint).

Eine "Vertechnisierung" findet dabei tatsächlich statt, und es wird Jahre dauern, bis eine bestimmte Bewegung so verinnerlicht wurde, dass sie spontan, ohne nachdenken und mit dem richtigen Timing als passende Antwort auf eine ebenfalls spontane Aktion des Gegners ausführbar wird. Ohne einigermassen realistisches Kämpfen zur Übung geht das natürlich auch nicht.

Erinnert Ihr Euch, wie man Laufen lernt? Nein, die Kinder entscheiden sich nicht eines Tages, auf einen 100km-Marsch zu gehen, sondern die Eltern verordnen den Kindern typischerweise monatelang vorbereitende Uebungen und unrealisitische Drills in gestellten Situationen. Die ersten Schritte klappen dann tatsächlich nur mit bewusster Anstrengung und meist von den Eltern sorgfältig choreographiert, und manche Kinder kriechen lieber noch eine ganze Weile auf allen Vieren rum, weil sie finden, dass diese Bewegungsweise "funktioniert" und für sie viel effizienter und effektiver ist als dieses unnötig komplizierte und unnatürliche Gehen auf zwei Füssen unter Ausnützung von mystischen und unverständlichen Konzepten wie "Gleichgewicht". Trotzdem: 20 Jahre später können die meisten Menschen ganz spontan und natürlich gehen, weichen selbst Hindernissen aus ohne einen einzigen Gedanken daran zu verschwenden, ja, "erfühlen" sogar mit dem ganzen Körper solche Hindernisse und reagieren in effektiver und "funktionierender" Weise auf sie und bewegen sich mit dem richtigen Timing und Koordination selbst in schwierigen Umgebungen wie Menschenmengen oder Verkehrsgetümmel erfolgreich.

Das ist der Unterschied zwischen einer Kampfkunst und Kämpfen-lernen-im-Sparring: Wer einfach nur effektiv parieren, schlagen und treten lernen will, der kann das viel einfacher haben als mit einer Kampfkunst, die sehr viel Zeit verschlingt, bis sie anwendbar wird. Es spricht jedoch gar nichts dagegen, diese Wege parallel zu gehen, oder? Ich wollte damit ja auch nicht sagen, man solle 5 Jahre Formen üben, bevor man das erste mal einen Tiefschutz montiert und sich mit jemandem misst. Wenn man jedoch Technik überhaupt keine Bedeutung zumisst, dann muss man sich wohl schon fragen, ob chinesische KKs, egal ob innere oder äussere, wirklich den richtigen Weg darstellen.

Nur meine bescheidene Meinung.

Klaus
27-07-2012, 13:42
Ein Videospiel-"Karatepunch" bleibt ein Videospielpunch, und das wird nicht besser wenn der einen Helm trägt und man ihm voll dagegen kloppt während er eingefroren wartet dass man die Aktion macht.

Das muss auch nicht ausarten dass der Angreifer voll um sich schlägt, das kann man auch als "Punktspiel" gestalten dass der Angreifer einem schnell gegen Kopf/Stirn tippt, oder mit leichten aber zügigen Kicks gegen eine Weste Punkte ergattert. Auch mal mit schnell reinlaufen und Stakkatotippen, so laufen nämlich nicht wenige dumpfe Schlägereien von Wenigkönnern ab. Wenn man sowas zuverlässig abwehren kann, ist man einen grossen Schritt weiter, insbesondere übt man Eingänge und das Vermeiden von Linien auf denen man sofort Schläge zum Kopf kassiert.

Das macht übrigens eher Sinn, wenn man daneben auch das komplette Grundlagentraining absolviert, sonst hat man ja nichts das man tun kann.

Richard22
27-07-2012, 14:17
Die erste Chen alter Rahmen, nebst der zweiten, alter Rahmen sind die ältesten Taiji Formen, die auf uns gekommen sind.

Darin enthalten sind so gut wie alle 32/36 Stücke/ Shi's von Qi Jiguang.

Also muß man diese isoleiren und üben - alle haben einen taktischen Zweck. Fast alle sind Angriffe.

Dazu haben wir noch einige Zugaben in den beiden Formen, die möglicher Weise auch Chen Changxing zurück gehen.

Yang Cheng Fu's Form ist nur eine Umdeutung und Vereinfachung der ersten Form. Da der Mann das meiste einfach umgedreht hat ist die Form aber klasse, um den historischen Inhalt der ersten Form alter Rahmen zu überprüfen.

Dazu haben wir noch Qi Jiguangs Werk in mehren Ausgaben.

Daraus läßt sich ein Großteil der historischen Stücke ableiten und rekonstruieren.

Diese kann man dann in der Anwendung üben und versuchen zu beurteilen.

Fechtergruß

Heping
27-07-2012, 15:13
Fast zu perfekt. Entweder war der rote sehr willig, oder der blaue hat länger und intensiver gelernt und trainiert als die meisten Westler dazu bereit wären.
Sehr schöne Technikvorführung, aber halt eine perfekte Vorstellung. Und wenns nicht geklappt hat wurde es rausgeschnitten ...
Ich halte leider nicht sehr viel von solchen sterilen und perfekten Sachen, da da sehr oft gefakt und choreografiert wird. Da finde ich Hongmens Video authentischer. Just my 0,002 Cent.

Das ist Lehrmaterial und Prüfungsstoff aus dem Duanwei-Programm. Da geht es eben darum, dass deutlich zu veranschaulichen. Natürlich kann man das auch frei üben, aber beim Lehrmaterial müssen die Techniken klar ersichtlich sein, that's all. Ich bin mir sicher, dass der Blaue das auf einem sehr hohen Niveau auch ohne Lehrmaterial-Struktur "freestyle" bringt.

Yangshuo
27-07-2012, 15:15
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tomdada
27-07-2012, 16:16
Das macht übrigens eher Sinn, wenn man daneben auch das komplette Grundlagentraining absolviert, sonst hat man ja nichts das man tun kann.

Eben! Und Einzeltechniken gezielt zu drillen gehört zu diesem Grundlagentraining. Ohne gestellte Situationen kann man sie aber nicht drillen, denn Drill bedeutet Wiederholung, und von selbst ergeben sich diese Wiederholungen nicht. Und je weniger gut die gedrillte Technik sitzt, desto mehr Hilfeleistung muss der Trainingspartner halt geben. Es ist ziemlich witzlos, jemandem die Faust an den Kopf zu hämmern, wenn der gerade eine Verteidigung drillen soll, die er halt noch nicht so gut im Griff hat, dass er einen realistischen Angriff damit abwehren kann. Also kriegt er zuerst Bilderbuchangriffe geliefert. Das ist umso wichtiger, je gefährlicher das "Spielzeug" wird - es gibt ja auch noch Waffen, deren Einsatz zu üben ist.

Daneben gibt es natürlich jede Menge anderer Übungen. Was mir persönlich als Drill auch noch gefällt, wenn genügend Leute zur Verfügung stehen: Verteidiger stellt sich auf, der Rest der Gruppe steht Schlange und spielt Angreifer. Jeder probiert einen Angriff. Das kann man in Varianten von völlig frei bis zu vorgeschriebenen Angriffen/Verteidigungen spielen. Das hat natürlich die üblichen Schwächen: Z.B. muss man nicht darauf achten, am Ende eines Zusammenstosses eine vorteilhafte Position zu haben, da eh danach wieder der nächste drankommt. Dafür kann man so auch ganz gut den Fall üben, bei dem ein Angreifer ohne Rücksicht auf Verluste agiert - etwas, was im Sparring kaum vorkommt, aber auf der Strasse vielleicht(?) nicht so selten ist.

Klaus
27-07-2012, 16:41
Die "Techniken" gibt es zumindest in manchen Substilen durchaus, Wu hat z.B. ein Curriculum von genau definierten Aktionen die dediziert trainiert werden. Das sind aber keine lustigen Laurel&Hardy-"Fussfeger" wo der Angreifer vorher schriftlich zusichern muss dass er sich wirklich nicht bewegt wenn der Partner seinen "Konter" macht.

Odysseus22
27-07-2012, 16:49
Verteidiger stellt sich auf, der Rest der Gruppe steht Schlange und spielt Angreifer.
Ja, das macht Spaß! :)

Klaus
27-07-2012, 17:04
Hatten wir ja schon öfter, aber hier sieht man in manchen Ausschnitten die "Einzeltechniken". Ohne "Du bleibst hier stehen und ich gehe so rum und ziehe Dich dann über mein Bein, aber nicht mitdrehen, das gilt nicht!".

DUmaFgzD2nk

Yangshuo
27-07-2012, 17:17
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Richard22
28-07-2012, 10:32
Ich denke, die Originalstücke von Qi sind einfach in Vergessenheit geraten. Gerade Taiji hat ja einige massive Traumata erlitten, was die Überlieferung angeht.

Man findet Stücke von Qi im Karate, im Ing Un - nur nicht mehr im Taiji.

Das Schieben mit den Hände ist eine reine Übung, wenn man will ein Partnerdrill. Erst was danach kommt, Zerstreuende Hände oder Schlagende Hände, geht in Richtung Gefecht.

Die historischen Stücke müssen alle wieder rekonstruiert werden. Ich arbeite daran schon länger. Es wäre aber gut, wenn eine solche Arbeit auf den Schultern möglichst vieler Taiji'ler erfolgen würde.

Fechtergruß

Klaus
28-07-2012, 11:52
Welche entstehen denn nicht aus einer PH-Situation, ausser präemptive Tritte oder Schläge ? Gegner greift mit einem Kick oder Schlag an oder rennt in einen rein, man meidet Schlag oder Kick oder fängt das, und dann ist man im Grappling. Und da macht man ursprünglich im Taijiquan eben nicht Judo, nicht Kickboxen, nicht festhalten und rumreissen, sondern solche Sachen. Je weniger der andere kann umso schneller hat man den Ansatz. Oder denkt hier einer im Ernst dass einer ja nur schnell und hart reissen muss und dann "funktioniert" das was Ma da macht nicht mehr ?

Yangshuo
28-07-2012, 12:27
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Klaus
28-07-2012, 14:43
In einem vernünftigen Training wird genau das gemacht, einer greift schlicht mit Führhänden, Kicks oder Takedowns an, und der Verteidiger übt das meiden und blocken der Angriffe bis er den Eingang bekommt. Und dann wechselt man. Wenn man das nicht will dann lernt man eben nichts, und wenn man sich auf den Kopf stellt dass es da was geheimnisvolles geben muss das noch nie ein Mensch zuvor erblickt hat. Es ist stupides, simples Draufkloppen von der einen Seite, und die andere wehrt ab, und dann wechselt man. Solange bis man nachts um 3 geweckt werden kann und wehrt jede normale Attacke im Schlaf ab. Dann hat man auch seine Eingänge, die werden dabei geübt. Ob das Tante Käthe heute auch noch weiss, lasse ich mal dahingestellt. Ma Jiangbao hat mal von solchen Drills erzählt, und Adam Hsu ebenfalls. Letzteren kann man ja mal fragen, der war schliesslich nicht bei einem Trachtenverein sondern in einem Lehrgang von Liu Yunqiao für Leibwächter für den taiwanesischen Präsidenten, und da kam man sicher nicht von der Strasse sondern war vorher bei Militär oder Geheimdienst.

Yangshuo
28-07-2012, 15:14
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Klaus
28-07-2012, 22:51
Nein die fanden es nicht so gut wenn ich da auf Hausfrauen eingeprügelt hätte, aber Du kannst Dich gerne freiwillig melden und wir machen mal so ein Training.

Richard22
29-07-2012, 10:10
Generell sind das mit Sicherheit die richtigen Gedankengänge, Klaus. So unterrichte ich Taiji. Die Arme bekommen dabei am meisten ab, weil es sich ja um lange Faust handelt.

Im Historischen Ringen heißt das Zulaufen, also der Eingang des Gefechts in das Band.

Bei Chen Changxing finden wir die Betrachtungsweise, daß Angriff generell schwieriger als Aufnehmen ist (Liechtenauer sieht es genauso).

"Sich als erster zu bewegen, vor dem Gegner, wird Meisterschaft genannt, sich später als der Gegner zu bewegen, wir Junger Bruder genannt. Lehre den Angriff, das Vorgehen, nicht den Rückzug".

Qi Jigaungs Stücke/ Shi's sind fast alles Angriffe, machen offenbar ohne Band, also aus dem Zulaufen, manche setzen die Annäherung des Gegners vorraus. Eine Abwehr, wie wir sie in der modernen Asia KK sehen, gibt es nicht.

Tui Shou/ Schiebende Hände ist eine reine Gefühlsübung, wie das Chi Sao/ Klebende Hände im Ing Un. Niemand kann damit kämpfen, es soll Teilfertigkeiten üben.

Fechtergruß

Yangshuo
29-07-2012, 11:11
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Simplicius
29-07-2012, 12:54
"Sich als erster zu bewegen, vor dem Gegner, wird Meisterschaft genannt, sich später als der Gegner zu bewegen, wir Junger Bruder genannt. Lehre den Angriff, das Vorgehen, nicht den Rückzug".


kannst Du dazu eine Quelle angeben?

wie passt das zu "der Gegner bewegt sich nicht, ich bewege mich nicht, der Gegner bewegt sich, ich bin schon da."

Laut JS ist für den weniger Fortgeschrittenen der Angriff das Mittel zur Wahl, während der Meister sich der Aktion des Gegners anpassen kann.

vergl.:


Aber erst wenn ich Partners/ Gegners Energiearbeit verstehen kann, kann ich das Umsetzen, was Taiji ausmacht: Ständiger Wechsel. Dabei ist der Partner/ Gegner der Taktgeber, nicht mein Ich.

Simplicius
29-07-2012, 12:56
Noch was aus dem Chen.


Chen Erhu (???) - Chen family taijiquan (?????) applications - YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=1Qu56Se2rnY)


YS

Bei den Abwehren der Telegraphie-Schläge ist das irgendwie 1-2, der Angriff kommt nicht gleichzeitig mit der Abwehr .

Klaus
29-07-2012, 14:18
Noch was aus dem Chen.


Und wer greift so an ? 5jährige Mädchen ?

Yangshuo
29-07-2012, 14:57
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Klaus
29-07-2012, 15:48
Nein gibt's nicht. Entweder man macht das aus einem PH-Setup heraus um sich in Ruhe mit den Details zu beschäftigen, oder man macht das aus einem Angriffssetup heraus, und da greift der Angreifer an. Hört sich komisch an, ist aber so. Angreifer, die angreifen. Mit Schlägen. Und sogar in echt. Gibt noch die Variante "Partnerformen", aber das ist halt Form.

T. Stoeppler
29-07-2012, 15:48
Ohne ordentliche Angriffe lernt man keine ordentlichen Kontertechniken.

Gruss, Thomas

Yangshuo
29-07-2012, 16:49
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T. Stoeppler
29-07-2012, 17:20
Eigentlich eher mit der Technik. Die Intensität meine ich gar nicht so sehr, sondern wirklich eben ordentliche Angriffe. Also aus der richtigen Distanz gestartet, mit ordentlicher Geschwindigkeit, mit guter technischer Mechanik (also nicht das, was ne Stunde braucht, bis die Faust dahingestolpert kommt) mit Trefferabsicht und ein bischen Struktur und "Durchzug".

Das ist gutes formelles Üben und nur so wird eine Technik überhaupt "technisch". Wenn das mal sitzt, dann kann an der Intensität gearbeitet werden.

Gruss, Thomas

WingChun77
29-07-2012, 17:56
Hallo Klaus!


(...) Was ich nicht möchte sind "Drills" wo der "Angreifer" es mit Stan-Laurel-"Angriffen" probiert, "Fauuuuststoooooss aus der Hüüüüfte" mit weiter Vorlage wie im Karate-Champion-Videospiel auf dem C64. Und dann gefriert wenn er die Faust in die Luft hält. (...)

Sehr schön formuliert! Dem kann ich nur zustimmen!



16oz-Boxhandschuhe an beim Angreifer, Helm und Weste beim Verteidiger, und dann darf der Angreifer völlig improvisiert Jabs machen. Nicht durchziehen, aber mit normaler Geschwindigkeit zur Brust oder die Stirn hauen. Wenn man vorhat Rammstösse einzubauen muss auch der Angreifer eine ordentliche Weste tragen, am besten mit harter Einlage. Bei Kontakt zum Kopf natürlich einen Helm, mit Plexiglassvisier wenn es mal zu einem Kopfstoss kommt.

Wir lassen Boxhandschuhe weg und nutzen Sandsackhandschuhe (die alten von KWON), damit auch noch ein paar Greifaktionen möglich sind. Aber ansonsten absoluter Konsens!



Die erste Chen alter Rahmen, nebst der zweiten, alter Rahmen sind die ältesten Taiji Formen, die auf uns gekommen sind.

Hallo Richard!

Sage mal, hast du da Clips zu, wo sich dies einmal für einen ersten Eindruck sichten ließe?


Zum Thema!
Das Ganze sollte eine gewisse genetische Entwicklung in sich tragen und am Ende auf wenige Prinzipien zurückzuführen sein. Es bringt meiner persönlichen Meinung nach nichts, wenn das (End)Ziel im Training darin besteht, dass für jedes Formbild eine Anwendung gefunden und diese dann mehr oder weniger auswendig gelernt wird. Wobei dies für den Beginner mehr als in Ordnung ist, da dieser die Gesamtstruktur noch nicht überblickt. Jedoch sollte sich mit kontinuierlicher Praxis mehr und mehr eine Art "Konzept" einstellen, auf welches der Anwender sich verlassen kann und damit von den "Drills" gelöst wird, auf dass er "flexibel" reagieren kann.

Die Basis für solch "flexible" Anwendung bilden IMO die "pushing-hands" Übungen, wobei ich auch hier die Erfahrung gemacht habe, dass "weniger viel mehr ist".

Fazit:
Einzelne Formbilder aufschlüsseln, um eine Idee dahinter zu vermitteln und Anwendungen aufzuzeigen - klares JA! Jedoch sollte nicht diese Anwendung bzw. dieses Konzept immer wieder in das gesamte Puzzle eingebettet werden.


LG

Günther

john_doe
29-07-2012, 20:45
(...) Die Basis für solch "flexible" Anwendung bilden IMO die "pushing-hands" Übungen, wobei ich auch hier die Erfahrung gemacht habe, dass "weniger viel mehr ist".

Vllt. ist in diesem Zusammenhang der folgende Artikel nicht ganz uninteressant:

http://www.wuhun.de/2008_2RongHuafeng_PushHands.pdf


Schöne Grüße,
john_doe


P.S.: Btw - die anderen Artikel/Hefte auf dieser Seite sind auch sehr lesenswert.

WingChun77
29-07-2012, 21:26
Guten Abend!


Vllt. ist in diesem Zusammenhang der folgende Artikel nicht ganz uninteressant:

http://www.wuhun.de/2008_2RongHuafeng_PushHands.pdf

Schöne Grüße,
john_doe


P.S.: Btw - die anderen Artikel/Hefte auf dieser Seite sind auch sehr lesenswert.

Wirklich ein schöner Artikel! Dankeschön! Was mir nach dem ersten Lesen im Gedächtnis geblieben ist: Die Tatsache, dass hier "pushing-hands" (ph) ohne jedwede didaktische Systematik vermittelt wurde/wird. Das stimmt mich (nicht negativ) nachdenklich!
Ich für meinen Teil hatte in meinen Kursen (die schon lange nicht mehr stattgefunden haben) eine recht simple Systematik, die mit "one-hand-ph" begann und über "two-hand-ph" zum freien "Kreisen" ging. Vielleicht bin ich da auch ein wenig Wing Chun geschädigt, aber so a bissl didaktischer Aufbau finde ich nun nicht gänzlich verkehrt. Wenngleich die Intention der "anderen" nachvollziehbar ist. "Wenn das Prinzip erkannt, dann braucht es keine didaktische Reduktion mehr..."


LG

Günther

steffen13
31-07-2012, 09:11
Ich finde das Training von Einzeltechniken sehr wichtig. Gerade für Griff-und Hebeltechniken brauche ich sehr lange. Ich muss sie erst sehr langsam mit einen Partner üben, der sich praktisch nur als Puppe zur Verfügung stellt. Dann mit höherer Intensität und immer unkooperativeren Partner. Höhepunkt meines Trainings sind dann für mich halbwegs ordentliche Angriffe (eingeschränkte Variationen), welchen ich zu begegnen in der Lage bin.

Richard22
31-07-2012, 16:23
Meine Quelle für das Zitat war Jan Silberstorff's "Chen", Seite 313, der letzte Absatz."Wichtige Worte über die Kampfanwendung" von Chen Changxing.

Ich denke, die Stücke/ Shi's von Qi sind das, was man im LT Ing Un als Sektionen gesehene hat (oder sieht). Man findet ja mit Qin Na (Nr. 14) z.B. die heute Sektion 1.

Also haben sich die Shi oder Formenbilder als Stücken oder Sektionen ergeben.

Dann finden wir in Chan Changxings Form (die uns als 1. Form überliefert ist) noch eine Zugabe, die durchaus auf seinen und Chen Wangtings Erkenntnissen zurückgeht.

Ich glaube Schiebende Hände/ Tui Shou ist vor allem mit den drei Kreisen im Taiji in Verbindung zu bringen, also drei Arten des grundsätzlichen Schiebens auf den drei Kreisbahnen.

Die Shi's oder Stücke sind zumeist Angriffssequenzen - klar, das es dazu eine entsprechende Aufnahme gegeben haben sollte.

Fechtergruß

WingChun77
31-07-2012, 22:06
Hallo!


(...)
Ich glaube Schiebende Hände/ Tui Shou ist vor allem mit den drei Kreisen im Taiji in Verbindung zu bringen, also drei Arten des grundsätzlichen Schiebens auf den drei Kreisbahnen.(...)

Würdest du soweit gehen zu sagen, dass die oder eine mögliche und durchaus lohnendwerte Grundsubstanz bzw. -übung der "pushing-hands" in den Kreisbewegungen (one-hand, two-hand) liegt?

(Ich muss gestehen, dass ich (wie du oben schön geschrieben hast) recht viele Techniken und Kombinationen aus den LT-Sektionen gestohlen und für das TJQ genommen habe.) ;)

LG

Günther

Yangshuo
31-07-2012, 22:39
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WingChun77
31-07-2012, 23:09
Guten Abend!


Von den LT-Sektionen habe ich keine Ahnung. Habe zwar bisschen WingChun trainiert, aber kein LT.
Kannst du mal ein Beispiel nennen wie du ein Formbild einer Sektion 'zugeordnet' hast.

Zum Beispiel die berühmt-berüchtigte "Hebel-Sektion" (2. Sektion im LT WT). Ausgehend von einem "sich ergebenden" Armbeugehebel - der neutralisiert wird - wird hier Zyklus durch die möglichen Hebel (Streck et al) durchexerziert.

Beispiel:
Das Programm der Oberstufe, die 2. Sektion Chi Sao - YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=nWuMahCwHuI)
(Der Clip ist bissl schnell...aber er sollte auf die Kürze ausreichen.)
Bei 0:05 wird IMO schön der Schulterstoß aus dem ersten Teil der langen Yang-Form in einer möglichen Anwendung demonstriert.


Wäre eine Didaktik wie im WC nicht hilfreicher für den Schüler? (Basis schaffen, Grundtechniken, Aufbau, Pushhands etc. hin zu einem Gesamtkonzept das den Namen KK verdient hat?)

Im TJQ gibt es scheinbar keine Didatik und wir betreten hier IMO ein recht unbekanntes sowie unbeschriebenes Blatt. Vielleicht finden sich hier im Forum ein paar Ansätze, um eine solche Didaktik zu motivieren.

Ich kann an dieser Stelle zum Besten geben, wie ich es für meinen Teil an interessierte Anwender weitergebe:

a) "one-hand(1)"
(vertikale und horizontale Kreise, wobei die "freie" Hand auf dem Rücken liegt)

b) "one-hand(2)"
(siehe a) nur liegt die "freie" Hand nun auf dem Arm des Gegenübers auf und folgt (klebt?) ebenfalls; man sollte nicht unterschätzen, wie schwer es manch Anwendern fällt, die zweite Hand nicht zu vergessen bzw. mitzuführen respektive mitführen zu lassen)

c) "two-hands"
Neben dem klassischen "TJQ-Drill" (Push Hands Instruction - YouTube (http://www.youtube.com/watch?v=ByBHiBexYkY)) habe ich zahlreiche Drills aus dem Wing Chun entnommen und hier auch recht böse gesiebt, im Sinne von: Finde ich den Drill in der Form und macht der Drill in Sachen SV ggf. Sinn?


LG

Günther

Richard22
01-08-2012, 13:34
Die drei Kreise findet man in der 1. Form Chen, der erste Kreis bei "Buddha's Wächter" ist liegend, der zweite nach der Peitsche/Tragestock ist stehend vor dem Körper (die erste Seidenübung) und der dritte nach dem Fauststoß/ Rote Hand, stehend im rechten Winkel vor dem Körper.

Im Chi Sao/Klebend Hände übt man technisch den zweiten Kreis, aber nur zu Hälfte. Das hat wohl den Vorteil die Bewegung zu begrenzen, den Nachteil zwei Wendepunkte zu haben.

Der erste Kreis ist im Ing Un in der Schwingerabwehr enthalten, jedenfalls teilweise.

Der dritte Kreis im Ing Un ist technisch der Fauststoß und kehrt auch bei den Ellbogenstücken der dritten Form wieder.

Im Yang Sil werden, meines Wissens heute noch die drei Kreise bei den Schiebenden Händen geübt. Beim Chen weiß ich das nicht - was ja nicht heißt, daß es heute noch gemacht wird.

Technisch wurden wohl bis in 19. Jhd. alle Scheibe-Übungen zweihändig durchgeführt und Anfang des 20. Jhds einarmige Übungen eingeführt.

Schaut man sich z.B. den Fauststoß in der 1. Form Chen an (Rote Hand), dann findet man Ähnlichkeiten zur 2. Satz der heutigen Ing Un Form. Vor allem die Bewegung Tan Sao, Pak und Huen Sao, die fast alle Sätze in der ersten und zweiten Form beendet.

Es muß früher eine Didaktik gegeben haben. Deswegen ist es ja so interessant an den historischen Stücken zu arbeiten.

Fechtergruß

Klaus
01-08-2012, 20:10
Wenn's darum geht erstmal ein paar Diffusionsaktionen einzeln zu üben ohne gleich mit viel Schlagen traktiert zu werden, kann man das auch mit Reinlaufen, Greifen&Schubsen/Werfen, und Takedowns üben.

Richard22
02-08-2012, 12:05
Sicher, Klaus, aber das erscheint mir eher MMA zu sein.

Wenn es Tui Shou, Schiebende Hände und San Shou, Zerstreuende Hände gab, und vielleicht auch Da Shou, Schlagende Hände, dann stellt sich für mich der logische Schluß an, daß Schiebende Hände eine Basisübung war, in der Schläge und Bodenhebel noch nicht vorkommen.

Mit den drei beidarmigen Kreisen im Tui Shou soll eher eine gewisse Sicherheit im beidarmigen Kontakt in drei Raumdimensionen erarbeitet werden.

Fechtergruß

Klaus
03-08-2012, 13:59
Richtig. Der Unterschied zwischen einem Schlag und einem Greifen ist nur das Tempo. Ausserdem, wenn man lange quasi im Unterbewusstsein eine Routineübung macht, dann etablieren sich instinktive Reflexe die einfach feuern, das habe ich zig Mal bei mir selbst erlebt. Ich gehe in mich versunken einen Weg entlang und gehe urplötzlich in die Knie dass ich mir auf die Zunge beisse, weil ich fast mit dem Auge in tiefe Zweige gelaufen wäre. Die Reaktion kam ohne dass ich den Grund auch nur erkannt hätte. Auf sowas basiert "IMA" nicht unerheblich, und dafür muss man keine Übung machen in der man Wege lang rennt und Leute urplötzlich was in den Weg halten. Das geht scheinbar auch so, über diese "Ermüdung" bestimmter Teile des Gehirns dass andere aktiver werden. Ich empfehle trotzdem, Schläge zumindest in milde abfangen zu üben, wenn man das irgendwann mal können will. Wenn es in langsam nicht klappt, wie soll das in echt gehen ?

Richard22
03-08-2012, 21:16
Nein - der Unterschied zwischen Schlag und Griff ist das Ziel der Bewegung.

Reflexe und Konditionierung sind verschiedene Dinge, echte Reflexe sind angeboren. Dazu gibt es eine Menge Lesematerial - aber ich weiß, was Du im Groben meinst und stimme dir zu.

Wenn Du Schiebende Hände/ Tui Shou einfach als Einstieg in die Partnerübungen der KK sieht, dann teilen wir diese Meinung.

Nur wirst Du im Tui Shou nicht viel über Schlagen lernen, sonst hätte es kein San Shou und Da Shou gegeben, oder?

Fechtergruß

Klaus
04-08-2012, 00:06
echte Reflexe sind angeboren. Dazu gibt es eine Menge Lesematerial

Da gibt es offenbar unterschiedliche Definitionen von "Reflex":
Reflex ? Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Reflex)

Aber über Worte zu streiten hat sowas Sinnloses ... Ich spreche von Reaktionen auf (in diesem Fall) Bedrohungen die erfolgen bevor das Bewusstsein überhaupt mitbekommt dass eine existiert. Die müssen mitnichten "antrainiert" sein, ich kenne jede Menge Reflexe die sinnvoll, aber improvisiert auf etwas Gefährliches reagieren, die so nie trainiert wurden. Z.B. weglenken von stehenden Fahrzeugen auf der Autobahn bei 180, das habe ich definitiv nie geübt, hat aber beim ersten Versuch geklappt. Einen zweiten hätte es da auch nicht gegeben.

Interessant ist für mich, wie man zu dem Ergebnis kommt, dass eine "Zwischenschicht" unter dem Bewusstsein, weit oberhalb von Pupillenreflex und Co., sinnvoll, spontan aber autonom auf Gefahren reagiert, und sich einen Dreck darum schert was man "trainiert" hat. Und das geht. Über eine Form von meditativem Training.

kanken
04-08-2012, 06:31
Hi Klaus, da ist die Forschung ganz bei Dir. Die Bewegungen, die du meinst, werden zum Beispiel im ventralen Striatum gespeichert und spontan von "unbewussten" Hirnzentren bei Bedarf abgerufen. Eine führende Forschungsgruppe in dem Bereich nennt diese Hirnzentren "System X".
Klassische KK arbeiten sehr stark mit Mechanismen und Übungen auf dieser Ebene.

Grüße

Kanken

T. Stoeppler
04-08-2012, 08:16
Das interessante an diesen Reaktionen ist, dass sie (nahezu) immer situativ funktional sind, sonst werden sie weder gelernt noch abgerufen, bzw durch etwas anderes überlagert.

Es ist auch spannend, wie wenig Übung bestimmte Reaktionen brauchen; das Gehirn kann sich extrem schnell umprogrammieren - das tut es fortwährend. Es ist also stellenweise gar nicht nötig, eine Reaktion durch 10.000 Wiederholungen einzuschleifen; die Reaktion muss nur höher bewertet werden als andere Möglichkeiten.

Also.. wenn man durch die Stadt geht, samstags mittags, und hört irgendwo einen scharfen Knall, dann guckt man sich verwundert um.

Wenn man so 1944 durch die Ardennen läuft, und hört irgendwo einen scharfen Knall, findet man sich sofort am Boden wieder. Da denkt man auch nicht nach.

Oder der Fahrschüler, der in seiner ersten Fahrstunde bei einem plötzlich vom Bürgersteig springenden Passanten unbemerkt bremst - (witzigerweise noch bevor es der Fahrlehrer tat)

Ärgerlich ist es dann, wenn man auf eine funktionale Reizantwort, die man schön trainiert hat, eine weniger funktionale Handlungskette anschliesst - die wird dann mit ausgeführt, da keine bewusste Kontrolle vorliegt.

Da kann man beim Trainieren der KK wirklich FEHLER beim Üben machen. Die initialen Reaktionen sind fast nie "falsch" aber dann kann wirklich etwas schiefgehen, wie z.B. blödsinnige Follow-ups ausführen, nach einem Schlag anhalten dem Angreifer die Waffe wiedergeben und sich erschiessen lassen etc...

Also - wenn man Einzelaktionen trainiert, muss man sie mit der Situation korrekt assoziieren und in einem Übungsumfeld bleiben, dass dem Körper ein sinnvolles Handeln erlaubt. Wenn man das nicht macht, kann man sich sprichwörtlich dumm und dusselig trainieren.

Beim Taijiquan heutiger Didaktik gilt das vielleicht noch viel mehr; deswegen ist es so nützlich, zu wissen, welche Bewegung zu welchem Zweck/Umfeld gehört.

Gruss, Thomas

WingChun77
04-08-2012, 08:28
Hallo und guten Morgen!


(...) Ich gehe in mich versunken einen Weg entlang und gehe urplötzlich in die Knie dass ich mir auf die Zunge beisse, weil ich fast mit dem Auge in tiefe Zweige gelaufen wäre. Die Reaktion kam ohne dass ich den Grund auch nur erkannt hätte. Auf sowas basiert "IMA" nicht unerheblich,(...)
Das ist mir jüngst auch wieder passiert, als ich den Rasen gemäht habe. Auf einmal tauche ich ab oder seitlich weg, weil mir sonst ein netter Zweig von Nachbarsbaum die Iris aufgepickt hätte.

Jetzt war ich mir nicht ganz sicher: Schreibst du solch Reflexe den Übungen im TJQ et al zu oder sind das "normale" Reflexe, die zum Beispiel durch ein kaum wahrnehmbares Streifen in Höhe der Schläfe registriert und dann direkt in eine Ausweichbewegung umgesetzt werden?



(...)Beim Taijiquan heutiger Didaktik gilt das vielleicht noch viel mehr; deswegen ist es so nützlich, zu wissen, welche Bewegung zu welchem Zweck/Umfeld gehört. Gruss, Thomas

Unschön oder nennen wir es pädagogisch ein großes, herausforderndes Entwicklungsfeld ist aber eben die Tatsache, dass es sehr wenige sich TJQ-Lehrer nennende gibt, die sich mit der "Zweck" einer Bewegung auskennen (wollen?). Exemplarisch sei mein persönlicher Lieblingsinterpret des TJQ Daniel Grolle angeführt. :p

Vor allem: Es geht IMO gar nicht darum, dass eine Form bis in die kleinste Funzelbewegung durchanalysiert wird, sondern mir persönlich würde es schon ausreichen, wenn das VHS-Wellness-Niveau ("wir pus(c)hen sanft") in ein oder zwei händische Konzepte (vor mir aus rein präventiv mit Ausweichbewegungen) umgesetzt und vermittelt werden würde.


LG

Günther

Simplicius
04-08-2012, 21:08
Das ist mir jüngst auch wieder passiert, als ich den Rasen gemäht habe. Auf einmal tauche ich ab oder seitlich weg, weil mir sonst ein netter Zweig von Nachbarsbaum die Iris aufgepickt hätte.

Jetzt war ich mir nicht ganz sicher: Schreibst du solch Reflexe den Übungen im TJQ et al zu oder sind das "normale" Reflexe, die zum Beispiel durch ein kaum wahrnehmbares Streifen in Höhe der Schläfe registriert und dann direkt in eine Ausweichbewegung umgesetzt werden?



vielleicht hast Du es einfach unbewusst gesehen:

Überholspur im Gehirn ermöglicht "blindes Sehen" - Nachrichten Welt Print - Wissen - WELT ONLINE (http://www.welt.de/welt_print/wissen/article8162010/Ueberholspur-im-Gehirn-ermoeglicht-blindes-Sehen.html)

oder IMA aktiviert das Genikulatum :)

Richard22
06-08-2012, 14:10
Ein Shi/Stück ist immer situativ und damit an eine bestimmte Ausgangslage gebunden. Es ist ein konditioniertes Verhalten.

Ich stimme Thomas zu, es ist vor allem wichtig diesen Zusammenhang herzustellen.

Reine Reflexe (einerlei ob angeboren oder konditioniert) kann man leicht täuschen. Darauf basiert z.B. Johannes Liechtenauers Fechtlehre von 1389 (sich schützt kein Mann ohne Gefahr).

Vielleicht wurde deswegen im Taiji auch das Bild des Hörens von Kraft/Energie gewählt, und nicht das Sehens. Das Hörne ist wesentlich passiver als das Sehen und kann damit fast nicht getäuscht werden.

Und - wer abwehrt, auch aus Refelx, der kann eben nicht angreifen.

Ich glaube, daß in der 1. Form Chen ein sehr großer Inhalt liegt, und es wird Jahre dauern die gesamte Form aufzudröseln. Einige Shi's/Stücke von Qi Jiguang findet man auch in der 2. Form (Pao Chui).

Und, um mich zu wiederholen, das ist kein "IMA", sondern eher ganz allgemeine KK aus dem 17. Jhd Chinas.

Fechtergruß

Yangshuo
06-08-2012, 19:22
.

Klaus
06-08-2012, 22:16
Doch, wenn es ein Gegenangriff ist.

Richard22
07-08-2012, 12:21
Ein Gegenangriff ist keine Abwehr im Sinne einer rein verteidigenden Handlung.

Fechtergruß

Klaus
07-08-2012, 16:23
Welche Abwehr ist rein verteidigend, ohne sich zumindest für einen Gegenangriff in Position zu bringen ?

Aber wenn Du meinst.

T. Stoeppler
07-08-2012, 18:00
Bitte - Haarspaltereien nützem keinem was.

Richard meint, wenn jemand nur auf die Angriffe des Gegners eingeht - (vielleicht weil er dazu gezwungen ist, weil möglicherweise eine Waffe im Spiel ist) kann der nicht angreifen.

Dass man Gegenangriffe und direkt kontern kann, sollte auch klar sein.

Gruss, Thomas

Simplicius
07-08-2012, 18:02
Welche Abwehr ist rein verteidigend, ohne sich zumindest für einen Gegenangriff in Position zu bringen ?


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