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Vollständige Version anzeigen : Fechtbücher über den Zweihänder?



mrx085
12-09-2012, 13:15
Hallo Freunde der mittelalterlichen KKS Hätte da eine neue Frage.

Gibt es auch Fechtbücher die sich mit dem Kampf mit dem Zweihänder auseinander setzen? Die Werke die ich bisher gefunden habe, hatten eher den Anderthalber als Haupthema.

jpk@kkb
12-09-2012, 13:39
Dir geht es nicht um die Bedienung sondern die Dimension?

In den deutschsprachigen Quellen unterschied man zumeist nur in der Art der Bedienung. Das Lange Schwert stand somit auch für den großen Bidenhänder in der Grundschulung.

Es gibt einzelne Quellen außerhalb des deutschen Sprachraums, die sich explizit mit den großen Dingern auseinandersetzen. Interessiert dich das?

mrx085
12-09-2012, 13:43
Nein mir geht es schon um die Bedienung. Wollte wissen ob man damit anders gefochten hat als mit dem langen Schwert?

Soll ja angeblich laut wikipedia auch gegen Stangenwaffen eingesetzt worden sein. Bei den Quellen über den Anderthalber habe ich immer nur den Einsatz Schwert gegen Schwert gefunden.

T. Stoeppler
12-09-2012, 16:26
Du meinst sicher die Renissance-Bidenhänder, mit so 1,50m+ Gesamtlänge.

In den deutschen Fechttraditionen gibt es das lange Schwert, was z.B. im "Goliath" Fechtbuch auch ziemlich grosse Dimensionen annehmen konnte.

Es gibt das spanische "Montante" (das sind allerdings keine Techniken im eigentlichen Sinne, sondern Bewegungsfolgen ohne Gegner).

In den italienischen Traditionen (z.B. Marrozo, Alfieri) finden sich ebenfalls kurze Abhandlungen zu dieser Waffe.

Zu spanischen/italienischen Quellen siehe hier: What is the Montante NoVA-Assalto (http://www.nova-assalto.com/?p=1537)

George Silver beschreibt eine ähnliche Nutzung wie für Stangenwaffen mit diesen Schwertern.

Also es gibt genügend historisches Material, allerdings kommt man meines Erachtens nach nicht umhin, zunächst die grundlegenden Waffentechniken des Fechtens mit dem langen Schwert und Speer/Spiess zu lernen.

Was man mit so langen Schwertern so alles angestellt hat... naja darüber kann man sich streiten. Eine Standard-Gefechtsbewaffnung waren sie jedenfalls nicht.

Gruss, Thomas

big X
12-09-2012, 18:01
mir kam der bidenhänder immer als waffe der landsknechte unter. nachdem was ich so aufgeschnappt habe, wird die nutzung des bidenhänders in diesem zusammenhang überhaupt in frage gestellt.
hauptsächliches argument ist die länge der waffe, welche in einem haufen schlecht geführt werden kann. der bidenhänder diente hauptsächlich als erkennungsmerkmal und blieb in der regel in der nähe der standarte.

ist das so richtig, falsch oder muss das diskutiert werden ?

T. Stoeppler
12-09-2012, 20:37
Also wie bereits gesagt, über den Nutzen der Waffe wird gerne gestritten. Fakt ist, sie wurden getragen und sicher auch benutzt. Also gegen mehrere Gegner, als Flankenschutz, oder eben auch als psychologische Abschreckung.

Mit sowas muss man aber wirklich gut umgehen können, sonst ist man mit einem normalen Schwert und einem Spieß auf jeden Fall besser beraten.

Gruss, Thomas

big X
13-09-2012, 00:39
wie schwer sind die eigentlich ?
und waren die ausbalanciert ?

handhabung eher wie ein brett/paddel/eisenstange oder wie ein kleineres schwert ?

T. Stoeppler
13-09-2012, 06:40
Das kam natürlich auf den Hersteller an; ich habe mal eins (also ein Original) in der Hand gehabt, das war so um 3kg schwer und von der Balance her tadellos. Also eine ordentliche Waffe eben.

Kampfwerkzeug, dass unnötig schwer und schlecht ausbalanciert ist, tötet nur den Benutzer (oder hinterher vielleicht den Hersteller, falls Benutzer überlebt ;) .

Gruss, Thomas

itto_ryu
13-09-2012, 07:29
Dem ist nichts hinzuzufügen, ähnliches gilt auch für schottische Bidenhänder, die weit weniger im Einsatz waren, als allgemein angenommen.

Heute praktisch setzt sich u.a. diese Herren hier damit auseinander, keine Ahnung über die Qualität:
dakaodo - YouTube (http://www.youtube.com/user/dakaodo/videos?flow=grid&view=0)

ModernSwordsman's channel - YouTube (http://www.youtube.com/user/ModernSwordsman/videos?flow=grid&view=0)

Und noch ein paar Einzelvideos:
Ol_ozXTH8_U
SOU9jLLMw0Y

Und ein Buch gibt es mit Quelle auch, aber da ebenfalls keine Gewähr für die Qualität: The Art of the Two-Handed Sword: Amazon.de: Ken Mondschein Ph.D.,Francesco Alfieri: Englische Bücher (http://www.amazon.de/Art-Two-Handed-Sword-Mondschein-Ph-D/dp/0978902289/ref=sr_1_1?ie=UTF8&qid=1347517583&sr=8-1)

Althalus
13-09-2012, 07:50
Daten von einigen historischen Originalen, die wir vermessen haben, finden sich hier (http://www.marozzo.info/contao/index.php/WZeughaus.html).

Auf unserer Seite sind auch alle Texte von Marozzo und dem Anonimo Bolognese zum Spada da due Mane/Spadone auf Deutsch übersetzt online.


zunächst die grundlegenden Waffentechniken des Fechtens mit dem langen Schwert und Speer/Spiess zu lernen.
Nein. Man kommt nicht umhin, die grundlegenden Techniken des verwendeten Systems zu erlernen. Die Deutschen übertragen die Methoden des Langen Schwertes, die Bologneser die des einhändigen Schwertes, Alfieri die des Rapiers, usw.

Das zweihändige Schwert ist immer eine "Nebenwaffe" eines Systems. Ohne eine solide Grundlage im jeweiligen System ist der Umgang mit diesen überlangen Klingen glatter Selbstmord.

In Italien finden wir zusätzlich zwei verschiedene Verwendungslinien - einerseits die frühere Art, bei der das Spadone als Fechtwaffe im Einzelkampf genauso wie in der Schlacht gelehrt wird und andererseits die spätere Methode, es vornehmlich als Waffe gegen mehrere Gegner einzusetzen. Letztere deckt sich mit den iberischen Methoden des Montante.


Es gibt das spanische "Montante" (das sind allerdings keine Techniken im eigentlichen Sinne, sondern Bewegungsfolgen ohne Gegner).
Das ist so nicht korrekt. Die Reglas sind zwar stark abstrahiert, stellen aber durchaus konkrete Techniken dar, die allerdings stark in einem bestimmten taktischen Kontext verwurzelt sind (also z.B. Kampf in einer Gasse, auf einem Platz, auf einer Brücke, Schutz einer Person, usw.).

mrx085
13-09-2012, 08:19
Danke für die zahlreichen Infos. Alles sehr intersant.:)

big X
13-09-2012, 14:46
THX auch von mir :)

JanPSV
17-12-2012, 22:11
Hallo zusammen! Ersteinmal:
Einen Workshop zum hier besprochenen Zweihänder wird es hier geben:
http://www.budo-sport-report.de/Ausschreibungen/Waffenlehrgang%202013.pdf
Dort steht zwar noch "Mittelalterliche Waffen, Patrick Gerhold", aber stattdessen wird es "Montante - Iberischer Zweihänder" vom Olliver und meiner Wenigkeit geben.
Konkreter wirds nach spansichen Quellen des augehenden 16. Jh sein (Moin Alt, du wirst wissen was ich meine ;-) )
Eine detaillierte Beschreibung der Waffen, der zugehörigen Kampfkünste und auch der erhaltenen Bücher zum Thema hab ich vor einiger Zeit mal hier zusammengeschrieben:

hf-westfalen.de - Montante und Mangual - Iberischer Bidenhänder und Kettenflegel (http://www.hf-westfalen.de/fechten/fechtstile/20-montante-und-mangual-iberischer-bidenhaender-und-kettenflegel)

Althalus
18-12-2012, 07:37
zum hier besprochenen Zweihänder
Na, besprochen wurden mehrere Systeme. :D

Moin Alt, du wirst wissen was ich mein
Jup - ich hoffe, du machst nicht den Fehler von Matt Galas, die Leute ohne jede Vorübung in die Kreisbewegungen zu schicken. ;)

Mal sehen, wies nächstes Jahr bei mir beruflich aussieht - eventuell kann ich euch ja wirklich für nen Workshop besuchen kommen.

itto_ryu
18-12-2012, 08:26
Klingt sehr spannend, das wäre ja auch für "unser" Claidheamh da Laimh interessant.

JanPSV
18-12-2012, 17:12
Na, besprochen wurden mehrere Systeme. :D
Deshalb bezog ich mich ja auch auf die übergreifende Definition "Zweihänder", als allgemein ein größeres zweihändiges Schwert. Zu einem von mehreren Bekannten Systemen zu dieser Waffenkategorie wird besagter Workshop dann sein ;-)


Jup - ich hoffe, du machst nicht den Fehler von Matt Galas, die Leute ohne jede Vorübung in die Kreisbewegungen zu schicken. ;)
Vom Matt kenn ich jetzt nur das Video aus Wien - ich glaube du selbst hattest es damals aufgenommen. Dort lehrte er ja lediglich Viedmas 1. Regel, wenn ich mich recht entsinne. Dort gab es doch noch gar keine wirklichen Kreisbewegungen, oder was meinst du?
Wir haben uns für den Workshop in der Tat eine ausgesprochen schöne Regel mit viel Rotieren rausgesucht:D Aber die werden wir auch schöööön langsam, Stück für Stück, aufbauen um darauf hin zu arbeiten..


Mal sehen, wies nächstes Jahr bei mir beruflich aussieht - eventuell kann ich euch ja wirklich für nen Workshop besuchen kommen.
Das würd mich freuen. Wir bleiben im Kontakt deswegen!

Althalus
19-12-2012, 07:51
Dort gab es doch noch gar keine wirklichen Kreisbewegungen, oder was meinst du?
Die rotierenden Hiebe. Ich hab das Video ja vor allem aus den Erklärungen von Matt zusammengeschnitten, daher sieht man da nicht wirklich, wie die Teilnehmer rumfuhrwerken.
Das Problem ist, dass er leider überhaupt nicht auf solche fundamentalen Dinge wie Handgelenksrotation, Ellbogen, Schulter und Spannung im Körperzentrum eingegangen ist. Mit den Langen Schwertern, die die meisten Teilnehmer hatten, wars nicht ganz so tragisch - mit 2,5 kg und 150 cm wirds das aber.

OliverJ
19-12-2012, 18:52
Mal sehen, wies nächstes Jahr bei mir beruflich aussieht - eventuell kann ich euch ja wirklich für nen Workshop besuchen kommen.

na das will ich doch ganz stark hoffen :-)