Anmelden

Vollständige Version anzeigen : Erklärungen für Kata



edgarus
08-08-2012, 21:49
Hallo zusammen,

ich wäre sehr dankbar, wenn jemand mir erklären würde, was diese Kata bedeuten (sprachlich und technisch). Ich habe mal versucht, mich zunächst einmal über google schlau zu machen, aber da blicke ich leider in der großen Datenmenge nicht durch!

Danke und Grüße, Edgar :-)

Nijuhichko
Zenshin-Kotai
Taikyoku: Shodan, Nidan, Sandan, Yondan
Shiho-Hai
Gega-Sai
Seisan
Niseishi
Sochin
Rohai-Sho
Rohai-Dai
Bassai
Tenshin
Chinto
Seiunchin
Mugan
Kushanku
Ryusan
Sanshi-Ryu
Sanchin
Wankan

Zingultas
09-08-2012, 00:08
Frag geziel nach dennen die du derzeit trainierst. oder soll ich dir ein Buch bzw mehrere schreiben.

Sprachlich und technisch ich kenne jemanden den verschiedene Bücher schreibt.

ZB eins Jion habe ich hier
ein Bassai dai
eins empi

nach Kontakt mit mir sagte er die nächste Ausgabe würde dicker ausfallen ;9

Gulli
09-08-2012, 09:50
Guckst Du hier => Kata History (http://www.yoshukaikarateinternational.com/Kata_History.html)

Sehr nette Erklärungen, vor allem Deine Auflistung ist fast identisch, auch in der Reihenfolge, mit der Seite.

edgarus
09-08-2012, 10:45
Suuper Gulli, Danke :-)

Lasar
12-08-2012, 21:30
Ich denke, dass die Kata erst einamal in Shuri-Te und Naha-Te eingeteilt werden müssten, bevor man beginnen kann, sie überhaupt einzuschätzen.
Hier MEINE PERSÖNLICHE Einschätzung einiger Kata, basierend auf umfassenden Nachforschungen (d.h. nicht Wikipedia & Google!) und Erfahrungen:

WANKAN/MATZUKAZE: Der Name soll so viel wie "Königskrone" bedeuten. Matsukaze ist außerdem eine andere Lesung der Schriftzeichen für "Shoto" (vgl. "Shotokan", also etwa "das Rauschen der Kiefern").
Der Ursprung wird gern mit "typisch chinesisch/Shaolintempel" angegeben. Allerdings sind zahlreiche Autoritäten in der Karateszene der Ansicht, Funakoshis Sohn Gigo hätte diese Kata entwickelt. Meiner Ansicht nach widersprechen sich beide Thesen nicht!
Ich denke, die Kata zeigt filigrane Bewegungen gegen "plumpe" Angriffe (z.B. ein gern interpretiertes Fangen des gegnerischen Beins) und auf der anderen Seite sehr vehemente Techniken gegen (evtl.) "feine" Techniken (beispielsweise einen sonst eher selten vorkommendem "Doppelblock", sowie die Technik Yama-Tsuki).

SANCHIN: Der Name wird normalerweise mit "3 Konflikte" übersetzt. Diese Kata stammt zweifelsohne aus Fujian und gilt als DIE Kata des Naha-Te. Ihre Ursprünge hat sie wohl im System des Weißen Kranichs, wobei sie auffallende Ähnlichkeiten zur zentralen Form eben dieses Systems zeigt ("Happoren"/"Papuren").
Ich denke, die Aussage dieser Kata ist eher die Vermittlung der Prinzipien des Naha-Te, als eine kriegerische Ausbildung. Dementsprechend ist die Atmung und Muskelkontrolle in dieser Form von zentraler Bedeutung.

SEISAN/HANGETSU: Seisan ("13 Schritte"), im Shotoryu-System (ich lehne den Begriff "Shotokan" ab) "Hangetsu" ("Halbmond") genannt, gilt in Naha-Te-Kreisen oftmals als "Schwesterkata" von Sanchin. Im Goju-Ryu gilt sie als fortgeschrittene Form, im Shoto"kan" ist sie in Deutschland in den Kyuprüfungen anzutreffen. Der Name "13 Schritte" hat mit der heute praktizierten Form, egal ob Shoto-, Goju-, oder Uechiryu nichts mehr zu tun. Wie bei vielen anderen Formen, die nach Zahlen benannt sind, ist der Ursprung bzw. der Sinn der Namensgebung verloren gegangen.
Die Form stammt wie Sanchin aus Fujian, die Uechiryu-Variante hat optisch, prinzipiell und geschichtlich ihre Wurzeln im chinesischen "Weißer Kranich" - System.
Da die Ausführung in den verschiedenen Stilen derart verschieden ist, fällt es schwer, etwas über die technische Bedeutung zu sagen; ich kann mir vorstellen (von der Shoto-Variante ausgehend), dass Grundprinzipien des "Weißer Kranich" - Systems gelehrt werden: Geschwindigkeit und Ruhe, kreisförmige Bewegungen und Wendungen, Atmung, filigrane Handtechniken sowie Chin-Na bzw. Wurf-und Hebeltechniken.

PASSAI/BASSAI: Die Form wird gern mit "Ein Schloss/Burg/Festung erstürmen/verteidigen/einnehmen" übersetzt. Tatsächlich sagt das Schriftzeichen etwas anderes aus; es hat mit "Blocken" und im weiteren Sinne "verstärken" zu tun, also nichts mit Burgen und Rittergeschichten.
Passai gilt als DIE Kata des Shuri-Te. Manche gehen soweit, zu sagen, Sokon "Bushi" Matsumura selbst hätte sie entwickelt. Es gibt Hinweise, dass die Kata auf einen nordchinesischen Wushu-Stil zurückgeht (ist diese These korrekt, würde es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um das "Lange Boxen" [Chang-Quan] handeln), allerdings wird Matumura sie in diesem Falle drastisch verändert und personalisiert haben.
In Anbetracht der Tatsache, dass Matsumura zur Leibwache im okinawanischen Palast war, würde die Interpretation des drastischen Verteidigen passen.
Technisch spiegelt die Kata das Shuri-Te auf ganzer Länge wieder: direkt, drastisch, schnell.

Mehr schreibe ich vorerst mal nicht...
Ich hoffe, ich konnte helfen. Bei mehr Interesse, kann ich dir ein paar lesenswerte Bücher empfehlen!

edgarus
12-08-2012, 22:59
Hallo Lasar,

vielen vielen Dank für deine ausführliche Antwort :-) Bei mir gehts eigentlich darum, dass ich ab Mitte September mit Yoshukai-Karate anfangen möchte. Karate hat mich bisher nie interessiert. Karate fand ich sehr kompliziert, weil ich vor allem in Sachen "Sport" körperlich absolut ungelenkig/eckig und technisch sehr ungeschickt bin (dafür bin/war ich aber interessanterweise reflexiv sehr schnell)... Auf empfehlenswerte Bücher freue ich mich sehr, damit ich mich ein bisschen schlau machen kann, was auf mich dann zukommt ;-)

Grüße

ZoMa
12-08-2012, 23:04
Ist es nicht näherliegend die Kata nach Shôrin und Shôrei zu klassifizieren als nach Shuri Te und Naha Te? Ersteres scheint ja auch Funakoshi Gichins Einteilung gewesen sein.

Des weiteren könnte man sich die Frage stellen, wie weit diese beiden Städte auseinander lagen.. 5km vielleicht? und Was ist wenn du in Shuri Gelebt und in Naha gearbeitet hast (Wie McCarthy Sensei dieses Jahr in Hassloch sagte)?

Lasar
13-08-2012, 19:07
Mir ist es eigentlich gleich, WIE man die Kata klassifiziert, solange man es tut und die Unterschiede kennt. Ich halte für wichtig, dass man Shorei Ryu/Naha-Te als (rein) chinesische Kata begreift, die maßgeblich aus Südchina stammen und die dort vorherrschenden Prinzipien enthalten und Shorin Ryu Kata eben deutlich okinawanischer geprägt sind (auf den Prinzipien Matsumuras fußend).
Die Namen Shuri und Naha verwende ich ganz gern, weil meines Wissensstands nach Shorin und Shorei eine ähnliche Bedeutung haben (ich möchte also den Unterschied verdeutlichen).

PS: Ich teile die Meinung Shoshin Nagamines und halte Funakoshis Einteilung der Kata für nicht vollständig korrekt; weißt du vielleicht mehr über die Hintergründe seiner Einteilung?

Lasar
13-08-2012, 19:16
Als Einstieg empfehle ich guten Gewissens die Bücher von Roland Habersetzer. Wenn man tiefer in Geschichte und Tradition eintauchen will, sollte man sich Patrick McCarthys Bücher zu Gemüte führen. Kann man diesen einigermaßen folgen, kann man mit Mark Bishop weitermachen (die sind aber teilweise harter Tobak, stellenweise ein bisschen trocken).
Interessiert man sich für die Anwendung der Formen, halte ich Iain Abernethys Bücher für ganz große Klasse: plausibel, einfach, direkt.

Dazu kommen natürlich die "Klassiker":
Das "Kyohan" und "Mein Weg" sowie "Die 20 Regeln des Karate" von Funakoshi.

Vor Büchern deutscher Autoren nehme ich mich persönlich in Acht; ich halte die meisten von ihnen für konservativ, oberflächlich und stellenweise schlicht falsch.

ky0han
13-08-2012, 19:36
Tach,

ich persönlich halte es nicht unbedingt für vorteilhaft Kata zu kategorisieren.

Als Beispiel soll mal die Seishan dienen. Selbst wenn ich die Seishan nach Shuri Seishan und Naha Seishan unterteile, dann weiß ich immer noch nicht um welche Naha Seishin es sich handeln könnte. Ist es die Higaonnaversion oder die Aragakiversion.

Funakoshi hat die Unterteilung von Kata in Shorin und Shorei wohl von seinen Lehrern Asato und Itosu übernommen, die Kata ebenfalls so kategorisierten.

Die Einteilung in Shuri, Naha und Tomari wird wohl erst seit den 20iger oder 30iger Jahren des letzten Jahrhunderts genutzt.

Erstere ist eine Einteilung nach körperlichen Atributen, die letztere (neuere) ist geographischer Natur. Ganz kurios wird es immer wenn das alles zusammengemixt wird. Dann entsteht ein Durcheinander welches nur in Unverständnis enden kann.

Viele Grüße,
Holger

Gibukai
14-08-2012, 09:25
Hallo,

Nun wird es etwas verwickelter, denn eine unmittelbare Verknüpfung der Begriffe „Shuri-Te“ und „Shōrin-Ryū“ ist nicht einfach mal so möglich. Zunächst sind die Bezeichnungen „Shuri-Te“, Naha-Te“ und „Tomari-Te“ recht jung, und damit jünger als „Shōrin-Ryū“. Im Oktober 1926 erhielt J. Kanō (1860–1938; Jūdō-Vater) von der okinawanischen Zweigstelle der Japanischen Gesellschaft für Leibeserziehung sowie vom Okinawanischen Verein der Jūdō-Yūdansha („Schwarzgurte“) eine Einladung nach Okinawa. Dort gab es für ihn auch eine „Karate“-Vorführung. Bei dieser Gelegenheit meinte er, daß er den Begriff „Karate“ nicht so toll fände. Um eine Alternative zu geben, wurden an Ort und Stelle die Bezeichnungen „Shuri-Te“, Naha-Te“ und „Tomari-Te“ erfunden, weil sie nicht so sehr nach „China“ klangen, sondern nach den okinawanischen Orten „Shuri“ usw. Sie haben keine historischen Wurzeln, d. h. in älteren Texten tauchen sie gar nicht auf.

Shōrin-Ryū war damals eine kategorisierende Bezeichnung für eine bestimmte Art von Kämpfer (klein, schlank, wendig) und es war völlig egal, aus welchem Ort der entsprechende Kampfkünstler kam (Shuri, Naha …). Wenn er in diese Kategorie paßte, war er vom Typ her ein „Shōrin-Mann“.

In der Kampfkunst Ryūkyūs gab es nie Schulrichtungen (Ryūha) wie in Japan; Kampfkunst wurde allein mittels Übertragungslinien beschrieben. Lehrer A unterrichtet Schüler B, Schüler B nahm noch Unterricht bei Lehrer C und Lehrer D; der Schüler von Schüler B „erbte“ diese Linie dann. In diesem Sinne ist „Karate-Dō Shōtōkan-Ryū“ das Ende eines Fadens, der sich Richtung anderes Ende immer weiter aufdröselt.

Kata gab es nun aber schon vor 1926, genauso wie die Einteilung in Shōrin-Ryū und Shōrei-Ryū. Dementsprechend ist es falsch zu behaupten, „Shōrei-Ryū“ bezeichne „rein chinesische Kata“ und „Shōrin-Ryū“ stünde für „okinawanisiertere Kata“.

Was die Kritik an G. Funakoshis (1868–1957) Shōrin-Shōrei-Einteilung betrifft, sie stammt – wenn überhaupt – von Personen, die viel jünger sind als er selbst. Sie kannten diese alte Einteilung nicht mehr aus eigenem Erleben/Unterricht. Alle älteren Quellen nutzen eben diese Einteilung (die durchaus sinnvoll ist), ob das heutigen „Fachleuten“ nun paßt oder nicht …

Grüße,

Henning Wittwer

PS: Alle Bücher von R. Habersetzer kann ich ruhigen Gewissens als nicht empfehlenswert zum Erwerb von Hintergrundwissen zu Geschichte und Lehre des Karate einstufen …

KrRo
14-08-2012, 16:15
Sehr interessanter Beitrag, danke schön.

Mal so als weiter führende Frage: bist du der Meinung das man aus dieser Shorin/Shorei Unterteilung verschiedene Herangehensweisen für die Kata ableiten kann oder sollte?

Wenn ich mir z.B. Jion (Shorei) und Kanku Dai (shorin) im Shotokan anschaue sind sie von der Bewegungsphilosophie was Rythmus, Stände etc. relativ ähnlich. Liegt das einfach am Shotokan-wettkampf Einheitsbrei oder entgeht mir da etwas wichtiges?

Gibukai
15-08-2012, 09:25
Hallo,

Shōrin-Ryū und Shōrei-Ryū sind ursprünglich zwei unterschiedliche Herangehensweisen bzw. Lehrmethoden. Sie stammen aus der Zeit, als Karate Einzelunterricht (oder wenigstens Kleinstgruppenunterricht) bedeutete. D. h. ja, wenn Du die Gelegenheit hast, könntest Du diese Herangehensweise selbstverständlich auch heute noch einsetzen, z. B. um Deine Lieblings-Kata auszuwählen usw. Wirklich schwer verständlich ist diese Einteilung ja auch nicht, wenn möglichst alle Erklärungen dazu bekannt sind. Daß es zu so einer „Vermischung“ beider Ansätze kam, hat mehrere Gründe, u. a. den Gruppenunterricht, mangelndes Verständnis oder auch Wettkampf Ästhetik. Wobei ich hier mit „Vermischung“ explizit meine, daß alle Kata „gleich“ ausgeführt werden.

Grüße,

Henning Wittwer

Lasar
15-08-2012, 20:58
Hallo Gibukai!
Danke für den Kommentar, wieder etwas neues...

Über die Verknüpfung der Kata-Kategorisierung mit Jigoro Kano war mir nicht viel bekannt (Ich habe nur den Kommentar über Kano von Kenei Mabuni gelesen; da wird diese historische Begebenheit der Umbenennung natürlich fein verschwiegen...). Hättest du für diese These eine nachvollziehbare Quelle (gerne als Privatnachricht!)?

Unter Naha-Te verstand ich bisher (vor allem) die Formen, die Higaonna aus China mitbrachte (darunter viele aus dem Baihequan).
Aber ich kann verstehen was du meinst:
Wenn man einen genaueren Blick auf z.B. Wanshu oder Hakutsuru no Kata wirft, kommt man mit dieser Kategorisierung an seine Grenzen.

Ich bin außerdem sehr daran interessiert, die chinesischen Ursprünge der Kata nachvollziehen zu können;
Z.B. Tekki:
Die Kata stammt aus einem chinesischen System (laut Habersetzer Nampai Chuan, aber das ist definitiv nicht historisch belegbar!),
danach ist sie irgendwie nach Okinawa gekommen. Im Shotokan läuft sie unter Shorei-Ryu. Im Matsubayashi-Shorin-Ryu wird sie allerdings (als Naihanchi) auch trainiert. Läuft sie dementsprechend dort als Shorin-Ryu-Form?

Schreib' mir gerne eine Privatnachricht, bevor wir den Thread sprengen...
Und da ich dich als Karatehistoriker einschätze, interessiert mich auch deine Meinung zur Herkunft von Naihanchi und Wanshu.

Grüße,
Lasar

SKA-Student
16-08-2012, 08:54
...
Ich bin außerdem sehr daran interessiert, die chinesischen Ursprünge der Kata nachvollziehen zu können;
Z.B. Tekki:
Die Kata stammt aus einem chinesischen System (laut Habersetzer Nampai Chuan, aber das ist definitiv nicht historisch belegbar!),
danach ist sie irgendwie nach Okinawa gekommen. Im Shotokan läuft sie unter Shorei-Ryu. Im Matsubayashi-Shorin-Ryu wird sie allerdings (als Naihanchi) auch trainiert. Läuft sie dementsprechend dort als Shorin-Ryu-Form?

Schreib' mir gerne eine Privatnachricht, bevor wir den Thread sprengen...


Bitte Suchfunktion nutzen, da gibt's (mindestens) einen Thread zu Tekki.

Gibukai
16-08-2012, 16:12
Hallo,

bloß ganz kurz: Die Informationen zur Herkunft der Begriffe Shuri-Te usw. stammen von R. Fujiwara. Wenn Du Dich für meine Ausführungen u. a. zur Herkunft der Naihanchi interessierst, schlage bitte in meinem Band I nach, S. 131 ff.

Grüße,

Henning Wittwer

Lasar
16-08-2012, 20:37
Hallo nochmal,

Ich habe noch einmal gründlich recherchiert und habe aus einer Quelle McCarthys' ersehen können, dass die Begriffe Shuri-, Tomari- und Naha-Te als nationale Reaktion der Okinawaner auf Funakoshis Einführung des Karate in Japan gedacht sein sollten...(?)